BusinessFocus Hong Kong

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BusinessFocus Hong Kong
BusinessFocus Hong Kong
Firmengründung in Hong Kong
Ein Land, Zwei Systeme
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Vorwort
Nichts ist einfacher, als in Hongkong ein Unternehmen zu gründen.
Das Markenzeichen der Sonderverwaltungsregion Hongkong ist die
Abwesenheit nennenswerter Barrieren für die Geschäftstätigkeit. Das fängt
an bei der Administration und endet bei den Zöllen.
Dennoch will auch hier ein Engagement gut überlegt und entsprechend
vorbereitet sein. Denn auch eine noch so reibungslose Verwaltung, noch so
niedrige Steuern und ein noch so kosmopolitisches Umfeld können nicht
alle Unwägbarkeiten ausschließen, die bei einer Firmengründung und
dem Beginn oder Ausbau geschäftlicher Aktivitäten auftreten können.
Die wichtigsten Überlegungen soll diese Gemeinschaftspublikation der
Deutschen Auslandshandelskammer in Hongkong und Germany Trade and
Invest beantworten.
Auf Grund seiner Historie, der geografischen Lage und wirtschaftlichen
Disposition ist die Hafenmetropole prädestiniert für Unternehmen, die in der
Wachstumsregion Asien einen strategischen Stützpunkt benötigen. Themen
wie Einkauf, Vertrieb, Finanzierung, Logistik und Unternehmenssteuerung
bringen international orientierte Firmen nach Hongkong.
Die Herausgeber und die Mitglieder der deutschen Handelskammer
in Hongkong stehen Ihnen gern mit Ihren Beratungs- und
Unterstützungsangeboten zur Seite.
Wir hoffen, dass die Leser am Ende der Lektüre dieses Beitrages mit uns
übereinstimmen: Aller Anfang ist einfach in Hongkong.
Ekkehard Goetting
Chairman & CEO
German Industry and Commerce Ltd.
Dr. Benno Bunse
Erster Geschäftsführer
Germany Trade and Invest
Chairman
GIC Greater China (Taicang) Co. Ltd.
1
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1
Impressum
4
1. Das Umfeld
6
1.1 Geschichte, Gegenwart und Zukunft
1.2 Ein Land – Zwei Systeme
11
1.3 Engere Kooperation durch CEPA
12
1.4 Ein verändertes Umfeld in Südchina
14
1.5 Sorgfaltsempfehlungen bei Mehrparteien-Geschäftsbeziehungen
15
1.6 Welche Rolle spielt Hongkong noch?
18
2. Warum Hongkong?
20
2.1 Drehkreuz für Asien
20
2.2 Logistik
21
2.3 Bauwirtschaft
23
2.4 Automobil
26
2.5 Konsumgüter
28
2.6 Lebensmittel
30
2.7 Umwelttechnik
32
3. Rechtliche Rahmenbedingungen
33
3.1 Vertragsrecht – Allgemeines
34
3.2 Kaufrecht
34
3.2.1 UN-Kaufrecht
34
3.2.2 Kaufvertrag
34
3.2.3 Gewährleistung
35
3.2.4 Sicherungsmittel
36
3.2.5 Produzentenhaftung
36
3.3 Investitionsrecht
2
6
37
3.4 Gesellschaftsrecht
37
3.4.1 Repräsentanz
37
3.4.2 Private Company limited by shares
38
3.5 Wettbewerbsrecht
39
3.6 Steuerrecht
40
3.7 Devisenrecht/Zahlungsverkehr
42
3.8 Rechtsverfolgung
42
3.9 Schiedsgerichtsbarkeit
43
4. Vertrieb und Handelsvertretersuche
44
4.1 Groß- und Einzelhandel
44
4.2 Handelsvertreter und Vertragshändler
50
4.3 Handelsvertreter managen
52
4.4 Handelsvertreterrecht
53
4.5 Messewesen
56
4.6 Franchising
57
4.7 E-Commerce
58
5. Kontakte
60
3
Impressum
BusinessFocus Hong Kong
Firmengründung in Hong Kong
Ein Land, Zwei Systeme
Autoren:
Achim Haug, Germany Trade & Invest
Wolfgang Ehmann, German Industry and Commerce Ltd.
(Sorgfaltsempfehlungen bei Mehrparteien-Geschäftsbeziehungen)
Frauke Schmitz-Bauerdick, Germany Trade & Invest
(Rechtliche Rahmenbedingungen)
© Januar 2015
German Industry and Commerce Ltd. / Germany Trade and Invest GmbH
Alle Rechte vorbehalten – insbesondere die der Vervielfältigung und
Verbreitung in gedruckter Form sowie die zur elektronischen Speicherung
in Datenbanken und zum Verfügbarmachen für die Öffentlichkeit zum
individuellen Abruf, zur Wiedergabe auf dem Bildschirm und zum Ausdruck
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Die in diesem Buch enthaltenen Angaben wurden von den Autoren
sorgfältig recherchiert und nach bestem Wissen zusammengestellt. Für
die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts sowie für zwischenzeitliche
Änderungen wird keine Gewähr übernommen. Eine Haftung der Autoren
und des Herausgebers für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist
ausgeschlossen.
Herausgeber:
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Tel.: +852 2526 5481
Fax: +852 2810 6093
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Stand: August 2014
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4
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1. Das Umfeld
Geschichte, Gegenwart und Zukunft
Das Umfeld
1.1 Geschichte, Gegenwart und Zukunft
Hongkong hat in den gut 175 Jahren der jüngeren Geschichte eine
bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen. Nachdem das Vereinigte
Königreich den natürlichen Hafen für den Handel mit Südchina erschlossen
und ihn 1840 zur offiziellen Kronkolonie erklärt hatte, ist die Hafenmetropole
an der Mündung des Perlflusses zu einer der wichtigsten Handelsdrehscheibe
im Zentrum Asiens geworden. Vor allem seit der wirtschaftlichen Öffnung
der VR China in den 1980er-Jahren, haben Unternehmer die geografische
und kulturelle Nähe Hongkongs zum „Reich der Mitte“ ausgespielt.
Die Rückgabe der Kronkolonie an China 1997 war ein markantes
Datum, das aber nicht den von vielen befürchteten Niedergang mit sich
brachte. Stattdessen hat die vertiefte Integration mit dem Mutterland
die wirtschaftliche Entwicklung Hongkongs weiter befördert, das seit
der Wiedervereinigung als Sonderverwaltungsregion (SVR) mit hohen
Autonomierechten geführt wird.
Wurden in der Vergangenheit in Hongkong einfache Konsumgüter
und Elektronik für die entwickelten Märkte gefertigt, wanderten diese
Fertigungsschritte nach und nach ins benachbarte Südchina ab, wo
Anfang der 1980er-Jahre Sonderwirtschaftszonen für ausländische
Investoren eingerichtet wurden. Das verarbeitende Gewerbe hat in der
SVR daher kaum ein Zuhause mehr, über 90% aller Arbeitsplätze sind im
Dienstleistungssektor angesiedelt.
Unternehmen aus Hongkong gehören noch heute zu den wichtigsten
Investoren im Perlflussdelta, von hier aus werden viele Fabriken
gesteuert und auch Einkauf und Beschaffung werden durch zahllose
Handelsgesellschaften organisiert. Die Integration hat sich vor allem mit
der angrenzenden Sonderwirtschaftszone Shenzhen in der Nachbarprovinz
Guangdong stark vertieft. Über 60% der ausländischen Direktinvestitionen
in der Provinz stammen aus Hongkong – ein nicht unerheblicher Teil davon
auch aus Holdinggesellschaften.
6
Wirtschaftliche Eckdaten Hongkong
Indikator
2012
2013
2014 *)
BIP (nominal, Mrd. US$)
261,2
272,1
285,0
36.500
37.900
39.500
BIP Veränderung (real in %)
1,5
2,9
2,0
Bevölkerung (Mio.)
7,2
7,2
7,2
Geschichte, Gegenwart und Zukunft
Das Umfeld
BIP pro Kopf (US$)
*) Prognosen
Quellen: Census and Statistics Department, Internationaler Währungsfonds (IMF)
Heute hat sich Hongkong als Dienstleistungszentrum für das Asiengeschäft
etabliert, über den Chinahandel hinaus. Nicht ohne Grund ist die Stadt stolz auf
ihre freien „Flüsse“ – von Waren, Menschen, Informationen, Dienstleistungen
und Kapital. Diese freie Entfaltung der Privatwirtschaft verschafft ihr daher
seit über zehn Jahren den Titel der freiesten Volkswirtschaft der Welt. Die
hierfür aufgebaute Infrastruktur – auch in Form von Messen und Events –
sucht weltweit ihresgleichen. Nicht umsonst liegt die Stadt an der Spitze des
Infrastrukturrankings des Weltwirtschaftsforums.
In Hongkong werden nicht nur der Im- und Export nach China abgewickelt,
sondern auch Produktdesign, Auswahl und Beschaffung von Rohstoffen
und Vorprodukten, Qualitätskontrolle und Zertifizierung, Finanzierung und
Abrechnung sowie Kennzeichnung, Verpackung und Logistik organisiert.
Zudem sind in der SVR viele Firmen mit überregionalen Aufgaben
angesiedelt, die die Vernetzung in Asien für Querschnittsbereiche nutzen. Mit
einem Fünf-Stunden-Flug kann einerseits die Hälfte der Weltbevölkerung
erreicht werden, andererseits sind die Einreiseformalitäten unkompliziert.
Während Rechtsunsicherheit vielfach ein Thema in der VR China ist, können
ausländische Unternehmen über Holdingstrukturen in Hongkong ihre
Tochterfirmen oder Joint Ventures auf dem chinesischen Festland steuern
und von dem verlässlicheren Rechtsraum profitieren.
Mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf von fast 40.000 US$
gehört Hongkong zu den reichsten und am weitesten entwickelten
Volkswirtschaften im Asien-Pazifik-Raum. Durch die abgekühlte
Dynamik in Festlandchina stieg auch das BIP der Hafenmetropole in den
vergangenen Jahren etwas schwächer. Weiter befeuert wird es aber durch
große Infrastrukturprojekte, dem Immobilienbau sowie Einzelhandel und
Tourismus. Der wichtigste Treiber bleibt aber die Wirtschaft im Reich der
Mitte.
8
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Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
Doch die SVR muss sich verschiedenen Herausforderungen stellen, will sie
ihren erfolgreichen Weg in der Zukunft fortsetzen. Dazu zählen zunächst
die sich verändernden Handelsstrukturen, da die Küstenregionen Chinas
für lohnkostenintensive Produktion stark an Wettbewerbsfähigkeit
eingebüßt haben. Dies betrifft den wichtigen Außenhandels-, Transportund Logistiksektor. In diesem wird rund ein Viertel der Wirtschaftsleistung
erbracht und sind zahlreiche ausländische Firmen aktiv.
Geschichte, Gegenwart und Zukunft
Das Umfeld
Bedeutung der Wirtschaftssektoren (Anteile in %)
Sektoren
Anteil
am BIP
2007
Anteil
am BIP
2011
Anteil an den
Beschäftigten
2007
Anteil an den
Beschäftigten
2011
Die 4 Säulen insgesamt:
60,3
58,5
47,6
47,6
Logistik und Handel
25,5
25,5
24,0
21,6
Finanzdienstleistungen
20,1
16,1
5,5
6,3
3,4
4,5
5,5
6,6
11,3
12,4
12,6
13,1
Anteil
am BIP
2008
Anteil
am BIP
2011
Anteil an den
Beschäftigten
2008
Anteil an den
Beschäftigten
2011
Gesundheitsversorgung
1,3
1,4
2,0
2,1
Innovation und Technik
0,6
0,7
0,7
0,8
Umweltschutz
0,3
0,3
0,9
1,1
Test und Zertifizierung
0,3
0,3
0,4
0,4
Tourismus
Sonstige
Geschäftsdienstleistungen
Neue Industrien
Quelle: Census and Statistics Department
Auf der anderen Seite muss die Hafenmetropole zunehmend auf soziale
Fragen der Ungleichheit, Altersversorgung, Zuwanderung sowie auf
Umweltprobleme Antworten finden. Die Regierung legt daher immer
häufiger ihre traditionell nicht-interventionistische Haltung ab und
versucht, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Deutsche Firmen genießen
ein hohes Ansehen und können auf vielfältige Weise zur Bewältigung der
Herausforderungen beitragen.
10
1.2 Ein Land – Zwei Systeme
Unabhängig davon hat Hongkong auch einige turbulente Zeiten hinter sich,
so zum Beispiel das Platzen einer Immobilienblase während der Asienkrise
1997 oder die unkontrollierten Ausbreitung der Lungenkrankheit SARS
2003. Viele der Mitte der 90er-Jahre ausgewanderten Hongkonger sind
inzwischen zurückgekehrt und tragen als qualifizierte Arbeitskräfte zum
wirtschaftlichen Fortschritt bei.
Ein Land – Zwei Systeme
Die zugesagte Übergangszeit von 50 Jahren, in denen das System
Hongkongs unangetastet bleiben soll, wird durch das Motto „Ein Land
– Zwei Systeme“ versinnbildlicht. In der gemeinsamen Erklärung heißt
es, Hongkong sei Teil der VR China, genieße aber „ein hohes Maß an
Autonomie“ und werde von Hongkongern regiert. Die bisherigen 17
Jahre seit der Übergabe haben gezeigt, dass sich die im Vorfeld von
Kritikern geäußerten Untergangsszenarien nicht bewahrheitet haben. Die
wirtschaftliche Entwicklung blieb praktisch unbeeinflusst.
Das Umfeld
Vor der Rückgabe Hongkongs an die VR China verhandelte die chinesische
Regierung mit dem Vereinigten Königreich über die Modalitäten der
Überführung der Kolonie. Das Datum der Rückgabe am 1.7.97 entstand durch
eine 99-jährige Pacht der New Territories, die 1898 mit dem chinesischen
Kaiserreich vereinbart worden war. Das Auslaufen des Pachtvertrages
signalisierte auch das Ende für die Kronkolonie, Chinas starker Mann Deng
Xiaoping ließ daran in den Verhandlungen keinen Zweifel.
Allerdings steht die Beziehung zwischen der SVR und dem Mutterland vor
einer Bewährungsprobe: so muss für die Umsetzung der versprochenen
demokratischen Wahlen ein Modus gefunden werden, der die
verschiedenen Interessen berücksichtigt. Bis 2017 muss dies für die Wahl
des Regierungschefs, bis 2019 für das Parlament gelingen – keine leichte
Aufgabe. Bereits im Konsultationsprozess drohten verschiedene Gruppen
mit einer Blockade des politischen Verfahrens, was weder gesund für den
demokratischen Prozess ist, noch auf Verständnis der Führung in Beijing
trifft. Der Unmut kristallisierte sich im Herbst 2014 in Blockaden in wichtigen
Geschäftsvierteln, die bis Ende des Jahres aber wieder geräumt wurden.
Die Hongkonger Regierung steht vor der Aufgabe, alle gesellschaftlichen
Kräfte in den Entscheidungsprozess einzubeziehen und gleichzeitig den
Anforderungen Beijings gerecht zu werden.
Lediglich im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik setzt die
Zentralregierung klar die politischen Leitlinien. Hongkong ist aber weiterhin
11
Ein Land – Zwei Systeme | Engere Kooperation durch CEPA
Das Umfeld
eigenständiges Mitglied in internationalen Abkommen, wie zum Beispiel
der WTO oder APEC. Dies ist besonders für die wachsende Zahl von
regionalen Freihandelsabkommen von Bedeutung, denn Hongkong lebt als
Freihafen von ungehinderten Handelsströmen. So ist die SVR nicht Teil des
China-ASEAN-Freihandelsabkommens geworden, arbeitet aber derzeit auf
einen Beitritt hin. Der südostasiatische Staatenbund ASEAN gewinnt durch
veränderte Handelsströme und die Verlagerung von Produktionsstätten
auch für den Hongkonger Außenhandel stark an Bedeutung.
1.3 Engere Kooperation durch CEPA
Ein wichtiges Abkommen, das seit 2003 den Geschäftsverkehr vereinfacht,
ist das Closer Economic Partnership Arrangement (CEPA). Dieses
Abkommen zwischen Hongkong und dem chinesischen Festland hat
schrittweise Zölle im gegenseitigen Warenverkehr abgebaut und in den
bislang zehn Erweiterungsrunden vor allem die Dienstleistungserbringung
liberalisiert. Die jeweils aktuellste Fassung sowie Erläuterungen können
beim Trade and Industry Department abgerufen werden:
http://www.tid.gov.hk/english/cepa/
Infolge des Abkommens können Produkte, die die Ursprungsregeln
erfüllen, zollfrei nach Festlandchina eingeführt werden. Auch wenn
eine Produktion in den meisten Fällen in der SVR nicht in Frage kommt,
können immerhin auch in Hongkong entstandene Entwicklungskosten in
die Wertberechnung einfließen.
Die Anforderungen, um ein Ursprungszertifikat zu erhalten, können
für die jeweiligen Produkte auf der Webseite des Trade and Industry
Departments eingesehen werden. Dafür muss eine „substanzielle“
Veränderung herbeigeführt worden sein. Die Beurteilung dessen folgt
prozessbasierten Kriterien, einer Änderung der Zolltarifposition oder
Wertschöpfungsgrenzen. So muss zum Beispiel im jeweiligen (Zoll-)
Territorium der Wert der Rohmaterialien, Komponenten oder eingesetzten
Arbeitskraft mindestens 30% des fob-Wertes erreichen, sowie der letzte
Bearbeitungsschritt erfolgt sein.
Zum anderen wurden durch CEPA verschiedenste Dienstleistungsbranchen
in der VR China für Hongkonger Erbringer geöffnet, zum Beispiel mit
niedrigeren Joint-Venture-Anforderungen oder wie im Baubereich mit
vereinfachten Lizenzierungsvorschriften. Dies findet Anwendung auf
natürliche Personen in Hongkong und Gesellschaften, die drei bis fünf
12
Jahre substanzielle Geschäfte in der SVR betrieben haben.
Doch die „Werkbank der Welt“ wandelt sich, höhere Löhne, ein
aufwertender Renminbi Yuan und anspruchsvollere Arbeitnehmer machen
den exportorientierten Betrieben das Leben schwer. Zudem forciert
die Zentralregierung in Beijing den Wandel weg von unterbezahlten
Billigjobs hin zu einer höherer Wertschöpfung und eigenen Innovationen.
Hongkong spielt eine wichtige Rolle in diesem Konzept. Zahlreiche
Partnerschaftsinitiativen, ob im Bereich Umweltschutz, Innovation und
Design oder auch Finanzmarkt, spiegeln dies wider.
Engere Kooperation durch CEPA
Zum Teil werden Öffnungsmaßnahmen im Rahmen von CEPA zunächst
in Guangdong umgesetzt und erst später auf andere Regionen erweitert.
Die Provinz gehört zu den am weitesten entwickelten Regionen Chinas,
2013 überschritt das nominale BIP 1 Bill. US$. Nachdem 1980 in Shenzhen
die erste Sonderwirtschaftszone Chinas aus dem nichts aufgebaut wurde,
steht die Provinz bis heute für die exportorientierte Industrie. Immer noch
werden 28% aller chinesischen Ausfuhren in Guangdong gefertigt, auch
wenn andere Regionen aufholen.
Das Umfeld
Bis
April
2014
wurden
insgesamt
2.793
Lizenzen
für
Dienstleistungserbringer ausgegeben, die Mehrzahl davon im Bereich
Transport und Logistik sowie Vertrieb und Personaldienstleistungen.
Die beantragten Ursprungszertifikate für Produkte aus Hongkong
wurden fast alle erteilt, insgesamt in 110.000 Fällen, wobei hauptsächlich
Nahrungsmittel und Getränke, Textilien und Kleidung, Plastikwaren
sowie pharmazeutische Produkte aufs Festland geliefert wurden.
Besonders versinnbildlicht wird die Partnerschaft neben dem CEPAAbkommen durch neue Sonderzonen, die ab 2012 ausgerufen wurden. In
Qianhai (Shenzhen), Nansha (Guangzhou) und Hengqin (Zhuhai) sollen
vor allem die Dienstleistungsindustrien von Hongkonger Investitionen
beziehungsweise Kooperationsinitiativen profitieren. Diese könnten
jedoch bald schon überholt werden von einer Freihandelszone im
Perlflussdelta, die die drei genannten Zonen einschließen soll. Noch sind
die Details vage, jedenfalls dürfte die Zone zum Teil dem Shanghaier
Vorbild folgen und besonders die Kooperation mit Hongkong und Macau
als Schwerpunkt haben.
13
1.4 Ein verändertes Umfeld in Südchina
Ein verändertes Umfeld in Südchina
Das Umfeld
Hongkong lebt vom Außenhandel, die Warenströme erreichen fast ein
Vierfaches der Wirtschaftsleistung. Die Hafenmetropole ist mit dem Im- und
Export von Gütern nach sowie aus dem "Reich der Mitte" großgeworden
und der Chinahandel macht immer noch einen bedeutenden Teil der Ausund Einfuhren aus. 2013 kamen 62% der in Hongkong weiterverschifften
Waren (Reexporte) aus China, Hongkong war nach chinesischer Statistik der
zweitgrößte Handelspartner nach den USA.
Allerdings sinkt Chinas Exportorientierung und die Handelsstrukturen
ändern sich, daher muss sich auch Hongkong umorientieren. Die
Küstenregionen haben für lohnkostenintensive Produktion stark an
Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt, im Schnitt um rund 15% pro Jahr
stiegen die Löhne in den vergangenen Jahren. Der Veredelungsverkehr im
Perlflussdelta geht daher zurück. Die Unternehmen reagieren darauf häufig
mit einer Verlagerung ins Inland oder nach Süd- und Südostasien. Dadurch
ändern sich Transportwege und Lieferketten was die größte Branche in
Hongkong, die Handels- und Logistiksparte, direkt betrifft.
Importiert werden über den Freihafen traditionell Vorprodukte wie
Elektronikkomponenten, chemische Erzeugnisse, Mess- und Regel- sowie
Automatisierungstechnik für die Industrie im Perlflussdelta. Der von dort
fließende Export wird dagegen noch immer stark bestimmt durch Textilien,
Spielzeug, Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräte und Kunststoffwaren
aller Art. Hongkongs eigene Ausfuhren sinken dagegen seit Jahren.
Während der Containerhafen - auch durch immer stärkere Wettbewerber
auf dem Festland - an Bedeutung einbüßt, behält die effiziente Luftfracht
ihre Stärke. Chek Lap Kok war in den vergangenen Jahren nach Umschlag
weltweit die Nummer eins. Bei Waren mit hohem Wert-Gewicht-Verhältnis
fallen die hohe Effizienz und Sicherheit noch mehr ins Gewicht.
Die Kostensteigerungen können aber auch Antrieb sein, die Produktivität zu
verbessern, die Wertschöpfung zu erhöhen und mehr eigene Innovationen
zu schaffen. Dazu müssen aber zunächst ausreichend Fachkräfte vorhanden
sein, während qualifiziertes Personal in China inzwischen zu den größten
Herausforderungen zählt. Zum Teil wird auf den Markenaufbau und
besseres Produktdesign aus Hongkong gesetzt. Zudem investieren viele
Firmen in Automatisierungstechnik.
Die Region Südchina hat daher weiterhin hohe Bedeutung als Absatzmarkt
14
China ist für viele Länder der Welt einer der wichtigsten Lieferanten für
Investitions- und vor allem Konsumgüter aller Art, das gilt auch für
Deutschland. Nach offiziellen Angaben werden etwa 30% aller chinesischen
Exporte direkt als Re-Exporte oder indirekt über den sogenannten
„Offshorehandel“ über Hong Kong abgewickelt. Alle großen deutschen
Einkaufsorganisationen haben aus diesem Grund ihre regionalen und
teilweise auch globalen Einkaufszentralen in Hong Kong angesiedelt.
Daneben gibt es eine große Zahl mittlerer und kleinerer Gesellschaften, die
in der Vermittlung von Handelsgeschäften tätig sind, über die der Einkauf
von Waren aus China abgewickelt wird.
Häufig haben die Lieferanten selbst, also die Produktionsgesellschaften im
Festland, Niederlassungen oder Domizilgesellschaften in Hong Kong über
die fakturiert wird, der Versand der Ware erfolgt auf dem direkten Weg
an die Käufer in Übersee. Diese Konstellation einer Geschäftsbeziehung
ist häufig anzutreffen und per se weder illegal noch unlauter, sondern ein
aus praktischen Erwägungen heraus entstandenes Gebilde, das einerseits
mit den bestehenden Kapitalverkehrskontrollen in China zu tun hat, und
andererseits den Vorzügen der einfacheren Administration und Logistik
Hongkongs, die eine bequemere und schnellere Abwicklung solcher
Geschäfte ermöglichen, geschuldet.
Ein verändertes Umfeld in Südchina | Sorgfaltsempfehlungen bei Mehrparteien-Geschäftsbeziehungen
1.5 Sorgfaltsempfehlungen bei MehrparteienGeschäftsbeziehungen
Das Umfeld
für deutsche Industriegüter und ist wichtiger Einkaufsmarkt zum Beispiel für
Elektroartikel, Weiße Ware, Geschenkartikel, Spielzeug, Textilien. Daneben
wächst auch die Relevanz als Absatzmarkt für Konsumgüter. In den großen
Metropolen Guangzhou und Shenzhen haben steigende Einkommen eine
wachsende Mittelschicht hervorgebracht, viele Bewohner nutzen Tagestrips
nach Hongkong, um sich mit Kleidung, Accessoires sowie Nahrungs- und
Genussmittel einzudecken. Niedrigere Preise, eine größere Auswahl und
höheres Vertrauen in die Produktqualität sind die Hauptmotive. Hongkong
bietet sich daher als guter Testgrund für China im Konsumgüterbereich an.
Solche Mehrparteien-Geschäftsbeziehungen bergen gewisse Risiken, die
es abzuwägen gilt und die nicht notwendigerweise vollständig abgedeckt
werden können. In dem nachfolgend beschriebenen Beispielfall soll
beschrieben werden, welche Vorkehrungen getroffen werden können, das
Risiko gering zu halten und welche Sachverhalte den involvierten Parteien
15
Sorgfaltsempfehlungen bei Mehrparteien-Geschäftsbeziehungen
Das Umfeld
gegenwärtig sein sollten. Die Auslandshandelskammern in Greater China
geben gerne jede mögliche Hilfestellung in Form von Auskünften oder
geeigneten Netzwerkkontakten.
Beispiel: Vertragsverhältnissen Deutschland-Hongkong-China
Eine deutsche Firma verhandelt ein Liefergeschäft von Verbrauchsartikeln
mit einem Lieferanten in China mit Sitz in Shenzhen. Die Musterlieferungen
erfolgen zur Zufriedenheit des Käufers und eine Bestellung soll auf den Weg
gebracht werden. Der Käuferaspirant bekommt eine Auftragsbestätigung
und Rechnung mit einer Anschrift in Shenzhen und einem Firmennamen,
der auf eine Hongkong Gesellschaft hindeutet (z.B. … (HK) Ltd.). Der
Käufer möchte sich über die Seriosität des Lieferanten rückversichern und
fragt bei seiner Industrie- und Handelskammer in Deutschland nach, die
den Vorgang an die Auslandshandelskammer in Hongkong weiterreicht.
Dort ergibt ein Blick ins online Handelsregister, dass eine Gesellschaft unter
diesem Namen seit 2010 eingetragen ist.
Auf die Beschaffung eines kostenpflichtigen Handelsregisterauszuges
oder einer Firmenkreditauskunft wurde in dem Beispielfall verzichtet. Die
Rechnungsanschrift gibt deutliche Hinweise darauf, dass die wirtschaftliche
Substanz des Unternehmens erkennbar in Shenzhen ist, also in einem
anderen Rechtsraum als der Sonderverwaltungsregion Hongkong. Für
den Einkäufer stellt sich die Frage, mit wem, im Falle einer Bestätigung
des Auftrages, ein Kaufvertrag zustande kommt - der Gesellschaft in
China (der Produktionsfirma), oder der Niederlassung in Hongkong (dem
Firmennamen Rechnungsanschrift). Es wäre natürlich denkbar, dass eine
Gesellschaft mit einem identischen Namen auch in Shenzhen eingetragen ist,
in China hat allerdings nur der Firmenname in chinesischen Schriftzeichen
Rechtsgültigkeit und auf der Auftragsbestätigung wurden nur lateinische
Buchstaben verwendet.
Solche Dreiecksbeziehungen sind ein gängiges Format in der Abwicklung
von Handels- und anderen Geschäften, das die Auslandshandelskammern
vor Ort regelmäßig vor das Problem stellt, dass die Zahlung in Hongkong
erfolgt, der Vertrag aber "eigentlich" mit dem Unternehmen in Festlandchina
geschlossen wurde. Wenn es zu Problemen mit der Lieferung kommt
und der Käufer zum Beispiel Wandelung oder Minderung wünscht
beziehungsweise Rückforderungen an den Lieferanten stellt, sind die
Möglichkeiten in Hongkong wirksam tätig zu werden sehr begrenzt, da die
handelnden Personen physisch nicht vor Ort ansässig sind. Die Firma besteht
nur aus einer Adresse und einem Dienstleister, der die Abwicklung der
Transaktionen im Auftrag der Firma vornimmt. Eine Rechtsverfolgung ist in
16
Vorkehrungen
Vor diesem Hintergrund muss dringend dazu geraten werden, dass der
Vertrag unzweifelhaft mit dem Unternehmen geschlossen wird, das auch
über die wirtschaftliche Substanz verfügt.
Ein Handelsregisterauszug oder eine Firmenkreditauskunft kann weiteren
Aufschluss über die Substanz des Vertragspartners geben, solche Auskünfte
können bei den Auslandshandelskammern gegen ein Honorar in Auftrag
gegeben werden. Die Kosten solcher Auskünfte sind relativ zu einem
möglichen Schaden eher gering.
Die wohl effektivste Rückversicherung ist eine Prüfung der Ware durch eine
Person oder Institution des Vertrauens des Käufers vor Versand. Eine solche
Begehung und in Augenscheinnahme der Ware ist oft mit Blick auf den
Gesamtwert einer Bestellung wirtschaftlich nicht sinnvoll und ökonomisch
nur bei größeren Auftragsvolumina zu rechtfertigen.
Sorgfaltsempfehlungen bei Mehrparteien-Geschäftsbeziehungen
Den Produzenten der Ware in China zu belangen scheitert regelmäßig daran,
dass dieser sich in keiner vertraglichen Bindung mit dem Käufer sieht, das
Geschäft wurde ja über Hongkong abgewickelt. Eine Rechtsverfolgung in
China ist ebenfalls möglich, aber wenig erfolgversprechend.
Das Umfeld
Hongkong möglich, in den meisten Fällen aber aufgrund geringer Streitwerte
ökonomisch nicht sinnvoll. Anders als in Deutschland muss hier der Kläger
seine eigenen Anwaltskosten tragen und eine Kaution zur Deckung der
Gerichtskosten hinterlegen, für den Fall dass die Klage abgewiesen wird.
Auch im Fall eines Schiedsspruches zugunsten des Klägers wäre diesem
nicht viel geholfen, da die Hongkonger Niederlassung des Lieferanten in
aller Regel über keine nennenswerten Vermögenswerte verfügt.
Bei nüchterner Betrachtung muss man zu dem Schluss kommen, dass bei
der Abwicklung von Geschäften der oben beschriebenen Art ein Restrisiko
praktisch nicht auszuschließen ist. Es liegt in der Natur der Sache, dass
bei einer Transaktion über große Entfernungen hinweg, oft anonym und
ohne jede Kenntnis des Lieferanten, wie das im Zeitalter des Internet und
e-commerce üblich ist, eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es zu
Problemen kommt. Risiko ist integraler Bestandteil jeder wirtschaftlichen
Betätigung und ohne Risiko würde Volkswirtschaft zum Erliegen kommen.
Wer Handelsbeziehungen der beschriebenen Art beabsichtigt, sollte sich
dieses Risiko stets vergegenwärtigen und bestimmte Vorkehrungen treffen,
die größeren Schaden verhindern können. Dazu gehört eine möglichst
umfängliche Prüfung aller vorhandenen Informationen über den Lieferanten,
17
ein kritisches Hinterfragen der gebotenen Preise (sind diese realistisch?),
das Einholen von Referenzen über den Lieferanten (wo möglich), das
Hinzuziehen von Vertrauenswürdigen Personen und Institutionen und nach
Möglichkeit die Bezahlung per Akkreditiv oder Dokumenteninkasso.
Sorgfaltsempfehlungen bei Mehrparteien-Geschäftsbeziehungen | Welche Rolle spielt Hongkong noch?
Das Umfeld
1.6 Welche Rolle spielt Hongkong noch?
18
Zu unterschiedlichen Zeitpunkten in der Vergangenheit, vor allem vor der
Rückgabe an China, stellten zumeist ausländische Beobachter die Frage,
wozu man Hongkong noch brauche, wenn China doch schon alles biete.
Diese Diskussion ist nun vor allem mit Ausrufung der Shanghai (China) Pilot
Free Trade Zone im September 2013 erneut aufgeflammt. In dieser soll das
Modell des Hongkonger Freihafens mit freiem Kapitalverkehr ausgetestet
werden und vor allem der Dienstleistungssektor liberalisiert werden. Dieses
von höchster Ebene unterstütze Pilotprojekt soll auf weitere Gebiete in China
ausgeweitet werden und eine neue Runde der wirtschaftlichen Öffnung in
China einläuten.
Klar ist, Hongkong gehört weiterhin zu den wettbewerbsfähigsten
Standorten der Welt: im Doing Business Ranking der Weltbank kommt die
Stadt auf Rang zwei, während die VR China mit Platz 96 abgeschlagen ist.
Für eine Unternehmensgründung geht die Weltbank beispielsweise von
einem Zeitaufwand in der SVR von zweieinhalb Tagen aus und es gelten
keine Mindestanforderungen an das Stammkapital. Demgegenüber sind in
China laut Weltbank 33 Tage notwendig und in bestimmten Fällen drohen
Joint-Venture-Zwang sowie strenge Eigenkapitalanforderungen. Während
jenseits der Grenze ausländische Firmen oftmals über Protektionismus
und Willkür in Entscheidungsprozessen klagen, können sie in Hongkong
Rechtsstaatlichkeit, eine vergleichsweise niedrige Korruption und neutrale
Behandlung erwarten.
Unternehmen, die in China Waren vertreiben oder eine
Produktion betreiben wollen, kommen früher oder später um eine
Gesellschaftsgründung in Festlandchina nicht herum. Soweit es aber
bei der Erbringung von firmeninternen Dienstleistungen möglich ist,
bietet die Stadt ein hervorragendes Geschäftsumfeld, das gleichzeitig
eng vernetzt ist mit den Absatzmärkten auf dem Festland, sowie in ganz
Asien. Gerade für länderübergreifende Aktivitäten bietet Hongkong
hervorragende Bedingungen. Nicht zu vernachlässigen ist daneben das
attraktive steuerliche Umfeld. So lässt sich nicht nur die Steuererklärung
online in einer halben Stunde erledigen, sondern auch die Steuersätze
In Asien ist daher Hongkong noch immer der zweitgrößte Empfänger
von ausländischen Direktinvestitionen, nach der VR China, mit 75 Mrd.
US$ Neuinvestitionen 2012. Doch das Geld fließt dabei nicht selten weiter
ins „Reich der Mitte“. Auf der anderen Seite nutzen immer häufiger
chinesische Firmen Hongkong für ihren Schritt ins Ausland, hier können
sie sich an internationale Geschäftsgepflogenheiten gewöhnen und für
die Internationalisierung notwendiges Kapital über einen Börsengang
einsammeln. In dieser Funktion wird Hongkong seine Bedeutung auf
absehbare Zeit behalten: als neutraler aber gut vernetzter Standort, an
dem die Finanzierung organisiert werden kann und vor allem Geschäfte in
verlässlichem Umfeld angebahnt und abgeschlossen werden.
Welche Rolle spielt Hongkong noch?
Zunehmend werden in der Hafenstadt auch Streitigkeiten über Gerichtsund Schiedsgerichtsverfahren ausgetragen oder geistige Eigentumsrechte
und Lizenzen gehandelt. Dies spiegelt die starke Stellung der hier
erbrachten Geschäftsdienstleistungen inklusive der Finanzindustrie,
Rechtsberatung und Wirtschaftsprüfung wider. Dieses vorteilhafte
Geschäftsumfeld soll in den neuen Freihandelszonen, die in China
bereits ausgerufen wurden oder in den Startlöchern stehen, „kopiert“
werden. Die Realität zeigt aber, wie schwierig sich dies gestaltet. Noch ist
beispielsweise Shanghai weit davon entfernt, ein globales Finanzzentrum
zu werden, vor allem die nicht frei konvertible Währung und ein
beschränkter Kapitalmarkt stehen dem im Wege.
Das Umfeld
sind mit 16,5% für Gesellschaften und 15% für Individuen äußerst
niedrig. Umsatz- oder Mehrwertsteuern werden nicht erhoben, praktisch
alle Einfuhren sind zollbefreit.
19
2. Warum Hongkong?
Drehkreuz für Asien
Warum Hongkong?
2.1 Drehkreuz für Asien
Hongkong bleibt wichtigster Brückenkopf für das Chinageschäft. Die
Hafenstadt ist mit 9,6% Anteil am Gesamthandel Chinas weiterhin der größte
Handelspartner. Besonders für die südchinesische Produktionsindustrie
ist die SVR ein wichtiger Umschlagshafen. Mit nur 7 Mio. Einwohnern ist
Hongkong dadurch die zehntgrößte Handelsnation weltweit. Obwohl die
führende Rolle für den Außenhandel daher gehalten wird, verliert der
physische Warentransit an Bedeutung.
Zunehmend werden hochwertige Dienstleistungen (über 90% des BIP)
für das Asiengeschäft erbracht. Von den über 3.835 Asienzentralen
ausländischer Gesellschaften (Stand 2012), waren 80% für das Geschäft in
Festlandchina zuständig. An Bedeutung gewinnt daneben der OffshoreHandel des Renminbi Yuan (RMB), ob in Form von Bonds und Anleihen
oder Handelsfinanzierung. Die RMB-Einlagen beliefen sich Ende
2013 auf 860 Mrd. RMB, das Volumen der 2013 in RMB abgewickelten
Außenhandelsumsätze auf 3.839 Mrd. RMB, das entsprach 74 % mehr als
im Vorjahr.
Ein wichtiges Geschäft für Hongkong bleiben Einkauf und Beschaffung
günstiger Ausgangsstoffe oder fertiger Waren. Trotz steigender Kosten im
Perlflussdelta behalten viele Einkaufsorganisationen Hongkong wegen seiner
zentralen logistischen Lage, der hervorragenden Transportverbindungen
sowie dem attraktiven Steuerumfeld als Standort bei. Teilweise setzen
die Unternehmen auf eigene Gesellschaften und nehmen keine externen
Sourcingdienstleister in Anspruch.
Die sich ändernde Wirtschaftsstruktur in China hat den Anteil des
Veredelungsverkehrs im Perlflussdelta sinken lassen. Immer weniger
werden Vorprodukte und Rohmaterialien importiert, aufs chinesische
Festland zur Weiterverarbeitung transportiert und die fertigen Produkte
in die entwickelten Märkte wieder reexportiert. Chinas Produktionskosten
sind in küstennahen Standorten inzwischen für die reine Billigproduktion zu
hoch. Diese ist entweder ins Inland Chinas oder nach Süd- und Südostasien
abgewandert. Auch entwickeln sich Türkei, Osteuropa oder sogar die USA
zu Alternativen für absatznahe Produktionen.
Gleichzeitig haben steigende Einkommen in China eine Mittelschicht
20
2.2 Logistik
Hongkong ist eines der wichtigsten Logistikzentren der Welt. Für den
Asienumschlag hat die Stadt eine lange Tradition und ist heute stark
auf den Warenaustausch mit China spezialisiert. 2013 kamen 62% der
Hongkonger Reexporte aus Festlandchina, 55% verließen den Freihafen in
Richtung China.
Drehkreuz für Asien | Logistik
Importiert werden für den HongKonger Binnenmarkt neben Kfz,
Baumaschinen und -materialien daher vor allem Konsumgüter. Ob
Weine, Handtaschen oder Luxusuhren - meist gilt "je teurer, desto besser".
Aber auch Kosmetik und Medizin sowie Medizintechnik finden Absatz.
Mit ihrem Rechts- und Verwaltungsrahmen genießt die SVR einen
Vertrauensvorschuss bei den Kunden, was sie für viele Konsumgüter zum
Schaufenster für Festlandchina macht.
Warum Hongkong?
hervorgebracht, die nach mehr Konsumgütern verlangt. Die Devise heißt
daher: Produktion in China für China. Auch Hongkongs Einzelhandel
profitiert von der neuen chinesischen Konsumlust: 2013 stiegen die Umsätze
des Einzelhandels erneut um 11%. Zu einem nicht unerheblichen Teil trugen
dazu rund 54 Mio. Touristen bei, fast drei Viertel davon aus Festlandchina.
Die Bedeutung des Sektors für die SVR ist entsprechend hoch, über
ein Viertel der Wirtschaftsleistung werden von Handel und Logistik
zusammengenommen erbracht. Alle großen Logistikfirmen sind vor Ort,
zum Beispiel unterhält DHL Express einen Asien-Hub. Auch zahlreiche
kleinere Spezialanbieter siedeln sich noch an. Die Vorteile des Standortes
sind effiziente Prozesse, hervorragende Infrastruktur und die günstige
Lage in Asien. Dagegen bereiten teure Mieten, hohe Gebühren und
Kapazitätsengpässe den Logistikern Sorgen. Selbst die Experten sind sich
uneinig, ob Lager- und Transportkapazitäten erweitert werden müssen,
oder die Nachfrage nach physischen Logistikleistungen in Zukunft
sowieso abnimmt.
Denn der Umschlag über den Hafen verliert an Bedeutung und ist in
den vergangenen Jahren gesunken. Vielfach laufen Schiffe das nur 13 km
entfernte Yantian in Shenzhen an, wo die Hafengebühren bei einem Drittel
liegen. So lag der Umschlag in Shenzhens Häfen 2013 erstmals über dem
in Hongkong. Die Kapazitäten in Südchina und an anderen Häfen Chinas
werden erweitert und die Prozesse immer besser.
21
Logistik
Warum Hongkong?
Logistikumschlag in Hongkong
(Veränderung zum Vorjahreszeitraum in %)
2011
2012
2013
Veränderung 2012/2013
Hafenumschlag (in Mio. TEU)
24,4
23,1
22,4
-4,7
Luftfrachtumschlag (in Mio. t)
3,9
4,0
4,1
2,4
Quelle: HK Port Development Council, Hong Kong Airport Authority
Der Flughafen ist dagegen noch deutlich wettbewerbsfähiger, die hohen
Kosten werden durch vorbildliche Effizienz und ein breit ausgebautes
Streckennetz wettgemacht. 2013 war das Drehkreuz erneut der weltweit
umschlagsstärkste Frachtflughafen mit 4,1 t Cargo. Seit 1996 hält Chek Lap
Kok die Krone, neben den entwickelten Märkten gewinnen zunehmend
Ziele in Südostasien an Bedeutung. Um die Stellung zu halten, plant
Hongkong den Ausbau des Drehkreuzes: eine dritte Landebahn soll
dank Landgewinnung entstehen. Das Projekt für geschätzte 17 Mrd. US$
verzögerte sich aufgrund einer Umweltprüfung, die Regierung scheint
aber fest entschlossen damit fortzufahren.
Die maximale Kapazität der derzeitig in Betrieb befindlichen zwei
Landebahnen wird laut Konsultationspapier auf jährlich 420.000
Flugbewegungen geschätzt. 2012 erreichte der Airport 352.000. Im
Zeitraum 2019 bis 2022 soll daher die Kapazitätsgrenze erreicht sein. Mit
der dritten Landebahn, so erhoffen sich die Planer, sollen bis zu 620.000
Flugbewegungen im Jahr möglich sein.
Insgesamt punktet Hongkong mit einer hervorragenden Infrastruktur.
Im Global Competitveness Index des World Economic Forum landet die
SVR auf Platz eins. Und diese Grundlage wird weiter ausgebaut. So ist
ein großer Teil der laufenden Projekte im Tiefbau auf die Verbesserung
der Verkehrswege zurückzuführen. Seit 2007 hat die Regierung ein
Megainvestitionsprogramm angeschoben, das derzeit seinen Höhepunkt
hat: Pro Jahr werden über 9 Mrd. US$ in die Infrastruktur gepumpt.
Dazu gehören neben neuen U-Bahn-Linien, neuen Stadtvierteln und der
Entwicklung der Grenzzonen nach China vor allem die Expresszugstrecke
nach Guangzhou sowie die bis 2016 fertigzustellende Brücke nach Zhuhai
und Macau.
Letzteres Projekt soll die Anbindung mit dem westlichen Perlflussdelta
verbessern helfen, da die dortigen Produktionszentren bislang mit langen
22
War traditionell die Beschaffung von Waren in China und deren Verschiffung
in Drittländer oder umgekehrt - das sogenannte "Transshipment" - ein
Hauptgeschäft Hongkonger Händler, berührt heutzutage ein wachsender
Anteil des Geschäfts physisch Hongkonger Boden überhaupt nicht mehr.
So sollen laut Schätzung der Regierung bereits 2010 derartige Kategorien
– „Merchanting“ und „Merchandising for Offshore Transactions“ – rund
498 Mrd. $ ausgemacht haben, 32,6% mehr als 2009. Damit übertraf diese
neue Form des Handels bereits die Re-Exporte von Gütern, die sich 2010
auf rund 380 Mrd. US$ beliefen.
Logistik | Bauwirtschaft
Der größte Teil des Hongkonger Handels sind Güter, die den Freihafen auf
ihrem Weg zu einem anderen Ziel durchlaufen. Die „echten“ Hongkonger
Exporte (ohne Reexporte) sinken seit Jahren und stehen nur noch für 1,5%
der Ausfuhren; 2013 gingen sie um weitere 8% zurück.
Warum Hongkong?
Wegen zu den Häfen kämpfen. Für den Hongkonger Hafen könnte
dies einen gewissen Auftrieb bedeuten. Derzeit wird über ein zehntes
Hafendock in Tsing Yi nachgedacht, um Bedarfsspitzen besser abfangen
zu können. Doch insgesamt ist die langfristige Nachfrage eher fraglich.
In den klassischen Handelsstatistiken findet man derartige
Dienstleistungstransaktionen nicht. Sie sind jedoch ein wichtiger
Stützpfeiler des Hongkonger Geschäftsmodells und sorgen dafür, dass
Arbeitsstellen im Bereich Sourcing, Einkauf, Verpackung, Design,
Produktentwicklung, Finanzen, Marketing und Logistik weiter in der
Stadt verbleiben.
2.3 Bauwirtschaft
Die Hongkonger Bauwirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren äußerst
dynamisch entwickelt, vor allem aufgrund hoher staatlicher Investitionen
in den Infrastrukturausbau. Die Bauinvestitionen haben sich zwischen 2007
und 2012 von 14,3 Mrd. auf 28 Mrd. US$ fast verdoppelt. Dementsprechend
nahm auch die Bedeutung des Sektors für die Konjunktur zu, ihr Anteil an
den gesamten Bruttoanlageinvestitionen stieg im selben Zeitraum von 33%
auf 43%.
Zahlreiche große Infrastrukturprojekte sind bereits in vollem Gange und in
den kommenden Jahren dürfte wieder mehr im Hochbau investiert werden.
Im heiß gelaufenen Immobilienmarkt sind die Aussichten zwar getrübt. Doch
die Regierung ist fest entschlossen, neue Stadtviertel zu erschließen und in
23
Bauwirtschaft
Warum Hongkong?
öffentlichen Wohnungsbau zu investieren. Daneben soll nicht-traditioneller
Baugrund genutzt werden, um der Platznot Herr zu werden.
Insgesamt leidet die Branche unter einem Mangel an qualifizierten
Arbeitskräften. Das Gewerbe muss daher bereits kurz- und mittelfristig
mit weiterhin steigenden Gehältern und Angebotspreisen rechnen. Damit
einhergehend und sowohl durch anspruchsvolles Gelände als auch
Auftraggeber hervorgerufen sind die Kosten explodiert. Mit dem Bericht
"Vision 2020" der Hongkong Construction Industry Association hat sich
die Branche zudem strategische Ziele gesetzt: Gemessen an den Werten
im Jahr 2012 soll die Arbeitsproduktivität bis 2020 um 50% erhöht, sowie
Arbeitsunfälle um 75%, CO2-Emmissionen um 25% und Bauschutt um 30%
reduziert werden.
Bauwirtschaft – Fertiggestellte Einheiten
Privatwohnungen
(Einheiten)
Bürofläche
(in qm)
Gewerbe (ohne Industrie)
(in qm)
2009
7.157
151.000
83.700
2010
13.405
124.100
64.600
2011
9.449
155.200
42.200
2012
10.149
135.700
90.100
2013
8.254
122.700
38.400
Quelle: Ratings and Valuation Department 2014
Die Zahl der fertiggestellten Apartments war 2013 auf einen Tiefpunkt
von lediglich 8.250 stetig gesunken. In den kommenden Jahren dürfte die
Zahl dagegen wieder steigen. Regierungschef Leung Chun-Ying hat die
Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für die Bevölkerung zu einer
der Hauptaufgaben seiner Amtszeit auserkoren. Im Januar 2014 verkündete
er in seiner Jahresansprache ein Ziel von 470.000 neuen Wohneinheiten
innerhalb von zehn Jahren, wobei davon der öffentliche Wohnungsbau 60%
ausmachen soll.
Für dieses Ziel wird zum einen die Bautätigkeit der Regierung ausgeweitet,
um Sozialwohnungen an Bedürftige bereitzustellen. Bis 2017 könnten fast
80.000 Apartments von der öffentlichen Hand fertiggestellt werden. Zum
anderen soll die Landversorgung ausgeweitet werden, um private Bauträger
zu mehr Bautätigkeit anzuregen. Hatte der Privatsektor in den vergangenen
fünf Jahren im Schnitt 9.680 Wohnungen pro Jahr fertiggestellt, schätzt die
24
Die zweite wichtige Säule des Branchenwachstums bildet der
Infrastrukturausbau. Als Handels- und Logistikdrehscheibe sowie wichtiges
Tourismusziel besitzt dieser für die Regierung oberste Priorität. Jährlich
mindestens 9 Mrd. US$ sind hierfür vorgesehen. Von den 2007 auf den Weg
gebrachten zehn Infrastrukturvorhaben befindet sich die überwiegende
Anzahl derzeit in der Umsetzungsphase. So wird das Schienennetz um fünf
neue Strecken erweitert, das angesichts der dichten Bebauung hauptsächlich
unterirdisch verlaufen muss. Daneben sind bereits neue Vorhaben zum
Ausbau des Flughafens, zur Verbesserung des Wasserversorgungssystems
und zur Abfallbeseitigung geplant. Weitere Projekte umfassen neue
Stadtviertel in Kowloon West und auf dem Gelände des ehemaligen
Flughafens Kai Tak und ansonsten im Bezirk Kowloon East. Daneben
könnten Grenzgebiete gemeinsam mit der Stadt Shenzhen erschlossen
werden, neue Stadtviertel in den New Territories hochgezogen werden
sowie auf aufgeschüttetem Land im Meer gebaut werden.
Bauwirtschaft
Außerdem ist ein wachsender Markt für energieeffizientes Bauen zu erwarten,
vor allem im Bereich Retrofit. Der "Buildings Energy Efficiency Ordinance"
(BEEO) zufolge müssen seit dem 21.9.12 bestimmte Gebäudeinstallationen
- Klimaanlagen, Elektronik, Beleuchtung, Aufzüge und Rolltreppen - bei
Neubauten und größeren Umbauten dem Building Energy Code (BEC)
entsprechen und in Wirtschaftsgebäuden zudem alle zehn Jahre einen
Energie-Audit (EAC) durchlaufen.
Warum Hongkong?
Regierung aufgrund der laufenden und genehmigten Projekte den jährlichen
Bau auf 13.600 Einheiten oder 40% mehr in den kommenden fünf Jahren.
Insgesamt wären dies rund 70.000 Wohnungen bis 2018.
Hongkong muss beinahe seinen gesamten Baustoffbedarf durch Importe
decken. Diese betrugen nach Abzug der Reexporte 2012 etwa 1,1 Mrd.
US$. Davon konnten deutsche Einfuhren ihren Anteil von 3% halten Sicherheits-, Schalt- oder Aufzugstechnik nicht inbegriffen. Mit 335 Mio.
US$ ging der Import von Bau- und Bergbaumaschinen 2012 um circa
ein Drittel zurück. Aus Deutschland wird vor allem Tunnelbohr- und
Tiefbautechnik nachgefragt. Hier lagen die deutschen Importanteile 2012
bei etwa 10 bis 20%.
Ausschreibungen in Hongkong verlaufen im Allgemeinen offen und fair.
Doch insbesondere im Bausektor gelten spezielle Spielregeln. Wenn eine
Hongkonger oder chinesische Firma die technischen Herausforderungen
eines Projektes meistern kann, bleiben zumeist westliche oder japanische
Konkurrenten außen vor. Im Klartext heißt das: Rohbauten werden
25
Bauwirtschaft | Automobil
Warum Hongkong?
tendenziell von einheimischen Firmen erstellt, ausländische Unternehmen
kommen vor allem im Tief-, Tunnel- und Schienenbau zum Zuge.
Umfangreiche Lieferchancen bestehen bei Gebäudetechnik und beim Ausbau
der Schienenwege. Hongkongs Behörden sind sehr sicherheitsbewusst.
Lokale Zeitungen berichten selbst über kleine Pannen im Verkehrsablauf
tagelang. Die Verantwortlichen gehen daher in der Regel kein Risiko ein
und zielen auf die beste Technologie, die es am Markt gibt. Chinesische
Produkte bleiben überwiegend außen vor. Hightech von westlichen oder
japanischen Anbietern ist gefragt. Bauunternehmen müssen in Hongkong
eine Lizenz beantragen. Wichtiges Kriterium für die Einstufung in A-, Bund C-Lizenzen ist die Finanzkraft des Antragstellers. Lediglich Firmen der
Kategorie A können an Ausschreibungen für Großaufträge teilnehmen.
2.4 Automobil
Hongkong ist ein Automobilmarkt nach dem Geschmack deutscher
Hersteller, denn diese konnten über die Hälfte der verkauften Pkw 2013
auf sich verbuchen und die Nachfrage bleibt ungebrochen. Der Markt ist
mit 518.000 zugelassenen Pkw Ende 2013 relativ klein, nur rund 70 Pkw pro
1.000 Einwohner sind auf den Straßen, deutlich weniger als in Westeuropa.
Wohlhabende nutzen das Auto häufig als Statussymbol und sorgen für
eine stabile Nachfrage im Premiumsegment – dieses ist stark dominiert von
deutschen Anbietern. Hongkong soll die weltweit höchste Fahrzeugdichte
an Rolls-Royce-Modellen und Ferraris besitzen. Nach Schätzungen der
Citibank ist jeder zehnte Einwohner HK$-Millionär. In den vergangenen
Jahren wurden wiederholt Rekorde bei den Neuzulassungen erzielt, 2013
wurden 6,8% mehr Fahrzeuge registriert als im Vorjahr. Auch wenn keine
hohen Steigerungsraten zu erwarten sind, sind viele Käufer bereit, die auch
durch Steuern hohen Preise für prestigeträchtige Marken zu zahlen. Pkw
haben an den Kfz-Verkäufen einen Anteil von 90%.
Neuzulassungen von Kfz in Hongkong (in Einheiten, Veränderung in %)
2012
2013
Veränderung 2013/12
Pkw
Kategorie
35.685
38.119
6,8
Lkw
4.220
5.706
35,2
Busse *)
1.028
1.130
9,9
*) Minibusse, Eindecker und Doppeldecker
Quelle: Transport Department Hong Kong
26
Warum Hongkong?
Hongkong bietet sich als Testgrund für die E-Mobilität an. Ein
Hauptnachteil der Reichweite spielt in dem Territorium kaum eine
Rolle, da die gängigen täglichen Strecken von allen gängigen Modellen
erreicht werden. Daneben ist die Stromversorgungsinfrastruktur sehr gut
ausgebaut. Die Regierung hat verschiedene Fördermaßnahmen ergriffen,
wie beispielsweise den Erlass der Registrierungssteuer für Elektroautos
bis März 2017. Bis 2020 sollen nach Plänen der Regierung etwa 30% der
Privatfahrzeuge Hybrid- oder E-Autos sein. Mitte 2013 gingen von BYD
gelieferte e6 als Taxis in den Testbetrieb. Nach Angaben des Umweltbüros
waren Ende 2013 592 Elektroautos in Betrieb, 25 Modelle sind vom
Transport Department genehmigt, zehn davon für den öffentlichen
Nahverkehr oder andere Nfz.
Automobil
Die Nachfrage nach Nutzfahrzeugen in Hongkong ist bislang relativ
gering, dürfte sich aber beleben. So hat die Regierung in ihrem Kampf
gegen die Luftverschmutzung ein Anreizprogramm zum Austausch der
rund 82.000 alten Dieselnutzfahrzeuge in Höhe von zunächst 1,5 Mrd. US$
lanciert. Bis zu 30% des Kaufpreises eines Neuwagens können staatlich
gefördert werden. Lizenzen für Pre-Euro- und Euro-1-Diesel-Lkws sollen
ab 2016 nicht mehr erneuert werden, Euro-2 ab 2017 und Euro-3-Fahrzeuge
sollen spätestens ab 2019 von den Straßen verschwinden.
An knapp 190 Standorten stehen mehr als 1.000 Ladestationen zur
Verfügung, bislang sind aber nur zehn der Säulen für Schnellladungen
ausgerüstet. Die Regierung ermutigt Unternehmen und Parkplatzbetreiber,
Ladepunkte einzurichten, allerdings halten sich diese eher zurück.
Daneben hat die Regierung die testweise Einführung von 36 Elektrobussen
angestrebt. Von den rund 5.800 im Einsatz befindlichen Bussen erfüllen
nach Angaben der Verwaltung weniger als die Hälfe europäische
Emissionsstandards.
Für Kfz-Teile spielt Hongkong als Handelsdrehscheibe kaum eine Rolle.
Die SVR importierte 2013 lediglich Branchenwaren für rund 1 Mrd.
US$, zumeist für den lokalen Ersatzteilbedarf. Dies war immerhin eine
Steigerung um 21,2% gegenüber dem Vorjahr.
Der Handel mit Pkw besitzt einen deutlich höheren Stellenwert. Hongkong
importierte im Jahr 2011 Pkw für über 2,7 Mrd. US$. Das entsprach einer
Steigerung von knapp 11% zum Vorjahr und übertraf wieder das Niveau
vor der weltweiten Finanzkrise. Der Pkw-Handel über Hongkong nach
Südchina verliert dagegen an Bedeutung. Zunehmend werden die Kfz
direkt in den Häfen in Shenzhen oder Guangzhou angeliefert.
27
2.5 Konsumgüter
Konsumgüter
Warum Hongkong?
Hongkongs Einzelhandel profitiert von der neuen chinesischen Konsumlust.
Im Jahr 2013 stiegen die Umsätze des Einzelhandels um 11%. Zu einem
nicht unerheblichen Teil trugen dazu rund 54 Mio. Touristen bei, drei Viertel
davon aus Festlandchina. Zwischen 2008 und 2012 stiegen die Ankünfte von
Touristen um durchschnittlich 20% im Jahr.
Ein steigender Teil der in Hongkong verbleibenden Einfuhren entfällt
daher auf Kleidung, Handtaschen, Uhren, Schmuck sowie Kosmetik
und Medizin. Mit ihrem Rechts- und Verwaltungsrahmen genießt die
SVR einen Vertrauensvorschuss bei den Kunden. Dies macht sie für viele
Konsumgüter zum Schaufenster Chinas. So hat sich die Hafenmetropole
nach Abschaffung der Einfuhrzölle auf Wein beispielsweise zum wichtigsten
Weinhandelszentrum in Asien entwickelt.
Ausgewählte Einzelhandelskategorien
(Verkäufe in Mio. US$ Veränderung in % zum Vorjahreszeitraum)
Kategorie
2011
2012
2013
Veränderung
Nahrungsmittel und
Getränke
4.309
4.432
4.588
3,5
Bekleidung und Schuhe
6.921
7.450
8.066
8,3
PKW
1.976
2.085
2.108
1,2
Konsumelektronik
4.310
5.236
4.786
-8,6
988
958
938
-2,1
11.458
12.338
15.167
22,9
317
354
405
14,2
Arzneien und Kosmetik
3.816
4.390
4.913
11,9
Einzelhandel insgesamt
52.017
57.115
63.391
11,0
Möbel und
Einrichtungsgegenstände
Schmuck und Uhren
Optische Waren
Quelle: Census and Statistics Department
28
Konsumgüter
Allerdings hat der Boom auch seine Schattenseiten. So fühlen sich
viele Einwohner Hongkongs durch die Touristenmassen in ihrer
Bewegungsfreiheit eingeschränkt und kleine Läden und Restaurants
werden zunehmend aus den Einkaufsmeilen vertrieben. Die SVR weist
seit drei Jahren die höchsten Einzelhandelsmieten der Welt auf. Laut
dem Immobiliendienst CBRE mussten 2013 in Causeway Bay monatlich
361 US$ pro Quadratfuß (rund 3.888 US$ pro qm) gezahlt werden. In den
Primemalls liegt der Leerstand trotzdem bei rund 1%, die Margen der
Einzelhändler sind daher unter Druck. Weiterhin bleibt aber das Interesse
der Einzelhandelsmarken an den Premiumlagen hoch. Dies sind Russell
Street in Causeway Bay, Canton Road in Tsim Sha Tsui und Queen’s Road
in Central.
Warum Hongkong?
Der Einzelhandel ist in den vergangenen Jahren stark expandiert und steht
für 270.000 Beschäftigte, zwei Drittel des BIP wird durch den Binnenkonsum
erwirtschaftet. Schätzungsweise wird inzwischen ein Drittel der Umsätze
in den Geschäften durch Touristen erzielt.
Zum anderen ändern sich die Konsumgewohnheiten der Festlandchinesen.
Seitdem in der VR China individuelle Reisemöglichkeiten 2003 eingeführt
und schrittweise erweitert wurden, hat sich der Besucherstrom nach
Hongkong stets vergrößert. Während die Touristen der ersten Generation
aus den chinesischen Metropolen zunehmend auch nach Europa, in die
USA oder an alternative Orte reisen und dort ihre Konsumartikel kaufen,
kommt mit den Touristen aus den chinesischen Inlandsstätten eine zweite
Generation von Konsumenten. Zum anderen verlieren die traditionellen
großen Marken ihre Anziehungskraft gegenüber individuelleren, kleineren
und damit exklusiveren Labels.
Noch immer ist genug Potenzial, um in Hongkong neue
Konsumentengruppen zu erschließen, die aufgrund der fehlenden
Einfuhrzölle und 0% Mehrwertsteuer von niedrigen Preisen profitieren.
2013 wagten daher 40 neue Marken den Schritt nach Hongkong. Für viele
ist die Hafenstadt Sprungbrett auf den riesigen chinesischen Markt.
Die Politik auf beiden Seiten der Grenze beeinflusst dabei den Sektor.
Während in der SVR über Begrenzungen der Touristenzahlen nachgedacht
wird, hat die Kampagne der neuen chinesischen Führung gegen
Korruption und Verschwendung den Luxusgüterumsätzen einen Dämpfer
versetzt. Bislang genießt Hongkong einen Preis- und Vertrauensvorschuss
gegenüber dem Festland, auch wenn dieser mittelfristig geringer werden
dürfte. So könnten Luxussteuern in Festlandchina gesenkt oder abgeschafft
29
Konsumgüter | Lebensmittel
Warum Hongkong?
werden und in der Freihandelszone in Shanghai wird über zollfreie OutletCenter nachgedacht.
Nichtsdestotrotz bietet die Hafenmetropole noch großes Potenzial für
Konsumgüter um den Einstieg in den chinesischen Markt zu testen.
2012 haben Chinesen die Deutschen als Reiseweltmeister überholt,
daher werden auch in Zukunft viele den Weg in die Hafenmetropole am
Perlfluss finden.
2.6 Lebensmittel
Hongkong muss 95% seiner Nahrungsmittel importieren. Der größte Teil
davon stammt aus Festlandchina, daneben sind Australien, Brasilien und
USA wichtige Lieferanten. Aus Deutschland wurden 2013 Lebensmittel
und Getränke für rund 380 Mio. US$ importiert, davon gingen 66 Mio. US$
weiter in den Reexport.
Hier besteht noch deutliches Aufholpotenzial für deutsche Lieferanten,
denn Hongkongs Konsumenten haben nicht nur ein hohes verfügbares
Einkommen. Gerade die Ernährung spielt im chinesischen Raum eine
wichtige Rolle, und deutsche Nahrungsmittel werden mit Gesundheit und
Sicherheit assoziiert. China erlebte in den vergangenen Jahren verschiedene
Lebensmittelskandale, die das Vertrauen in die eigenen Produkte schwer
erschüttert haben. Daher kaufen immer mehr festlandchinesische
Touristen besonders sensible Produkte in der SVR, wie zum Beispiel
Gesundheitsprodukte oder Babynahrung.
Umsätze Nahrungsmittel und Getränke
(in Mrd. US$, Veränderung in % zum Vorjahr)
2009
2010
2011
2012
2013
Veränderung
Supermärkte/
Department Stores
4,44
4,59
5,22
5,77
6,16
6,8%
Andere Geschäfte
3,69
4,02
4,31
4,43
4,59
3,5%
Summe
8,13
8,61
9,53
10,2
10,75
5,4%
Quelle: GAIN Retail Food Sector Annual 2014
30
Auch deutscher Wein erfreut sich zunehmender Beliebtheit im Glas. Dazu
beigetragen haben mehrere Faktoren: die wachsende Präsenz deutscher
Aussteller auf Branchenmessen in Hongkong, die Förderung durch
verschiedene Institutionen wie zum Beispiel über „German Riesling
Weeks“ und nicht zuletzt die spezialisierten Importeure in der Hafenstadt.
Hongkong hat sich als internationaler Wein-Hub seit Abschaffung der
Einfuhrzölle 2008 fest etabliert.
Warum Hongkong?
In einer Umfrage 2012 gab die Hälfte der Befragten an, im vergangenen
Jahr Biolebensmittel gekauft zu haben. Dabei bezeichneten 70% der
Konsumenten Supermärkte als die Hauptbezugsquelle, daneben
entwickeln sich spezialisierte Onlinehändler. Auch aus Festlandchina steigt
die Nachfrage nach derartigen Produkten, wobei Hongkong als Testgrund
mit niedrigeren Eintrittsbarrieren dienen kann.
Lebensmittel
Die Umsätze steigen, Gesundheitsprodukte und Biolebensmittel entwickeln
sich als interessante Segmente, in denen sowohl verlässliche Bezugsquellen
gefragt sind, als auch die Preissensibilität nicht so ausgeprägt ist. Der Markt
für Biolebensmittel wurde 2011 von Organic Monitor auf 58 Mio. US$
geschätzt, was knapp 1% der Supermarktumsätze entspricht. Besonders
Familien mit Kindern verbinden damit Sicherheit, einen höheren Nährwert
und eine bessere Qualität; zum Teil werden Biolebensmittel auch als
Premium- oder Luxusprodukt angesehen.
Die explosionsartigen Wachstumsraten in den darauffolgenden Jahren
haben sich inzwischen abgeflacht, 2012 und 2013 wurden jeweils rund 50
Mio. Liter importiert. Die SVR wird auch zukünftig eine wichtige Rolle
dabei spielen, den deutschen Wein an die Kunden zu bringen. Selbst wenn
in der chinesischen Kultur Rotwein positiver belegt ist, passt der deutsche
Weißwein geschmacklich hervorragend zu asiatischem Essen.
Hauptabsatzweg für Lebensmittel sind Supermärkte, die in Hongkong von
den zwei Konglomeraten Dairy Farm und A.S. Watson beherrscht werden.
Die ParknShop-Gruppe veranstaltet regelmäßig Deutsche Wochen, auf
denen neue Produkte im Markt getestet werden können. Die 7,2 Mio.
Konsumenten können daneben auch in 13.910 Restaurants, über 1.000
Bars und 233 Hotels erreicht werden. Weiterhin existieren spezialisierte
Onlinehändler für ausländische Lebensmittel.
31
Umwelttechnik
Warum Hongkong?
2.7 Umwelttechnik
Hongkong könnte die Megacity von morgen sein, doch der Umgang mit
der natürlichen Umwelt ist eher von gestern. Die neue Regierung unter
Leung Chun-Ying packt nun die Schwachstellen in fast allen Bereichen
aktiv an. So werden Wasserversorgung und Energiemix auf den
Prüfstand gestellt, wobei für Erneuerbare Energien nicht viel Potenzial
besteht. Stattdessen soll über den verstärken Einsatz von Gas sowohl
weniger Luftverschmutzung produziert werden, als auch die CO2-Bilanz
aufpoliert werden.
Vor allem aber soll sich die Luftqualität durch verschiedene Maßnahmen
zur Emissionsreduktion in naher Zukunft verbessern. So sollen im
Straßenverkehr durch den Austausch alter Dieselnutzfahrzeuge und den
Einsatz von alternativen Antrieben wie Hybrid- und Elektroautos die
Emissionen sinken. Doch dazu muss nicht nur in Hongkong selbst, sondern
auch außerhalb der Grenzen gehandelt werden. Mit der Nachbarprovinz
Guangdong werden daher verschiedene Initiativen, zum Beispiel für eine
saubere Produktion im Perlflussdelta angeschoben.
Ein großer Wurf wäre eine geplante Zone für emissionsarme Schifffahrt
auf das gesamte Perlflussdelta auszuweiten. Hongkong selbst ist fest
entschlossen für im Hafen ankernde Schiffe ab 2015 den Einsatz von niedrig
schwefeligen Treibstoffen verpflichtend einzuführen. Damit wäre die SVR
der erste asiatische Hafen mit einer derartigen Initiative, aber erst über das
„Pearl River Delta Emissions Control Area“ würde sich die Luftqualität
signifikant verbessern.
Am konkretesten und gleichzeitig drängendsten sind die Pläne im
Abfallbereich. Neben einer Erweiterung von Deponien soll eine riesige
Müllverbrennungsanlage auf einer Insel errichtet werden. Abfallanlagen
für organischen Müll werden derzeit ausgeschrieben und 68 Mio. US$
sind für ein Recyclingwerk veranschlagt. Doch ist den Planern auch
bewusst, dass an der Quelle das größte Einsparpotenzial besteht: der
Bewusstseinswandel für Müllvermeidung und Wiederverwendung soll
daher durch Abfallgebühren beschleunigt werden. Für alle diese Ansätze
ist ausländische Technik und Know-How äußerst gefragt.
32
Internationale Unternehmen schätzen Hongkong als Sprungbrett in
den chinesischen und asiatischen Markt. Grund hierfür sind vor allem
die Vorzüge, die Hongkong als etablierter internationaler Finanz- und
Dienstleistungsstandort bietet. So verfügt Hongkong über ein einfaches
Steuersystem mit im internationalen Vergleich niedrigen Steuern. Auch
bietet Hongkong einen sicheren und verlässlichen Rechtsrahmen. Das
Rechtssystem beruht auf englischem Common Law, welches durch eine
kompetente Justiz umgesetzt wird. Seit Jahren rangiert Hongkong beim
Korruptionsindex von Transparency International auf einem der ersten
zwanzig Ränge. Zudem ermöglicht das Closer Economic Partnership
Agreement (CEPA) mit China in Hongkong ansässigen Unternehmen einen
erleichterten Marktzugang im Reich der Mitte.
Rechtliche Rahmenbedingungen
3. Rechtliche
Rahmenbedingungen
Seit der Übergabe der englischen Kronkolonie am 1.7.97 an die Volksrepublik
China gilt für Hongkong das Prinzip "Ein Land-Zwei Systeme“ ("one
country, two systems“), wonach Hongkong bis zum Jahr 2047 den Status
einer Sonderverwaltungsregion ("Special Administrative Region“) innehat.
Das auf dem englischen Common Law beruhende Rechtssystem gilt fort;
chinesische Gesetze entfalten - ausgenommen im Bereich Außenpolitik und
Verteidigung - keine Geltung in Hongkong.
Auch wenn das Rechtssystem auf englischem Common Law beruht,
entwickelt es sich seit der Übergabe Hongkongs am 1.7.97 eigenständig
fort. Dennoch orientiert sich die Rechtsprechung Hongkongs weiterhin an
der Rechtsprechung der anderen "Case law“-Staaten, insbesondere an der
Rechtsprechung Großbritanniens. Rechtssprache ist nach Artikel 9 des "Basic
Law“ (der Mini-Verfassung) neben Chinesisch auch Englisch.
Die Regierung in Hongkong ist nach der Übergabe an China um größtmögliche
Transparenz bemüht, insbesondere was ihre autonome Stellung gegenüber
der Zentralregierung in Beijing und die eigenständige Legislative und
Judikative betrifft. Aus diesem Grunde existiert eine umfangreiche Datenbank
des "Department of Justice“, in der nicht nur alle in Hongkong einschlägigen
Gesetze, sondern auch die aktuelle Rechtsprechung in Chinesisch und
Englisch abgerufen werden kann (www.legislation.gov.hk).
33
Vertragsrecht - Allgemeines | Kaufrecht
Rechtliche Rahmenbedingungen
3.1 Vertragsrecht - Allgemeines
Das allgemeine Vertragsrecht Hongkongs ist mit traditionellem englischem
Recht weitestgehend identisch. Abgesehen von einzelnen Gesetzen
beziehungsweise "Ordinances" ist das Vertragsrecht nicht kodifiziert.
Dementsprechend sind Parteiwille und insbesondere der Vertragstext die
bestimmende Rechts- und Auslegungsgrundlage und sollten sorgfältig
verfasst sein.
Der Vertragsschluss setzt Angebot und Annahme voraus. Zudem ist
anders als nach deutschem Recht Voraussetzung für die Wirksamkeit
einer vertraglichen Vereinbarung das Vorliegen einer Gegenleistung
oder "consideration", es sei denn, der Vertrag soll in eine gesiegelte
Urkunde aufgenommen werden. Die Consideration muss nicht adäquat
sein, eine in der Vergangenheit begründete Verpflichtung reicht
allerdings nicht aus.
3.2 Kaufrecht
3.2.1 UN-Kaufrecht
Hongkong ist nicht Mitgliedstaat des UN-Kaufrechtsübereinkommens.
Auch führt die Mitgliedschaft Chinas am CISG nicht zu einer mittelbaren
Anwendbarkeit des Kaufrechtsübereinkommens auf Hongkong. Durch
vertragliche Vereinbarung können die Parteien UN-Kaufrecht jedoch
jederzeit für anwendbar erklären.
3.2.2 Kaufvertrag
Rechtsgrundlage des Kaufrechts Hongkongs ist die Sale of Goods
Ordinance in Verbindung mit den allgemeinen Prinzipien des
Vertragsrechts. Die Ordinance findet Anwendung auf bestehende wie
auf zukünftige Sachen, die im Eigentum oder zumindest im Besitz des
Verkäufers stehen. Die Regelung gilt für Kaufleute und Nichtkaufleute.
Von der Sale of Goods Ordinance werden sowohl Kaufverträge, als auch
Werklieferungsverträge (Lieferung und Herstellung einer neuen Sache)
erfasst. Für Werkverträge gilt die Sale of Goods Ordinance nicht, es ist
vielmehr allgemeines Vertragsrecht anwendbar.
Die Form des Vertrages ist in Section 5 der Sale of Goods Ordinance (SGO)
geregelt. Danach kann der Vertrag entweder schriftlich (mit oder ohne
Siegel), mündlich oder teils schriftlich und teils mündlich abgeschlossen
34
Der Eigentumswechsel tritt im Unterschied zum deutschen Recht zu
dem Zeitpunkt ein, auf den sich die Parteien schuldrechtlich geeinigt
haben (Section 19 SGO). Wurde keine besondere Absprache über den
Eigentumswechsel getroffen, tritt der Eigentumswechsel mit Abschluss
des schuldrechtlichen Vertrages ein. Voraussetzung ist jedoch, dass
die Ware bestimmt ("ascertained“) ist. Bei Gattungsschulden (d.h.
einer Vielzahl, nur nach ihrer Gattung, aber im Einzelnen noch
unbestimmten Ware), muss, bevor das Eigentum übergehen kann, eine
Konkretisierung erfolgen.
Kaufrecht
Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit des Vertrages ist die
verbindliche Zusage des Verkäufers, dem Käufer das Eigentum an der
Ware zu verschaffen, sowie die Verpflichtung des Käufers zu einer
finanziellen Gegenleistung (financial consideration), was in der Regel die
Zahlung des Kaufpreises bedeutet.
Rechtliche Rahmenbedingungen
werden. Bei Waren, die einen Marktwert von mindestens 100 HK$
haben, ist ein schriftlicher Nachweis der Vereinbarung erforderlich, es
sei denn, der Käufer hat zumindest einen Teil der Ware angenommen
beziehungsweise bezahlt.
Bei der Vertragsgestaltung sollte auf eine sorgfältige Formulierung
geachtet werden, da das englische beziehungsweise Hongkonger
Vertragsrecht sich bei Auslegungsfragen genau an den vereinbarten
Vertragstext hält. Dies gilt umso mehr, als Vertragshilfen wie der im
deutschen Recht geltende Grundsatz von Treu und Glauben im englischen
Recht nicht ohne Weiteres Anwendung findet.
3.2.3 Gewährleistung
Rechtsgrundlage der kaufrechtlichen Gewährleistung ist die auf englischem
Recht beruhende Sale of Goods Ordinance.
Dem Käufer stehen folgende Rechtsbehelfe zur Verfügung:
• bei Nichtlieferung: Schadenersatz;
• bei Verletzung einer Hauptleistungspflicht: ("Breach of Condition"):
wahlweise Wandlung, Minderung oder Schadenersatz;
• bei Verletzung einer Nebenleistungspflicht ("Breach of Warranty"):
wahlweise Minderung oder Schadenersatz.
35
Kaufrecht
Rechtliche Rahmenbedingungen
Der Verkäufer hingegen kann bei Nichtzahlung folgende Rechtsbehelfe
geltend machen:
• Zurückbehaltungsrecht an den verkauften Waren, die sich noch in
seinem Besitz oder die sich auf dem Transportweg befinden;
• Klage auf Kaufpreiszahlung,
• Schadenersatz.
Die Verjährung unterliegt den Bestimmungen der Limitation Ordinance. Die
Verjährung vertraglicher Ansprüche orientiert sich grundsätzlich an der Art
des Vertragsschlusses, d.h. an der Frage, ob ein einfacher Vertrag ("simple
contract“) oder ein Vertrag unter Siegel ("under seal“) abgeschlossen wurde.
Während bei einfachen Verträgen mit einem Vertragswert von mehr als 100
HK$ eine sechsjährige Verjährungsfrist greift, gilt bei Verträgen unter Siegel
eine zwölfjährige Verjährungsfrist.
3.2.4 Sicherungsmittel
Die Vereinbarung eines einfachen Eigentumsvorbehalts ist möglich und
in Section 21 Sale of Goods Ordinance ausdrücklich vorgesehen. Der
einfache Eigentumsvorbehalt berechtigt den Verkäufer im Konkurs zur
Aussonderung des Gegenstands aus der Konkursmasse sowie im Falle
einer Zwangsvollstreckung zum Widerspruch. Die Vereinbarung eines
verlängerten Eigentumsvorbehaltes ist ebenfalls möglich. Voraussetzung
ist allerdings die ausdrückliche Vereinbarung, dass der Käufer zwar zum
Verkauf berechtigt ist, aber das Eigentum am Verkaufserlös direkt auf den
Verkäufer übergehen soll. Ist der Käufer eine juristische Person, ist der
verlängerte Eigentumsvorbehalt als "Charge" zu registrieren.
3.2.5 Produzentenhaftung
Ein einheitliches Produkthaftungsgesetz existiert nicht. Die Haftung des
Herstellers und Verkäufers für Schäden, die durch fehlerhafte Produkte
hervorgerufen wurden, bestimmt sich nach allgemeinem Vertrags- und
Deliktsrecht. Verbraucherschutz wird unter der Führung des Consumer
Council, des staatlichen Verbraucherschutzrates, durch eine Vielzahl von
Einzelgesetzen aus den Bereichen Verbrauchervertrag, Verbrauchersicherheit,
Verbraucherkredit, Gesundheit und Handelspraktiken durchgesetzt. Wichtig
sind insbesondere die "Control of Exemption Clauses Ordinance", welche
unter anderem die Vereinbarung von Haftungsausschlüssen reglementiert,
sowie die "Consumer Goods Safety Ordinance", welche den Rechtsrahmen
für Produktsicherheit schafft.
36
3.3 Investitionsrecht
Für einzelne Branchen, zum Beispiel Hoch- und Umwelttechnologietechnologie
oder Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, werden erweiterte
Abschreibungsmöglichkeiten eingeräumt. Von Steuervorteilen profitieren
auch der Erwerb und die Entwicklung von gewerblichen Schutzrechten.
Investitionsrecht | Gesellschaftsrecht
Ausländische Investitionen in Hongkong sind uneingeschränkt
möglich;
Investitionsbeschränkungen
gibt
es
nicht.
Spezielle
Investitionsförderprogramme bietet Hongkong nicht an. Jedoch ist
Hongkong in wichtigen Fragen wie Infrastruktur, Finanz- und Steuersystem,
Rechtssicherheit und Verwaltungseffizienz bereits systemimmanent
investorenfreundlich. Dementsprechend belegte Hongkong beim Doing
Business Ranking 2014 der Weltbank den zweiten Platz hinter Singapur,
nach dem World Competitive Scoreboard 2014 des IMD steht Hongkong
bei der Bestimmung der leistungs- und wettbewerbsstärksten Nationen auf
Platz 4 weltweit.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Hongkong besteht seit dem
31.1.1996 ein Investitionsfördervertrag, der am 19.2.1998 in Kraft getreten ist.
3.4 Gesellschaftsrecht
Hongkongs Gesellschaftsrecht stellt vier Hauptgesellschaftsformen
zur Verfügung: Unlimited und Limited Partnership, vergleichbar der
deutschen OHG und KG, sowie die Private und Public Company Limited
by Shares, vergleichbar den deutschen Kapitalgesellschaften GmbH und
AG. Ebenfalls möglich ist die Errichtung eines Branch Offices oder eines
Representative Offices, rechtlich und finanziell vom Mutterhaus abhängigen
Niederlassungen.
3.4.1 Repräsentanz
Die Eröffnung eines Repräsentanzbüros ist für ausländische Unternehmen
die einfachste und kostengünstigste Form, um Präsenz in Hongkong zu
erlangen.
Der Geschäftszweck ausländischer Repräsentanzbüros ist beschränkt
auf Informationssammlung, Marktforschung und Kontaktpflege,
Werbung, Beschaffung (Product Sourcing) und Kontrolltätigkeiten.
Darüber hinausgehende Tätigkeiten wie Vertragsschlüsse, Beteiligung
37
Rechtliche Rahmenbedingungen
Gesellschaftsrecht
an Ausschreibungen, Import und Export sind nicht zulässig. Da die
Repräsentanz keine Gewinn generierende Tätigkeiten ausüben darf, ist sie
von der Besteuerung freigestellt. Eine Repräsentanz ist weder juristische
Person noch Zweigniederlassung im rechtlichen Sinne. Das Mutterhaus
haftet vollumfänglich für die durch die Repräsentanz eingegangenen
Verpflichtungen. Daher besteht keine Verpflichtung, die Repräsentanz
mit einem Mindestkapital auszustatten.
Die Gründung der Repräsentanz erfolgt durch Eintragung beim Inland
Revenue Department und damit einhergehenden Erteilung des Business
Registration Certificates. Seit dem 1.4.14 betragen die Kosten 73 HK$
Registrierungsgebühr sowie 250 HK$ Jahresbeitrag für ein ein Jahr gültiges
Zertifikat. Die AHK Hongkong kann bei der Errichtung einer Repräsentanz
unterstützend tätig werden.
3.4.2 Private Company limited by shares
Vorrangig verwendete Gesellschaftsform ist die Private Company limited by
shares. Die Private Limited ist eine Kapitalgesellschaft, bei der die Haftung
der Gesellschafter auf die Gesellschaftsanteile beschränkt ist. Gesetzliche
Grundlage ist die 2014 überarbeitete Companies Ordinance.
Die Errichtung einer Private Limited ist denkbar einfach. Erforderlich
sind lediglich die Reservierung des Unternehmensnamens sowie die
Registrierung der Gesellschaft unter Vorlage der Gründungsdokumente
(Articles of Association sowie des Gründungsantrags (Incorporation Form))
beim Companies Registry. Die Gründungsdokumente können über das
Service-Portal "e-Registry" (www.eregistry.gov.hk) auch auf elektronischem
Weg eingereicht werden.
Die Private Limited umfasst mindestens einen, höchstens 50 Gesellschafter.
Besondere Voraussetzungen hinsichtlich Nationalität oder Wohnsitz der
Gesellschafter bestehen nicht. Ein Mindestkapital ist nicht erforderlich.
Gesellschaftsorgane sind die Gesellschafterversammlung, der oder die
Direktoren ("Board of Directors") sowie der Schriftführer ("Company
Secretary"), der seinen Wohnsitz in Hongkong haben muss.
Die Gesellschafterversammlung ist für die Willensbildung der Gesellschaft
verantwortlich. Durch das „General Meeting“ werden Änderungen des
Gesellschaftskapitals, der Gesellschaftssatzung sowie die Auflösung
der Gesellschaft beschlossen, darüber hinaus die "Directors“ sowie die
Rechnungsprüfer („Auditors“) bestellt. Die Gesellschafterhauptversammlung
hat grundsätzlich in jedem Geschäftsjahr einmal stattzufinden, spätestens
38
Anstelle der Neugründung der Gesellschaft kommt auch der Ankauf
einer Mantelgesellschaft oder schlafenden Gesellschaft in Betracht. Dies
ermöglicht einen besonders zügigen Erwerb einer funktionsfähigen
Gesellschaft. Durch Ankauf einer Hongkong-Gesellschaft, die seit
mindestens drei Jahren operativ am Markt tätig ist, besteht die Möglichkeit,
sich die Vorzüge des CEPA-Abkommens zwischen Festlandchina und
Hongkong zu sichern. Produzierende Unternehmen müssen zudem das
Kriterium „Made in Hongkong“ erfüllen, um nach den CEPA-Vorschriften
förderungswürdig zu sein.
Gesellschaftsrecht | Wettbewerbsrecht
Die Geschäftsführung der Gesellschaft obliegt dem "Board of Directors”.
Regelmäßig besteht der “Board of Directors” aus zwei Direktoren. Zumindest
einer der Directors einer Gesellschaft muss eine natürliche Person sein. Die
Besetzung sämtlicher Vorstandsposten mit juristischen Personen ist nach den
Vorgaben der reformierten Companies Ordinance nicht mehr möglich. Die
Befugnisse der Geschäftsführer ergeben sich aus der Gesellschaftssatzung.
Normalerweise gilt das Prinzip der Gesamtvertretung, das heißt die
Gesellschaft kann nur durch beide Direktoren wirksam vertreten werden.
Es ist jedoch auch möglich, einem Direktor als sogenanntem "managing
director“ die alleinige Vertretungsbefugnis einzuräumen.
Rechtliche Rahmenbedingungen
neun Monate nach Abschluss des Finanzjahres. Ausnahmen hiervon
bestehen beispielsweise für Ein-Mann-Gesellschaften.
3.5 Wettbewerbsrecht
Bislang finden in Hongkong wettbewerbsrechtliche Regelungen
noch keine Anwendung. Allerdings hat Hongkong am 14.6.2012
die Competition Ordinance verabschiedet, welche unter anderem
wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen wie Preisabsprachen und
den Missbrauch von Marktmacht regulieren wird. Die Competition
Ordinance wird voraussichtlich erst im Jahr 2015 in Kraft treten, da noch
Umsetzungsrichtlinien zu erarbeiten und die Wettbewerbskommission
sowie eine eigene Wettbewerbsgerichtsbarkeit einzurichten sind.
39
3.6 Steuerrecht
Steuerrecht
Rechtliche Rahmenbedingungen
Das Steuerrecht Hongkongs ist einfach und die Steuern niedrig. Das
Steuerjahr beginnt am 1.4. eines Jahres und endet am 31.3. des Folgejahres.
Der Körperschaftsteuersatz beträgt 16,5%. Für das Steuerjahr 2014/15 sieht
der Haushaltsentwurf wie in den vorhergehenden Jahren für Unternehmen
einen Steuererlass von 75% mit einer Kappungsgrenze von 10.000 HK$ pro
Unternehmen vor.
Hongkong folgt dem Prinzip der Territorialbesteuerung, d.h. die
Besteuerung gewerblicher Einkünfte richtet sich nicht danach, ob das
Unternehmen, welches Einkünfte in Hongkong erzielt, auch dort ansässig
ist. Vielmehr unterliegen alle Einkünfte, die in Hongkong erzielt werden,
unabhängig von der Ansässigkeit oder Nationalität des Unternehmens,
dem Steuerrecht Hongkongs. Dividenden und Veräußerungsgewinne
unterliegen keiner Besteuerung.
Die Einkommensteuer ist gestaffelt, der Höchstsatz beträgt seit dem 1.4.2008
17%, der Durchschnittssatz 15%: Auch im Bereich der Einkommensteuer
wurde durch das Budget 2013/14 für das Steuerjahr 2012/13 ein Steuererlass
von 75% mit einer Kappungsgrenze von 10.000 HK$ pro Person angeordnet.
40
Freibeträge
Steuerjahr 2011/12 und folgende (in HK$)
Grundfreibetrag
240.000
Verheiratetenfreibetrag
240.000
Kinderfreibetrag
70.000 pro Kind
Steuerstufen (HK$ steuerbares Einkommen)
Steuersatz (%)
bis zu 40.000
2
40.001 bis 80.000
7
80.001 bis 120.000
12
übersteigendes Einkommen
17
Seit 2003 findet zwischen Deutschland und Hongkong ein Sonderabkommen
betreffend Einkünfte und Vermögen von Schifffahrt-Unternehmen
Anwendung. Ein umfassendes Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
hingegen existiert bislang nicht; das zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und der VR China abgeschlossene DBA vom 10.6.1985 ist
in Hongkong nicht anwendbar. Allerdings werden im Juni 2014 erstmals
Verhandlungen zwischen Deutschland und Hongkong über den Abschluss
eines Doppelbesteuerungsabkommens aufgenommen.
Nicht nur aus investitionsrechtlichen, sondern auch aus steuerrechtlichen
Gründen wurde Hongkong in der Vergangenheit regelmäßig als Standort
einer Holdinggesellschaft gewählt, die unter anderem Niederlassungen
in der VR China hält und steuert. Hintergrund dieses Konstrukts ist
unter anderem das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen China
und Hongkong. Dieses sieht in Bezug auf die Ausschüttung von
Dividenden von China nach Hongkong bei einer Beteiligung von
mehr als 25% eine Quellensteuer in Höhe von 5% auf die Dividende
vor. Da Dividendenausschüttungen in Hongkong unter bestimmten
Beteiligungsvoraussetzungen weder einer Körperschaftssteuer noch
bei Transfer einer Quellensteuer unterliegen, kann der Gewinn ohne
weitere Besteuerung nach Deutschland überführt werden. Transferiert
die chinesische Tochter hingegen Gewinnausschüttungen direkt, daher
ohne Zwischenschaltung einer Hongkong-Holding, an die deutsche
Mutter, unterliegen diese in China nach dem deutsch-chinesischen
Doppelbesteuerungsabkommen und dem chinesischen Steuerrecht einem
Quellensteuersatz in Höhe von 10%.
Steuerrecht
Auf in Hongkong gelegenes Land und Gebäude fällt eine Grundsteuer in
Höhe von 15% an, es sei denn, das Gebäude wird zu eigenen Zwecken
genutzt. Als weitere Steuer wird die Stempelsteuer erhoben.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Kapitaleinkünfte, Dividenden und Zinsen unterliegen keiner Besteuerung.
Eine Umsatz- oder Mehrwertsteuer existiert nicht.
Das Holdingmodell als Steuersparkonstrukt wird aber mit Inkrafttreten
des im April 2014 unterzeichneten neuen deutsch-chinesischen DBA
an Bedeutung verlieren. Das neue DBA setzt nunmehr ebenfalls unter
bestimmten Voraussetzungen den Quellensteuersatz auf Dividenden auf
5% herab.
41
Devisenrecht / Zahlungsverkehr | Rechtsverfolgung
Rechtliche Rahmenbedingungen
3.7 Devisenrecht / Zahlungsverkehr
Mit Ausnahme eines Anti-Geldwäschegesetzes und Devisenkontrollen
im
Rahmen
der
Terrorismusbekämpfung
existieren
keine
Devisenbeschränkungen. Die Repatriierung von Gewinnen, Zinsen und
Dividenden ist ohne Einschränkungen erlaubt und durchführbar. Der
Hongkong-Dollar ist frei konvertierbar.
3.8 Rechtsverfolgung
Das Rechts-, Gerichts- und Schiedsgerichtssystem Hongkongs zählt
zu dem mit Abstand besten und verlässlichsten Asiens. Der Status als
Sonderverwaltungsregion hat hieran nichts geändert.
Der Gerichtsaufbau in Hongkong ist im Grundsatz dreistufig: Gerichte der
Eingangsinstanz in Zivilsachen sind das Small Claims Tribunal (Streitwert bis
zu 50.000 HK$), der District Court (Streitwert bis zu 1 Mio. HK$) sowie der
Court of First Instance of the High Court. Berufungsinstanz ist der Court of
Appeal of the High Court, Revisionsinstanz und höchstes Gericht der Court of
Final Appeal.
Einen Anwaltszwang gibt es nicht, bei Verfahren vor dem Small Claims
Tribunal ist eine anwaltliche Vertretung sogar untersagt. Allerdings kann bei
der Vorbereitung von bestimmten Dokumenten, insbesondere im Bereich
des Grundstücksrechts, die Hinzuziehung eines Anwalts oder Notars
erforderlich sein.
Die Vollstreckung deutscher Gerichtsurteile unterfällt der Foreign Judgements
(Reciprocal Enforcement) Ordinance und ist bei Vorliegen der entsprechenden
Voraussetzungen (rechtskräftiges Urteil auf Zahlung einer Geldsumme,
Vollstreckbarkeit etc.) problemlos möglich.
Gerichtsentscheidungen von Gerichten Hongkongs oder der VR China in
Bezug auf Geldleistungen sind in Hongkong und der VR China seit dem 1.8.08
vollstreckbar. Rechtsgrundlage ist das „Arrangement on Reciprocal Recognition
and Enforcement of Judgments in Civil and Commercial Matters by the Courts
of the Mainland and the HKSAR pursuant to Choice of Courts Agreements
between Hong Kong and Mainland China” vom 14.7.06. Das Arrangement
wurde in Hongkong durch die Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement)
Ordinance vom 23.4.08, in China durch einen Auslegungserlass („Judicial
Interpretation“) des Obersten Volksgerichtshofes vom 4.7.08 umgesetzt.
42
Mit dem Hongkong International Arbitration Centre (HKIAC)
verfügt Hongkong über eine international angesehene und bewährte
Schiedsinstitution. Das HKIAC verwendet eigene, zuletzt zum 1.11.13
reformierte Schiedsregeln. Die Schiedsgerichtsbarkeit Hongkongs
ist von wesentlicher Bedeutung beim Geschäftsverkehr auch mit
chinesischen Partnern. So schätzen Chinesen das HKIAC aufgrund der
räumlichen und kulturellen Nähe zu China. Deutsche Geschäftspartner
ziehen die Professionalität, Qualität und Neutralität des HKIAC den
festlandchinesischen Schiedsinstitutionen vor.
Schiedsgerichtsbarkeit
Das Schiedsrecht findet seine Rechtsgrundlage in der zuletzt zum
1.6.11 reformierten Arbitration Ordinance. Die Schiedsrechtsreform
modernisierte und internationalisierte Hongkongs Schiedswesen und
führte dazu, dass sich Hongkong weiter als bevorzugter Ausrichtungsort
internationaler Schiedsverfahren etablieren konnte. Nicht nur der
Gesetzgeber, auch die staatliche Gerichtsbarkeit unterstützt und fördert
die Durchführung von Schiedsverfahren. Die Ordinance richtet sich an
den UNCITRAL-Schiedsstandards aus und unterwirft internationale wie
inländische Schiedsverfahren den gleichen Verfahrensregeln.
Rechtliche Rahmenbedingungen
3.9 Schiedsgerichtsbarkeit
Die Vollstreckung ausländischer Schiedsentscheidungen unterliegt dem
New Yorker Vollstreckungsabkommen von 1958, das seit 1977 kraft
Großbritanniens und seit 1997 kraft Chinas Mitgliedschaft Anwendung in
Hongkong findet. Gemäß der Arbitration Ordinance werden jedoch auch
Schiedssprüche aus Staaten, die nicht Unterzeichner des New Yorker
Abkommens sind, vollstreckt. Im Jahr 2000 ist zwischen der VR China und
Hongkong das „Memorandum of Understanding on the Arrangement
concerning Mutual Enforcement of Arbitral Awards between the Mainland
and the Hong Kong Special Administrative Region” in Kraft getreten, das
die gegenseitige Vollstreckung von Schiedssprüchen gewährleistet. Nach
dem Abkommen ebenfalls vollstreckbar sind in Hong Kong ergangene
Ad-Hoc-Schiedssprüche.
43
Groß- und Einzelhandel
Vertrieb und Handelsvertretersuche
4. Vertrieb und
Handelsvertretersuche
Shoppingmalls gehören zu Hongkong wie der Hafen. War die
Sonderverwaltungsregion traditionell vor allem Umschlagsplatz für Waren
aus und nach China, ist heute daneben der Einzelhandel eine wichtige
Säule der Wirtschaft. Immer mehr Touristen, vor allem aus Festlandchina,
kommen nach Hongkong. Diese haben zahlreiche Unternehmen im Visier,
denn die Metropole dient als Showroom auch für überregionale Märkte.
Viele operieren mit lokalen Vertretern, deren Pflege wichtig ist.
4.1 Groß- und Einzelhandel
Die Sonderverwaltungsregion (SVR) Hongkong ist einer der am weitesten
entwickelten Einzelhandelsplätze der Welt. Getragen durch die Kauflust der
steigenden Touristenzahlen explodierten die Einzelhandelsumsätze in den
vergangenen Jahren. Gegenüber dem Vorjahr wurden 2013 mit 63,4 Mrd.
US$ rund 11% mehr umgesetzt, 2012 lag der Anstieg bei 10%.
Aber nicht nur die Besucher, sondern auch die Einwohner der
Hafenmetropole sind begeisterte Konsumenten. Shopping ist eine beliebte
Freizeitbeschäftigung. Unterstützt von konstant hohen Einkommen und
einer niedrigen Arbeitslosenrate (Ende 2013: 3,2%) sorgen sie daher für einen
robusten Binnenkonsum. Die rund 64.000 Betriebe des Einzelhandels sind
für fast 9% der Beschäftigung und rund 4% des Bruttoinlandsproduktes in
Hongkong verantwortlich, so Angaben der Hong Kong Retail Management
Association (HKRMA). Damit hat sich der Sektor zu einer der wichtigsten
Säulen der Hongkonger Wirtschaft entwickelt.
Entwicklung des Einzelhandels
Umsatz (in Mio US$)
Zuwachs (in %)
2011
2012
2013 Jan-Nov.
52.017
57.115
57.018
24,9
9,8
11,6
Quelle: Census & Statistics Department
Seit 2003 die individuellen Reisemöglichkeiten für Besucher aus Festlandchina
stark liberalisiert wurden, kommen diese gerne in die SVR. So stammten 2013
44
Durch die Touristen sind die Umsätze in den Läden verzerrt. So erfreuen
sich Uhren und Schmuck großer Beliebtheit als wertvolle aber leichte
Mitbringsel. Die entsprechenden Umsätze explodierten 2013 gegenüber
dem Vorjahreszeitraum um 23%, und nahmen fast ein Viertel der gesamten
Umsätze ein. Auch die Verkaufserlöse von Kleidung und Schuhen stiegen
noch stark, nämlich um 8,3%, und sind mit 8,1 Mrd. US$ die zweitgrößte
Kategorie. Dagegen legten zum Beispiel die Ausgaben für Pkw nur um 1,2%
zu, die Möbelumsätze sanken um 2,1%. Beide Produktkategorien werden
üblicherweise nicht von Reisenden erworben.
Groß- und Einzelhandel
Bis 2020 erwartet die Hongkonger Regierung einen Anstieg der
Besucherzahlen auf 100 Mio. pro Jahr, weiterhin also viel Raum für
Absatzsteigerungen. Gekauft werden vor allem gerne hochwertige
Konsumgüter westlicher Marken. Auf der anderen Seite wird sich das
stürmische Wachstum der vergangenen Dekade nicht ewig fortsetzen,
immer mehr Chinesen nutzen Reisemöglichkeiten nach Übersee, um die
Waren vor Ort einzukaufen. Bisher profitiert Hongkongs Einzelhandel
insbesondere von einer hohen Mehrwert- und Luxussteuer auf dem
chinesischen Festland sowie von einem mangelnden Vertrauen in die dortige
Produktqualität. Diese Faktoren dürften sich mittelfristig abmildern.
Vertrieb und Handelsvertretersuche
rund drei Viertel der knapp 54 Mio. Besucher vom Festland. Sie reisten häufig
in Gruppen, aber auch zunehmend individuell oder kamen als Tagestouristen
aus der angrenzenden Provinz Guangdong. Die Gesamtausgaben der
Touristen stiegen dabei im 1. Halbjahr 2013 um 17,6% auf 20,5 Mrd. US$.
An Bedeutung gewinnen dagegen Optische Waren, Arzneimittel und
Kosmetik. Letztere werden in Hongkong vor allem von festlandchinesischen
Touristen gekauft, zum einen aufgrund der im Vergleich günstigeren Preise
und der vielfältigeren Auswahl. Auch gesundheitsrelevante Waren wie unter
anderem Medikamente, Babyprodukte kaufen die Festlandchinesen lieber
in Hongkong und Übersee als zu Hause. Dies hat derartige Dimensionen
angenommen, dass Hongkongs Regierung 2013 eine Exportbeschränkung für
Babymilchpulver von zwei Dosen pro Person erlassen hat, um die Versorgung
der einheimischen Bevölkerung sicherzustellen. Dieser Vorgang war für den
Freihandelshafen einzigartig.
Ein großes Hindernis für die Geschäftsgründung in Hongkong sind die hohen
Mieten. In besten Lagen gelten die Einzelhandelsmieten als die höchsten
weltweit. Den Immobiliendienstleistern von CBRE zufolge waren in Causeway
Bay pro Quadratmeter rund 46.640 US$ Miete im Jahr fällig (New York: 33.900
US$). Die nächstteuersten Lagen sind Queen's Road im Geschäftsviertel
45
Groß- und Einzelhandel
Vertrieb und Handelsvertretersuche
Central und die Canton Road in Tsim Sha Tsui. In den Top-Lagen können
daher inzwischen nur noch große internationale Markenhersteller und vor
allem Luxus- und Schmuckläden überleben.
Trotzdem haben in den letzten Jahren viele Markenhersteller den Weg nach
Hongkong gefunden und sind gerade im hochwertigen Konsumgüterbereich
erfolgreich. Ob Schmuck von Wellendorf, Alno-Küchen, Miele-Geräte, MetzFernseher oder Badarmaturen von Dornbracht - alle versprechen sich viel von
den hohen Einkommen und dem entwickelten Konsumentengeschmack.
Laut CBRE fanden 51 neue Einzelhandelsmarken 2012 den Weg nach
Hongkong, so viele wie in keiner anderen Metropole Asiens. Neben dem
lokalen Absatz kommt noch die Schaufensterfunktion Hongkongs hinzu.
Die knapp 40 Mio. chinesische Touristen kaufen nicht nur fleißig ein,
Marketingexperten setzen auch auf den "Hongkong-Effekt". Eine Marke, die
sich bereits in der Hafenmetropole durchgesetzt hat, wird zumeist auch ein
Erfolg auf dem festlandchinesischen Markt. Zusammen mit Tokio, Seoul und
Taipei werden hier die Trends für Ostasien gesetzt.
Der Einzelhandel in Hongkong wird durch große Konglomerate beherrscht,
im Lebensmittelbereich im Wesentlichen von Dairy Farm und A.S.
Watson. Dies erschwert den Zugang für Neueintritte, selbst internationale
Einzelhandelsriesen wie Walmart sind hier schon gescheitert. Zuletzt
hat im Dezember 2013 der Asien CEO des weltgrößten Einzelhändlers in
einem Interview mit der South China Morning Post einen Eintritt in den
Hongkonger Markt erneut abgelehnt, da er "zu wettbewerbsintensiv" sei. Es
existieren zwar auch noch zahlreiche kleine Läden, rund 97% aller Geschäfte
haben weniger als zehn Angestellte. Die großen Gruppen haben aber einen
steigenden Marktanteil, unter anderem weil sie durch enge Verbindungen mit
Immobilienentwicklern beste Lagen zu guten Mieten erhalten.
Dairy Farm gehört zur Jardines Gruppe und ist in ganz Asien ein
führender Händler, mit einem Umsatz 2012 von über 11 Mrd. US$ und
knapp 100.000 Angestellten. In Hongkong ist Dairy Farm der führende
Lebensmitteleinzelhändler, mit den Supermärkten Wellcome (270 Filialen),
Luxussupermärkten ThreeSixty, Oliver's The Delicatessen und Jasons
MarketPlace sowie im Drogeriesektor mit der Kette Mannings. Dazu kommen
die "convenience stores" 7-Eleven sowie die IKEA-Filialen in Hongkong.
Außerdem gehört der Gruppe ein 50%-Anteil von Maxim's, einer verbreiteten
Restaurantkette. Ebenfalls zu Jardines sind Zung Fu, der Vertragshändler für
Mercedes-Benz Franchise und Hyundai, sowie 50% des Joint Ventures Jardine
Schindler für Aufzüge zuzuordnen.
46
Führende Supermarktgruppen
Handelsgruppe
Umsatz 2012
(in Mio. US$)
Supermärkte
(Anzahl)
Superstore
(Anzahl)
Marktanteil
2.782
163
46
33
3.355 1)
243
30
39,8
657 1)
83
6
7,8
Dah Chong
Hong (DCH)
FoodMart
570
83
0
N/A
Jusco Stores
(HK) Ltd.
452
11
0
N/A
City Super
N/A
4
0
N/A
ParknShop
Wellcome
Vanguard Shop
Vertrieb und Handelsvertretersuche
Groß- und Einzelhandel
Ebenfalls eine der größten Gruppen ist die A.S. Watson Group (HK)
Limited (ASW). Sie ist Teil der Hutchison Whampoa Gruppe, welche
wiederum zu Li Kashing gehört, dem reichsten Mann Asiens. Selbst
bezeichnet sich die Gruppe als der weltgrößte Einzelhändler für
Gesundheits- und Schönheitsprodukte (unter anderem gehört ihr 40% von
Rossmann) mit insgesamt über 100.000 Mitarbeitern. In Hongkong ist vor
allem die Supermarktgruppe ParknShop sichtbar, die unter den Läden
Great, Gourmet, Taste, Fusion, International und ParknShop Superstores
operiert. Hinzu kommt für Watson die Elektronikkette Fortress sowie
Drogerien der Marke Watsons, Watson's Wine, Duty Free-Geschäfte und
das neue Konzept "SU-PA-DE-PA", eine Kombination von "supermarket"
und "department store".
1) Schätzungen
Quelle: Jahresberichte, Hong Kong Business
Direktversand oder Delikatessläden bieten weitere Absatzwege für
hochwertige Lebensmittel. Hierzu zählen zum Beispiel die Läden von Pacific
Gourmet, Euro Treat, Health Naturally oder Euro Goodies. Bewegung ist
derzeit im Segment der naturbelassenen und Bio-Lebensmittel sichtbar.
Während Dairy Farm seine ThreeSixty-Filiale im Landmark in Central
geschlossen hat, will Gerüchten zufolge ParknShop Anfang 2014 ein
Bio-Fachgeschäft eröffnen. Die Deutsche Auslandshandelskammer
(AHK) Hongkong sieht großes Potential für deutsche Lebensmittel mit
Bio-Siegel und generell im Bereich Gesundheit. Die hohen Einkommen und
weitgehende Abhängigkeit von Importen führt in Hongkongs Mittelschicht
47
Groß- und Einzelhandel
Vertrieb und Handelsvertretersuche
zu einer hohen Wertschätzung von Lebensmittelsicherheit. Deutschland wird
großem Vertrauen in Beziehung auf Qualität, Sicherheit und Naturschutz
entgegengebracht. Lebensmittel, die in diese Nischen zielen, haben laut
AHK Hongkong grundsätzlich gute Aussichten.
Verschiedene japanische Einzelhändler unterhalten ihre Ketten in
Hongkong, so betreibt die Jusco Gruppe unter der Marke Aeon verschiedene
Geschäfte für Güter des täglichen Bedarfs, darunter fünf Supermärkte, neun
"department stores" und 23 Living Plaza Märkte. Auch die Uny Gruppe
unterhält "department stores" unter den Marken Uny, Apita und Piago. Für
Haushaltswaren und andere Non-food-Produkte sind Japan Home Centre
und Pricemart allgegenwärtig. Die großen Kaufhäuser Wing On und Sogo
führen hauptsächlich Non-food, besitzen aber auch Supermarktsektionen.
Daneben existieren über 1.300 "convenience stores", vorrangig von den
beiden Ketten 7-Eleven und Circle K.
Während Vanguard von China Resources, einer der größten
Supermarktbetreiber in Festlandchina, hauptsächlich auf lokale Kunden
zielt, kommt trotzdem ein bedeutender Teil der Produkte nicht aus China.
Da Chong Hong ist mit seinen "DCH Food Marts"-Läden stark im Bereich
Fleisch, Fisch und Frischgemüse, häufig in der Nähe von Frischmärkten. Die
Firma ist auch einer der großen Lebensmittelimporteure nach Hongkong,
zusammen mit Four Seas Food Investment, EDO Trading, Kwan Hong
Yuen Trading, Yu Kee Trading und Sun Shun Fuk. Aber auch deutsche
Lebensmittelimporteure sind aktiv, so zum Beispiel Hartmut Ganter von
World Winner Promotion, vor allem für die ParknShop-Märkte. Generell
sind für deutsche Anbieter die ParknShop-Läden die aussichtsreichsten,
da sie die größte Plattform für eine auf westliche Produkte orientierte
Kundschaft bieten. Supermärkte verlangen regelmäßig eine Regalgebühr für
neue Produkte, die Berichten zufolge verhandelbar ist.
Außerdem locken viele große Shoppingmalls zahlungskräftige Kunden
in ihre Läden. Je nach Lage und Ausrichtung können unterschiedliche
Zielgruppen erreicht werden. Die Zentren weisen zum Teil extrem hohe
Mieten auf, da sie zu den umsatzstärksten Lagen gehören. Daher finden
sich dort meist nur große internationale Marken. Die Mall-Betreiber sind
allerdings auch stets interessiert an neuen Marken, um einen attraktiven
Produktmix zu erhalten. So können auf Freiflächen mit Pop-Up-Läden
neue Konzepte und Produkte getestet werden, bei Erfolg lockt eine feste
Einzelhandelsfläche. Gerüchten zufolge sind verschiedene Markenhersteller
eher aus Prestige- und Marketinggründen in bestimmten Lagen und
erwarten nicht unbedingt Profitabilität.
48
Standort
Ausstellungsfläche
in Quadratfuß
Kundenprofil
Markensortiment
Mischung von fast-fashion
und Luxusmarken
IFC Mall
Central
800.000
Wohlhabende
Mittelschicht, Expats,
höhere Angestellte,
und ausländischen
Touristen
Landmark
Central
495.000
Wohlhabende
Mittelschicht und
Touristen, Reiche
Luxusmarken und
Flagshipstores
Verschiedene Marke für
den Massenmarkt und
Premium- und Luxusmarkt
im Bereich Mode, Uhren
und Schmuck, Kosmetik
Times
Square
Causeway
Bay
900.000
breite
Kundenschichten von
lokalen Kunden bis
zum wohlhabenden
chinesischen
Touristen
Hysan
Place
Causeway
Bay
270.000
Jüngere
einheimische
Kunden
Internationale
Modemarken, Apple Store
& Elite Bookstore
Harbour
City
Tsim Sha
Tsui
2.000.000
lokalen Kunden
und chinesischen
Touristen
Mittel- bis hochpreisige
Modemarken,
Flagshipstore von
Luxusmarken, Geschäfte
für Modeschmuck, Uhren,
Accessoires, Kosmetik,
Elektronik usw.
Elements
Kowloon
1.000.000
Wohlhabende
Mittelschicht und
ausländischen
Touristen
Hochpreisige Marken im
Bereich Mode, Uhren und
Schmuck
Langham
Place
Mongkok
600.000
Jüngeren, lokale
Kunden und
chinesische Touristen
Mittelpreisige Marken
im Bereich Mode,
Accessoires und Kosmetik
Kwun
Tong
630.000
Jüngere, Kunden in
der Altersgruppe von
15 bis 35
Internationale,
mittelpreisige Marken
im Bereich Mode,
Accessoires und Kosmetik
2.000.000
Jüngere, lokale
Kunden und
chinesische Touristen
Verschiedene Marke für
den Massenmarkt und
Premium- und Luxusmarkt
im Bereich Mode, Uhren
und Schmuck, Elektronik
und Kosmetik
462.000
breite
Kundenschichten von
lokalen Kunden bis
zum ausländischen
und chinesischen
Touristen
Fashion Outlet.
Verschiedene Marke
für den Massenmarkt,
Premium- und Luxusmarkt
im Bereich Mode, Uhren
und Schmuck, Elektronik
und Kosmetik
APM
New Town
Plaza
City Gate
Shatin
Tung
Chung
Groß- und Einzelhandel
Mall
Vertrieb und Handelsvertretersuche
Wichtigste Einkaufszentren in Hongkong
Quelle: Cushman Wakefield, Internetseiten der Shopping Malls
49
Vertrieb und Handelsvertretersuche
Groß- und Einzelhandel | Handelsvertreter und Vertragshändler
Im Bereich Kosmetik stellen Schönheitssalons und Spas eine Besonderheit
dar. Sie sind in Hongkong weit verbreitet und die Kundschaft lässt zum Teil
hohe Beträge für Behandlungen liegen. Sie bieten einen guten Absatzkanal,
da sie häufig auf hochwertige Produkte setzen und neben Anwendungen
auch den Verkauf an die Endkunden vornehmen. Die Landschaft ist
relativ unübersichtlich, das Statistikamt wies 4.660 Make-up-, Haut- und
Gesichtspflegedienste Ende 2012 aus; Bella, Let's Spa, Sense Of Touch oder
Happy Feet haben beispielsweise mehrere Filialen. Daneben existieren die
Drogerieketten Mannings und Watsons für die alltägliche Körperpflege. Die
Parfümerien Sasa (circa 100 Filialen) und Bonjour (circa 50 Filialen) erreichen
im mittleren Preissegment die meisten Konsumenten.
In Geschäften werden häufig Promotionskampagnen durchgeführt,
besonders am Wochenende und an Feiertagen. Die Kampagnen haben zwei
Funktionen: einerseits dienen sie als Test, ob ein Produkt ankommt und ins
Sortiment aufgenommen wird. Andererseits bieten sie Abwechslung für
die Kunden. Diese sollen durch Aktionen in die Märkte gelockt werden,
Einkaufen wird als Erlebnis zelebriert. Die ParknShop-Kette veranstaltet
regelmäßige Länderwochen, so das "German Food Festival" zum beliebten
Oktoberfest in Hongkong. Hier können neue Produkte im Markt getestet
werden, allerdings verlangt ParknShop dafür zum Teil Gebühren.
4.2 Handelsvertreter und Vertragshändler
Hongkong spielt eine wichtige Rolle als Dienstleistungszentrum in Asien
und viele Firmen nutzen den Standort für überregionale Vertriebsaktivitäten.
Die Vorteile der Stadt bestehen in einem äußerst geschäftsfreundlichen
Umfeld, in dem Unternehmensgründungen einfach sind. Außerdem bietet
der Standort niedrige Steuern und Abgaben sowie eine hervorragende
Infrastruktur für Logistik und Dienstreisen.
Handelsvertreter gibt es in der Metropole mehr als genug, die Herausforderung
ist es, den Richtigen zu finden. Verschiedene Handelsgesellschaften und
Vertreter haben einen überregionalen Fokus und bieten Vertrieb auch in
Festlandchina an. Deutsche Traditionshäuser, die sich schon lange auf
derartige Dienstleistungen spezialisiert haben, sind Jebsen, Melchers und
die Schmidt Gruppe sowie mit Schweizer Ursprung DKSH. Diese sind
sowohl im Konsumgütersektor, als auch Industriebranchen aktiv.
Daneben gibt es in Hongkong zahlreiche spezialisierte Handelsvertreter,
die auf Messen, über Branchenverbände und Dienstleister wie auch
50
Zum Teil haben Firmen bereits einen Kandidaten im Blick, zum
Beispiel über Bekanntschaften oder einen Messebesuch. Doch das gute
Gefühl kann erst der Startpunkt sein: Von dort sollte ein strukturierter
Auswahlprozess beginnen, den es mit angemessenem rechtlichen
Rahmen fortzuführen gilt. Dies bildet eine solide Basis, den Vertreter
gezielt zu entwickeln und das Geschäft zum Erfolg zu führen. Daher
rät Fiducia, im ersten Schritt zwei bis drei potenzielle Vertreter
anzusprechen, um einen Vergleich zu ermöglichen. Grundsätzlich
müssen sich deutsche Firmen zwischen Startup oder etabliertem
Agenten entscheiden, wobei beide Möglichkeiten Vor- und Nachteile
aufweisen. Diesbezüglich empfiehlt Kracht, bewährte Richtlinien aus
der Heimat oder aus anderen Ländern anzuwenden.
Vertrieb und Handelsvertretersuche
Handelsvertreter auswählen
Der Knackpunkt ist die richtige Auswahl und Führung des
Handelsvertreters. Stefan Kracht, Geschäftsführer des vornehmlich
auf deutsche Kunden spezialisierten Beratungsunternehmens Fiducia
Management Consultants rät, Vertreter für den Hongkonger Markt
und für China getrennt auszuwählen, da die Märkte zum Teil sehr
unterschiedlich sind. Wichtig, so Kracht sei es, einen erfahrenen Vertreter
zu finden, entweder mit der jeweiligen Produktgruppe oder dem Segment.
Dabei ist der erfolgreiche Vertrieb von Komplementärprodukten
ein guter Anhaltspunkt. So können auch verschiedene Vertreter für
unterschiedliche Produktgruppen gewählt werden. Zum Beispiel hatte
Metz den Vertrieb der TV-Geräte an Schmidt Marketing übertragen, die
Blitzgeräte wurden dagegen von Jebsen Consumer vertreten.
Handelsvertreter und Vertragshändler
Beratungsunternehmen gefunden werden können. Die AHK Hongkong
(http://www.china.ahk.de) bietet die Handelsvertretersuche an und
hilft bei der Auswahl. Darüber hinaus können in der Exportcommunity
des Außenwirtschaftsportals iXPOS (http://www.ixpos.de) kostenlos
Suchanzeigen nach Handelsvertretern aufgegeben, Vertreter recherchiert
oder eigene Dienstleistungen als Handelsvertreter angeboten werden.
Im zweiten Schritt sollte eine Due Diligence des potenziellen Vertreters
erfolgen und die Referenzen sowie Historie der Firma gründlich
überprüft werden, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Da
diese aber nicht ausgeschlossen werden können, muss im dritten Schritt
eine solide rechtliche Basis geschaffen werden, die gleichzeitig eine
gewisse Flexibilität bietet. Je nach Zufriedenheit und Möglichkeiten des
Vertreters können Spielräume erweitert oder eben verringert werden.
Vertreter wollen regelmäßig Exklusivrechte, wovor deutsche Firmen
51
Handelsvertreter und Vertragshändler | Handelsvertreter managen
Vertrieb und Handelsvertretersuche
zurückschrecken. Hongkong ist kein großer Markt, daher kann ein
Abtritt durchaus Sinn machen. Die Verträge müssen aber entsprechende
Möglichkeiten zur Trennung der Geschäftsbeziehungen enthalten, sollten
die Erwartungen nicht erfüllt werden.
4.3 Handelsvertreter managen
Erfolgreiche Auswahl und Vertragsabschluss seien aber erneut nur ein
Zwischenschritt, so Stefan Kracht. Danach folgt zunächst die Einweisung
und Ausbildung des Vertreters. Grundlegend müssen sich Firmen
entscheiden, "Will ich jemanden, dem ich alles beibringen muss, der dafür
aber vielleicht loyaler dem Unternehmen gegenüber ist, oder jemanden, der
bereits Erfahrung mit vergleichbaren Produkten hat"? Es muss aber in jedem
Fall in die Bindung des Vertreters an das Produkt beziehungsweise das
Unternehmen investiert werden. Dazu tragen Schulungen für das Produkt
vor allem in der Aufbauphase bei, diese sind gerade bei Investitionsgütern
unabdingbar. Aber auch ausgedehnte Aufenthalte am Stammwerk können
dem Verständnis für das Produkt und für die Unternehmenskultur
zuträglich sein. Im Gegenzug sollte durch regelmäßige Besuche vor Ort
sowohl Kontrolle ausgeübt, als auch gerade auch die Beziehung zum
Handelsvertreter ausgebaut werden. Dies ist Teil des Motivationspaketes,
das es zu schnüren gilt, um eine schleppende Vertriebsaktivität oder das
Abspringen des Vertreters zu vermeiden.
Hinzu kommen üblicherweise Provisionen für Verkaufsabschlüsse (je nach
Produkt circa 5 bis 25%) und zum Teil eine Übernahme des Marketingbudgets.
Die Aufteilung des allgemeinen Markenaufbaus und des generellen Marketings
wird von Firmen unterschiedlich gehandhabt, häufig aber vom deutschen
Unternehmen übernommen. Erfahrene Handelsvertreter können hier wertvolle
Hinweise geben, wie dies in Hongkong erfolgreich gestaltet werden kann.
In der SVR agieren Handelsvertreter meist sehr professionell. Die Hafenstadt
hat eine Reputation als Drehkreuz für Dienstleistungen, die Geschäfte mit
asiatischen und vor allem chinesischen Partner ermöglichen. Allerdings
unterschätzen viele Unternehmen den Pflegebedarf eines Vertreters.
Häufig heißt die Devise "aus den Augen, aus dem Sinn". Wer dann mit
schleppendem Absatz konfrontiert ist, braucht sich nicht zu wundern.
Regelmäßige Kontaktaufnahme ist unerlässlich.
Häufig sind deutsche Produkte in hochpreisigen Segmenten angesiedelt und
überzeugen durch Funktionalität sowie Haltbarkeit, die sich nicht auf den
52
Langfristig spielen viele Unternehmen mit dem Gedanken, den Absatz selbst
zu übernehmen, sollte sich das Produkt als marktfähig erweisen. Kracht
rät, dies frühzeitig zu thematisieren. So optieren deutsche Auftraggeber
beispielsweise für die Übernahme des Geschäfts vom Vertreter über die
Integration in eine Tochterfirma. In der chinesischen Geschäftskultur wird
ein solcher langfristiger Ansatz durchaus geschätzt und muss daher nicht
verschwiegen werden.
Vertrieb und Handelsvertretersuche
Kracht rät, den Vertrag mit der Option auf Verlängerung zu befristen
und bestimmte Umsatzschwellen mit Belohnungen zu verknüpfen. Ein
wichtiger Teil der vertraglichen Regelungen sei daneben Transparenz. Das
deutsche Unternehmen sollte sich klare Einsichtsrechte vor allem in Bezug
auf Preisbindung, Rechnungsstellung und Buchhaltung ausbedingen,
damit ein besseres Verständnis für den Vertrieb vor Ort entsteht und auch
Kontrolle möglich ist. Dabei sind Stückzahlen, Absatzwege, Point-of-Sales,
Kundengruppen, Aktionen und deren Erfolg zu verstehen.
Handelsvertreter managen | Handelsvertreterrecht
ersten Blick erschließen. Daher muss mehr Zeit in Erklärungsarbeit beim
Kunden investiert werden. Hongkonger Vertreter müssen in diesem Bereich
zum Teil geschult werden, damit dem Kunden das richtige Produkt verkauft
wird und nicht nur in der Hauptsache ein Abschluss erzielt wird. Dieses in
Asien verbreitete Phänomen beobachtet Charlie Lang, Managing Partner von
Progress-U, auch in Hongkong. Die starke Fokussierung auf Abschlusszahlen
könne zum Problem werden, viele lokale Firmen arbeiten mit hohem
Vertriebsdruck, so Charlie Lang. Dadurch können aber unzufriedene Kunden
produziert und der nachhaltige Erfolg gefährdet werden.
4.4 Handelsvertreterrecht
Das Handelsvertreterrecht Hongkongs ist nicht kodifiziert. Es richtet sich
nach dem bis zur Übernahme der EG-Richtlinie zum Handelsvertreterrecht
am 1.1.94 geltenden englischen "Law of Agency". Maßgeblich sind die
allgemeinen Grundsätze des Stellvertreterrechts, verbunden mit der zur
Handelsvertretung entwickelten Rechtsprechung.
Arten von Vertriebspartnern
Als Vertriebspartner kommen Handelsvertreter oder Vertrags- beziehungsweise
Eigenhändler in Betracht. Handelsvertreter (commercial agent), ist, wer einem
anderen Unternehmer Geschäfte vermittelt und diese im Namen und für die
Rechnung des Unternehmers abschließt. Der Eigenhändler (distributor oder
dealer) hingegen betreibt Geschäfte in eigenem Namen und für eigene Rechnung.
53
Vertrieb und Handelsvertretersuche
Handelsvertreterrecht
Typisches Merkmal des Handelsvertreters ist das Tätigwerden für einen
Dritten. Ein Unternehmer (sogenannter "principal") schließt dabei mit dem
Handelsvertreter ("commercial agent") einen Vertrag, in dem sich beide
darauf verständigen, dass der Handelsvertreter dem Unternehmer Kunden
vermittelt und Waren im Namen und für die Rechnung des Unternehmers
verkauft. Vertragspartner der Käufer wird nicht der Handelsvertreter,
sondern unmittelbar der "principal".
Handelsvertreter Vertragsabschluss
Es steht den Parteien grundsätzlich frei, welches Recht sie auf den
Handelsvertretervertrag für anwendbar erklären. Da das Hongkonger Recht
den Vertragsparteien größere Gestaltungsspielräume eröffnet und der Schutz
insbesondere des Handelsvertreters wesentlich schwächer ausgebildet ist,
als dies nach deutschem Recht der Fall ist, dürfte sich ein Rückgriff auf das
Recht Hongkongs für den Unternehmer regelmäßig anbieten.
Bei der Gestaltung von Verträgen mit Handelsvertretern in Hongkong
herrscht weitestgehend der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Hierbei ist zu
beachten, dass zwingende Normen wie im deutschen Handelsvertreterrecht
fehlen; es werden allenfalls - je nach Regelungsbedürfnis - die von
der Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätze (zum Beispiel
Sorgfaltspflicht, Gehorsamspflicht, Treuepflicht) angewandt. Beim Abschluss
des Handelsvertretervertrages sind keine besonderen Formvorschriften zu
beachten. So kann der Handelsvertretervertrag schriftlich oder mündlich
abgeschlossen werden; aus Beweisgründen ist ein schriftlich niedergelegter
Vertrag vorzuziehen.
Der Handelsvertretervertrag sollte als Mindestbestandteile regeln:
• den Umfang der Vertretungsmacht;
• die territoriale Zuständigkeit des Vertreters;
• ob eine Exklusivität und in welcher Form diese vergeben wird;
• gegebenenfalls einen Gebietsschutz;
• die Verkaufsbedingungen an die Endkunden;
• ob der Vertreter zum Abschluss oder nur zur Vermittlung von
Geschäften berechtigt ist;
• Kündigungsfristen und -termine, fristlose Kündigung aus wichtigem
Grund, Aufzählung der wichtigen Gründe sowie die
• Regelung der Vergütung.
54
Den Unternehmer treffen demgegenüber allgemeine Informationsund Sorgfaltspflichten, sowie regelmäßig die Pflicht zur Leistung einer
angemessenen Vergütung. Anders als das deutsche Recht kennt das
Hongkong-Recht keinen gesetzlichen Provisionsanspruch. Nach dem
"Law of Agency" kann der Handelsvertreter grundsätzlich nur dann
Provision beanspruchen, wenn dies vertraglich vereinbart wurde. Von
der Rechtsprechung wird häufig eine stillschweigende Vereinbarung
angenommen, das heißt es wird vermutet, dass ein Provisionsanspruch
des Handelsvertreters vereinbart wurde, sofern keine entgegenstehende
vertragliche Regelung vorliegt.
Vertrieb und Handelsvertretersuche
Die wichtigsten Pflichten des Handelsvertreters sind, dem "principal"
Rechenschaft abzulegen und jeglichen finanziellen Vorteil herauszugeben,
die Weisungen des "principals" zu befolgen und die ihm eingeräumte
Vertretungsmacht nicht zu überschreiten. Die Rechte und Pflichten des
Handelsvertreters gegenüber Dritten hängen hingegen in erster Linie von
des Ausführungen des Handelsvertretervertrages ab.
Handelsvertreterrecht
Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
Unter Zugrundelegung der von der Rechtsprechung in England
beziehungsweise Hongkong entwickelten Rechtsgrundsätze ergeben
sich sowohl für den Unternehmer als auch für den Handelsvertreter
bestimmte Rechte und Pflichten.
Problematisch ist jedoch das Bestehen eines Provisionsanspruchs, wenn
Kunden Waren nach Beendigung des Handelsvertretervertrages bestellen.
In diesem Fall hat der Handelsvertreter grundsätzlich keinen Anspruch
auf Vergütung, selbst wenn die nach Vertragsschluss abgeschlossenen
Verträge eindeutig auf dessen vor Vertragsende durchgeführte
Vermittlung zurückzuführen sind. Zum Teil versucht die Rechtsprechung
auch hier über Vertragsauslegung zu einem anderen Ergebnis zu
gelangen. Bei Nachbestellungen (sogenannten "repeat orders"), das heißt
wenn vertraglich vereinbart wurde, dass der Handelsvertreter solange
Provision erhält, wie die Vertragsbeziehungen mit den vermittelten
Kunden bestehen, steht dem Handelsvertreter hingegen unstreitig ein
Anspruch auf Provision zu, selbst wenn der Handelsvertretervertrag
zwischenzeitlich beendet wurde.
Gesetzliche Abfindungs- und Ausgleichsansprüche des Vertreters bei
vorzeitiger Vertragsbeendigung entsprechend dem deutschen Recht
(§ 89b HGB) kennt das Recht Hongkongs nicht.
55
Vertrieb und Handelsvertretersuche
Handelsvertreterrecht | Messewesen
Vertragsbeendigung
Ähnlich wie im deutschen Recht kann das Vertragsverhältnis beendet
werden durch Kündigung, mit Ablauf der vereinbarten Laufzeit, durch
Tod, Konkurs oder Geschäftsunfähigkeit einer der Vertragsparteien. Ist
eine bestimmte Zeit weder ausdrücklich noch stillschweigend vorgesehen,
kann das Vertragsverhältnis grundsätzlich von jeder Partei jederzeit und mit
sofortiger Wirkung gekündigt werden. Allerdings neigt die Rechtsprechung
unter Berücksichtigung der Parteiinteressen und des Handelsbrauches dazu,
dem Handelsvertreter eine "angemessene Frist" zuzuerkennen.
Wird diese nicht eingehalten, besteht das Risiko, dass die Kündigung
als Vertragsbruch (Breach of Contract) qualifiziert wird und zu
Schadensersatz verpflichtet.
Vertrags-/ Eigenhändler ("distributor")
Der Vertragshändler, meist als "distributor" oder "dealer" bezeichnet, kauft
und verkauft auf eigene Rechnung. Gewöhnlich kauft der "general importer"
oder "distributor" ein großes Sortiment von vergleichbaren Waren; hierbei
trägt er üblicherweise die Kosten für Lagerhaltung und den weiteren
Marketingaufwand.
Im allgemeinen wird zwischen dem Vertragshändler und dem Hersteller
ein Rahmenvertrag geschlossen. Zwar besteht kein Provisionsanspruch des
Vertragshändlers, jedoch können die Parteien beispielsweise vereinbaren,
dass der Eigenhändler exklusiv zum Vertrieb der Produkte befugt sein
soll (sogenanntes "exclusive sales agreement"). Auch können die Parteien
vereinbaren, dass der Eigenhändler zur regelmäßigen Abnahme einer
bestimmten Warenmenge verpflichtet ist und der Unternehmer diese
Warenmenge immer zur Verfügung stellen muss.
Hiervon zu unterscheiden ist das Vertragsverhältnis zwischen dem
Vertragshändler und seinem Abnehmer, das als Kaufvertrag der Sale of
Goods Ordinance und den Grundsätzen des Common Law unterliegt.
4.5 Messewesen
Hongkong bleibt einer der wichtigsten Messestandorte in Asien. Die
Drehscheibe für den Asienhandel beheimatet in einigen Branchen
Veranstaltungen mit überregionaler Reputation. Die gute Infrastruktur,
professionelle
Organisation
und
überragenden
internationalen
Reiseverbindungen machen die Stadt zu einem attraktiven
56
Vertrieb und Handelsvertretersuche
Bedeutendster Veranstalter ist der Trade Development Council. Es gibt zwei
Veranstaltungsgelände: das zentral gelegene und ansprechend gestaltete
Hong Kong Convention and Exhibition Centre mit insgesamt über 90.000
qm und die direkt neben dem Flughafen gelegene Asia World Expo mit
über 70.000 qm. Ein Problem bei letzterem ist die Lage abseits der Stadt, da
vergleichsweise weniger Besucher ihren Weg in die Hallen finden. Messen
des TDC können online gefunden werden unter: http://www.hktdc.com/
info/trade-events/EX/en/Exhibitions.htm
Messewesen | Franchising
Veranstaltungsort. Sind im Industriegüterbereich die wichtigen Messen
in Festlandchina zu finden, bleiben vor allem für den Konsumgütersektor
noch wichtige Ausstellungen in Hongkong. Dazu zählen drei Juwelen-/
Schmuck- und Uhrenmessen (Frühlings- und Herbsttermine der Hong
Kong Jewellery and Gem Fair sowie die Hong Kong International Jewellery
Show), Messen aus dem Textilbereich wie Leder, Pelz und Stoffmessen,
die Cosmoprof für Kosmetik sowie Messen für Nahrungsmittel und
(alkoholische) Getränke. Daneben bringen Themen wie Elektronik,
Beleuchtung sowie Spielzeuge, Geschenke und Einrichtungsgegenstände
durch die Produktionszentren im nahegelegenen Perlflussdelta wichtige
Veranstaltungen nach Hongkong.
Einen Überblick über die wichtigsten internationalen Messen bietet der
Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft. Hier
können auch Informationen über die Auslandsmesseprogramme des
Bundes und der Bundesländer eingeholt werden (http://www.auma.de).
4.6 Franchising
Franchising erreichte Hongkong zunächst über amerikanische Fast FoodKetten und später japanische Restaurants. Das Hongkonger Umfeld ist
wenig reguliert, was für die Entwicklung des Sektors zwar positiv ist.
Auf der anderen Seite besteht keine Registrierungspflicht und daher
sind keine offiziellen Statistiken über die Anzahl an Franchising-Firmen
verfügbar. Die Hong Kong Franchising Association (HKFA) wurde 1992
innerhalb der Hong Kong General Chamber of Commerce etabliert. Sie
führt auf ihrer Webseite eine Übersicht von derzeit 75 Franchisegebern.
Über die Jahre wechselte die Zahl der Franchiseketten und ist seit einem
Höchststand Ende 1999 von 124 wieder stark gefallen. Den Angaben der
HKFA zufolge waren 43% der Franchisegeber dem Restaurantgewerbe
zuzuordnen, 37% waren im Dienstleistungssektor und 20% im Einzelhandel
57
Vertrieb und Handelsvertretersuche
Franchising | E-Commerce
aktiv sowie rund 56% waren inländische Franchisegeber. Neben McDonalds
und KFC sind japanische Nudelsuppenrestaurants, die "Convenience
Stores" 7-Eleven und Circle K sowie private Bildungsinstitutionen die
wichtigsten Franchisegeber.
4.7 E-Commerce
E-Commerce nimmt im Raum Greater China als Absatzweg eine
steigende Bedeutung ein. Die Umsätze in Hongkong selbst sind nicht
riesig, zu gut ausgebaut ist die Infrastruktur und niemand wohnt
weit von einem Einkaufszentrum entfernt. Das Census and Statistics
Department hat in einer Umfrage unter 2.400 Einwohnern festgestellt,
dass zwischen 2002 und 2012 die Rate derer, die in den vergangenen 12
Monaten online etwas eingekauft beziehungsweise gebucht haben, von
4,9 auf 24,4% angestiegen ist. Hiervon hatten 30% Kleidung geshoppt,
jeweils rund 10% erwarben Geschenke, Elektronik und Drucksachen
im Netz.
Drei Gründe sprechen für eine Online-Präsenz: zunächst stellen
Internetseiten ein wichtiges Informationsmedium für potenzielle
Kunden dar, daher kann im Konsumgütersektor eigentlich keine
Marke ohne einen Webauftritt bestehen. Dies gilt auch in Hongkong,
zumal die Beratung in den Läden zum Teil zu wünschen übrig lässt.
Der Webauftritt sollte zumindest englischsprachig, am besten aber auf
Chinesisch gestaltet sein. In Hongkong werden allerdings anders als in
Festlandchina die traditionellen Langzeichen bevorzugt.
Zweitens sind Onlineshops für Nischenprodukte ein Absatzweg, um
an die vergleichsweise begrenzte Zielgruppe zu kommen. So werden
bestimmte Gesundheitsprodukte, Bio- beziehungsweise naturbelassene
Lebensmittel und Babyprodukte von Onlineshops vertrieben. Die auf
den Verkauf von Luxusmode spezialisierte Münchener Firma Theresa
ist beispielsweise mit einem Onlineshop (Mytheresa.com) seit Mitte
2013 in Hongkong aktiv.
Zuletzt entwickelt sich E-Commerce in Festlandchina rasant und
Hongkonger Webshops erfreuen sich wachsender Bestellzahlen aus
Städten in ganz China. Selbst wenn die Produkte in Läden vor Ort erhältlich
sind, wird Hongkonger Distributoren ein höherer Vertrauensvorschuss
gewährt. Kommen die Touristen bislang hauptsächlich physisch zum
Einkaufen in die ehemalige britische Kolonie, setzt sich der Trend
58
E-Commerce
Wenige deutsche Marken haben bislang eine Hongkong-spezifische
Online-Präsenz. Die Automobilhersteller Audi, BMW, Mercedes,
Volkswagen und Porsche nutzen diese, um Kundenbindung zu betreiben.
Im Falle des Kameraherstellers Leica präsentiert Schmidt Marketing
Produkte und Workshops. Für Alno-Küchen wird die Webseite durch den
Vertreter SHEW gepflegt und Kärcher bietet selbst Produktvergleiche
und Service. Jebsen geht noch einen Schritt weiter und unterhält für
vertretene Marken einen Onlineshop, http://www.myjselect.hk.
Vertrieb und Handelsvertretersuche
nun im Internet fort. Dies spielt besonders eine Rolle in den Bereichen
Premiummarken, Nahrungsmittel und Pflegeprodukte.
59
5. Kontakte
Kontakte
Informationen, Hilfestellung, Beratung und umfangreiche Dienstleistungen
bieten die „drei Säulen“ der deutschen Aussenwirtschaftsförderung
(s.u.). Hier werden auch Kontakte zu den Mitgliedern der
deutschen Handelskammer hergestellt, die speziell bei den Themen
Firmengründung, Niederlassung und komplementären Dienstleistungen
mit massgeschneiderten Angeboten zur Seite stehen.
German Industry and Commerce Ltd. (AHK Hong Kong)
German Chamber of Commerce, Hong Kong (GCC)
3601 Tower One, Lippo Centre,
89 Queensway, Admiralty, Hong Kong
Tel.: +852 - 2526 5481
Fax: +852 - 2810 6093
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.hongkong.ahk.de
LinkedIn: https://www.linkedin.com/company/german-chamber-of-commercehong-kong
Germany Trade and Invest (GTAI)
3606 Tower One, Lippo Centre,
89 Queensway, Admiralty, Hong Kong
Tel.: +852 - 2526 5481
Fax: +852 - 2810 6093
E-mail: [email protected]
Internet: http://www.gtai.de
Consulate General of The Federal Republic of Germany
21/F, United Centre
95 Queensway, Admiralty, Hong Kong
Tel.: +852 - 2105 8711, 2105 8777
Fax: +852 - 2865 2033
E-Mail: [email protected]
Internet: www.hongkong.diplo.de
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Beijing + 86 10 6539 6688
| Shanghai + 86 21 6875 8536
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