Wie entsteht Hochwasser
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Wie entsteht Hochwasser
Wie entsteht Hochwasser? Zum Film Video: DVD; Laufzeit: 17 Minuten; Realisation: Rainer Hahn Mitarbeit: Annerose Hahn, Christine Lang, Ina-Maria Meckies Adressaten: ab Jahrgangsstufe 5 der Hauptschule, der Realschule und des Gymnasiums Lernziele: Die Schüler sollen Faktoren kennenlernen, die zur Entstehung von Hochwasserspitzen führen und abschätzen können, inwiefern sich Eingriffe des Menschen in die Natur auswirken. Inhalt: Ausgehend von Überschwemmungskatastrophen der jüngsten Zeit verfolgt der Film, wie sich ein Hochwasser aufbaut. Von intensivem Niederschlag auf Siedlungsflächen und auf Äckern über die Situation an Quellen, Bächen und Flüssen verfolgt die Kamera die Hochwasserwelle bis zum Strom. Anhand der einzelnen Stationen wird erläutert, welche Veränderungen in der Natur die Entstehung von gefährlichen Hochwasserspitzen begünstigen: Der Zustand des Waldes, die Intensivierung der Landwirtschaft, die Flächenversiegelung, der Ausbau der Fließgewässer und der Verlust naturnaher Flußauen. Dargestellt werden auch die Baumaßnahmen jüngster Zeit, mit denen die Hochwassersituation entschärft werden soll. Musik: Gaby Mattuscheck Auswahl fachlicher Hintergrundinformationen Immer häufiger führen starke Regenfälle zu enormen Hochwasserspitzen und auch -katastrophen. Neben den Spekulationen darüber, ob wir es bereits mit den Auswirkungen klimatischer Veränderungen zu tun haben, spielt in der aktuellen Diskussion die Frage der Wasserspeicherfähigkeit unserer Landschaft eine wesentliche Rolle. Dieser Frage wollen wir hier nachgehen. Waldschäden, Gewässerausbau, intensive Landwirtschaft und fortschreitende Flächenversiegelung führen dazu, daß der Boden die Niederschläge heute rasch abgibt, das Wasser muß sich neuen Raum erobern. In den vergangenen Jahren passierte es immer häufiger, daß nach starken Regenfällen Flüsse über die Ufer traten. „Jahrhunderthochwasser“ nennt man eine Flutkatastrophe, mit der nur einmal im Jahrhundert zu rechnen ist. Diese Rechnung geht nicht mehr auf: In den letzten Jahrzehnten übertrafen sich die gemeldeten Pegelstände jährlich; ein „Jahrhunderthochwasser“ nach dem anderen. Die Flutstatistik verzeichnete seit Kriegsende rund 40 Hochwasser an Donau, Elbe, Leine, Oder, Rhein oder Saale, verursacht durch starke Regenfälle. Woran liegt es, daß die Wassermassen immer häufiger als reißende Fluten das Land überspülen? Was hat sich an unserer Umwelt so verändert? Die Wasserspeicherfähigkeit der gesamten Umwelt ist zurückgegangen. Dafür gibt es vier entscheidende Gründe: Erstens: Große Waldbestände sind durch Luftverschmutzung geschädigt. Das beeinträchtigt die Wasserauf- nahme- und Wasserspeicherfähigkeit des Waldes und begünstigt so den schnellen Abfluß der Niederschläge an der Oberfläche. Der Wald spielt eine wichtige Rolle im Wasserhaushalt der Erde. Gesunde Baumbestände fangen etwa ein Viertel des Jahresniederschlages ab! Der tiefgehende Wurzelbereich mit vielen kleine Hohlräumen speichert einen großen Teil des Niederschlags wie ein Schwamm und gibt ihn erst nach und nach in Form von Quellen und über die Verdunstung durch die Bäume wieder ab. Sind die Bäume geschädigt, ist auch der Wasserhaushalt beeinträchtigt: Wo kaum noch Blätter sind, gibt es nicht nur weniger organische Substanz, es gibt auch weniger Wurzeln und Bodenorganismen, die den Humusaufbau bewerkstelligen, den Boden lockern und wasseraufnahmefähig halten. So extrem wie zum Beispiel im Riesengebirge sind die Waldschäden zum Glück noch nicht überall - die Wasserspeicherfähigkeit leidet aber auch schon dort, wo die Schäden noch nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind. Besonders deutlich wurden die Auswirkungen der Waldschäden jedoch bei der Überschwemmung an der Oder 1997. Die starken Niederschläge im tschechischen Teil des Riesengebirges und im Altvatergebirge brachten die Flüsse zum Überlaufen. Vierzig Prozent des tschechischen Staatsgebietes waren überschwemmt! Wie entsteht Hochwasser? - Fortsetzung der Hintergrundinformationen Die Luftverschmutzung gilt als eine der Hauptursachen für das Waldsterben. Zwar hat die Waldfläche der Bundesrepublik insgesamt zugenommen, jedoch sind gerade solche Gebiete vom Waldverlust betroffen, in denen der Wald zur Steuerung des ökologischen Gleichgewichts besonders wichtig ist, wie zum Beispiel im Umland von Städten und großen Ballungszentren. Zweitens: Immer größere zusammenhängende Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Schwere Maschinen verdichten den Boden und zerstören die Hohlräume, welche die Schwammwirkung des Bodens ausmachen. Auch die Veränderungen durch industrielle Art der Landbewirtschaftung (Monokulturen, Mineraldünger anstelle von organischem Dünger, etc.) wirken sich nachteilig auf die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens aus. Immer weniger Wasser kann auf den ausgedehnten Feldern versickern. Um Flächen besser bewirtschaftbar zu machen und um mehr Ackerland zu erschließen, wurden große Teile der Landschaft mit einem Drainagesystem versehen und so auf Dauer entwässert. Der Regen hat keine Gelegenheit mehr, tief in den Boden einzusickern, da er mit den Röhren sofort in die Fließgewässer abgeleitet wird. Aber dadurch wird das Problem nur verlagert. Bei heftigen Regenfällen können die schnell abgeleiteten Wassermassen durchaus als Hochwasser zurückkehren. Drittens. Durch den Ausbau und die Begradigung von Gewässern erhöht sich die Gefahr von Überflutungen. Für die Binnenschiffahrt werden Flüsse begradigt und ausgebaggert. Nicht nur die Schiffe fahren schneller und einen kürzeren Weg, auch die Fließgeschwindigkeit des Wassers erhöht sich damit, weil die Stromlänge drastisch verringert ist. So kommen auch die Flutwellen ungebremst voran. Allein der Weg von Basel nach Karlsruhe ist für das Rheinhochwasser um dreißig Stunden schneller geworden - weniger Zeit auch, um Vorkehrungen gegen die Überflutung von Stadt und Land zu treffen. Trotzdem werden noch immer Pläne für den Ausbau von Flüssen wie der Donau oder der Elbe in die Tat umgesetzt. derflächen zum Beispiel an der Oder. Diese Flächen sind heute weitgehend besiedelt und logischerweise durch Flutkatastrophen stark gefährdet. Die aufgeführten vier unterschiedlichen Faktoren haben eine entscheidende Gemeinsamkeit: Sie sind Eingriffe des Menschen in die Natur. Die Flutkatastrophen der letzten Jahre bestätigen jene, die schon lange vor den Folgen solcher Eingriffe gewarnt haben. Die Hochwasserschäden jedenfalls sind weit kostspieliger als der ökologisch sinnvolle Rückbau der Flußlandschaften. Viertens: Immer größere Flächen werden durch Straßen-, Industrieund Siedlungsbau so versiegelt, daß dort überhaupt kein Wasser mehr in den Boden eindringen kann und es sich andere Wege zum Abfließen suchen muß. Das an der Versickerung gehinderte Wasser schießt ungebremst die Straßen entlang und erreicht als Oberflächenabfluß die Fließgewässer. Aus kleinen Rinnsalen entstehen schnell reißende Bäche, welche die Flüsse innerhalb kürzester Zeit anschwellen lassen. Flächen, die früher als ausgleichender Überflutungsraum gedient haben, sind durch Bebauung verlorengegangen - so wie auch die für Überschwemmungen vorgesehenen Pol- Lösung der Aufgaben des Arbeitsblattes: 1:b ist richtig. 2: a) Flußbegradigungen; Besiedelung von Flußauen, Entwässerung von Feuchtwiesen b) Verdichtung des Bodens durch Maschinen, Entwässerung von Ackerflächen c) Waldsterben d) Zunahme der geteerten Verkehrswege d) Besiedlung von Flußauen, Zunahme der bebauten Fläche. 3: Renaturierung der Flüsse und Flußauen, z.B. durch Wiedereingliederung der Altwässer, Anlage von kleinen Inseln und Felsen, Biotope an den Ufern; 4: Wurzeln, Humus und verrottendes organisches Material schaffen Hohlräume, die das Wasser aufnehmen und nur langsam wieder abgeben. Wie entsteht Hochwasser? - Filmtext Solche Bilder kennen wir aus dem Fernsehen. Hochwasser von solchem Ausmaß wurden einst als „Jahrhunderthochwasser“ bezeichnet, weil nur einmal in hundert Jahren damit zu rechnen war. Wie kommt es dazu, daß wir mittlerweile schon fast jedes Jahr ein „JahrhundertHochwasser“ mitverfolgen können? Mitten im Sommer ereignet sich hier eine gewaltige Überschwemmung. Der Fluß hat seinen Damm durchbrochen. Dörfer, Siedlungen und Fabrikhallen sind überflutet. Von den Bäumen ragen nur noch die Kronen aus dem Wasser. Ölschlieren schwimmen auf der Oberfläche. Wie konnte es zu so einer Katastrophe kommen? Der Regen: Seit mehreren Tagen hat es hier geregnet. Nun prasselt ein Starkregen herab. Es fällt in kürzester Zeit soviel Wasser vom Himmel, wie sonst in Monaten. Der Kanal kann das Wasser nicht so schnell aufnehmen. Es bleibt auf der Oberfläche stehen. Im Gegensatz zu den Frühjahrshochwassern nach der Schneeschmelze werden die Hochwasser im Sommer oder Herbst durch kurze Starkregen oder langanhaltende Dauerregen ausgelöst. Feld und Wald: Sehen wir uns draußen um, bevor der nächste Regenschauer kommt. Auf den Äckern steht das Wasser. Und jetzt regnet es schon wieder in Strömen! Auf diesem abgeernteten Maisfeld schießen kleine Bäche den Hang hinab. Nach den tagelangen Regenfällen ist der Boden gesättigt, er kann kein Wasser mehr aufnehmen. Der gesamte Niederschlag fließt rasch oberirdisch ab. Ein Teil sammelt sich in Senken. Auch in den Straßengräben steht das Wasser. Aber hier sammelt sich nicht nur Regenwasser, das von oben in den Graben fließt. Vor fünfzehn Jahren: Vor fünfzehn Jahren sind hier Drainagen in die Ackerböden gelegt worden. Dieses Röhrensystem sollte den Landwirten eigentlich die Arbeit erleichtern. Das Oberflächenwasser sammelt sich nach starken Niederschlägen in den Röhren und wird den Sickergräben zugeleitet. So sind die Böden schnell wieder trocken und können bearbeitet werden. Die Drainagen sammeln das Wasser, noch bevor es in tiefere Bodenschichten einsickern kann. Was früher im Boden gespeichert wurde, wird nun sofort abgeleitet und verschärft dadurch die Hochwassersituation. Hier wird Boden „versiegelt“. Der Niederschlag kann auf solchen Flächen nicht versickern. Wege und Straßen sammeln das Wasser und leiten es augenblicklich Kanälen und Fließgewässern zu. Je mehr geteerte und betonierte Flächen es gibt, umso leichter entsteht Hochwasser. Wie sieht es im Wald aus? In diesem Herbstwald steht kein Regenwasser an der Oberfläche, obwohl das Laub klatschnaß ist. Der Wald vermag ein Vielfaches vom dem an Wasser aufzunehmen, was Felder oder Wiesen vermögen. Das Wasser kann hier tiefer eindringen als auf freiem Feld. Wurzeln und verrottendes Laub schaffen Hohlräume, in denen sich das Wasser wie in einem Schwamm speichert. 20 Milliarden Kubikmeter Regen und Schnee halten die deutschen Wälder jährlich vom Erdboden ab. Erst nach und nach gibt der Wald sein Wasser über die Verdunstung oder über Quellen ab. Nach dem großen Regen sprudelt mehr Wasser aus der kleinen Waldquelle. Zum Glück haben wir hier einen gesunden Wald. Was wäre wohl, wenn der Wald so aussehen würde? Der Bach: Nach wenigen Stunden ist das Wasser am Bach angelangt. Der Wasserspiegel ist angestiegen. Die Bachaue ist überflutet. Die Auwiesen nehmen das viele Wasser auf. Hier sind die natürlichen Stauräume noch vorhanden. Je weiter wir uns bachabwärts bewegen, desto höher steigt das Wasser. Es ist sogar schon in eine Siedlung vorgedrungen. Hier wurde die Bachaue bereits zweckentfremdet. Feuchtwiesen wurden zu Ackerland umgebrochen. Der weitgehend unbedeckte Boden wird vom Hochwasser mitgenommen. Der Fluß - Im letzten Jahr: Dagegen unternehmen die Wasserwirtschaftsämter nun etwas. Hier wurde ein großes Projekt gestartet, um diesen Fluß zu renaturieren. Es wird wieder ein größerer Stauraum für das Wasser geschaffen. Die ökologische Funktion der Flußaue soll wieder hergestellt werden. Die Flußschleifen, die einst bei der Begradigung abgeschnitten wurden, werden wieder in den Fluß eingebunden. Im Flußbett werden kleine Inseln angelegt und Felsen eingesetzt. Diese „Hindernisse“ muß das Wasser erst umfließen. So verringert sich auch die Fließgeschwindigkeit. An den Flußufern werden Biotope angelegt, die ebenfalls einen Rückhalt schaffen. Es entsteht wieder ein ökologisches Gleichgewicht um den Fluß herum. Die Maßnahmen sind allerdings erst im Anfangsstadium. Beobachten wir den Fluß weiter... Obwohl es längst nicht mehr regnet, baut sich eine gewaltige Hochwasserwelle auf ... Diese Bilder sehen zwar drastisch aus, das ist aber noch lange keine Naturkatastrophe. Das Flußbett ist zu klein, um die starken Regenfälle aufzunehmen. In den Auen, wo bis vor dreißig Jahren nur Mühlen ihren Platz hatten, wurden mittlerweile ungeachtet der Hochwassergefahr Wohngebiete errichtet. Die Flutwelle schwillt weiter an. Die Wasserstraße - vor wenigen Jahren: Schauen wir zu den Strömen. Hier war es bis vor kurzem noch das Ziel, die Wasserwege auszubauen und so gut wie möglich schiffbar zu machen. Alle Windungen, die ein Fluß macht, muß auch ein Schiff fahren. Deshalb hat man zugunsten der Schiffahrt die Ströme vertieft und begradigt und damit auch die Fließgeschwindigkeit des Wassers erhöht. Der Rhein ist zum Beispiel um die halbe Fließlänge gekürzt worden, als man die Polder abgeschnitten hat. Die Verbindung zu den Altwässern wurde abgeschottet. Es findet kein Grundwasseraustausch mehr statt. Obwohl die umliegenden Bäche tiefer liegen als der Fluß, entsteht Ackerland im Überschwemmungsgebiet hinter den Dämmen. Die Feuchtwiesen hingegen, die einst als Wasserspeicher und somit auch als Schutz vor Hochwasser dienten, sind in großem Maßstab verschwunden. In der Luftaufnahme ist gut zu erkennen, welche Dimensionen so eine Flußbegradigung annehmen kann. Diese Maßnahmen haben bei Hochwasser schon zu verheerenden Katastrophen geführt. Die Flut: Die Flutwelle schwillt immer stärker an. Die blaue Linie beschreibt das Flußbett vor der Flut. Der Damm konnten dem gewaltigen Wasserdruck nicht mehr standhalten und brach schließlich. Umliegende Flußauen sind sofort überschwemmt. Auf Hunderten von Quadratkilometern steht das Wasser. Dörfer in Flußnähe müssen evakuiert werden. Die Natur holt sich ihren Raum zurück. Wie entsteht Hochwasser? Arbeitsblatt zum Film 1. „Jahrhunderthochwasser“ bedeutet: eine Flutwelle, die alle hundert Jahre wiederkommt ein Hochwasser, mit dem eigentlich nur alle hundert Jahre zu rechnen ist der in hundert Jahren gemessene durchschnittliche Pegelstand 2. Unsere Landschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Welche der Veränderungen begünstigen Hochwasserkatastrophen? Berücksichtige dabei die Gliederung a-e! a) Fluß_____________________ __________________________ __________________________ b) Feld _____________________ __________________________ __________________________ c) Wald ____________________ __________________________ __________________________ d) Verkehrswege _____________ __________________________ __________________________ e) Siedlung _________________ __________________________ __________________________ __________________________ 3. Durch welche Maßnahmen können die Wasserwirtschaftsämter Hochwassern entgegenwirken? _____________________________________________________________________________ _____________________________________________________________________________ 4. Der Wald hat eine Schwammwirkung. Erkläre, was damit gemeint ist. ______________________________________________________________________________ ______________________________________________________________________________