Programmheft - Murnauer Kammerorchester eV

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Programmheft - Murnauer Kammerorchester eV
Georg Friedrich Händel
* 23. Februar 1685 in Halle
† 14. April 1759 in London
Acis and Galatea
HWV49a (entst. 1718)
Masque (mythologisch-musikalisches Maskenspiel) nach Ovid
Galatea: Christina Arden
Acis: Bernhard Appich
Polyphemus: Benedikt Göbel
Damon: Jutta Bazelt
Sprecherin: Christiane Fänder
Murnauer Kammerorchester:
Jan Nevoigt (Soli), Birte Kutschera, Paula Reichart,
Monika Jung (Soli), Tina Szermin, Gisela Vielhuber, Elisabeth Raab - Violinen
Ursula Sondermann (Soli), Pia Schrank, Reinhild Schupfner - Violoncelli
Markus Zahnhausen, Sjur Haga Bringeland - Blockflöten
Anne Isenberg - Cembalo
Christoph Garbe, Leitung und Cembalo
Textgestaltung: Christiane Fänder, Christoph Garbe
Programmhefttexte: Christoph Garbe
Grafik: Matthias Fänder
Arrangements: Christoph Garbe
40
Jahre · Murnauer
Kammerorchester
www.murnauer-kammerorchester.de
Ort und Zeit der Handlung:
mythische Zeit, Sommer; mythische, mediterrane Landschaft, „sozial“ abgestuft in:
1. Wiesen mit Quellen und Bächen (Welt der Hirten und Nymphen) und
Hainen (als ruhigere Rückzugsorte)
2. Wälder (eine Zwischenwelt)
3. Gebirge (eher einsam, zerklüftet, bedrohlich) mit Vulkan (Sinnbild für Polyphemes)
I. Teil: The Lovers – Die Liebenden
Gezeichnet wird die sommerliche Idylle von glücklichen Nymphen (göttliche Wesen) und Hirten
(sterbliche Menschen). Aber Galatea, eine der Nymphen, ist unglücklich: Ihr Geliebter, Acis, ein
junger Hirte, irrt, sie suchend, durchs Gebirge. Sie finden und lieben sich.
II. Teil: The Monster – Das Ungeheuer
Polypheme, ein riesenhafter Zyklop, bricht – anfangs lebensbedrohlich – in die Idylle ein. Er umwirbt Galatea und wird zurückgewiesen. Acis meint gegen ihn kämpfen zu müssen.
III. Teil: Acis’ Death – Der Tod von Acis
Galatea bittet Acis, nicht zu kämpfen: Ihr, als Nymphe göttlichen Ursprungs, stehen ja noch ganz
andere Kräfte gegen Polypheme zur Verfügung. Polypheme aber tötet Acis mit einem Felsen. Galatea erwacht aus ihrer Trauer und verwandelt den toten Acis unter dem Felsen in eine Quelle,
sein Blut in einen Bach.
Rollen und Charaktere von
„Acis and Galatea“
Acis: Ein junger Hirte, ein schöner Jüngling,
aber eben auch ein sterblicher Mensch. Zwar
scheint es ganz normal zu sein, dass die sterblichen Hirten mit den unsterblichen Nymphen
oder mit Berggeistern Umgang haben (Nr.2
und Nr.5), trotzdem wird Acis von Damon gewarnt, sich nicht zu sehr auf Galatea einzulassen sondern eher Umgang mit seinesgleichen
zu suchen (Nr.6). Damon weiß, dass die kurze
Lebensspanne der Menschen mehr Leid als
Freude bringt (Nr.16) und beschreibt damit
den tragischen Grundkonflikt der Geschichte:
die Liebe zwischen Galatea und Acis kann nicht
gutgehen, sie sind zu verschieden.
Acis weiß selbst, dass er – als Mensch – physisch zu schwach ist, um gegen Polypheme zu
bestehen (Rezitativ vor Nr. 15). Polypheme –
ebenfalls ein Wesen mit übernatürlichen Kräften – tötet interessanterweise Acis deshalb,
weil er so „presumtuous – überheblich/vermessen“ (Nr. 17) ist, sich einzumischen bzw. eine Unsterbliche zu lieben, weil er also seine
natürlichen – und sozialen – Grenzen überschreitet. Aber Acis bleibt gar keine Wahl, weil
seine Gefühle für Galatea stark sind: Das zeigt
er in seiner kriegerischen Arie Nr. 15 „Love
sounds th’alarm“ mit ihren trompetenähnliche Fanfarensignalen, besonders im Mittelteil.
Acis ist physisch schwach und sterblich, aber er
ist emotional stark. Eine große Brücke wird für
diese emotionale Stärke von Händel fast über
das ganze Werk geschlagen zwischen Acis’ musikalisch und textlich wunderschöner LiebesArie Nr. 7 „Love in her eyes“ in Es-Dur und Galateas letzter Arie Nr. 21 „Heart, the seat of soft
delight“, die diese Es-Dur-Tonart aufgreift.
Jetzt, am Schluss des Werkes, kann Galatea den
toten Acis in eine lebensspendende Quelle verwandeln, aber nur aufgrund seiner starken
Liebe, die eben hier auch besungen wird. Quellen werden in der griechischen Mythologie als
heilig verehrt. Acis wird so – wunderbarerweise – göttlich („Acis now a god appears“ sagt der
Schluss-Chor Nr. 22). Die wiederaufgegriffene
Es-Dur-Tonart wirkt nicht nur symbolisch, sondern beim Zuhören unbewusst wie eine starke, besondere (Klang-)Farbe.
Durch Verwandlung und Überwindung seines
Todes wird Acis die eigentliche Hauptfigur des
Stückes.
Galatea: in der griechischen Mythologie sogar
eine Tochter des Meeresgottes Nereus. Wir
müssen sie uns als überirdisch-wunderschöne
Nymphe vorstellen (Nymphen sind nahe am
oder im Wasser zu finden, besonders in Quellen).
Sie wird in Händels Stück immer wieder als
sehr traurig und in dieser Traurigkeit extrem
introvertiert, für andere fast unerreichbar, ja,
nicht ansprechbar gezeichnet: durch das leise,
dünne Klangbild (nur Streicher) für Galateas
Melancholie im Accompagnato-Rezitativ Nr. 3
„Ye verdant plains“ oder in der psychologisch
extremen Nr. 20 „Must I my Acis still bemoan“.
Stark und selbstbewusst erscheint sie gegenüber Polypheme, und sie zweifelt auch in gefährlichen Situationen nicht an ihren Kräften
(Rezitativ vor Nr. 17).
Händel und seine Textdichter ziehen zudem
Bilder von Vögeln zu ihrer Charakterisierung
hinzu: Es gibt einen komischen kleinen Streit
zwischen ihr und den musikalisch-frechen
Nachtigallen, deren Gesang ein Symbol für
schmerzlich-schöne Liebessehnsucht ist, sie
aber in diesem Moment (eben deswegen) einfach nur nervt (Arie Nr. 4 „Hush, ye pretty
warbling choir“). Und das Bild der Taube in der
hocherotischen Nr. 8 „As when the dove“.
Extrem wird der Moment, in dem der Konflikt
zwischen Acis und Galatea einerseits und Polypheme andererseits eskaliert: Das geschieht
im Trio Nr. 17 „The flocks shall leave the mountains“. Ensemblestücke (nicht: Chornummern)
sind in der barocken Oper selten, Arien und Rezitative
sind
für
Emotionen
und
Handlung/Dialoge die Regel. Händel vertont
die gegenseitigen Beteuerungen des Paares
brüchig, ängstlich und doppelbödig, ineinander verzahnt, aneinander geklammert (indem
er die Melodie dissonanzreich, kurzatmig, gestoßen und nervös gestaltet). Es wirkt so, als
wüssten beide um den unausweichlichen Tod
von Acis, und als wüssten beide, dass das, was
sie gerade singen, nicht wahr ist oder sein
kann.
Polyphemes wütende Einwürfe sind nicht einfach eine starke Basslinie zu diesem Duett:
Sein Part zerstört den Gesang der beiden Liebenden immer mehr und lässt das ganze Stück
in dem Ausruf „die! – stirb!“ und in dem auskomponierten Felswurf zusammenbrechen.
Polypheme: Er ist eine der spannendsten, widersprüchlichsten und vielschichtigsten Charaktere in diesem Stück. In der griechischen
Mythologie ist er ein Zyklop, ein einäugiges,
riesiges Ungeheuer, das später von Odysseus
getötet wird. In manchen Fassungen ist er ein
Sinnbild für die Gefahren eines Vulkanes.
Im Chor Nr. 10 „Wretched Lovers“ wird er auch
als bedrohlich angekündigt, Händel zeichnet
Erdbeben und Tsunamis im Klangbild nach sowie Panik und Schock unter den Sängern.
Schon im folgenden Rezitativ „I rage, I melt, I
burn“ aber verwandelt sich Polypheme: Die
Musik ist anfangs noch pompös-gewaltig,
wird dann aber immer leiser, sogar zarter: Offenbar schwächt ihn seine Verliebtheit. Er versucht, seine Kraft (symbolisiert in der Pinie) abzulegen und seiner Sehnsucht durch Flötenspiel (ein Requisit aus der Hirtenwelt!) Ausdruck zu verleihen:
Die Arie Nr. 15 ist ein grotesk-verzerrtes Ständchen: Polypheme versucht, Galatea poetisch zu
umwerben und scheitert kolossal: Er vergreift
sich im Ton, weil er Metaphern für Galateas
Schönheit sucht, die peinlich wirken müssen:
Musikalisch wandelt sich die liebliche Flötenlinie in das Gemecker von Ziegen. Die Streicher
spielen von vorneherein unbeholfene, sperrige
Achtel. (Metaphern sind typisch für barocke
Dichtkunst. Auch Polypheme glaubt, unbedingt welche verwenden zu müssen).
Im folgenden Rezitativ „Whither, fairest“ ist
Polypheme nun kein bedrohliches Ungeheuer
mehr, sondern ein größenwahnsinniger Tolpatsch, eine lächerliche Figur: Er vergleicht
sich mit dem Göttervater Jupiter und stellt
sein barbarisches Leben als königlich dar. Galatea kann sich nur angewidert abwenden.
Doch bei dieser Charakterverwandlung bleibt
es nicht. In der Arie Nr. 13 „Cease to beauty to
be suing“ wird uns nocheinmal ein ganz anderer Polypheme gezeigt: Es ist eine edle, ernste,
männlich-ausdrucksstarke Liebesklage, musikalisch eine der kraftvollsten Arien des ganzen
Stückes.
Der Sängerdarsteller des Polypheme hat mit
dieser Arie Gelegenheit, andere Aspekte seines
Könnens zu zeigen als die, die für die Rolle des
Polypheme zwingend erforderlich sind. Und
der Komponist Händel überrascht, indem er
das barocke Opernschema „Bassist = Bösewicht, Zauberer“ durchbricht und lange, fast
romantische Melodielinien (allerdings nicht
im romantischen legato) für einen Bass
schreibt, wie sie in dieser Zeit eigentlich nur
für hohe Stimmen geschrieben wurden (z.B.
Arie des Acis Nr. 7 „Love in her eyes“).
Damon: Oberflächlich betrachtet ist Damon
nur ein Hirtenkollege von Acis. Der Name „Damon“ aber geht auf „Dämon“ zurück, bzw. auf
das griechische „daimónion“. Wir müssen davon ausgehen, dass Händels Publikum für
„Acis and Galatea“, die Hofgesellschaft des
First Duke of Chandos, Sir James Brydges, sehr
vertraut war mit der altgriechischen Kultur
und Mythologie, also auch mit Sokrates’ Philo-
sophie, in der die innere Stimme des Menschen, sein Gewissen, „daimónion“ genannt
wird.
Damons Aufgabe bei Händel ist es, Acis und
auch Polypheme zu beraten, zu warnen, ihnen
„vernünftigere“ Alternativen zu ihrem Handeln aufzuzeigen, er vertritt die ratio, den „gesunden Menschenverstand“:
Im Rezitativ Nr. 6 „Stay, sheperd, stay!“ und in
der humorvollen Arie Nr. 7 „Sheperd, what art
thou pursuing?“ sagt er Acis im Prinzip: „Schuster, bleib’ bei deinen Leisten“ durch den pragmatischen Hinweis auf den verwahrlosten Zustand von Acis’ Herde, der Existenzgrundlage
eines Hirten, und durch die Aufforderung, das
Leben genauso wie die anderen Hirten zu genießen, also die eigene soziale Schicht nicht zu
verlassen (Galatea als unsterbliche Nymphe
gehört zu den Göttern).
Die Arie Nr. 14 „Would you gain the tender
creature“ lebt von der barocken Situationskomik: Damon erteilt dem tolpatschigen Polypheme eine Lektion in Charme und der Kunst,
höfisch-korrekt eine Dame zu umwerben, er
bringt dem Ungeheuer sozusagen Manieren
bei, gibt ihm Ratschläge von Mann zu Mann.
Die Arie Nr. 16 „Consider, fond sheperd“ aber
ist – im Gegensatz zu den heiter-humorvollen
Arien, die Damon zuvor gesungen hat – eine
tiefernste, fast melancholische Meditation
über Vergänglichkeit und Hoffnung, die barokke vanitas, die über Acis’ Schicksal schwebt wie
ein Damoklesschwert. Die Tonarten dieser
Arie, anfangs G-Dur, und noch extremer das emoll/H-Dur im Mittelteil, sind weit weg von
der idyllischen Grundtonart B-Dur der ersten
Nummern. Sie wirken wie von einem anderen
Planeten. Händel verleiht dem vertonten Text
durch das schwebende Klangbild dieser Arie
große emotionale Tiefe.
Natürlich können weder Acis noch Polypheme
die Ratschläge von Damon umsetzen, weil ihr
Charakter bzw. ihre emotionale Haltung („Affekt“) das nicht zulassen. Genau diese werden
aber durch Damons Widerspruch für das Pu-
blikum umso deutlicher. Damon ist auch musikalisch ein starker Gegenspieler zu den Protagonisten und muss – nach dem Schwierigkeitsgrad der von Händel konzipierten Gesangslinie – von einem einmalig-virtuosen Tenor gesungen worden sein. In späteren Aufführungen hat Händel den Damon dann auch
von einem Knabensopran singen lassen, möglicherweise stand ein geeigneter Tenor nicht
zu Verfügung. Wir besetzen den Damon mit
der Sopranistin Jutta Bazelt, die – als Kontrast
zu den lyrischen, leichteren Stimmen von Galatea und Acis – eher über eine dramatischkräftigere Stimme verfügt.
Der „Chor“: Die Chorpartien sind von Händel
ausgesprochen kompliziert und schwierig gesetzt, hervorstechend ist auch hier wieder die
extrem hohe und virtuose Linie des DamonDarstellers. Gesungen wurden die Chorpartien
bei der Uraufführung – genauso wie in unserer Aufführung – von denselben Sängern, die
auch jeweils solistisch die Arien von Acis, Galatea, Polypheme und Damon gestalteten, aber
sie sind in diesen Chorpartien nicht Acis/ Galatea/ Polypheme/ Damon sondern bilden zusammen eine weitere, eine fünfte Person.
Der „chóros“ als anonyme, die Handlung kommentierende Masse war Bestandteil des antiken Theaters. Die altenglischen Schauspielmusiken vor Händel, die „Masques“ (z.B. Purcells
Musik zu Shakespeares Sommernachtstraum)
greifen diese Funktion des „chóros“ auf, um
dem Publikum Stimmungen, Ambiente, Emo-
tionen, Gedanken oder Meinungen zu übermitteln, die sonst unausgesprochen bleiben
müssten. Oft tut der Chor dies nicht als abstrakte Instanz sondern sozusagen im Gewand
von im Stück auftretenden Gruppen, z.B. hier:
Nymphen und Hirten.
So in der Nr. 2 „O the pleasure of the plains!”:
Nachdem die Nr. 1, die “Sinfonia”, den Abend
mit einem musikalisch-verspielten Feuerwerk
eröffnet (das mit der Handlung nichts zu tun
hat sondern der Hofkapelle des First Duke of
Chandos und dem Komponisten Händel Gelegenheit gibt, ihr Können unter Beweis zu stellen), führt dieser erste Chor in das sommerlicheidyllische Ambiente der Handlung ein. Gleichzeitig ist dieser Chor ein Spiegelbild für das Publikum: Händel komponierte das ganze Stück
für eine Aufführung auf dem Landsitz Cannons.
Die vertonten Sätze könnten auch das Motto für
eine adelige (und elitäre) barocke Hofgesellschaft in „Ferien“-Stimmung sein. Händel fesselt also mit der virtuosen Sinfonia die Aufmerksamkeit seines Publikums, um es mit der
Nr. 2 abzuholen und in die Geschichte zu entführen. Diese Chornummer fordert zusammen
mit der Sinfonia das ganze Ensemble zur Gestaltung eines üppigen Klangbildes in B-Dur, der
positiven Basistonart für das ganze Werk.
Die Nr. 10 „Wretched Lovers“ bedeutet den
Wendepunkt in der Handlung: Händel lässt
den Chor am Anfang als „das Schicksal“ selbst
sprechen (eine häufig anzutreffende, zusätzliche und die Handlung entscheidende allegorische Figur im barocken Drama). Der Urteilsspruch über Acis wird im strengen, polyphonen Renaissanceklangbild verkündet. Mit den
„Behold“-Rufen verändert sich dieses Klangbild: leise aufkommende Panik und Schock
(Pausen!). Polypheme wird in der Ferne gesichtet und kommt immer näher, musikalisch wird
dies gezeichnet durch Intensivierung der Lautstärke und Klangdichte. Der Basssänger beginnt, sich klanglich immer mehr aus dem Ensemble zu lösen. Er wird bereits zum Ende der
Nummer 10 zum bedrohlichen Ungeheuer.
Der Chor reagiert mit Schrecken in den irrationalen „hark!“-Rufen.
Nr. 19 „Mourn, all ye muses!“, unmittelbar
nach Acis’ Tod ist die typische, intensive barokke Darstellung von Trauer: die komplexe und
daher trüb wirkende Tonart f-moll, weinende
Seufzermotive, enge, gequält wirkende, chromatische Linien, Klagerufe, schmerzvolle Dissonanzen bilden ein dichtes, bedrückendes Gesamtklangbild in langsamem Tempo, das eine
intensive Zeitlupe beschreibt: Die Handlung
steht still, die Emotionen verdichten sich.
Das ist nun ein sehr spannender Moment in
diesem Stück: Der Tiefpunkt der Geschichte ist
mit der fast unerträglich-intensiven, allumfassenden Trauer über den Tod der Hauptfigur
Acis erreicht. Was muss nun geschehen, damit
die Handlung weitergehen kann, damit die
Überlebenden aus ihrer Erstarrung erlöst werden können? Händels Lösung, die Nr. 20 „Must
I my Acis still bemoan“, ist überraschend und
intensiv durch ihre Vielschichtigkeit:
Das Klangbild hellt sich zwar auf vom verdichteten f-moll in das scheinbar klare F-Dur. Aber
es ist zuerst ein wahnsinniges, abgehobenes,
entrücktes F-Dur: Die Perspektive wechselt
jetzt von der allgegenwärtigen, allumfassenden Trauer des vorangegangenen Trauerchores Nr. 19 und wir erhalten Einblick in die innersten Gedanken und Gefühle von Galatea,
die ihr selber vielleicht gar nicht bewusst sind.
Alles ist Pianissimo und Adagio, also noch intensiver als in Nr. 19 (von Händel Adagio non
troppo bezeichnet), und in scheinbar einfachem, schmerzlich-schönem Stil vertont.
Galateas Gedanken kreisen in sich – irrational,
schwebend in unbeantworteten Fragen – in
langen Tönen und weitgespannten Melodien.
Gleichzeitig versucht die Außenwelt, der Chor,
zu ihr durchzudringen mit dem beharrlich
wiederholten Impuls „Cease, Galatea, cease to
grieve!“ Musikalisch bringt der Chor jetzt allmählich mehr Bewegung in das Stück und gewinnt Raum. Das F-Dur selber wird wieder das
ursprüngliche, „einfache“, pastorale F-Dur und
führt zurück zu B-Dur, der optimistischen Basistonart des ganzen Stückes (allerdings erst
nachdem die Arie Nr. 21 „Heart, the seat of soft
delight“ das entscheidende Es-Dur wieder aufgegriffen hat).
Im Schluss-Chor „Galatea, dry thy tears“ wird
dieses B-dur erreicht. Ähnlich wie bei den bisher von uns aufgeführten Barockopern „Dido
and Aeneas“ und „Tamerlano“ endet auch dieses Stück nicht in einem Feuerwerk-Finale.
Händel überzeichnet die sanfteren Teile des
Textes nicht mit bombastischen Klangeffekten
sondern vertont noch einmal das sanfte Murmeln des Baches als leise pulsierende Klangfläche.
Das Publikum: Neben Acis, Galatea, Polypheme, Damon, dem chóros und dem Orchester
gehört zu einer Aufführung des 18. Jahrhunderts auch immer das Publikum, und zwar in
einer aktiveren Funktion als wir das heute bei
Aufführungen „klassischer“ Musik kennen. Die
Figuren des Stückes und der chóros kommunizieren miteinander, treten in Beziehung zueinander und kommentieren sich gegenseitig.
Das Orchester intensiviert mit seinen Klangfarben und musikalischen Gesten die Dynamik
der Handlung und die Emotionen der Figuren
und zeichnet ein klangliches Bühnenbild. Alles
wird vom Komponisten, von den Textdichtern
und von den Musikern aber auf ein bestimmtes
Publikum hin zugeschnitten.
Zuerst einmal war dieses Publikum – anfangs
noch der Adel, später immer mehr durchsetzt
vom Bürgertum – in den meisten Fällen der
Auftrags- oder Anlassgeber für die gespielten
Stücke. Komponisten schrieben ihre Werke also für ein bestimmtes Ereignis, für einen bestimmten Raum, eine bestimmte Besetzung
und vor allem für Zuhörer, die sie genau kannten und deren Hörerwartungen und Reaktionen sie einzuschätzen wussten und von denen
sie verstanden werden wollten und verstanden werden mussten.
Diese Zuhörer kannten aber auch ihre Kompo-
nisten genau, waren äußerst aufgeschlossen
gegenüber deren aktuellen Entwicklungen
und stellten hohe Ansprüche an die Musiker:
Sie wollten grundsätzlich nur zeitgenössische
Musik hören und auch davon am liebsten nur
Werke, die noch nicht aufgeführt worden waren. Sie waren selber musikalisch und kompositorisch sehr aktiv, z.T. auf hohem Niveau: Ein
Dilettant, ein Musik-Liebhaber galt sehr viel.
Die gängigen musikalischen Formschemata,
z.B. Rezitativ und Arie, Suite, Sinfonia, Messe,
Sonate, Konzert, Tänze waren ihnen (von klein
auf) bekannt und prägten ihre Erwartungen
an das neue Stück. Vergleichbar ist das in etwa
mit der Form des beruflichen Bewerbungsschreibens heute, die mit bestimmten Erwartungen verknüpft ist. Der Arbeitgeber kann
aber auch positiv überrascht sein, wenn der
Bewerber die Form seiner Bewerbung auf besonders originelle Weise erfüllt, ja, er wird es
vielleicht sogar begrüßen, wenn der Schreiber
von dieser Form abweicht, um besondere inhaltliche Zusammenhänge herauszuarbeiten,
die für die Stellenbesetzung relevant sind.
Genauso ließ sich das Publikum des 18. Jahrhunderts gerne überraschen und belohnte originelle Wendungen und spannende Einfälle
sogar mit Applaus während der Aufführung
oder forderte die spontane Wiederholung eines besonders gelungenen Stückes. Die Komponisten spielten und flirteten also mit den
Hörerwartungen ihres Publikums und setzten
subtile und starke Effekte ein, um zu überzeugen und „Leidenschaften zu erregen“, wie von
den Musikern und Komponisten damals immer wieder gefordert wurde.
Bei einem Stück wie dem heute abend aufgeführten war den Zuhörern die Sage um Acis,
Galatea und Polypheme nicht neu, sie kannten
sie bereits und waren bereit, diese Geschichte
als Metapher für ihre eigene Zeit zu sehen und
sich mit ihr zu identifizieren. Sie waren neugierig darauf, wie und mit welchen musika1)
lisch-emotionalen Mitteln diese Geschichte erzählt werden würde 1). Da der Ausgang der
Handlung bzw. die Spannung, wie sich alles
auflösen würde, keine Rolle spielte, ließ sich
das Publikum gerne von Widersprüchen und
Abweichungen innerhalb der Handlung unterhalten: zum Beispiel Polypheme, der sich
vom bedrohlichen Ungeheuer zum tolpatschigen Liebhaber wandelt, dann in der Arie Nr. 13
„Cease to beauty“ als edle, gekränkten Seele erscheint und im Trio Nr. 17 wieder zerstörerisch
wird. Oder Damon, der als Hirtenkollege und
Ratgeber von Acis mit seiner Arie Nr. 14
„Would you gain“ plötzlich beginnt, Polypheme (Acis Rivale) Ratschläge zu erteilen.
Die Reaktionen
des zeitgenössischen
Publikums
Die musikalische Sprache von Händel und Mozart ist zutiefst emotional. Das ist für uns heute entscheidend, denn sonst hätten wir keinen
Zugang zu einer Musik, die vor fast 300 Jahren
für eine ganz andere Zeit geschrieben wurde.
Wir hätten nichts, womit wir uns identifizieren könnten, und eine Aufführung dieser Musik würde heute keinen Sinn mehr ergeben.
Aber genau in diesem Punkt kommt uns die
Musik Händels und Mozarts entgegen:
Mozart wird 1756, drei Jahre vor Händels Todesjahr 1759 geboren. 1753 formuliert Carl
Phillipp Emanuel Bach, als Cembalist und
Komponist ein wichtiger Impulsgeber für die
Mitte des 18. Jahrhunderts, dass das „Erregen
von Leidenschaften“ im Zuhörer Aufgabe und
Ziel der Musiker sein soll.
Robert Price spricht genau davon, wenn er etwa 1760 rückblickend über Händel notiert:
„Denn obwohl die Entwürfe seiner Phantasie
mehr auf das Großartige und Erhabene als auf
als Gegenteil z.B. der auflösungsorientierte Aufbau eines Filmes wie „The Sixth Sense“
andere Stile hin ausgerichtet waren, so hat er
doch manchmal selbst die italienischen Komponisten im Ausdruck des Leidenschaftlichen und
Pathetischen übertroffen … um alle Seelenbewegungen ausdrücken zu können, die gewaltsamsten Wirkungen von Hass und Verzweiflung.“
E.T.A. Hoffmann, selbst Komponist und Zeitgenosse Mozarts, beobachtet eine intensive Emotionalität in Mozarts „Don Giovanni“: „Das Anschwellen von sanfter Melodie bis zum Rauschenden, bis zum erschütternden des Donners,
die sanften Klagetöne, der Ausbruch der wütendsten Verzweiflung, das Majestätische, das Edle
des Helden, die Angst des Verbrechers, das Abwechseln der Leidenschaften in seiner Seele alles
dieses findest Du in dieser einzigen Musik – sie ist
allumfassend, zeigt Dir den Geist des Componisten in allen möglichen Modifikationen… «Don
Juan» fiel in Wien bei der ersten Darstellung
durch, und es gab wohl viele, die den großen Meister einen Tollhäusler nannten, der nur krauses
Zeug zu machen verstehe, das ohne Sinn und Verstand sei, und das niemand zu spielen vermöge.“
Mozarts Musik scheint in ihrer Intensität, Neuartigkeit und Dichte sogar irritiert und überfordert zu haben. So schreibt z.B. ein Kritiker zu
einer Don-Giovanni-Aufführung, Oktober
1791 („Musikalisches Wochenblatt“): „Nie
kann man in seinen Werken einen Gedanken
finden, den man schon einmal gehört. Unaufhörlich wird man ohne Ruhe und Rast von einem Gedanken zum andern gleichsam fortgerissen…“
Für uns können genau diese Äußerungen negativer Kritik aufschlussreicher sein als lobende Worte: Sie zeigen, wo Mozart beginnt, als
Komponist extrem zu sein in seiner Gestaltung von Emotion. Damit riskierte er, die Erwartungen seiner Zeitgenossen zu stören bzw.
dass der Faden zwischen ihm und seinem Publikum zu reißen beginnt.
Wir teilen heute die Meinung dieser Kritiker
wahrscheinlich nicht. Aber wir können durch
diese Zitate in Mozarts Musik eine Intensität
wiederentdecken, die uns heute verlorenge-
gangen ist, weil wir uns zu sehr an sie gewöhnt
haben.
Selbst der Frankfurter Kritiker Schreiber kann
sich dieser intensiveren Emotionalität offenbar nicht verschließen, wenn er 1789 über eine
Aufführung des „Don Giovanni“ berichtet:
„Wieder eine Oper, die unserem Publikum die
Köpfe schwindeln machte. Viel Prunk und Lärm
für den großen Haufen. Fader Stoff, Abgeschmacktheiten für den gebildeten Teil! Auch
die Musik, zwar groß und harmonisch, aber
mehr schwer und kunstvoll als gefällig. Nicht
populär genug, um allgemeine Sensation zu erregen. Ungeachtet das Ganze eine Mönchsposse
ist, muss ich gestehen, dass die Szene auf dem
Kirchhofe mich mit Grausen ergriff. Mozart
scheint die Sprache der Geister von Shakespeare
gelernt zu haben.“
Wie gerne sich das Publikum andererseits
auch überraschen ließ zeigt folgender Bericht
über ein Konzert des jüngeren Mozarts in der
„Augsburgischen Staats- und Gelehrten-Zeitung“ aus dem Jahr 1777: „Alles war außerordentlich, geschmackvoll und bewundernswert.
Die Komposition gründlich, feurig, mannigfaltig und einfach; die Harmonie so voll, so kräftig,
so unerwartet, so erhebend; die Melodie so angenehm, so tändelnd, und alles so neu; der Vortrag auf dem Forte-Piano so nett, so rein, so voll
Ausdruck, und doch zugleich so außerordentlich geschwinde, dass man kaum wusste, worauf man zuerst merken sollte, und alle Zuhörer
zum Entzücken hingerissen wurden. Man sah
hier Meisterstücke in dem Vortrag, Meisterstükke in den Instrumenten, alles zusammen vereinigt. Eins erhob immer das andere so sehr, dass
die zahlreiche Versammlung über nichts missvergnügt war, dass nicht ihr Vergnügen noch
länger dauerte...“
Aufführungspraxis
für Händel aus Sicht
eines Dirigenten
Auszug aus Nikolaus Harnoncourt:
„Musik als Klangrede“
Schon ein flüchtiger Blick auf das Notenbild
zeigt uns erhebliche Unterschiede in den großen Werken der beiden Zeitgenossen Bach und
Händel. Bachs Musik wirkt wesentlich ausgearbeiteter, seine Mittelstimmen vor allem sind
viel intensiver und selbständiger am musikalischen Geschehen beteiligt als die Mittelstimmen Händels; andrerseits finden wir bei Händel größere melodische Bögen in den Oberstimmen. Im ganzen sind bei Bach sämtliche
Stimmen viel detaillierter ausgearbeitet, alle
Verzierungen ausgeschrieben, ist kein Platz
für Improvisation – bei Händel hingegen ist
der große Bogen stets dem Detail übergeordnet, dieses oft nur angedeutet, manches dem
Interpreten überlassen, natürlich auch die Verzierung von Kadenzen und Dacapos. Die Vorherrschaft des Melodischen bei Händel gegenüber dem stimmig Durchgearbeiteten bei
Bach gibt uns wohl den Schlüssel für eine sinnvolle Interpretation.
Seit Händels Werke wiederaufgeführt werden,
erkannte man mehr und mehr die Möglichkeiten, das Monumentale zu betonen. Gerade die
vorhin beschriebene mehr flächige Kompositionsweise kann eine klangprächtige Interpretation herausfordern. Die durch die Aufführungsart des 19. Jahrhunderts erzielte klangliche Monumentalität wurde ohne weiteres auf
die Substanz der Musik selbst übertragen, die
Tempi wurden zerdehnt, das breit Akkordische
derart hervorgehoben, dass ein primitiv-harmonischer Monumentalstil entstand, von dem
sich der Hörer, ihn bequem genießend, beruhigen lassen kann. Dieser Aufführungsstil wur3)
de bald geradezu als Inbegriff der Barockmusik
empfunden: riesige Klangmassen, die in
prächtigen und sehr einfachen harmonischen
Abfolgen eine Art von kindlicher Feststimmung erzeugen.
Die relativ einfache Faktur, die Dominanz des
Melodischen, die Begleitfunktion der Mittelstimmen weisen schon auf die Klassik hin. Sie
sind sicherlich sozial begründet, ob das dem
Komponisten bewusst war oder nicht. Das Musikleben Englands zur Zeit Händels war wesentlich liberaler als das auf dem Kontinent;
sein Publikum in Oper und Oratorium war das
Volk.3)
Wenn man bei Aufführungen Händelscher
Werke die bekannten Prinzipien damaliger
Aufführungspraxis bezüglich Artikulation, Besetzungsstärke, Tempi, Dynamik, Verzierung
sinnvoll anzuwenden versucht, kommt plötzlich eine schlanke, federnde Musik zum Vorschein. Gerade dadurch wird die Vorherrschaft
des Melodischen sinnvoll, geistloses Pathos
durch klare, leicht fassliche Aussage ersetzt.
Die Musik rückt tatsächlich wie von selbst
mehr in die Nähe der Frühklassiker, ja Mozarts.
Die Kraft dieser Werke liegt noch in der musikalischen Substanz, nicht aber in der Zahl der
Mitwirkenden (Große Orchester wurden nur
bei Freiluftaufführungen oder bei ganz außergewöhnlichen Anlässen oder Bedingungen
eingesetzt.) Es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass er diese kleinen Besetzungen, für
die er komponierte, sozusagen als Provisorium, als Notlösung betrachtete, ja viele Details
sind überhaupt nur in derartiger Besetzung
realisierbar. Die deutliche Artikulation kleiner
Notenwerte, das Wesentliche der Tonsprache
seiner Zeit, ist gerade bei Händels Koloraturen
und sonstigem musikalischen Vokabular wichtig. Alle zeitgenössischen Schulwerke heben
die Wichtigkeit der richtigen Betonung dieser
Klein- und Kleinstphrasen – die sie mit Silben
und Wörtern der Sprache vergleichen – beson-
Allerdings wurde „Acis and Galatea“ für die Hof gesellschaft des First Duke of Chandos, Sir James Brydges, geschrieben.
ders hervor. Bei der praktischen Erprobung
zeigt sich sofort, welch neue Dimensionen sich
dem Musiker und Hörer erschließen, aber
auch, dass diese Art von Artikulation nur in
entsprechend kleiner Besetzung sinnvoll ausführbar ist. Bei größerer Chor- und Orchesterbesetzung verschwimmt wieder alles, oder die
Betonungen wirken penetrant übertrieben
und aufgesetzt. Ähnlich verhält es sich mit den
Tempi: wählt man die überlieferten zügigen
Zeitmaße, braucht man unbedingt einen
schlanken und beweglichen Klangapparat. Die
ideale Klangverschmelzung bei aller erwünschten Deutlichkeit und Durchhörbarkeit
lässt sich überhaupt nur mit den Instrumenten der Zeit realisieren.
Das Ziel der so erarbeiteten Interpretation ist
ein moderner Händel-Stil. Der Hörer muss da-
bei wieder zum aktiven Hörer werden, er wird
nicht mit vorfabriziertem, aber bei genauem
Hinhören undifferenziertem Prachtklangbrei
abgespeist. Die Musik spielt sich also nicht
mehr allein auf dem Podium ab, während sich
der Hörer genießerisch von ihr umspülen lässt,
sondern sie entsteht eigentlich erst im Zusammenwirken von Interpret und Zuhörer im aktiven Verständnis der Klangrede. So scheint mir
die den historischen Voraussetzungen am ehesten entsprechende Interpretation nicht nur
die werkgemäßeste, sondern zugleich auch die
modernste.
Mit freundlicher Genehmigung des Autors,
Copyright 2004, Residenzverlag
Die Künstler
Christina Arden
begann ihr Gesangsstudium an der Musikhochschule in Mannheim und wechselte 2001
an das Richard-Strauss-Konservatorium München in die Klasse von Marilyn Schmiege. Im
Juli 2005 legte sie das Künstlerische Diplom
der Staatlichen Musikhochschule München
im Fach Gesang ab.
Neben diversen Kirchenkonzerten in Messen
und Oratorien von Haydn, Mozart, Schubert
und Bach sowie Liederabenden mit Werken
von Brahms, Schumann, Mendelssohn, Wolf,
Schubert, R.Strauss und Dominick Argento
trat sie als Amor in Glucks Orfeo ed Euridice in
einer Aufführung mit dem Regensburger
Kammerorchester in Freising auf und sang
das Sopransolo in Orffs Carmina Burana und Trionfo di Afrodite in München
sowie in den Opernhäusern von Kairo und Alexandria. Im Herbst 2005 war sie
im Brahms-Requiem mit den Bad Reichenhaller Philharmonikern zu hören.
In den Opernproduktionen des Konservatoriums wirkte sie als Servilia (La Clemenza di Tito von W.A.Mozart), Belinda (Dido and Aeneas von H.Purcell) und
als Tau- und Sandmännchen (Hänsel und Gretel von E.Humperdinck) mit.
Christina Arden absolvierte Lied- und Meisterkurse bei Donald Sulzen, Krisztina Laki, Hilde Zadek und Prof. Charlotte Lehmann.
Bernhard Appich
Der in Augsburg geborene Tenor studierte am
Würzburger Konservatorium Violine und Gesang. Gegen Ende des Studiums entschied
sich der junge Künstler für eine berufliche
Laufbahn als Sänger und trat 1999 in den
Opernchor des Würzburger Stadttheaters ein.
2000 engagierte ihn dann das Staatstheater
am Gärtnerplatz in München als Opernchormitglied mit solistischen Verpflichtungen.
Neben seinem Beruf am Theater ist Bernhard
Appich vor allem als Konzertsänger zu hören.
Schwerpunkt bilden hier die geistlichen Werke von Bach, Händel und Mozart.
Benedikt Göbel
wurde 1982 in Nürnberg geboren und sammelte in seiner
Kind- und Jugendzeit Chorerfahrungen in diversen Ensembles. Noch während seiner Schulzeit begann seine Gesangsausbildung unter Hartmut Elbert mit der Aufnahme in die
Bayerische Singakademie im Jahr 1999. Hier wirkte er solistisch an Projekten wie „Ulysses“ von Reinhard Kaiser und
„Das Jüngste Gericht“ von Dietrich Buxtehude mit.
Seit 2004 studiert er Musik und Mathematik auf Lehramt an
Realschulen und erhält im Rahmen dieses Studiums Gesangsunterricht bei Minari Urano an der Hochschule für
Musik und Theater München. Im Jahr 2005 wirkte er als Solist bei einem französischen Konzert in München mit Werken von Du Mont, Gervais, Rameau und Laland, mit.
Jutta Bazelt
Jutta Bazelt (Sopran) wurde in Mühldorf am Inn geboren und erhielt während ihrer Schulzeit Unterricht in den Instrumenten Klavier, Geige und Blockflöte. Nach dem Abitur studierte sie am Richard-Strauss-Konservatorium Gesang in der Klasse von Jennifer Trost und erhielt dafür ein Stipendium der Karl und Lilly Till Stiftung. Sie
nahm an der Liedklasse von Donald Sulzen, an Operninterpretationskursen bei Prof. Julie Kaufmann, sowie an Projekten der
Opernschule und der Pasinger Fabrik teil (u.a. Gretel in Humperdincks „Hänsel und Gretel“ in München unter Ekkehard
Klemm, szenische Aufführung von Bachs weltlichen Kantaten
in Verona, Clarice in Haydns „Die Welt auf dem Mond“, Dido in
Purcells „Dido und Aeneas“). Während des Studiums absolvierte sie Meisterkurse bei Prof. Kurt Widmer und Prof. Sharon Weller (Basel) in Salzburg, Lörrach und im Rahmen der Academia
Vocalensis Tirolensis in Wörgl, des weiteren nahm sie am
Münchner Sommerkurs für Operninterpretation 2003 teil. Sie
schloss ihre Ausbildung mit dem pädagogischen und künstlerischen Diplom ab. Zur Zeit vervollständigt sie ihre künstlerische Ausbildung bei Tanja d’Althann und absolviert ein
Schulmusik-Studium mit den Fächern Klavier und Querflöte
an der Hochschule für Musik und Theater in München.
Christiane Fänder
erhielt viele Jahre Instrumentalunterricht im Fach Querflöte.
Begleitend zu ihrer Mitwirkung in verschiedenen Chören
und Vokalensembles nahm sie Gesangsunterricht. 2004
Ausbildung zur Berufssprecherin in Wien. Seitdem zahlreiche Produktionen für den Bayerischen Blindenbund, Sprecherstimme für Deutsche Post WorldNet, sowie literarischmusikalische Projekte.
Markus Zahnhausen
Geboren 1965 in Saarbrücken, studierte Blockflöte am
Münchener Richard-Strauss-Konservatorium bei Hermann Elsner sowie Slawische Philologie und Musikwissenschaft an den Universitäten von Trier und München.
Als Blockflötist und Komponist zahlreiche Auftritte, Rundfunk-, Fernseh- und CD-Produktionen, sowie Workshops
und Gastdozenturen in ganz Europa und den USA. 2002
verpflichtete ihn die Hochschule für Musik und Theater in
München als Dozent für Blockflöte. Für sein Schaffen erhielt er den Bayerischen Staatspreis „Villa Concordia“, ein
Stipendium der Millay Colony for the Arts (New York), den
Rodion-Shchedrin-Kammermusikpreis sowie das Musikstipendium der Stadt München.
Sjur Haga Bringeland
wurde 1984 im norwegischen Bergen geboren. Er erhielt seinen
ersten Klavierunterricht mit 6 Jahren, den ersten Blockflötenunterricht mit 15 Jahren. Er absolvierte das Städtische Musikgymnasium seiner Heimatstadt, wo er heute an der Grieg-Akademie
Blockflöte bei Frode Thorsen studiert. Seit 2002 verbinden ihn eine enge Zusammenarbeit und private Blockflötenstudien mit
Markus Zahnhausen. Sjur Haga Bringeland ist Gründer und Leiter
des Bergener Barockensembles „Musici Holbergenses“.
Christoph Garbe
Als Kind sang Christoph Garbe im Tölzer Knabenchor, oft
auch als einer der Drei Knaben in Mozarts Zauberflöte.
Danach begann er, Klavier und Cello zu spielen. Bei Ulrich Weder am Richard-Strauss-Konservatorium in München und bei Johannes Schlaefli an der Musikhochschule Zürich studierte er Dirigieren, bei Wilfried Hiller Komposition. Auftragswerke, z.B. vom Bayerischen Rundfunk, vom Amatiensemble München, vom Kulturförderkreis Gasteig e.V., Zusammenarbeit als Dirigent und
Komponist mit verschiedenen Ensembles in und um
München. 2002/03 Stipendiat des Bayerischen Kultusministeriums in der Villa Concordia, Bamberg. 2003 Assistenz für Musiktheater an der Musikhochschule München. CD’s: „Fanfaren – 100 Jahre Deutsches Museum“ (als Dirigent) und
„einmal anders“ Cavalli Records/Edition Villa Concordia (Klavier solo). Christoph Garbe leitet
seit September 2001 das Murnauer Kammerorchester.
„Acis and Galatea“
Libretto von John Gay /Alexander Pope
Übersetzung von Christoph Garbe
1. Sinfonia
I. Teil: The Lovers – Die Liebenden
2. Chorus
2. Chorus
O the pleasure of the plains!
Happy nymphs and happy swains,
Harmless, merry, free and gay,
Dance and Sport the hours away.
Welch’ Vergnügen hier auf den Wiesen!
Glückliche Nymphen, glückliche Burschen,
unbeschwert, vergnügt, frei und lebenslustig, im Tanzen und Herumtollen verfliegen
die Stunden.
For us the zephyr blows,
For us distills the dew,
For us unfolds the rose,
And flow’rs display their hue.
For us the winters rain,
For us the summers shine,
Spring swells for us the grain,
And autumn bleeds the vine.
Für uns (nur) weht der Wind,
für uns (nur) perlt der Tau,
für uns (nur) blüht die Rose,
und Blumen zeigen alle ihre Farben.
Für uns (nur) fällt Regen im Winter,
für uns (nur) strahlt die Sommersonne,
das Korn sprießt für uns im Frühjahr,
und im Herbst Wein wie Blut.
3. Recit. (Galatea)
3. Accompagnato (Galatea)
Ye verdant plains and woody
mountains,
Purling streams and bubbling
fountains,
Ye painted glories of the field,
Vain are the pleasures which we yield;
Too thin the shadow of the grove,
Too faint the gales, too cool my love.
Ihr grünen Wiesen, bewaldete Berge, murmelnde Bäche und sprudelnde Quellen, alle
Herrlichkeit der Gegend, schön wie gemalt,
eitel und ganz umsonst sind die Vergnügungen, die man hier ernten (genießen) kann.
4. Air (Galatea)
4. Arie (Galatea an die Nachtigallen)
Hush, ye pretty warbling choir!
Your thrilling strains
Awake my pains,
And kindle fierce desire.
Psst! Seid leise, ihr, die ihr so hübsch im Chor
trällert! Euer hinreißendes Lied weckt meinen Schmerz und entfacht heftiges Verlangen.
Cease your Song, and take your flight,
Bring back my Acis to my sight!
Hört auf mit Eurem Lied und fliegt los,
Bringt mir meinen Acis zurück, ich will ihn
sehen.
5. Air (Acis)
5. Arie (Acis, durchs Gebirge irrend)
Where shall I seek the charming fair?
Direct the way, kind genius of the mountains!
Wo soll ich die bezaubernde Schöne suchen?
Zeige mir den Weg, freundlicher Geist der
Berge!
Zu dünn auch der Schatten (hier) im Hain,
um dem Sturm (in mir) die Kraft zu nehmen,
um meine Liebe zu kühlen.
0 tell me, if you saw my dear,
Seeks she the groves, or bathes in crystal
fountains?
O sag’ mir, wenn Du meine Liebste gesehen
hast, sucht sie die Haine auf, oder badet sie
in kristallklaren Fontänen?
Recit. (Damon)
Rezitativ (Damon)
Stay, shepherd, stay!
See, how thy flocks in yonder valley stray!
What means this melancholy air?
No more thy tuneful pipe we hear.
Halt an, Schäfer, bleib’! Schau’ wie deine Herde dort drüben im Tal herumstreunt! Was
soll dein melancholisches Lied? Wir hören
deine schönen (schöneren) Flötenmelodien
nicht mehr.
6. Air (Damon)
6. Arie (Damon)
Shepherd, what art thou pursuing?
Heedless running to thy ruin;
Share our joy, our pleasure share!
Schäfer, wem oder was jagst du da hinterher? Kopflos läufst in dein Verderben.
Sei (doch) mit uns zusammen fröhlich und
vergnügt!
Leave thy passion till tomorrow,
Let the day be free from sorrow,
Free from love, and free from care!
Für heute lass’ ab von Deiner Leidenschaft,
lass’ diesen Tag frei sein von Kummer, frei
von (deinen) Liebe(sgeschichten), frei von
Sorge!
Recit. (Acis)
Rezitativ (Acis)
Lo! hear my love!
Turn Galatea, hither turn thine eyes;
See, at they feet the longing Acis lies!
Schau’ hierher, meine Liebe! Hierher, Galatea, richte deinen Blick; Siehe, zu Deinen Füßen liegt Acis, voller Sehnsucht!
7. Air (Acis)
7. Arie (Acis, Galatea betrachtend)
Love in her eyes sits playing,
And sheds delicious death;
Love in her lips is straying
And warbling in her breath!
Liebe spielt in ihren Augen
und versprüht den köstlichsten Tod,
Liebe irrt auf ihren Lippen umher
und bebt in ihrem Atem.
Love on her breast sits panting,
And swells with soft desire;
No grace, no charm is wanting,
To set the heart an fire.
Liebe pocht in ihrer Brust
und wächst mit leisem Verlangen;
alle Anmut, jeder Zauber
um das Herz in Brand zu stecken.
Recit. (Galatea)
Rezitativ (Galatea)
Oh! didst thou know the pains of absent
love,
Acis would ne’er from Galatea rove.
Oh, hättest du gewusst wie qualvoll es ist,
wenn der/die Geliebte nicht da ist,
du hättest mich nie allein gelassen.
8. Air (Galatea)
8. Arie (Galatea)
As when the dove
Laments her love,
All on the naked spray;
[…so qualvoll wie wenn…]
Eine Taube verharrt auf kahlem Zweige in
Liebesklage;
When he returns,
No more she mourns,
But love the live-long day.
(Aber) wenn er zurückkommt, dann gibt es
nichts mehr zu trauern sondern sie liebt den
ganzen, lieben langen Tag.
Billing, cooing,
Panting, wooing,
Melting murmurs fill the grove,
Melting murmurs, lasting love.
Schnäbeln, Gurren,
Keuchen, Werben,
schmachtendes Murmeln erfüllt den Hain,
Stunden der Liebe.
9. Duet (Galatea and Acis)
9. Duett (Galatea und Acis)
Happy we!
Wir Glücklichen!
What joys I feel!
What charms I see!
Of all youth, thou dearest boy!
Of all nymphs, thou brightest fair!
Thou all my bliss, thou all my joy!
Welche Freuden fühle ich!
Welche Reize erlebe ich!
Von allen Jünglingen –
du liebster Mann!
Von allen Nymphen – du strahlendste Schöne! Du – all’ mein Glück, Du – meine ganze
Freude!
[1. Pause]
II. Teil: The Monster – Das Ungeheuer
10. Chorus
10. Chor
Wretched lovers! Fate has passed
This sad decree: no joy shall last.
Wretched lovers, quit your dream!
Ihr elenden Liebenden! Das Schicksal sprach
dieses traurige Urteil: Keine Freude soll von
Dauer sein. Ihr elenden Liebenden, gebt euren Traum auf!
Behold the monster Polypheme!
See what ample strides he takes!
The mountain nods, the forest shakes:
The waves run frightened to the shores:
Hark, how the thund’ring giant roars!
Schaut! Das Monster Polypheme! Seht mit
welch’ riesigen Schritten er sich nähert! Der
Berg neigt sich, der Wald wird erschüttert:
Wie in Panik stürzen die Wellen auf die Küste: Hört, wie der donnernde Riese brüllt!
11. Recit. (Polyphemus)
11. Accompagnato (Polypheme)
I rage, I melt, I burn!
Ich tobe, ich rase, ich wüte! Ich schmelze dahin, ich brenne! Der schwächste der Götter
[der Liebesgott] hat in mein Herz gestochen!
The feeble god
has stabb’d me to the heart.
Thou, trusty pine,
Prop of my god-like steps, I lay thee by!
Bring me a hundred reeds of decent growth,
Du treuer Pinienbaum, (bisher) Stütze für
meine göttlichen Schritte, hier lege ich Dich
nieder!
In soft enchanting accents
let me breathe
Verwandle dich in hundert anständig gewachsene Rohrpfeifen, so dass ich für meinen geräumigen Mund (mein großes Maul)
eine Flöte habe;
Sweet Galatea’s beauty, and my love.
Sanfte, bezaubernde Tönen will ich hinein-
To make a pipe for my capacious mouth;
blasen, um die Schönheit der süßen Galatea
und meine Liebe zu besingen.
12. Air (Polyphemus)
12. Arie (Polypheme)
O ruddier than the cherry,
O sweeter than the berry,
O nymph more bright
Than moonshine night,
Like kidlings blithe and merry!
Oh röter als die Kirsche,
Oh süßer als die Beere,
Oh Nymphe, heller
als die Mondscheinnacht,
wie Zicklein, munter und fröhlich!
Ripe as the melting cluster,
No lily has such lustre;
Yet hard to tame
As raging flame
And fierce as storms that bluster!
Reif wie weiche Trauben,
keine Lilie hat solch’ einen Glanz,
doch bisher schwer zu zähmen
wie tobende Flammen,
und wild wie Stürme die toben!
Recit. (Polyphemus, Galatea)
Rezitativ (Polypheme, Galatea)
(Polyphemus)
Whither, fairest, art thou running,
Still my warm embraces shunning?
Polypheme:
Wohin, du Schönste, rennst du denn?
Immer noch weichst du meinen warmen
Umarmungen aus!
(Galatea)
The lion calls not to his prey,
Nor bids the wolf the lambkin stay.
Galatea:
Der Löwe ruft nicht seine Beute an,
auch der Wolf bittet das Lämmlein nicht, zu
bleiben
(Polyphemus)
Thee, Polyphemus, great as Jove,
Calls to empire and to love,
To his palace in the rock,
To his dairy, to his flock,
To the grape of purple hue,
To the plum of glossy blue,
Wildings, which expecting stand,
Proud to be gather’d by thy hand.
(Galatea)
Of infant limbs to make my food,
And swill full draughts of human blood!
Go, monster! bid some other guest:
I loathe the host, I loathe the feast!
Polypheme:
Dich ruft Polyphemus, groß wie Jupiter,
mit ihm zu herrschen, ihn zu lieben,
er ruft dich in seinen Felspalast,
zu seiner Molkerei, zu seiner Herde,
zu den purpurfarbenen Früchten,
zu den glänzend blauen Pflaumen,
zu all’ den Pflanzen, die nur darauf warten,
gepflückt zu werden.
Galatea:
Meine Mahlzeiten sollen die Gliedmassen
von Kindern sein, und Menschenblut soll ich
saufen?
Geh’, du Scheusal! frag’ jemand anderes: ich
ekele mich vor so einem Gastgeber, und so
eine Einladung widert mich an!
13. Air (Polyphemus)
13. Arie (Polypheme)
Cease to beauty to be suing,
Ever whining love disdaining.
Lauf’ nicht schönen Frauen hinterher, die dich
nur verachten, wenn du vor Liebe winselst.
Let the brave their aims pursuing,
Still be conq’ring, not complaining.
Ein starker Mann verfolgt seine Ziele und gewinnt, aber er beschwert sich nicht.
14. Air (Damon)
14. Arie (Damon)
Would you gain the tender creature,
Softly, gently, kindly treat her:
Suff’ring is the lover’s part;
Wenn du ein so zartes Geschöpf für dich gewinnen willst, dann musst du sie schon
sanft, freundlich und gut behandeln: Dass
sie dich dabei (etwas) leiden lässt, das gehört
schon dazu;
Beauty by constraint possessing
You enjoy but half the blessing,
Lifeless charms without the heart.
Wenn du versuchst, sie zu zwingen, zu drängen, dann wirst du aber nur halb glücklich
werden; das hat (dann aber) weder Zauber
noch Herz.
Recit. (Acis)
Rezitativ (Acis)
His hideous love provokes my rage;
Weak as I am, I must engage!
Inspir’d with thy victorious charms,
The god of love will lend his arms.
Seine scheußliche Liebe reizt mich
bis auf Blut; So schwach/wenig gewachsen
ich ihm bin, ich muss ein-/angreifen!
Von deiner (Galateas ) Schönheit überwältigt, muss (ja sogar) der Liebesgott mir Kraft
verleihen.
15. Air (Acis)
15. Arie (Acis)
Love sounds th’alarm,
And fear is a flying!
When beauty’s the prize,
What mortal fears dying?
Die Liebe ruft zum Kampf (wie ein Trompeter
zur Schlacht), und die Furcht schwindet!
Wenn es um (solch’ eine) Schönheit geht,
was ist dagegen die Todesangst der Sterblichen?
In defence of my treasure,
I’d bleed at each vein;
Without her no pleasure
For life is a pain.
Mein ganzes Blut würde ich geben
Um meine Geliebte zu verteidigen;
Ohne sie gäbe es keine Freude mehr,
das Leben wäre eine Qual.
[2. Pause]
III. Teil: Acis’ Death – Der Tod von Acis
16. Air (Damon)
16. Arie (Damon)
Consider, fond shepherd,
How fleeting’s the pleasure,
That flatters our hopes
In pursuit of the fair!
Bedenke, mein lieber Hirte, wie flüchtig das
Vergnügen ist, das sich unseren Hoffnungen
einschmeichelt bei unseren Bemühungen
um das Schöne!
The joys that attend it,
By moments we measure,
But life is too little
To measure our care.
Die Freude, die wir gewinnen, messen wir
(nur) in Augenblicken, unser ganzes Leben
aber ist zu kurz, um das (ganze) Ausmaß unserer Sorge zu begreifen.
Recit. (Galatea)
Rezitativ (Galatea zu Acis)
Cease, O cease, thou gentle youth,
Trust my constancy and truth,
Trust my truth, and pow’rs above,
The pow’rs propitious still to love!
Nicht! Du sanfter Jüngling, lass’ ab.
Verlass’ dich auf meine Standhaftigkeit und
Treue, vertrau’ mir und (meiner) göttlicher
Macht, den Kräften, die unserer Liebe noch
immer gewogen sind!
17. Trio (Acis, Galatea, Polypheme)
17. Trio (Acis, Galatea, Polypheme)
(Galatea, Acis)
The flocks shall leave the mountains,
The woods the turtle dove,
The nymphs forsake the fountains,
Ere I forsake my love!
Acis, Galatea:
Eher sollen die Herden die Berge verlassen
und die Turteltaube das Gehölz,
eher weichen die Nymphen von ihren Quellen als ich von meiner Liebe!
(Polyphemus)
Torture! fury! rage! despair!
I cannot, cannot bear!
Polypheme:
Folter! Raserei! Zorn! Verzweiflung!
Ich kann das unmöglich ertragen!
(Galatea, Acis)
Not show’rs to larks so pleasing,
Not sunshine to the bee,
Not sleep to toil so easing,
As these dear smiles to me.
Galatea, Acis:
(Kühle) Regenschauer können die
Seen erquicken, Sonnenstrahlen können die
Biene wärmen und Schlaf kann Mühe lindern – aber dieses liebe Lächeln berührt
mich tiefer.
(Polyphemus)
Fly swift, thou massy ruin, fly!
Die, presumptuous Acis, die!
Polypheme:
Fliege schnell, du schwerer Felsbrocken, flieg!
Stirb, hochmütiger Acis, stirb!
Recit. (Acis)
Rezitativ (Acis)
Help, Galatea! help ye parent gods!
And take me dying to your deep abodes.
Hilf’, Galatea, helft, Ihr (ihr verwandten) Götter! Und geleitet mein Sterben
in Eure tiefe Heimat (die Unterwelt).
20. Chorus
20. Chor
Mourn, all ye muses!
weep all ye swains!
Tune your reeds to doleful strains!
Groans, cries and howlings fill the
neighb’ring shore:
Ah, the gentle Acis is no more!
Trauert, all’ ihr Musen (Nymphen), weint, all’
ihr Burschen (Schäfer)!
Stimmt Klageweisen an
auf euren Flöten!
Stöhnen, Schreie und Heulen überall:
Ah, der sanfte Acis ist nicht mehr!
21. Solo (Galatea) & Chorus
21. Solo (Galatea) & Chor
(Galatea)
Must I my Acis still bemoan,
Inglorious crush’d beneath that stone?
Galatea:
Muss ich immer und immer meinen Acis beweinen, ihn, der so gemein unter diesem Felsen zermalmt liegt?
(Chorus)
Cease, Galatea, cease to grieve!
Bewail not whom thou canst relieve.
Chor:
Galatea, lass’ ab von deinem Kummer,
beklage nicht den, für den jede Rettung zu
spät kommt.
(Galatea)
Must the lovely charming youth
Die for his constancy and truth?
Galatea:
Muss dieser wunderbare, bezaubernde Jüngling denn wirklich für seine Standhaftigkeit
und Treue sterben?
(Chorus)
Call forth thy pow’r, employ thy art,
The goddess soon can heal thy smart.
Chorus:
Rufe deine Macht, nutze deine Zauberkraft,
das Göttliche in dir kann deinen Schmerz
heilen.
(Galatea)
Say what comfort you can find?
For dark despair o’erclouds my mind.
Galatea:
Sagt, welchen ein Trost gibt es noch?
Denn dunkle Verzweiflung überschattet
meinen Geist.
Recit. (Galatea)
Rezitativ (Galatea)
’Tis done: thus I exert my pow’r divine;
Be thou immortal, tho’ thou art not mine!
Es ist vollbracht: so handle ich mit meiner
göttlichen Macht. Sei du unsterblich, wenn
du auch nicht mein sein kannst!
22. Air (Galatea)
22. Arie (Galatea)
Heart, the seat of soft delight,
Be thou now a fountain bright!
Purple be no more thy blood,
Glide thou like a crystal flood.
Herz, Heimat sanfter Freude,
sei nun eine helleuchtende Quelle!
Purpurfarben soll dein Blut nicht mehr sein,
fließe dahin wie kristallklare Flut.
Rock, thy hollow womb disclose!
The bubbling fountain, lo! it flows;
Fels, öffne deinen Schoß!
Die sprudelnde Quelle, seht! Sie fließt;
Through the plains he joys to rove,
Murm’ring still his gentle love.
So wird er gerne seinen Lauf durch die Wiesen nehmen, und immer noch wird er von
seiner sanften Liebe murmeln.
23. Chorus
23. Chorus
Galatea, dry thy tears,
Acis now a god appears!
See how he rears him from his bed,
Trockne deine Tränen, Galatea,
als Gott erscheint nun Acis! Sieh, wie er sich
von seiner Ruhestätte erhebt,
See the wreath that binds his head.
Sieh, das Blumengewinde, das sein Haupt
krönt.
Heil dir, du freundlich murmelnder Bach,
den Hirten spendest du Freude, die Musen
werden dich besingen, so wirst du wohl deinen Lauf durch die Wiesen nehmen und immer noch von deiner sanften Liebe murmeln.
Hail thou gentle murm’ring stream,
Shepherds pleasure, muses’ theme!
Through the plains still joy to rove,
Murm’ring still thy gentle love.