Themenüberblick 2 - WHO/Europe
Transcription
Themenüberblick 2 - WHO/Europe
Themenüberblick 2 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen Gilles Dussault, James buchan, Walter Sermeus, Zilvinas Padaiga Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen Gilles Dussault, James Buchan, Walter Sermeus, Zilvinas Padaiga Themenüberblick für die Konferenz der belgischen Ratspräsidentschaft „In die europäischen Gesundheitsexperten von morgen investieren: Spielraum für Innovation und Zusammenarbeit“ (La Hulpe, 9.–10. September 2010) Schlagworte: HEALTH MANPOWER – trends HEALTH PERSONNEL – trends NEEDS ASSESSMENT HEALTH PLANNING © Weltgesundheitsorganisation 2010 und Weltgesundheitsorganisation im Auftrag des Europäischen Observatoriums für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik 2010 Anfragen zu Veröffentlichungen des WHO-Regionalbüros für Europa richten Sie bitte an: Publications WHO Regional Office for Europe Scherfigsvej 8 DK-2100 Kopenhagen Ø, Dänemark Oder füllen Sie auf der Webseite des Regionalbüros für Europa ein OnlineFormular für Dokumentation oder Gesundheitsinformation bzw. die Genehmigung zum Zitieren/Übersetzen aus (http://www.euro.who.int/de/ what-we-publish/publication-request-forms). Alle Rechte vorbehalten. Das Regionalbüro für Europa der Weltgesundheitsorganisation begrüßt Anträge auf Genehmigung zur teilweisen oder vollständigen Reproduktion oder Übersetzung seiner Veröffentlichungen. Die in dieser Publikation benutzten Bezeichnungen und die Darstellung des Stoffes beinhalten keine Stellungnahme seitens der Weltgesundheitsorganisation bezüglich des rechtlichen Status eines Landes, eines Territoriums, einer Stadt oder eines Gebiets bzw. ihrer Regierungs- oder Verwaltungsinstanzen oder bezüglich des Verlaufs ihrer Staats- oder Gebietsgrenzen. Gestrichelte Linien auf Karten bezeichnen einen ungefähren Grenzverlauf, über den möglicherweise noch keine vollständige Einigkeit besteht. Die Erwähnung bestimmter Firmen oder Erzeugnisse bedeutet nicht, dass diese von der Weltgesundheitsorganisation unterstützt, empfohlen oder gegenüber ähnlichen, nicht erwähnten bevorzugt werden. Soweit nicht ein Fehler oder Versehen vorliegt, sind die Namen von Markenartikeln durch Großbuchstaben am Wortanfang als solche kenntlich gemacht. Die Weltgesundheitsorganisation hat alle angemessenen Vorkehrungen getroffen, um die in dieser Publikation enthaltenen Informationen zu überprüfen. Dennoch wird die Veröffentlichung ohne irgendeine explizite oder implizite Gewähr herausgegeben. Die Verantwortung für die Deutung und den Gebrauch des Materials liegt bei der Leserschaft. Die Weltgesundheitsorganisation schließt jegliche Haftung für Schäden aus, die sich aus dem Gebrauch des Materials ergeben. Die von den Autoren, Redakteuren oder Expertengruppen geäußerten Ansichten sind nicht unbedingt Ausdruck der Beschlüsse oder der erklärten Politik der Weltgesundheitsorganisation. ISSN 2218-5941 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen Inhalt Seite Kernaussagen iv Zusammenfassung vi 1 Einleitung 1 2 Die Probleme bei der Analyse des zukünftigen Personalbedarfs/der zukünftigen Anforderungen im Gesundheitswesen 3 3 Ansätze, Strategien und Instrumente 10 4 Erfahrungen einzelner Länder 13 5 Erkenntnisse 29 Politische Fragestellungen für die EU 33 Kernaussagen: Zusammenfassung 34 Quellenangaben 35 Nützliche Quellen und weitere interessante Dokumente 38 Anhang: Überblick über die Datenquellen für die Fachkräfteplanung im Gesundheitswesen in Europa 40 Autoren Gilles Dussault, Institut für Hygiene und Tropenmedizin, Neue Universität Lissabon, Portugal James Buchan, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Queen Margaret Universität, Edinburgh, Vereinigtes Königreich Walter Sermeus, Zentrum für Gesundheitsdienstleistungen und Pflegeforschung, Schule für das Gesundheitswesen, Medizinische Fakultät, K. U. Leuven, Belgien Zilvinas Padaiga, Zentrum für internationale Beziehungen und Studien, Medizinische Fakultät, Universität Kaunas, Litauen Themenüberblick Kernaussagen iv • Die Wahl einer Strategie zur Einschätzung des zukünftigen Personals im Gesundheitswesen ist wertorientiert und hängt davon ab, welche Behandlungsergebnisse und Serviceziele von politischen Entscheidungsträgern festgesetzt wurden. • Im Laufe der Jahre haben internationale Organisationen ebenso wie einzelne Länder verschiedene Modelle, Ansätze und Werkzeuge vorgeschlagen und ausprobiert. • Eine Ist-Analyse der Beschäftigtensituation zur Bestimmung des zukünftigen Personalbedarfs stützt sich üblicherweise auf Variablen wie das erwartete Bevölkerungswachstum, technologische und soziale Veränderungen, den Skillsmix, die Leistung des Einzelnen und die Gesundheitspolitik. • Es ist wenig hilfreich, eine ausreichende Anzahl von Ärzten und Pflegekräften auszubilden und dann zuzusehen, wie sie in andere Länder abwandern, weil der Arbeitsmarkt sie nicht aufnehmen kann oder die Arbeitsbedingungen nicht attraktiv genug sind. • Bei der Einschätzung des zukünftigen Bedarfs an medizinischem Fachpersonal geht es nicht nur um die Hochrechnung der Zahlen. Politische Entscheidungsträger müssen sich auch mit den Problemen der Rekrutierung, der Ausbildung, der Verteilung, des Verbleibs, der Motivierung und der Verwaltung des Personals im Gesundheitswesen befassen, was ebenfalls bedeutet, besser über die Erwartungen und das Verhalten der im Gesundheitswesen Beschäftigten informiert zu sein. • Dem Bedarf Rechnung zu tragen bedeutet mehr, als das Produzieren von mehr Beschäftigten. Eine größere Basis kann durch das Verbessern von Kompetenzen erreicht werden, durch Veränderung des Skillsmix und über eine Erhöhung der Produktivität. • Es ist wichtig, die Planung des Fachkräftebedarfs im Gesundheitswesen als einen Prozess zu betrachten, bei dem die Hauptinteressengruppen sich daran beteiligen, den Handlungsbedarf für Veränderungen zu analysieren und Strategien zum Erreichen dieser Veränderungen zu entwickeln. • Je besser die Informationsgrundlagen und die technischen Möglichkeiten zu deren Nutzung sind, desto besser werden die Diagnose und Wahl von Maßnahmen sein. • Beobachtung ist unerlässlich, um die Maßnahmen an eine sich verändernde Umgebung anzupassen. Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen • Es müssen ausreichende und planbare finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, die in die Entwicklung der Arbeitskräfte investiert werden können. Der Nutzen wird durch einen schnelleren Zugang zu Leistungen, eine effizientere Nutzung von Ressourcen und eine höhere Zufriedenheit der Bürger bald offensichtlich sein. v Themenüberblick Zusammenfassung Politische Fragestellung und Ziel des Themenüberblicks Viele Länder haben Probleme mit dem angemessenen Einsatz der Beschäftigten im Gesundheitswesen. Die Mobilität dieser Beschäftigten innerhalb der Länder Europas macht eine Planung auf nationaler Ebene schwierig, zum Teil auch deshalb, weil die Migrationsströme nur schlecht dokumentiert sind. Ziel dieser Zusammenfassung ist es, Politiker und Entscheidungsträger darüber zu informieren, wie der zukünftige Personalbedarf im Gesundheitswesen nach aktuellem Wissensstand am besten analysiert werden kann und wie diesem Bedarf bestmöglich Rechnung getragen werden kann. Zunächst wird erörtert, welcher Art die Herausforderungen bei der Analyse des zukünftigen Fachkräftebedarfs im Gesundheitswesen sind. Dann werden verfügbare Instrumente und Strategien vorgestellt, deren Stärken und Schwächen diskutiert, die Lehren aus den Erfahrungen maßgeblicher Länder präsentiert und die Kernaussagen zusammengefasst, die sich aus der Bewertung des aktuellen Stands der Dinge ergeben. Die Probleme bei der Analyse des zukünftigen Personalbedarfs/ der zukünftigen Anforderungen im Gesundheitswesen Um effektiv zu sein, muss die Bedarfsanalyse für die Fachkräfte im Gesundheitswesen technisch korrekt sein, vor allen Dingen aber muss sie einige wichtige grundlegende Prämissen beachten. Erstens sollte der Bedarf im Bereich Dienstleistung und Gesundheit dem sich daraus ergebenden Bedarf an menschlichen und anderen Ressourcen übergeordnet sein. Zweitens hängt der zukünftige Bedarf davon ab, was von einem „funktionierenden Fachkräftebestand“ im Hinblick auf Dienstleistungs- und Bevölkerungsabdeckung, Produktivität und Qualität der Leistung erwartet wird. Drittens ist ein solides Verständnis dafür, welche Faktoren den Eintritt in den Arbeitsmarkt und das Verlassen des Arbeitsmarkts im Gesundheitsbereich beeinflussen, Grundvoraussetzung für eine exakte Bedarfsprognose. Diese Zusammenfassung zeigt einige Hauptproblembereiche auf: Probleme in Bezug auf den Bedarf und die Nachfrage nach Dienstleistungen und Arbeitskräften im Gesundheitswesen; Probleme bei der Versorgung; methodische Herausforderungen und Herausforderungen strategischer und politischer Art. Die Identifizierung und Bewertung dieser Probleme ist die Voraussetzung dafür, die politischen Entscheidungsträger und Planer für die Notwendigkeit zu sensibilisieren, ein Umfeld zu schaffen, das diese entscheidende Analyse des Fachkräftebestands im Gesundheitswesen lohnenswert und effektiv macht. vi Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen Ansätze, Strategien und Werkzeuge Internationale Organisationen haben ebenso wie einzelne Länder im Laufe der Jahre verschiedene Modelle, Ansätze und Instrumente vorgeschlagen und ausprobiert. Dazu gehören das zahlenmäßige Verhältnis von Fachkräften im Gesundheitswesen zur Einwohnerzahl, der Auslastungs-und-Nachfrage-Ansatz und der Ansatz des Bedarfs an Gesundheit und Dienstleistungen. Jede Analyse der Personalsituation zur Bestimmung des zukünftigen Mitarbeiterbedarfs basiert üblicherweise auf Variablen wie dem erwarteten Bevölkerungswachstum, technologischen und sozialen Veränderungen, dem Skillsmix, der individuellen Leistung und der Gesundheitspolitik. Erfahrungen einzelner Länder In den meisten Ländern der Welt gibt es niemanden, der ausdrücklich für eine Gesundheitsstrategie zuständig ist. Wenn es irgendeinen politischen Schwerpunkt gibt, dann liegt dieser typischerweise auf der Festlegung von Ausbildungszahlen und den damit verbundenen Kosten und weniger auf der Entwicklung einer umfassenden Strategie, die die Fragen von Vergütung, Arbeitsbedingungen, Personalbeschaffung und Verbleib in Beruf abdeckt. In einigen Ländern gibt es jedoch Erfahrungen, die ein umfassenderes Bild bieten: Belgien, England, Finnland, Deutschland, Irland, Litauen, Slowenien und Spanien sowie Australien und Kanada. Erkenntnisse Der Abgleich und die Prognose von Bedarf, Nachfrage und Angebot beim Personal im Gesundheitswesen ist in jeder Hinsicht eine komplexe Angelegenheit. In keinem Land der Welt gibt es eine Vorgehensweise, die als „Best Practice“ bezeichnet werden könnten. Es wächst jedoch die Erkenntnis, dass dies notwendig ist, um Gesundheitsdienstleistungen besser zugänglich, effektiver und effizienter zu machen. Dieser Bericht enthält zehn wichtige Erkenntnisse für politische Entscheidungsträger: 1. In der Analyse des zukünftigen Fachkräftebedarfs im Gesundheitswesen liegt ein Mehrwert. 2. Bei der Bedarfsanalyse ist es wichtig, dass die politischen Entscheidungsträger erklären, von welchen Werten, Grundsätzen und Strategien sie geleitet werden. 3. Der zukünftige Bedarf lässt sich nicht allein in Zahlen ausdrücken. Faktoren des Arbeitsumfeldes wie Arbeitsteilung (Skillsmix) und -organisation, Fähigkeiten, Arbeitsbedingungen sowie Produktivitäts- und Qualitätsziele stellen kritische Größen dar. vii Themenüberblick 4. Es ist notwendig, einen ganzheitlicheren Ansatz für die Analyse zu wählen, beispielsweise indem das Personal im Gesundheitswesen als Ganzes betrachtet wird. 5. Die Erfahrungen in Ländern, die in die Analyse des Personalbedarfs im Gesundheitswesen investiert haben, zeigen genau, wie wichtig valide, verlässliche und aktuelle Daten sind, um Veränderungen im Arbeitskräftebestand und auf dem Arbeitsmarkt im Gesundheitswesen zu beobachten. 6. Auch mit den besten Daten und Berechnungen können Regierungen Veränderungen nicht vorschreiben oder verordnen. Sie müssen immer noch ausgehandelt werden, und daher ist es wichtig, die verschiedenen Interessengruppen so früh wie möglich in den Prozess einzubinden. 7. Die Vorhersage des zukünftigen Bedarfs wird schwieriger, wenn diese Aufgabe dezentral erfüllt wird. 8. Es gibt kein Einvernehmen über die Planungshorizonte. Aber eines ist offensichtlich: Je größer der zeitliche Rahmen, desto riskanter sind die Vorhersagen. 9. Strategien flexibel und auf der Grundlage sorgfältiger Beobachtung umzusetzen, das ist der Schlüssel für die Reaktion auf Bedarfsveränderungen. Ein Arbeitskräfteplan sollte nicht als einmaliges, unveränderliches Werk angesehen werden. Er muss vielmehr geprüft und gegebenenfalls angepasst werden. 10. Eine Über- oder Unterversorgung mit Fachkräften im Gesundheitswesen kann für ein ganzes Land beobachtet werden. Sie können aber auch gleichzeitig innerhalb eines Landes auftreten, mit Knappheiten in einigen Regionen und Überangeboten in anderen Regionen. Das schafft erhebliche strategische und wirtschaftspolitische Probleme und hat einen negativen Einfluss auf die Gesundheitsversorgung. viii Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen 1 Einleitung Hintergrund Die belgische EU-Präsidentschaft (Juli bis Dezember 2010) hat die „Analyse des Personalbedarfs im Gesundheitswesen“ als ein wichtiges Thema im Rahmen der Bemühungen zur Stärkung der Gesundheitssysteme identifiziert. Diese Wahl entspricht der EU-Politik und den Diskussionen, die durch das Grünbuch über Arbeitskräfte des Gesundheitswesens in Europa (Dezember 2008) ausgelöst wurden. Diese Wahl ist auch dahingehend angebracht, als dass sie dem Wunsch nach Lenkung derjenigen Länder entspricht, die sich damit befassen, den zukünftigen Herausforderungen im Gesundheitswesen zu begegnen. Viele Länder haben Schwierigkeiten, das Personal im Gesundheitswesen angemessen einzusetzen, sowohl innerhalb verschiedener Dienstleistungsebenen und -arten als auch innerhalb verschiedener geografischer und sozioökonomischer Bereiche. Die Mobilität des Personals im Gesundheitswesen, aber auch der Nutzer von Dienstleistungen, innerhalb der Länder Europas macht eine Planung auf nationaler Ebene schwierig, teilweise auch aufgrund der schlechten Dokumentation dieser Migrationsbewegungen. Warum den aktuellen und zukünftigen Fachkräftebedarf im Gesundheitswesen analysieren? Es gibt vier wichtige Argumente dafür, zu analysieren, wie viele Arbeitskräfte im Gesundheitswesen einzelner Länder in 5, 10 oder 15 Jahren benötigt werden, welche Arten von Arbeitskräften benötigt werden und mit welchen Fähigkeiten und Verantwortlichkeiten. Das erste Argument konzentriert sich auf den veränderten Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen aufgrund von Veränderungen der demografischen (Alter und Geschlechterstruktur), epidemiologischen, kulturellen und sozialen Profile der Bevölkerung. Eine älter werdende Bevölkerung in Europa zeigt veränderte Bedürfnisstrukturen, die eine Verschiebung hin zu mehr Dienstleistungen des Managements chronischer Erkrankungen erfordern, die eine stärkere soziale Betreuung bieten und die mehr den Bedürfnissen am Lebensende entsprechen. Das Auftreten neuer und die Rückkehr alter Infektionskrankheiten wie Tuberkulose schafft ebenfalls einen zusätzlichen Bedarf. Das erfordert Anpassungen bei der Zusammensetzung des Personals im Gesundheitswesen und im Hinblick auf die technischen und kulturellen Kompetenzen, die diese Arbeitskräfte benötigen werden, um zusätzlich zu den aktuell bereits erbrachten Leistungen die neuen Aufgabenstellungen zu bewältigen. Zweites wird sich die Nachfrage nach Dienstleistungen unter dem Druck verschiedener Faktoren verändern, zum Beispiel durch veränderte Erwartungen 1 Themenüberblick der Patienten, Migration, technologische Neuerungen (Arzneimittel, Geräte, Diagnose- und Behandlungsgeräte und -methoden, Telemedizin) und durch organisatorische Neuerungen, die einer verbesserten Leistung des Gesundheitssystems dienen sollen (Veränderung hin zu einer medizinischen Grundversorgung, Teamwork, Integration von Dienstleistungen, neue vertragliche Regelungen und Arbeitsbedingungen). Das dritte Argument liegt in der Tatsache, dass sich das Personal im Gesundheitswesen an sich verändert. Es gibt soziodemografische Veränderungen (z. B. Alterung) und eine Feminisierung bestimmter Berufszweige wie Medizin, Zahnmedizin und Pharmazie. Auch unterscheiden sich die Erwartungen jüngerer Arbeitnehmer in Bezug auf die Lebensqualität von denen früherer Generationen. Diese Veränderungen haben Auswirkungen auf die Teilnahme am Arbeitsmarkt und die Produktivität. Darüber hinaus unterliegt die Personalbeschaffung im Gesundheitswesen einer starken Konkurrenz aus anderen Branchen, insbesondere aus geringerwertigen Bereichen wie der Krankenpflege und den sozialen Diensten. Und schließlich kann es eine große zeitliche Verzögerung geben zwischen der Entscheidung für Veränderungen und den tatsächlichen Ergebnissen. Die Ausweitung der Ausbildungskapazitäten kann die Öffnung neuer Schulen, die Einstellung neuer Ausbilder, die Neudefinierung bestehender Lehrpläne und Erstellung neuer Lehrpläne oder die Einführung neuer pädagogischer Strategien notwendig machen. All das dauert Jahre. Politische Entscheidungsträger werden sich zunehmend der Herausforderungen bei der Anpassung der Versorgung mit Fachkräften im Gesundheitswesen bewusst, und sei es nur deshalb, weil sie etwa 10 % der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung ausmachen: In vielen Ländern sind sie dafür verantwortlich, Ungleichgewichte wie Knappheiten oder Überangebote sowie geografische oder organisatorische Ungleichverteilungen zu verhindern, die nicht nur wirtschaftliche Kosten mit sich bringen, sondern sich auch auf die Leistung des Gesundheitssystems als Ganzes auswirken. Zu erwarten, dass diese Anpassungen spontan geschehen, oder dass die unsichtbaren Kräfte des Marktes dafür sorgen werden, könnte sich als naiv erweisen. Die Bedarfsanalyse ist erst der Anfang eines Prozesses, mit dem das personelle Fundament eines Gesundheitssystems geschaffen wird. Die Ergebnisse dienen als Diskussionsgrundlage und zur Festsetzung von Prioritäten, Zielen und Strategien, die sich mit der umfassenderen Dienstleistungs- und Gesundheitspolitik decken. 2 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen Zweck und Struktur des Themenüberblicks Ziel dieses Überblicks ist es, Politiker und Entscheider darüber zu informieren, wie der zukünftige Personalbedarf im Gesundheitswesen nach aktuellem Wissensstand am besten analysiert und wie diesem Bedarf bestmöglich Rechnung getragen werden kann. Die Empfehlungen basieren auf den verfügbaren Erkenntnissen und Erfahrungen der Länder, die Strategien zur Schätzung ihres zukünftigen Bedarfs entwickelt haben: Anforderungen in Bezug auf die benötigte Anzahl von Mitarbeitern im Gesundheitswesen, auf die benötigten Fähigkeiten, wo sie arbeiten werden, in welcher Art organisatorischer Ordnung und unter welchen Arbeitsbedingungen. Diese Zusammenfassung befasst sich zunächst damit, welcher Art die Herausforderungen bei der Analyse des zukünftigen Fachkräftebedarfs im Gesundheitswesen sind. Dann werden verfügbare Instrumente und Strategien vorgestellt, deren Stärken und Schwächen diskutiert, die Lehren aus den Erfahrungen maßgeblicher Länder präsentiert und die Kernaussagen zusammengefasst, die sich aus der Bewertung des aktuellen Stands der Dinge ergeben. 2 Die Probleme bei der Analyse des zukünftigen Personalbedarfs/der zukünftigen Anforderungen im Gesundheitswesen Wichtige Voraussetzungen Um effektiv zu sein, muss die Bedarfsanalyse für die Fachkräfte im Gesundheitswesen technisch korrekt sein, vor allen Dingen aber muss sie einige wichtige grundlegende Prämissen beachten: • Der Bedarf im Bereich Dienstleistung und Gesundheit muss dem sich daraus ergebenden Bedarf an personellen und anderen Ressourcen übergeordnet sein (Abb. 1), wobei Ersterer im Rahmen einer nationalen Gesundheitspolitik formuliert werden kann und auf Leistungszielen wie der Gleichheit des Zugangs, Effektivität, Effizienz, Reaktionsfähigkeit und finanzieller Absicherung beruht, wie auch von der Weltgesundheitsorganisation (1) empfohlen (siehe Abb. 2). • Eine weitere Prämisse ist die Abhängigkeit des zukünftigen Bedarfs von dem, was von einem „funktionierenden Fachkräftebestand“ im Hinblick auf Dienstleistungs- und Bevölkerungsabdeckung, Produktivität und Qualität der Leistung erwartet wird (Abb. 2). Ohne eine solche Definition sind alle Entscheidungen in Verbindung mit dem Personal im Gesundheitswesen zufällig oder gehen nicht auf den Leistungsbedarf und die entsprechenden Ziele zurück. 3 Themenüberblick Abb. 1: Das Verhältnis von Bedarf und Zielen GESUNDHEIT/BEDARF GESUNDHEIT/ZIELE LEISTUNGEN/BEDARF LEISTUNGEN/ZIELE RESSOURCEN/BEDARF RESSOURCEN/ZIELE Abb. 2: Das Personal im Gesundheitswesen (PG) und die Leistung des Gesundheitssystems (GS) Input Material Fähigkeiten Leistungen PG Leistungen GS Abdeckung Produktivität Technische Qualität Dienstleistungsqualität Gleichheit Effektivität Effizienz Reaktionsfähigkeit Finanzielle Absicherung Motivation Ausbildung • Anreize • Arbeitsbedingungen Ressourcen • Management STRATEGIEN • 4 Drittens ist ein solides Verständnis dafür, welche Faktoren den Eintritt in den Arbeitsmarkt und das Verlassen des Arbeitsmarkts im Gesundheitsbereich beeinflussen, Grundvoraussetzung für eine exakte Bedarfsprognose und für die Entwicklung angemessener Reaktionen (Abb. 3). Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen Abb. 3. Ein einfaches Modell der Zu- und Abflüsse beim Personalbestand im Gesundheitswesen1 Ruhestand Ausbildung Einwanderung Auslagerung Personalbestand im Gesundheitswesen Arbeitskräfteabgang Auswanderung Rückkehrer Erleichterungen und Erschwernisse für Zu- und Abgang Herausforderungen in Bezug auf Bedarf und Nachfrage bei Leistungen und Personal im Gesundheitswesen Die Einschätzung des zukünftigen Bedarfs und der zukünftigen Nachfrage wirft im Vorfeld eine Anzahl kritischer Fragen auf, wie zum Beispiel: • Wie wird das demografische, epidemiologische und soziokulturelle Profil der Bevölkerung in 5, 10 oder 15 Jahren aussehen? • Was werden die Hauptbedürfnisse im Bereich Gesundheit sein? Wird es mehr chronische Erkrankungen geben, mehr psychische Erkrankungen oder neue Krankheiten in Verbindung mit Migrationsbewegungen, Klimaveränderungen oder Umweltrisiken? • Welche Form wird die Nachfrage nach Dienstleistungen annehmen? Was werden besser informierte und ausgebildete Bürger und Patienten bevorzugen, was die politischen Entscheidungsträger und was diejenigen, die bezahlen? Wie werden diese Leistungen finanziert werden? 1 Beinhaltet alle Arbeitskräfte, aktiv (in Beschäftigung oder für Beschäftigung verfügbar) oder nicht aktiv (ausgebildet, aber nicht gewillt im Gesundheitsbereich zu arbeiten). Arbeitskräfteabgang umfasst Personen außerhalb des Arbeitsmarktes und jene, die den Gesundheitssektor aus irgendwelchen Gründen vor dem normalen Ende des Berufslebens verlassen. 5 Themenüberblick • Wie werden Technologie und organisatorische Veränderungen die Nachfrage beeinflussen? So schafft beispielsweise ein Schwerpunkt auf der Grundversorgung, wie er in vielen EU-Ländern gelegt wird, eine stärkere Nachfrage nach Leistungen in räumlicher Nähe einschließlich der Prävention, des öffentlichen Gesundheitswesens und der Gesundheitsförderung. Die Ausweitung der ambulanten Versorgung prägt die Nachfrage nach Dienstleistungen, unter anderem nach einer anderen Art der stationären Versorgung. Wird der Zugang zu speziellen Dienstleistungen durch die Informations- und Kommunikationstechnologie vereinfacht werden? Wird das die grenzüberschreitende Inanspruchnahme erleichtern? Werden evidenzbasierte Verfahren dank eines besseren Zugangs zu Informationen die Regel werden? • Welche Art von Arbeitskräften (Kliniker, aber auch Pädagogen, Forscher, Manager) werden gebraucht/nachgefragt? Wie viele? Mit welchen Fähigkeiten und welcher Art von Ausbildung auf welchem Niveau? Zu welchen Kosten? • Wer wird entscheiden, was „Bedarf“ ist und auf welcher Ebene? Probleme in Bezug auf das Fachkräfteangebot werfen ebenfalls schwierige Fragen auf 6 • Wie sieht das aktuelle Angebot aus? Seine Demografie (Alter, Geschlecht, Trends) und sein fachliches Profil (Skillsmix, Ausbildungsprofile)? Wie verteilt es sich nach Art der Organisation, nach Niveau und Art der Dienstleistung (einschließlich nicht-klinischer Tätigkeiten wie Verwaltung, Ausbildung, Forschung, andere gesundheitsbezogene Aktivitäten), nach geografischer Region, zwischen privatem und öffentlichem Sektor? Das scheinen einfache Fragen zu sein, aber tatsächlich haben nur wenige Länder Informationssysteme entwickelt, die diese Art von Daten genau liefern. • Wie wird das Fachkräfteangebot in 5, 10 oder 15 Jahren aussehen, wenn die jetzigen Ausbildungsabschlussquoten konstant bleiben? Wenn notwendig, wie sehen die Möglichkeiten für eine Ausweitung des Angebots von Nachwuchskräften aus? Gibt es zurzeit ein Überangebot in manchen Gruppen, und wenn ja, wie kann es verringert werden? Was ist der Mechanismus, mit dem Arbeitgeber Ausbildungseinrichtungen und Ausbilder beeinflussen können, sich ihrem Bedarf anzupassen? • Verliert ein Land Arbeitskräfte durch Auswanderung oder durch Formen des Arbeitskräfteabgangs, die nicht zu dem „normalen und erwarteten“ zählen, wie Frühpensionierungen, den geringen Verlustzahlen aufgrund Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen von Krankheit, Unfall, Tod oder Unzufriedenheit.2 Das wäre der Fall, wenn Arbeitskräfte sich dafür entscheiden, das Gesundheitswesen auf der Suche nach besseren Arbeitsbedingungen zu verlassen. • Wie sehen die wesentlichen Arbeitsmarktkennzahlen aus (z. B. Erwerbsquote, Verhältnis Vollzeit-/Teilzeitbeschäftigung, Arbeitslosigkeit, Arbeitskräfte mit mehr als einem Job) und wie verändern sie sich? • Welche Leistungen werden angeboten werden, in welchem Rahmen und durch wen? Wie wird sich das auf die Ausbildungsanforderungen auswirken? • Wie wird sich die Technologie auf die Kapazitäten bei der Bereitstellung von Leistungen auswirken? • Wie werden die Prioritäten und Verhaltensweisen von Leistungsanbietern im Hinblick auf Art und Intensität der Tätigkeit (Anzahl Arbeitsstunden), Fachgebiete, Tätigkeitsgebiete und Pflegeumfänge aussehen? • Wie werden die Leistungen organisiert werden (Integration von Pflege, Teamarbeit)? Wie wird sich die Produktivität verändern? • Wie sehen aktuell die kritischen Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage aus, wie werden sie in Zukunft aussehen (wie werden die Lücken gemessen, abgeglichen)? All diese Fragen bringen Probleme zur Sprache, die weit über die reine Prognose von Zahlen hinausgehen. Zu den damit verbundenen Themen gehören die Ausweitung des Betätigungsfeldes in Berufen wie der Krankenpflege, eine Verlagerung von Aufgaben von einer Gruppe, die sie zuvor ausschließlich wahrgenommen hat, auf andere Gruppen, oder die Entwicklung neuer Arbeitsmethoden, zum Beispiel in Teams oder aus der Ferne durch Telemedizin. Diese Dinge müssen beachtet werden, wenn man darüber nachdenkt, welches Personal ein Land im Gesundheitswesen zukünftig brauchen wird. Methodische Probleme Es gibt einige komplexe und schwierige methodische und technische Probleme, die die Bedarfsanalyse überwinden muss. Der aktuelle Zustand der meisten nationalen Datenbestände genügt in den meisten Ländern im Allgemeinen nicht für eine valide und zuverlässige Analyse der Ausgangssituation. Informationen zum Personal im Gesundheitswesen sind nicht immer umfassend vorhanden (oftmals fehlen die Informationen für den privaten Sektor ebenso 2 Die von der Europäischen Kommission finanzierte „Nurses Early eXit sTudy (NEXT)“ (dt.: Studie zum vorzeitigen Ausstieg aus dem Pflegeberuf) untersucht diese Entwicklungen in Pflegeberufen in 10 Ländern der EU; siehe http://www.next.uni-wuppertal.de/index.php. 7 Themenüberblick wie für den informellen Bereich, insbesondere bei der Sozialbetreuung und der „Komplementärmedizin“). Informationslücken im Hinblick auf die Beschäftigten im Gesundheitswesen gibt es bei Merkmalen wie Art und Niveau der Tätigkeit, Mehrfachbeschäftigung, Migrationsbewegungen oder Ort der Ausübung.3 Definitionen von Berufsgruppen verändern sich im Laufe der Zeit, was langfristige Vergleiche unmöglich macht. („Fremdarbeiter“ kann beispielsweise bedeuten „in einem anderen Land geboren“, „Inhaber einer anderen Staatbürgerschaft“, „ausgebildet in einem anderen Land“ und so weiter). Ein anderes Beispiel sind die vielfältigen Definitionen von „Pfleger/in“ (engl.: nurse).Und schließlich liefern viele Datenbestände die Informationen nicht in Echtzeit, sodass Planer gezwungen sind, ihre Planungen anhand eines Situationsbilds durchzuführen, das sich bereits verändert hat. Eine umfassende Bedarfsanalyse statt der Betrachtung einzelner Berufe stellt eine weitere große Herausforderung dar. Sie wäre in einem Kontext notwendig, in dem die verschiedenen Berufsgruppen eng miteinander verbunden sind. Sie setzt voraus, dass eine Übereinstimmung darüber besteht, wie die Teilung und Organisation der Arbeit zukünftig aussehen wird und wie die verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern interagieren werden. Ein weiteres herausforderndes methodisches Problem liegt in der relativen Unvorhersagbarkeit des Verhaltens von Patienten und Anbietern: Wie werden die Mobilitäts-/Migrationsmuster aussehen? Werden wirtschaftliche Umstände Beschäftigte im Gesundheitswesen dazu ermuntern oder davon abhalten, ihr Land zu verlassen? Wird sich der Medizintourismus oder die grenzüberschreitende Leistungsinanspruchnahme weiter entwickeln? Werden Leistungserbringer den Wunsch haben, früher in den Ruhestand zu gehen, oder werden sie gezwungen sein, dies später zu tun? Eine weitere Variable, die schwer einzuschätzen ist, ist die Entwicklung der Informationstechnologie und deren Einfluss auf den Gesundheitssektor. Da es keine sichere Aussage dazu geben kann, ist es nützlich, mit Szenarien zu arbeiten. Die Reform des Gesundheitswesens kann ebenfalls zu den methodischen Problemen beitragen. Strukturelle Veränderungen des Gesundheitswesens (z. B. Dezentralisierung, organisatorische Eingliederung) und dessen Finanzierung (sowohl im Hinblick auf den Umfang der finanziellen Mittel als auch auf die Verteilmechanismen) können beispielsweise sehr schnell erfolgen, insbesondere in einem wirtschaftlich angespannten Umfeld. Schließlich stellt auch die Unsicherheit in Bezug auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung und die Entwicklung des sozialen Umfelds 3 Zum Beispiel dort, wo die geografische Verteilung aufgrund des Wohnorts und nicht aufgrund des Ortes der Berufsausübung erfolgt, was oft in Berufsregistern der Fall ist. 8 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt eine weitere Variable dar, die nicht einfach zu kontrollieren ist. Strategische/politische Herausforderungen Nutzen und Effektivität einer Analyse des Fachkräftebedarfs im Gesundheitswesen hängen von der Leistungsfähigkeit und dem Willen von Politikern und Entscheidern auf folgenden Gebieten ab: • Es gilt, die Vision für das Gesundheitswesen der Zukunft zu definieren und die Unterstützung und den Einsatz der Interessengruppen bei der Umsetzung dieser Vision zu bekommen. Es geht um Anpassung der Ausbildungswege an den neuen Bedarf an Gesundheitsleistungen, an den Druck zur Vereinheitlichung der Ausbildung auf nationale Ebene und innerhalb der Länder, an innovative Lernstrategien (E-Learning usw.), an ein lebenslanges Lernen. Das beinhaltet die Einbindung von Bildungseinrichtungen (die traditionell sehr auf den Schutz ihrer Autonomie bedacht sind und sich auf die akademische Entwicklung konzentrieren) in die Unterstützung nationaler Gesundheitsstrategien und -ziele. Für eine umfassende Zusammenarbeit zwischen den Berufszweigen müssen Arbeitgeber auch die Notwendigkeit erkennen, denen, die jetzt ausgebildet werden, angemessene Möglichkeiten für eine klinische Ausbildung zu bieten, und dies unterstützen. • Die Mitarbeit von Regulierungsbehörden und Berufsverbänden muss erreicht werden. Das ist ein kritischer Punkt bei Prozessen wie der Überprüfung der Tätigkeitsbeschreibung, der Verlagerung von Aufgaben, einer fortlaufenden beruflichen Weiterbildung und der Schaffung von Grundlagen für eine bessere Integration von Leistungen (z. B. stationär. ambulant, häusliche Pflege). Die Berufslandschaft im Gesundheitswesen besteht aus einer Konstellation von Gewerkschaften, Beiräten, wissenschaftlichen Verbänden und Regulierungsbehörden mit jeweils eigenen Zielen, Interessen und Ansichten darüber, wie sich die Arbeitskräfte im Gesundheitswesen entwickeln sollten. Sie für gemeinsame Ziele zu mobilisieren, ist eine große politische Herausforderung. • Die Arbeit im Gesundheitswesen muss im Vergleich zu konkurrierenden Branchen zu einer attraktiven Wahl gemacht werden, und zwar im Rahmen begrenzter Mittel. Innerhalb des Gesundheitswesens sollte versucht werden, die vielleicht weniger populären, aber nichtsdestotrotz wichtigen Bereiche wie Geriatrie, Psychiatrie, Arbeitsmedizin oder die medizinische Grundversorgung attraktiver zu machen. Diese Zusammenfassung möchte Politiker und Entscheider nicht dadurch entmutigen, dass sie die Bandbreite der Herausforderungen bei der Planung 9 Themenüberblick des zukünftigen Personals im Gesundheitswesen aufzeigt. Ziel ist es, sie für die Notwendigkeit zu sensibilisieren, ein Umfeld zu schaffen, das diese wichtige Analyse des Fachkräftebestands im Gesundheitswesen lohnenswert und effektiv macht. Einer Herausforderung, die man genau kennt, ist leichter zu begegnen. 3 Ansätze, Strategien und Instrumente Obwohl alle darin übereinstimmen, dass es ideal für ein Land ist, im Gesundheitswesen die richtige Anzahl an Beschäftigten mit den richtigen Fähigkeiten am richtigen Platz mit der richtigen Einstellung und dem richtigen Engagement zu haben, die die richtige Arbeit effektiv und effizient zu den richtigen Kosten und mit der richtigen Produktivität (2,3,4) erledigen, so sind die Strategien zur Definition dessen, was auf dem Weg zu dieser Idealvorstellung notwendig ist, nicht so klar. Verschiedene Modelle, Ansätze und Instrumente4 wurden im Lauf der Jahre von internationalen Organisationen und einzelnen Ländern vorgeschlagen und ausprobiert. In einer aktuellen Veröffentlichung der Weltgesundheitsorganisation wurde die Literatur zu diesem Thema ausgewertet und zusammengefasst (5). Präsentiert und diskutiert werden a) ein Überblick über die von internationalen Organisationen vorgeschlagenen Modelle wie das „Workforce supply and requirements projection“-Modell der WHO (dt.: Modell zur Vorhersage des Arbeitskräfteangebots und der Anforderungen)5, das im Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen integrierte Gesundheitsmodell, eine Tabellenkalkulation zur Berechnung der für das Erreichen der gesundheitsbezogenen UN-Milleniumsziele (Millennium-Projekt der Vereinten Nationen, 2007) notwendigen Ressourcen, und das vom Capacity-Projekt entwickelte iHRIS-Plan-Softwarepaket6; b) Beispiele von Ländern mit mittlerem und hohem Einkommen oder Erfahrungen von nationalen Regierungsorganisationen mit der Planung des zukünftigen Personals im Gesundheitswesen. Die Ist-Analyse der Beschäftigungssituation zur Bestimmung der zukünftigen Personalanforderungen beruht üblicherweise auf Variablen wie dem erwarteten Bevölkerungswachstum, technologischen und sozialen Veränderungen, dem Skillsmix, der Leistung des Einzelnen und der Gesundheitspolitik. In der Vergangenheit kamen mindestens vier Hauptansätze bei der Bestimmung des zukünftigen Bedarfs zum Einsatz (5,6,7,8): 4 Situationsanalyse, Hochrechnungen, Vorhersage, Simulation, Szenariomethoden. 5 Beinhaltet die WHO-Methode „Workload Indicators of Staffing Needs (WISN; dt.: Arbeitsbelastungs-kennzahlen zum Personalbedarf) und andere Planungstools (siehe: http://www.who.int/hrh/tools/planning/en/index.html). 6 Das „Capacity Project“ ist eine 2004 ins Leben gerufene Initiative der USAID zur Verstärkung der personellen Ressourcen in Ländern mit niedrigem Einkommen (http://www.capacityproject.org). 10 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen Das Verhältnis von Mitarbeitern im Gesundheitswesen zur Einwohnerzahl ist der einfachste und gebräuchlichste Ansatz. Das erstrebenswerte Verhältnis kann anhand von Kriterien definiert werden, die von der Regierung, von den Fachkräften selbst, von irgendeiner Fachbehörde oder durch die Verwendung von anderen Ländern als Referenz (zum Beispiel regionale Durchschnittswerte) festgelegt werden. Es kann aber auch schlicht von den Hauptinteressengruppen ausgehandelt werden. Der „Inanspruchnahme und Nachfrage“-Ansatz schätzt den zukünftigen Bedarf anhand des aktuellen Niveaus der Leistungsinanspruchnahme ein, angepasst an die Vorhersage der zukünftigen demografischen Profile. Der „Leistungsziel“-Ansatz legt Ziele für die Bereitstellung und Erbringung spezieller Dienstleistungen fest und überträgt diese auf Personal- und Produktivitätsstandards (Mindestpersonalbestand für die Versorgung einer Bevölkerung von x Personen und pro Art der Einrichtung). Er liefert Einblick, welche Aufgaben und Fertigkeiten für spezielle Tätigkeiten notwendig sind. Der „Bedarf an Gesundheit und Leistungen“-Ansatz ermittelt den zukünftigen Personalbedarf im Gesundheitswesen anhand des hochgerechneten Bedarfs der Bevölkerung bezüglich Gesundheit und Dienstleistungen. Er definiert „Dienstleistungsbedarf“ als Funktion aus Alter, Entwicklung der geschlechtsspezifischen Morbidität und Leistungsstandards und rechnet sie anschließend unter Nutzung professionell definierter Produktivitätsstandards in Personalbedarf um. Alle diese Ansätze haben Stärken und Schwächen, die bei ihrem Einsatz berücksichtigt werden müssen. Verhältnis Mitarbeiter/Einwohnerzahl Es liefert eine einfache Kennzahl, die leicht zu berechnen und zu verstehen ist, und wird oft für den Vergleich von Ländern oder Regionen herangezogen (siehe Anhang). Die Interpretation ist jedoch aufgrund von Problemen bei Zähler und Nenner schwierig. Arbeitnehmer werden als eine homogene Gruppe betrachtet. Schwankungen im Hinblick auf Beschäftigungsgrad (Anzahl Arbeitsstunden), Art der Tätigkeit (klinisch oder sonstige) oder Produktivität werden im Zähler nicht berücksichtigt. Beim Ländervergleich treten andere Probleme auf: Unterschiede bei der Definition und den Tätigkeitsbereichen der einzelnen Berufe, bei Arbeitsplatzbeschreibungen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten, Ausbildung und Umfeld, in dem Arbeitnehmer praktizieren können. So kann beispielsweise die Definition von „Nurse“ (dt.: Pfleger/in) von einer Fachkraft mit Universitätsabschluss, die selbstständig arbeitet, Diagnosen stellt und verordnen darf, bis hin zu einer Kraft reichen, die eine Ausbildung gemacht hat und unter Aufsicht eines Arztes arbeitet, oder irgendwo dazwischen liegen, was Vergleiche unmöglich macht. 11 Themenüberblick Ähnlich berücksichtigt auch der Nenner nicht die demografischen, epidemiologischen und sozialen Profile einer Bevölkerung oder die Muster der Leistungsinanspruchnahme (einschließlich der grenzüberschreitenden). Kurzum, dieser Quotient spiegelt weder die tatsächliche Leistungskapazität noch den tatsächlichen Leistungsbedarf wider. „Inanspruchnahme und Nachfrage“-Ansatz Dieser Ansatz kann beispielsweise hilfreich sein, um den zukünftigen Druck auf Dienstleistungen in Zusammenhang mit einer älter werdenden Bevölkerung einzuschätzen. Er kann dazu dienen, Politiker auf die zu erwartenden Zusatzkosten hinzuweisen, von denen man ausgehen muss, wenn die Bereitstellung von Personal im Gesundheitswesen im gleichen Verhältnis steigt wie die Nachfrage. Der Nachteil ist, dass die Informationen über Inanspruchnahme und Nachfrage nicht immer zur Verfügung stehen, insbesondere im Hinblick auf die Nutzung privater Dienstleistungen. Was noch wichtiger ist: Der Ansatz geht davon aus, dass die beobachtete Nutzung und Nachfrage angemessen und effizient ist. Es ist bekannt, beispielsweise durch die Untersuchung geografischer Unterschiede, dass einige Muster der Leistungsinanspruchnahme angemessener sind als andere. Die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen wird stark von fachlichen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Faktoren beeinflusst. Einseitige Informationen zugunsten eines Anbieters können zu irgendeiner Form der (freiwilligen oder unfreiwilligen) Zuführung von Nachfrage nach Leistungen wie Diagnoseverfahren, Krankenhausaufenthalten oder Arzneimitteln führen. Auch die Kosten einer Leistung für den Patienten beeinflussen die Inanspruchnahme. Je höher die Kosten sind, desto mehr werden sie zu einem Hindernis für die Inanspruchnahme, wie die geringere Inanspruchnahme von nicht versicherten Leistungen zum Beispiel von Zahnärzten zeigt. Faktoren wie der Bildungsgrad, Familienstand, Glauben, soziale Repräsentation oder Wohnort tragen ebenfalls zur Formung der Nachfrage bei. Letztendlich gibt es eine Diskrepanz zwischen Nachfrage, Inanspruchnahme und Bedarf an Leistungen, die dieser Ansatz ignoriert. „Leistungsziel“-Ansatz Dieser Ansatz ist ebenfalls relativ simpel und politisch attraktiv, da die Bevölkerung die Ziele leicht versteht. Auf der anderen Seite leidet er unter den gleichen Schwächen wie der Mitarbeiter/ Einwohnerzahl-Quotient, weil er davon ausgeht, dass der Bedarf überall identisch ist und alle Anbieter gleichwertig sind. So unterstellt er beispielsweise, dass es keine Schwankungen bei der Produktivität oder der Behandlungsweise gibt. Die Kriterien für die Definition der Ziele werden nicht immer ausdrücklich genannt. Sie könnten die Ansichten und Interessen des Fachpersonals und der Experten widerspiegeln, oder einfach die Zahlungsfähigkeit des Landes. Wenn unrealistische Standards definiert werden, dann schafft dies Erwartungen, die unmöglich zu erfüllen sind. 12 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen „Bedarf an Gesundheit und Leistungen“-Ansatz Dieser Ansatz versucht die Einschränkungen der vorherigen Ansätze zu überwinden. Bedürfnisse im Bereich Gesundheit, die dem Unterschied zwischen dem beobachteten und gewünschten Gesundheitszustand entsprechen und die in Form quantitativer Kennzahlen (Eintrittswahrscheinlichkeit und Verbreitungsgrad, Standardsterblichkeitsraten) ausgedrückt werden, bilden die Grundlage, von der der Bedarf an Leistungen abgeleitet wird (Abb. 1, S. 4). Sie stellen die Lücke zwischen den verfügbaren Dienstleistungen und den zur Erfüllung der Bedürfnisse notwendigen dar. Dieser rationale Ansatz mag der am besten geeignete sein, aber er ist auch derjenige, der am schwierigsten zu operationalisieren ist. Erstens ist die Kenntnis der gesundheitlichen Bedürfnisse sehr unvollkommen, da die Definition der Konzepte Gesundheit und Bedürfnisse soziale Konstrukte sind, die je nach Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, wirtschaftlichem Status, religiösem Glauben, ethnischer Zugehörigkeit, Vorerkrankungen und Wertvorstellungen variieren. Gesundheitsfachkräfte, Politiker, Leistungsträger und Verbraucher können unterschiedlicher Ansicht sein, was diese Bedürfnisse sind. Anbieter untereinander sind sich oft nicht einig, wie die Bedürfnisse zu definieren sind. Was für die eine Gruppe Priorität hat, mag für eine andere unwichtig sein. Das Messen von Bedürfnissen ist ebenfalls ein Problem, insbesondere, wenn es um Dinge wie das mentale, psychologische oder soziale Wohlbefinden geht. Auch das Wissen über den Umfang, in dem bestimmte Leistungen gesundheitliche Bedürfnisse erfüllen, ist unvollkommen. Tatsächlich sind die meisten Behandlungsmethoden und Dienstleistungen nicht im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und Effizienz bewertet worden. Bedürfnisse in den Bereichen Gesundheit und Leistungen verändern sich, und es werden Mechanismen benötigt, um diese Veränderungen so weit wie möglich in Echtzeit zu beobachten. Und schließlich werden regionale oder länderübergreifende Bedürfnisse nicht auf nationale Ebene analysiert, beispielsweise solche aufgrund seltener Krankheiten, die besser auf europäischer Ebene in hoch spezialisierten Zentren zu behandeln wären. So entsteht eine Lücke, die auf einer übergeordneten Ebene zu füllen ist. 4 Erfahrungen einzelner Länder Was haben Länder unternommen, um ihren zukünftigen Personalbedarf im Gesundheitswesen zu analysieren? Die hier präsentierten Erfahrungen sind nicht repräsentativ. Zunächst einmal gibt es in den meisten Ländern weltweit keine personellen Ressourcen explizit für eine Gesundheitsstrategie. Typischerweise beschränken sich die Maßnahmen im Hinblick auf die Beschäftigten im Gesundheitswesen in den meisten Ländern eher auf die Festlegung von 13 Themenüberblick Ausbildungszahlen und die damit verbundenen Kosten, als dass eine umfassende Strategie entwickelt wird, die die Fragen der Vergütung, der Arbeitsbedingungen, der Personalbeschaffung und des Verbleibs im Arbeitsmarkt abdeckt. Von den EU-Staaten haben nur wenige eine solche Strategie entwickelt; die Mehrzahl setzt nach wie vor auf einen reaktiven Ansatz, der darin besteht, auf Probleme zu reagieren, wenn sie auftreten und politisch heikel werden. Die Erfahrungen aus Belgien, England, Finnland, Deutschland, Irland, Litauen, Slowenien und Spanien wurden ausgewählt, um bevölkerungsmäßig große, mittlere und kleine Länder ebenso zu berücksichtigen wie Einheitsstaaten und Föderalstaaten sowie ein Land, das eine Politik einer starken Dezentralisierung in der Verwaltung pflegte (Finnland). Mit Australien und Kanada wurden zwei Föderalstaaten als Beispiele für Länder hinzugenommen, die in den letzten 20 Jahren große Anstrengungen in der Personalentwicklung im Gesundheitswesen unternommen haben. Australien In Australien findet eine von der Regierung unterstützte Fachkräfteplanung für das Gesundheitswesen sowohl auf nationaler Ebene als auch in den Bundesstaaten und Territorien statt. Die Health-Workforce-Australia (HWA; dt.: Personal im australischen Gesundheitswesen), eine unlängst gegründete nationale Institution, wird die Bereitstellung finanzieller Unterstützung für die vorberufliche klinische Ausbildung überwachen, lokale Mechanismen für die Unterbringung von Studenten in geeigneten Ausbildungsplätzen fördern und die Entwicklung von Dateien zum Personal im Gesundheitswesen unterstützen (www.nhwt.gov/nhwt.asp). Australien baut außerdem ein nationales Statistikregister zum Personal im Gesundheitswesen auf, das durch langfristigere Planungsinitiativen Hilfestellung leisten könnte und Empfehlungen zur Arbeitskräfteentwicklung abgeben wird. In den Bundesstaaten übernehmen Gesundheitsministerien die Planung/Entwicklung der Arbeitskräfte für die Berufsgruppen, ausgenommen der Ärzte. Sie sind für die Zusammenarbeit mit den Bildungsträgern verantwortlich, um die Ausbildung von ausreichend Fachkräften sicher zu stellen, für die Zusammenarbeit mit Arbeitgebern, um neue Arbeitsformen zu fördern, und für eine effiziente Nutzung klinischer Praktika (9). Die Kontrolle über die Aufnahme von Studenten an medizinischen Fakultäten erfolgt über die Finanzierung von Universitätsplätzen durch die Commonwealth(Bundes-)Regierung. Seit den 1990er Jahren hat die Commonwealth-Regierung den Zugang zu Medizinstudienplätzen gedeckelt, hat aber gleichzeitig die Gründung zusätzlicher Medizinfakultäten finanziert, um die Ausbildungskapazität im eigenen Land zu vergrößern. Auch die Zahl der Ausbildungsplätze für Fachärzte wurde begrenzt. Weiterbildungen finden vorwiegend in Krankenhäusern statt, die an Universitäten angeschlossen sind. In den vergangenen 14 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen Jahren gab es eine steigende Zahl von Medizinstudenten, was zum Teil aus der Öffnung der neuen Fakultäten resultiert. Die Zahl der Ausbildungsplätze für examinierte Pflegekräfte an Krankenpflegeschulen wird von den einzelnen Universitäten nach Rücksprache mit den Staatsregierungen festgelegt. Für die Ausbildung von Krankenpflegern erhalten die Universitäten in Rahmen ihres „Block Grants“ (dt.: Globalzuschusses) keine fest zugewiesenen Beträge von der Commonwealth-Regierung. Sie sind jedoch verpflichtet, eine Mindestanzahl von Plätzen für die Grundausbildung von Pflegekräften zur Verfügung zu stellen, um eine angemessene Versorgung in jedem Staat und Territorium zu sichern. Studenten, die sich zur Pflegekraft ausbilden lassen, erhalten eine Unterstützung bei den Ausbildungsgebühren, die in den letzten Jahren als Reaktion auf Besorgnis bezüglich der Rekrutierung von Pflegepersonal erhöht wurde. Die Föderalregierung hat jüngst eine Initiative verkündet, mit deren Mitteln eine verstärkte Einstellung von Pflegekräften in Hausarztpraxen gefördert werden soll und sie überprüft ebenfalls den stärkeren Einsatz von Pflegespezialisten (engl.: „Nurse Practitioners“). Belgien7 In Belgien liegt die Verantwortung für die Ausbildung von Personal im Gesundheitswesen bei den Gemeinschaften (französisch, flämisch und deutsch), wohingegen die Föderalregierung für die Registrierung und Anerkennung von Qualifikationen zuständig ist. Das föderale Recht sieht die Festsetzung von Zulassungsquoten für einen Berufsstand vor. Das erfordert eine Bedarfsanalyse für das Ende der Ausbildungszeit, wenn die neu ausgebildeten Gesundheitsfachkräfte in den Arbeitsmarkt eintreten. Daher sind Prognosen des zukünftigen Personals im Gesundheitswesen notwendig. 1996 wurde zu diesem Zweck eine nationale Kommission zur Planung des Personalbedarfs im Gesundheitswesen eingesetzt.8 Diese Kommission berät den Minister für Gesundheit und Soziale Angelegenheiten in allen Dingen, die mit der Planung des Personalbedarfs im Gesundheitswesen zusammenhängen. Sie besteht insgesamt aus 31 Mitgliedern, Vertretern der Universitäten, der Krankenkassen, der Berufsverbände, der Organe der Föderal- und Gemeinschaftsregierungen und des Landesinstituts für Kranken- und Invaliditätsversicherung (LIKIV). Die Kommission wird von einem vierköpfigen Sekretariat unterstützt (dem Abteilungsleiter, der als Sekretär der Kommission fungiert, 7 Erstellt in Zusammenarbeit mit Henk Vandenbroele, Abteilungsleiter Planung Gesundheitsberufe, und Frau Riet De Kempeneer, Attaché für internationale und strategische Koordination, FÖD Volksgesundheit, Sicherheit der Nahrungsmittelkette und Umwelt, Belgien. 8 Planungskommission-Medizinisches Angebot. 15 Themenüberblick zwei Statistikern und einem Administrator, die nicht alle vollzeitbeschäftigt sind) und vom Dienst Planung von Gesundheitsfachkräften, der innerhalb des Föderalen Öffentlichen Dienstes Volksgesundheit, Sicherheit der Nahrungsmittelkette und Umwelt angesiedelt ist.9 Die Prognosemodelle wurden ursprünglich vom Gesundheitsministerium entwickelt, um die Auswirkungen verschiedener Szenarien auf das Arbeitskräftepotential der Zukunft zu testen. Die Ergebnisse werden in der Planungskommission diskutiert, die den Minister berät. Die für die Prognosen eingesetzten Parameter sind: Anfangsbestand an Fachkräften des Berufsstandes nach Alter und Geschlecht, Alterung und Lebenserwartung von Gesundheitsfachkräften, Aktivitätsgrad nach Alter und Geschlecht, eine globale Schätzung der Arbeitszeitverringerung und Schätzungen im Hinblick auf Migration, Berufseintritt neuer Absolventen und Feminisierung der Absolventen. Auf der Nachfrageseite wird die aktuelle und prognostizierte Bevölkerung, unterschieden nach Alter und Geschlecht, eingesetzt. Zunächst wurden Szenarien für Ärzte erstellt, dann für Zahnärzte, Physiotherapeuten und Krankenpflegefachkräfte. Als Ergebnis dieser Prognosen wurden Zulassungsquoten für Zahnärzte und Physiotherapeuten festgelegt und angewandt. Seitdem ist dieser Ansatz bewertet, verfeinert und ausgeweitet worden, und zwar um eine wissenschaftliche Überprüfung der Szenarien und Modelle im Jahr 2003, ein Gesetz zur Schaffung einer föderalen Datenbank der Gesundheitsfachkräfte (dem „Kataster“) im Jahr 2003, die Erweiterung der Nachfrageseite des Modells um Daten zum Konsum im Gesundheitsbereich im Jahr 2005 und den Start des ersten mehrjährigen Programms zur Unterstützung des Planungskomitees im Jahr 2006. Ziele dieses ersten mehrjährigen Programms, genannt PLAN1.2006, sind a) eine „Harmonisierung“ aller Modelle in einem Modell, das allen Interessengruppen zur Verfügung steht, b) die Definition von Informationsbedürfnissen und Datenquellen für die zukünftige föderale Datenbank, und c) das Schließen von Lücken bei der Parameterschätzung, indem Untersuchungen von Fachleuten aus dem Gesundheitswesen verwendet werden. Das internetbasierte Modell steht den Vertretern der Interessengruppen jetzt zur Verfügung10, ein Modell wurde veröffentlicht (10) und andere sind in Arbeit. Vier Untersuchungen 9 Föderaler Öffentlicher Dienst Volksgesundheit, Sicherheit der Nahrungsmittelkette und Umwelt. 10 Geschützter Zugang über eine internetbasierte Anwendung. Auf Französisch „Le modèle de planification des professions de santé” über https://portal.health.fgov.be/ portal/page?_pageid=56,16454533&_dad=portal&_schema=PORTAL, auf Niederländisch: “Het Planningsmodel van Gezondheidberoepen” über https://portal.health.fgov.be/portal/ page?_pageid=56,16454533&_dad=portal&_schema=PORTAL 16 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen wurden abgeschlossen (11,12,13,14), und die Ergebnisse wurden mit den Interessenvertretern erörtert. Es stehen mehrere neue Datenquellen zur Verfügung. Die wichtigste davon ist die sogenannte „permanente Stichprobe“ – eine zufällige Stichprobe einer Gruppe potentieller belgischer Nachfrager von Gesundheitsdienstleistungen.11 Ein neues mehrjähriges Programm befindet sich in der Entwicklung. Ziel ist es, die Untersuchungen zu Gesundheitsfachkräften zu wiederholen, die Nachfragekomponente des Modells zusätzlich zu den gesundheitsfachlichen Szenarien um bedarfsorientierte Szenarien zu erweitern, und über das Zusammenführen dreier Datenquellen (Gesundheitsministerium, Landesinstitut für Kranken- und Invaliditätsversicherung (LIKIV) und die Datenbestände des nationalen Arbeitsmarktes) zuverlässigere und valide Daten zu bekommen. Die zusammengeführten Daten sollen es ermöglichen,Gesundheitsfachkräfte gemäß den internationalen Definitionen von „zur Berufsausübung zugelassen“, „fachlich aktiv“ und „praktizierend“ zu definieren.12 Seit Beginn dieses Prozesses in Belgien wurde eine evidenzbasierte Strategie angestrebt, selbst vor dem Hintergrund begrenzter Daten. Die mehrjährigen Programme unterstützen sie nun durch den Einsatz von Instrumenten und Techniken des Projektmanagements, und dadurch, dass sie ein schlüssiges und mit der Zeit vorhersagbares, klares Projekt innerhalb eines manchmal schnell wechselnden politischen Kontextes anbieten. Kanada Kanada ist ebenfalls ein Föderalstaat, in dem manche Bereiche der Gesundheitspolitik auf nationaler Ebene bestimmt oder koordiniert werden, die Verantwortung für Strategie und Planung aber bei den Provinzen/Territorien liegt. Jede Provinz verwaltet ihr Gesundheitssystem und ihr Personal im Gesundheitswesen auf andere Weise. Die Geldmittel für die medizinische Versorgung stammen aus einem staatlich finanzierten Krankenversicherungssystem, und die Leistungen werden von einer Mischung aus öffentlichen und privaten Organisationen erbracht. Zusätzlich zu den von den Provinzen verteilten Geldern stellt die Bundesregierung einen Pauschalbetrag zur Verfügung, der entsprechend der Bevölkerung auf die Provinzen verteilt wird. Das soll als Anreiz 11 Weitere Informationen in französischer Sprache: http://www.riziv.fgov.be/information/ fr/sampling/index.htm oder niederländischer Sprache: http://www.riziv.fgov.be/ information/nl/sampling/index.htm 12 Um ihre Statistiken zu vereinheitlichen, werden OECD, Eurostat und WHO im Jahr 2010 Daten mithilfe des „Joint data collection on non-monetary health care statistics electronic questionnaire” (dt.: Elektronischer Fragebogen zur gemeinsamen Datenerhebung über nichtmonetäre Gesundheitsleistungen) erheben. 17 Themenüberblick dienen, um die Provinzen auf eine Linie mit den nationalen Regeln und Standards zu bringen, wie z. B. des Prinzips der Universalität des Versicherungsschutzes, des freien Zugangs zu Leistungen oder der Übertragbarkeit des Versicherungsschutzes von einer Provinz in eine andere. Mit der „Pan Canadian Health Human Resource“-Strategie (dt.: Gesamtkanadischen Strategie für Gesundheitsfachkräfte) wurde die Fachkräfteplanung für den Gesundheitsbereich 2003 auf nationaler Ebene angegangen (15). Die Strategie beinhaltete Kernbausteine der Fachkräfteplanung für das Gesundheitswesen und hatte das Ziel, eine angemessene Personalausstattung für eine hochklassige Gesundheitsversorgung sicher zu stellen, Personalbeschaffungund verbleib zu verbessern und eine berufsübergreifende Ausbildung zu fördern. Kanada verfügt über relativ gute Daten über das Personal im Gesundheitswesen, sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Ebene der Provinzen, die das Canadian Institute for Health Information (dt.: Kanadisches Institut für Gesundheitsinformationen) (www.cihi.ca) zur Verfügung stellt. Die Provinzen finanzieren Ausbildungsplätze, was ihnen de facto die Kontrolle über das Wachstum des Arbeitskräftebestands gibt. Der Zugang zu medizinischen Fakultäten und Weiterbildungsplätzen ist reglementiert und wird jeweils dem vorhergesagten Bedarf angepasst. Berufliche Weiterbildung findet nur in Krankenhäusern und Gesundheitszentren statt, die an eine Universität angeschlossen sind. Nach dem Erwerb der Qualifikation gibt es keine weiteren Beschränkungen, was die Zahl der Ärzte angeht, die in Kanada praktizieren können. Schwierig ist das Praktizieren für Ärzte, die aus Ländern kommen, mit denen es keine Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen gibt. Die Regierungen der Provinzen/Territorien finanzieren tertiäre Bildungseinrichtungen im Bereich Krankenpflege. Die Zahl der an Krankenpflegeschulen zur Verfügung stehenden Plätze wird zwischen den Bildungs- und Gesundheitsministerien ausgehandelt. Viele Provinzen/Territorien haben von der Regierung finanzierte beratende Ausschüsse zur Krankenpflege, die die Regierungsstellen bei den Ausbildungsplänen im Gesundheitsbereich beraten. Nachdem man erkannt hatte, dass eine einfache Anpassung des Verhältnisses zwischen Beschäftigten im Gesundheitswesen und Einwohnerzahl entsprechend der demografischen Prognosen nicht ausreichend war, wurden wesentliche Anstrengungen im Hinblick auf die Entwicklung bedarfsorientierter Planungsstrategien unternommen, bisher mit begrenztem Erfolg (16,17). Nachhaltige Bemühungen um eine Fachkräfteplanung im Gesundheitswesen gelten vor dem Hintergrund wechselnder Regierungen und politischer Schwerpunkte als schwierig (18). 18 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen England Die Versorgung findet weitestgehend über den National Health Service (NHS; dt.: Staatlicher Gesundheitsdienst) statt. Die Verantwortlichkeiten für NHSPolitik und -Planung wurde an England, Nordirland, Schottland und Wales übertragen, wobei es ein allumfassendes rechtliches Rahmenwerk und jeweils dieselben, oder ähnliche, Vergütungs- und Laufbahnstrukturen für Gesundheitsfachkräfte gibt. In England standen Planung und Strategie für das Personal im Gesundheitswesen in den letzten Jahren oben auf der politischen Agenda und waren Gegenstand einer Untersuchungskommission des Unterhauses im Jahr 2007 (19). Deren Bericht zeigte die mangelnde Abstimmung zwischen der Fachkräfteplanung und der Planung von Leistungen und Finanzen ebenso auf wie unzureichende Planungskapazitäten und die Spannungen im NHS zwischen dem Druck „von oben“, den nationalen politischen Schwerpunkten zu genügen, und dem Druck „von unten“ bei der Befriedigung des lokalen Bedarfs an Leistungen und Personal. Die Antwort auf diese Untersuchungen wurde im „Next Steps Review - NSR“ (dt.: Überprüfung der nächsten Schritte) festgezurrt, der sich auf die Umverteilung von Ressourcen zugunsten einer Grundversorgung und vor Ort in Auftrag gegebener Leistungen konzentriert und eine Leitfunktion der Krankenhäuser betont (20,21,22). Das Gesundheitsministerium verfügt aktuell zusammen mit anderen Ministerien und Regierungsstellen (z. B. dem Bildungsministerium) über die Möglichkeit, die meisten der Hauptschalthebel zu beeinflussen, die sich auf das Personalangebot im Gesundheitswesen, Ausbildung, Vergütung und die internationale Migration auswirken. Es hat ebenfalls eine starke Position, wenn es darum geht, standardisierte und relevante Daten für Planungszwecke von NHS-Mitarbeitern zu verlangen. Die Analyse und Planung des medizinischen Personals wird vom Gesundheitsministerium geleitet, wobei dem jüngst gegründeten Bereich „Medical Education England“ (MEE; dt.: Medizinische Ausbildung England“) eine bedeutende Rolle zufällt. Und auch das neu gegründete „Centre for Workforce Intelligence“ (CWI, dt.: Zentrum für Arbeitskräfteinformationen) übernimmt dabei eine Aufgabe. Diese nationalen Organisationen werden partnerschaftlich mit den „Strategic Health Authorities “ (SHA; dt.: Strategische Gesundheitsbehörden) und den Standesvertretungen (z. B. den Royal Colleges) zusammenarbeiten. Auch bei der Erstellung von Nachfragemodellen gab es aktuelle Entwicklungen in Verbindung mit bestimmten Patientengruppen/ „Pfaden“. Während in jüngster Vergangenheit der ausdrückliche politische Wille zu einer effektiveren „Integration“ der Fachkräfteplanung für medizinische und nicht medizinische Mitarbeitergruppen vorhanden war, um Entscheidungen im Hinblick auf den Skillsmix zu verbessern und eine multiprofessionelle Zusammenarbeit zu unterstützen, ist dies in der Praxis noch nicht vollständig gelungen. Der 19 Themenüberblick Tooke-Bericht (23) fasst die Vorteile einer dezentralen Fachkräfteplanung für medizinisches Personal so zusammen, dass sie nachfragegesteuert sei und auf lokaler Ebene flexibel. Gegenargumente seien jedoch, dass sie eine „Verteilung mit zurzeit unzureichender Funktion“ wäre, dass sie einen nationalen Überblick erschwere, und dass die Leistungsbilanz einer dezentralen Auftragsvergabe bisher insgesamt nicht positiv ausgefallen ist, wobei er auf Beispiele verweist, in denen Ausbildungsbudgets für andere Zwecke „geplündert“ wurden. Die politische Antwort darauf war, die langfristige Trennung zwischen „medizinischer“ und „nicht medizinischer“ Arbeitskräftepolitik und -planung zu bestätigen; eine umfassende „Integration“ der Fachkräfteplanung im Gesundheitswesen über die Berufsgruppen hinweg ist nicht geplant. Auf regionaler Ebene verfügen die SHAs über die Mittel, um sogenannte „nicht medizinische“ Aus- und Weiterbildung zu beauftragen (insbesondere Krankenpflegekräfte und Heilberufler). Es wird erwartet, dass sie Personalpläne aufstellen und dazu Informationen von NHS-Arbeitgebern vor Ort nutzen (24). Es gibt einen alljährlichen Planungszyklus: • Die „Primary Care Trusts“ (PCTs; dt.: Primärversorgungsbezirke) und die Gemeinderäte geben Leistungen in Auftrag und „müssen zuversichtlich sein“, dass die Leistungserbringer die entsprechenden Personalstrategien dafür haben. Die lokalen Leistungserbringer müssen ganzheitliche Leistungs- und Personalpläne entwickeln. • Ausgehend von den Plänen der Leistungserbringer erstellen die PCTs kombinierte Leistungs- und Personalpläne, die zu den SHAs geschickt werden. • Die SHAs führen die PCT-Pläne in einem regionalen Plan zusammen und entwickeln umfassende Leistungs- und Personalpläne für die Region, anhand derer die Aus- und Weiterbildungsziele definiert werden. • Die regionalen SHA-Pläne gehen, nachdem sie von der CWI analysiert und zusammengefasst wurden, „an die entsprechenden nationalen und regionalen Beiräte zur Überprüfung und Beratung.“ • Das Gesundheitsministerium weist Studenten der Medizin und Zahnmedizin während des Studiums zu (überwacht von den nationalen Beiräten), sichert die Qualität der SHA-Pläne, sichert und finanziert die Fachkräfteentwicklung sowie Aus- und Weiterbildung „entsprechend der qualitätsgesicherten SHA-Pläne“ und identifiziert nationale Risiken durch einen „verstärkten, gut informierten bilateralen Prozess“ mit den SHAs. Ein neuerer Bericht (25) beobachtet, dass die Planungskapazität innerhalb der SHAs schwankt und unterstreicht das Versäumnis, die Finanz- und Arbeitskräfteplanung sowohl auf lokaler als auch auf nationaler Ebene effektiv zu 20 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen verknüpfen und Fragen der Produktivität und Flexibilität genug Aufmerksamkeit zu widmen. Er empfiehlt, sich weiter um die Entwicklung eines umfassenden Ansatzes zur Analyse des zukünftigen Bedarfs zu bemühen und die Anstrengungen ungeachtet der damit verbundenen technischen Schwierigkeiten zu verstärken. Die aktuellste Veröffentlichung zur NHS-Arbeitskräfteplanung betont, dass diese „auf den Prinzipien der Gemeinschaftsproduktion, der Subsidiarität, der Leitfunktion der Kliniken und der Systemangleichung beruhen sollte, auf die man sich als grundlegende Untermauerung eines organisatorischen Wandels verständigt hat“. Dieser Bericht erschien vor der Wahl der neuen Regierung im Mai 2010 (26). Finnland13 Seit 1991 wurden Arbeitskräftenachfrage und -angebot in allen Branchen, einschließlich der Sozial- und Gesundheitsfürsorge, alle vier Jahre umfassend untersucht, um die Ausbildung und den langfristigen Bedarf an Arbeitskräften aneinander anzupassen. Zahlreiche Akteure sind an diesem Prozess beteiligt: Ministerien, der nationale Bildungsbeirat, der finnische Verband der Regionalund Kommunalbehörden, Statistics Finland, das Finnische Zentrum für Pensionen und Forschungsinstitute. Der Bericht „Arbeitskräfte 2025“ analysiert den Bedarf zwischen 2005 und 2020 unter Berücksichtigung von Trends in den Bereichen Wirtschaft, Beschäftigung, Demografie und Arbeitsproduktivität. Ein Berechnungsmodell des nationalen Bildungsbeirats wandelt die Nachfrage nach Arbeitskräften um in Ziele für die Zulassung von Studenten und berücksichtigt dabei Arbeitskräfteabgänge, Erwerbsquoten usw. Es wird erwartet, dass der Bedarf an Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen steigen wird. Die Zulassungszahlen werden jährlich verhandelt, und das Bildungsministerium unterzeichnet Leistungsvereinbarungen mit Fachhochschulen und Universitäten über eine Laufzeit von drei Jahren. Das Bildungsministerium berät das Ministerium für Soziales und Gesundheit zu den Kompetenzanforderungen. Der nationale Entwicklungsplan für Leistungen im Sozial- und Gesundheitswesen 2008–2011 beinhaltet verschiedene Maßnahmen, um eine angemessene Versorgung mit Arbeitskräften im Sozial- und Gesundheitswesen sicherzustellen: a) Überprüfung der Arbeitsbedingungen, um die Arbeit in der medizinischen Grundversorgung insbesondere für Ärzte und Zahnärzte attraktiver zu machen; b) verstärkte Kooperation zwischen dem Gesundheitswesen und den Aus- und Weiter13 Basiert auf Vallimies Patomäki, M. (2009): „Health workforce in Finland“ (dt.: Gesundheitsfachkräfte in Finnland). Fallstudie, präsentiert beim Politischen Dialog zur Arbeitskräfteplanung, Europäisches Observatorium für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik, Venedig 11. und 12. Mai. Verfügbar unter: http://bcdmi.co.uk/ EMEA/WHO/PolicyDialogue2009/Venice/Programme.htm 21 Themenüberblick bildungsorganisationen; c) nationale Richtlinien für die erweiterte Rolle von Pflegekräften und d) eine Gesetzesvorlage für das Verordnungsrecht von Pflegekräften. Zurzeit ist das Ministerium für Soziales und Gesundheit Teil eines Konsortiums, das Prognosen für den Arbeitskräftebedarf vom Regierungsinstitut für Wirtschaftsforschung des Finanzministeriums anfordert.14 In Erwartung des Bedarfs an Arbeitskräften und des Ausbildungsbedarfs wurden Anfang 2010 die Rollen der regionalen Akteure/Interessengruppen durch gesetzliche Veränderungen gestärkt. Die Prognosen des nationalen Arbeitskräfte- und Ausbildungsbedarfs in Finnland hatten eine annehmbare Genauigkeit, jedoch muss das Problem geografischer Ungleichgewichte noch angegangen werde. Daher gibt es Pläne für die Verantwortlichkeiten von Gesundheitszentren und Krankenhausbereichen bei der regionalen Schätzung des zukünftig zu deckenden Arbeitskräftebedarfs. Es gab außerdem Diskussionen, wie gewährleistet werden kann, dass die regionalen Prognosen im Hinblick auf den Ausbildungsbedarf mit dem regionalen Ausbildungsangebot übereinstimmen. Deutschland15 Deutschland ist ein Bundesstaat, der kein nationales System für die Planung des Personalbedarfs im Gesundheitswesen besitzt. Das Land bleibt dem Prinzip treu, dass jeder das Recht auf Zugang zu dem von ihm gewählten Beruf hat. Zulassungen zum Medizinstudium richten sich nach der Zahl zur Verfügung stehender Studienplätze. Die Zahlen werden zwischen den Machern der Gesundheitspolitik und den Ausbildern ausgehandelt. Historisch gesehen hat dies zu einer Überversorgung mit Ärzten geführt und die Regierung hat begonnen, die Zahl der praktizierenden Ärzte zu beschränken, nicht jedoch die Zahl der Medizinstudenten. Da die Nachfrage nach medizinischer Ausbildung die Zahl der Studienplätze übersteigt, gehen viele junge Menschen ins Ausland, vor allem nach Österreich, um Medizin zu studieren. Die fehlenden Arbeitsplätze können dazu führen, dass Ärzte Arbeit in anderen Ländern suchen. Über diese Wanderungsbewegungen ist wenig bekannt. Deutschland exportiert Gesundheitspersonal, in erster Linie Ärzte, in Nachbarländer und nach England. Es gibt keinen umfassenden Datenbestand über das Personal im Gesundheitswesen (es gibt zum Beispiel kein nationales Verzeichnis der Krankenpflegekräfte). 14 Englische Zusammenfassung verfügbar unter: http://www.vatt.fi/file/ vatt_publication_pdf/t154.pdf 15 Basiert auf Büscher, A. (2009): Arbeitskräfte in der Langzeitpflege in Deutschland. Fallstudie, präsentiert beim Politischen Dialog zur Arbeitskräfteplanung, Europäisches Observatorium für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik, Venedig 11.–12. Mai. Verfügbar unter: http://bcdmi.co.uk/EMEA/WHO/PolicyDialogue2009/Venice/ Programme.htm 22 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen In jüngerer Zeit wurden zunehmend Sorgen über einen Mangel an Ärzten laut – insbesondere in weniger stark bevölkerten Gebieten. Mit der steigenden Zahl von Ärzten, die in anderen europäischen Ländern arbeiten, kam auch die Frage einer angemessenen Bezahlung in Deutschland auf. Davon abgesehen gibt es verschiedene spezielle Planungsinitiativen. In einem Bericht zur Pflegeversicherung stellt die Regierung fest, dass in Zukunft ein Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal zu erwarten ist, insbesondere in der deutschen Altenpflege, und dass verschiedene Akteure hier aktiv werden müssen, was Bemühungen zur Anwerbung neuer Auszubildender und eine Ausweitung der Ausbildungskapazitäten einschließt. Das Ministerium für Gesundheit und das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) haben damit begonnen, eine Informationsplattform und regionale Unterstützungsstrukturen für die Altenpflege einzuführen. Es gab eine Kampagne, um das Ansehen einer Altenpflegerausbildung zu erhöhen. Die Zukunft der Krankenpflegeausbildung in Deutschland wird viel diskutiert. Ein Thema dabei ist die Einführung einer besonderen pflegerischen Grundausbildung für allgemeine und Kinderpflegekräfte sowie für Altenpfleger. Verschiedene Demonstrations- und Modellprojekte wurden durchgeführt oder sind im Gange. So versucht beispielsweise ein aktuelles Projekt die institutionellen, organisatorischen und betrieblichen Schalthebel zu bestimmen, mit denen die Zeit verlängert werden kann, die Pflegekräfte in ihrem Beruf tätig sind. Das umfasst Themen wie den Arbeitsschutz, ergonomisches Arbeiten oder ein die Gesundheit unterstützendes Management. Darüber hinaus finden Demonstrations- und Modellprojekte zur Delegation ärztlicher Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten auf Pflegekräfte in den aktuellen Gesetzesreformen Berücksichtigung. Eine Eigenheit des deutschen Falls sind die Bemühungen, die Zahl der Arbeitskräfte in der Langzeitpflege über eine Entprofessionalisierung, durch die langfristige Anwerbung von Sozialhilfeempfängern und Arbeitslosen und über freiwillige Arbeitskräfte zu erhöhen. Die Auswirkungen dieser Initiativen auf die Mittel- und Langzeitpflege sind nicht bekannt. Irland16 Das irische Department of Health and Children (DOHC; dt. Ministerium für Gesundheit und Kinder) hat im Jahr 2007 die Irish Expert Group on Future Skills Needs (EGFSN; dt.: Irische Expertengruppe zum zukünftigen Kompetenzbedarf) um Hilfe bei der Arbeitskräfteplanung gebeten. Als Antwort darauf hat die Skills and Labour Market Research Unit (SLMRU; dt.: Referat für Kompetenz- und 16 Erstellt in Zusammenarbeit mit Jasmina Behan, Skills and Labour Market Research Unit (SLMRU), Training and Employment Authority (FÁS), Irland. 23 Themenüberblick Arbeitsmarktforschung) der Irish Training and Employment Authority (FÁS; dt.: Irische Behörde für Ausbildung und Beschäftigung) im Auftrag der EGFSN eine Reihe quantitativer Modelle entwickelt und Simulationsbeispiele für die Prognose von Angebot und Nachfrage bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen erstellt. Die Untersuchung begann im Februar 2008 und der Bericht zu dieser Arbeit wurde im Juni 2009 veröffentlicht.17 Die Hauptziele der Untersuchung waren: 1. Entwicklung eines quantitativen Modells, mit dessen Hilfe verschiedene strategische/politische Szenarien in Verbindung mit der staatlichen Planung des Personals im Gesundheitswesen analysiert werden können 2. Simulation des Modells und quantitative Analyse der Differenz zwischen dem heutigen und dem zukünftig erwarteten Angebot und der heutigen/ künftig erwarteten Nachfrage nach Kompetenzen unter verschiedenen Annahmen hinsichtlich der Modellparameter, wie sie von der Verbindungsgruppe definiert wurden Die Untersuchung konzentrierte sich auf zwölf Berufe im Gesundheitswesen: medizinischer Berater, Allgemeinmediziner, Spezialist für öffentliche Gesundheit, Logopäde, Physiotherapeut, Krankenpflegekraft und Hebamme, Pflegeassistent, Haushaltshilfe, Sozialarbeiter, klinischer Psychologe, Medizinphysiker und Radiologe. Die quantitative Modellbildung erfolgte auf Makroebene. Das Ergebnis der Modellbildung bestand nicht darin, eine Empfehlung für das wünschenswerte Leistungsniveau abzugeben. Vielmehr beruhte das Ergebnis des Modells auf einer Gruppe von Annahmen, die aus den verfügbaren Informationen über die aktuelle Situation abgeleitet waren. Die Prognose wurde für den Zeitraum von 2008–2020 erstellt. Die Studie umfasste alle Arbeitskräfte je Berufsfeld, sowohl im öffentlichen als auch im nicht öffentlichen Bereich. Der Zufluss nicht irischer Arbeitskräfte im Gesundheitswesen wurde herausgerechnet, um das Angebot aus dem Inland zu isolieren und den Selbstversorgungsgrad zu berechnen, also den Umfang, in dem das irische Aus- und Weiterbildungssystem den geschätzten Bedarf erfüllen kann. Die Analyse wurde auf nationaler Ebene durchgeführt, sodass mögliche regionale Schwankungen bei Arbeitskräfteangebot und -nachfrage nicht berücksichtigt werden konnten. Jedes Modell für einen Berufszweig war unabhängig von anderen Modellen und es konnten keine zeitgleichen Auswirkungen gemessen werden. Letztendlich wurde die Nachfrage nach Personal im Gesundheitswesen unter den Annahmen prognostiziert, dass das Leistungsniveau (definiert als Mitarbeiter 17 EGFSN (2009): Ein quantitatives Werkzeug für Fachkräfteplanung im Gesundheitswesen: Beispielsimulationen; verfügbar unter: www.skillireland.ie 24 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen pro Anzahl Einwohner) bei einer wachsenden Bevölkerung gleich bleibt. Der Gesamteinstellungsbedarf wurde abgeleitet aus der Ausweitung der Nachfrage (kalkuliert anhand einer laut Vorhersage des Central Statistics Office, CSO, unter M0F2-Szenario gewachsenen Bevölkerung18 und unter Beibehaltung der Mitarbeiterdichte) und der Schätzung des Ersatzbedarfs (Verluste aufgrund von Pensionierung, Auswanderung usw.). Schließlich wurde von einem Wachstum der Bevölkerung von insgesamt 8 % oder durchschnittlich 0,7 % pro Jahr auf 4,8 Millionen im Jahr 2020 ausgegangen. Für die meisten Berufe wurden alternativ eine oder mehrere Gruppen von Vorhersagen durch Variation der Grundannahmen erstellt. Die Szenarien lassen sich in drei Gruppen unterteilen: • Szenarien, in denen die Mitarbeiterdichte so erhöht wird, wie es frühere Untersuchungen und Strategiedokumente vorschlagen: Das Konzept einer sprunghaften Veränderung, bei dem ein Ziel in einem einzigen Schritt erreicht wird, dient dazu, die Lücke zwischen dem aktuellen Beschäftigungsniveau und dem in einer Zielvorgabe implizierten Beschäftigungsniveau zu verdeutlichen. Das ermöglicht auch die Analyse des Verhältnisses von Nachfrage und Angebot, das sich aus dem Erreichen der als Ziel gesetzten Mitarbeiterdichte ergibt. Auch die Anforderung an die Personalbeschaffung, die sich aus der Umrechnung der Zielgröße auf Jahresbasis über den Projektionszeitraum hinweg ergibt, wird kommentiert. • Szenarien, in denen sich die Berechnung von Mitarbeiterdichten auf Zielgruppen für bestimmte Gesundheitsleistungen konzentriert (z. B. Menschen ab 65 für Allgemeinmediziner und Haushaltshilfen, Kinder für Kinderpflegekräfte, Anzahl der Geburten pro Jahr für Hebammen usw.) • Szenarien, in denen bei der Berechnung der Mitarbeiterdichte nur ein Bereich der Leistungserbringung berücksichtigt wird (z. B. Physiotherapeuten, die nur im öffentlichen Bereich tätig sind, im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung). Aufgrund der Ergebnisse dieser Studie wurden folgende Empfehlungen ausgesprochen: • Beseitigung von Datenlücken, um die Genauigkeit bei der Bildung quantitativer Modelle und den Vorhersagen von Angebot und Nachfrage zu verbessern. 18 Dies ist das Szenario für das langsamste Bevölkerungswachstum, erstellt durch das CSO im April 2008. Es geht nur von einem natürlichen Bevölkerungswachstum (Geburten bei einer geringeren Fertilitätsrate abzüglich Todesfälle) und keiner Nettozuoder -abwanderung in diesem Zeitraum aus. 25 Themenüberblick • Verfolgung eines integrierten Ansatzes bei der Festlegung von Art und Umfang der Leistungserbringung, um Abhängigkeiten und Skillsmix berufsübergreifend zu berücksichtigen, quantitative und qualitative Methoden zu kombinieren sowie demografische Veränderungen, sozialwirtschaftliche Entwicklungen, das rechtliche Umfeld, Budgetbeschränkungen, Migrationsströme, politische Initiativen und technologische Veränderungen zu analysieren. • Durchführung der Arbeitskräfteplanung als fortlaufenden Prozess, um Situationen mit Unter- oder Überversorgung oder einer übermäßigen Abwanderung von Arbeitskräften zu verhindern. Litauen Die Planung des medizinischen Personals begann im Jahr 2000, die der Pflegekräfte erst 2006, wohingegen Planungen für Zahnärzte, Apotheker und Beschäftigte im öffentlichen Gesundheitswesen immer noch in der Entwicklung sind. Die Ergebnisse langfristiger Vorhersagen von Ärztezahlen ergaben eine dringende Notwendigkeit, mehr Studenten aufzunehmen, was vom Ministerium für Bildung, Gesundheit und Finanzen gebilligt und 2002 umgesetzt wurde. Gemäß den Prognosen sollten die Absolventenzahlen der Universitäten im Jahr 2012 den nationalen Bedarf, unter Berücksichtigung von Abwanderungen in andere Berufe, demografischen Veränderungen, Migrationsmustern usw., decken. Seit 2005 gibt das Ministerium für Gesundheit Empfehlungen für die Verteilung von praktischen Ausbildungsplätzen an Universitäten („residential training“) nach Abschluss des Studiums heraus, die weitestgehend berücksichtigt werden. Das Programm „Strategische Planung des Personals im Gesundheitswesen in Litauen zwischen 2003 und 2020“ wurde 2003 vom Ministerium für Gesundheitverabschiedet. Es wurde 2005 mit neuen Zielen aktualisiert, um die Fachkräfteplanung im Gesundheitswesen besser in die Reform des gesamten Gesundheitswesens zu integrieren. Die wesentlichen strategischen Ziele der Strategie sind: 26 • Untersuchung der Veränderungen bei den Beschäftigten im Gesundheitswesen auf nationaler Ebene, Landesebene und Bezirksebene • Ermöglichen einer Fachkräfteplanung im Gesundheitswesen nach Fachrichtung auf Landes- oder Bezirksebene, die auf Bevölkerungsprognosen, Mortalität, Mortalitätstrends und den Reformzielen für das Gesundheitswesen basiert • Entwicklung eines Modells für die Planung von Angebot und Nachfrage ausgehend von der Reform des Gesundheitswesens Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen • Prognosen für Angebot und Nachfrage pro Fachrichtung Derzeit wird das Modell für die Planung von Angebot und Nachfrage durch einen ministeriellen Erlass verabschiedet. Das Gesundheitsministerium wird weitere finanzielle Mittel für Vorhersagen in Bezug auf die Beschäftigten im Gesundheitswesen in Litauen unter Berücksichtigung von Kompetenzen und Produktivität bereitstellen. Mittel aus dem EU-Strukturfonds werden eingesetzt, um beim Ministerium für Gesundheit ein Verzeichnis der Beschäftigten im Gesundheitswesen einzurichten, was die Möglichkeiten für eine korrekte Analyse der aktuellen Situation und des zukünftigen Arbeitskräftebedarfs im Gesundheitswesen in Litauen stark vergrößern wird. Slowenien19 Die Planung der Arbeitskräfte im Gesundheitswesen wird über die politischen Maßnahmen des Ministeriums für Gesundheit, der entsprechenden Berufskammern und teilweise des Ministeriums für Hochschulbildung realisiert. Letzteres berät sich mit den Ministerien über die für die Zulassung zu den universitären Studienprogrammen vorgesehenen Studentenzahlen. Im Fall der Studiengänge Medizin, Zahnmedizin, Pharmazie und Krankenpflege wird dem Parlament von der Regierung in jedem Jahr ein Numerus clausus zur abschließenden Bestätigung vorgeschlagen. Es gab verschiedene Versuche, über eine Erhöhung der Ausbildungskapazitäten von Gesundheitsfachkräften eine „Selbstversorgung“ für Slowenien zu erreichen. In Maribor wurde 2003 eine zweite medizinische Fakultät eröffnet, und zwischen 2003 und 2008 wurden vier weitere Ausbildungsstätten für Krankenpflege geschaffen. Die einzigen beiden Modelle, die bislang für die Vorhersage von Angebot und Nachfrage bei Gesundheitsfachkräften eingesetzt wurden, waren die Demografie der einzelnen Berufsgruppen im Gesundheitswesen und ein einfaches Gleichgewichtsmodell unter Berücksichtigung der aktuellen Beschäftigtenzahlen im Gesundheitswesen. Den Vorhersagen in den 1990er Jahren und in den Jahren nach der Jahrtausendwende lag die Annahme zugrunde, dass es nur notwendig sei, die Gesundheitsfachkräfte zu ersetzen, die durch Pensionierung, Berufsausschluss oder einfach den Wechsel in einen anderen Beruf den Gesundheitssektor verlassen. 19 Aufbereitet anhand von Aufzeichnungen, die zur Verfügung gestellt wurden von Tit Albreht, Direktor der slowenischen Schule für Volksgesundheit. 27 Themenüberblick Spanien20 In Spanien liegt die Verantwortung für das Gesundheitswesen dezentral bei den autonomen Gemeinschaften. Anfang dieses Jahrtausends wurde aus einem Überangebot an Ärzten in Spanien eine Unterversorgung, wobei einige Fachrichtungen stärker betroffen waren als andere. 2006 wurde ein Team vom Gesundheitsministerium beauftragt, eine Studie zum aktuellen und zukünftigen Ärztebedarf, getrennt nach Fachrichtungen, zu erstellen, um als Grundlage für die als notwendig erkannte Planung zu dienen. Ein Simulationsmodell für die Planung des Fachärztebestands (2008–2025) auf Grundlage einer SystemsDynamics-Software verfolgt das Berufsleben eines Arztes von der Aufnahme des Studiums bis zum Ruhestand. Verschiedene Variablen wurden für die Bedarfsanalyse pro Fachrichtung herangezogen: bestehender Numerus clausus, Anzahl praktischer Ausbildungsplätze pro Fachrichtung, Ruhestandsalter, Abwanderungs- und Mortalitätsquoten (nach Alter/Geschlecht), Auswanderungsund Einwanderungsquoten, das demografische Profil der Bevölkerung, Wachstumsprognosen und das Standardbedarfsniveau (Fachärzte pro Einwohnerzahl) für jeden Facharztbedarf, geschätzt aufgrund von Marktdaten, freie Positionen in öffentlichen Einrichtungen und die über die medizinischen Verbände und Arbeitsvermittler verfügbaren Arbeitsmarktkennzahlen. Die Entwicklung des zukünftigen Bedarfs wurde vom Gesundheitsministerium gemeinsam mit unabhängigen Experten und Mitarbeitern der autonomen Gemeinschaften mithilfe des Delphi-Verfahrens geschätzt. Das Expertengremium unterteilte die 43 medizinischen Fachrichtungen in vier Gruppen, abhängig vom vorhergesagten Anstieg des Standardbedarfs. Die Experten wurden gebeten, ihre Prognosen auf epidemiologische und technologische Daten zu stützen. Das Modell ist bei einer sachgemäßen Planung und Regulierung der Versorgung mit medizinischen Fachkräften hilfreich. Planer im Gesundheitswesen können das Modell nutzen, um kontrafaktische Fragen zu beantworten (was wäre, wenn?). Es erlaubt eine Sensitivitätsanalyse der unsichersten Parameter. Beispielsweise wurde das Bevölkerungswachstum alternativ auf drei Niveaus festgelegt (niedrig, mittel, hoch). Das Gesundheitsministerium plant, dieses Modell im Krankenpflegebereich einzusetzen; für andere Berufsgruppen ist jedoch nichts in dieser Art vorgesehen. Verglichen mit der Ärzteplanung ist die Planung von Krankenpflegepersonal technisch einfacher, aber politisch schwieriger, weil die Berufsprofile von Pflegekräften nicht gut definiert sind und sich mit der Zeit verändern. Die Verwendung eines formalen Modells hat 20 Basiert auf Gonzalez, B. (2010): Planung der Arbeitskräfte im Gesundheitswesen in Spanien. Fallstudie, präsentiert beim Politischen Dialog zur Arbeitskräfteplanung, Europäisches Observatorium für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik, Venedig 11.–12. Mai. Verfügbar unter: http://bcdmi.co.uk/EMEA/WHO/PolicyDialogue2009/ Venice/Programme.htm 28 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen Disziplin in die Diskussion gebracht und die Akteure gezwungen, Fakten statt Meinungen zu verwenden und ihre Annahmen klar zu machen. Das Modell legt die Informationslücken und den Bedarf für verlässlichere und vollständigere Daten offen. Die Notwendigkeit einer Registrierung von Gesundheitsfachkräften in Spanien wurde jetzt erkannt. Auch auf multinationaler Ebene gibt es Bemühungen, Methoden zu entwickeln, die Länder in ihren Anstrengungen bei der Schätzung ihres Personalbedarfs im Gesundheitswesen unterstützen. In Kasten 1 findet sich ein Beispiel für den Versuch, die typischen Planungsmodelle für Arbeitskräfte anhand von Faktoren wie Elemente der Arbeitsumgebung und der Qualifikation von Pflegekräften zu verfeinern, die sich auf deren Verbleib im Beruf, auf Produktivität und auf das Ergebnis für den Patienten auswirken. Kasten 1. Das Projekt „ RN4CAST, Pflegekräfteprognose für Europa“ Aktuelle Modelle für Fachkräfteplanung im Pflegebereich konzentrieren sich oft auf Zahlen und lassen die Auswirkungen auf die Qualität der Patientenversorgung außer Acht. Finanziert durch das 7. Rahmenprogramm der Europäischen Kommission zielt das RN4CAST-Projekt darauf ab, innovative Prognosemethoden einzuführen, bei denen es nicht nur um Zahlen geht, sondern auch um die Qualität des Pflegepersonals und deren Auswirkung auf die Patientenversorgung. Die Studie umfasst ein Konsortium von Forschungsteams aus Belgien, Finnland, Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Irland, Polen, Spanien, Schweden, der Schweiz und den Niederlanden, wobei Norwegen nachträglich hinzukam. Bis zu 500 Krankenhäuser, 50.000 Pflegekräfte, 12.000 Patienten und Krankenhausentlassungsdaten von Hundertausenden Patienten sind Bestandteil der Studie. Schwerpunkt der Studie ist die medizinische und chirurgische Versorgung in allgemeinen Akutkrankenhäusern. Die Datenerhebung erfolgte – zusätzlich zu den Entlassungsdaten der Krankenhäuser – anonym über Pflegepersonal und Patienten, um zu untersuchen, welche Auswirkungen Elemente wie die Ausbildung des Pflegepersonals, Demografie, Arbeitsbelastung, Wohlbefinden und Arbeitsumfeld auf die Produktivität, die Patientensicherheit und das Ergebnis für den Patienten haben (siehe http://www.RN4CAST.eu). 5 Erkenntnisse Der Abgleich und die Prognose von Bedarf, Nachfrage und Angebot von Personal im Gesundheitswesen ist in jeder Hinsicht eine komplexe Angelegenheit. In keinem Land der Welt gibt es eine Vorgehensweise, die als „Best Practice“ bezeichnet werden könnte. Manche Länder unternehmen ernsthafte Anstrengungen zur Analyse des Personalbedarfs im Gesundheitswesen, aber 29 Themenüberblick die große Mehrzahl muss noch in einen solchen Prozess einsteigen, selbst in der EU. Die wachsende Erkenntnis, dass dies notwendig ist, um Gesundheitsleistungen besser zugänglich, effektiver und effizienter zu machen, hat dieses Thema auf der politischen Agenda weiter nach oben gerückt. Was können Länder aus den vorliegenden Erfahrungen generell lernen? Hier sind zehn Punkte, die bedacht werden sollten 1. Die Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen liefert einen Mehrwert. Sie kann helfen, die Gefahr von Ungleichgewichten (Knappheiten, Überangebote, Verteilung) zu verhindern oder abzuschwächen, die die Leistung des Gesundheitswesens einschränken, indem sie die Folgen zeigt, die Beibehaltung, Reduzierung oder Ausweitung des momentanen Personalbestands im Gesundheitswesen haben. Auch konzentriert sie die Diskussionen und Verhandlungen über Finanzierung und Organisation von Gesundheitsleistungen auf Daten und Fakten, und nicht nur auf Meinungen und Interessen. 2. Bei der Bedarfsanalyse ist es wichtig, dass politische Entscheidungsträger die Werte, Grundsätze und Strategien verkünden, die sie leiten. Die Auswahl der Strategien und sogar der Instrumente zur Bedarfsanalyse wird von diesen Entscheidungen abhängen.21 So erfordert beispielsweise das Ziel, den zukünftigen Bedarf und nicht nur die zukünftige Nachfrage zu decken, sehr unterschiedliche Strategien und methodische Ansätze. 3. Der zukünftige Bedarf lässt sich nicht nur in Zahlen ausdrücken. Faktoren des Arbeitsumfeldes wie die Teilung (Skillsmix) und Organisation von Arbeit, Fähigkeiten, Arbeitsbedingungen, Produktivitäts- und Qualitätsziele sind wichtige Größen. Es werden quantitative Modelle und Instrumente benötigt, die aber kein Ersatz dafür sind, zu beurteilen, was letztendlich gebraucht wird und bezahlbar ist. 4. Es muss einen ganzheitlicheren Ansatz bei der Analyse geben (z. B. die Betrachtung des Personals im Gesundheitswesen als ein Ganzes). Das ist durch die Art von Interaktionen und Komplementarität zwischen den einzelnen Berufsgruppen im Gesundheitswesen und dem anerkannten Bedarf an Teamwork gerechtfertigt. Das Fehlen von „Good Practice“Beispielen sollte nicht verhindern, dass jegliche Anstrengungen in diese Richtung unternommen werden. Dazu gehört, die Vielfalt von Berufen und Institutionen im Gesundheitssystem einzubeziehen und alle wirtschaftlichen, politischen und sozialen Variablen zu identifizieren, 21 „… nur dort, wo die sozialen und politischen Entscheidungen über den Zugang und die Erbringung von Pflege klar sind, können wissenschaftliche Methoden systematisch eingesetzt werden, um die Anforderungen an die Erbringer von Gesundheitsleistungen in einer bestimmten Bevölkerung abzuleiten“(27) 30 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen die bei der Bestimmung des Personalbedarfs im Gesundheitswesen eine Rolle spielen. 5. Die Erfahrungen von Ländern wie Belgien, England, Finnland, Irland, Spanien und anderen, die in die Bedarfsanalyse des Personalbedarfs im Gesundheitswesen investiert haben, zeigen genau, wie wichtig eine Informationsgrundlage ist, die valide, zuverlässige und aktuelle Daten liefert, um den Personal- und Arbeitsmarkt im Gesundheitswesen zu beobachten. Ohne solide Daten wird die Schätzung der Ausbildungsbedürfnisse zu einem Ratespiel.22 Da Entscheidungen über das zukünftige Personal im Gesundheitswesen Akteure aus verschiedenen Bereichen betreffen (Bildung, Gesundheit, Finanzen, Planung, Standesvertretungen, Arbeitgeber), gibt es unweigerlich Konflikte. Ein Zugang zu soliden Daten hilft, die Diskussionen und Verhandlungen rationaler zu gestalten. 6. Auch mit den besten Daten und Projektionen können Regierungen Veränderungen nicht vorschreiben oder verordnen (z. B. eine Überprüfung des Tätigkeitsbereichs). Sie müssen immer noch irgendwie ausgehandelt werden, und daher ist es wichtig, die verschiedenen Interessengruppen so früh wie möglich in den Prozess einzubinden. Die Einbindung der Interessengruppen, um auf bestehender Kompetenz in Personalplanung aufzubauen und den Arbeitskräfteplanungsprozess im Gesundheitswesen mit Informationen zu füttern, ist wahrscheinlich der wesentlichste Teil des Prozesses, da es eine gemeinsame Agenda, eine gemeinsame Sprache und von Anfang an einen Konsens über Methoden und Konzeptionalisierung der Arbeitskräfteplanung geben muss. Das kann dadurch unterstützt werden, dass politische Dialoge in dem Prozess so früh wie möglich beginnen, wie die oben erwähnten Erfahrungen einzelner Länder zeigen. 7. Die Vorhersage des zukünftigen Bedarfs wird schwieriger, wenn diese Aufgabe dezentral erfüllt wird. So gibt es beispielsweise Spannungen im NHS in England zwischen dem Druck „von oben“, den nationalen politischen Schwerpunkten zu genügen, und dem Druck „von unten“ bei der Erfüllung des lokalen Bedarfs an Leistungen und Personal (28). Es ist ein zentraler Koordinationsmechanismus notwendig, um sicherzustellen, dass alle verantwortlichen Behörden die gleiche Sprache sprechen. Auch kann die Mobilität von Leistungsempfängern und -erbringern hoch sein und Anpassungen erforderlich machen, die nur eine Organisation mit einem 22 Für weitere Einzelheiten zu Daten und Maßstäben für ein gut funktionierendes Informationssystem über das Personal im Gesundheitswesen, siehe Weltgesundheitsorganisation (2010): Bericht des ersten Treffens der HealthWorkforce Information Reference Group, Global Health Workforce Alliance, Health Metrics Network, Genf, WHO (verfügbar unter: http://www.who.int/hrh/resources/hirg/en/index.html). 31 Themenüberblick nationalen Blickwinkel einbringen kann. Auf der anderen Seite können die nationalen Analysen auf Landesebene auf dem richtigen Kurs sein, jedoch die Bedarfsunterschiede auf regionaler oder lokaler Ebene nicht berücksichtigen. 8. Es gibt keine Übereinstimmung betreffend die Planungshorizonte. Aber eines ist offensichtlich: Je größer der zeitliche Rahmen gesteckt ist, desto riskanter sind die Vorhersagen. Die Möglichkeit, den beruflichen Lebenszyklus einer Gruppe neuer Absolventen als Zeithorizont zu nutzen, was logisch wäre, beinhaltet die Risiken, die Spekulationen über zukünftige Veränderungen über einem Zeitraum von 30 bis 40 Jahren mit sich bringen. Eine vernünftige Alternative könnte die Dauer des Ausbildungsprozesses des am besten qualifizierten Personals (etwa 10 Jahre) sein. In jedem Fall rechtfertigt dies eine Verbindung von Vorhersagen mit Szenarien, die verschiedene mögliche Entwicklungen des Personals im Gesundheitswesen und des beruflichen Umfelds abdecken. 9. Der Schlüssel für die Reaktion auf Bedarfsveränderungen ist, Strategien flexibel und unter sorgfältiger Beobachtung umzusetzen. Ein Arbeitskräfteplan sollte nicht als einmaliges, unveränderliches Werk angesehen werden, das nicht angepasst und geändert werden darf, sondern er muss vielmehr geprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden. Dynamische und direkte Rückkopplungswege von Einrichtungen des Gesundheitswesens zu Bildungseinrichtungen könnten dabei helfen, Angebot und Nachfrage bei Gesundheitsfachkräften besser abzugleichen. 10. Eine Über- oder Unterversorgung mit Fachkräften im Gesundheitswesen kann für ein ganzes Land beobachtet werden. Sie können aber auch gleichzeitig innerhalb eines Landes auftreten, mit Knappheiten in einigen Regionen und Überangeboten in anderen Regionen. Das schafft erhebliche strategische und wirtschaftspolitische Probleme und hat einen negativen Einfluss auf die Versorgung im Gesundheitswesen. Untätigkeit oder das reine Reagieren auf Probleme, wenn diese heikel werden, ist kostspielig in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht, aber vor allen Dingen auch im Hinblick auf die Gesundheit, da die Bevölkerung durch einen unausgewogenen Personalbestand im Gesundheitswesen nicht in den Genuss eines zugänglichen, effektiven und effizienten Gesundheitswesens kommen kann. Im Hinblick auf die geografische Verteilung und Vergütung von Fachkräften im Gesundheitswesen und ebenso im Hinblick auf Ansätze zur Optimierung der Verteilung von Beschäftigten innerhalb des Gesundheitswesens würden Länder von einem Austausch vorbildlicher Praktiken über die Offene Methode der Koordination (OMC) profitieren. 32 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen Politische Fragestellungen für die EU Nun, da die EU die Beratungen zu ihrem Grünbuch über Arbeitskräfte des Gesundheitswesens in Europa (http://ec.europa.eu/health/ph_systems/ workforce_en.htm) im Allgemeinen und zur Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen im Besonderen aufgenommen hat, muss sie vielleicht einige politische Fragestellungen berücksichtigen, die sich aus ihrem Engagement für die Unterstützung von Staaten bei Fragen des Personalbestands im Gesundheitswesen ergeben. Beispiele sind: • Sollte es EU-Standarddefinitionen für Berufskategorien und Arbeitsmarktkennzahlen im Gesundheitswesen sowie für Berichtsformate und -verfahren geben? • Sollte die EU die Verwendung standardisierter Instrumente zur Datenerhebung und standardisierte Berichtsformate vorschlagen (fördern/verlangen)? • Wie sieht die Rolle der EU in dieser Hinsicht im Vergleich zu technischen Institutionen wie der WHO aus? Wäre es angebracht, ein EU-Observatorium für Fachkräfte im Gesundheitswesen zu schaffen, dessen Aufgabe es wäre a) Länder bei dem Aufbau ihrer Datenbank zum Personal im Gesundheitswesen, der Analyse der Daten und der Entwicklung von Beschäftigungsstrategien im Gesundheitswesen zu unterstützen; b) Länderinformationen zu konsolidieren und regionale Analysen zu erstellen; c) die Aus- und Weiterbildungsstandards der EU-Mitgliedstaaten für die Beschäftigten im Gesundheitswesen zu analysieren und zu vergleichen; d) die Erfahrungen der Länder zu beobachten, zu analysieren und zu verbreiten? • Sollte die EU die Entwicklung eines EU-weiten Netzwerks von Planern und politischen Entscheidungsträgern im Bereich Gesundheitsfachkräfte fördern, damit diese ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilen können? • Sollte die EU eine länderübergreifende Entwicklung des Personalbestands im Gesundheitswesen fördern und technisch unterstützen, beispielsweise bei Ländern, zwischen denen es bereits wichtige grenzüberschreitende Bewegungen gibt? 33 Themenüberblick Kernaussagen: Zusammenfassung • Die Wahl einer Strategie zur Einschätzung des zukünftigen Fachkräftebedarfs im Gesundheitswesen ist wertorientiert und hängt davon ab, welche Behandlungsergebnisse und Serviceziele von politischen Entscheidungsträgern festgesetzt werden. • Bei der Einschätzung des zukünftigen Bedarfs an Gesundheitsfachkräften geht es nicht nur um die Hochrechnung von Zahlen. Politische Entscheidungsträger müssen sich auch mit den Problemen der Rekrutierung, der Ausbildung, der Verteilung, des Verbleibs, der Motivierung und der Verwaltung des Personals im Gesundheitswesen beschäftigen, was ebenfalls bedeutet, besser über die Erwartungen und das Verhalten der im Gesundheitswesen Beschäftigten informiert zu sein. Es ist wenig hilfreich, eine ausreichende Anzahl von Ärzten und Krankenpflegern auszubilden und dann zuzusehen, wie sie in andere Länder abwandern, weil der Arbeitsmarkt sie nicht aufnehmen kann oder die Arbeitsbedingungen nicht attraktiv genug sind. • Dem Bedarf Rechnung zu tragen, bedeutet mehr als das Produzieren von mehr Beschäftigten. Eine größere Basis kann durch das Verbessern von Kompetenzen erreicht werden, durch Veränderung des Skillsmix und über eine Erhöhung der Produktivität. • Es ist wichtig, die Planung des Fachkräftebedarfs im Gesundheitswesen als einen Prozess zu betrachten, bei dem die Hauptinteressengruppen sich daran beteiligen, den Handlungsbedarf für Veränderungen zu analysieren und Strategien zum Erreichen dieser Veränderungen zu entwickeln. • Je besser die Informationsgrundlagen und die technischen Möglichkeiten zu deren Nutzung sind, desto besser werden Diagnose und Wahl von Maßnahmen sein. • Beobachtung ist unerlässlich, um die Maßnahmen an eine sich verändernde Umgebung anzupassen. • Und nicht zuletzt müssen ausreichende und planbare finanzielle Mittel zu Verfügung stehen, die in die Entwicklung der Arbeitskräfte investiert werden können. Der Nutzen wird durch einen schnelleren Zugang zu Leistungen, eine effizientere Nutzung von Ressourcen und eine höhere Zufriedenheit der Bürger bald offensichtlich sein. 34 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen Quellenangaben 1. WHO: Weltgesundheitsbericht 2000. Health systems: improving performance [Gesundheitssysteme: Die Leistung verbessern], Genf, Weltgesundheitsorganisation, 2000. 2. Birch, S.: Health human resource planning for the new millennium: inputs in the production of health, illness and recovery in populations [Fachkräfteplanung für das Gesundheitswesen für das neue Jahrtausend: Investitionen in Gesundheit, Krankheit und Genesung], Canadian Journal of Nursing Research, 2002, 33(4): S. 109–114. 3. WHO: Weltgesundheitsbericht 2006: Working together for health [Zusammenarbeit für Gesundheit], Genf, Weltgesundheitsorganisation, 2006. 4. Hornby, P.: Exploring the use of the World Health Organization Human Resources for Health Projection Model [Untersuchung des WHO „Human Resources for Health“-Vorhersagemodells] präsentiert beim HRH Workshop „Planungsmodell für Arbeitskräfte“, Washington, DC, 13. –14. Dezember 2007. 5. WHO: Models and tools for health workforce planning and projections [Modelle und Werkzeuge für die Planung und Vorhersage von Fachkräften im Gesundheitswesen], Genf, Weltgesundheitsorganisation, Abteilung für Gesundheitspersonal, Informationen und Steuerung, 2010 (http://whqlibdoc.who.int/publications/2010/9789241599016_eng.pdf, Stand 21. Juli 2010). 6. Hall, T., Mejia, A. (Hrsg.): Health manpower planning: principles, methods, issues [Methoden, Grundsätze und Probleme der Fachkräfteplanung im Gesundheitswesen], Genf, Weltgesundheitsorganisation, 1978. 7. Green, A.: An introduction to health planning in developing countries [Eine Einführung in die Gesundheitsplanung in Entwicklungsländern], Oxford, Oxford University Press, 1992. 8. Dreesch, N. et al.: An approach to estimating human resource requirements to achieve the Millennium Development Goals [Ein Ansatz zur Schätzung des Personalbedarfs zur Erreichung der Millennium Entwicklungsziele], Health Policy and Planning, 2005, 20(5): S. 267–276. 9. Productivity Commission [Produktivitätsausschuss]: Australia’s health workforce [Australiens Beschäftigte im Gesundheitswesen], Canberra, Productivity Commission, 2006 (http://www.pc.gov.au/projects/study/ healthworkforce/docs/finalreport, Stand 21. Juli 2010) 35 Themenüberblick 10. Cop, C., Vandenbroele, H.: Perspectives d’avenir de la Commission de Planification - Offre médicale: Rapport scénario de base Médecins 2009 [Zukunftsperspektiven der Planungskommission -Medizinisches Angebot: Bericht über ein Basisszenario für Ärzte 2009], Brüssel, FÖD Volksgesundheit, Sicherheit der Nahrungsmittelkette und Umwelt, Generaldirektion Medizinische Grundversorgung und Krisenmanagement, Dienst Planung der Gesundheitsberufe, 2009 (http://www.health.fgov.be, Stand 4. Mai 2010) 11. Claes, A. et al.: Planningsmodellen beroepsbeoefenaars in de gezondheidszorg. Perceel 3: Uitvoeren enquêtes Beroepsgroep Kinesitherapeuten. Eindrapport. [Planungsmodelle für Gesundheitsberufe, Teil 3: Die Realisierung von Untersuchungen von Gesundheitsberufen Physiotherapeuten. Abschlussbericht], Brüssel, Föderaler Öffentlicher Dienst Volksgesundheit, Sicherheit der Nahrungsmittelkette und Umwelt, Generaldirektion Medizinische Grundversorgung und Krisenmanagement, Dienst Planung der Gesundheitsberufe, 2008, (http://www.health.fgov.be, Stand 4. Mai 2010). 12. Claes, A. et al.: Planningsmodellen beroepsbeoefenaars in de gezondheidszorg Perceel 3: Uitvoeren enquêtes Beroepsgroep Tandartsen Eindrapport [Planungsmodelle für Gesundheitsberufe, Teil 3: Die Realisierung von Untersuchungen von Gesundheitsberufen - Zahnärzte. Abschlussbericht], Brüssel, Föderaler Öffentlicher Dienst Volksgesundheit, Sicherheit der Nahrungsmittelkette und Umwelt, Generaldirektion Medizinische Grundversorgung und Krisenmanagement, Dienst Planung der Gesundheitsberufe), 2009, (http://www.health.fgov.be, Stand 4. Mai 2010). 13. Claes A et al.: Planningsmodellen beroepsbeoefenaars in de gezondheidszorg Perceel 3: Uitvoeren enquêtes Beroepsgroep Artsenspecialisten Eindrapport [Planungsmodelle für Gesundheitsberufe, Teil 3: Die Realisierung von Untersuchungen von Gesundheitsberufen - Fachärzte. Abschlussbericht], Brüssel, Föderaler Öffentlicher Dienst Volksgesundheit, Sicherheit der Nahrungsmittelkette und Umwelt, Generaldirektion Medizinische Grundversorgung und Krisenmanagement, Dienst Planung der Gesundheitsberufe), 2009, (http://www.health.fgov.be, Stand 4. Mai 2010). 14. Claes A et al.: Planningsmodellen beroepsbeoefenaars in de gezondheidszorg Perceel 3: Uitvoeren enquêtes Beroepsgroep Verpleegkundigen Eindrapport [Planungsmodelle für Gesundheitsberufe, Teil 3: Die Realisierung von Untersuchungen von Gesundheitsberufen - Pflegekräfte. Abschlussbericht], Brüssel, Föderaler Öffentlicher Dienst Volksgesundheit, Sicherheit der Nahrungsmittelkette und Umwelt, Generaldirektion Medizinische Grundversorgung und Krisenmanagement, Dienst Planung der Gesundheitsberufe), 2010, (http://www.health.fgov.be, Stand 27. Juli 2010). 36 Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen 15. Health Canada: Pan Canadian Health Human Resource Strategy [Gesamtkanadische Strategie zur Planung von Gesundheitsfachkräften], Ottawa, Health Canada, 2003, (http://www.hc-sc.gc.ca/hcs-sss/hhr-rhs/ strateg/index-eng.php, Stand 21. Juli 2010). 16. O’Brien-Pallas, L. et al.: Forecasting models for human resources in health care [Vorhersagemodelle für Personal im Gesundheitswesen], Journal of Advance Nursing, 2001, 33(1): S. 120–129. 17. Tomblin Murphy, G. et al.: Planning for what? Challenging the assumptions of health human resources planning [Planung – wofür? Die Annahmen der Fachkräfteplanung im Gesundheitswesen in Frage stellen], Health Policy, 2009, 92(2–3): S. 225–233. 18. O’Brien-Pallas, L., Hayes, L.: Challenges in getting workforce research in nursing used for decision-making in policy and practice: a Canadian perspective [Probleme bei der Nutzung von Arbeitskräfteforschung im Pflegebereich für Entscheidungsfindung in Politik und Praxis: eine kanadische Sichtweise], Journal of Clinical Nursing, 2008, 17(24): S. 3338–3346. 19. Health Committee, House of Commons: Fourth Report: Workforce Planning [Gesundheitsausschuss, Unterhaus: Vierter Bericht: Arbeitskräfteplanung], London, The Stationery Office, 2007 (22. März 2007, HC 171-1). 20. Department of Health: High quality care for all: NHS Next Stage Review final report [Ministerium für Gesundheit: Hochklassige Versorgung für alle: NHS – Überblick über die nächsten Schritte, Abschlussbericht], London, Department of Health, 2008 (http://www.dh.gov.uk/en/publicationsandstatistics/publications/ publicationspolicyandguidance/DH_085825, Stand 21. Juli 2010). 21. Department of Health: A high quality workforce: NHS Next Stage Review [Ministerium für Gesundheit: Hochklassige Arbeitskräfte: NHS – Überblick über die nächsten Schritte], London, Department of Health, 2008. 22. Department of Health: NHS Next Stage Review: quality workforce: strategy impact assessment [Ministerium für Gesundheit: NHS – Überblick über die nächsten Schritte: Qualifizierte Arbeitskräfte, Analyse der strategischen Auswirkungen], London, Department of Health, 2008. 23. Tooke, J.: Aspiring to excellence: final report of the independent inquiry into modernising medical careers [Streben nach Spitzenleistung: Abschlussbericht der unabhängigen Untersuchung zur Modernisierung medizinischer Laufbahnen]; London, Universities UK, 2008. 37 Themenüberblick 24. Buchan, J.: Nurse workforce planning in the UK: a report for the Royal College of Nursing [Planung von Pflegepersonal im Vereinigten Königreich: Bericht für das Royal College of Nursing], London, Royal College of Nursing, 2007, (http://www.rcn.org.uk/__data/assets/pdf_file/0016/107260/003203.pdf, Stand 21. Juli 2010). 25. Imison, C., Buchan, J., Xavier S.: NHS workforce planning: limitations and possibilities [NHS Arbeitskräfteplanung: Grenzen und Möglichkeiten], London, King’s Fund, 2009 (http://www.kingsfund.org.uk/publications/ nhs_workforce.html, Stand 21. Juli 2010). 26. Department of Health: Planning and developing the NHS workforce: the national framework [Ministerium für Gesundheit: Planung und Entwicklung der NHS-Mitarbeiter: der nationale Rahmen], London, Department of Health, 2010, (http://www.dh.gov.uk/prod_consum_dh/groups/ dh_digitalassets/@dh/@en/ @ps/documents/digitalasset/dh_114866.pdf, Stand 21. Juli 2010). 27. Birch, S. et al.: Human resources planning and the production of health: a needs-based analytical framework [Fachkräfteplanung und die Produktion von Gesundheit: ein bedarfsorientierter analytischer Rahmen], Canadian Public Policy/Analyse de Politiques, 2007, 33 (Beil.): S. 1–16. 28. Curson, JA. et al.: Who does workforce planning well? Workforce Review Team Rapid Review Summary [Wer macht Arbeitskräfteplanung gut? Zusammenfassung der Arbeitsgruppe Review Team/Rapid Review], Coventry, Universität Warwick, Institut für Beschäftigungsforschung, 2008 (http://www.wrt.nhs.uk/index.php?option=com_docman&task=cat_ view&gid=54&Itemid=,Stand 21. Juli 2010). Nützliche Quellen und weitere interessante Dokumente 38 • Aiken, L., Cheung, R.: Nurse workforce challenges in the United States: implications for policy [Herausforderungen für den Pflegekräftebestand in den USA: Folgen für die Politik], Paris, Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 2008 (OECD Arbeitspapier Gesundheit 35). • Behan, J. et al.: A quantitative tool for workforce planning in healthcare: example simulations [Ein quantitatives Instrument für die Fachkräfteplanung im Gesundheitswesen; Beispielsimulationen]; Dublin, Expert Group on Future Skill Needs, Training and Employment Authority [Expertengruppe zum zukünftigen Kompetenzbedarf, Behörde für Ausbildung und Beschäftigung], 2009. Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen • Capacity Project: Human resources information systems (HRIS) strengthening implementation toolkit [Capacity-Projekt: Stärkung von Arbeitskräfteinformationssystemen (HRIS) – Implementierungstools], Chapel Hill, NC, Capacity Project, 2009 (http://www.capacityproject.org/ hris/tools, Stand 27. Juli 2010). • Dal Poz, M. R. et al.(Hrsg.): Handbook on monitoring and evaluation of human resources for health, with special applications for low- and middle-income countries [Handbuch zur Überprüfung und Bewertung von personellen Ressourcen für den Gesundheitsbereich mit besonderen Anwendungen für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen], Genf, Weltgesundheitsorganisation, Weltbank und US-Agentur für internationale Entwicklung (USAID), 2009, (http://www.who.int/hrh/ resources/handbook/en/index.html, Stand 27. Juli 2010). • Federal/Provincial/Territorial Advisory Committee on Health Delivery and Human Resources (ACHDHR): A framework for collaborative pan-Canadian health human resources planning. [Beratungskomitee für die Erbringung von Gesundheitsleistungen und Fachkräfteplanung (Bundesstaat/Provinzen/ Territorien): Ein Rahmen für eine gemeinschaftliche gesamtkanadische Planung von Fachkräften im Gesundheitswesen], Ottawa, Health Canada, 2007 (http://www.hc-sc.gc.ca/hcs-sss/alt_formats/hpb-dgps/pdf/pubs/hhr/ 2007-frame-cadre/2007-frame-cadre-eng.pdf, Stand 27. Juli 2010). • Health Metrics Network, Weltgesundheitsorganisation: Framework and standards for country health information systems, 2nd edn. [Rahmen und Standards für landesweite Gesundheitsinformationssysteme, 2. Ausg.], Genf, Weltgesundheitsorganisation, 2008 (http://www.who.int/ healthmetrics/documents/framework/en/index.html, Stand 27. Juli 2010). • NHS Skills for Health – Workforce Projects Team: Health care workforce portal. [NHS Kompetenzen für Gesundheit – Team „Arbeitsgruppeprojekte“: Portal für Mitarbeiter im Gesundheitswesen], Manchester, NHS Skills for Health – Workforce Projects Team, 2010 (http://www.healthcareworkforce.nhs.uk/tools.html, Stand 27. Juli 2010). • Scottish Government: Better health, better care: planning tomorrow’s workforce today [Schottische Regierung: Bessere Gesundheit, bessere Pflege: heute die Fachkräfte von morgen planen], Edinburgh, Scottish Government, 2007 (http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/206845/ 0054945.pdf, Stand 27. Juli 2010). 39 Themenüberblick • Simoens, S., Hurst, J.: The supply of physician services in OECD countries [Die Versorgung mit ärztlichen Leistungen in OECD-Ländern], Paris, Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 2006 (OECD Arbeitspapier Gesundheit 21). • Simoens, S., Villeneuve, M., Hurst, J.: Tackling nurse shortages in OECD countries [Die Bewältigung von Knappheiten beim Pflegepersonal in OECD-Ländern], Paris, Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 2006 (OECD Arbeitspapier Gesundheit 19). • WHO: Tools and guidelines for human resources for health [Instrumente und Leitlinien für das Personal im Gesundheitswesen], Genf, Weltgesundheitsorganisation, 2010, (http://www.who.int/hrh/tools/en, Stand 27. Juli 2010). Anhang: Überblick über die Datenquellen für die Fachkräfteplanung im Gesundheitswesen in Europa Es gibt drei Hauptdatenbank mit Daten zu Beschäftigten im Gesundheitswesen, die für Politiker und Planer in der EU relevant sind: Die OECD-Gesundheitsdaten, die europäische „Health for all -Datenbank (HFA-DB)“ [Datenbank „Gesundheit für alle“] des WHO Regionalbüros für Europa und die EurostatDatenbank. Alle drei Datenbanken stehen online zur Verfügung. Die OECDGesundheitsdaten und „Health for All“-Datenbank können installiert und offline genutzt werden. Die Datenbanken von Eurostat und „Health for All“ sind kostenlos. Die drei Datenbanken liefern Informationen, die sich überschneiden und sich ergänzen, aber jede Datenbank wurde auf unterschiedliche Weise erstellt, in einigen Fällen auch aus unterschiedlichen Quellen. Die wesentlichsten Unterschiede sind in Tabelle 1 nachfolgend zusammengefasst. Unter den 30 in der OECD-Datenbank enthaltenen Ländern sind 18 Länder aus der EU. Eurostat deckt alle EU-Länder plus die Beitrittsländer ab, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Kroatien und die Türkei sowie die drei anderen europäischen Länder Island, Norwegen und die Schweiz. Die europäische Datenbank „Health for All“ umfasst die 53 Länder der WHO-Region Europa. Keine dieser Datenbanken produziert „eigene“ Daten. Alle stützen sich auf Länderquellen, die im Hinblick auf die verwendeten Definitionen, Erhebungsverfahren, Periodizitäten und andere Größen voneinander abweichen können. Eurostat arbeitet vorwiegend mit nationalen statistischen Instituten (NSI) zusammen, das WHO-Regionalbüro für Europa vorwiegend mit den Gesundheitsministerien und den Berufsverbänden und die OECD mit statistischen 40 Seit 1960 Verschiedene Anzahl, Dichte Medizinabsolventen Zugelassene Ärzte Praktizierende Ärzte (nach Geschlecht Allgemeinmediziner/Fachärzte Im Ausland ausgebildete Ärzte Zeitraum Quellen Art der Daten Variablen Beschäftigte im Gesundheitswesen nach Region, absolut und pro 100.000 Einw. Beschäftigte in Krankenund sonstigen Pflegeberufen, absolut und pro 100.000 Einw. Beschäftigte im Gesundheitswesen, absolut und pro 100.000 Einw. Anzahl, Dichte, % Nationale Statistikinstitute Seit 1970 33 Eurostat Zahnärzte und Pharmazeuten, PP und VZÄ pro 100.000 Einw. sowie VZÄ pro 100.000 Einw. Ärzte nach Alter und Geschlecht, absolut Pflegekräfte (PP und VZÄ) pro 100.000 Einw. Pflegekräfte, die im Krankenhaus arbeiten Ärzte nach med. (in %) Fachrichtung, absolut in pro Hebammen (PP und VZÄ) pro 100.000 Einw. 100.000 Einw. Anzahl Ärzte (PP) Ärzte (VZÄ) pro 100.000 Einw., Allgemeinmediziner medizinische, chirurgische, geburtshelferische und gynäkologische, pädiatrische Fachärzte Ärzte, die in Krankenhäusern arbeiten (in %) Graduierte Ärzte, Pflegekräfte, Hebammen, Zahnärzte, Pharmazeuten, Apotheker, PP und pro 100.000 Einw./Jahr Anzahl, Dichte, VZÄ, % Gesundheitsministerien Seit 1970 53 Europäische Datenbank „Health for All“ Anmerkung.: PP – Physische Personen, VZÄ – Vollzeitäquivalent Praktizierende Zahnärzte Praktizierende Apotheker Krankenpflege-Absolventen Hebammen Praktizierende Krankenpflegefachkräfte („practising nurses“) Krankenpflegefachkräfte („professional nurses“) Krankenpflegehilfskräfte („associate nurses“) Verhältn. der Krankenpflegekräfte in der Akutversorgung zum Gesamtpersonal 30 Länder OECD-Gesundheitsdaten Tabelle 1: Daten zu Gesundheitsfachkräften: Abdeckung, Datenverfügbarkeit und Datenarten: OECD-Gesundheitsdaten, europäische Datenbank „Health for all“ und Eurostat Analyse des zukünftigen Personalbedarfs im Gesundheitswesen 41 Themenüberblick Instituten und Ministerien. Ein Beispiel für Abweichungen ist die Verwendung unterschiedlicher Definitionen und Konzepte: Eurostat unterscheidet zwischen „praktizierenden“, „beruflich aktiven“ und „zugelassenen“ Gesundheitsfachkräften. Die OECD verwendet ebenfalls die Definition von „praktizierend“, weist aber darauf hin, dass in manchen Ländern auch nichtpraktizierende Fachkräfte berücksichtigt sind (z. B. Pflegekräfte in einigen Ländern wie Frankreich, Griechenland, Island und den Niederlanden) und in anderen Ländern solche im Ruhestand (z. B. Polen). In einigen Ländern schließen die Daten zu Krankenpflegefachkräften Hebammen mit ein. Alle drei Datenbänke liefern Zahlen zur Dichte von Gesundheitsfachkräften je 100.000 Einwohner. Die Unterschiede in den Definitionen und Periodizitäten schwächt die Vergleichbarkeit. Nur von 2 der 27 EU-Länder fließen die Daten zur Dichte von Pflegepersonal in alle drei Datenbanken ein. Eurostat meldet Daten aus den meisten der EU-Länder (15 von 27 Ländern). Auch wenn die Unterschiede zwischen den Datenbanken oft gering sind, so können sie in manchen Fällen doch bedeutend sein (von weniger als 1 % bis über 70 %), was zeigt, dass unterschiedliche „Bilder“ vom Personalbestand im Gesundheitswesen entstehen können, je nachdem, welche Datenbank (oder welche Mischung von Datenbanken) verwendet wird. 42 Das Health Evidence Network (HEN) des WHO-Regionalbüros für Europa dient politischen Entscheidungsträgern in den 53 Mitgliedstaaten der Europäischen Region der WHO als eine glaubwürdige Quelle von Erkenntnissen. Auf seiner eigenen Webseite (http://www.euro.who.int/en/ what-we-do/data-and-evidence/health-evidencenetwork-hen) bietet es zeitgemäße Antworten auf Fragen zu Volksgesundheit, Gesundheitsversorgung und Gesundheitssystemen in Form von evidenzbasierten Berichten oder Grundsatzpapieren, Zusammenfassungen oder Notizen sowie einen einfachen Zugriff auf Erkenntnisse und Informationen zahlreicher Webseiten, Datenbanken und Schriften. Das Europäische Observatorium für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik ist eine Partnerschaft, die eine evidenzbasierte Gesundheitspolitik durch umfassende und genaue Analysen von Gesundheitssystemen in der Europäischen Region der WHO unterstützt und fördert. Es vereint ein breites Spektrum von politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlern und Praktikern mit dem Ziel, Trends bei Gesundheitsreformen gestützt auf Erfahrungen aus ganz Europa zu analysieren, um Fragen strategisch-politischer Bedeutung zu klären. Die Produkte des Observatoriums sind auf seiner Webseite (http://www.healthobservatory.eu) verfügbar. ISSN 2218-5941