Die Geschichte hinter »Sign o` the Times‹ von Prince
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Die Geschichte hinter »Sign o` the Times‹ von Prince
/ Die dich für einen Jungen hielten, den sie ausbeuten können / Schmink sie dir ab / Da solltest du keine Freudensprünge machen müssen.“ Und immer wieder heißt es dazwischen „Shout, shout, let it all out“ … Musikalisch finden Tears For Fears mit dem Song und dem dazugehörigen Album ihren Stil: leicht überladenen Synthipop. Wie auch immer die Zeile verstanden werden soll: „Shout“, im November 1984 als Single und 1985 auf Album veröffentlicht, entwickelt sich zum Kultsong der 80er-Jahre. Das Lied landet in den USA, in Deutschland und der Schweiz auf Platz eins der Charts, in Großbritannien auf Platz vier und in vielen weiteren Ländern in den Top Ten. Wie in den 80er-Jahren üblich, werden von „Shout“ zudem zahlreiche Remixe angefertigt. Von den vielen Adaptionen sticht die des US-amerikanischen Komikers „Weird Al“ Yankovic hervor: Er baut einen Teil von „Shout“ als schräge Parodie in sein Lied „Polka Party“ ein. gf Original: Tears for Fears: „Shout“ (1984, Phonogram/Mercury, Single) Weitere Version: „Weird Al“ Yankovic: „Polka Party“ (1986, Rock ’n Roll, CD) „Oh why, oh why / Sign o’ the times“ aus: „Sign O’ The Times“ von Prince Als Prince Rogers Nelson, wie der in Minneapolis geborene Künstler mit vollem Namen heißt, 1987 sein neuntes Album „Sign O’ The Times“ veröffentlicht, ist er auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt. Er schreibt Hits wie „Manic Monday“ (für The Bangles) und sprüht vor Ideen. Die füllen schließlich ein Doppelalbum und, da es schlichtweg zu viele sind, auch noch diverse Bootlegs (Raubpressungen) und belegen, zu welcher musikalischen Vielfalt Prince fähig ist. Auch auf den vier Seiten von „Sign O’ The Times“ wird das deutlich: Seine Bandbreite reicht von Gospel („The Cross“) über harten Funk („Housequake“) bis zu komplizierten, jazzigen Songs wie „The Ballad Of Dorothy Parker“. Prince komponiert die Songs, spielt alle Instrumente selbst und schreibt sehr unterschiedliche Texte. Sie erzählen nicht nur von Liebe, Lust und Sehnsucht, sondern auch von den Zuständen im Ghetto und – im Titelsong, vorab als 170 Fischer - Welt retten #3.indd 170 20.01.15 13:58 Single veröffentlicht – von Heroin, Aids, Naturkatastrophen und menschlichem Irrsinn. Prince singt von den Zeichen einer unheilschwangeren Zeit: „Wenn du den Fernseher anschaltest, erzählen sie dir dauernd, dass schon wieder jemand gestorben ist.“ Der Künstler listet auf, was die Nachrichten bringen: In Frankreich benutzen ein Mann und seine Freundin die gleiche Nadel, um sich einen Schuss zu setzen. Sie sterben an Aids. In den Ghettos ballern die Kids, wenn sie auf Crack sind, mit Maschinenpistolen herum. Hurrikan Annie zerstört eine Kirche, die Betenden kommen um, und ein Space Shuttle explodiert. Die zerstörerische Zeit macht vor dem eigenen Leben nicht halt: Der Bruder drückt sich Heroin in die Venen, die Schwester hat ihr Baby umgebracht, weil sie es nicht ernähren kann. Das Fazit ist sehr pessimistisch: „Manche sagen, dass ein Mensch erst wirklich glücklich ist / Wenn er wirklich tot ist.“ Hoffnung und Mut fehlen in dieser Generalabrechnung mit der Menschheit völlig. Prince fragt nur fassungslos, warum niemand die Zeichen der Zeit erkennt und etwas gegen die akuten Probleme tut: „Oh why, oh why, sign o’ the times, time, time, sign o’ the times, mess with your mind.“ Begreift man die beiden Platten von „Sign O’ The Times“ als Konzeptalbum, dann kommt der Trost erst auf Seite vier, dafür aber von ganz oben. In „The Cross“ heißt es: „We all have our problems / Some are big and some are small / Soon all of our problems, y’all / Will be taken by the cross“ – und damit wahrscheinlich doch erst nach dem Ende des irdischen Daseins. mp Original: Prince: „Sign O’ The Times“ (1987, Paisley Park, LP) „You load sixteen tons, what do you get / Another day older and deeper in debt“ aus: „Sixteen Tons“ von Tennessee Ernie Ford Als Tennessee Ernie Ford 1955 auf die Idee kommt, eine Version des bereits bekannten „Sixteen Tons“ aufzunehmen, ist er schon ein Star: Seit 1949 feiert der in Bristol/Tennessee – 1927 Schauplatz der ersten Country-Plattenaufnahmen – geborene Künstler Riesenerfolge mit Songs wie „Mule Train“, „The Shot Gun Boogie“ und „The 171 Fischer - Welt retten #3.indd 171 20.01.15 13:58