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Ziegel Zentrum Süd e.V. Niederlande PROFESSOREN-EXKURSION 20. bis 23. September 2007 27. bis 30. September 2007 www.ziegel.com PROFESSOREN-EXKURSION 2007 IN DIE NIEDERLANDE PROFESSOREN-EXKURSION 20. bis 23. September 2007 27. bis 30. September 2007 IN DIE NIEDERLANDE 02 INHALTSVERZEICHNIS Stationen der Reise Einleitung - „Architektur für den Markt“ 04 06 Programm Tag 01 12 `S-Hertogenbosch - Haverleij (Rob Krier & Christoph Kohl, u.a.) `S-Hertogenbosch - Koning Willem I College (Architectenbureau De Twee Snoeken) 14 Programm Tag 02 22 Almere - De Citadel (OMA, Christian de Portzamparc) Almere - Theatre and Art Centre (SANAA) Amsterdam - Insel IJburg IJburg - Nescio Bridge (Wilkinson Eyre Architects) IJburg - Bretonic Office Building (Dick Venneman) IJburg - Block 4(Maccreanor Lavington ) IJburg - Kleine Rietlanden (Bosch Architects) IJburg - Mutifunk (ANA Architecten) Amsterdam - Lloyd Hotel (MVRDV) Inseln Borneo und Sporenburg Inseln Java und KNSM Zeile und Stadt-Kubus (Diener & Diener) Sporenburg - The whale (De Architecten Cie) Borneo - Hoop, Liefde en Fortuin (Rudy Uytenhaak) Westhaven - Silodam (MVRDV) Das Architekturbüro De Architecten Cie, Amsterdam 24 28 30 32 33 34 35 36 40 44 46 47 48 49 50 52 18 Programm Tag 03 54 Ypenburg - Urban Plan (Frits Palmboom & Van Den Bout) Ypenburg - De Binnen Singel (Diverse Arhcitekten) Ypenburg - De Grote Hof (Rapp & Rapp) Ypenburg - L-shaped Block (Maccreanor Lavington) Ypenburg - Folded Row Housing (De Architektengroep Dick Van Gameren) Ypenburg - Attached Housing (Bosch Architects) Rotterdam - Kop van zuid: Manhattan an der Maas Kop van Zuid - Restaurant Odyssee Karte zum Architekturspaziergang über Kop van Zuid Kop van Zuid - De Landtong (De Architecten Cie) Kop van Zuid - Avenuewohnungen (Karelse Van der Meer Architecten) Kop van Zuid - L-shaped Block (KCAP) Holland, remade oder ready-made? Breda - Chassé Terrain (Verschiedene Architekten) Breda - Museumplein Housing (Kollhoff Architekten) Breda - Woogebouw Het Carre (OMA) Breda - Parkappartementen (Xaveer de Geyter Architecten) Breda - Chassé Theatre (Hermann Hertzberger) Breda - Patiowoningen (Van Sambeck & Van Veen) 56 58 62 63 64 65 66 70 71 72 74 76 78 81 84 86 88 90 91 Programm Tag 04 92 Erweiterung des Rathhauses von Utrecht (Enric Miralles) Het Bolwerk (AWG Architecten CVBA, Antwerpen) 94 98 Ergänzende Projektsammlung - ohne Besichtigung 100 Amsterdam Stadtpläne - Hoteladresse Den Haag Stadtpläne - Hoteladresse 112 114 Quellenverzeichniss Teilnehmerlisten Impressum 116 118 120 04 Stationen 06 Architektur für den Markt VON FRANK-BERTOLT RAITH UND LARS HERTELT Quelle: Baumeister 07/2003 Alle Jahre wieder wird ein signifikanter Anstieg bei “Gebäuden von der Stange” beklagt, besonders im Einfamilienhausbau. Gestaltung, so der Vorwurf, scheint den Kunden kaum zu interessieren: Als Auswahlkriterium beim Hauskauf spielt neben der Lage vor allem der Preis eine zentrale Rolle, gefolgt von handfesten praktischen Details wie dem natürlich belichteten Bad. Kaum überschätzt werden kann zudem die Bedeutung der äußeren Umstände: von der kompetenten Beratung bei Planung und Finanzierung bis hin zu einer seriösen Fertigstellungsbürgschaft und glaubhaften Gewährleistungssicherheiten. Empirische Studien belegen die Unterschiede in Bezug auf die Relevanz einzelner Kriterien: Während der Architekt „soft facts“ wie dem architektonischen Design und die Gestaltungsfreiheit nahezu die gleiche Wichtigkeit wie Kostenkontrolle, Termintreue und Wirtschaftlichkeit beimisst, spielen für den Bauherrn diese „hard facts“ eine alles dominierende Rolle (...). Eine solche Diagnose mutet indes paradox an in einer Zeit, die vom Gestaltungswahn geradezu befallen ist: Vom Auto bis zur Klobürste gibt es kaum einen Alltagsgegenstand, der angesichts einer entfesselten „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ nicht die Form als zentrale Ressource ernst nähme. Wenn alle Wohnungen mit Bad und WC ausgestattet, privater Außenbereich und eigener Stellplatz selbstverständlich und Schallschutz und Wärmedämmung gemäß den einschlägigen Normen gang und gäbe sind, wird Gestaltung zum vielleicht letzten Unterscheidungsmerkmal. Längst kaufen Kunden nicht nur objektiven Produktnutzen, sondern subjektive Nutzungsqualität. Auch die im letzten Jahrzehnt erheblich angewachsene Flut an Wohnzeitschriften belegt die weit verbreitete Sehnsucht des Konsumenten nach Wohnkultur, sprich nach einem stilsicheren Ambiente. Dass architektonische Gestaltung in vielen Fällen so stiefmütterlich behandelt wird, ist also allenfalls Beleg dafür, dass der Wohnungsmarkt in Deutschland die Entwicklung vom Anbieter- zum Käufermarkt noch nicht bewältigt hat. Im Wettbewerb zur Wohnung im „sanierten Jugendstilaltbau mit Stuckdecke und Dielenboden“ könnten die meisten Vier-Zimmer-Neubauwohnungen nur durch das Angebot eines Stellplatzes bestehen. Wie befreiend Konkurrenz für die architektonische Gestaltung sein kann, zeigt das niederländische Beispiel: Der Mythos vom preiswerten Bauen ist angesichts explodierender Immobilienpreise längst Geschichte. Innovation wird durch den Marktmechanismus getrieben: Angesichts der gegenwärtigen Produktionsoffensive mit technisch funktional häufig weitgehend substituierbaren Produkten wird die Inszenierung des Wohnens zum vielleicht entscheidendenVerkaufsargument: mit zunehmenderWettbewerbsintensität wächst der Zwang zum (formalen) Alleinstellungsmerkmal. Populäre Architektur Die deutsche Architekturszene hat Schwierigkeiten mit dem Populären, dessen vermeintliche Banalität und Oberflächlichkeit linke wie rechte Kulturkritiker seit über hundert Jahren anprangern. Aber trotz eines Wettbewerbswesens, das mit geballter Fachkompetenz nach Qualität sucht und den sogenannten Laien systematisch ausschließt, gelingen mit wenigen Ausnahmen kaum Ergebnisse, die ein breites Publikum begeistern könnten. Entwerfen unter dem Diktat des Marktes ist nicht voraussetzungslos: Am Anfang steht eine Marktforschung, die dezidierte Vorgaben gerade auch über die Gestaltung entwickelt. Unter dem Eindruck, dass es dem Kunden insbesondere auf Individualität und die stilsichere Umsetzung des eigenen Lebensstils ankommt, entwickelten in den letzten Jahren viele Bauträger Geschmacks- oder Themenwelten, die (...) in vier Schritten von klassisch über modern bis zu rustikal und mediterran reichen. Die Schlagworte beschreiben weniger historisch belegte Stile als vielmehr Grundstimmungen, die wesentlich von den Materialien und Ausbaudetails bestimmt werden, mit denen ein Haus „angerichtet“ wird: Modern etwa steht für klare Formen und Linien, kühle Materialien mit viel Glas, Edelstahl und hellen Farben – für alle, die designorientierte Produkte lieben. Das Mediterrane sehen die bayrischen Hausbauer mit einer schlichten Gestaltung, warmen Farben und natürlichen Materialien verbunden. Es bleibt indes der Verdacht, die Marktforschung hätte sich auf das Durchblättern des neuesten Ikea-Katalogs beschränkt, der vergleichbare Stimmungen unter die etwas schlichteren Stichworte „edel“, „glänzend“, „rustikal“ und „hell“ stellt. Vom Produzenten aus gesehen meint Popularität die weite Verbreitung seines Produkts, für den Konsumenten hingegen wird eine Form populär, wenn sie anschlussfähig ist: „Die ökonomische Herkunft einer Ware kann den kulturellen Gebrauchswert nicht erklären, den sie im Moment und am Ort ihrer Rezeption annehmen kann, und sie vermag auch die Vielfalt von Bedeutungen und Vergnügen, die diese auslösen kann, weder zu kontrollieren noch vorherzusagen.“ Geläufiges Mittel populärer Gestaltung ist deshalb die Intensivierung atmosphärischer Qualitäten, nicht zuletzt aber das kalkulierte Spiel mit kulturell geprägten Reizen. Populäre Gestaltung setzt auf Vorwissen und damit auf das Wiedererkennen. Die Atmosphäre als primärer Gegenstand der Wahrnehmung, so der Philosoph Gernot Böhme, ist nicht unabhängig vom Betrachter zu denken, vielmehr nur als „gemeinsame Wirklichkeit des Wahrnehmenden und des Wahrgenommenen“. Dabei bleibt, so Böhme, insbesonders der ontologische Status der Atmosphäre unklar. „Man weiß nicht so recht, soll man sie den Objekten oder Umgebungen, von denen sie ausgehen, zuschreiben oder den Subjekten, die sie erfahren.“ Atmosphäre ist damit nicht nur qua Definition authentisch, sie baut auf ein kulturelles Allgemeingut, das – ganz ähnlich wie die verschiedenen Gattungen beim Film – die Erwartungshaltung des Wahrnehmenden konfiguriert und damit eine allgemeine Zugänglichkeit sicherstellt, ohne deshalb Individualität und Innovation der Inszenierung einzuschränken. Bei aller Gründung im Konventionellen erfordert die Atmosphäre geradezu eine individuelle Ausdeutung. Intensität und Frische ihrer Inszenierung stellen geschmacks- und stilunabhängige Qualitätskriterien dar, die anders Ein dichtes „Meer aus Häusern“ bedeckt die ehemaligen Hafenanlagen Borneo-Sporenburg im Amsterdamer Osten. Der Verkaufsprospekt suggeriert eine romantische, nahezu mediterrane Stimmung (s.o.) 08 als die bislang in der Architekturkritik üblichen Haltungsnoten der Vielzahl heutiger Lebensstile gerecht werden. Es ist die Herausforderung an die Architektur, neue, unverbrauchte Inszenierungen für anschlussfähige Stimmungen zu erschließen: das Traditionelle als urbanes Stadthaus im Stile des 19. Jahrhunderts inszenieren, aber mit aktuellen Grundrissen; das Rustikale im Gewerbeloft entdecken; das Mediterrane als sonnendurchflutetes Wohnen, dessen naturbelassene Materialien das Versprechen auf schadstofffreies Wohnen geradezu bildhaft in Szene setzen… Aber auch für die Wohnwelten einer abstrakten Moderne gibt es eine Klientel, wie begehrte Häuser in Wien und Berlin beweisen. Entgegen allgemeiner Überzeugung hängt Popularität also weniger von der Frage ab, ob die jeweilige Wohninszenierung einem verbreiteten Lebensstil entspricht. Entscheidend ist vielmehr, dass der Wahrnehmende ohne professionelles Vorwissen Zugang finden kann: Wer wäre ich, wenn ich hier wohnen würde? Gestaltung wird zu einer Landkarte des Sozialen. Architektur im Markt Den Anforderungen des emanzipierten Kunden mit seinen hohen Ansprüchen ist der deutsche Wohnungsbau derzeit kaum gewachsen. Zu der bedrückend langweiligen Durchschnittlichkeit vieler Produkte kommt die verbreitete Nicht-Einhaltung von Kosten-, Termin- und Qualitätszielen. Zukünftig werden am Markt nur solche Anbieter bestehen können, die die Gleichzeitigkeit von Effektivitätssteigerung in der Produktion und Individualisierung in der Gestaltung realisieren. Die heutigen technischen wie gestalterischen Defizite sind nicht zuletzt Folge einer schrittweise vorgehenden, arbeitsteilig sequenziellen Organisation, die das Bauwesen auf allen Ebenen prägt. Bei der Entwicklung eines neuen Wohngebiets etwa durchläuft die Planung zahllose Stationen mit jeweils anderen Beteiligten und Verantwortlichen: von der gemeindlichen Flächennutzungsplanung und dem im Bebauungsplan kodifizierten städtebaulichen Entwurf über den Gebäudeentwurf und die konstruktive Durcharbeitung in der Werkplanung bis zur abschließenden Aufbereitung des Projekts als Werbebroschüre für den Verkauf. Oft wird erst ganz am Ende des Prozesses der ausdrückliche Bezug zum Kunden hergestellt – viel zu spät, um mehr als oberflächliche Korrekturen anbringen zu können. Systematische Produktentwicklung mit konsequenter Kundenorientierung zwingt zu einem interdisziplinären Arbeiten, bei dem Städtebau, Freiraumplanung, Architektur, Konstruktion, Produktion, Vertrieb und Marketing über den Gesamtprozess hinweg in einheitlicher Ausrichtung zusammen arbeiten müssen – ein „simultaneous engineering“, wie es in anderen Bereichen der Konsumgüterindustrie längst üblich ist. Die deprimierende Eigenschaftslosigkeit vieler neuer Wohnensembles beruht nicht auf mangelnder Eignung, sondern ist Folge verhinderter Spezialisierung. Zwang zur Innovation aber entsteht vor allem durch Marketingaspekte. Wie muss man sich vom bestehenden Angebot unterscheiden? Nicht zuletzt die Herausforderung eines gesättigten, durch erdrückenden Leerstand geprägten Marktumfelds erklärt den Mut der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft, ein „Neues Wohnen“ mit ungewöhnlichen Grundrissen als hochwertiges Nischenprodukt im oberen Segment zu positionieren: mit Gebäuden von renommierten Architekten wie dem Trio Léon Wohlhage Wernik. Deutlich wird dieser Mechanismus im großen Maßstab, wenn Sjef Jonkers, Baubürgermeister im niederländischen Helmond, die Überlegungen beschreibt, die zur Auswahl der Berliner Stadtplaner Rob Krier und Christoph Kohl für das Erweiterungsgebiet Brandevoort geführt haben. Statt wie in Deutschland mit einem rein quantitativen Programm einen städtebaulichen Wettbewerb auszuschreiben, analysierte die Stadt mit Hilfe eines professionellen Projektentwicklers erst einmal den Markt: Um die Abwanderung gut verdienender Haushalte in die Dörfer im Umland aufzuhalten, so Jonkers, müsse man den Menschen das Gefühl geben, „dass sie nicht zwangsweise in der Stadt wohnen müssen, sondern dass sie in der Stadt wohnen dürfen“. Nach einer sorgfältigen Inventarisierung der Wünsche potenzieller Kundengruppen stand fest, dass man eine völlig andere, neuartige Form von Städtebau brauche. Eigentlich müsse man ein neues Dorf bauen. „Eine merkwürdige Aussage“, gibt Jonkers zu, „aber wir hatten keinen besseren Ausdruck dafür: die Atmosphäre von einem Dorf. Mit einem Planungsauftrag wie „Wohnen in dörflicher Atmosphäre“ ist bereits weit mehr als Wohnungstypologie und -größe beschrieben. Gestaltung ist hier kein Selbstzweck, sondern definiert maßgeblich den Kern des Produkts: Die Leistung des Architekten wird damit nicht überflüssig, erfährt aber eine Spezialisierung, die sich bereits seit längerem abzeichnet: Wie der amerikanische Soziologe Robert Gutmann schon 1988 feststellte, suche der „resourceful client“ zwar häufiger als früher die Dienste des Architekten, bestimme aber dabei präzise den Umfang und die Bedingungen der Architektenleistung. In der Realität des Wohnungsbaus ist die traditionelle Rolle des Architekten als Treuhänder des Bauherrn längst nur noch in Einzelfällen gültig. Zwischen Architekt und Konsument steht in der Regel ein professioneller Bauträger, der selber über umfangreiche Erfahrungen in Teilbereichen des Bauens verfügt: sei es ein Projektentwickler, der systematisch Marktforschung betreibt, oder ein Bauproduzent mit eigener Konstruktions- und Fertigungsabteilung. Zukünftig wird der Konsument mit der Wahl des Anbieters beziehungsweise Bausystems beginnen und dann mit Hilfe eines interaktiven Entwurfsprogramms und eventuell mit der Beratung eines architektonisch geschulten Verkäufers daraus sein individuelles Haus anrichten. (...) Stärker als bisher wird der Architekt zukünftig Fragen wie die folgenden zu beantworten haben: In welchem Marktumfeld bewege ich mich? In den unterschiedlichen „Themenfeldern“ von Ypenburg findet sich für jeden Geschmack das richtige Haus. Claus en Kaan inszenieren die exklusive Lage direkt am WasLinke Seite: Bodendetail ser in kompromissloser Modernität links: Halle der neuen Kirche – und Ostseite überspielen mit ihrer unterunten: der neuen Kirche kühlten Abstraktion die Banalität der kleinen Grundrisse. 10 Wie spreche ich mit meiner Gestaltung die beabsichtigte Zielgruppe an? Wie setze ich das spezifische Produktkonzept des Auftraggebers in architektonische Formen um? Die seit dem 19. Jahrhundert die Architekten quälende Frage nach dem Stil wird heute vom Konsumenten beantwortet. Der gesellschaftliche Kontext der Architektur Mit der Ausrichtung am Markt, sprich an der Nachfrage ist der privilegierte Standpunkt des Architekten als Herrscher über die Gestaltung aufgegeben. In Zeiten des Mangels war die Allgemeinheit auf einen vertrauenswürdigen Obmann angewiesen, der sozialen, ästhetischen und ökologischen Mindeststandards gegen die Verwertungsinteressen des Kapitals Gehör verschaffte. Erst die Scheinobjektivität messbarer Bedürfnisse hatte dem Architekten den entscheidenden moralischen Vorsprung gegenüber seinen Kunden verschafft, der in den großen erzieherischen Ambitionen und der Tabula-Rasa-Haltung der Disziplin seinen Niederschlag fand. Auch wenn der Kampf gegen soziale Missstände auf absehbare Zeit ein aktuelles gesellschaftliches Thema bleiben wird, steht angesichts der seit Jahren ungebremsten Zunahme der Wohnfläche (von derzeit durchschnittlich circa 40 qm auf prognostizierte knapp 48 qm pro Person im Jahr 2015) für eine große Mehrheit längst die Frage nach dem guten Leben im Mittelpunkt. Während angesichts einer solchen Demokratisierung des Luxus der Bedarf nach gesellschaftlich relevanter Gestaltung offensichtlich sein sollte, hält sich die Architektur häufig auf Distanz und setzt auf eine kontextunabhängige Schönheit. Die Ästhetik „hoher“ Architektur, auf die man schon im Studium durch die internationalen Hochglanzzeitschriften mit ihren brillanten, aber menschenleeren Fotos eingeschworen wurde, grenzt sich ab gegenüber allgemeinen Vorstellungen des Wohnens, definiert sich geradezu als Gegensatz zum Alltäglichen. Ihre Stichworte scheinen mit Vorliebe einem außeralltäglichen metaphysischen Bereich entlehnt: entschiedene Reinheit, asketische Einfachheit, vollendete Konsequenz. Das Alltägliche, sollte es dennoch einmal erscheinen, wird zumindest ironisiert oder auf andere Art verfremdet, so dass Idee und Konzept der Baukunst in ihrer Geschlossenheit – als von inneren Regeln determinierte, künstlich künstlerische Wirklichkeit – angemessen zur Geltung gebracht werden. Das architektonische Werk will emotional distanziert gesehen und zum Gegenstand kontemplativer Betrachtung werden – als ob Kants Stichwort vom interesselosen Wohlgefallen noch immer als Voraussetzung des Schönen gelten könnte. Mit diesem Verständnis von „Schönheit“ wird die Disziplin ihrem Auftrag nicht gerecht, wie sich in der unterschiedlichen Perspektive von Architekt und Konsument zeigt. Während Erster dazu tendiert, gleiche Häuser in einer Reihe auch gleich aussehen zu lassen, sieht der Konsument hierin höchst wahrscheinlich nur produktionstechnische Zwänge, die seinem Wunsch nach Individualität diametral zuwiderlaufen. Wenn der Architekt stolz von „meinem Haus“ spricht, sieht er es als urheberrechtsfähiges Werk im Kontext anderer Werke, während der Bewohner sein „Mein“ aus seiner Lebenswelt, mithin aus den mit diesem Haus verbundenen Erlebnissen herleitet. Auf eine Autorenhandschrift kann getrost verzichtet werden – wie die internationale Zustimmung zu neotraditioneller Architektur zeigt. In Haverleij im Nordosten von ´S-Hertogenbosch verzichtete man auf die übliche, flächig suburbane Einfamilienhausbebauung. Einzelne, charaktervolle Großobjekte gewinnen schon durch ihre Lage inmitten einer neu gestalteten Freizeitlandschaft Exklusivität. Die vage historische Ausstrahlung des Kastel Zwaenenstede von Adolfo Natalini übersetzt den Eindruck fürstlicher Vornehmheit. Brandevoort bei Helmond bietet Wohnen in dörflicher Atmosphäre, aber mit den Standortqualitäten eines stadtnahen, gut erschlossenen Neubauquartiers. Die sorgfältig differenzierten, traditionellen Hausfassaden verbinden eigene Indentität mit einem stimmigen Gesamteindruck. 12 Tag 01 Donnerstag 20.09.07 27.09.07 ab 12.30 Uhr Treffpunkt in Duisburg, Restaurant Hotel Mercure (Nähe Hbf ), Mittagessen Landfermannstr. 20, 47051 Duisburg 14.00 Uhr 15.45 Uhr Abfahrt nach `S-Hertogenbosch, Engelen per Bus Besichtigungen „Wohnburgen“ Haverleij (u.a. Rob Krier) Parcivalring, Engelen, `S-Hertogenbosch 17.00 Uhr 17.15 Uhr Abfahrt nach `S-Hertogenbosch Besichtigung des Student Success Center am Koning Willem I College (Architectenbureau De Twee Snoeken) Führung durch Nannie Van Berkum (Direktorin Student Success Centre) und Marcel Hanegraaf (Architectenbureau De Twee Snoeken) Vlijmenseweg 2, `S-Hertogenbosch 18.30 Uhr 19.30 Uhr Weiterfahrt nach Amsterdam Einchecken Hotel Vondel Park Plaza Koninginneweg 34-36, 1075 CZ Amsterdam 20.30 Uhr 21.00 Uhr Weiterfahrt zum Abendessen Abendessen in Amsterdam, Café de Jaren Nieuwe Doelenstraat 20-22, 1012 CP Amsterdam 14 Haverleij STÄDTEBAU: SOETERS VAN ELDONK PONEC ARCHITECTEN LANDSCHAFTSARCHITEKTUR: PAUL VAN BEEK; 2005 PARCIVALRING ENGELEN `S-HERTOGENBOSCH, NL Quelle: „Inszenierte Architektur - Wohnugsbau jenseits des Standards“, Frank Raith / Lars Hertelt / Rob van Gool, DVA http://www.haverleij.nl Mit Haverleij sucht die Stadt ‚s-Hertogenbosch in einer PrivatePublic-Partnership mit Heijmans und Bouwfonds nach einer radikal neuen Form der Urbanisierung. Neun verschieden ausgeformte Wohnkluster, „Kastelle“ genannt, gruppieren sich in freier Anordnung um ein größeres Baugebiet. Das „Schloss“ Haverleij unterscheidet sich damit tatsächlich radikal vom gewohnten Bild einer Siedlungserweiterung: Das Baugebiet ist zersplittert in einzelne, architektonische Objekte; es gibt keine normalen Nachbarschaften, keine Bebauungsfelder, keine normalen Straßen, etc. Ausgangspunkt des Entwurfs ist eine einfache Überlegung. Statt die Landschaft unter der Decke eines gleichmäßig dünnen Wohnungsbaus verschwinden zu lassen, versucht man in Haverleij, die Bebauung zu konzentrieren und in einer harten Konfrontation Landschaft und Wohnungsbau zu verzahnen: ein Wohnen in der Landschaft. Anfänglich hatte Soeters konsequent eine kompakte Anlage mit 1.000 Wohneinheiten im Geschosswohnungsbau mit bis zu acht Stockwerken geplant – eine Vorstellung, die jedoch von den Projektentwicklern mit dem Hinweis abgelehnt wurde, dass nur fünf bis sechs Appartements pro Jahr überhaupt vom Markt aufgenommen werden könnten. Um das drohende Scheitern des Projekts abzuwenden, entwickelte Soeters dann eine marktgängige Variante aus Doppel- und Reihenhäusern, ohne jedoch die Grundidee des harten, unmittelbaren Kontrasts von Bebauung und Landschaft aufzugeben. Die Bebauung wird verteilt auf ein größeres sowie neun kleinere und flachere Wohnkluster, für deren Ausprägung englische Landgüter der Renaissance – sowie im eigenen Land Anlagen wie Waardenburg, Linschoten oder Mariëwaerdt – Pate standen. Jedes dieser „Kastelle“ wird von einem anderen Architekten geplant und erhält seinen eigenen Charakter, der durch eine jeweils andere landschaftliche Umgebung unterstrichen wird: Einige der voneinander jeweils etwa 200 m entfernten Kastelle stehen im Wald, andere auf der Wiese oder im Wasser. Obwohl nach der Marktanpassung die Siedlungsdichte in Haverleij der der durchschnittlichen VINEXGebiete entspricht, konnte in ‚s-Hertogenbosch aus dem Erlös der Wohnungen das Herrichten einer neuen Landschaft bezahlt werden: mit 100 ha neuen Naturflächen, 60 ha Wald sowie einem großen Golfplatz. Soeters vertraute auf die Kraft der Metapher, um das innovative Konzept unter dem Etikett des exklusiven Wohnens zu kommunizieren – mit Erfolg, wie die hohe Nachfrage seit dem Verkaufsstart im Oktober 1999 zeigt. Interesse kam vor allem von gut situierten, rüstigen Senioren sowie von jüngeren Doppelverdienern. Während sich erstere nicht zuletzt von den sozial kontrollierten Gemeinschaftsbereichen innerhalb der Kastelle angesprochen fühlten, zeigten sich letztere von den Möglichkeiten der umgebenden Freizeitlandschaft fasziniert. Was aber macht ein Kastell aus? Der Bildqualitätsplan gibt darauf keine eindeutige Antwort, sondern sucht die Metapher des Kastells um eine Flut assoziativer Bilder, Phantasien und Träume zu bereichern. Viele mögliche Ausformungen sind nach Soeters denkbar: vom robusten Solitär bis zur runden Festung. Unerbitterlich sind jedoch die Regeln in Bezug auf die Landschaft: Außerhalb der Mauern des Kastells dürfen keine Flächen in Beschlag genommen werden, so dass die Landschaft präzise und hart an die Mauern stößt. Private Außenräume ebenso wie Erschließungs- und Parkierungsflächen sind innerhalb des Kastells anzuordnen. Programm: Stadterweiterung mit ca. 1.000 Wohnungen Planung: 1995 Ausführende Architekten für die Kastelle: Jo Crepain, Adolfo Natalini, Lafour & Wijk, Michael Graves Claus en Kaan, u.a. Ausführende Architekten für das Schloss: Rob Krier + Christoph Kohl (Gesamtleitung), Bedaux De Brouwer Architecten BV, Soeters Van Eldonk Ponec Architecten, u.a. Gegenüberliegende Seite: Die verschiedenen Schichten zeigen die Komplexität der neuen Landschaft (von oben nach unten): Volumen, Sichtlinien, Raum bildende Bepflanzung, Grasflächen Diese Seite: Diagramme - von Hecken umschlossene Flächen, Wasserflächen (Winter), Wasserflächen (Sommer), Baumreihen und Solitäre 16 Bild oben: Kasteel Zwaenenstede Kasteel Zwaenenstede („Burg Zwaenenstede“) Adolfo Natalini, 2000-2001, Programm: 55 Luxuswohnungen Faszinierend ist allein schon die prominente Lage der Burg im Wasser, umgeben von fast unnatürlich grünen Wiesen des Golfplatzes. Im Unterschied zu den benachbarten Wohnklustern wählt Natalini eine komplexe Grundrissfigur, die sich aus unterschiedlich behandelten Gebäuden zusammensetzt. Im Inneren entstehen so verschiedene Bereiche, die als repräsentativer Eingangsraum, gemeinschaftlicher Kinderspielplatz sowie Besucherparkplatz unterschiedlich genutzt werden. Die markanten Eckgebäude mit den großen blechverkleideten Wandbereichen setzen in der flachen Landschaft wirkungsvolle Akzente (Bild links). Kasteel Velderwoude („Burg Velderwoude“) Jo Crepain, 2000 – 2001, Programm: 86 Wohnungen Skizze: Die Vogelperspektive zeigt den gemeinschaftlichen Freibereich im Inneren der „Burg Velderwoude“ Bilder unten: Der hohe Sockel, hinter dem sich die Parkierung verbirgt, sowie die weit ausgestellten Balkone erinnern an einen Burggraben Wie ein Bollwerk liegt das große Volumen in der Landschaft. Mit der spröden Architektur sowie den fast schwarzen Klinkern erinnert Kasteel Velderwoude an industrielle Großbauten und gibt dem gemeinsamen Thema des Gebiets damit eine überraschend moderne Wendung. Die stark plastisch gestaltete Fassade sowie der alternierender Wechsel der Wohnungstypen (mit Terrasse im EG beziehungsweise OG) überspielt den bescheidenen Maßstab der einzelnen Reihenhauseinheiten (Skizze links und Bilder unten). Zeichnungen diese Seite: Grundrisse Muurwoningen („Mauerwohnungen“) Slot Haverleij („Schloss Haverleij“) Rob Krier + Christoph Kohl (Gesamtleitung und Bauteile 1. Phase), Planung: 2001, Realisierung: seit 2002, Programm: 450 Wohnungen Ausführende Architekten: Rob Krier + Christoph Kohl, Bedaux De Brouwer Architecten BV, Soeters Van Eldonk Ponec Architecten, u.a. Schloss Haverleij bietet zwei exklusive Wohnanlagen: Während die Mauerwohnungen am Rand der Anlage über einen großartigen Blick über die weite Landschaft verfügen, werden die Wohnungen im Inneren als individuelle Bürgerhäuser inszeniert. Abwechslungsreiche Platzfiguren entlang der inneren Achse sowie die neue Schule im Zentrum der Anlage verleihen den 450 Wohnungen einen inneren Bezugspunkt. 18 Studienfach-Testzentrum, Koning Willem I College ARCHITECTENBUREAU DE TWEE SNOEKEN, 2004 VLIJMENSEWEG 2 `S-HERTOGENBOSCH, NL Quelle: Callwey, Brick ‘06, Brick Award 2006 ‘S-Hertogenbosch, die Provinzhauptstadt im Süden der Niederlande, ist eine historische Festungsstadt mit reicher militärischer Vergangenheit. Auf dem Gelände der ehemaligen Koning Willem I Kaserne befindet sich heute eine neue Bildungseinrichtung. Das Koning Willem I College bietet eine höhere Berufsausbildung für 14.000 Schüler aus allen Teilen der Welt. Diese in jeder Hinsicht bunte Studentengesellschaft war einer der kreativen Ausgangspunkte für die wunderschön gemischte Fassadengestaltung, wobei das Mosaik der Ziegelwand ein Raffinement in der Architektur darstellt. Das Willem I College bietet an verschiedenen Standorten der Hauptstadt Brabants eine breite Palette von Tages-, Teilzeit- und Abendlehrgängen. Hinsichtlich des Standorts sind die Schulgebäude auf dem ehemaligen Kasernengelände sowohl Visitenkarte als auch Augenstern des College. Hier ist auch die so genannte Schule der Zukunft untergebracht. Im Januar 2004 legte die Schulverwaltung den Standort fest, um „Die Hauptrolle in diesem Haus spielt, neben den Schülern, die Ziegelfassade“ dort das Student Success Center zu errichten: ein Beratungs- und Testzentrum für angehende Studenten, die noch nicht genau wissen, welche Studienrichtung sie wählen sollen. Ein Gebäude, das neben Sprechzimmern, offenen Lernzentren, einem Ausstellungsraum und einer Dunkelkammer auch einer integrierten Unternehmens- und Geschäftsgalerie Platz bieten sollte, wo Studenten die diversen Studienrichtungen „beschnuppern“ können. Ein ehrgeiziges Vorhaben, bei dem die Schulverwaltung allerdings darauf bestand, dass der Bau vor Beginn des neuen Schuljahres – im September! – fertig gestellt werden sollte. Und das mit einem limitierten Budget. Bauen mit geringen Mitteln stellt eine große Herausforderung an die Kreativität des Architekten dar, wie auch das Bauen unter enormem Zeitdruck. Beratungen mit dem zuständigen Bauherrn führten daher zu einem weisen Beschluss: die Kunst des Weglassens würde bei diesem Projekt kein Stilmerkmal, sondern bittere Notwendigkeit sein. Die Kosten und die erforderliche Bauzeit wurden dadurch reduziert, dass eine Fassadenkonstruktion mit Sandwichpaneelen und Geländern aus Fertigteilen gewählt wurde. Dies „erlöste“ den Bauherrn zugleich von der Errichtung sonst üblicher Hohlwände, da die Isolierung bei einer fabrikmäßig gefertigten Fassade bereits im Werk an der Betonkonstruktion befestigt wird, um sie später dann als Ganzes zu montieren. Schlau und rasch bauen – dennoch nahm Edwin Smolders, Architekt von ‚De Twee Snoeken’, die Herausforderung an, ein ganz besonderes Projekt zu verwirklichen. Er suchte und fand eine kreative und bezahlbare Lösung, sowohl für die Fassaden als auch für die Innenseite der Konstruktion. Und zwar ausgehend von einem Konzept, das die Verschiedenartigkeit von Lehrgängen und Studenten der Schule in einer bunt gefärbten Fassade zum Ausdruck bringen sollte. Smolders, mit einem Zitat aus der niederländischen Fachzeitschrift Stedenbouw: „Raues Mauerwerk in knalligen Farben und mit dunklen Fugen. Das bringt die Vielseitigkeit der Lehrgänge zum Ausdruck. Und ist außerdem symbolisch für die Studenten, die aus allen Teilen der Welt stammen.“ 20 Das Konzept schien anfänglich leicht zu realisieren. Mit äußerster Sparsamkeit wurde bei Wienerberger eine bunte Sammlung von Ziegel-Restposten gekauft, ergänzt mit Ziegelsteinen, die bereits in Produktion waren. Smolders: „Eine solche Vorgehensweise bei der Wahl des Materials fällt auch unter die Kunst des Weglassens. Für jedes Problem sucht man alternative Lösungen, die sich günstig auswirken.“ Mit einer willkürlichen Reihenfolge der Ziegelsteine sollte der gewünschte Effekt zunächst auf einfache Weise erzielt werden. Aber die praktische Verarbeitung der in diversen Farben glasierten Ziegelsteine erwies sich jedoch als problematisch, da durch eine willkürliche Positionierung unausgeglichene und unerwünschte Farbeffekte auftreten könnten. Um dies zu vermeiden, und um die richtige Farbpalette der Fassadenziegel zusammenzustellen, wurde daher – unterstützt von dem scharfen Auge eines Zimmermanns – am Computer eine genaue Farbkomposition erstellt. Es wurden mehrere Optionen entwickelt mit ständig variierenden Prozentanteilen der verschieden gefärbten Ziegelsteine. Der richtige Farbton und die gewünschte Ausstrahlung der Fassade ergaben sich schließlich nach längerem Durchspielen der zahllosen Möglichkeiten. In der schlussendlich gewählten Komposition war der Avenue-rote Ziegelstein klar tonangebend. Mit etwa 30% der insgesamt verwendeten Ziegel stellte dieser Stein den bei weitem größten Anteil. Gefolgt von den schwarzen, ockergelben, blauen und grauen Ziegelsteinen, jeweils mit einem Anteil von etwa 12%. Die Zentropa-weißen, gelben, blauen und roten Ziegelsteine wurden sparsam eingesetzt; noch keine 2% je Sorte. Und im endgültigen Entwurf wurde der Anteil an rosa Ziegeln gesenkt (5%), während grüne hinzugefügt wurden (7%). Elf unterschiedliche Strangpressziegel mussten also in einem vorgefertigten Außenfassadenelement im Läuferverband eingearbeitet werden, wobei es in einem solchen Fall ratsam ist, vorangehende Überlegungen mit der Ziegelfabrik anzustellen. Um bei dem gewählten Läuferverband eine Gleichmäßigkeit in den Stoßfugen zu erhalten, müssen die Maßunterschiede zwischen den Ziegelsteinsorten gering gehalten werden, was hohe Anforderungen an die Vermassung stellt. „Die bunt gefleckte Fassade ist ein fröhliches Spektakel für alle, dei sich dem Gebäude nähern“ Der größte Teil der Ziegelsteine für dieses Projekt wurde in der Maßklasse I geliefert, gemäß NEN 2489 „Normziegel“. Dies bedeutet einen maximalen Unterschied in der Länge der Ziegelsteine pro Sorte von +2 mm und – 2 mm, die die Gewähr waren für ein perfektes Ergebnis. Bei der Erreichung der richtigen Mischung von Strangpreßziegeln sind die Anweisungen des Architekten von großer Bedeutung. Die Menge, in der die verschiedenen Ziegelsteine pro Quadratmeter vorkommen sollen, muss genau festgelegt werden. Anhand der Angaben des Architekten kann die Ziegelfabrik wiederum für die Zusammensetzung der Mischung sorgen. Diese Mischung von Ziegelsteinen wird dann auf Paletten an den Verarbeiter der vorgefertigten Fassadenelemente geliefert. Dort in der Fertigteilfabrik ist ein Mischen dann nicht mehr erforderlich. Eine zusätzliche Garantie, dass das exakte Farbbild, das der Architekt vor Augen hat, auch tatsächlich entsteht. Der Architekt Edwin Smolders machte auf wunderschöne Weise aus der Not eine Tugend. Das Prinzip von „rau und simpel“ für die Außenseite wurde konsequent im Inneren weiter umgesetzt, wo die Konstruktion des Gebäudes größtenteils sichtbar geblieben ist. In knapp neun Monaten und mit einem beschränktem Budget hat Smolders ein schmuckloses Gebäude errichtet, das unverhohlen zeigt, woraus es sich zusammensetzt. Gleichzeitig verbirgt sich ein Raffinement in dieser Architektur. Ein lokales, relativ kleines Projekt, das alles in allem ausreichend Format besitzt, um als ein interessantes Beispiel im internationalen Vergleich heutiger Verwendung von Ziegelstein zu gelten. Frank Kuylaars 22 Tag 02 Freitag 21.09.07 28.09.07 07.30 Uhr 08.30 Uhr 09.15 Uhr Frühstück Abfahrt nach Almere Besichtigung Neues Stadtzentrum Almere (Rem Koolhaas, SANAA, De Architecten Cie., Portzamparc, u.a.) Citadel, Almere Stad 11.15 Uhr 11.45 Uhr Weiterfahrt zur Insel Ijburg Besichtigungen Insel Ijburg, Infocentrum und Siedlung 21.09.07: Treffen mit Herrn van Dongen (de Architecten Cie.), der uns den restlichen Tag begleitet. 28.09.07: Treffen mit Frau Rinzema (de Architecten Cie.), die uns den restlichen Tag begleitet. Expo Amsterdam IJburg, IJburglaan 628 (Verkaufszentrum Ijburg) 12.30 Uhr 12.45 Uhr Rückfahrt nach Amsterdam Mittagessen im Lloyd Hotel, anschließend Führung durchs Hotel (MVRDV) Oostelijke Handelskade 34, 1019 BN Amsterdam 15.15 Uhr 17.45 Uhr Weiterfahrt per Boot Besichtigung Osthafen Besichtigung Westhafen, inkl. Landgang am Silodam (MVRDV), anschließend per Boot zum Büro de Architekten Cie. Vortrag von Frits van Dongen „W + H + U = Holland“ über die Entwicklung des niederländischen Bausektors Keizersgracht 126, 1000 AN Amsterdam 18.45 Uhr 19.15 Uhr Rückfahrt zum Hotel Hotel Vondel Park Plaza Koninginneweg 34-36, 1075 CZ Amsterdam 20.00 Uhr 20.30 Uhr Weiterfahrt zum Abendessen Abendessen in Amsterdam, Brasserie Harkama Nes 67, 1012 KD Amsterdam 24 “Fliegender Teppich” Wohn- und Geschäftshaus in Almere OMA, CHRISTIAN DE PORTZAMPARC, SANNAA, DE ARCHITECTEN CIE, U.A., 2006 DE CITADEL ALMERE, NL Quelle: DBZ 4/2007, “Architectuur In Nederland, Jaarbook 2006/07” NAI Uitgevers Im niederländischen Almere wurde ein mehrschichtiger Wohn- und Geschäftsblock von Christian de Portzamparc fertig gestellt. Das kompakte Stück „Stadt in der Stadt“ ist Teil der Masterplanung von Rem Koolhaas zur Verdichtung des Stadtkerns. Christian de Portzamparc Geboren 1944 in Casablanca. In den frühen Sechzigern studierte er Malerei und Architektur an der Akademie der schönen Künste in Paris. Zwischen 1965 und 1970 setzt er sich mit Architekturdoktrinen und systemen kritisch auseinander. Am Anfang seiner ungewöhnlichen Karriere arbeitete Christian de Portzamparc intensivst in der Theorieforschung. 1994 erhielt er im Alter von 50 Jahren als erster französischer Architekt den begehrten Pritzker Preis für Architektur. 2006 richtete das „Collège de France“ einen 53. „Lehrstuhl“ für den Bereich Kunst (Artistic Création) ein, und beriefen Christian de Portzamparc als ersten auf diesen. Das Zentrum von Almere gleicht seit geraumer Zeit einer einzigen Baustelle. Denn um die Urbanität der Polderstadt zu erhöhen, wird der Innenstadtbereich gegenwärtig nach einer städtebaulichen Planung vom Rem Koolhaas/OMA großflächig neu strukturiert und verdichtet. Die ersten Projekte der überwiegend durch renommierte internationale Büros wie David Chipperfield, SANAA oder Gigon Guye ausgeführten Planung sind inzwischen realisiert – darunter auch der Wohn- und Geschäftsblock „De Citadel“ des französischen Architekten Christian de Portzamparc. Der hoch verdichtete Innenstadtblock bietet 54 Eigentumswohnungen mit insgesamt 10000 m² Wohnfläche, 50 vermietbare Ladeneinheiten mit insgesamt 35.000 m² Geschäftsfläche sowie eine Tiefgarage mit 1.350 PKW-Stellflächen. „Die Stadt Almere wurde erst vor etwa 30 Jahren gegründet und hatte bislang kein wirkliches Zentrum“, beschreibt Projektarchitekt André Terzibachian vom Atelier Portzamparc die Ausgangslage. „Der Neubau der Citadel ist jetzt ein wichtiger Baustein, um die Attraktivität der Innenstadt zu erhöhen.“ Das mehrschichtige, über einer Fläche von rund 130 x 130 m errichtete Projekt wurde nach dem städtebaulichen Entwurf von Rem Koolhaas über einer mächtigen, leicht ansteigenden Sockelplatte errichtet, die hier bis zu sechs Meter hoch über der Tiefgarage sowie über dem Autound dem separat geleisteten Busverkehr aufsteigt. Die komplexe Gesamtstruktur erschließt sich dabei nur aus der Vogelperspektive oder im Modell – „dann wirkt es fast als sei hier ein überdimensionaler fliegender Teppich mitten im Zentrum von Almere gelandet“, so André Terzibachian. Aus der Perspektive der Stadt betrachtet, sind jedoch von sämtlichen Standorten aus lediglich Teilansichten möglich, so dass der Entwurf trotz seiner gewaltigen Größe einen menschlich erfahrbaren Maßstab behält. Der erste Eindruck, den man von Norden her kommend wahrnimmt, ist die leichte, für niederländische Verhältnisse fast alpine Steigung der mitten in der Stadt implementierten Sockelplatte. Weiter den „Berg“ hinauf trifft der Blick dann auf die Außenfront des Blocks mit der doppelgeschossigen, komplett transparent gestalteten Ladenzeile. „Gemeinsam mit dem Projektentwickler der Geschäftsflächen, der MAB Ontwikkeling aus Amersfoort, haben wir uns bei der Planung der Ladeneinheiten ganz bewusst gegen eine einheitliche Fassadengliederung entschieden, um den Inhabern so weit gehende Freiheiten bei der Gestaltung ihrer Ladeneinheiten zu ermöglichen“, so André Terzibachian. Als verbindendes Element fungiert stattdessen das direkt oberhalb der Glasflächen abgesetzte horizontale Fassadenband aus rötlich gefärbtem – vom Designer Martin Wallace mit tiefen Furchen gestalteten – Polyester-Beton, aus dem wie aus einem Fels zwei- oder dreigeschossige Reihenhäuser emporsteigen. Durch einen breiten Durchgang in der Ladenzeile gelangt man in das Zentrum des Blocks mit dem am höhsten Punkt des Hügels sich kreuzenden Einkaufsstrassen Durch einen breiten Durchgang in der Ladenzeile, und unter der durchgehenden Häuserreihe hindurch, gelangen die Besucher schließlich ins Zentrum des Blocks mit den beiden am höchsten Punkt des Hügels sich kreuzenden Einkaufsstraßen. Viele der Geschäfte bieten aufgrund der bewegten Topografie sogar zwei Eingänge: den unteren in der Außenzeile, den oberen im höher gelegenen Kern des Blocks. Bei der Planung der Straßenführung schwebte Christian de Portzamparc von Anfang an ein abwechslungsreicher dynamischer Verlauf vor: „Damit wollte ich ganz bewusst eine Einladung schaffen, das Innere der Citadel zu betreten“, so der Architekt. „Als Inspiration dienten mir dabei unter anderem meine Studien zur mittelalterlichen Innenstadt von Metz: Denn um kommerziell erfolgreich zu sein, setzte man damals auf die Strategie, mit einem unregelmäßigen Straßenverlauf den Blick der Passanten auf verschiedene Ziele zu lenken, um so den Anreiz zu erhöhen, der Straße weiter zu folgen. Das gleiche Prinzip habe ich jetzt auch in Almere verfolgt“. Lediglich zu erahnen von den Straßen aus ist dagegen die sechs Meter über Passagen-Niveau platzierte „Oberstadt“ der Citadel – ein ganz bewusst lediglich für die Bewohner zugängliches Stück niederländische Landschaft, das tatsächlich wie ein fliegender Teppich über dem übrigen Block zu schweben scheint. Eingesäumt von den am Außenrand des Blocks platzierten Reihenhäusern – und von den beiden unten verlaufenden Einkaufsstraßen in vier „Inseln“ unterteilt -, wurde hier im Auftrag des Rotterdamer Projektentwicklers Blauwhoed Eurowoningen ein begrüntes, überraschend ruhiges Hochplateau inmitten der Stadt geschaffen. Besonders gelungen zeigt sich dabei die Gestaltung der 46 niederländisch verspielten Reihenhäuser mit ihren zum Innenbereich des Plateaus hin farbenfroh in Weiß, Orange oder Hellblau gestalteten Fassaden und den variantenreich ausgebildeten Loggias, Patios oder Terrassen. Weitere sechs Appartements finden sich in dem mittig platzierten, genau am Kreuzungspunkt der beiden Einkaufsstraßen emporsteigenden sechsgeschossigen Wohnhochhaus. „Die Bewohner genießen hier oben nicht nur die Nähe zur angrenzenden Einkaufspassage und den direkten Zugang zur Tiefgarage, sondern profitieren auch von der Ruhe sowie dem attraktiven Ausblick über die Stadt und dem weiter südlich gelegenen Binnensee ‚Weerwater’“, beschreibt André Terzibachian das Konzept. Eine wichtige Rolle spielt dabei die südwestliche „Insel’“ oberhalb des fünfgeschossigen Kaufhauses Vroom & Dreesman, dessen beide obere Ebenen unter einem Grashügel verborgen wurden: „Damit auch die Passanten die weite Aussicht erleben und genießen können, haben wir dort eine weit auskragende, frei über der Passage schwebende Café-Terrasse sowie ein großes ellipsenförmiges Oberlicht integriert, das von außen als gläserne Öffnung inmitten des Grashügels erscheint.“ Die vertikale Erschließung der übereinander gestapelten Ebenen erfolgt über Treppen, Fahrstühle und eine Rolltreppe, die von der Tiefgarage aus direkt im Zentrum der Passage mündet. „Der Zugang zu den Liften in die Wohnebene ist dabei nur mit Schlüssel oder nach Betätigung der Freisprechanlage möglich, um so dem Bedürfnis 26 nach sicherem Wohnen inmitten der Stadt nachzukommen“, so André Terzibachian. „Für die Bewohner und Besucher des Wohnhochhauses führt der Lift direkt in das gewünschte Geschoss. Die Bewohner der Reihenhäuser gelangen dagegen in den gemeinschaftlichen Zugang im Sockel des Wohnhochhauses, von wo aus dann ein schmaler Fußweg mit zwei schmalen Brücken über die Passage die vier Inseln miteinander verbindet.“ „Ich betrachte den Neubau als einen interessanten Hybrid zwischen modernem Urbanismus und der historischen Stadt“, charakterisiert Christian de Portzamparc das Projekt. In einer gewachsenen europäischen Stadt wäre dieser neue Typus eines Stadtzentrums jedoch eher problematisch und kaum zu vermitteln. Für Almere liegt der Fall freilich anders. Denn die komplett am Reißbrett entstandene Polderstadt wurde erst Mitte der 1970er Jahre gegründet – nach der Errichtung der 1.800 km² großen Provinz Flevoland, die zwischen 1932 und 1968 komplett den Fluten des IJsselmeeres abgerungen wurde. Mit inzwischen rund 180.000 Einwohnern hat sich Almere seitdem zur mittlerweile siebtgrößten Stadt der Niederlande entwickelt. „Trotz – oder gerade wegen – dieses Atem beraubenden Wachstums wirkte Almere lange wie eine verschlafene Vorstadt des nur 20 km entfernten Amsterdam“, so André Terzibachian. „1994 hatte daher Rem Koolhaas den Auftrag erhalten, die Innenstadt großflächig umzustrukturieren und nachzuverdichten.“ Um Architektur, Städtebau und Verkehr nahtlos miteinander zu verbinden, schichtete Koolhaas kompromisslos und wenig sentimental eine zweite, ausschließlich Fußgängern vorbehaltene Ebene über die bestehende Stadt – eine Strategie, die die ohnehin vorhande „Künstlichkeit“ von Almere konsequent fortführt und gleichzeitig eine bewusst ironische Abwechslung in der ansonsten absolut flachen Polderlandschaft schafft. „Mit unserem Entwurf haben wir diesen Kerngedanken der Masterplanung weiterentwickelt“, so André Terzibachian. „Dabei haben wir allerdings das von OMA vorgegebene Raster durchbrochen und ganz bewusst eine autonome ‚Wohnebene’ gestaltet, die zwar unmittelbar an die Geschäfts- und Fußgängerebene angebunden ist, die sich aber gleichzeitig vom Rest der Stadt löst und eine eigene Welt birgt.“ Parallel dazu gelang es den Architekten mit ihrem hoch differenzierten neuen Stück „Stadt in der Stadt“, die von Koolhaas intendierte fließende Verbindung vom nördlich angrenzenden Bahnhofsquartier zur südlich gelegenen Uferpromenade am Weerwater mit Leben zu füllen. Was im Ergebnis so homogen miteinander verwoben ist, hatte zuvor jedoch einer langwierigen Planung bedurft. Als große Herausforderung erwies sich dabei insbesondere die Abstimmung und Koordination der teilweise divergierenden Belange der beiden Auftraggeber sowie der Stadt Almere, die für die Anpassung der Infrastruktur und die Errichtung des Parkhauses verantwortlich zeichnete. „Die eigentliche Bauphase verlief dagegen ohne größere Schwierigkeiten“, so André Terzibachian. Wobei allerdings erwähnt werden muss, dass die gesamte Detailplanung vor Ort durch das Büro Beekink + Molenaar aus den Haag realisiert wurde.“ Ein Jahr nach der Fertigstellung haben die Bürger der Stadt Almere das Projekt uneingeschränkt als zentrales Element ihrer neuen Stadtmitte angenommen. Das belegen nicht nur Umfragen unter der Bevölkerung und den Bewohnern – die Reihenhäuser sind inzwischen fast alle verkauft und auch das Wohnhochhaus ist inzwischen fertig gestellt und kann bezogen werden -, sondern auch die guten Umsätze der Einzelhändler, die ein Jahr nach der Eröffnung der Passage trotz der Mieten von 300 bis 750 €/m² im Monat weit gehend zufrieden sind. Inzwischen sind sämtliche Ladeneinheiten vermietet – neben einem Café und einigen kleineren Geschäften haben sich das Kaufhaus Vroom & Dreesman sowie zahlreiche internationale Ketten (...) mit Filialen vor Ort niedergelassen. Ähnlich überzeugt wie Besucher, Bewohner und Ladenbesitzer zeigte sich zuletzt auch die hochrangig besetzte Jury des „Architecturprijs Almere 2006“, die das Projekt vor kurzem als bestes Gebäude von 30 Jahren Architekturgeschichte in der Stadt ausgemacht hat. Denn nachdrücklich würden mit dem Projekt die Ambitionen von Almere unterstrichen, eine moderne Stadt mit einem urbanen Zentrum zu sein. Jetzt endlich, 30 Jahre nach der Gründung! Robert Uhde Niveau 2A, Wohnungen über der Einkaufsstrasse. 28 Theatre And Art Centre De Kunstlinie SANAA, TOKYO, 2006 ESPLANADE 10/12 ALMERE, NL Quelle: “Architectuur In Nederland, Jaarbook 2006/07” NAI Uitgevers Considering all the big-city facilities that have been taking shape in its new city centre, Almere would seem to be ready to make the quantum leap from dormitory city for Amsterdam to autonomous, self-contained city. The most recent embellishment is SANAA’s theatre, which stands on the most forward location in OMA’s city centre plan, on the spot, where two diagonal axes meet, partly on land, partly cantilevering out over the Weerwater lake. Kazuyo Sejima and Ryue Nishizawa received the commission for the Kunstlinie Theatre after winning an international competition held by the city in 1998. In the midst of the raucous recent products of Almere’s passion for collecting architecture (Alsop, Van Zuuk, Portzamparc), the effect of SANAA’s theatre is one of deafening silence. The building uses just one material (glass), one colour (white) and one form (cube): to achive a subtle and benignly monumental effect. The scale of the theatre is deceptive: it appears much smaller than the 100m x 100m dimensions. It is a flat, one-storey slab, topped by three cubes for three auditoriums. The plan can be read as a vast labyrinthine carpet, a succession of rectangular spaces without any obvious hierarchy or identifiable function. This is deliberate. Corridors and circulation areas have been avoided as much as possible; routes consist simply of a sequence of different spaces, one behind the other. The absence of spatial hierarchy and the avoidance of programmatic specificity results in intermediate spaces suitable for a multiplicity of uses. The physical boundaries between the various spaces are wafer-thin; the emphasis is on visual interconnections. Three long axes through the building prevent the labyrinthine aspect from dominating. From the entrance hall, for example, there is a view through the whole building, to the water. And the many patios ensure that water and sky are visible on all sides. SANAA, together with engineering consultants ABT, consistently sought the thinnest and finest materialization, in a laborious process of reduction and refinement, of which the special construction for the inner walls, the slender roof, and the 25-metre-high glass foyer wall are the most striking results. The interior is minimalist, but by no means cold. This is due to the use of unconventional combinations of grey velvet wallpaper and expanded metal in the large auditorium, but also to the stainless steel counters with a row of lights above them, the white metal spiral staircases, and the spectacular round metal walkway for VIP guests. The single, stunning exception to the restrained colour scheme is the enormous mural in the foyer. Inspired by a batik-based idea of Michael Lin, it was designed by Jos Reniers and produced by Vlisco. 30 IJburg - Urban planning DE ARCHITEKTEN CIE, 2000 - 2012 IJBURG AMSTERDAM, NL Quelle:De Architekten Cie. opdrachtgever/client: Gemeente Amsterdam, Waterstad IJburg CV programma/programme: Total opgave/Total assignment 7.062 woningen/housing 263.500 m² voorzieningen/facilities ontwerp/design: Frits van Dongen, de Architekten Cie. Felix Claus, Claus en Kaan Architecten Ton Schaap, Schaap en Stigter projectteam/project team: de Architekten Cie.: Frits van Dongen, U. Garritzmann, R. van Houten, H. Schmidt datum opdracht/ date of commission: 1999 Besucherinformation: Bezoekerscentrum IJburg IJburglaan 648 1087 CE AMSTERDAM Phone 020-4689695 Fax 020-6681325 Where the territory of Amsterdam reaches the IJmeer, the biggest lake of the Netherlands, a major urban extension is being developed: 18.000 dwellings on a chain of six newly to be made islands. The first phase, which consists of the western part of the so called ‘Haveneiland’ (Harbour island) and ‘Rieteilanden’ (Reed islands) is now under construction. The ‘Haveneiland’ constitutes the centre of IJburg, and has an urban density and character. The ‘Rieteilanden’ are suburban in character and have soft banks, detached housing and dike houses with gardens running down to the reedy borders. The design for the ‘Haveneiland’ is based on a grid which can be described in terms of three layers: landscape design, urban design and distribution of programme functions. The grid expresses the binding conditions, the public space, via the streets, while leaving room for a variety of uses, and thus for diversity, in the shape of blocks. In principle, all positions within the grid are equal. The total programme is evenly spread across the grid. All the blocks have a proportionally equal density and there is no hierarchy in types of housing between them. An architect and a principal work out each block as a partial urban design scheme. Public spaces, a (market) square and two parks with playgrounds, have been planned at regular distances and connected to the longitudinal streets in the plan. An internal waterway transects the grid and opens up the structure of the otherwise closed blocks. The plan features prominently placed buildings called ‘solids’. Solids are loft-like structures with high storeys and floorbays that can be freely arranged, and are capable of incorporating a great diversity of programme. In between the (market) square and the IJburglaan, and near the point of access to the ‘Haveneiland’, is the shopping centre. The exceptions transform the grid and ensure that its dominance is toned down, creating a layer of natural variation within the grid. 32 NESCIO BRIDGE IJBURG WILKINSON EYRE ARCHITECTS, LONDON, 2006 WESTERLIJKE MERWEDEKANAALDIJK, IJBURG AMSTERDAM, NL Quelle:“Architectuur In Nederland, Jaarbook 2006/07” NAI Uitgevers Holland’s first suspension bridge is a reality: the Nescio Bridge links IJburg elegantly with the eastern part of Amsterdam, thereby giving the lie to the assumption that the soft Dutch ground is unsuitable for this type of bridge in which the forces are absorbed horizontally rather than vertically and for which the usual sturdy pile foundation will not suffice. A suspension bridge can cope with long spans; it consists of two tall pylons between which a thick cable is strung. Suspended from this are the vertical cables that carry the bridge deck. The main difference from a type more frequently used in the Netherlands, the cable-stayed bridge, is that in the latter the cables are connected directly, at an angle, to the pylons, which consequently absorb (vertical) compressive forces rather than (horizontal) tensile forces, as in the case of a suspension bridge. Right from the start of the IJburg development there was talk of a pedestrian/cycle bridge over the Amsterdam-Rhine Canal. As far as home-work traffic was concerned, the cycle network in and around IJburg turned out to be best served by a connection somewhere in Diemen-Noord and then under the A1 motorway and the railway line, linked to a connection to the Ringdijk at Science Park Watergraafsmeer. With some 60,000 ships plying these waters every year, a ferry was unacceptable for Rijkswaterstaat (the waterways authority) and a tunnel too expensive and unsafe. The elegant, curved bridge lies a few centimetres within Amsterdam’s municipal boundaries (neighbouring Diemen wanted no part of it), is high enough not to obstruct shipping and is a mere 150 metres from the A10 orbital road. Rijkswaterstaat initially rejected the bridge on the grounds that it was much too close to the bridge and the motorway – to avoid a black hole in the reception, a ship’s radar needs a clear space, in this case at least three hundred metres from the A10. However, a computer simulation carried out by TNO demonstrated that the bridge could be closer than this without interfering with radar reception. Above land on either side, a large part of the route has been built in the form of a bridge for ecological reasons (grass snakes). DEDATO Betronic Office Building DICK VENNEMAN, DEDATO, 2004 - 2006 Pedro de Mendinalaan 11, IJBURG AMSTERDAM, NL Quelle: “Architectuur In Nederland, Jaarbook 2006/07” NAI Uitgevers Anyone seeing this office building, with its flexible floor plan and rationalized structure of precast concrete, glass and steel, will be automatically reminded of the 1920s. With their clever use of a precast concrete system for low-cost factory buildings, the architects have made a robust statement here. This is another possibility: chic but affordable, attractive and sturdy, fitting in with its surroundings, yet also defining the entrance to IJburg. What you see is what you get; everything here is clear and comprehensible. Almost the entire elongated building site is used as a parking pit in which the actual building stands. The flexible floor plan means that there is virtually no difference between net and gross floor area. Behind the clearly visible slit that separates the building into a front and a back section, are the stairs, lifts and wet services. The rough structure is at the same time the finished structure. Normally that would be a cause for concern, especially in housing construction, but here it has become a strength. The architect has turned the precast panels around, so the rough side faces inwards where it gives the walls an extra something. The smooth side faces outwards and makes the building rather seductive and decidedly strokable. Even from outside one can see how light and air flood the interior, and how the striking, convex ‘windows’ in the side elevations contribute to that. These, incidentally, are standard plastic domed skylights which meant that the openings could be included in the prefab process. Thanks to these kinds of smart solutions, the building has the aura of a one-off artwork custom-made for a single user. 34 LINEAR BLOCK IJBURG MACCREANOR LAVINGTON, 2003 BLOCK 4, IJBURGLAAM 500-612, IJBURG AMSTERDAM, NL Quelle: “Idensity - New Collective Houses” a+t http://www.maccreanorlavington.com The project is the culmination of investigations that started with the Lux Building; London (1995) and developed through, among others, the Westerdokseiland plan (1997) and the essay, ‘Adaptability’ (see a+t 12, 1998). That essay proposed a concept for an ‘transfunctional and multifunctional building that could allow the possibility of changing use; living into working, working into leisure or be a container of several uses simultaneously’. It expresses activity; whether living or working is not our concern. Units are typically 7.5 m wide, 3.2 m floor to ceiling and 22 m deep. Each unit is entered at ground level, from the street side rather than the kade side and each unit has a central void giving light into the middle of the deep floor plan, thereby allowing many variations in internal layout. Kleine Rieteilanden, Row Houses With Courtyard BOSCH ARCHITECTS, 2004 KLEINE RIETEILANDEN, IJBURG AMSTERDAM, NL Quelle: “Idensity - New Collective Houses” a+t The office is supervisor over the development of 140 villas and designer of 8 villas. The urban plan attempts to open up the field of research by creating conditions that encourage experimenting with the spatial qualities of interiors. The ground floor is densified to the maximum as one compact volume. It is an introvert space. Two patios are cut out of the volume, one for the car, the other for the terrace. The ground floor is divided into two zones. There is one very long space extending over the whole depth of the house, containing day functions. The other zone contains a number of big rooms and the patio. A stair connects the ground floor with an entirely glazed room. This glass box, located in the midst of the grass covered roof offers a scenic view over the water and Diemerpark. The top level is a black box, offering a retreat from the house and a round window to see the park und the skies. 36 “Alleskönner” Wohn- und Gewerbebau Multifunk in IJburg ANA ARCHITECTEN, 2006 IJBURG AMSTERDAM, NL Quelle: Baumeister 12/2006 Der Block besteht aus drei Gebäudetypen, die unterschiedlich erschlossen werden: Im fünfgeschossigen Bauteil A an der Hauptstrasse können je nach Bedarf zwischen den Treppen und Liftkernen Flure eingezogen werden. Bauteil B und C dagegen haben zentrale Treppenhäuser und vermitteln in der Höhe zwischen Bauteil A und D, den Reihenhäusern mit eigenen Eingängen. Unten: Drei von vielen Nutzungsmöglichkeiten des Blocks. Die Büround Gewerbeflächen (grau) lassen sich auch vollständig in Wohnungen umbauen. Nicht umsonst haben ANA Architekten ihren Baublock auf IJburg „Multifunk“ getauft. Seinen Namen verdankt er in erster Linie der Tatsache, dass Multifunktionalität sein Leitmotiv ist und er sich laut den Architekten ebenso gut für kombiniertes Wohnen und Arbeiten wie für Büros, ein Studentenwohnheim oder ein Hotel eignet. Aber dank seines ungewöhnlichen Fassadenmaterials ist er durchaus auch ein bisschen funky. Multifunk ist aus einem Wettbewerb hervorgegangen. 2003 lud die Gemeinde Amsterdam mehrere Teams aus Projektentwickler und Architekturbüro ein, einen Entwurf für das Grundstück auf dem Steigereiland im neuen Archipelstadtteil IJburg einzureichen. Das junge Amsterdamer Büro ANA, 1995 von Marcel van der Lubbe und Jannie Vinke gegründet, gewann den Wettbewerb gemeinsam mit dem ebenfalls recht jungen Projektentwickler Lingotto. Van der Lubbe zufolge lag das unter anderem daran, dass ihr Entwurf auf die besonderen Anforderungen des Nicht-Ortes reagierte. Denn zu der Zeit, als der Wettbewerb stattfand, existierte das Grundstück noch nicht einmal. IJburg soll bis 2012 sieben künstliche Inseln umfassen und Wohn- und Arbeitsraum für 45.000 Menschen bieten. Mit der Aufschüttung der ersten Inseln wurde 1999 begonnen, und Ende 2002 bezogen die ersten frischgebackenen Insulaner ihre Wohnungen auf dem Haveneiland und Grote Rieteiland. Zwar hat der Inselstadtteil das Embryonalstadium inzwischen hinter sich, und die Bautätigkeit ist auch auf dem Kleine Rieteiland und dem Steigereiland in vollem Gange. Aber wo heute der Multifunk-Block steht, gab es noch vor drei Jahren nur frisch aufgeschütteten Sand, eine einsame, schnurgrade Straße und viel Wasser. „Eigentlich weiß selbst jetzt noch keiner so genau, wohin der neue Stadtteil sich einmal entwickeln wird“, meint Van der Lubbe. Ein multifunktionaler, flexibler Gebäudekomplex, der auf alle zukünftigen Veränderungen reagieren kann, schien deshalb für diesen Standort einleuchtend. Ruhepol im Chaos Der Multifunk-Komplex überbrückt aber auch einen Maßstabssprung. Er steht an der wichtigsten Kreuzung auf dem Steigereiland, das eine sehr gemischte Bebauung nach dem „Collage City“-Prinzip erhält. Entlang der IJburglaan als zentraler Achse des Inselstadtteils werden sich einmal bis zu sechsgeschossige Blöcke aufreihen. Während dahinter ein Viertel mit niedrigen Einfamilienhäusern liegt, die größtenteils von privaten Bauherren realisiert wurden und die dementsprechend kleinteilig und – wohlwollend formuliert – abwechslungsreich geraten sind. Der U-förmige Multifunk-Komplex setzt sich deshalb aus mehreren Volumina zusammen: einem fünfgeschossigen Riegel an der IJburglaan, zwei viergeschossigen Bauteilen, die jeweils quer an den Riegel anschließen, sowie zwei wiederum daran anschließenden Zeilen niedriger Reihenhäuser. Im Innenhof befinden sich außerdem ein kleiner Pavillon, der voraussichtlich als Kindergarten dienen wird, sowie fünf Grundstücke für Wohnhäuser von privaten Bauherren. Auf diese Weise vermittelt der Block zwischen der Großmaßstäblichkeit der IJburglaan und der Kleinmaßstäblichkeit der Bebauung im Inselinneren. An die Kakophonie der bunten Häusermischung soll er jedoch nicht anschließen. „Beim Architekturrummel auf dem Steigereiland spielt unser Bau nicht mit“, sagt Van der Lubbe. „Er ist außen eher zurückhaltend, hat aber eine starke innere Logik.“ Diese innere Logik basiert auf einer fixen Casco-Struktur mit freier Einteilung im Inneren. Funktionale Veränderungen sollen auf dem Niveau der einzelnen Units, der Erschließung, aber auch der gesamten Gebäude denkbar sein. Ermöglicht wird das durch eine tragende Fassade, die in den Bauteilen mit großen Spannweiten durch einen oder zwei mittige Unterzüge ergänzt wird. Gestaffelt und geschichtet Der höchste Bauteil an der IJburglaan ist 18 Meter tief und hat eine Deckenhöhe von 3,60 Meter. Die Wohnungen werden vom Hof, die Büroräume von der Straße aus erschlossen. In der Mitte jeder Etage liegt ein Korridor, der über zwei Erschließungskerne mit je einem Lift für die Büros und einem für die Wohnungen zu erreichen ist. Zwei Lichtschächte sorgen für Helligkeit, können aber auch zu Treppenhäusern umgewandelt werden, um mehrere Stockwerke miteinander zu verbinden. Die beiden daran anschließenden, viergeschossigen Baublöcke sind über Erschließungskerne mit je einem Aufzug und einem Doppelspiral-Treppenhaus zugänglich und haben gewöhnliche Deckenhöhen. Überhaupt nicht flexibel sind die Reihenhäuser, die in konventioneller Schottenbauweise errichtet wurden. Die Multifunktionalität beschränkt sich also, abgesehen von der flexiblen Einteilbarkeit der Innenräume, im Wesentlichen auf den Baublock an der IJburglaan. Dennoch rechnen die Architekten sogar die Loggien, die hinter der thermischen Haut liegen, als besondere Flexibilitätsmerkmale – obwohl sie im niederländischen Wohnungsbau kostengünstiger Standard sind. Ganz und gar kein Standard ist dagegen die Fassadengestaltung von Multifunk. Die Fenster aller Volumina haben schlanke Aluminiumrahmen, deren Laibungen in subtilen Wellenbewegungen tiefer und wieder flacher werden. Als Fassadenmaterial benutzten ANA für die drei höheren Bauteile recycelte schwarze Kunststoffelemente mit Holzmaserungsmuster. „Dafür gibt es zwei Gründe“, erklärt Van der Lubbe. „Einerseits drückt die Bretter-Optik den Selbstbau-Charakter des Komplexes aus. Andererseits haben die wiederverwerteten Plastikelemente bereits einen Funktionswechsel hinter sich, den auch das Gebäude einmal durchmachen könnte.“ Nur die Reihenhäuser erhielten, wohl aus Gründen der Verkäuflichkeit, eine konventionelle Backsteinfassade. Momentan umfasst der Multifunk-Komplex 80 Wohnungen und 3400 Quadratmeter Bürofläche – ein Verhältnis, das laut ANA ohne viel Aufwand umkehrbar ist. Einmal hat sich die Flexibilität des Konzepts sogar bereits bewährt. Drei Wochen bevor der Bauantrag abgeschickt werden sollte, entschied der Projektentwickler sich angesichts des lahmenden Markts für Gewerberäume dazu, einige Büros doch noch in Mietwohnungen umzufunktionieren. Laut Marcel van der Lubbe war das schnell erledigt. Anneke Bokern Der U-förmige schwarze Block fügt sich mit seiner gestaffelten Kubatur in die heterogene Umgebung: Ein fünfgeschossiger Riegel flankiert die Hauptstraße, während die daran anschließenden Bauteile zur Rückseite des Grundstücks bis auf die Höhe der Reihenhäuser abfallen. Die Nutzung des Blocks lässt sich frei gestalten – im Moment sind dort 88 Wohnungen und 3500 Quadratmeter Bürofläche untergebracht. In der Hofmitte war Platz für einen Kindergarten. Erst bei näherem Betrachten fällt auf, dass die leicht glänzende Fassade bis auf einen zwei Meter hohen Ziegelsockel mit recycelten Kunststoffpaneelen verkleidet ist. 38 Feste Einbauten: Flexible Einbauten: tragende Fassade Leitungsschächte Erschließungsbereich schächten Trennwände Nasszellen Loggien mit Licht- Diverse Projekte Ijburg 2007 IJBURG AMSTERDAM, NL Fotos: Ziegel Zentrum Süd e.V., N. Pflug-Dämpfling 40 Kulturbotschaft Lloyd Hotel MVRDV, ROTTERDAM, 1998 - 2004 OOSTELIJKE HANDELSKADE 34 1019 BN AMSTERDAM, NL Quelle: DBZ 02/2005 http://www.lloydhotel.com Das Amsterdamer Lloyd Hotel hat eine lange Tradition. Nach einem radikalen Umbau zeigt es sich nun unkonventionell. Ein Besuch wird zu einem Kunst- und Kulturerlebnis – immer wieder neu und überraschend. „Es ist ein Abenteuer und muss ein Abenteuer bleiben“, sagt Suzanne Oxenaar, eine der vier Initiatoren. Im Jahr 1996 gewannen sie einen Ideenwettbewerb der Stadt Amsterdam mit dem Konzept, eine Symbiose aus Hotel und Kulturbotschaft, die so genannte „Culturele Ambassade“, zu formen. Diese kulturelle Wiederbelebung des Lloyd Hotels sollte sich zudem positiv auf die neuen Wohngebiete der Inseln Borneo und Sporenburg auswirken. Von Beginn an waren, neben den Initiatoren, die Rotterdamer Architekten MVRDV an der Umsetzung der Vision beteiligt. Sie schienen mutig genug, radikale Eingriffe zu wagen und schreckten nicht vor der erlebnisreichen Vergangenheit des Bauwerkes zurück. Das Hotel wurde 1921 von Evert Breman entworfen und diente als Unterkunft für Emigranten. Auf dem Weg von Osteuropa nach Südamerika stoppten viele für einen kurzen Aufenthalt in Amsterdam, um ihre Reise mit dem nächsten Schiff fortzusetzen. Im Zweiten Weltkrieg annektierten die deutschen Besatzer das Gebäude und nutzten es als Gefängnis. Bis ins Jahr 1989 behielt es diese Funktion, zuletzt beherbergte der Bau eine Jugendstrafanstalt. Seitdem ist das Lloyd Hotel (www.lloydhotel.com) die Heimat zahlreicher Künstler. Früher arbeiteten sie hier in Ateliers, heute sind sie Gäste und Gastgeber. Während der Umbauphase wurde das Bauwerk, welches aus der Zeit der Amsterdamer Schule stammt, unter Denkmalschutz gestellt. Infolgedessen zeigt sich das Lloyd Hotel auch heute noch in seinem symmetrisch angelegten Ziegelkleid. Doch die äußere Strenge täuscht. Hat man die kleine gelbe Rezeptionsbox passiert, öffnet sich dem Besucher das neue Herzstück des Gebäudes: eine lichtdurchflutete Halle, deren Luftraum sich unbeirrt in die Höhe reckt und der seine Begrenzung erst nach sieben Geschossen in einem verglasten Dach findet. So ergeben sich im gesamten Gebäude ständig neue Blickbeziehungen. Einzig verbindendes Element ist die Treppe. Helle Holzstufen, eingefasst von schwarzen pulverbeschichteten Stahlwangen und Geländer aus getöntem Glas stehen im Kontrast zum weiß verputzten Raum. Bühne Auf den Galerien der Kulturbotschaft befindet sich eine öffentlich zugängliche Kunstbibliothek. Ferner hat der Besucher hier die Möglichkeit, sich über die Amsterdamer Kunstszene zu informieren oder selbst als ein Teil dieser zu agieren. Events werden geplant und Tickets gebucht. Ebenso gut kann man aber auch die Bilder gerade residierender Künstler an den großzügigen Galerie- und Wandflächen betrachten. Manchmal wird das Gebäude selbst zur Inspirationsquelle neuer Projekte, z.B. von „LI-tribune“, einer Serie kurzer Videofilme, die sich mit Themen aus der Vergangenheit des Lloyd Hotels auseinandersetzen. Begleitet von Text und Musik sollen sie an verschiedenen Stellen im Gebäude projiziert werden. Eine dynamische Interaktion des Hotels mit seiner Architektur, seiner Geschichte und seinen Nutzern entsteht. Mehr als Übernachten Jedes der 120 Hotelzimmer ist ein Einzelstück. Sie werden wahlweise über die große zentrale Haupttreppe oder über die Treppenhäuser an den Kopfseiten des Gebäudes erschlossen. In den Seiteflügeln wurden Zwischengeschosse eingefügt, um die Zimmeranzahl zu erhöhen. Die Räumlichkeiten im Norden stehen unter Denkmalschutz und befinden sich noch im Originalzustand. Neue Elemente wurden sehr subtil und behutsam hinzugefügt. So verbirgt sich beispielsweise ein Doppelbett in einem ehemaligen Liftschacht. Vor dem Fenster einer weiteren Unterkunft wehen die „Vorhänge des Verlangens“. Kreiert vom Künstler Christiaan Bastiaans, erinnern sie an die Sehnsucht der Aussiedler nach Amerika. Für andere Räume entwarfen die Architekten gemeinsam mit Bureau Lakenvelder maßgeschneiderte Badezimmereinheiten, die eine flexible und effiziente Nutzung ermöglichen. Mal verwandelt sich die Badewanne in einen Tisch, an anderer Stelle lässt sich der Wandschrank zu einem geräumigen Duschbad aufklappen. Für Workshops bietet es sich an, Zimmer zu buchen, in denen man seine Gäste um einen großen Tisch versammeln und bekochen kann. Wer hingegen eine gemütliche Jamsession bevorzugt, mietet eines der beiden Musikzimmer. Joep van Lieshout gestaltete hierfür Raumskulpturen aus Polyester, in denen sich gleichzeitig das Badezimmer verbirgt. Das klassische Musikzimmer ist zusätzlich mit einem Flügel ausgestattet. Auf einer Galerie befindet sich ein Vier-Personen-Bett. Auf dieses Highlight trifft man ebenfalls im schalldichten Musikzimmer, das mit seiner hellen Holzverkleidung einer finnischen Sauna ähnelt. Hinter Klappläden eröffnet sich dem Gast eine wunderbare Aussicht. Man Bauherr / Nutzer - Woonstichting de Key, Amsterdam Bauleitung / Projektsteuerung Office for architectural engineering, Bureau Bouwkunde, Amsterdam Innenarchitekt - Roukens and Van Gils, Gouda Fachplaner - Schreudergroep, Heerhugowaard Peutz and Associates, Zoetermeer, London Badgestaltung - Bureau Lakenvelder, Rotterdam, MVRDV, Rotterdam, Atelier van Lieshout, Rotterdam Konstruktion - Ingenieursbureau Van Rossum, Amsterdam Tragwerksplanung - Bouwbedrijf Van de Hengel, Soest Nutzfläche (NF) 8 300 m² 42 kann den Blick weit über die Stadt schweifen lassen und zugleich am Leben, unten in der großen Halle teilhaben. Dort wird im Restaurant „Snel“ in ungezwungener Atmosphäre gespeist. Den Gegenpol bildet das exklusive Lokal „Sloom“. In Absprache mit dem Koch kann der Gast bestellen, worauf er gerade Appetit hat. Eine Karte gibt es nicht. In allen Räumen entdeckt man Ausstattungsobjekte bekannter niederländischer Designer, wie Christoph Seyferth, Claudy Jongstra und Irene Hans. Die Stücke wurden zum Teil speziell für das Lloyd Hotel entworfen. Meist sind sie kombiniert mit alten Möbeln aus der Entstehungszeit des Hauses, z.B. mit Stühlen und Tischen von De Bazel. Trotz aller gestalterischen Raffinesse versteht sich das Lloyd Hotel nicht als Kunst-Hotel. Vielmehr ist es ein Ort, an dem Kunst und Kulturgeschichte entstehen. Mit der Verbindung von Hotel und Kulturbotschaft bereichern sich die Amsterdamer und ihre Gäste gegenseitig. Natürlich darf auch bleiben, wer keinen eigenen kulturellen Beitrag im Hotel leistet. Solange er bereit ist, sich auf ein Abenteuer einzulassen. Cornelia Schwarte 44 Borneo Sporenburg DIVERSE ARCHITEKTEN, 1993 BORNEO SPORENBURG AMSTERDAM, NL Quelle: „Inszenierte Architektur - Wohnugsbau jenseits des Standards“, Frank Raith / Lars Hertelt / Rob van Gool, DVA Ein dichtes „Meer aus Häusern“, organisiert in sechs Streifen, überzieht von Ost nach West die beiden 25 ha großen Halbinseln. Die homogene Textur der Häuser wird durch drei große, expressiv skulpturale Wohnobjekte gestört, die so genannten Meteoriten, die als städtebauliche Dominanten Sichtlinien zu den benachbarten Inseln und der Stadt aufbauen. Der Kontrast zwischen der Offenheit der großen Wasserflächen der IJ und dem höchst investorenfreundlich auf ein Minimum reduzierten öffentlichen Raum, zwischen der Homogenität der niedrigen Bebauung und der Expressivität der monumentalen Objekte führt zu einer ästhetischen Überhöhung jedes einzelnen Elements. Gut zwei Drittel der Wohnungen wurden von der eigens als Public-Private-Partnership gegründeten Entwicklungsgesellschaft New Deal erstellt und vermarktet. Trotz der großen Resonanz am Markt gibt es auf Borneo Sporenburg knapp 550 Sozialwohnungen und gut 200 geförderte Eigentumswohnungen, die sich jedoch äußerlich nicht von den frei finanzierten Wohnungen unterscheiden. Der Städtebau von West 8 sucht nach einer modernen Interpretation traditioneller Stadtquartiere: Vorbild war das Amsterdamer Quartier Jordaan mit seinen typischen tiefen Grachtenhäusern und den irregulär eingestreuten großen Fremdkörpern der Kirchen. Konsequent dem Vorbild der alten Stadt folgend entwirft Geuze die niedrige Bebauung als serielle Addition eines standardisierten Grundbausteins: Das Patiohaus stellt, obwohl Teil eines größeren Ganzen, im Inneren eine autarke Einheit dar, da die Wohn- und Lebensweisen der Bewohner allein aufeinander bezogen sind: das „eigene Heim in der Stadt“. Ein strenges Bildmanagement erzeugt Vielfalt in der Einheit: Das einzelne Haus wird durch eine leichte Schattenfuge an der Fassade herausgestellt, gleichzeitig werden die einzelnen Hausentwürfe in relativ kurzen Abschnitten gemischt, so dass kein einzelner Entwurf straßenbeherrschend wirkt. Das mit 3,50 m ungewöhnlich hohe Erdgeschoss erzeugt eine dem historischen Vorbild vergleichbare Straßenproportion: Autos wirken kleiner, weil große Teile des Erdgeschosses trotz der im Straßenraum liegenden Stellplätze nicht durch das Blech verdeckt werden. Zudem erinnert die hohe Erdgeschossfront an die Offenheit historischer Architektur, auch wenn sich teilweise hinter der Öffnung nur die Einfahrt sowie ein Abstellraum verbergen. Angesichts der geringen Achsbreite von 4,20 m weisen die Patiohäuser jedoch gravierende Nachteile auf: Die räumliche Spannung mit vielfältigen Blickbeziehungen innerhalb der verschiedenen Bereiche des Hauses wird erkauft mit einer geringen Nutzungsflexibilität sowie einer teilweise schwierigen Belichtung. Ideal ist die tiefe Hausscheibe allenfalls für den modernen flexiblen Zweipersonenhaushalt des „Stadtnomaden“ mit seinen, wie Adriaan Geuze sagt, ständig wechselnden Persönlichkeiten und Rollen: mit einem teilweise separat erschlossenen Arbeitsbereich an der Straße – gleichsam Auge und Ohr des Hauses -, mit einem um den Patio organisierten privaten Wohn- und Essbereich auf der Beletage sowie einem Studio-Schlafzimmer mit Dachterrasse im obersten Geschoß. Städtebaulicher Entwurf: West 8 in Zusammenarbeit mit dRO (Stadtplanungsamt Amsterdam) Gestaltung öffentlicher Raum: dRO (W. Hendriks, J. Brouwer) Planung: 1993 Programm: dRO 2.152 Wohnungen, ca. 5.000 qm Gewerbefläche, 2.625 qm Gemeinbedarfseinrichtungen Ausführende Architekten: Kees Christiaanse, Claus en Kaan, Neutelings Riedijk Architecten, Köther & Salman, M3H, José Luis Mateo, Enric Miralles, OMA, Rempt van der Donk, Van Sambeek & Van Veen, Rudy Uytenhaak, Ruth Visser, Zeinstra Van der Pol, u.a. Architekten „freie Grundstücke“: Inbo, Ruimtelab, MVRDV, Tekton Architekten, Höhne & Rapp, de Architectengroep, Faro, CASA Architecten, Herren 5, Koen van Velsen, Gunnar Daan, Kwau, Klingma Roorda architecten, u.a. 46 Java- and KNSM- Eiland DIVERSE ARCHITEKTEN, 1991 - 2001 JAVA-EILAND AMSTERDAM, NL Quelle: http://www.amsterdamtourist.nl/ „Inszenierte Architektur - Wohnugsbau jenseits des Standards“, Frank Raith / Lars Hertelt / Rob van Gool, DVA Masterplan: Soeters Van Eldonk Ponec Architecten Planung: 1991-1993 Realisierung: bis 2001 Programm: ca. 1.300 Wohnungen Gestaltung öffentliche Räume: dRO (Jan Stigter, Ton Schaap) mit IBA (Y. Feddes, F. Lewis) Grachtenbrücken: Rombouts & Droste mit Quist Wintermans Architekten Ausführende Architekten: Jo Crepain, Cruz & Ortis, Kees Christiaanse, Soeters van Eldonk, Geurst & Schulze, Rudy Uytenhaak, Karelse van der Meer, Zeinstra Van der Pol, u.a. Grachtenbebauung: Art Zaaijer, Martine de Maeseneer, Marlies Rohmer, René van Zuuk, D. Ponec, J. van Eldonk, J. Bosch, Bjarne Mastenbroek, A. Steketee, Dick van Gameren, A. Marx, B. Galis, R. Onsia, u.a. Sorgfältig werden verschiedene Maßstäbe inszeniert: Von außen erscheint die in den großen Wasserflächen der IJ liegende Halbinsel als homogen bebauter Superblock, auf der Landzunge selbst jedoch vermittelt die abwechslungsreich parzellierte Blockrandbebauung eine durchaus städtische Atmosphäre. Entlang der vier schmalen Quergrachten, die neu durch die Landzunge gegraben wurden, ist das Straßenniveau abgesenkt, so dass im Zusammenspiel mit den verspielten kleinteiligen Grachtenhäusern ein geradezu intimer Maßstab entsteht. Gleichzeitig verleihen die Grachten der an sich langweiligen Binnenlage eine besondere Qualität: Schließlich verbindet sich hier der Komfort eines Neubauquartiers mit dem Charme des berühmten Amsterdamer Grachtengürtels. Insbesondere die vom Durchgangsverkehr befreite Südseite wird als großzügige Kaianlage inszeniert, deren urbane Robustheit nicht zuletzt durch die selbstverständliche Integration der Stellplätze vor den Gebäuden verstärkt wird. Während die Erschließung schleifenförmig in einzelne Abschnitte getrennt bleibt, steht dem flanierenden Fußgänger ein durchgehender, durch die witzigen Brücken des belgischen Designerpaars Rombouts & Droste abwechslungsreich gestalteter Weg entlang des Ufers zur Verfügung. Java präsentiert sich hier als kleinteiliges, von Grachten durchschnittenes Archipel voll verspielter Brückchen und ungewöhnlicher, wenn nicht offen exaltierter Grachtenhäuser. Dennoch bleibt die Bebauung auf Java immer auch eine klassisch modernistische Wohnanlage. Die Parzellierung der Blockränder wird durch gemeinsame Grün- und Parkierungsanlagen unterlaufen. Die Blockinnenbereiche bleiben öffentlich und werden durch einen durchgehenden Fuß- und Radweg verbunden. Die Gebäude halten sich sklavisch an das einheitlich vorgegebene Bauvolumen. Die Parzelle tritt nicht als strukturierendes Element in Erscheinung, sondern ist lediglich Maßstabsbildner für das Straßenbild. Da alle Häuser zudem auf einem einheitlich durchlaufenden Sockel stehen, hinter dem sich die halbversenkte Tiefgarage verbirgt, fühlt man sich unweigerlich an ein unterschiedlich drapiertes Großobjekt erinnert. Linear Block And Closed City Block DIENER & DIENER, 2001 JAVA EILAND AMSTERDAM, NL Quelle: “Idensity - New Collective Houses” a+t The proposal for two apartment buildings in the transitional area formed by the two strips of land known as KNSM and Java refers to the Y-shaped island as part of the historical harbour area of Amsterdam. The existing old buildings of the shipping companies all face outwards, towards the quay. Towards the inside, they remain separate and unconnected. The two planned buildings are designed to place these disparate parts in relation to each other. Together, they form a composition of parts that maintains a somewhat unstable equilibrium. The relationship to warehouse refers to the internal context that the projected buildings create in conjunction with the old port buildings. Above and beyond the spatial plan, these links between similar building plans and structures and, ultimately, between the bricks connect and distinguish the old and new buildings. Section through the courtyard First floor plan Third floor plan 48 The Whale (“Der Wal”) DE ARCHITEKTE CIE., FRITS VAN DONGEN, 1995 - 2001 BORNEO SPORENBURG AMSTERDAM, NL Quelle: De Architekten Cie., „Inszenierte Architektur - Wohnugsbau jenseits des Standards“, Frank Raith / Lars Hertelt / Rob van Gool, DVA, “Idensity - New Collective Houses” a+t Der Wal ist eines der drei als „Meteoriten’“ bezeichneten Großobjekte, die das Meer der dreigeschossigen Patioreihenhäuser auf Borneo Sporenburg strukturieren und für eine weithin sichtbare Silhouette sorgen. Der expressive Umriss sowie die einheitliche Blechverkleidung der Wände verleihen dem Wal eine dynamische Ausstrahlung, die den Maßstabssprung gebührend in Szene setzt. Die Schmalseiten des enormen Gebäudes sind hochgebogen und ermöglichen einen Blick längs durch den Innenhof, der so trotz der großen Höhe der Seiten überraschend und freundlich wirkt. Programm: 214 Wohnungen Hoop, Liefde en Fortuin RUDY UYTENHAAK, 2002 BORNEOLAAN AMSTERDAM, NL Quelle: http://www.amsterdamtourist.nl/ Rietlanden Hoop, Liefde en Fortuin ist Teil der Rietlanden. Das Viertel Rietlanden ist ein Drehpunkt zwischen der Innenstadt und dem Östlichen Hafengebiet. In den Rietlanden finden Sie die wichtigsten Einkaufs- und Freizeiteinrichtungen sowie Grünflächen des Östlichen Hafengebiets. An der Nordseite der Rietlanden sehen Sie sofort die Konturen des markanten ‘Hoop, Liefde en Fortuin’ (‚Hoffnung, Liebe und Glück’). Der Komplex wurde vom Architekten Rudy Uytenhaak entworfen. Drei Mühlen Der Wohnkomplex Hoop, Liefde en Fortuin wurde 2002 fertiggestellt. Hoop, Liefde en Fortuin wurde so genannt nach den drei Mühlen, die früher in diesem Gebiet gestanden haben. Das Gebäude hat an der Nordseite eine schräg ansteigende monumentale Fassade. Die Fassade dominiert dank ihrer Form schon von Weitem das Bild dieses Viertels. Hinter der Fassade versteckt sich ein Wohnkomplex mit Stadtwohnungen, Appartements und Seniorenwohnungen. Das Gebäude besteht aus sich überschneidenden Flächen, die mit verschiedenen Materialien verkleidet sind. Der Entwurf des Architekten wurde mit dem Zuiderkerkpreis des Städtischen Wohnungsamts Amsterdam ausgezeichnet. 50 Silodam MVRDV, 2002 WESTERDOKSDIJK AMSTERDAM, NL Quelle: “Architectuur In Nederland, Jaarbook 2006/07” NAI Uitgevers Residential building on the IJ The Silodam near Oude Houthaven is a longitudinal dike which was constructed in the late nineteenth century in order to build the grain warehouse Korthals Altes on it. The residential building, which was completed in 2002, at the end of this dam is also called ‘Silodam’. It is a sturdy, brightly coloured building. The piles on which the building rests refer to the fact that Amsterdam is built on piles. Underneath the building, between the piles, is space for jetties where residents can moor their boats. The building has a public panorama balcony above the IJ, beneath which is space for a ‚grand café‘. Plans for a communal barbecue terrace and a crèche in the building were scrapped for financial reasons. The nine-storey building gives the impression that it consists of four vertical sections which have as it were been stuck together. It contains 160 dwellings and a wide variety of dwelling types. Some dwellings extend over one, one and a half or two floors and have different heights. One type of dwelling is compact, another is wide and shallow, while other dwellings meander over the entire depth of the block. The dwellings are grouped according to type around a communal internal access space. The walls and floors of these spaces have a different colour in each block. Each cluster of dwellings has its own expression on the exterior too, because each type has a different facade cladding and a different window arrangement. Amsterdam - Zahlen und Fakten Einwohner von Amsterdam: 743.027 Einwohner von Groß-Amsterdam: 1.514.050 Nationalitäten: 173 Bürgermeister: 1 Fahrräder: 600.000 Bäume: 220.000 Blumenzwiebeln in Parks und Grünanlagen: 600.000 Parks: 28 Straßenbahnen: 232 Fähren: 9 Märkte: 21 Blumenmarkt: 1 Geschäfte: 6.179 Antiquitätengeschäfte: 165 Diamantschleifereien: 24 Grachten: 165 Brücken: 1.281 Hölzerne Zugbrücken: 8 Magere Brücke: 1 Rundfahrtboote, inklusive Salonboote: 110 Tretboote: 120 Hausboote: 2.500 Häuser und Gebäude aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert: 6.800 Historische Giebelsteine: 654 Königlicher Palast: 1 Standbilder und Skulpturen an öffentlichen Stellen: 302 Windmühlen: 6 Museen: 51 Galerien: 141 Gemälde von Rembrandt: 22 Nachtwache: 1 Gemälde von Van Gogh: 206 Wachsfiguren bei Madame Tussauds: 140 Tiere in Artis: 6.100 Drehorgeln: 4 Glockenspiele: 9 Historische Kirchenorgeln: 42 Konzerte und Theatervorstellungen pro Jahr: 16.000 Konzerte und Theatervorstellungen pro Tag: 40 Theater und Konzertsäle: 55 Köningliches Concertgebouworchester: 1 Musiktheater: 1 Kinosäle: 61 Kneipen und Bars: 1.215 Diskotheken: 36 Restaurants: 1.250 Hotelbetten: 37.763 Campingplätze: 5 Übernachtungen von ausländischen Gästen pro Jahr: 7.037.000 52 De Architekten Cie. VORTRAG VON FRITS VAN DONGEN :”W + H + U = HOLLAND” ÜBER DIE ENTWICKLUNG DES NIEDERLÄNDISCHEN BAUSEKTORS de Architekten Cie. Is an internationally active architecture firm with four partners: Pi de Bruijn, Frits van Dongen, Branimir Medić and Pero Puljiz. Cie. is based in Amsterdam, with subsidiaries in Zagreb, Croatia, and Shanghai, China, as well as active representation in Trieste, Italy. The firm’s sphere of activity includes urban planning, architecture, interiors, research and spatial development. The distinguishing features of Cie. are the consistently high quality of its work and optimal process management. As a bureau of considerable size, Cie. is specialized in complex and long-term projects. For large-scale urban development projects, Cie. is often involved in the role of process manager or supervisor. Besides urban expansion areas and inner-city transformations, an appreciable portion of the firm’s work involves the design of buildings and interiors. No matter what the project, the strength of Cie. lies in its versatility and experience at all stages of the design and construction process, from preparatory research to design and execution. In 2006, the name de Architekten Cie. was shortened to Cie.: Creativity, Innovation, Experience. de Architekten Cie. Keizersgracht 126 Postbus 576 | P.O.Box 576 NL – 1000 AN Amsterdam The Netherlands T +31 (0) 20 5309 300 F +31 (0) 20 5209 399 E [email protected] www.cie.nl Frits van Dongen Frits van Dongen completed his studies in Architecture at the Delft University of Technology in 1980. From then on he worked on a series of stirring experimental design studies and publications with Kas Oosterhuis. For his first commission, the Natal residential complex in Rotterdam, he established his own bureau in 1985: Van Dongen Architekten in Delft. In 1988, along with Carel Weeber, Pi de Bruijn and Jan Dirk Peereboom Voller, he was a co-founder of de Architekten Cie., in which he has been a partner ever since. Large-scale complexes, such as De Landtong at Kop van Zuid in Rotterdam’s former harbour area and The Whale, an iconic residential complex in Amsterdam’s former harbour district, are exemplary for his impressive oeuvre of housing complexes. Other examples of his work include the Cap Gemini headquarters in Utrecht and the mixed-use Spazio development in Zoetermeer. As an urban planner and supervisor, Frits van Dongen was involved with developing IJburg, an urban expansion in Amsterdam, and an urban expansion of Bolzano, Italy. The diversity and high quality of this work, as well as his designs for De Harmonie theatre Leeuwarden, multiplex cinema Pathé ArenA and Heineken Music Hall, Amsterdam and concert hall Philharmonie, Haarlem earned him the oeuvre award, the Kubus of the Royal Institute of Dutch Architects (BNA) in 2006. Frits van Dongen was a guest professor at the Universitat Internacional de Catalunya, Barcelona and gives lectures at universities and academies of architecture throughout the world. Medewerkers/employees: 100 ontwerpers/designers: 30 projectleiders/ project managers: 8 tekenaars/draughtsmen: 22 bestek en begroting/ budgeting and specifications: 2 onderzoek & ontwikkeling/ research and development: 5 bureaumanagement/ office management: 3 financiële administratie/ financial administration: 2 ICT/ICT: 3 secretariaat/ secretarial relations: 5 public relations/ public relations: 5 stagiairs/trainess: 15 nationaliteiten/nationalities: 21 gemiddelde leeftijd/ average age: 34,1 jaar opleiding/education: universitair/academic: 35 % HBO/higher intermediate: 60 % MBO/intermediate: 5% 19 jaar Cie. projecten/ 19 years Cie. in projects: 575 kantoorgebouwen/ offices: 40 % openbare gebouwen/ public buildings: 35 % woongebouwen/ residential buildings: 15 % stedenbouw/ urban planning: 10 % 54 Tag 03 Samstag 22.09.07 29.09.07 07.30 Uhr 08.30 Uhr 09.30 Uhr Frühstück Aufbruch nach Ypenburg, Den Haag Besichtigung neue Siedlung Ypenburg Ypenburgse Boslaan, Ypenburg, Den Haag 11.00 Uhr 11.30 Uhr Weiterfahrt nach Rotterdam Besichtigung Kop van Zuid Süd Wilhelminapier, Rotterdam 12.15 Uhr Treffen im Restaurant „Odysee“ zum Mittagessen Antoine Platekade 1017-1021, 3072 ME Rotterdam 13.30 Uhr Besichtigung Kop van Zuid Nord Zuidkade, Rotterdam 15.30 Uhr 16.30 Uhr Weiterfahrt nach Breda Besichtigung des Chassé Terrain (versch. Architekten - OMA, Hertzberger, Kohlhoff, EEA, West 8, u.a.) 22.09.07: Führung durch Herrn Hans Thoolen (Projektleiter Chassé Park), Treffpunkt am Golden Tulip Hotel Keyser, Keizerstraat 5 29.09.07: Offizielle Einweihung Chassé Park mit diversen Besichtigungsmöglichkeiten Claudius Prinsenlaan 8, Breda 17.30 Uhr 18.30 Uhr Rückfahrt nach Den Haag Einchecken Parkhotel Den Haag Molenstraat 53, BJ Den Haag 19.30 Uhr 20.00 Uhr Weiterfahrt nach Den Haag/Scheveningen per Tram Abendessen im Kursaal Restaurant Steigenberger Kurhaus Hotel in Scheveningen Gevers Deynootplein 30, 2508 GR Den Haag/Scheveningen Rückfahrt zum Hotel per Tram 56 Ypenburg - Urban Plan FRITS PALMBOOM & VAN DEN BOUT, 1995 - YPENBURG DELFT - DEN HAAG, NL Quelle: “Idensity - New Collective Houses” a+t Ypenburg is located between Delft and The Hague and consists of five sectors: Singels, Waterwijk, Boswijk, De Venen and De Bras. Each of these has its own identity: canals, water, woods, reservoir, dock. The urban plan was developed under supervision of Frits Palmboom. The total surface area is 340 hectares. There are 11,937 dwellings. The total density: 35 dwellings per hectare. Average size of each dwelling: 150 m². SUBPLAN 1 (picture left above) The structuring principle of the plan is a hierarchical system of public spaces: a canal, an urban avenue with a paved central reservation, wide tree-lined roads, residential streets and public gardens. In order to transcend the scale of the individual dwelling and the row of houses, large residential complexes were introduced. Three of them were situated along the south edge of the plan area, in a coherent composition of a six-storeyed residential block, terraced houses, patio houses around an interior courtyard and townhouses constituting street elevation. SUBPLAN 2 (picture left in the middle) The main intention of the design is to create a new housing neighbourhood that is strongly connected to its surroundings. Thus, unlike most parts of Ypenburg, it does not become an isolated fragment of housing. SUBPLAN 6 (see pages 58 - 61, „De Binnensingel“) The main structure is formed by a system of long avenues and broad boulevards. The plan contains 481 low-rise dwellings and 152 apartments in various price categories, a school and a sports centre. Three special places are voids in the web: a park in the north, a public garden with an intimate atmosphere and the boulevard. Each dwelling is situated on one of these public spaces or on a street that leads to one of them. The three public spaces have their own identity, which is illustrated by a specific open space development. SUBPLAN 10 (picture left below) Within the Ypenburg housing area, Waterwijk takes up a special position. Compared to other plans in this region Waterwijk strives to have the most watery environment. The housing area is proposed as an archipelago of inhabited islands. In accordance with the basic assumptions of the urban development, the working possibilities of the archipelago are increased by using as many different interpretations of the islands as possible. This diversity is initiated by the choice of as many different living environments as possible for each group of islands: patio houses, garden houses, houses around a court, apartments and reed houses. The vaiations of the houses on each island are amplified by the choice of different green facilities, different ecological measures, different lighting, different pavement and different material and colours for the roofs and facades. 58 De Binnen Singel in Ypenburg WEST 8, DIENER & DIENER, KARELSE VAN DER MEER, DE ARCHITEKTEN CIE., TOPOS, 2006 DE BINNENSINGEL, YPENBURG DELFT - DEN HAAG, NL Quelle: Baumeister 07/2003 Diese Seite: Einer der Haustypen von de Architecten Cie., Entwurf: Frits van Dongen. Bei den meisten Häusern fällt das Pultdach einheitlich zum Garten ab. Dadurch wird nicht nur das Obergeschoss überhöht, so dass im Inneren ein angenehm großzügiger Raumeindruck entsteht, sondern auch die Straßenfassade wirkt stattlich-städtisch. Die neue Stadt Ypenburg auf dem ehemaligen Militärfluggelände im Gebiet Den Haag / Rijswiijk / Delft macht auf Anhieb deutlich, dass anders als bei den in der BRD zur Genüge bekannten Stadt- und Bausparkassen-Neubaugebieten Nutzerwünsche durchaus interpretations- und auslegungsfähig sind. Und dass herausragende Architektur auch für diese Bedürfnisse zu realisieren ist. Geplant für 30.000 Einwohner und mit einer den niederländischen Eigentumsverhältnissen adäquaten Verteilung von 70 Prozent Eigentum und 30 Prozent Miete werden innerhalb des weiten Umgehungsringes sämtliche städtischen Infrastrukturen zur Verfügung gestellt mit Ausnahme von Gewerbe- und Industrieansiedlungen. Diese sind außerhalb teils traditionell, teils neu entstanden. Daneben runden bestehende und verdichtete Wohngebiete wie Boswijk (Waldviertel) südlich der Autobahn A4 und noch nicht entwickelte Anschlussflächen das Umfeld ab. Die Szenerie innerhalb des Rings von Ypenburg weckt beim vorbeifahrenden Betrachter Neugier: Man ist gespannt auf die ablesbare differenzierte Struktur der permanenten Reihung und auf die szenische Wiederholung kleinteiliger Wohnbebauung. Der Kernbereich folgt dem Muster der Ringgrabenstruktur, sowohl mit einem wasserführenden Grabensystem als auch mit seinen Marginalen; sinnbildlich lässt sich die Beschreibung auch auf die Bauweise der geschlossenen Blockstrukturen übertragen. Mit einer äußeren Umgehungsstraße versucht Ypenburg das Modell der Verkehrsberuhigung auf das gesamte Stadtgebiet auszudehnen; dementsprechend sind die Zufahrten auf ein Minimum reduziert. Hat man mit viel Glück eine der wenigen Öffnungen ins Innere von Ypenburg gefunden, beginnt sogleich eine für deutsche Autofahrer verblüffende Erfahrung: Der konsequente Einbau mehr oder weniger regelmäßiger, vom Pflasterbelag homogen überzogener Schwellen auf den beengten Straßen lässt keinerlei Neigung aufkommen, die innerstädtisch zulässige Höchstgeschwindigkeit auszunutzen. Spontan und widerspruchslos akzeptiert jeder die kinderfreundliche und lärmarme Geschwindigkeit, die den Raser auf Kutschentempo drosselt und die wenigen aufgestellten 30 km-Schilder bald gänzlich überflüssig machen wird. Das stringente Einhalten dieses Prinzips lässt besonders deutlich werden, dass quer gestellte Blumenkübel, Stadtmobiliar und Starenkästen nur halbherzige Versuche sind, die ADAC-hörige Nation in die Fahrschranken zu weisen. Masterplan der Stadtplaner und Landschaftsarchitekten West 8 für das Ypenburger Teilgebiet 6, „BinnenSingel“. Vier Architekturbüros sorgen mit leicht variierenden Gebäuden dafür, dass die Straßenzeilen wie „gewachsen“ aussehen: 1 Kanal 2 Allee 3 Schule 4 Park 5 Sporthalle und Park Die niederländische Reihung Durchstreift man derart gebremst eines der Siedlungsgebiete im Kern, überrascht die vielfältige Mischung des simplen Prinzips Reihenhaus. Geradezu als sinnbildliche Übertragung aller bekannten Muster der europäischen Gemeinschaft und mit dem integrativen Anspruch gegenüber einer multikulturellen Gesellschaft ist ein weit gefächertes Variationsspektrum realisiert. Es bleibt klar ablesbar, dass hier weder an Bestehendes angeknüpft noch ein historischer Aufguss versucht wird. Alles ist seit 1996 neu gebaut worden. Und dennoch kommt das Gefühl auf, diese oder jene Addition in abgewandelter Form schon einmal bei Streifzügen durch Europa gesehen zu haben. Die assoziative Vielfalt im Erscheinungsbild hat ihren Ursprung in der Material- und Formensprache, die zeilen- oder auch blockweise einheitlich gehalten ist. Festlegungen wie Geschosszahl und Dachformen sind in den Blöcken und Zeilen beibehalten; aber Geschoss- oder Traufhöhen, Erker- oder Gaubenformen, Öffnungsformate und Verblendmaterialien sind von Haus zu Haus geringfügig Wandlungen unterworfen, um der Gefahr der Eintönigkeit vorzubeugen. Das östlich des zukünftigen Zentrums von Ypenburg im Bau befindliche Teilgebiet „de BinnenSingel“ auf der Basis des Masterplans von West 8 stellt auch für Ypenburg eine Besonderheit und Weiterentwicklung des Modells „Reihung“ dar. Mit einem streng festgelegten Formen- und Modulationskanon werden neben den schwerpunktmäßig errichteten Zeilen der zwei- und dreigeschossigen Einfamilienhäuser auch eine integrierte innerstädtische Verdichtung mit bis zu 16-geschossigen Punkthäusern gebaut. Die vier für die bauliche Umsetzung verantwortlichen Architektenteams Diener & Diener, de Architecten Cie., Karelse Van der Meer und Topos bauen selten mehr als zwei gleiche Typen nebeneinander. Der beständige, aber geringfügige Wechsel führt zu einer Lebendigkeit, die ein natürliches kontinuierliches Entstehen der Zeilen suggeriert, was aber nicht gegeben ist: Jeweils ganze Zeilen werden nach einem festen Baukastenprinzip hochgezogen. Mit nur schmalen Vorgärten an die verkehrsberuhigten Zugangsstra- Die Atmosphäre des Städtischen entsteht hier auch durch repräsentative Straßen- und Platzräume mit viel Grün, die sich mit schmalen Gassen ohne einen einzigen Baum abwechseln. Unten: Haustyp von Diener & Diener, Basel. Die Autos parken hier wie überall im rückwärtigen Grundstücksteil. Eine Gasse im Blockinneren bildet die zweite Erschließung. 60 Die abwechslungsreiche Höhenentwicklung der Straßenfassaden bezieht sich auf historische belgische Vorbilder wie Brüssel oder Oostende. Immer wieder unterbrechen punktuell mehrgeschossige Apartmenthäuser die Reihen wie hier Häuser am Park (Bild rechts). Die Kunst der Mischung von insgesamt 639 Gebäuden bestand darin, trotz der Abwechslung ein stimmiges Gesamtbild zu erhalten. Daher werden gelegentlich kleine Gruppen gleicher Häuser zusammengefasst Unten: Ein dreigeschossiger Haustyp von Karelse Van der Meer ßen angeschlossen, haben die jetzt realisierten Zeilen rückwärtige Wirtschaftswege, die den Block durchziehen und so den ruhenden Verkehr in die Carports ans Grundstücksende führen. In Verbindung mit einem Gartenhaus sind damit auch alle Verkehrsmittel der Kinder und das Sommermobiliar untergebracht. Rationell bauen Durch den konsequenten Verzicht auf die Unterkellerung ist sicherlich ein ganz wesentlicher Einsparungsfaktor gegeben. Die auf die konventionelle Gründung aufgesetzte Konstruktion der Häuser weckt in ihrem Grad an Vorfertigung Anklänge an das viel diskutierte sogenannte industriell Bauen ohne jedoch an das Ergebnis „Platte“ anzuknüpfen. Duo-Wände und Filigranplatten werden mit hohem Präzisionsgrad und vorbereiteten Installationsführungen gefertigt und vor Ort verbaut; Deckenfugen sind in der Regel so präzise, dass sie nahezu ohne weitere Behandlung belassen und lediglich zusammen mit der Decke überstrichen werden. Alle Öffnungsabschlüsse der Fassaden, Türen, Fenster, geschosshohe Fenstertüren mit integrierten Lüftungsflügeln und so fort, sind ebenfalls vollständig bis hin zu den umlaufenden bauphysikalischen Anschlussfolien und der Verglasung vorgefertigt und eingesetzt. Großformatige, geklebte, nicht tragende Innenwände hat man aufgestellt und verspachtelt. Nach Estrich- und Fliesenbesatz ist der wesentliche Ausbau abge- Linke Seite: Bodendetail links: Halle der neuen Kirche unten: Ostseite der neuen Kirche schlossen. Offene Treppenkonstruktionen mit niederländischem Steigungsmaß verbinden die Ebenen entweder in winzigen Treppenräumen oder sind als begehbare Skulpturen frei in den Raum gestellt – wie etwa die Wendeltreppen bei Diener & Diener. Konventionell ist das Verblendungsmauerwerk der Fassaden, das beispielsweise bei den Apartmenthäusern nach dem Einsetzen der Öffnungselemente sofort geschossweise mit hochgezogen wird. Die offenen Raumstrukturen haben eindeutig städtischen Charakter. Die Architektur ist ebenso resistent gegenüber der verschnörkelten Nostalgiewelle wie der unterkühlten Moderne. Gleichsam als würde die Architektur neutralisierend, integrierend wirken. Und sie verträgt den individuellen Ausbau im Vorgarten- und Terrassenbereich ohne Qualitätsverlust. Hier entsteht zweifellos eines der interessantesten Wohnungsbaumodelle in formaler, gestalterischer als auch in städtebaulicher Hinsicht. Auch der Verdacht nach niederländischer Billigbauweise, mit der vermeintlich bundesrepublikanische bauaufsichtliche Anforderungen unterschritten werden, lässt sich keineswegs belegen. Hier sind ganz einfach Strukturen des Immobilienmarkts in das Regelwerk einer ganzheitlichen städtebaulichen Planung integriert. Qualitative Anforderungen werden nicht gegen entsprechende Bezahlung und nach individuellem Geldbeutel im Einzelfall erfüllt. Im Rahmen eines überzeugenden Gesamtkonzepts, das ökonomische Zwänge berücksichtigt, sind sie zeilen- und blockweise als durchgängiges Leitmotiv erkennbar. Foto oben und Zeichnung unten: Haustyp von Topos Architecten, Projektleiterin Judith Barth. 62 De Grote Hof, Ypenburg RAPP+RAPP, 1997 - 2007 ZONNENHOF 1-246, NOOTDORP YPENBURG, NL Quelle: “Architectuur In Nederland, Jaarbook 2006/07” NAI Uitgevers In Ypenburg, a patchwork urban extension not far from The Hague, the enclave known as ‘de Venen’ is taking on a very distinctive character. The new houses have been conceived as large courts amongst the existing ribbon development. Focused on the interior, surrounded by a ‘moat’, completely introvert, this housing scheme would appear to be everything that real estate agents insist that the average home buyer doesn’t want – there is no parking in front of the house, most outdoor areas are communal, individual houses are indistinguishable from their neighbours. Or is this perhaps the new, safe neighbourhood spirit with its own identity set in stone? Four smaller courts, each with their own communal area, surround a large court that has been raised so that all the cars can be swept underneath. The development is based on a tight, 2.6 metre grid. The facades have been designed with subtle differences in composition and brick colour. The infilling of the grid differs from court to court: narrow French balconies with strip steel fences, large areas of glass with outward opening sections and wide ribbon windows with brick apron walls. Different types of dwellings have been brought together here – terrace houses, back-to-back houses and apartments. The typological differences do not extend to an increase in diversity and individuality; they simply make it possible to construct the complicated geometrical figure of the five linked courts and to keep it all clear-cut. Together with chic materials like natural stone, ceramic tiles and genuine fired and hence expensive brick, an incredibly powerful and grand image has been achieved here with affordable dwellings as building blocks. L-shaped Block MACCREANOR LAVINGTON, 1998 SINGELS. SUBPLAN 1 YPENBURG, NL Quelle: “Idensity - New Collective Houses” a+t Complex spatial arrangements are deliberately avoided with the interiors of the dwelling having simple rooms with large windows and a traditional internal layout. The houses do not describe or dictate a way of living by introducing new typologies but allow through their straightforward arrangements a less defined, less controlled use. The project is developed through the section which enhances the distinction between the public and private realm. It presents tall facades to the streets and public green space and shorter facades to the more intimate interior. First floor plan Ground floor plan 64 Folded Row Housing DE ARCHITECTENGROEP DICK VAN GAMEREN, 2000 SINGELS. SUBPLAN 2 YPENBURG, NL Quelle: “Idensity - New Collective Houses” a+t The building blocks integrate with the neighbouring areas to the east by continuing its orthogonal pattern of roads and blocks. As the new housing blocks move toward the park area on the western side, they start to fold open towards the green space. This folding enables a large proportion of the houses to have a view of the open space, and at the same time allows the greenery to intrude into the housing area. Attached Housing BOSCH ARCHITECTS, 2003 Waterhoeve 1 YPENBURG, NL Quelle: “Idensity - New Collective Houses” a+t The design consolidates houses into ensembles situated around a courtyard. From the outside the blocks of houses look like one big house. These houses, nine in total, are situated on three longitudinal embankments surrounded by water. The houses are of different dimension, which cause an alternating pattern of houses with open spaces in between, where cars can be parked. The parking squares, quays and houses are made of the same material, reddish brown brick. The courtyard forms a common space where the entrances of the houses open onto. The courtyard gets optimal sunlight due to the shape of the roof. In contrast with the bricks on the outside soft materials dominate the courtyards. The ground level consists of different kinds of (artificial) grass. The windows frame the interiors of the houses of which the facades are overgrown with ivy. 66 Manhattan an der Maas Metamorphose des Rotterdamer Stadtquartiers Kop van Zuid ROTTERDAM, NL Quelle: Neue Zürcher Zeitung, NZZ Online (...) Die Gegensätze zwischen Amsterdam und Rotterdam sind seit dem Zweiten Weltkrieg deutlich stärker geworden: Während sich die pittoreske, historisch gewachsene Innenstadt von Amsterdam nach wie vor durch eine homogene Höhe auszeichnet, erinnern in Rotterdam nur noch wenige Straßenzüge und Einzelbauten an die Zeit vor 1940, als deutsche Bomben die Stadt weitgehend zerstörten. Nach dem Krieg wurde die Maas- Metropole fast vollständig in neuen Formen wiederaufgebaut. Sie bietet heute fast das Bild einer amerikanischen Stadt. Musterstadt der Moderne Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein hatte sich die Bebauung Rotterdams noch ausschließlich auf die Bereiche nördlich der Maas erstreckt. Erst als die Hafenbecken nach und nach zum südlichen Ufer hin verlegt wurden, begann sich die Stadt zunehmend auch hierhin auszubreiten. Im Verlauf von nur 25 Jahren wurden mehr als 120 Hektar Agrarland zum Hafengebiet umgewandelt. Die stetig ansteigende Einwohnerzahl - die Bevölkerung Rotterdams wuchs um 1900 jährlich um rund 10 000 Menschen - führte seit 1916 zum Bau zahlreicher öffentlicher Wohnkomplexe, darunter bedeutende Projekte von Michiel Brinkman und dem damals neu eingesetzten Stadtarchitekten Jacobus J. Oud, der zwischen 1919 und 1930 Siedlungen in den Stadtteilen Spangen, Tusschendijken und Kiefhoek schuf. In der Folge entwickelte sich Rotterdam zu einer regelrechten Musterstadt der Moderne. Aus der gleichen Zeit stammt auch die im Nordwesten Rotterdams gelegene Van-Nelle-Fabrik von Brinkman & Van der Vlugt (1925-31), die noch heute als Ikone des Neuen Bauens gefeiert wird. Nach dem deutschen Angriff im Mai 1940 blieben nur noch wenige innerstädtische Gebäude erhalten, darunter das Rathaus von 1920, das Postamt von 1923 und die gerade erst fertig gestellte Rotterdamer Börse. Statt eines Wiederaufbaus entschied man sich in Rotterdam jedoch konsequent für einen großflächigen Neuaufbau. (...) Im Auftrag der Stadt Rotterdam entwickelte Teun Koolhaas, der Neffe von Rem Koolhaas, 1987 einen städtebaulichen Plan, der durch die Londoner Docklands inspiriert - eine für die damalige Zeit neuartige Metamorphose des heruntergekommenen Hafengebietes vorsah. Ausgangspunkt des Konzepts war eine neue Verbindung zum Festland, die den zuvor durch die Maas abgeschnittenen Süden Rotterdams an das Zentrum anschließen und die infrastrukturelle Voraussetzung für den Bau von 5300 Sozial- und Eigentumswohnungen, 380 000 Quadratmetern Bürofläche sowie Läden, Restaurants, Sport- und Freizeiteinrichtungen bilden sollte. Der Plan zeigt sich ähnlich rigoros, wie die Planungen zum Wiederaufbau der Stadt nach dem Weltkrieg: Auch bei der Neuordnung des ehemaligen Hafenquartiers Kop van Zuid sollten nur wenige der historischen Bauten erhalten bleiben. Die Anbindung an die Innenstadt wurde 1996 durch die Eröffnung der atemberaubenden, deutlich an Arbeiten von Santiago Calatrava orientierten Erasmus-Brücke von Ben van Berkel erreicht - ein regelrechter «Quantensprung über die Maas», wie die Rotterdamer meinen. Seitdem wandelt sich die Maas-Halbinsel vom ehemaligen Industriegebiet zu einem nur noch wenige Minuten von der Innenstadt entfernten Quartier mit Wohn- und Dienstleistungsflächen. Um die architektonische Qualität der Neubauten zu sichern, werden die eingereichten Pläne der vorgesehenen Neubauten regelmäßig durch die Mitglieder eines von der Stadtverwaltung eingesetzten internationalen Ausschusses von Sachverständigen begutachtet. Ihre Aufmerksamkeit gilt dabei insbesondere dem städtebaulichen Zusammenhang der architektonischen Entwürfe. Ohne ein positives Gutachten des Quality Team erteilt die Stadt keine Baugenehmigung. Architektonische Qualitätskontrolle Erster Höhepunkt des neuen Stadtquartiers war die großflächige Wohnbebauung de Landtong von Frits van Dongen (de Architekten Cie, Amsterdam), die fast zeitgleich mit der Erasmus- Brücke fertig gestellt wurde. (...) Im gegenüberliegenden Entrepothaven, einem inzwischen als Jachthafen genutzten Teil des Binnenhavens, wurde hingegen versucht, die besondere Atmosphäre des Ortes zu bewahren. Neben alten Hafenkränen blieb hier auch das für Rotterdamer Verhältnisse schon fast «antike» ehemalige Lagerhaus Der vijf Werelddelen (Die fünf Kontinente) aus dem Jahr 1879 erhalten. In den oberen Geschossen des Backsteingebäudes wurden rund einhundert neue Wohneinheiten eingerichtet, im Erdgeschoss sorgen Restaurants und Läden für Hafenatmosphäre. Weniger gelungen erscheint dagegen die gegenüberliegende Seite des Hafenbeckens, wo vergeblich versucht wurde, mit einer modernen Architektursprache an das Vorbild des alten Lagerhauses anzuknüpfen. XX 68 Mehr Einfühlungsvermögen beweist ein halbkreisförmig angelegter, mit Fassaden aus Holz verkleideter Wohnblock von Cepezed (1994-95), der am nordwestlichen Ende des ehemaligen Lagerhauses einen fließenden Übergang zwischen einem Platz und dem angrenzenden Binnenhaven schafft. Mit seiner Kreisform zitiert das Gebäude überdies geschickt die ebenfalls halbkreisförmigen Enden eines lang gestreckten, annähernd V-förmigen Wohnblocks von Carel Weeber, der südlich des Entrepothavens 549 Wohnungen zur Verfügung stellt. Der Bau sorgt für einen wichtigen städtebaulichen Akzent im östlichen Bereich des Kop van Zuid. Türme und Theater Die Rosestraat weiter abwärts, direkt neben dem Bahnhof Rotterdam-Zuid gelegen, schließt das 1997 durch das Architektenduo Bolles & Wilson aus Münster und das Rotterdamer Büro Kruisheer Elffers fertig gestellte Albeda College den Kop van Zuid nach Süden hin ab. Auf dem dreieckigen Gelände treffen zwei unterschiedlich genutzte dreigeschossige Gebäudeflügel auf spitzem Winkel zusammen und steigen von dort zu einem raffiniert gestalteten, vertikalen Baukörper auf. Die Fassade des imposanten Turms weicht im Erdgeschoss des Gebäudes einige Meter zurück und neigt sich in den oberen Stockwerken weit nach vorn, so dass der Turm fast zu schweben scheint - ein überaus gelungener Bezug zum expressiv geknickten Pylon der Erasmus-Brücke! Vom Albeda College führt der Rundgang wieder nach Norden; vorbei am Hillekop Plein, wo die Delfter Mecanoo-Architekten Ende der achtziger Jahre einen wellenförmig angelegten Wohnkomplex geschaffen haben, und schließlich wieder zurück zur Erasmus-Brücke. Kurz vor der Brücke trifft der Blick auf den wuchtigen Wilhelminahof vom Rotterdamer Büro Kraaijvanger & Urbis (1994-97), der auf insgesamt 15 Geschossen rund 120 000 Quadratmeter Bürofläche bietet. Der in orangerotem Backstein gehaltene Baukörper dient als weithin sichtbare Eingangssituation des neuen Quartiers und stellt den zurzeit noch wichtigsten städtebaulichen Punkt für die Erschließung des Kop van Zuid dar - sein gewaltiges Nordportal wirkt dabei fast wie eine steinerne Kulisse für das ebenfalls von Kraaijvanger & Urbis entworfene Gerichtssaalgebäude sowie für einen halbkreisförmig angelegten Büroturm von Cees Dam. Nach Osten und Süden hin wird der Wilhelminahof in den nächsten Jahren durch einen rund 135 Meter hohen Büroturm sowie durch zwei weitere großflächige Gebäudekomplexe erweitert: auf der Zuidkade 1 sollen in vier Gebäuden Wohn- und Büroflächen von insgesamt 50 000 Quadratmetern entstehen, auf der Zuidkade 2 ist ein Ensemble mit rund 80.000 Quadratmeter Bürofläche geplant. Direkt gegenüber dem Wilhelminahof wurde nach Plänen von Bolles & Wilson das Luxor-Theater errichtet. (...) Das Münsteraner Büro konnte sich mit seinem ungewöhnlichen Entwurf unter anderem gegen einen Vorschlag von Rem Koolhaas durchsetzen. Vom Luxor- Theater sind es nur wenige hundert Meter zum Wilhelminapier, dem historischen Zentrum des Kop van Zuid. Rotterdam spielte eine wichtige Rolle bei der Emigration nach Amerika, seit 1873 stachen vom Wilhelminapier aus Tausende von Passagieren auf Schiffen der späteren Holland-Amerika-Linie (HAL) in See. Zurzeit wird die schmale Landzunge noch durch das prachtvolle, mit Jugendstilmotiven geschmückte Verwaltungsgebäude der HAL bestimmt, das zwischen 1901 und 1920 vom Büro Müller und Van der Tak realisiert wurde. Nach der aufwendigen Restaurierung des Gebäudes mit den zwei kupferfarbenen Türmen hat sich hier 1993 das Hotel New York eingerichtet, das als Geheimtipp unter Rotterdam-Reisenden gilt. Zukunftsprojekte (...) Das ehrgeizige Projekt Kop van Zuid stellt gegenwärtig die zentrale städtebauliche Aufgabe Rotterdams dar. Ein gewaltiger Umbruch - die Betriebsamkeit des einst größten Binnenhafens der Welt weicht Schritt für Schritt der postindustriellen Stadt mit ihren wuchtigen Büro- und Wohnkomplexen. Schnell drängen sich da Vergleiche mit der Umnutzung der ehemaligen Osthäfen in Amsterdam auf, wo auf den erhalten gebliebenen Hafenmolen KNSM, Java, Borneo und Sporenburg demnächst Häuser für insgesamt 20.000 Bewohner fertig gestellt sein werden (NZZ 5. 3. 99) - ein ähnlich gewaltiges Projekt, das jedoch anders als der umgestaltete Kop van Zuid kaum gewerbliche Flächen vorsieht. (...) Robert Uhde 70 Mittagessen im Restaurant „Odyssee“ ANTOINE PLATEKADE 1017-1021, 3072 ME ROTTERDAM 12.15 UHR - 13.30 UHR 72 De Landtong FRITS VAN DONGEN/DE ARCHITEKTEN CIE., 1994 - 1997 DE LANDTONG KOP VAN ZUID, ROTTERDAM, NL Quelle: de Architekten Cie., „Das niederländische Reihenhaus - Serie und Vielfalt“, Rob van Gool / Lars Hertelt / Frank Raith / Leonhard Schenk, DVA bouwsom/costs: € 43.200.000,(excl. btw/ex. V.A.T.) datum opdracht/ date of commission: 1991 bouwjaar/ date of construction: 1994 – 1998 bruto oppervlakte/ gross surface: 100.000 m² inhoud/volume: 275.000 m³ The project ‘de Landtong’ on the ‘Kop van Zuid’, is a 4 hectare new urban development in the old harbour area in the southern reaches of Rotterdam. The sheer magnitude of the project, the contrast between unity and variety in programme and size, and the history and topography of the locality together form a unique framework. It makes the project a ‘city within the city’, a new urban typology within the austere urban master plan. While the classic block is defined by continuous edges, the complex morphology of ‘de Landtong’ is the outcome of a three-dimensional composition of slabs, towers and strips, with form related to programme and orientation. The programmatic requirement of 625 houses made it possible to design houses and apartments of an unprecedented typological abundance. Diversity was also possible in terms of public circulation, private outdoor space and articulation of fenestration. Street façades are generally orthogonal, with occasional punctuation by descending volumes. The gallery block to the east has a combination of lift/double-height gallery/portico access to the housing units. Three terrace blocks then descend southward, to be accessed via double-height central corridors. Lifts access both the apartments with through-lounges, and the patio penthouses to the west which parallel the river Maas. These offer spectacular views towards the city centre. With their spatial, atrium-like composition, the single-family town houses to the south are oriented to the old inland port. In combination with the low eaves of the terrace slabs, these rows form an almost suburban street wall. In contrast, the high north wall forms an urban silhouette with its sculpture of terrace block pinnacles and interjacent turrets. The inner courts of ‘de Landtong’ are grouped according to various themes: a quiescent patio area, an area open to the public, and a large section shaped by an active sports and recreational zone. Differentiation, diversity and variation have been worked through down to the finest detail. A unique brick was developed for the façades. Special attention was paid to integrating the interior and exterior environment for all dwellings, and to the relationship between the smallest unit, the house, and its surrounding areas. The subtle solidity of the whole contrasts with the diversity of the inner and outer spaces, the numerous typologies, and the multiplicity of residents. This is intended to reflect urban nuances, verve and complexity – to make ‘de Landtong’ an integral urban component, a ‘city within a city’. 74 Avenuewohnungen in Kop van Zuid KARELSE VAN DER MEER ARCHITECTEN, GRONINGEN, 1998 - 1999 J. B. BAKEMAKADE U.A. KOP VAN ZUID, ROTTERDAM, NL Quelle: „Das niederländische Reihenhaus - Serie und Vielfalt“, Rob van Gool / Lars Hertelt / Frank Raith / Leonhard Schenk, DVA Die Bebauung der Architekten Karelse Van der Meer in Kop van Zuid, dem umgenutzten alten Hafen in Rotterdam, besteht aus drei U-förmigen Blockbebauungen, zusammengesetzt aus drei verschiedenen Reihenhaustypen. Während die sogenannten Avenuehäuser sich über eine angehobene Vorzone vom öffentlichen Raum distanzieren, arbeitet der am Wasser stehende Reihenhaustyp allein mit einer Anhebung des Erdgeschosses als Zeichen der Privatisierung, ohne allerdings explizit einen Sockel auszubilden. Die viergeschossigen Gebäude stehen parallel zu einem der alten Hafenbecken und sind mit ihren zweigeschossigen weiß gerahmten Eingangselementen auf Fernwirkung zum anderen Ufer angelegt. Die über filigrane Treppenkonstruktionen erreichbaren, holzvertäfelten Eingänge liegen zurückgesetzt in den Hausvolumen und bilden wie selbstverständlich kleine private Eingangsnischen. Das Besondere dieser Reihenhäuser offenbart sich in der Schnittdarstellung Baukosten: 180 000 Gulden (Kadewohnungen), 220 000 Gulden (Eckwohnungen) und 161 000 Gulden (Avenuewohnungen); Kaufpreise 1997: 425 000/ 525 000 / 365 000 Gulden und erklärt die zweigeschossigen Eingangselemente: Über einen kleinen Luftraum ist das Erdgeschoss mit dem ersten großzügig von der Straßenfront bis zur rückwärtigen Terrasse durchbindenden Obergeschoss verbunden. Zum Garten orientiert und um einige Stufen abgesenkt liegt die nicht minder großzügige Küche. Die Endtypen dieser Reihenhauszeilen erhalten ihre Eingänge von der „Avenueseite“ her. Städtebaulich herausgehoben werden diese Sondertypen mit großflächigen, um die Blockecken herumführenden Fensterelemente, so dass die relativ kurzen Zeilen jeweils zu einer dem Maßstab des Hafens angemessenen, objekthaften Einheit zusammengefasst erscheinen. 76 L-Shaped Block KCAP, 2002 WITTEVEENPLEIN, L. PINCOFFSTRAAT, KOP VAN ZUID ROTTERDAM, NL Quelle: “Idensity - New Collective Houses” a+t The urban plan of the Stadstuinen is an enclave situated on Kop van Zuid in Rotterdam. The edge of the enclave is formed by 8 city blocks of 8 storeys, and the interior consists a garden district with mainly ground-accessed dwellings. KCAP are the designers of the blocks on the 4 corners of the development. The disadvantage of the traditional courtyard block, closed corners and difficult sunlight penetration are negated by removing mass from the corners of the block and instead placing there all the vertical circulation in a lightweight open construction, through which light can permeate and an openness is created. The four corner blocks are characterised by different access principles that accompany the transition from the dwelling to the collective area. The blocks in between the corner buildings have been designed by four other architects. 78 Holland, remade oder ready - made? DIE BEZÜGE VON LANDSCHAFT UND WOHNUNGSBAU Quelle: https://topos.de In den Niederlanden hat die Entwicklung neuer Landschaften eine lange Tradition. Die großen Anstrengungen, die nötig waren, um das Wasser der Flüsse und Meere zu beherrschen, und um der See das Land für den Acker- und neuerdings für den Städtebau abzutrotzen, regten schon immer die Phantasie an. Niederländische Bagger schaufeln sich um die ganze Welt, gefolgt von Ingenieurbüros, um Gottes Schöpfung zu vervollkommnen. Doch diese Tradition allein erklärt nicht, warum ausgerechnet in den 90erJahren die Landschaft als Entwurfsinstrument für die Entwicklung von Wohnquartieren so populär geworden ist. Grund hierfür ist die wieder erstarkende demographische und ökonomische Bedeutung der großen und mittelgroßen Städte in den Niederlanden. Während sie in den 60er und 70er Jahren mit rückläufigen Bevölkerungs- und Beschäftigungszahlen zu kämpfen hatten, boomten sie in den vergangenen zehn Jahren. Dieses Wachstum ergab sich aus der Einwanderung, der zunehmenden Individualisierung und dem stark gestiegenen Flächenverbrauch der meisten städtischen Nutzungen. Die Folge sind Städte, die wie Öllachen ins Umland dringen. Dieser Prozess macht es nötig, die Lage und die Konzeption der neuen Wohn- und Arbeitsstandorte zu überdenken. Wohnungsbau unter Marktbedingungen. Das Umdenken wird jedoch durch die neue Machtverteilung in den Niederlanden komplizierter. Die öffentliche Hand hat viele Aufgaben dem privaten Sektor übertragen. In dem Vakuum, das zwischen den kollektiven und den individuellen Bedürfnissen entstanden ist, wird nun die Landschaft als Bezugspunkt hochgejubelt. Gleichzeitig dient sie als Werbeslogan eines Wohnungsmarktes, der statt Angeboten Nachfrage schaffen muss. Die mehr oder weniger »neue« Landschaft peppt in vielen Fällen bloß den seriellen Wohnungsbau auf, der Mühe hat, das bewusst stimulierte Bedürfnis nach Individualität zu befriedigen. Bis tief in die 90er Jahre hinein zählte die niederländische Regierung den Wohnungsbau zu ihren zentralen Aufgaben. Ende der 80er Jahre kamen die Politiker jedoch zu der Einsicht, dass der Staat auf dem Gebiet des sozialen Wohnungsbaus seine Aufgabe erfüllt habe. Gleichzeitig verlor die Ideologie des Sozialstaates an Kraft. An ihre Stelle trat ein immer stärkerer Glaube an die Gesetze des Marktes. Ein freier Wohnungsmarkt sollte zufriedene Konsumenten hervorbringen, die sich endlich ihre Wohnungen nach eigenem Geschmack aussuchen durften. Fast gleichzeitig mit der Abschaffung des sozialen Wohnungsbaus wurde Anfang der 90erJahre ein ambitioniertes Wohnbauprojekt gestartet. Auf der Grundlage dieses Vinex - Programms sollen bis zum Jahr 2005 im Umkreis der Städte mehr als 500 000 Wohnungen gebaut werden. Unter Bezug auf die Kompromisskultur des viel gerühmten niederländischen Poldermodells suchten die Planer dabei nach neuen Formen der Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft. Der Staat bestimmte, wo neue Stadtviertel gebaut werden sollten (in unmittelbarer Nähe der bestehenden Städte), welche Dichte sie besitzen sollten (um das Zubauen der Landschaft zu verhindern), und welches Verhältnis zwischen gefördertem und frei finanziertem Wohnungsbau bestehen sollte. Die Ausführung der Pläne oblag den Gemeindeverwaltungen und dem Markt, aneinander gekettet wie siamesische Zwillinge. In der Praxis verlief diese Zusammenarbeit selten geschmeidig. In vielen Fällen waren die Projektentwickler zugleich Eigentümer der Grundstücke und spekulierten wild. Die Gemeinden dagegen wollten so schnell wie möglich die geplanten Siedlungen bauen, um zu verhindern, dass Einwohner aufs Land abwanderten, wo trotz starker Beschränkungen fleißig Wohnhäuser hochgezogen wurden. Die wahrhaft kompakten Städte - Von den städtebaulichen und architektonischen Entwürfen erhofften sich die Verantwortlichen die Lösung der komplizierten Lage. Hohe Grundstückspreise, relativ kleine Parzellen und einseitige Raumprogramme sollten ausschließlich durch die Kraft des Entwurfs in attraktive Wohnmilieus übersetzt werden. Wer es sich leicht machen wollte, kopierte attraktive Wohngebiete aus der Historie, eine beliebte Strategie bei Projektentwicklern und Investoren. Daneben regte die Aufgabe aber zu ungeahnten Entwürfen an, und viele Planer setzten ihre Energie in die Suche nach neuen Strategien, um die wesentlichen Aspekte des Problems an zu gehen. Der erste Architekt, der diese Entwicklung in einem größeren gesellschaftlichen Zusammenhang betrachtete, war Rem Koolhaas. Zunächst konstatierte Koolhaas Lücken in der Stadtplanung. Der Umfang der Aufgabe erforderte einen Ansatz in einem derart großen städtebaulichen Maßstab, dass die Menschen sich bald an den berühmt-berüchtigten Städtebau der Moderne erinnert gefühlt hätten, und an die umstrittenen Wohnviertel der Nachkriegszeit. Tatsächlich richtete sich die Kritik der Allgemeinheit gegen die Größe und Gleichförmigkeit von Siedlungen, und gegen die uninspirierte, anonyme Gestaltung der öffentlichen Freiräume. Koolhaas sagte voraus, dass die Freiraumgestaltung dazu dienen würde, die fortschreitende Verstädterung zu rechtfertigen und die neuen Wohnviertel zu vermarkten. Als Alternative schlug Koolhaas in seiner Studie »Puntstad-Zuidstad«(Punktstadt – Südstadt) eine Politik vor, die sich für die Entwicklung von wahrhaft dichten Städten und für den Erhalt der offenen Landschaft einsetzen sollte. Seiner Ansicht nach wurde in der Randstad längst der Ausverkauf des einstmals sorgfältig geplanten und verwalteten Gebietes eingeläutet. Zwei Modelle könnten hingegen eine wohlüberlegte und zielgerichtete Gestaltung der Stadtlandschaft fördern: Die Punktstadt-Hypothese zielt auf die Anlage einer Metropole in der Mitte des Landes; im Südstadt-Modell konzentriert sich die Verstädterung auf die südliche Hälfte der Niederlande. Aus diesen Modellen könnten räumliche Verteilung, Bebauungsdichte und Gestaltung der neuen und der bestehenden Wohngebiete abgeleitet werden. Koolhaas legt großen Wert auf Experimente mit verschiedenen Dichtegraden – von der geringen Dichte wie in Los Angeles bis zur extremen Dichte wie in Manhattan. Aus diesen gedanklichen »Manipulationen« lassen sich tatsächliche Strategien entwickeln, die darauf abzielen, etwa in den bereits bebauten Gebieten die Dichte systematisch zu erhöhen und sie in den ländlichen Zonen zu verringern. Damit brach Koolhaas eine Lanze für die Stadtplanung im regionalen und landesweiten Maßstab. Die Niederlande wurden als Entwurfsaufgabe entdeckt. Die Kolonisierung des ländlichen Raumes - Was Koolhaas nicht vorausgesehen hat, war, dass politischer Wille und Planungen nicht die neuen Städte betreffen würden, sondern die Gebiete zwischen den Städten. Zur gleichen Zeit, als Koolhaas sich die Punktstadt ausdachte, entwickelte der Landschaftsarchitekt Adriaan Geuze ein Modell zur Kolonisierung, das den Akteuren des Wohnungsbaus gerade recht kam. Geuze konstatierte, dass es angesichts des Verstädterungsdrucks unrealistisch sei, den ländlichen Bereich offen zu halten. Er schlug vor, der Landschaft angemessene Wohnungstypologien auszuarbeiten. Der Wohnungsbau würde die Landschaft dann nicht mehr bedrohen, sondern sie zu neuen, attraktiven Kulturlandschaften weiter entwickeln. Diese Gedanken mündeten schnell in verwegene Pläne. West 8 preschte vor mit einem Entwurf für die »Duindoornstad«, eine Aufschüttung im Meer (…). Auch die Pläne anderer Büros krempelten die Landschaft völlig um, und in zahllosen Entwürfen rechtfertigte die Kolonisierung der Agrarlandschaft den Flächenanspruch der Städter. Zum Teil wurden solche Studien an die Entwicklung realer Wohngebiete gekoppelt. Im größten Neubaugebiet der Niederlande, dem Leidsche Rijn bei Utrecht(…), forciert die Chefplanerin Riek Bakker die Integration von Landschaft und Bebauung. Auch bei der Entwicklung des neuen Wohnviertels Ypenburg südöstlich von Den Haag experimentiert ein Planerteam unter der Leitung von Frits Palmboom mit neuen Parzellenmustern und Gebäudetypologien. Für die Planer ist das Kolonisierungsmodell attraktiv. Es eröffnet ihnen das ganze Spektrum der niederländischen Landschaften als Spielwiese. Galt den Anhängern der Moderne die Landschaft noch als Garantie für den Blick in die Ferne, so machen die zeitgenössischen Entwerfer sie schlichtweg zum Anhängsel der Wohnung. Neue Konzepte für Wohngebiete bietet da zum Beispiel das Büro MVRDV. Die Planer fertigten Studien zum so genannten »leichten Städtebau« (…).Grundlage sind kürzere Bau- und Abschreibungszeiten für die Infrastruktur. Asphaltstraßen könnten durch Graswege ersetzt werden, Telefonleitungen durch Greenpoints, Abwasserkanäle durch Sickergruben. Auch auf Fahrbahnen und 80 teure Straßenbahnverbindungen ins Zentrum könnte verzichtet werden. Das Geld aus den eingesparten Baukosten käme dann dem Stadtraum zugute, großen Gärten oder öffentlichen Freiräumen. Die Landschaft in der Stadt - Von solchen Experimenten lassen sich Stadtbewohner verführen. Um besonders die kaufkräftigen von ihnen in der Stadt zu halten, begannen die Kommunen, alternative Wohnviertel anzubieten. Die Kunst besteht darin, hohe städtische Dichte mit einem landschaftlichen Umfeld zu kombinieren. Geglückt ist das auf dem GWL-Gelände in Amsterdam, einem städtebaulichen Entwurf von Kees Christiaanse. Der Entwurf kombiniert eine hohe Randbebauung mit freistehenden Gebäuden in einem großen Innenbereich. Jede Wohnung besitzt möglichst viel privaten Außenraum in Form von Gärten, Schrebergärten, Balkonen, Dachterrassen oder Patios. Die Gärten zu ebener Erde werden durch Ligusterhecken zu Inseln zusammengefasst. Auch Adriaan Geuze kombiniert in seinem Amsterdamer Projekt Borneo Sporenburg (siehe Topos30) städtische Dichte in der Landschaft. Die Landschaft ist hier schlichtweg das weite Wasser des IJ. Alle ebenerdigen Wohnungen besitzen einen Eingang an der Straße und einen privaten Patio oder eine Dachterrasse. Drei große, skulpturale Wohnblocks im »Meer« der niedrigen Häuser erhöhen die Gesamtdichte und leiten visuell über zu den großmaßstäblichen Bauten des nahen Hafens. Eine andere Sichtweise geht aus O.M.A.’s Entwurf für das Chassé -Terrain in Breda hervor. Dort lag der städtebaulichen Erneuerung das Modell des Campus zugrunde. Ein internationales Architektenteam hatte verschiedene Gebäudetypen entworfen, von Patiohäusern bis hin zu Wohntürmen. West 8 konzipierte das parkähnliche Umfeld, um sie zusammenzufügen. Das Chassé - Terrain im Zentrum Bredas soll zur grünen Enklave innerhalb des Schnellstraßenrings werden. Eichen geben dem Gebiet ein einheitliches Aussehen, bestehende Kastanien und Linden formen auffällige Inseln. Eine Abfolge von Plätzen verbindet die Neubauten. Mit ihrem lebendigen Pflaster aus Ziegel- und Naturstein nehmen sie eine Bredaer Tradition auf. Überschätzung der Landschaft - Die überbordenden Entwürfe der Niederländer sind ein Nebeneffekt der gegenwärtigen Hochkonjunktur. Doch zwischen den viel versprechenden Perspektiven der experimentellen Entwürfe und den tatsächlich realisierten Siedlungen klafft eine Lücke. Der Druck auf den Wohnungsmarkt ist noch immer so hoch, dass die Bauträger ihre Wohnungen ohne große Anstrengung verkaufen können. Die Qualität vieler Wohnviertel lässt dementsprechend zu wünschen übrig. Meistens ist ihre Dichte zu hoch, um der Landschaft den Raum zu lassen, den sie benötigt, um ein Gebiet zu prägen. Der Eindruck des Massenwohnungsbaus überwiegt, und von Freiraum zu sprechen wäre Heuchelei, denn die neuen Wohngebiete besitzen weniger öffentliche Grünflächen als bisher. Dazu zieht sich die öffentliche Hand immer mehr zurück. Ihr gilt das öffentliche Grün als lästiger, weil pflegeintensiver Restraum. Und nicht zuletzt werden die Häuser immer größer, die Parzellen aber bleiben relativ klein. Das Resultat: Enge statt Freiraum. Dabei entbehrt das antistädtische Denken dieses Siedlungsbaus bis heute einer handfesten Grundlage. Eine starke Lobby aus Projektentwicklern, Wohnungsbaugesellschaften, Bauunternehmern und Maklern hält das Idealbild Flächen verschlingender Wohngebiete aufrecht. Die zentrale Aussage, jeder Niederländer habe das Recht auf ein Haus im Grünen, findet bei den populistischen Politikern großen Anklang. Dass Segregation die Folge ist, wird dabei größtenteils verschwiegen. Richtig stolz ist jedoch kaum jemand auf die endlosen Neubaugebiete überall im Lande. Manch einer sagt sogar voraus, dass sie die Problemviertel der Zukunft sein werden. Durch ihre landschaftliche Verzierung erinnern sie immer stärker an Themenparks. Die Landschaft wird zu kleinen, leicht verdaulichen Grünhäppchen gezwirbelt und als Dekor für die Verstädterung des Landes vereinnahmt. Statt die Niederlande tatsächlich neu zu erfinden, und zwar auf der Grundlage von aktuellen und zukünftigen Bedürfnissen, laufen wir Gefahr, in fünf Jahren in einem Puzzle aus recycelten Landschaften und Siedlungen zu sitzen. Janny Rodermond, Harm Tilman Breda - Chassé Terrain VERSCHIEDENE ARCHITEKTEN, 1994 - 2004 CHASSÉ CAMPUS BREDA, NL Quelle: http://www.oma.eu, „Inszenierte Architektur - Wohnugsbau jenseits des Standards“, Frank Raith / Lars Hertelt / Rob van Gool, DVA Bereits 1994 hatte die Stadt Breda einen Investorenwettbewerb unter fünf Projektentwicklern ausgelobt, um eine geeignete Antwort auf die Schwierigkeiten des ca. 13 ha großen Grundstücks zu finden. Obwohl unmittelbar an die historische Altstadt angrenzend, ist das ehemalige Kasernenareal durch vier große Hauptverkehrsstraßen eingeschnürt. Zudem waren bereits ohne Rücksicht auf ein mögliches Gesamtkonzept am Rand Teilflächen neu bebaut (etwa Hertzbergers Chassé-Theater) und einzelne Kasernenbauten umgenutzt worden, so dass das zur Verfügung stehende Gebiet trotz seiner zentralen Lage in der Stadt physisch isoliert zu bleiben drohte. Allein dem Entwurf von OMA gelang es, die physische Abgeschlossenheit aufzubrechen, indem mit dem Campus-Modell ein schlüssiges Konzept für das Gesamtareal gefunden wurde. In das auch die bereits bestehenden Bausteine nahtlos integriert werden konnten. Das Campus-Modell kombiniere, so der Erläuterungsbericht, eine städtische Atmosphäre mit der Offenheit des Parks. Unterschiedliche alte und neue Gebäude formen zusammen eine spannungsreiche Komposition autonomer Objekte. Die extreme Verdichtung der Wohnungen in großen Objekten und der Verzicht auf Privatgärten ermöglichen, dass drei Viertel der Grundstücksfläche unbebaut bleiben, obwohl über die Gesamtfläche gerechnet immerhin 50 Wohneinheiten pro Hektar entstehen. Um eine möglichst starke Unterschiedlichkeit der einzelnen Objekte zu erreichen, legten die Stadtplaner für jedes Objekt die Wohnungstypologie fest, überließen aber die architektonische Form und die Materialwahl dem ausführenden Architekten: Vom Appartementhochhaus bis zum zweigeschossigen Patioreihenhaus, von der grundgebundenen Maisonette bis zur normalen Geschosswohnung am Laubengang sind nahezu alle erdenklichen Wohn- und Gebäudetypologien vertreten. Den Chassé-Campus durchzieht ein informelles Wegenetz, das jedoch nur der unmittelbaren Erschließung der Wohngebäude dient. Der ruhende Verkehr wird in Tiefgaragen unter den Gebäuden angeordnet, so dass der Park möglichst wenig vom Verkehr belastet wird. Angesichts der Heterogenität der Bebauung kommt der Parkgestaltung als verbindendes Element großes Gewicht zu. Die Grünflächen werden von West 8 durchgehend als Rasenfläche ausgebildet, eine Masterplan: OMA, Rem Koolhaas mit Xaveer de Geyter Landschaftsarchitektur: West 8 Wettbewerbsentwurf: 1994 Überarbeitung: 1997 Realisierung: bis vorauss. 2004 Programm: 730 Wohnungen Ausführende Architekten: OMA, Xaveer de Geyter, Kuiper Compagnons, Architecten Werkgroep, Van Sambeek & Van Veen, Duinker van der Torre, Kollhoff + Rapp, Pascal Grosfeld/Oomen In green, preexisting buildings, in red, non residential buildings and in orange, new residential buildings. Green areas 82 lockere Bepflanzung mit Eichen sorgt für eine einheitliche Atmosphäre. Aus dieser bewusst unspektakulär gehaltenen Grünfläche ragt einzig die große Piazza als zentraler öffentlicher Raum heraus. Der aus vielfach geknickten Schollen bestehende bewegte Boden verhindert, dass die Größe des Platzes als Leere erfahren wird. Programme: Site: 13 HA 800 Houses: (120,000 M2) Density: 62 Dwellings Per Hectare Underground Parking: 37,500 M2 Other Functions: 20,2000 M2 1 Oma: Chassé Parking. Public Parking Building for 670 Parking Places. It Serves The Municipal Offices, The Chassé-Theatre And The City Centre. 2 Xaveer De Geyter: Park Apartments. A Half Sunken Ring Forms The Base For 5 Apartment Towers. 3 Hans Kollhoff: Palace. Apartment Block At The Museum Square. 4 Van Sambeek And Van Veen: Patio Villas. 5 Duinker Van Der Torre: WinterGarden Apartments. 6 EEA (Erick van Egeraat): Small Theatre For Concerts. 7 Pascal Grosfeld: Museum Houses And Offices And Refurbishment Of Breda’s Museum. 8 Van Sambeek And Van Veen: Houses At The Nonnenveld. 9 Frits Haverman: Extension Of Hotel Keijser. 10 Sturm Architecten: De Beeldenaar. Shops, Supermarket and Apartments. 11 Oma: Carré Apartments. A Stacking Of Volumes Around An Inner Garden. 12 Kraaijvanger Urbis Architecten: Holland Casino In The Kloosterkazerne. 13 Theo Van Esch: Theatre Houses: Three Blocks Containing Townhouses In A Back-To-Back Arrangement. 14 Kuiper Compagnons: Canal Houses. 15 Kraaijvanger Urbis Architecten: Hotel. 16 Claus En Kaan: 3rd City Offices. The Building Floats In Order To Maintain The Free Vistas To The Chasse Terrain. 17 West & Landscape Architects: Scenery And Landscape Architecture. 18 Herman Hertzberger. Chassé Theatre. Completed Before The Master Plan Design. 84 Museumplein Housing („Wohnen am Museumsplatz“) PROF. HANS KOLLHOFF, 2002 - 2007 CHASSÉ PARK BREDA, NL Quelle: http://www.kollhoff.de, „Inszenierte Architektur - Wohnugsbau jenseits des Standards“, Frank Raith / Lars Hertelt / Rob van Gool, DVA Das z-förmige Gebäude mit dem großen mittigen Durchgang nimmt die Achse des bestehenden repräsentativen Kasernengebäudes auf und gibt den Blick frei auf den angrenzenden Stadtgraben. Die niedrigeren Seitenflügel sind gegeneinander versetzt, so dass sich jeweils spannungsvolle Konstellationen mit den angrenzenden Gebäuden ergeben. Während im zentralen Baukörper die Wohnungen über einen Laubengang erschlossen werden, bestehen die Seitengebäude aus dreigeschossigen Reihenhäusern in back-to-back-Anordnung, die geschossweise ineinander verschachtelt sind. Jede Wohnung erhält damit sowohl den Blick nach außen auf den Park wie auch nach innen auf den Platz. Programm: 98 Wohnungen Das Apartmenthaus ist Teil der campusartigen Gesamtkonzeption des Chassé Parks, einem neu entwickelten Wohnpark inmitten der Altstadt von Breda. Innerhalb des Ensembles, bestehend aus figuralen Solitären, die auf einer Grünfläche präsentiert werden, fungiert das Gebäude als Bindeglied, das sich bewusst in seiner Ausrichtung und Ausstrahlung auf die alte Bausubstanz bezieht. Die Sichtachse zwischen dem Singel, der die Altstadt begrenzt auf der einen Seite und der ehemaligen Kaserne mit ihrer traditionellen Backsteinfassade auf der anderen, wird bewusst aufgenommen und betont. Das Gebäude ist in drei Teile gegliedert: zwei parallel zueinander versetzte dreigeschossige Zeilen und das fünfgeschossige Brückenelement, welches beidseitig aufgelagert ist und so als skulpturale Großform in Erscheinung tritt In den beiden Flügeln sind, nach Süden orientiert, große Loggien in die Fassaden eingeschnitten. Die Wohnungen werden über je zwei Treppenhäuser als 3-Spänner erschlossen. In den Brückenbaukör- per, dessen Wohnungen als Vierspänner organisiert sind, führen zwei große, sich gegen- überliegende Foyers. Das Projekt bietet Raum für insgesamt 86 großzügige Wohneinheiten, die bei unterschiedlicher Grundrisskonzeption und Größen zwischen 100 und 190 qm ein breites typologisches Spektrum urbanen Wohnens anbietet. Die gemeinsame Parkgarage ist direkt über die Treppenhäuser angebunden. Die Französischen Fenster sorgen für gut belichtete wohnliche Räume, sie betonen die Ruhe und Noblesse des großen Hauses. In der feinen Schichtung der Fassade spiegelt sich die innere Tragstruktur des Gebäudes wider. Der Sockelbereich ist aus ortstypischem Blaustein gefertigt, aus dem die filigrane Backsteinfassade der Obergeschosse aufsteigt. Auch für die Gurtgesimse, die Fenstereinrahmungen und die Dachabschlüsse wurde Blaustein verwendet. Der Wittmunder Torfbrandklinker besticht durch eine natürliche Vielfalt unterschiedlicher Farbnuancen und Oberflächenstrukturen, wie sie sich durch den traditionellen Brennprozess zwischen leuchtendem Rot bis Dunkelblau ergeben. Der Detaillierung und Materialwahl der Foyers und der Liftlobbies wurde besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Verwendung hochwertiger und langlebiger Werkstoffe und ihre handwerklich präzise Fügung bilden gerade hier einen wesentlichen Aspekt unserer Architekturauffassung, die sich dabei den technischen Vorzügen einer modernen Fertigung nicht verschließt. 86 Woongebouw Het Carre („Karree-Wohnhaus“) OMA, 1995 - 2002 CHASSÉ PARK BREDA, NL Quelle: http://www.oma.eu, „Inszenierte Architektur - Wohnugsbau jenseits des Standards“, Frank Raith / Lars Hertelt / Rob van Gool, DVA Das von OMA gestaltete Wohngebäude grenzt unmittelbar an den großen öffentlichen Platz, der den Chassé-Campus mit der Innenstadt verbindet. Zum Platz öffnet sich der Block mit einem großen zweigeschossigen Durchgang, so dass der Innenhof als Erweiterung des Platzbereichs erscheint. Das Prinzip des Chassé-Campus, maximale Vielfalt möglichst dicht zu komprimieren, scheinen OMA auch dem Aufbau ihres Gebäudes zugrunde zu legen. Unterschiedlich Erschließungssysteme und Wohnungstypen wechseln einander ab. Je nach Blickpunkt erscheint Het Carre als ein viergeschossiger, geschlossener Block mit einzelnen höheren Aufbauten oder als eine skulpturale Ansammlung einzelner Hochhäuer, die durch die gemeinsame Basis nur locker miteinander verbunden werden. Programm: 137 Wohnungen, 600 qm Geschäftsfläche The Carré was designed as a relatively compact block made up of a series of densely stacked blocks. The building floor plate sits on a pedestal containing a parking garage for the inhabitants of the building. Circulation of the building is arranged by three staircases / elevator tracts which can be reached through the courtyard. The footprint of the building is 110 by 80 meters; the Carré reaches up to 10 stories high. The internal courtyard is designed as a quiet place in the Chassé terrain. On the side of the main entrance a 2 story high gate is cut out along the width of the side of the courtyard, providing a view of the monumental army convent / barracks and the old part of the city. There are 144 apartments and 6 shop units for small businesses in the building. Unusually, 100 of the apartments are rent controlled, the other 44 were sold on the open market by the client / developer with considerable success. The building was carefully designed for retiring baby boomers, people who move to a smaller house because their children have moved out. Because of its proximity to the city centre and the high service level of the Chassé site the building on the Chassé are in considerable demand with this group of tenants. Completely clad in wood veneer, the Carré is a friendly brute, which only reveals its relatively rugged detailing on close inspection. The galleries of the building are sheltered from the elements by loosely placed glass boards. The structure of the galleries is made of a robustly detailed galvanized steel structure. All the apartments have balconies, which have custom designed (and made) sun shading elements made off expanded aluminium sheet, framed in aluminium profiles. 88 Parkappartementen („Parkwohnungen“) XAVEER DE GEYTER ARCHITECTEN, 1996 - 2001 CHASSÉ PARK BREDA, NL Quelle: “Idensity - New Collective Houses” a+t, „Inszenierte Architektur - Wohnugsbau jenseits des Standards“, Frank Raith / Lars Hertelt / Rob van Gool, DVA Die fünf Wohntürme bilden ein augenscheinlich heterogenes Ensemble, das weder über eine gemeinsame Ausrichtung noch über eine einheitliche Gestaltung zu verfügen scheint. Die unterschiedlichen Fassadenmaterialien der einzelnen Gebäudeseiten verleihen den massigen Türmen geradezu die Leichtigkeit von Kartenhäusern. Der Eindruck von Wohnlichkeit wird demonstrativ vermieden: Auffallend sind insbesondere die großen verglasten Fassadenbereiche, die den Blick auf ein gitterförmiges Tragwerk freigeben, das man so bisher nur von großen Bürohochhäusern kannte. Die Türme werden durch eine halb versenkte, mit einer leichten Stahlkonstruktion überdachten Parkierungsanlage verbunden, die im Inneren einen intimen Gartenbereich von dem öffentlichen Park trennt. Programm: 5 Wohntürme It consists of five residential towers on top of a parking ring, which surrounds a sunken inner garden. The entrances to each tower open onto the garden. The parking ring rises 1.5 metres above ground level and is partly transparent. The towers are positioned tight together, each with its own orientation. Their position relative to one another is determined by factors such as the views outwards and inwards, exposure to sunlight, the layout of the parking ring and the inner garden, and the transparency of the composition. Views from one tower are framed by the next. Three of the five towers have two apartments per floor, the fourth has one and the fifth has four. The varying relative position of the towers creates small differences in ground plans; the immediate context does the same to the elevations. 90 Breda - Chassé Theater HERMAN HERTZBERGER, 1992 - 1995 CHASSÉ CAMPUS BREDA, NL Quelle: http://www.hertzberger.nl Breda‘s new city theatre is set in the periphery of the old town, freestanding, through to all purposes wedged, between the municipal offices and a 19th century barracks awaiting a new use. There are three auditoria, the main one with fixed seating for 1200, a medium-sized auditorium seating 500 in a flexible arrangement and doubling as concert hall, and a fringe theatre auditorium. Added to these are two film theatres. The scheme is designed so as organize the technology of the theatre to the full. To this end the stages of the three auditoria are turned towards the central backstage space, off which are the changing rooms and the loading bay for stage scenery. The position of the foyer along one side of the auditoria means that their entrances are concentrated on one side also; this was what generated the idea of asymmetrical auditoria. The entire complex is covered with an undulating full-length roof draped over the building like a blanket. Patiowoningen (“Patiowohnungen”) VAN SAMBECK & VAN VEEN, ab 2002 CHASSÉ PARK BREDA, NL Quelle: http://www.vsvv.nl „Inszenierte Architektur - Wohnugsbau jenseits des Standards“, Frank Raith / Lars Hertelt / Rob van Gool, DVA Programm: 64 Patioreihenhäuser Die vier Reihen Patiohäuser werden in back-to-back-Anordnung zu zwei kompakten Baufeldern addiert, in deren Mitte eine schmale Wohngasse verläuft. Die Stellplätze befinden sich in einem halb versenkten Parkierungsgeschoss unter den Gebäuden, die dadurch einen markanten Sockel erhalten. Hinter den einheitlichen Ansichten verbirgt sich eine große Vielfalt unterschiedlicher Typen. Zwei separate Treppen erschließen im Obergeschoss einen vorderen und einen rückwärtigen Bereich („voorhuis“ und „achterhuis“), die nur über Terrassen miteinander verbunden sind. Je nach Größe der Wohnfläche im Obergeschoss ergeben sich unterschiedliche räumliche Situationen, so dass das 100 x 100 m große Feld aus der Vogelperspektive als ein undurchschaubares, labyrinthisches Puzzle erscheint. 92 Tag 04 Sonntag 23.09.07 30.09.07 07.30 Uhr 08.30 Uhr 09.30 Uhr Frühstück Aufbruch, Auschecken im Hotel, Fahrt nach Utrecht Geführte Tour zur Architektur in Utrecht mit Besichtigung Rathaus Utrecht (Enric Miralles) Korte Minrebroederstraat 2, 3512 GG Utrecht Besichtigung „Het Bolwerk“ (AWG Architecten CVBA Antwerpen) Servaasbolwerk 18, Utrecht 11.30 Uhr Postgebäude Utrecht (Amsterdamer Stil) Mittagessen im Restaurant 3512 Eten en Drinken, Korte Janstraat 4, Utrecht 13.00 Uhr ca. 15.00 Uhr Weiterfahrt nach Duisburg Hbf Rückfahrt per Bahn individuell 94 Kompromissloses Flickwerk Erweiterung des Rathauses von Utrecht ENRIC MIRALLES, 2000 KORTE MINREBROEDERSTRAAT 2 3512 GG UTRECHT, NL Quelle: Bauwelt 91/2000, Baumeister B5/2001 Enric Miralles hatte viele Ideen. Am Rathaus von Utrecht scheint er alle verwirklicht zu haben. „Das paßt doch alles nicht zusammen“, ärgert sich ein Passant, dessen guter Geschmack durch den heterogenen Bau beleidigt wird. Wegen der Rückseite des Rathauses, die nach dem Umbau zur Vorderseite erklärt wurde, werde er noch einen Leserbrief verfassen. Das, meint er, sei keine Architektur: lange Betonfuder, die als Brunnen dienen, dicke Fallrohre, die durch Wandöffnungen stoßen, Spolien von Sandsteingewänden, die auf Stahlträger montiert sind, Beton, verzinktes Blech, Stahl, Holz, Glas, Backstein in unterschiedlichsten Mauertechniken, alles in stumpfen Winkeln zusammengefügt. Im ehemaligen Treppenaufgang schiebt sich eine voll verglaste Sitznische der Cafeteria in den Straßenraum. „Als sei eine Bombe eingeschlagen“, meint der Passant, „sowas macht man doch nicht!“ In Utrecht macht man seit Jahrhunderten offensichtlich nichts anderes. Rund um das Rathaus ist in den vergangenen sechshundert Jahren an Grachten, kleinen Plätzen und Straßen ein kunterbuntes Konglomerat an Gebäuden entstanden, um das manche europäische Stadt Utrecht beneiden könnte. Von zweiachsigen spätmittelalterlichen Wohnhäusern über ein protziges klassizistisches Warenhaus mit riesigen Karyatiden bis zu Verwaltungsbauten im Jugendstil sind hier bemerkenswerte Beispiele der Baugeschichte mit einer Kopfdrehung zu überblicken. Der Gesamteindruck des Straßenbildes ist heterogen, das reinste Stückwerk und gerade deswegen harmoniert alles bestens. Das Urteil des Passanten zum Umbau des Rathauses wäre vermutlich noch harscher ausgefallen, hätte er es betreten und festgestellt, daß innen noch weniger Elemente miteinander harmonieren, als von außen erkennbar ist. Eine traditionelle Baubeschreibung verbietet sich hier. Alles ist Lücke und Füllung, alles ist Detail und jedes Detail wurde anders behandelt. Im großzügig angelegten klassizistischen Gebäudeteil ließ Miralles die Trennscheibe kreisen, „verletzte“ die Wände durch Wegnehmen des Putzes bis auf den Backstein. Die unterschiedlichen Gebäudeteile sind innerhalb des Foyers durch Brücken unterschiedlichster Konstruktionsweise und unterschiedlichster Materialien verbunden: Edelstahl trifft auf ungehobeltes Holz, Mahagoni auf Beton, Stahlträger auf Zinkblech, Glas auf Granit. Im Ratssaal wurde die Decke entfernt, so dass der ehemals darüber liegende Raum jetzt nur noch als Luftraum dient. Unter den jetzt frei Bauhistorisches und konstruktives Puzzlespiel: Beim neuen Flügel wurden Bruchstücke des abgerissenen Gebäudes wieder verwendet. Betrachtet man auch einmal die Häuser in der direkten Umgebung, handelt es sich ebenfalls um Collagen von Altem und Neuem. liegenden schweren Unterzügen wird den Ratsmitglieder deutlich, dass Politik ständige Veränderung bedeutet. Sie schwärmen davon, hier Demokratie zu praktizieren. Keine zwei Stuhllehnen im Trausaal gleichen einander und es sind, genau besehen, auch keine Stühle, auf denen die Gäste sitzen, sondern Bänke mit Stuhllehnen. Die Bodenbeläge wechseln von Meter zu Meter: Kork, Holz, Parkett, Beton, Linoleum, Teppich. Keine drei Treppenstufen bestehen aus demselben Material. Weiß gestrichene Türen liegen unmittelbar neben holzfarbenen, deren Füllungen aus Glas und Stahl bestehen. In die Oberlichter zu den Büros ist dünnes Furnier unterschiedlicher Hölzer eingearbeitet. In einen ehemals repräsentativen Saal mit Stuckdecke ist eine Toilettenanlage eingestellt, so schräg, wie nur irgend möglich. Jedes Büro ist anders, hat gerade und schräge und geneigte und gekippte Wände und genau das gefällt den Angestellten der Stadtverwaltung, selbst dann, wenn in ihr Büro durch ausdrücklich irrationale Wandverläufe kaum natürliches Licht fällt. Das Rathaus von Utrecht wuchs mit der Stadt. Seit dem 14. Jahrhundert wurden dazu Gebäude errichtet, angekauft, abgerissen, ergänzt, ausgebaut. Dabei entstand ein Komplex mit Bauten vom 14. bis zum 20. Jahrhundert. Großartiges, Bescheidenes, Provisorisches, Vornehmes und Primitives. An diesem Sammelsurium findet sich alles. Miralles nimmt diese Geschichte mit seinem Umbau ernst. Großartige Gesten werden entlarvt, Bescheidenes aufgewertet. Der Eindruck eines Provisoriums drängt sich gleichwohl auf und genau das scheint beabsichtigt gewesen zu sein. Die offen gelegten Teile der vorgefundenen Bauglieder und die provisorisch wirkenden neuen Komponenten könnten als Ergebnisse einer analytischen, bzw. synthetischen Vorgehensweise betrachtet werden. Eher noch bietet aber das Paradox eine geeignete Betrachtungsform: Die Einheit des Baus entsteht aus dem Potpourri seiner Elemente. Die irritierenden Glieder enden nicht an der Gebäudehülle, sie ragen in den Stadtraum hinein. Ein in den Jahren um 1930 errichteter Gebäudeflügel an der Rückseite und jetzigen Eingangsseite wurde abgerissen. Es entstand ein attraktiver dreieckiger Platz mit Blick auf den Turm des Utrechter Doms. In der Platzgestaltung setzt sich mit Pflasterung und Bäumen das scheinbare Chaos des Rathauses fort. Oben: In der übrig gebliebenen Nordfassade, die den Ganzenmarkt dominiert und abschließt, gibt es keinen Eingang mehr. Stattdessen ragt eine Glasvitrine hervor, die zur Kantine gehört. 96 1 Eingang 2 Große Halle 3 Trauzimmer 4 Besprechung 5 Kantine 6 Ratssaal 7 Stadtverwaltung im Ostflügel Im klassizistischen Hauptgebäude mit den Repräsentationsräumen liegt auch der Ratssaal. Teile vom Putz und der Decke wurden hier entfernt, um „Geschichte freizulegen“. Nicht zuletzt wegen der zusätzlichen Belichtung über die Fensterreihen im Stock darüber ist so eine großzügige, durchlässige Halle entstanden. An und in diesem Haus gibt es alles, außer Eleganz, Stil und guten Geschmack. Viele Häuser dieser Art verträgt eine Stadt wohl nicht. Eines bringt die Menschen zum Schwärmen, zum Schimpfen und Singen. Das alle Dimensionen sprengende klassizistische Warenhaus, von dem bereits die Rede war, ist der „Winkel van Sinkel“, das erste Warenhaus in den Niederlanden. Es liegt dem Rathaus unmittelbar gegenüber. Über die dort seit 1839 angebotene Warenvielfalt reimten die Kunden: „Im Laden von Sinkel ist alles zu haben ob Mandelmilchfläschchen, ob Döschen Pomade, auch Feigen im Netz und Hüte und Kappen und Damenkorsetts auch Bonbons zum Schnuppen und Pillen zum Pupen.“ Der drastische Reim und die Vielfalt des Angebots passen gut zusammen. Auf die Architektur des neuen alten Rathauses werden sich die Utrechter sicher auch einen Reim machen. Ludger Fischer In seiner 600-jährigen Geschichte hat sich der Sitz der Stadtregierung oft gewandelt und immer weiter auf die Nachbarhäuser ausgedehnt. Die Architekten machten nun diese Collage aus den Baustilen verschiedener Epochen zum Thema von Umbau und Erweiterung. Links: Auf der Nordseite bleibt von einem Anbau von 1932 nur noch diese Fassade stehen. Baukosten incl. Teilabriß, FahrradParkdeck, Innenausbau und Platzgestaltung 40 Millionen Gulden Bauzeit 18 Monate Vorbereitungszeit 4 Jahre Wie bei größeren Bauten mittlerweile üblich, erschien zur Eröffnung des Neubaus eine Publikation: Jo Jamar: Het stadthuis van Utrecht/ The town hall of Utrecht, Utrecht 2000. 98 HET BOLWERK AWG ARCHITECTEN CVBA, ANTWERPEN, 1996-2006 SEERVASBOLWERK 18 UTRECHT, NL Quelle: “Architectuur In Nederland, Jaarbook 2006/07” NAI Uitgevers Since 1944, a German bunker disguised as a house with tiled roof and painted windows had occupied a prime site in Utrecht’s Zocherpark. Now the ‘Bolwerk’ (stronghold) has taken the bunkers’s place among the park’s centuries-old trees. After a lengthy and difficult process, entailing exhaustive debates as to the bunker’s heritage value, bunker experts finally gave it the thumbs down. It took 27 explosions and five hundred lorries to clear away the bunker. On precisely the same location, a small-scale apartment block was erected. It adheres to the bunkers’s footprint but is one storey taller. So the new building is big, but because it is also very introverted, it scarcely intrudes on the park. The cladding – dark purple brick – is appropriate to the closed and unobtrusive character of the Bolwerk. Similarly, the smooth inset of the vertical window frames which lie flush with the facade, reinforce the impression of a single unified volume. At four places a chunk has been taken out of the square plan for the benefit of the glazed internal verandas that occupy a central place in the sixteen big apartments. The block is not entirely closed: one leg of the square is raised, allowing passers-by to see into the ‘cour’ above the semi-sunken car park. The appearance of this courtyard is in stark contrast to the dark exterior: it is bright and light, largely due to the white-rendered walls and the large expanses of glass fronting the balconies and staircases. The attractive layout of the courtyard and the terraces of the ground-floor apartments turn this area into a handsome communal square for the Bolwerk residents. Thanks to its impeccable and solid finish, this simple and well-judged design lives up to its ambitions: the building may be new, but it looks as if it might always have stood there. Ergänzende Projekte - ohne Besichtigung 100 HAUPTBAHNHOF ROTTERDAM ROTTERDAM, NL Quelle: http://www.amsterdamblog.hochparterre.ch/ „tränchen weinen“ Und noch etwas Herzerwärmendes. Ende September 2007 startet der Abriss des Rotterdamer Bahnhofsgebäudes. Es muss einem großen Integral-Terminal für Bahn, Bus, Straßenbahn etc. weichen, das Benthem Crouwel, Meyer & van Schooten und West 8 gemeinsam entworfen haben. Zugegeben, der Bahnhof war schon lange viel zu klein und sein Vorplatz ein ewiges Chaos. Aber das Gebäude aus den 50er Jahren von Sybold van Ravesteyn war trotzdem schön. Deshalb haben Peter Hopman und Margien Reuvekamp vom Bureau Lakenvelder – dem Designbüro, das auch die Badezimmer im Lloyd Hotel entworfen hat – sich eine Abschiedsinstallation ausgedacht. Ab 12. September wird auf dem Dach des Bahnhofsbaus nicht mehr „CENTRAAL STATION“ stehen, sondern „TRAAN LATEN“, also „Träne weinen“. Bis die Abrissbirne kommt. (amsterdamblog) von Anneke @ 10:22 Perforated Parallel Blocks KCAP, 2003 NOLENSPLEIN VENLO, NL Quelle: “Idensity - New Collective Houses” a+t The building on Nolensplein in the centre of Venlo replaces a post-war apartment complex and is an attempt to make living in the inner city attractive once more. The apartments are divided between two slabs, the northern one of which faces the square and the southern one the sun. Large openings in the northern slab ensure that the flats in the southern slab retain some contact with the square, while from the square it is possible to appreciate the depth of the complex. Between the two slabs is an internal space fashioned as a stair or grandstand which is also the roof of the police station. The designers express the hope that the space will be appropriated by the residents; the use of wood is intended to generate a congenial atmosphere. The different functions are subtly expressed in the facades. 102 Dokumentationszentrum in Vught CLAUS EN KAAN ARCHITECTEN, AMSTERDAM/ROTTERDAM, LUNETTENLAAN 500 VUGHT, NL Quelle: detail 12/2003 Das Konzentrationslager Vught war das größte der SS unterstellte Lager auf dem Gebiet der im Zweiten Weltkrieg besetzten Niederlande. Zwischen 1943 und 1944 waren hier mehr als 31000 Menschen interniert. Nach dem Krieg befanden sich auf dem 35ha großen Areal ein Hochsicherheitsgefängnis und ein Stützpunkt der niederländischen Armee. Anfang der 90er Jahre wurde auf dem Gelände eine Gedenkstätte errichtet. Diese erweiterte man nun um ein Dokumentationszentrum, das gleichzeitig Museum und Eingang für das teilweise rekonstruierte Lagergelände ist. Der Museumsbau gibt sich in seiner klaren Formensprache eindeutig als neuer Zubau zu erkennen. Der lang gestreckte Baukörper mit wenigen außenbündigen Fenstern lebt von der vorgeblendeten, horizontal gegliederten Fassade. Handgefertigte Terracotta-Riemchen und leicht zurückversetzte, weiß überputzte Ziegel bilden ein feines, das gesamte Gebäude umlaufendes Streifenmuster. Den Eingang markiert ein mächtiges Vordach aus sandgestrahltem Beton. Der monolithische Baukörper umschließt im Inneren unterschiedlichste, ohne Zwischenflure direkt miteinander verbundene Räume. Je nach Funktion, Grundfläche und Lichtverhältnissen sind die einzelnen Bereiche des Museums gemäß der Raumplan-Idee von Adolf Loos verschieden hoch angelegt. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Linke Seite: Bodendetail links: Halle der neuen Kirche unten: Ostseite der neuen Kirche 104 Flimmerkiste - Institut für Bild und Ton In Hilversum NEUTELINGS RIEDIJK ARCHITECTEN BV, ROTTERDAM, 2006 SUMATRALAAN 45 MEDIAPARK HILVERSUM, NL Quelle: Baumeister B4/2007, “Architectuur In Nederland, Jaarbook 2006/07” NAI Uitgevers Hilversum ist das Medien-Mekka der Niederlande. Im Mediapark am Rande der kleinen Stadt konzentrieren sich alle öffentlichen Fernseh- und Radiosender, mehrere Produktionsfirmen und das nationale Medienkommissariat. Das Gelände ist aber auch reich an architektonischen Hinguckern, allen voran das legendäre Gebäude für den Sender VPRO von MVRDV. Im Vergleich zu dem Bau, der seit neuestem den Eingang zum Mediapark markiert, wirkt jedoch sogar die Villa VPRO wie eine alte Dame. Im Hilversumer Mediapark steht etwas, das auf den ersten Anblick einer gigantischen Sankt-Martinslaterne ähnelt. Ein riesiger, rot, blau, grün und gelb leuchtender Kubus, den man selbst an einem grauen Februartag schon von weitem durch die Baumwipfel glühen sieht. Als subtil kann man seine Farbgebung sicherlich nicht bezeichnen. Mit der bunten Kombination aus Primärfarben könnte man jedem Kindergartenkind eine Freude bereiten. Aber man muss zugeben, dass er seine Wirkung nicht verfehlt: „Unübersehbar“ erscheint plötzlich als zu schwaches Wort. Das Bild der Flimmerkiste brennt sich in die Netzhaut ein, dass man es förmlich zischen hört. Das Gebäude von Neutelings Riedijk Architecten beherbergt das Institut für Bild und Ton, zu dem ein Archiv, ein Forschungsinstitut und ein Medienmuseum gehören. Nähert man sich dem Kubus, werden schemenhaft Bilder auf den Pixeln der Glasfassade erkennbar: Szenen aus der niederländischen Fernsehgeschichte. Dann tritt man durch die Drehtür des Eingangs, und es stockt einem der Atem. Im Inneren des Baus öffnet sich ein riesiges Foyer, das mindestens genauso aufsehenerregend ist wie seine Haut. Das Foyer liegt als eine 26 Meter hohe, skulpturale Negativform zwischen den drei Baukörpern, die jeweils einen Funktionsbereich des Instituts beherbergen. Zu Beginn des Entwurfsprozesses schoben die Architekten drei archaische Formen – eine auf die Spitze gestellte Stufenpyramide für das Museum, ein im Grundriss trapezförmiger Körper für das Archiv und ein Quader für die Büros – wie ein dreidimensionales Puzzle so lange ineinander, bis ein 50 x 50 x 50 Meter großer Kubus entstand. Aufgrund einer Bauhöhenbeschränkung musste der Kubus danach um die Hälfte im Boden versenkt werden, was zunächst eine Notlösung war, sich aber im Nachhinein als Glücksgriff herausstellte. Himmel und Hölle Denn als Folge der Versenkung findet sich der Besucher direkt hinter der Drehtür auf einer schmalen Brücke über einem 16 Meter tiefen, auf einer Seite terrassierten Abgrund wieder. Er ist rundum mit Schiefer verkleidet und von schier endlosen Reihen orangerot glühender Öffnungen durchbrochen. In den Räumen dahinter lagert, geschützt vor Licht und Klimaschwankungen, auf fünf Geschossen sämtliches seit Einführung des Radios in den Niederlanden produziertes audiovisuelles Material, und zwar nach Alter gestaffelt: Je älter die Aufnahme, desto tiefer unten ihr Platz in der Unterwelt. Eine Nekropole also, in der Piranesi auf Dante trifft. Von diesem Canyon wandert der Blick des Besuchers unweigerlich in die Höhe, denn dort befindet sich die Kontraform zu den Terrassen: die Unterseite der Stufenpyramide. Sie ist ganz mit Aluminiumpaneelen verkleidet, in die zum Zweck des Schallschutzes ein Sternenmuster gestanzt wurde. Wie eine große Discokugel reflektie- XX 106 ren die Metallplatten, von den Architekten „Paco-Rabanne-Kacheln“ getauft, den Farbrausch der Fassade. Auf der gegenüberliegenden Seite des Foyers geht es nur bedingt ruhiger zu: Dort befindet sich eine mit Punktraster-Porträts berühmter niederländischer Fernsehpersönlichkeiten bedruckte Glasfassade, hinter der die fünf Geschosse mit Büros liegen. Gegenüber vom Eingang entwickelt sich der Schieferboden des Foyers schließlich zu einer Tribüne, die in Richtung Süden zu einem angenehm ungemusterten Panoramafenster hin abfällt und als Sitzbereich für die Cafeteria dient. Unter der Stufenpyramide liegt der Eingang zum Media Experience getauften Ausstellungsbereich. Er besteht im wesentlichen aus einer großen Halle mit einigen Galerien, in der eine anstrengende Medien-Spielhölle für Groß und Klein aufgebaut ist. Überall blinkt, wummert, klingelt, flackert und glitzert es. Auf die Einrichtung hatten die Architekten keinen Einfluss. Einzig die Verkleidung der Wände in den zwei Kinosälen sowie die dunkelblaue Farbe der Wände in den zwei Kinosälen sowie die dunkelblaue Farbe der Wände und Böden geht auf sie zurück. Tiefes Dunkelblau ist einerseits eine der Lieblingsfarben von Neutelings Riedijk, die sie bereits vor zehn Jahren im höhlenartigen Interieur ihres Minnaert-Gebäudes in Utrecht verwendeten. Andererseits handelt es sich um „Chromakey Blue“, das aus dem gesamten Medien-Vergnügungszirkus eine große Bluebox macht. Wie die Terrassen im Canyon das Gegenstück zur umgedrehten Stufenpyramide sind, so ist die stille, unzugängliche Totenstadt das Gegenstück zur überdrehten Spielhölle. Überhaupt scheinen die bunte Hülle des Gebäudes und der Disco-Mustermix im Foyer lediglich ein Vorgeschmack auf die totale Reizüberflutung im „Media Experience“ zu sein. Sie schaffen einen schrittweisen Übergang von der Realität in die künstliche Amüsierwelt der Medien. Material und Effekt Ganz im Sinne dieser Korrespondenzen, drückt auch die Vorhangfassade mit ihren rot-grün-blauen Bildern aus der Fernsehgeschichte die Funktion des Gebäudes als Mediengedächtnis aus. Entworfen wurde sie vom Designer Jaap Drupsteen, der von Neutelings Riedijk den Auftrag erhielt, dem Gebäude trotz der Entscheidung für eine Glasfassade eine gewisse Schwere zu verleihen. Er wählte 748 Bilder aus dem Medienarchiv aus, die er zunächst horizontal verwischte und dann per Computer nach Farbtönen sortierte und mit Keramikpaste digital auf Glasscheiben drucken ließ. Zur Herstellung des Reliefs wurden dieselben Motive dann mit einer CNC-Fräse als Positiv auf MDF-Platten übertragen, die wiederum in eine Sandform gedrückt wurden. Zuletzt wurden die Glasscheiben auf die Sandform gelegt und auf 820ºC erhitzt, so dass sie die Reliefform annahmen. Auf diese Weise entstanden über 2200 Glasplatten. Die Vorhangfassade umhüllt das Gebäude wie eine zweite Haut, führt seine Einzelteile zusammen und macht auf den ersten Blick deutlich, worum es in seinem Inneren geht: eine künstliche Amüsierwelt, in der Subtilität nicht gefragt ist und an der man nicht vorbeikommt, vorgegaukelt von nichts als ein paar roten, grünen und blauen Kathoden. 108 Studentenwohnheim in Amsterdam CLAUS EN KAAN ARCHITECTEN, AMSTERDAM, 2005 SARPHATISTRAAT 143-159 1018 AMSTERDAM, NL Quelle: detail 10/2005 Das Studentenwohnheim in der Sarphatistraat ist Teil eines neuen Straßenzuges, der den städtebaulichen Zustand vor einem früheren Eingriff wiederherstellt. Der Masterplan von Pi de Bruyn des Büros de Architecten Cie gibt vor, die typische Amsterdamer Straßenfront erneut zu schließen. Der Straßenzug besteht aus drei Teilen, wobei das Eckgebäude von De Bruyn selbst und der mittlere Abschnitt vom Architektenbüro VMX stammt. Der Entwurf des dritten Gebäudes von Claus en Kaan Architecten sah ursprünglich eine Verknüpfung mit der 1908 errichteten Nachbarbebauung von H. P. Berlage vor. Ein in den 60er-Jahren zerstörter Teil dieser Bebauung sollte im Stil des neuen Studentenwohnheims ergänzt werden. Dies konnte jedoch nicht realisiert werden, nachdem ein anderer Besitzer das Grundstück übernommen hatte. Auch wenn die Bebauung als Stadtreparatur zu verstehen ist, wurde jede Sentimentalität oder Nostalgie vermieden und das neue Gebäude ohne offensichtliche Anlehnung an die historische Umgebung gestaltet. Die aus dem Raster ausbrechenden Fenster sind gedacht als subtile, zeitgemäße Variante der mit dekorativen Elementen versehenen Fenster und Türen aus der Entstehungszeit der Straße. Über dem Erdgeschoss mit Geschäftsräumen sind 61 Studentenappartements untergebracht. Diese sollten für die Zielgruppe so kostengünstig wie möglich sein. Die Größe der einzelnen Bereiche entspricht daher genau den Minimalanforderungen der Bauordnung, die auch den Abstellraum innerhalb der Wohnungen vorgab. Das Gebäude ist in Stahlbeton-Schottenbauweise errichtet und zur Straße hin mit Leichtbauwänden ausgefacht, denen eine äußere Mauerwerkschale vorgehängt wurde. Bündig eingesetzte Glasund Edelstahlflächen wechselnder Größe im Erdgeschoss beleben die Fassade zusätzlich zu den versetzten, tief in der Laibung liegenden Fenstern der Appartements. Wohnhaus in Amsterdam CLAUS EN KAAN ARCHITECTEN, AMSTERDAM, 2002 HOOGTE KADIJK 25/26-28 AMSTERDAM, NL Quelle: detail 2/2002 Im Herzen von Amsterdam, eingereiht zwischen den pittoresken Häusern der Altstadt, steht das nur vier Meter schmale Gebäude. Mit seiner flachen Backsteinfassade aus handgeformten Ziegeln und den weißen Holzrahmen bezieht es sich auf die benachbarten Häuser, stellt bewusst einen Zusammenhang zur historischen Bebauung her. Außergewöhnlich an dem Haus sind die zweigeteilten Fensterelemente: Sie wirken von innen wie lang gestreckte Schlitze, durch die viel Licht in die Tiefe des Gebäudes gelangt; außen erscheinen sie klein und in der Proportion an die Formate der Nachbarhäuser angepasst. Während der obere Teil des Fensters durch seine breiten weißen Rahmen stark mit der Ziegelfassade kontrastiert, tritt der untere Teil optisch in den Hintergrund. Dort sitzt das Glas tief in der Leibung, der Fensterstock verbirgt sich hinter der Wand. Auch die Konzeption der Grundrisse ist ungewöhnlich: Zwei Wohnungen sind in dem Haus untergebracht. Die eine, kleinere wird durch die rechte Eingangstür betreten und erstreckt sich über Erd- und Obergeschoss. Ein Garten zum Hof bietet Freiraum. In die größere Wohnung gelangt man über die linke Tür. Eine Treppe führt direkt in die zweite Etage und weiter hinauf bis ins vierte Stockwerk. Dort befindet sich auch eine geräumige Dachterrasse, die von einer Galerie im zweigeschossigen Wohnraum aus zugänglich ist. 110 Café – Restaurant „Werck“ DIE CHAISELONGUE AUF DER TERRASSE URBANOFFICE, ANTARCTIC, AMSTERDAM, 2005 PRINSENGRACHT 277 AMSTERDAM www.werck.nl Quelle: Baumeister B9/2005 Wer in Amsterdam innovative Architektur und Interieurs sucht, der tut normalerweise gut daran, den Grachtenring weiträumig zu umgehen. Das Gebiet rund um Heren-, Keizers- und Prinsengracht weist eine unglaubliche Dichte an denkmalgeschützten Bauten auf und ist schon lange Anwärter für die Weltkulturerbeliste der Unesco. Für junge Architekten heißt das in der Regel: Finger weg, geht euch mal schön in den ehemaligen Hafenvierteln austoben. Umso größeren Seltenheitswert hat das neue Café-Restaurant Werck in einem Altbau zwischen Westerkerk und Anne-Frank-Haus. Werck – das klingt nicht nur in holländischen Ohren zunächst einmal nach Arbeit. Angesichts der entspannten Gäste, die auf der Terrasse im Obergeschoss auf Chaiselongues herumlümmeln, will das aber nicht so recht passen. „Der Name geht auf die ursprüngliche Bezeichnung dieses Stadtviertels zurück“, erklärt Madir Shah, der gemeinsam mit Antoine van de Vijver das Interieur des Restaurants entwarf. „Jetzt heißt es Jordaan, aber als man im 17. Jahrhundert mit seiner Anlage begann, war es als ‚het nieuwe werck’ bekannt.“ Wechselstimmungen Der freistehende Backsteinbau, in dem das Restaurant liegt, stammt aus dem Jahr 1814 und war ursprünglich eine Fleischmarkthalle, später eine Steinmetzwerkstatt und zuletzt eine bunt-kitschige Cocktailbar. „2003 wurde das Gebäude verkauft. Die neuen Besitzer luden mehrere Architekten ein, Vorschläge für die Neueinrichtung des Restaurants zu machen“, erzählt Antoine van de Vijver. „Wir konnten sie mit unserer Einteilung der großen Halle in einzelne Zonen überzeugen, die jeweils andere Funktionen und Atmosphären haben und deshalb auch unterschiedliches Publikum anziehen.“ Wichtigstes Raumelement ist eine Holztreppe, die sowohl als Zugang zur Empore und Terrasse im ersten Stock als auch als Sitztribüne dient. Ihr vorgelagert ist der Restaurantbereich mit Bar, der abends teilweise zur Tanzfläche umfunktioniert wird. Unter der Treppe befindet sich ein intimer Raum mit niedrigen Tischen und Bänken. Er geht fließend in die hellere und offenere „Lobby“ über, in deren Holzdecke hunderte LED-Lämpchen eingelassen sind, die wellenförmig an- und ausgehen. Eine Glaswand trennt die Lobby von der Terrasse, die an das wuchtige Seitenschiff der Westerkerk grenzt. Bänke, die zu Chaiselongues umgeklappt werden können, und ein Lamellen-Falttor, das den Hof von den Besucherhorden vor dem Anne-Frank-Haus abschirmt, tragen die Wohnzimmeratmosphäre ins Freie. Küche als Blickfang Im Werck gibt es weder totlaufende Gänge noch Erschließungsflächen. Das Restaurant ist ein offener, fließender Raum, von dem nicht einmal die in einem gläsernen Anbau untergebrachte Küche auf konventionelle Weise getrennt ist. Ihr Innenleben, inklusive fettigen Pfannen und schwitzenden Köchen, ist nicht nur vom Restaurant aus einsehbar, sondern fungiert auch als Blickfang für Passanten. Anneke Bokern Schon kurz nach seiner Öffnung wurde das Werck beliebter Treff im Amsterdamer Viertel Jordaan. Bei schönem Wetter sitzen die Gäste in weißem Nordseesand an einfachen Holztischen oder auf der Brüstung der Terrasse im Obergeschoss. Fleischmarkthalle und Szenerestaurant: Das alte Backsteingebäude hat schon viele Nutzungen erlebt. Seine Geschichte beginnt im frühen 19. Jahrhundert. Bei ihrem jüngsten Umbau wurde die Halle durch einen Glasanbau erweitert, in dem sich die Küche des Lokals befindet 112 Amsterdam Lageplan Hotel Vondel Park Plaza Park Plaza Vondel Amsterdam Koninginneweg 34-36 1075 CZ Amsterdam The Netherlands phone: +31 (0) 20 664 6111 fax: +31 (0) 20 573 7130 XX 114 Den Haag Lageplan Park Hotel Den Haag Parkhotel Den Haag Molenstraat 53 2513 BJ Den Haag phone: +31 (0)70 362 43 71 fax: +31 (0)70 361 45 25 116 Quellenverzeichnis Baumeister 07/2003 „Inszenierte Architektur - Wohnungsbau jenseits des Standards“, Frank Raith / Lars Hertelt / Rob van Gool, DVA Callwey, Brick ‘06, Brick Award 2006 detail 12/2003 DBZ 4/2007 “Architectuur In Nederland, Jaarbook 2006/07” NAI Uitgevers Baumeister 12/2006 “Idensity - New Collective Houses” a+t DBZ 02/2005 Neue Zürcher Zeitung, NZZ Online „Das niederländische Reihenhaus - Serie und Vielfalt“, Rob van Gool / Lars Hertelt / Frank Raith / Leonhard Schenk, DVA detail 10/2005 Baumeister B9/2005 Baumeister B4/2007 Bauwelt 91/2000 Baumeister B5/2001 http://www.haverleij.nl http://www.amsterdamtourist.nl/ http://www.ana.nl/ http://www.cie.nl http://www.maccreanorlavington.com http://www.lloydhotel.com/ http://www.nextroom.at/ http://www.vsvv.nl http://www.kollhoff.de http://www.oma.eu http://www.hertzberger.nl http://www.amsterdamblog.hochparterre.ch/ http://www.arcam.nl http://www.ijburg.nl http://www.kw1c.nl http://www.minbuza.nl http://www.kopvanzuid.info 118 Teilnehmer Teilnehmer/-innen Professoren-Exkursion Niederlande 20.09. bis 23.09.2007 Nr. TitelNachnameVornameFB FH/TU 01 Prof. Dipl.-Ing. Eisermann Dagmar A FH Koblenz 02 Prof. Dr.-Ing. Junghanß Peter A FH Augsburg 03 Prof. Dipl.-Ing. Kawamura Kazuhisa A FH Mainz 04 Prof. Dipl.-Ing. KichererRolfBI HFT Stuttgart 05 Prof. Dipl.-Ing. Kowalewsky Jobst A FH Mainz 06 Prof. Dr.KrcmarWolfgangWerkst. FH Nürnberg 07 Prof. Dr.-Ing. Lenker Siegfried BI FH München 08 Prof. Dipl.-Ing. LenzJosefA HTWG Konstanz 09 Prof. Dipl.-Ing. Meyer-Abich Helmut BI FH Gießen 10 Prof. Dr.-Ing. Nelskamp Heinz BI Hochschule Biberach 11 Prof. Dipl.-Ing. Neuleitner NikolausA FH Regensburg 12 Prof. Dr.-Ing. Olschewski Hans-Joachim BI HFT Stuttgart 13 Prof. Dipl.-Ing. RaffHellmutA FH Wiesbaden 14 Prof. Dipl.-Ing. RomeroStephanA HTWG Konstanz 15 Prof. Dipl.-Ing. RutrechtGregorA FH Kaiserslautern Prof. Dipl.-Ing. SchäferStefanBI TU Darmstadt 16 Prof. Dr.-Ing. Schaub Hans-Joachim BI Hochschule Biberach 17 Prof. Dipl.-Ing. Schenk Leonhard A HTWG Konstanz 18 Prof. Dipl.-Ing. Schneider Kuno Mauritius A FH Frankfurt 19 Prof. Dr.-Ing. SievekeMatthiasA FH Trier 20 21 Prof. Dr.-Ing. Vangerow-Kühn Arno A FH Koblenz 22 Prof. Dipl.-Ing. ZennerNorbertA FH Kaiserslautern 23 Prof. Dipl.-Ing. Zieske NikolausA FH Gießen 24 Dipl.-Ing. Arch. Pflug-Dämpfling Nicole A Ziegel Zentrum Süd 25 Dip..-Ing.PröllMichaelBI Ziegel Zentrum Süd 26 Dipl.-Ing. Arch. Vogler Waltraud A Ziegel Zentrum Süd Teilnehmer/-innen Professoren-Exkursion Niederlande 27.09. bis 30.09.2007 Nr. TitelNachnameVornameFB FH/TU 01 Prof. Dipl.-Ing. DennelerHansA FHWS Würzburg/Schweinfurt 02 Prof. Dipl.-Ing. Gassmann Gerd A HFT Stuttgart 03 Prof. Dr.-Ing. Gautschi Myriam A HTWG Konstanz 04 Prof. Dipl.-Ing. GünsterArminA Hochschule Karlsruhe 05 Prof. Dipl.-Ing. HemmerleinGerhardA FHWS Würzburg/Schweinfurt 06 Prof. Dipl.-Ing. Herrmanns Henner A FH Koblenz 07 Prof. Dipl.-Ing. Huber Rudolf M. A FH Regensburg 08 Prof. Dipl.-Ing. KleverKlausA FH Trier 09 Prof. Dipl.-Ing. Kränzle NikolausA FH Frankfurt 10 Prof. Dr.-Ing. LauerHeinrichBI FH Augsburg 11 Prof. Dipl.-Ing. Leonhardt Matthias A FH Frankfurt/Main 12 Prof. Dipl.-Ing. MathéyKostaA TU Darmstadt 13 Prof. Dipl.-Ing. Meier Richard A SRH Hochschule Heidelberg 14 Prof. Dipl.-Ing. MoslerFriedoBI FH Nürnberg 15 Prof. Dipl.-Ing. Niederwöhrmeier Hartmut A FH Nürnberg Prof. Dipl.-Ing. RichterPeterA Universität Karlsruhe 16 Prof. Dipl.-Ing. Schwarzbart Kenn A SRH Hochschule Heidelberg 17 Prof. Dipl.-Ing. StößleinMichaelA FH Nürnberg 18 Prof. Dipl.-Ing. ThomasHorstA FH Nürnberg 19 Prof. Dipl.-Ing. Vetter Heinz J. A Hochschule Darmstadt 20 21 Prof. Dipl.-Ing. WeberGünterA FH Wiesbaden 22 Prof. Dipl.-Ing. Wienbreyer Joachim A FH Regensburg 23 Prof. Dipl.-Ing. ZollMartinA FH München 24 Dipl.-Ing. Arch Pflug-Dämpfling Nicole A Ziegel Zentrum Süd e.V. 25 Dip..-Ing.PröllMichaelBI Ziegel Zentrum Süd 26 Dipl.-Ing. Arch. Vogler Waltraud A Ziegel Zentrum Süd 120 Impressum Herausgeber © Ziegel Zentrum Süd e.V. Konzeption, Layout, Recherche und Exkursionsvorbereitung Dipl.-Ing Architektin Nicole Pflug-Dämpfling Dipl.-Ing Architektin Waltraud Vogler Margret Kaiser Beratung D.SIGNstudio Edigna Aubele, München Druck K. Fell GmbH, Gräfelfing AnsprechpartnerInnen: FB Architektur FB Bauingenieurwesen Sekretariat Waltraud Vogler, Dipl.-Ing. Architektin, Geschäftsführerin Nicole Pflug-Dämpfling, Dipl.-Ing. Architektin Michael Pröll, Diplom-Ingenieur Margret Kaiser Ziegel Zentrum Süd e. V. Beethovenstr. 8 80336 München Fon 089 - 74 66 16 - 11 Fax 089 - 74 66 16 - 60 [email protected] www.ziegel.com Wir bedanken uns herzlich bei allen Personen, die uns erlauben, einen Blick in ihre Stadt und ihre Arbeit werfen zu dürfen und für die freundliche Unterstützung bei der Recherche, die wir in der Vorbereitungsphase dieser Exkursion erlebten. Besonderer Dank gilt: Christa Rinzema und Frits van Dongen (de Architekten Cie.), Rob van Gool, Marcel van der Lubbe (ANA Architecten) und Prof. Leonhard Schenk.