FSF-Programmbericht 2009

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FSF-Programmbericht 2009
FSF-PRÜFUNGEN 2009
Zahlen und Entwicklungen ............................................................................
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Ausnahmeanträge nach § 9 Abs. 1 JMStV ...................................................
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FSK-12-Filme ...............................................................................................
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Erotikfilme
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Spielfilme ohne FSK-Kennzeichen ...............................................................
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Non-Fiction/Reality .......................................................................................
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Serien
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TV-Movies
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Trailer
................................................................................................
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Organisation der Prüfungen ..........................................................................
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Prüferinnen und Prüfer 2009 ........................................................................
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Das FSF-Kuratorium .....................................................................................
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Sitzungen
Arbeitsgruppen
Austausch mit der KJM ..........................................................................................
FSF-Prüfordnung ...................................................................................................
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Fortbildung und Information der Prüferinnen und Prüfer ..............................
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Inhalte
............................................................................................
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Neue Formate: Die Real-Life-Doku Erwachsen auf Probe ...........................
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Auseinandersetzungen mit Beanstandungen der KJM .................................
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Beanstandungen der KJM: vor der Ausstrahlung FSF-geprüfte Programmen ......
Beanstandungen der KJM: nach der Ausstrahlung FSF-geprüfte Programme .....
Hotlineverfahren
Nachträgliche Anträge durch den Sender
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Spruchpraxis zur offensichtlich schweren Jugendgefährdung ......................
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Kindheit, Sexualität und die Rolle der Medien ..............................................
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Werbung
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PRÜFUNGEN 2009
Zahlen und Entwicklungen
Das Prüfvolumen ist im Jahr 2009 im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen. Lediglich in
den Kategorien FSK-12-Filme, nicht gekennzeichnete Filme und Trailer ist eine geringe Zunahme
zu verzeichnen. In allen anderen Kategorien, insbesondere im Erotikbereich und in der Kategorie
Non-Fiction/Reality wurden deutlich weniger Programme vorgelegt als 2008.
2006
2007
2008
2009
Gesamt
Ausnahmeantrag
107
172
206
179
663
FSK-12-Kennzeichen
161
92
88
110
450
Erotik
148
217
178
92
611
Keine Kennzeichnung
7
15
9
11
41
Non-Fiction / Reality
102
288
325
199
826
Serie
317
331
512
427
1569
Trailer
3
23
29
32
84
TV-Movie
64
70
74
56
263
Gesamt
909
1208
1422
1106
4507
Auswertungen der Prüfanträge nach Kategorie 2006 – 2009
Hinsichtlich der Prüfergebnisse gab es 2009 im Vergleich zum Vorjahr keine nennenswerten Änderungen. Gut zwei Drittel der Prüffälle (70,7%) wurden für die beantragte Sendezeit entschieden,
ein Drittel der Fälle (29,3%) auf einen späteren Sendeplatz gelegt und/oder mit Schnittauflagen
versehen. Weitgehend unverändert ist auch das Verhältnis von antragsgemäßen und nicht antragsgemäßen Berufungsentscheidungen, das sich über die Jahre bei ca. 50:50 eingependelt hat.
Im Jahr 2009 wurde von 43 Berufungsfällen in 19 Fällen der Berufung stattgegeben, in 24 Fällen
die Entscheidung des Prüfausschusses bestätigt.
Ausnahmeanträge nach § 9 Abs. 1 JMStV
Ausnahmeanträge betreffen Filme, die bereits von der FSK geprüft und mit „Freigegeben ab 16 Jahren“ bzw.
„Keine Jugendfreigabe“ gekennzeichnet wurden. Mit diesen Altersfreigaben sind nach § 5 Abs. 4 des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) bei der Fernsehausstrahlung bestimmte Sendezeiten (zwischen
22.00 und 6.00 Uhr bzw. 23.00 und 6.00 Uhr) verbunden, von denen nur abgewichen werden kann, wenn
die Vermutung einer entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkung auf Kinder und Jugendliche unter 16 bzw.
unter 18 Jahren nicht mehr besteht. Nach § 9 Abs. 1 JMStV kann dies vor allem für Angebote gelten, deren
Bewertung durch die FSK länger als 15 Jahre zurückliegt, darüber hinaus werden von der FSK gekennzeichnete Filme oft auch in bearbeiteten Fassungen bei der zur Prüfung vorgelegt, bei denen die seitens der
FSK inkriminierten Szenen gekürzt oder nicht mehr enthalten sind.
Mit 179 Ausnahmeanträgen im Jahr 2009 bewegt sich die Anzahl der Prüfungen in diesem Bereich
etwa auf dem Stand von 2007 (172), während im Jahr 2008 ein Anstieg auf 206 Ausnahmeanträge
zu verzeichnen war. Das Verhältnis von Serienfolgen und Spielfilmen hat sich 2009 auf etwa 50:50
eingependelt: Von den 179 Anträgen sind 94 Spielfilme und 85 Serienfolgen zu verzeichnen.
Bei den 94 Spielfilmen ist mit 44 der Anteil von Filmen, bei denen die Prüfung durch die FSK
mehr als 15 Jahre zurückliegt, relativ hoch. Für die anderen 50 Spielfilme wie auch für die Mehrheit
der Serienfolgen wurden nach Maßgabe der Argumentation in den FSK-Entscheiden durch die
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Prüfungen 2009
antragsstellenden Sender Schnittfassungen für die Fernsehausstrahlung erstellt. Dabei handelt es
sich überwiegend um Episoden aktueller Krimi-, Action- oder Comedyserien wie CSI: Miami, CSI:
NY, CSI: Den Tätern auf der Spur, Medicopter 117, Stargate Atlantis, Comedy Street, Nip Tuck und
Dr. House.
In 16 Fällen, bei 15 Folgen des deutschen Versteckte-Kamera-Formats Comedy Street und einer Episode der Comedyserie Scrubs – die Anfänger wurde von jüngeren FSK-Freigaben auch
ohne weitere Schnittbearbeitung abgewichen. Die Episoden mit einer FSK-Freigabe ab 16 Jahren
erhielten, teilweise unter Schnittauflagen, FSF-Freigaben für das Tagesprogramm mit den FSFAltersfreigaben ab 6 und ab 12. Da ein Jugendentscheid für die als Kurzfilm eingestuften und im
verkleinerten 3er-Arbeitsausschuss geprüften Episoden nicht erstellt worden war, konnte eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Gründen für die Freigabe nicht erfolgen.
Die z.T. äußerst umfangreiche Schnittbearbeitung bewirkt in der Mehrheit der Fälle, dass Jugendschutzbedenken gegen die frühere Platzierung nicht mehr bestehen. Im Jahr 2009 wurden
81% aller Ausnahmeanträge antragsgemäß entschieden, 19% wurden abgelehnt.
FSK-12-Filme
Bei Filmen, die nach § 14 Abs. 2 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) von der FSK für Kinder unter
12 Jahren nicht freigegeben sind, ist bei der Wahl der Sendezeit das Wohl jüngerer Kinder zu berücksichtigen. Dies ist Voraussetzung dafür, dass solche Filme im Tagesprogramm ausgestrahlt werden können und
die Platzierung den Anforderungen des § 5 Abs. 4 Satz 3 JMStV genügt.
2009 wurden 110 Anträge für Filme gestellt, die von der FSK ab 12 Jahren freigegeben wurden
und im Tagesprogramm ausgestrahlt werden sollten. Damit ist die Anzahl der Prüffälle in dieser
Kategorie zwar leicht angestiegen (2007: 94; 2008: 89), erreicht aber auch nicht Spitzenwerte wie
2006 mit 163 Anträgen. Zum einen betrifft der allgemeine Programmtrend zu Non-Fiction- und
Hybridformaten vor allem das Tagesprogramm, zum anderen erstellen die Jugendschutzbeauftragten der Sender in manchen Fällen Schnittfassungen, die vom Sender eigenverantwortlich ausgestrahlt werden.
70% der FSK-12-Filme wurden wie beantragt für das Tagesprogramm freigegeben, bei 30%
wurde die Freigabe für das Tagesprogramm nicht bzw. nur unter Schnittauflagen erteilt. Mit acht
Berufungsfällen zu FSK-12-Filmen (von 43 Berufungen insgesamt) im Jahr 2009 ist die Anzahl im
Gegensatz zu den Vorjahren (2007: 12 von 47, 2006: 31 von 55 Berufungsfällen) wieder gesunken.
Erotikfilme
Bei Erotikfilmen ist zu prüfen, ob es sich um eine pornografische Darstellung im Sinne des § 184 StGB handelt, was nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 JMStV die Sendeunzulässigkeit zur Folge hat. Darüber hinaus ist festzustellen, ob weitere Kriterien für unzulässige Angebote nach § 4 JMStV bzw. § 29 der FSF-Prüfordnung (PrOFSF) auf das Angebot zutreffen oder schwer jugendgefährdende Momente, die ein Ausstrahlungsverbot
gem. § 4 Abs. 2 Nr. 3 JMStV bzw. § 30 PrO-FSF zur Folge haben, vorliegen könnten.
Die Anzahl der Anträge für Erotikprogramme ist seit Jahren rückläufig und hat mit 92 Prüfungen im
Jahr 2009 den tiefsten Wert seit 1998 erreicht (2007: 217; 2008: 178). Gründe für diesen allgemeinen Rückgang sind eine veränderte Mitgliederstruktur der FSF und die zunehmende Verlagerung
erotischer Inhalte ins Internet. Die überwiegende Anzahl der Erotikprogramme (70 Sendungen,
entspricht 76,1%) wurde wie beantragt für das Nachtprogramm freigegeben. In zwölf Fällen wurden zusätzliche Schnitte zur Auflage gemacht, in fünf Fällen wurde die beantragte frühere Sendeschiene abgelehnt. In fünf Fällen (gegenüber 32 Fällen im Vorjahr) wurde die Ausstrahlung aufgrund des pornografischen Inhalts ganz abgelehnt.
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Zahlen und Entwicklungen
Spielfilme ohne FSK-Kennzeichen
Bei der Kategorie „Keine Kennzeichnung“ handelt es sich um Kinofilme, die der FSK nicht vorgelegen haben, weil sie in Deutschland weder im Kino noch auf Video oder DVD ausgewertet wurden. In dieser Kategorie finden sich darüber hinaus Kinofilme, die in einer bestimmten Fassung (z. B. restaurierte Fassungen,
sogenannte „extended versions“ o. Ä.) der FSK nicht vorgelegen haben.
2009 wurden elf Filme dieser Kategorie geprüft; neun Filme wurden antragsgemäß für das Tages-,
Hauptabend- oder Spätabendprogramm entschieden. Nur in zwei Fällen, bei den USamerikanischen Actionfilmen American Fighter und Predator II, handelte es sich um bearbeitete
Fassungen von Filmen, denen in der ursprünglichen Version das FSK-Kennzeichen verweigert
worden war. Sie wurden in Schnittfassungen wie beantragt für das Spätabendprogramm entschieden.
Non-Fiction/Reality
Die Kategorie „Non Fiction/Reality“ beinhaltet verschiedene nicht fiktionale Genres und Formate wie Dokumentationen und Reportagen, Casting-, Stunt- und Spielshows sowie Hybridformate wie Doku-Soaps oder
Coaching-Reportagen.
Mit 199 Prüfungen in der Kategorie Non-Fiction/Reality ist die Anzahl der Anträge in diesem Bereich erstmals seit Anerkennung der FSF gesunken und im Vergleich zum Vorjahr mit 325 Anträgen stark abgefallen (2007: 288 Anträge; 2006: 102 Anträge).
Markant waren 2009 Castingshows (Deutschland sucht den Superstar, 10 Folgen; The next Uri
Geller, 8 Folgen; Mission Hollywood, 4 Folgen), Stunt- und Unfallshows bzw. Dokumentationen
(Fist of Zen, 15 Folgen; Rude Tube, 8 Folgen; Außer Kontrolle, 8 Folgen; 1000 Wege ins Gras zu
beißen, 2 Folgen; Zerstört in Sekunden, 5 Folgen), Krieg- oder Waffendokumentationen (Weapon
Masters, 3 Folgen; Teufelsbrigade, 3 Folgen; Shootout, 2 Folgen) oder eine Vielzahl an Dokumentationen bzw. Reportagen mit historischem, politischem oder zeitgeschichtlichem Hintergrund
(Warriors, 7 Folgen; Amerikas Albtraum, 2 Folgen; American Skinheads, 1 Folge: Nürnberg – Görings letztes Gefecht, 2 Folgen; Auf der Suche nach Hitlers Leichnam, 1 Folge.)
Wie bereits 2008 bildeten auch 2009 besonders Real-Life Dokus und Coaching Reportagen einen thematischen Schwerpunkt. So lagen Sendungen wie Teenager außer Kontrolle (6 Folgen), U
20 – Deutschland deine Teenies (4 Folgen), We are Family (6 Folgen) und das sehr umstrittene
Erwachsen auf Probe (7 Folgen) zur Prüfung vor.
59,8% der geprüften Non-Fiction-Programme (119 Sendungen) wurden antragsgemäß entschieden, 37,7% (75 Sendungen) nur unter Schnittauflagen freigegeben beziehungsweise auf einen späteren Sendeplatz verschoben. In fünf Fällen wurde eine Ausstrahlung ganz abgelehnt.
Serien
Die Prüfung von Serien hat seit Bestehen der FSF einen bedeutenden Anteil am Prüfvolumen und stellt eine
besondere Herausforderung dar: Da für Serien ein fester Sendeplatz anvisiert wird, werden oft Schnitte verfügt bzw. die Programme bereits in geschnittenen Fassungen zur Prüfung vorgelegt. Zwei Verfahrenswege
sind möglich: Es können entsprechend der FSF-Vorlagesatzung (vgl. § 4 Abs. 1 FSF-Vorlagesatzung) drei
typische Folgen einer Serie vorgelegt werden, sodass die Jugendschutzbeauftragten eine Einschätzung der
FSF als Grundlage für die Programmierung und Überprüfung weiterer Folgen der Serie erhalten. Die zweite
Variante ist die Prüfung einer ganzen Serienstaffel durch die FSF in einem speziellen Serienprüfverfahren,
das Ausschuss- und Einzelprüfung kombiniert und insbesondere bei umfangreicherer Schnittbearbeitung
zum Tragen kommt.
Im Jahr 2009 wurden 427 Episoden aus 70 verschiedenen Serien geprüft. (2008: 512; 2007: 331).
In der Mehrzahl der Fälle wurden entsprechend der Vorlagesatzung drei typische Episoden einge5
Prüfungen 2009
reicht. In dieser Art wurden 2009 beispielsweise verschiedene Dramen, Comedy- und Krimiproduktionen für das Tages-, Hauptabend- oder Spätabendprogramm geprüft (z.B. Ashes to Ashes, Bakugan – Spieler des Schicksals, Big Love, Carnivale, Dani Lowinski, Der letzte Bulle, Eleventh
Hour – Einsatz in letzter Sekunde, Friday Night Lights, Greek, Journeyman, Life, Mad Men, Moral
Orel, Painkiller Jane, Pensacola – Flügel aus Stahl, Skins, Sk Babies, Stargate Universe, The Mentalist, True Blood).
Von einigen Serien wurden 2009 deutlich mehr als drei Folgen vorgelegt, weil diese mit Blick
auf den angestrebten Sendeplatz unter Jugendschutzgesichtspunkten besonders relevant erschienen. Wie bereits im Vorjahr galt dies vor allem für aktuelle Krimiproduktionen und Mysteryserien (z.B.
Criminal Minds, 30 Folgen; Fringe – Grenzfälle des FBI, 1. Staffel/20 Folgen; Lost,
5. Staffel/17 Folgen; Medium, 4. Staffel/15 Folgen. Als actionbetontes Kinderprogramm wurde z.B.
die neue Serie Power Rangers Jungle Fury (16. Staffel/32 Folgen) vorgelegt. Auch gab es eine Vielzahl neuer Kinderprogramme, von denen der Vorlagesatzung entsprechend 3 Folgen zur Einschätzung vorgelegt wurden (z.B.: Aqua Teen Hunger Force, Bakugan – Spieler des Schicksals, Kamen
Rider, Moral Orel, Adventure Bros.).
Das Serienprüfverfahren kam bei zwei Primetime-Serien zur Anwendung (Navy CIS,
6. Staffel/25 Folgen; Supernatural, 3. Staffel/19 Folgen) sowie bei einer Serie, die in der Zweitverwertung in geschnittener Fassung auf einem früheren Sendeplatz ausgestrahlt werden sollte (Family Guy, 3., 5. u. 6. Staffel/65 Episoden).
Eine Besonderheit stellte 2009 die Prüfung eines On-Demand-Angebots dar. Die Sex-ComedySerie Making of Teeny Stuten 7 wurde hinsichtlich eines möglichen Einsatzes auf dem Onlineportal
eines großen Internetproviders begutachtet.
74,7% (319 Sendungen) aller geprüften Serienfolgen wurden im Jahr 2009 antragsgemäß entschieden, 25,3% (108 Sendungen) wurden nicht für die beantragte Sendezeit freigegeben
und/oder mit Schnittauflagen belegt.
TV-Movies
Die Kategorie „TV-Movies“ beinhaltet alle fiktionalen Fernsehproduktionen in Spielfilmlänge. Die Prüfung von
TV-Movies ist neben den Serien wesentliche Aufgabe der FSF, da Fernsehfilme, sofern eine DVDAuswertung nicht erfolgt und eine Prüfung durch die FSK damit unterbleibt, vor Ausstrahlung allein von der
FSF unter Gesichtspunkten des Jugendschutzes begutachtet werden. Die Vorlagesatzung legt daher fest,
dass alle eigenproduzierten TV-Movies, die in der Primetime ausgestrahlt werden, der FSF vorzulegen sind.
Als Gradmesser für das Funktionieren der Selbstkontrolle, kann die Vorlage von Fernsehfilmen aber nicht
mehr gelten, da entsprechend der allgemeinen Programmentwicklung immer weniger Filme produziert und
eingekauft werden.
Der rückläufige Trend im Bereich der TV-Movies setzt sich auch im Jahr 2009 fort. Nur 56 Filme
wurden 2009 durch die FSF bewertet (2008: 74 Filme; 2007: 70 Filme; 2006: 64 Filme).
Aufgrund der strikten Regelung in der Vorlagesatzung müssen auch Eigenproduktionen vorgelegt werden, die unter Jugendschutzgesichtspunkten offensichtlich unbedenklich sind. Vor diesem
Hintergrund erklärt sich auch der hohe Anteil an antragsgemäßen Entscheidungen: Gut 70% der
TV-Movies wurden antragsgemäß entschieden, knapp 30% wurden nicht wie beantragt freigegeben.
Trailer
In der Kategorie „Trailer“ werden neben Programmankündigungen auch andere Kurzfilme wie Musikclips und
Werbespots zusammengefasst.
32 Programme wurden 2009 in der Kategorie für Trailer, Musikclips und Werbespots geprüft (2008:
29, 2007: 23, 2006: 3 Sendungen).
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Zahlen und Entwicklungen
Bei den 32 Programmen handelt es sich in nur zwei Fällen um Musikclips (Eisblume, Slipknot),
in 13 Fällen um Programm- oder Imagetrailer (z.B. Talk Talk Talk, Fringe – Grenzfälle des FBI, The
Tudors, Van Hellsing) und in 17 Fällen um Werbespots (z.B. Tag des Todes, Hornbach, Wonderful
Pistachios, Sexergy). Somit hat sich im Gegensatz zum Vorjahr der Schwerpunkt deutlich von Musikclips (2008: 11 Clips) und Trailern (2008: 13 Trailer) in Richtung Werbung (2009: 17 Spots;
2008: 5 Spots) verlagert. Zunehmend stellen die Produktionsfirmen selbst die Prüfanträge, da sie
offensichtlich von den Sendern zu einer Vorlage der Sendungen bei der FSF angehalten werden.
Von den 32 Sendungen der Kategorie „Trailer“ wurden 24 (75%) wie beantragt entschieden.
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Organisation der Prüfungen
Prüferinnen und Prüfer 2009
Die Besetzung der Prüfausschüsse erfolgt jeweils für ein Jahr im Voraus und ist auf eine möglichst ausgewogene Berücksichtigung aller Prüferinnen und Prüfer ausgerichtet (vgl. § 6 Abs. 3 PrO-FSF). Die Prüferinnen und Prüfer werden jeweils für einen Zeitraum von zwei Jahren benannt, Wiederbenennung ist zulässig.
Der Berichtszeitraum liegt in der Benennungsperiode 2008/2009, sodass es in der Zusammensetzung der Prüfer im Jahr 2009 keine Veränderungen zum Vorjahr gab, mit Ausnahme von Dusch
Zellerhoff, die aus gesundheitlichen Gründen ausschied. Die insgesamt 102 Prüferinnen und Prüfer wurden im Dezember 2008 für das Prüfjahr 2009 nach Maßgabe eigener Terminwünsche disponiert. Bei gleichmäßiger Verteilung aller Termine ergaben sich 2009 für die Prüfer/-innen bis zu
drei Prüfwochen, für die Verfasser von Gutachten/Vorsitzenden bis zu fünf Prüfwochen pro Jahr.
Hauptamtliche Prüfer/-innen waren im Jahr 2009 Claudia Mikat, Susanne Bergmann, Nils
Brinkmann, Christina Heinen und Matthias Struch. Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen in den
Prüfausschüssen waren Dr. Barbara Eschenauer, Karl-Heinz Horn, Reinhard Middel,
Prof. Dr. Roland Rosenstock und Roland Wicher für die Evangelische Kirche; Stefan Förner,
Dr. Reinhold Jacobi, Dr. Thomas Kroll, Helmut Morsbach und Lothar Strüber für die Katholische
Kirche. Juristische Sachverständige waren 2009: Prof. Dr. Oliver Castendyk, Dr. Matthias Heinze,
Dr. Marc Liesching, Jörg Knupfer, Christian Schreider, Dr. Nadine Mynarik und OStA Klaus Sulzbacher.
Das FSF-Kuratorium
Das Kuratorium der FSF ist für alle formalen und inhaltlichen Fragen, die mit den Prüfungen zusammenhängen, zuständig. Dazu gehören vor allem die Benennung der Prüferinnen und Prüfer sowie die Weiterentwicklung von Prüfgrundsätzen und erläuternden Richtlinien. Darüber hinaus ist die Qualifizierung und Weiterbildung der Prüfenden ein wesentlicher Aufgabenschwerpunkt. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, tagen
die Kuratoriumsmitglieder zweimal jährlich und finden sich zusätzlich in einzelnen Arbeitsgruppen zusammen.
Sitzungen
Das FSF-Kuratorium tagte am 27. März und am 13. November 2009. Die erste Sitzung fand in
Zandvoort im Rahmen einer Exkursion zum Niederländischen Institut für die Klassifizierung audiovisueller Inhalte (NICAM) statt, die zweite Sitzung in der Berliner Geschäftsstelle der FSF.
Arbeitsgruppen
Die Arbeitsgruppe Programm und neue Formate gibt es seit 2009 nicht mehr. Stattdessen werden
strittige Fälle den Mitgliedern des Kuratoriums auf Datenträgern zur Sichtung zugesandt und im
Rahmen der regulären Kuratoriumssitzungen diskutiert.
Die Arbeitsgruppe Crossmediales hat sich zum Ziel gesetzt, crossmediale Entwicklungen zu
beobachten und neue Mischformate wie Web-Soaps oder Social TV auszumachen.
Die Arbeitsgruppe Konvergenz tagte am 25. März in Zandvoort und am 12. November 2009 in
Berlin. Themenschwerpunkt war mit Blick auf die anstehende Novellierung des JMStV die Frage,
auf welcher Grundlage FSF-Prüfergebnisse durch die Obersten Landesjugendbehörden für die
Offlineverwertung übernommen werden könnten. Ein Ergebnis der AG war die Empfehlung, versuchsweise zu den Sendezeitentscheidungen auch Altersfreigaben zu vergeben.
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Organisation der Prüfungen
Den Prüferinnen und Prüfern werden auf den Fortbildungsveranstaltungen und in regelmäßigen
Rundbriefen die Ergebnisse der Kuratoriumssitzungen sowie der Arbeitsgruppentreffen vermittelt.
Der auf diese Weise bestehende ständige und wechselseitige Abstimmungsprozess zwischen dem
Kuratorium und den Prüfausschüssen soll eine transparente und sachlich begründete Spruchpraxis
gewährleisten.
Austausch mit der KJM
Eine gemeinsame Sitzung mit Vertreterinnen und Vertretern der KJM und des FSF-Kuratoriums zu
Programmfragen und neuen Formaten fand am 25. Februar 2009 in Berlin statt.
Die Prüfung der aktuellen Staffel der Castingshow Deutschland sucht den Superstar (DSDS)
durch die FSF entlang der entwickelten Kriterien für Castingshows wurde einhellig als Erfolg für
den Jugendschutz gewertet. Weitere Themen der Sitzung waren das Berichterstattungsprivileg des
§ 5 Abs. 6 JMStV und Fragen des Teilnehmerschutzes in Abgrenzung zu Fragen des Jugendschutzes. Gesichtet und kontrovers diskutiert wurde eine FSF-geprüfte Folge der Doku-Soap-Reihe
Endlich Urlaub, deren Platzierung im Tagesprogramm von der KJM als Verstoß gegen die Jugendschutzbestimmungen gewertet wird. 1
Ein weiteres Thema war der Umgang mit Beschwerdefällen, die sowohl die FSF-Jugendschutzhotline als auch die jeweils zuständigen Landesmedienanstalten oder die KJM erreichen. 2
FSF-Prüfordnung
Ab dem 1. August 2009 gilt eine neue Prüfordnung der FSF. Neben stilistischen Änderungen und
begrifflichen Anpassungen wurden in die neue Prüfordnung Regelungen für die Prüfung fremdsprachiger Programme aufgenommen (§ 12 PrO-FSF), die bisherigen §§ 11 und 12 wurden zusammengefasst. Des Weiteren wurde das erprobte Serienprüfverfahren, das die Kombination von
Ausschuss- und Einzelprüfung bei der Begutachtung ganzer Serienstaffeln vorsieht, in die Prüfordnung integriert (§ 14 PrO-FSF). Wesentlich für die Prüfung ist weiter, dass bei Freigaben, die mit
Auflagen verbunden werden, in Zukunft anzugeben ist, welche Entscheidung gilt, wenn den Auflagen nicht entsprochen wird (§ 11 PrO-FSF).
Fortbildung und Information der Prüferinnen und Prüfer
Pro Jahr führt die FSF zwei Fortbildungsveranstaltungen für alle Prüferinnen und Prüfer durch. Die Teilnahme an mindestens einer Fortbildungsveranstaltung ist für die FSF-Prüferinnen und -Prüfer verpflichtend.
Diese Veranstaltungen richten sich auch an die Jugendschutzbeauftragten der Sender, um das Zusammenspiel zwischen den Jugendschutzbeauftragten und der FSF zu optimieren. Die Veranstaltungen werden von
der Vorsitzenden des Kuratoriums und den hauptamtlichen Prüferinnen und Prüfern geplant und durchgeführt. Regelmäßige Rundbriefe informieren über aktuelle Entwicklungen, Grundlagen der Prüfung und weiterführende Materialien werden auf der FSF-Website bereitgestellt.
Die erste Prüferfortbildung 2009 fand am 7. Mai 2009 im Rahmen der gemeinsamen Jahrestagung
der Jugendschutzsachverständigen der Obersten Landesjugendbehörden bei der FSK und der
Prüferinnen und Prüfer der FSF in Magdeburg statt. Teilgenommen haben 41 Prüferinnen und Prüfer, drei juristische Sachverständige der FSF sowie neun Jugendschutzbeauftragte von FSFMitgliedssendern. Themenschwerpunkte waren Programme an der Grenze zur Sendeunzulässigkeit und die Jugendschutzrelevanz sexualisierter Sprache.
An der zweiten Fortbildungsveranstaltung am 2. November 2009 in der FSF-Geschäftsstelle in
Berlin nahmen insgesamt 56 Prüferinnen und Prüfer, 18 Mitarbeiter/-innen aus den Abteilungen
Jugendschutz der Mitgliedssender sowie zwei Mitglieder des Kuratoriums teil. Themen waren die
1
2
Stichpunkte der inhaltlichen Diskussion über Endlich Urlaub finden sich unter „Beanstandungen der KJM“
Zu den gemeinsamen Beschwerdefällen von FSF-Hotline und KJM siehe unter „Beanstandungen der KJM“
9
Prüfungen 2009
sexuelle Entwicklung im Kindesalter und die Konsequenzen der Medienkonvergenz für den Jugendschutz.
In fünf Prüferrundbriefen – vom Februar, Mai, Juli, November und Dezember – wurden die Prüferinnen und Prüfer im Jahr 2009 über aktuelle Fragen der Programmprüfung, über Inhalte und
Ergebnisse der Prüferfortbildungen und andere FSF-Veranstaltungen informiert. Aktuelle Grundlagen der Prüfung, die Rundbriefe, Prüfgutachten zu den diskutierten Fallbeispielen, Vorträge und
Folien der Fortbildungsveranstaltungen etc. wurden den Prüferinnen und Prüfern im internen Bereich der FSF-Website bereitgestellt.
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Inhalte
Neue Formate: Die Real-Life-Doku Erwachsen auf Probe
Vier Wochen vor dem ersten Ausstrahlungstermin am 3. Juni 2009 provozierte das Konzept der
RTL-Doku-Soap Erwachsen auf Probe, die nach der Formatidee der BBC-Serie The Baby Borrowers produziert wurde, bereits heftige Kritik. In der Serie erproben vier noch minderjährige Paare
den Alltag des Elterndaseins in einem inszenierten Kontext vor laufenden Kameras: Den Teenagern mit Kinderwunsch werden, allerdings unter ständiger Kamerabeobachtung und pädagogischer Aufsicht, für einige Tage zunächst Babys, dann Kleinkinder und am Ende Pubertierende anvertraut. Die Jugendlichen sollen dem Sender zufolge lernen, was es bedeutet, ein Kind zu haben
und mit Bedürfnissen und Wünschen von Kindern zurechtzukommen. Die öffentliche Empörung
richtete sich gegen die Formatidee bzw. gegen die grundsätzliche Entscheidung des Senders, den
Umgang von jungen Paaren mit Kindern am lebenden Objekt zu proben. Im Zentrum der Kritik
stand die Überzeugung, dass unabhängig von der Frage, wie liebevoll und kundig mit den Kindern
durch die Probeeltern umgegangen wird und wie dieser Prozess durch sachverständige Pädagogen betreut wird, vor allem Säuglinge und Kleinkinder durch die Trennung von ihren Eltern Schaden nehmen. Obschon die Wirkung der Sendungen auf Kinder und Jugendliche vor dem Bildschirm nicht Gegenstand der öffentlichen Diskussion war, die ausschließlich um die vermuteten
Produktionsbedingungen kreiste, wurde vehement von verschiedenen Seiten (Kinderschutzbund,
Ärzte, Therapeuten, Kirchenvertreter, Privatpersonen) ohne Kenntnis der tatsächlichen Sendeinhalte gefordert, das Format zu verbieten bzw., an den Sender gerichtet, von der Ausstrahlung Abstand zu nehmen. Ein Antrag eines sechsfachen Familienvaters an das Verwaltungsgericht Köln,
die Ausstrahlung der Sendung einstweilig zu untersagen, wurde unter Verweis auf die jugendmedienschutzrechtlichen Zuständigkeiten und die Rundfunkfreiheit abgewiesen.3
Alle Episoden der Serie haben der FSF zur Prüfung vorgelegen. Beantragt war die Ausstrahlung im Hauptabendprogramm für die ersten vier Folgen (an denen die Babys und Kleinkinder beteiligt sind) und für die weiteren fünf Folgen die Ausstrahlung im Tagesprogramm. Die ersten vier
Folgen mit Kleinstkindern wurden für das Hauptabendprogramm, die anderen z.T. unter Schnittauflagen für das Tagesprogramm freigegeben.
Noch vor der Ausstrahlung gingen zahlreiche Beschwerden bei der Jugendschutz-Hotline der
FSF ein.4 Als Reaktion auf die Beschwerden wurde zunächst die Aufgabe der FSF in Abgrenzung
zum Teilnehmerschutz und zu einer Bewertung der Produktionsbedingungen erläutert. Es wurde
deutlich gemacht, dass mögliche Schädigungen aus der Sendung nicht erkennbar seien, die Mitglieder des Prüfausschusses aber nur beurteilen könnten, was gezeigt werde. Über die Produktionsbedingungen und den Umgang mit den in der Serie auftretenden Kindern könne dagegen nur
spekuliert werden.5
Aufgrund der öffentlichen Debatte wurde Erwachsen auf Probe von der KJM als Eilfall eingestuft6
und unmittelbar nach der Ausstrahlung der ersten Doppelfolge (03.06.2009) am 4. Juni 2009 von
einem Dreierausschuss begutachtet.7 Da dessen Urteil nicht einstimmig ausfiel, prüfte das zwölfköpfige KJM-Plenum am 17. Juni 2009 die erste Doppelfolge8 und am 15. Juli 2009 die Folgen 3
bis 7. Die Prüfung der ersten sieben Episoden des Formats durch die KJM9 ergab, dass kein Ver3
4
5
6
7
8
9
Begründung:
www.telemedicus.info/urteile/Rundfunkrecht/Jugendschutz/792-VG-Koeln-Az-6-L-79809-Zustaendigkeit-fuerJugendschutz-im-Fernsehen-Erwachsen-auf-Probe.html.
Siehe hierzu auch: Programmbegleitung – Jugendschutzhotline
Für eine ausführlichere Begründung siehe auch das FSF-Prüfgutachten (veröffentlicht in epd medien im Mai 2009)
KJM-Pressemitteilung vom 28.05.2009
KJM-Pressemitteilung vom 04.06.2009
KJM-Pressemitteilung vom 17.06.2009
KJM-Pressemitteilung vom 16.07.2009
11
Prüfungen 2009
stoß gegen die Menschenwürde vorliegt und eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung auf ab
12-jährige Zuschauer nicht begründet angenommen werden kann. Auch die KJM weist darauf
hin10, dass sie für die Einhaltung der Bestimmungen des JMStV zuständig ist und die Wirkung von
Fernsehsendungen auf kindliche und jugendliche Zuschauer prüft; es sei hingegen Aufgabe der
nach dem JuSchG zuständigen Stellen zu prüfen, ob das Wohl der an der TV-Produktion teilnehmenden Kinder und Jugendlichen verletzt worden sei. Ungeachtet dessen und ungeachtet der Tatsache, dass sich die tatsächliche Situation am Set aus dem gescripteten und entlang einer FictionDramaturgie montierten Erscheinungsbild der Sendungen nicht rekonstruieren lässt, wurden jedoch die vermuteten Produktionsbedingungen wiederholt „deutlich kritisiert und die Sendung weiterhin als ethisch und pädagogisch unverantwortlich eingestuft.“11
Die FSF wurde in der Öffentlichkeit weniger wegen ihrer Sendezeit-Entscheidung zu Erwachsen
auf Probe kritisiert, sondern vielmehr wegen der Aussage im Prüfgutachten zur ersten Folge, die
Serie verfolge „insgesamt durchaus eine positive pädagogische Absicht“. Vor diesem Hintergrund
und unter der Maßgabe, nur zu beurteilen, was gezeigt wird, wurde für die FSF-Prüfpraxis der
Schluss gezogen, auch mit Einschätzungen, die hinter einer Sendung stehende Absichten oder
besondere Anliegen betreffen, zurückhaltend und kritisch zu sein.
Auseinandersetzungen mit Beanstandungen der KJM
Die inhaltliche Auseinandersetzung mit Prüffällen und Beanstandungen der KJM ist insbesondere
dann angezeigt, wenn es sich um Fälle handelt, die auch der FSF zur Prüfung vorgelegen haben
und bei denen es zu abweichenden Einschätzungen gekommen ist. Neben der entscheidenden
Frage, ob die FSF ihren Beurteilungsspielraum überschritten hat, was im Berichtszeitraum nicht
der Fall war, geht es dabei auch um eine möglichst einheitliche Auslegung von Prüfkriterien. Dass
in Einzelfällen die Sichtweisen von Selbstkontrolleinrichtungen und staatlicher Aufsicht voneinander abweichen, ist für das System der regulierten Selbstregulierung konstitutiv. Ein ständiger Abgleich von Beurteilungsmaßstäben und Auslegungsweisen ist andererseits wesentlich, um die
Spruchpraxen im Einklang mit geltendem Jugendschutzrecht zu halten.
Der inhaltsorientierte Dialog zwischen KJM und FSF ist daher unabdingbar, um das System der
regulierten Selbstregulierung zu optimieren. Er wird zwischen dem FSF-Kuratorium und der KJM in
gemeinsamen Sitzungen geführt12 und soll vertieft werden. Die Auseinandersetzung mit Entscheidungen der KJM erfolgt darüber hinaus auf den Fortbildungsveranstaltungen für die FSFPrüferinnen und -Prüfer. Die beanstandeten Programme oder relevante Programmteile werden
gesichtet, die Prüfentscheidungen von FSF und KJM zur Diskussion gestellt. Die Begründungen
der KJM liegen dabei in der Regel in Form von Pressemitteilungen vor.
Ein direkter Vergleich von KJM- und FSF-Prüffällen im Berichtszeitraum ist nicht möglich, weil
die im Jahr 2009 ausgesprochenen Beanstandungen überwiegend Programme betreffen, die in
den Jahren 2008 oder 2007 ausgestrahlt worden sind. Hinzu kommt, dass die Pressemitteilungen,
die die Beanstandungen anzeigen und begründen, zum Teil außerhalb des Berichtszeitraums (in
diesem Fall im Jahr 2010) veröffentlicht wurden. Im vorliegenden Jahresbericht werden daher die
Fälle diskutiert, für die im Jahr 2009 Beanstandungen ausgesprochen worden sind, unabhängig
vom Zeitpunkt der Ausstrahlung und der Veröffentlichung der Beanstandung.
Aus den Quartalsberichten sowie den Pressemitteilungen der KJM ergibt sich, dass die KJM im
Jahr 2009 48 Verstöße gegen die Jugendschutzbestimmungen im Rundfunk festgestellt hat, von
denen 45 FSF-Mitgliedssender betreffen.
22 der beanstandeten Programme haben der FSF nicht zur Prüfung vorgelegen. Dabei handelt
es sich überwiegend um Programmtrailer und (Erotik-)Werbeclips sowie um einzelne Show- oder
10 Beitrag „Rechtlich zulässig, aber ethisch und pädagogisch unverantwortlich“ von Verena Weigand in BPJM-Aktuell
3/2009
11 KJM-Pressemitteilungen vom 16.07.2009 und, in leicht abweichender Formulierung, vom 17.06.2009
12 Vgl. Austausch mit der KJM
12
Inhalte
Doku-Formate. Bei 23 der 45 beanstandeten Sendungen handelt es sich um Programme, mit denen die FSF bereits befasst war, in zehn Fällen vor der Ausstrahlung. Von den 13 nachträglich geprüften Programmen sind sieben im Hotlineverfahren in die Prüfung gelangt. In sechs Fällen haben
die Sender selbst einen Antrag auf nachträgliche Prüfung gestellt, um die Einschätzung der FSF
zum laufenden Beanstandungsverfahren einzuholen.
Beanstandungen der KJM: vor der Ausstrahlung FSF-geprüfte Programmen
Die KJM hat zehn Programme beanstandet, die vor ihrer Ausstrahlung der FSF zur Prüfung vorgelegen hatten und für die geplante Sendezeit freigeben worden waren: Episode 8 der Real-LifeDoku Erwachsen auf Probe, acht Folgen der ersten Staffel der Make-over-Show Extrem Schön –
Endlich ein neues Leben und eine bereits 2007 ausgestrahlte Folge der Mysteryserie Supernatural
mit dem Titel Haut. In allen zehn Fällen wertete die KJM die Ausstrahlung im Hauptabendprogramm zwar als Verstoß gegen § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 2 JMStV, erkannte jedoch gleichzeitig
die Bewertung der FSF als sachgerecht an und sah daher den Beurteilungsspielraum nicht überschritten.
Erwachsen auf Probe (Folge 8)
Die Wirkungsvermutung der KJM13 im Hinblick auf das entwicklungsbeeinträchtigende Potenzial
der 8. Episode von Erwachsen auf Probe wurde auf der FSF-Prüferfortbildung am 29. Januar
2010 erörtert. Die KJM moniert in der Pressemitteilung, die Bilder trinkender und rauchender
Jugendlicher würden Verstöße gegen das JuSchG zeigen und damit sozialethisch desorientierend wirken. Außerdem überschreite das Verhalten einzelner Jugendlicher persönliche Grenzen
der Privat- und Intimsphäre der in ihrer Obhut befindlichen Kinder und sei geeignet, in negativer
Weise vorbildhaft auf zuschauende Jugendliche zu wirken. Demgegenüber hatte der FSFPrüfausschuss festgestellt, dass die genannten Verhaltensweisen in der Sendung selbst deutlich als Normverletzung dargestellt und damit hinreichend kritisiert und eingeordnet würden, sodass von einer desorientierenden Vorbildwirkung nicht auszugehen sei.
Schönheitsoperationen: Extrem schön – Endlich ein neues Leben
Die Beanstandung der Ausstrahlung von acht Folgen der Make-over-/Schönheits-OP-Show Extrem Schön – Endlich ein neues Leben im Hauptabendprogramm wird von der KJM wie folgt begründet: „Das Format zeigte ausschließlich positive Seiten rein ästhetisch motivierter Schönheitsoperationen. Die Wirkung so einseitiger Berichterstattung auf jugendliche Zuschauer, bei denen
die Akzeptanz des eigenen Körpers zur Identitätsfindung gehört, ist kritisch zu sehen. Eine Entwicklungsbeeinträchtigung [von unter 16-Jährigen] kann nicht ausgeschlossen werden, wenn
Schönheits-OPs als einzige Lösung zur Steigerung des Selbstwertgefühls dargestellt werden.“14
Die Wirkungsvermutung, die in dieser Form bereits Grundlage der 2004 vom Kuratorium entwickelten FSF-Prüfkriterien für Sendungen über Schönheitsoperationen war,15 wurde mit Blick auf
die beanstandeten Sendungen von Extrem schön auf der Prüferfortbildung am 3. Mai 2010 erneut diskutiert. Anders als die KJM hatten die Prüfausschüsse der FSF die Sendungen über
Schönheitsoperationen als nicht entwicklungsbeeinträchtigend für ab 12-Jährige eingeschätzt,
weil sie wenig jugendaffine Protagonisten und Problemlagen zeigten, eine nachvollziehbare Motivation bzw. einen Leidensdruck vermittelten, Schmerzen und Risiken thematisierten und
Schönheitsoperationen nicht mit einer erhöhten sozialen Akzeptanz in Verbindung brachten.
13 Siehe Pressemitteilung der KJM vom 21.01.2010
14 Pressemitteilung der KJM vom 21.01.2010
15 Vgl. KJM Pressemitteilung 7/2004; vgl. Kriterien für die Beurteilung von Sendungen über Schönheitsoperationen:
www.fsf.de/fsf2/ueber_uns/bild/download/Kriterien_SchoenheitsOPs.pdf
13
Prüfungen 2009
Supernatural (Folge: Haut)
Zu den Gründen der KJM, die Ausstrahlung der Episode Haut der Mysteryserie Supernatural im
Jahr 2007 als Verstoß gegen § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 2 JMStV zu bewerten, liegen der FSF
bislang keine Informationen vor. Die Sendung war allerdings auch FSF-intern äußerst kontrovers diskutiert und erst im Berufungsverfahren nur mit knapper Mehrheit für die beantragte
Sendezeit im Hauptabendprogramm freigegeben worden.
Beanstandung der KJM: nach der Ausstrahlung FSF-geprüfte Programme
Im Berichtszeitraum wurden zwölf nachträglich geprüfte Programme beanstandet; sieben davon
hatten die Prüfausschüsse der FSF über das Hotline-Beschwerdeverfahren erreicht, fünf wurden
nachträglich von Mitgliedssendern vorgelegt.
Hotlineverfahren
Die im Jahr 2009 von der KJM beanstandeten Sendungen, die vorher auch einem FSFPrüfausschuss vorgelegen hatten, wurden von KJM und FSF gleichermaßen als Verstoß gegen die
Bestimmungen des Jugendschutzes gewertet. Vor diesem Hintergrund der einheitlichen Bewertung stellt sich die Frage, inwieweit die Prüfung derselben Inhalte durch Selbstkontrolle und Aufsicht notwendig ist, zumal anerkannten Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle die Einrichtung einer Beschwerdestelle gesetzlich vorgeschrieben wird. Da die Dauer der Verfahren bei der
FSF wesentlich kürzer ist und die Beschwerdeführer in der Regel bereits zwei oder drei Monate
nach ihrer Beschwerde vom Ausgang des Verfahrens unterrichtet werden können, sollte mit der
KJM geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen die FSF-Hotlineverfahren ein Aufsichtsverfahren ersetzen bzw. die FSF-Entscheidungen im Rahmen von Aufsichtsverfahren übernommen
werden können.
Deine Chance: Drei Bewerber, ein Job (Folge: Tabledance)
Die am 18. April 2008 im Tagesprogramm ausgestrahlte Folge Tabledance der Doku-Soap-Reihe
Deine Chance: Drei Bewerber, ein Job wurde erstmals im Juni 2008 von der FSF bewertet. Aufgrund
problematischer Leitbilder durch die jugendlich wirkenden Anwärterinnen auf den Job der Tabledancerin, die diese „Karriere“ aufgrund vermeintlich überdurchschnittlich guter Verdienstmöglichkeiten einer herkömmlichen Berufsausbildung vorziehen, wurde die Sendung für eine Sendezeit im Spätabendprogramm entschieden.
Actiongirls
Der am 27. Juli 2008 im Nachtprogramm ausgestrahlte Beitrag Actiongirls wurde am
4. September 2008 als sendeunzulässig eingeschätzt. Der Beitrag, der auf die sexuelle Stimulation des Zuschauers zielt und hierfür Gewalt- und sexuelle Machtphantasien verknüpft, wurde
als offensichtlich schwer jugendgefährdend im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 a und b PrO-FSF
gewertet.
SAM (Beitrag über sexuelle Belästigung von Kindern in Chats)
Ein im Rahmen des Magazins SAM am 23. April 2008 im Tagesprogramm ausgestrahlter Beitrag
über die sexuelle Belästigung von Kindern in Chats wurde am 16. Juni 2008 durch die FSF bewertet. Der Ausschuss erachtete es nicht als zulässig, die kritische Berichterstattung über die
sexuelle Belästigung von Kindern im Internet gerade mit Bilddarstellungen zu unterlegen, die ihrerseits als sexuelle Belästigung von Kindern interpretiert werden können und verhängte eine
Schnittauflage.
14
Inhalte
We are Family (Folge: Mit Erotik raus aus Hartz IV)
Der am 6. März 2009 im Tagesprogramm ausgestrahlte Beitrag Mit Erotik raus aus Hartz IV der
Doku-Soap-Serie We are Family wurde am 1. April 2009 für eine Sendezeit im Spätabendprogramm entschieden. Der FSF-Prüfausschuss begründete seine Einschätzung einer entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkung auf unter 16-Jährige damit, dass in der Sendung die Tätigkeit
im Erotikgeschäft als geeigneter, leichter und besonders attraktiver Weg aus sozialer Armut
dargestellt werde.
K11 – Kommissare im Einsatz (Folge: Ein wahrer Albtraum)
Die am 2. September 2008 im Tagesprogramm ausgestrahlte Folge Ein wahrer Albtraum der Krimireihe K11 – Kommissare im Einsatz hätte nach Auffassung des FSF-Prüfausschusses vom
27. Oktober 2008 für diesen Sendeplatz bearbeitet werden müssen. Die Eingangsszene wurde
als geeignet eingeschätzt, jüngere Kinder übermäßig zu ängstigen, und demzufolge mit mehreren Schnittauflagen belegt.
Programmankündigung zu Fringe
Der am 12. März 2009 im Tagesprogramm ausgestrahlte Programmtrailer zur Mysteryserie
Fringe hätte nach Meinung des Prüfausschusses vom 2. Juni 2009 nicht im Tagesprogramm
bzw. nach Auffassung des Berufungsausschusses vom 23. Juli 2009 nicht in der gezeigten Fassung zu dieser Sendezeit gezeigt werden dürfen. Er wurde entsprechend mit Schnittauflagen
belegt.
Programmankündigung zu Die Tudors – Die Königin und ihr Henker
Auch der am 1. Januar 2009 gezeigte Programmtrailer zur Serie Die Tudors – Die Königin und
ihr Henker hätte nach Ansicht des FSF-Gremiums vom 24. März 2009 nicht im direkten Umfeld
von Kinderprogrammen platziert werden dürfen und wurde mit der entsprechenden Auflage belegt.
Nachträgliche Anträge durch den Sender
Im Ergebnis wurde die Mehrheit der nachträglich auf Antrag eines Senders geprüften Programme
durch die FSF wie später im Beanstandungsverfahren durch die KJM entschieden: Ein Programmtrailer zu dem Film Stirb langsam mit einer FSK-Freigabe „ab 16 Jahren“ beinhaltete nach Einschätzung eines juristischen Sachverständigen der FSF Bewegtbilder und war somit als Verstoß
gegen die Bestimmungen des § 10 JMStV zu werten (FSF 22.00 Uhr); die Dokumentation Göring –
letztes Gefecht zeigte Bilder von der Befreiung eines Konzentrationslagers, die nach Ansicht des
Prüfausschusses die Verarbeitungsfähigkeiten jüngerer Kinder überschritten (FSF 20.00 Uhr); die
Folge Ich hasse meine Nase von U20 – Deutschland Deine Teens vermittelte nach Ansicht des
Prüfausschusses den Eindruck, die Schönheitsoperation der jugendlichen Protagonistin sei ein
einfacher Ausweg aus der als problematisch empfundenen psychischen, familiären oder sozialen
Situation (FSF 22.00 Uhr). Ein Programmtrailer zur Mysteryserie Fringe, der im Stil einer Sondersendung bzw. einer „Breaking-News-Sendung“ konzipiert war, verwischte nach Ansicht des
Prüfausschusses Realität und Fiktion in einer Weise, die jüngere Kinder massiv irritieren und ängstigen kann (FSF 20.00 Uhr).
Die zwei Fälle, in denen KJM- und FSF-Entscheidungen voneinander abwichen, wurden inhaltlich im Austausch zwischen FSF-Kuratorium und KJM bzw. auf internen Prüferfortbildungen diskutiert.
Endlich Urlaub (Folge: Familie Donat in der Schweiz)
Zu einer divergierenden Einschätzung waren FSF und KJM im Hinblick auf die Doku-Soap Endlich Urlaub: Familie Donat in der Schweiz gekommen. Die Folge wurde beim Austausch mit der
15
Prüfungen 2009
KJM am 25. Februar 2009 in Berlin gemeinsam gesichtet und diskutiert. Die gemeinsame Diskussion dieses Falles sollte dazu dienen, einem Auseinanderdriften der Prüfpraxen vorzubeugen.16 Die Sendung war am 16. März 2008 im Tagesprogramm von RTL ausgestrahlt und am
21. Januar 2009 von der KJM als Verstoß gegen § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 3 JMStV eingestuft
worden. Zur Begründung wird im Beanstandungsbescheid ausgeführt, dass die Sendung die
sexuellen Bedürfnisse des Ehemannes in einer nicht dem Entwicklungsstand jüngerer Kinder
entsprechenden Weise in den Vordergrund rücke. Dies könne „sexuell desorientierend wirken“,
zumal die Sendung damit einhergehend durch die Präsentation der Familie Donat ein verzerrtes, asymmetrisches Bild von Partnerschaft und Geschlechterrollen vermittle. In der Thematisierung des Übergewichts des jüngsten Sohnes erkannte die KJM-Prüfgruppe „Merkmale einer sozialen Diskriminierung“; das durch die Sendung vermittelte Familienbild, insbesondere die
Situation der Kinder, wurde als allzu konfliktbeladen und daher als beeinträchtigend eingestuft.
Am 29. April 2008 hatte die FSF die Real-Life-Doku geprüft. Die von der KJM genannten potenziell problematischen Punkte finden im FSF-Prüfgutachten Berücksichtigung, werden jedoch
letztlich nicht als entwicklungsbeeinträchtigend für unter 12-Jährige eingestuft. Aus einzelnen
Äußerungen und Verhaltensweisen, die „unter pädagogischen Gesichtspunkten wenig wünschenswert erscheinen“, lasse sich nicht ein desorientierendes Potenzial ableiten, so der FSFPrüfausschuss. Problematischen Äußerungen und Verhaltensweisen einzelner Familienmitglieder stünden relativierende Kommentare anderer gegenüber, die vermeintliche Fixierung des Vaters auf Sex werde durch sein romantisches Liebesbedürfnis konterkariert. Selbst labile Kinder
aus instabilen „Problemfamilien“, denen gegenüber familiären Konflikten ein geringeres Maß an
kritischer Distanz unterstellt werden könne, dürften diese Entlastungsmomente und Szenen familiärer Geborgenheit in der Sendung wahrnehmen.
Funny Movie – Eine wie Keiner
Bei dem zweiten beanstandeten und von der FSF nachträglich geprüften und abweichend beurteilten Fall, handelt es sich um die als Parodie angelegte Teeniekomödie Funny Movie – Eine
wie Keiner. Die Ausstrahlung des Films am 25. März 2008 im Hauptabendprogramm wurde von
der KJM laut Pressemitteilung vom 10. Juli 200917 als Verstoß gegen § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4
S. 2 JMStV eingestuft und eine Sendezeitbeschränkung auf das Spätabendprogramm ab
22.00 Uhr verfügt. Zur Begründung wird in der Pressemitteilung auf die „derb-zotige und sexualbetonte Sprache“ des Films verwiesen.
Die Prüfgremien der FSF hatten den Film nach der Ausstrahlung am 11. bzw. am 17. Februar
2009 geprüft. Aufgrund der auffälligen Bewertungsunterschiede (Spätabendprogramm vs. Tagesprogramm) der mit dem Film befassten Prüfausschüsse wurden die hinter den Entscheidungen
stehenden Argumente auf der Prüferfortbildung im Anschluss an die gemeinsame Jahrestagung
von FSK und FSF am 7. Mai 2009 in Magdeburg vorgestellt und unter den Prüferinnen und Prüfern ebenfalls kontrovers diskutiert:
Auf der einen Seite wurde durch die Dichte und Drastik von verbal und szenisch vermittelten
vergröbernden Anspielungen auf Sexualität das Wirkungsrisiko einer sozialethischen Desorientierung gesehen. Dabei wurde davon ausgegangen, dass auch jüngere Kinder unter 12 Jahren
in den Medien nach Informationen und Orientierung suchen, insbesondere was Sexualität und
die sie betreffenden Normen anbelangt, und dass es Kindern mangels eigener Erfahrungen
schwerfallen kann, den Realitäts- bzw. den normativen Gehalt der derben sexuellen Anspielungen einzuschätzen.
Auf der anderen Seite wurde darauf verwiesen, dass die sexuellen Anspielungen durch den
überdrehten Klamaukcharakter des Films in ihrem vermeintlichen Orientierungswert stark relativiert würden, dass der Film neben seinen durchaus plakativen sexuellen Anspielungen ebenso
plakativ moralisch die Wandlung des Protagonisten vom ruppigen Macho zum verständnisvollen
16 Siehe dazu auch Punkt „Austausch mit der KJM
17 Siehe dazu auch Pressemitteilung der KJM vom 10.07.2009
16
Inhalte
Partner zeige und das Ende des Films ein traditionelles Bild von Sexualität und Partnerschaft
proklamiere. Insbesondere die romantische Schlussszene des Films wurde in diesem Zusammenhang als relativierend bewertet.
Um die divergierenden Wirkungsvermutungen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zum
psychosexuellen Entwicklungsstand unter 12-Jähriger abzugleichen, wurde zur folgenden Prüferfortbildung, die am 2. November 2009 in Berlin stattfand, ein Experte eingeladen.18
Spruchpraxis zur offensichtlich schweren Jugendgefährdung
Die gemeinsame Jahrestagung von FSK und FSF mit dem Titel Gewalt beherrscht die Diskussion?
Entwicklungsbeeinträchtigung, einfache und schwere Jugendgefährdung in der Spruchpraxis des
Jugendmedienschutzes fand am 6. und 7. Mai 2009 in Magdeburg statt. Anlass und Thema war
die Änderung des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) vom 1. Juli 2008, die die Kriterien für schwer
jugendgefährdende Trägermedien um den Begriff der „Gewaltbeherrschtheit“ erweitert. Die Kriterien für einfache Jugendgefährdung wurden fortgeschrieben um die nun explizite Erwähnung
selbstzweckhafter, detailliert dargestellter Mord- und Metzelszenen sowie der Darstellung von
Selbstjustiz als einzig bewährtem Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit. Erklärtes Ziel der Gesetzesänderung war die erleichterte Indizierung sogenannter „Killerspiele“. Auf der
Tagung wurde im Hinblick auf die neu definierte Grenzziehung zwischen einfacher und schwerer
Jugendgefährdung der Kinofilm Unter Kontrolle (OT: Surveillance, USA 2008, Regie: Jennifer
Lynch) diskutiert, ein hinsichtlich der Täter- und Opferperspektiven schwer durchschaubarer psychologischer Thriller mit Gewaltexzessen im Finale. Dieser war von der FSK in mehreren Instanzen kontrovers diskutiert und schließlich mit „Keine Jugendfreigabe“ (kJ/ab 18) gekennzeichnet
worden, ein Votum, das von den Tagungsteilnehmern überwiegend bestätigt wurde.
Der neu eingeführte Begriff der Gewaltbeherrschtheit findet sich nicht im JugendmedienschutzStaatsvertrag (JMStV), der Grundlage der FSF-Programmprüfung ist; die Gesetzesänderung betrifft nur das JuSchG. Der Blick in die Prüfpraxis von Fernsehsendungen am Rande der Unzulässigkeit zeigte, dass Ausstrahlungsverbote bei der FSF – seit dem Ausstrahlungsverbot indizierter
Filme – fast nie wegen der Gewalthaltigkeit von Programmen beschlossen werden und dass extreme Gewaltdarstellungen nicht die Programmrealität im Fernsehen bestimmen. Die Prüfentscheidung „sendeunzulässig“ wird in der Praxis eher selten ausgesprochen, und wenn dies in den vergangenen Jahren der Fall war, gab es eine Bandbreite an Gründen für die Sendeunzulässigkeit.
So wurden seit Inkrafttreten des JMStV 106 Programme als unzulässig erklärt, hiervon 84 Sendungen wegen ihres pornografischen Inhaltes, fünf Sendungen aufgrund ihrer Gewalt oder Krieg
verherrlichenden Tendenz und 17 Programme wegen sonstiger Gründe, z.B. wegen möglicher
Verletzungen der Menschenwürde. In diesem Fall wie auch bei den Verbotsbestimmungen des
Strafgesetzbuches im JMStV (§ 4 Abs. 1 Nr. 1–6 und 10) und bei der Verbotsvorschrift zu erotografischen Darstellungen Minderjähriger (§ 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV) haben nicht die FSFPrüfausschüsse, sondern juristische Sachverständige die Sendeunzulässigkeit festzustellen.
Kindheit, Sexualität und die Rolle der Medien
Bei der Prüfung einer Teenie-Komödie und in der Diskussion des Falles auf einer Fortbildungsveranstaltung waren grundsätzliche Unterschiede in der Bewertung einer sexualisierten und teilweise
vulgären Sprache und ihrer Wirkung auf jüngere Kinder auffällig geworden. Die Prüferinnen und
Prüfer hatten den Wunsch geäußert, auf einer der kommenden Fortbildungsveranstaltungen eine
Expertin oder einen Experten einzuladen, um die divergierenden Wirkungsvermutungen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zum psychosexuellen Entwicklungsstand unter 12-Jähriger abzu18 Siehe dazu unten: Kindheit, Sexualität und die Rolle der Medien
17
Prüfungen 2009
gleichen. Auf der Fortbildungsveranstaltung am 2. November 2009 in Berlin wurde das Thema daher aufgegriffen. Als Referent sprach Dr. Konrad Weller, Professor für Psychologie und Sexualwissenschaft an der Hochschule Merseburg, über Kindheit, Sexualität und die Rolle der Medien.
Bezogen auf das Sexualwissen und die Sexualisierung der Sprache konstatierte Weller erhebliche Veränderungen insbesondere im Grundschulalter: Grundschulkinder heute stellten konkrete
und differenzierte Fragen und würden vulgäre Ausdrücke kennen und verwenden, um pubertär zu
provozieren. Dabei schöpften Kinder ihr sexuelles Wissen aus verschiedenen Quellen des familiären wie schulischen Umfeldes sowie aus den Medien. Sie seien durch die Vielzahl an Informationsquellen im Hinblick auf Konzepte für Liebe, Sexualität und Beziehungsverhalten eher überinformiert. Die Informationsfülle bedeute allerdings nicht per se mehr Unbefangenheit im Umgang
mit Sexualität; sie könne zu einem selbstsicheren, aufgeklärteren Verhalten, aber auch zu Hemmungen oder Ängsten führen. Vor diesem Hintergrund sprach sich Weller für einen gelassenen,
aber kritischen Umgang mit sexualisierten Medieninhalten aus und plädierte für einen weiterhin
differenzierenden Blick auf mediale Angebote. 19
Werbung
Anlässlich zweier laufender KJM-Verfahren zu zwei unterschiedlichen Fassungen des Werbespots
Tag des Todes (Bob Mobile) wurde unter den Mitgliedssendern diskutiert, inwieweit die FSF bei der
Prüfung von Werbeinhalten nicht nur die §§ 4 und 5 JMStV, sondern auch die Einhaltung der Bestimmungen des § 6 JMStV überprüfen soll. Hintergrund ist, dass in den FSF-Prüfgutachten zu den
Spots, die eine Freigabe für das Tagesprogramm erhielten, auf § 6 JMStV Bezug genommen, auf
die einzelnen Bestimmungen des Paragrafen aber nicht eingegangen wird. Nach Auffassung der
KJM, die einen Verstoß gegen die Bestimmungen des § 6 feststellte, komme daher eine Unterschreitung des Beurteilungsspielraums in Betracht, da die FSF bei ihrer Entscheidung möglicherweise nicht alle relevanten Normen zugrunde gelegt habe.
Die Prüfordnung der FSF bezieht sich allerdings in § 28 ausdrücklich und ausschließlich auf die
§§ 4 und 5 JMStV: „Grundlagen der Prüfung sind die §§ 4 und 5 JMStV, die hierzu erlassenen Satzungen sowie die in §§ 29–31 genannten Kriterien" (§ 28 Abs. 2 PrO-FSF). Weder in den §§ 29–31
PrO-FSF noch in den Richtlinien zur Anwendung der Prüfordnung der FSF finden sich Kriterien für
die Bewertung von Werbespots unter den Gesichtspunkten des § 6 JMStV. Vor diesem Hintergrund
erscheint das FSF-Prüfgutachten mit der Bezugnahme auf § 6 JMStV fehlerhaft, da der Ausschuss
auf der Grundlage der gültigen Prüfordnung den Sachverhalt des § 6 JMStV nicht prüfen kann und
darf. Um die Bestimmungen des § 6 JMStV überprüfen zu können, müsste § 6 JMStV in die
Prüfordnung integriert und in den Richtlinien zur Anwendung der Prüfordnung kommentiert werden.
In der Diskussion der Frage unter den FSF-Mitgliedssendern herrschte weitgehend Übereinstimmung in der Auffassung, dass die FSF sich auf Fragen des Jugendschutzes beschränken und
die Beurteilung der darüber hinausgehenden Bestimmungen für Werbung den Justiziariaten der
Sender überlassen solle.
Werbung sei im Wesentlichen nicht Thema des Jugendschutzes, sondern werfe eine Vielzahl
an rechtlichen Fragen auf, die ausschließlich durch Juristen zu klären seien. Auf Ausführungen zur
Anwendung des § 6 JMStV wird verzichtet. Mit Blick auf künftige Anfragen zu Werbeprüfungen, die
direkt von den Agenturen an die FSF herangetragen werden, soll die FSF darauf hinweisen, dass
sie bei ihren Prüfungen nicht § 6 JMStV zugrunde lege und sich lediglich mit jugendschutzrelevanten Aspekten beschäftige. Eine Privilegierung gemäß § 20 Abs. 3 JMStV kann daher nicht in vollem
Umfang gewährleistet werden.
19 Vgl. Konrad Weller: Kindheit, Sexualität und die Rolle der Medien. In: tv diskurs - Verantwortung in audiovisuellen
Medien Hrsg.: Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V. Heft 51, 2010, S. 54-57
18