Kerstin Hinrichsen: Regionales Erinnern in der Ziemia Lubuska

Transcription

Kerstin Hinrichsen: Regionales Erinnern in der Ziemia Lubuska
Kerstin Hinrichsen: Regionales Erinnern in der Ziemia Lubuska nach 1945 (Exposé)
Als Folge der durch die Alliierten beschlossenen Westverschiebung Polens wurden die östlich
der Oder gelegenen Teile Brandenburgs nach dem Zweiten Weltkrieg zur westpolnischen
Ziemia Lubuska (Lebuser Land). Die deutsche Bevölkerung wurde ausgesiedelt und polnische
BürgerInnen aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten und aus Zentralpolen angesiedelt.
Die polnischen Behörden sahen sich in den folgenden Jahren der schweren Aufgabe
gegenüber gestellt, die Ziemia Lubuska und die anderen ehemals deutschen Gebiete im
Norden und im Westen in den polnischen Staat zu integrieren.
Die offizielle Beschäftigung mit der Geschichte war in dieser Region stark geprägt durch den
Mythos der „Wiedergewonnenen Gebiete“ sowie die anti-deutsche Propaganda der
Volksrepublik Polen. Mit der Zulassung regionaler Vereine begannen seit 1956 einige
BewohnerInnen, sich weniger aus politischen Gründen als vielmehr aus reinem Interesse
intensiv mit der regionalen Geschichte der Ziemia Lubuska auseinanderzusetzen. War diese
Beschäftigungen zunächst stark vom West-Institut in Poznań ausgegangen, so verlagerte sich
der Schwerpunkt der Regionalforschung seit den 1960er Jahren insbesondere auf die
regionalen Zentren Zielona Góra und Gorzów. Spätestens ab den 1970er Jahren ist auch ein
Interesse an der nicht-polnischen Geschichte der Ziemia Lubuska zu verzeichnen, welche in
die offizielle Geschichtsschreibung der Volksrepublik Polen keinen Eingang fand.
Thema meiner Arbeit soll es sein, diese – bislang von der Forschung nur wenig beachteten –
Entwicklungen zu untersuchen. Dafür sollen Individuen und regionale Initiativen, die sich
frühzeitig für die (auch nicht-polnische) Geschichte der Ziemia Lubuskas interessiert und sie
erforscht haben, herausgestellt und ihre Motivationen, Aktivitäten und die daraus
resultierenden Veränderungen anhand der Leitbegriffe des Regionalismus und des Erinnerns
analysiert werden.
Der zeitliche Schwerpunkt der Forschung liegt auf den 1960er bis 1980er Jahren, wobei die
Arbeit in den Kontext der gesamten polnischen Nachkriegsgeschichte sowie der Geschichte
der deutsch-polnischen Beziehungen nach 1945 eingeordnet werden soll. Ein abschließender
Blick auf die Zeit von 1989 bis heute soll Aufschluss geben über einen möglichen
Zusammenhang zwischen der frühen Beschäftigung mit der regionalen Geschichte und
aktuellen grenzüberschreitenden Aktivitäten. Räumlich wird die Untersuchung durch die
Grenzen des heutigen Województwo Lubuskie (Woiwodschaft Lebuser Land) bestimmt.
Die Arbeit basiert vorwiegend auf polnischem und deutschem Archivmaterial. Wichtige
Primärquellen stellen dabei die offizielle Presse sowie die Untergrundpublikationen,
Schulbücher und Reiseführer, das Rocznik Lubuski (Lebuser Jahrbuch), die Zeszyty Lubuskie
(Lebuser Hefte) und Dokumentationen lokaler und regionaler Kultur- und
Wissenschaftsvereine sowie Museen dar. Nicht zuletzt bietet sich für dieses Thema auch die
Durchführung von Interviews mit BewohnerInnen der Region im Rahmen der Methode der
Oral History an.