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Jahrbuch 2003/2004 | Büchner, Achim R. | Studie des W ärmeübergangs zw ischen einer Schmelze und
metallischen Substraten in einer Zw eirollengießanlage
Studie des Wärmeübergangs zwischen einer Schmelze und
metallischen Substraten in einer Zweirollengießanlage
Study of heat transfer between steel melt and metallic substrate in a
twin roll caster
Büchner, Achim R.
Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH, Düsseldorf
Korrespondierender Autor
E-Mail: [email protected]
Zusammenfassung
Das Dünnbandgießen von Stahl mit einer Zw eirollenanlage w ird als zukunftsw eisende Entw icklung angesehen.
Der W ärmekontakt zw ischen Material und Rolle ist von ganz w esentlichem Einfluss; er w urde hier in
Abhängigkeit von verschiedenen Versuchsparametern untersucht. Die Resultate w erden bei der praktischen
Umsetzung des Dünnbandgießprozesses Bedeutung haben.
Summary
Thin strip casting of steel w ith a tw in roller is a promising development in steel production. The heat transfer
betw een material and rolls is a basic process; it w as studied in dependence on several influencing
parameters. The results w ill be of importance in industrial realisation of the thin strip casting process.
Einleitung
Das Dünnbandgießen von Stahl w ird seit etw a 20 Jahren intensiv w eltw eit untersucht [1, 2], w eil man sich
davon große Einsparungen an Energie (Umw eltbelastung) und Maschinen (Investitionen) verspricht. Das
Prinzip w ird in Abbildung 1 gezeigt. Die Technik ist nun am Beginn der industriellen Nutzung [3, 4]. Trotzdem
gibt es eine große Zahl von Teilproblemen, die w eiterhin der Unterstützung der Grundlagenforschung
bedürfen.
Der Bandbildungsvorgang hängt vom W ärmeübertrag vom Material in die Rollen im Poolbereich ab. In dieser
Arbeit
w ird
untersucht,
w ie
beim
Kontakt
zw ischen
Stahlschmelze
und
den
Rollen
der
W ärmeübergangskoeffizient von den Parametern Schmelzenmaterial, Substratmaterial, Substratrauhigkeit und
relative Schmelze-Substrat-Geschw indigkeit abhängt.
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P rinzipbild e ine s Zwe irolle ngie ße rs; 1 Induk tionsofe n; 2
Tundish, 3 Gie ßdüse , 4 Schm e lze , 5 e rsta rrte Ha lbscha le n, 6
ge ge nlä ufig rotie re nde R olle n, 7 fe ste s Ba nd, 8 P yrom e te r;
de r P ool wird ge ge n se itliche s Ausla ufe n durch nicht ge ze igte
Ke ra m ik -Se ite npla tte n a bge dichte t.
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Experimente
Für die Zw eirollengießversuche w urde eine kleine Laboranlage eingesetzt, siehe Abbildung 1. Die Rollenbreite
ist 6,5 cm, der Rollendurchmesser 2 R = 30 cm; die Oberflächen-(=Band-)geschw indigkeit v lag bei 16 bzw . 25
cm/sec. Die Kraft zw ischen den Rollen lag bei 5 kN. Etw a 10 kg Schmelze w urden über das Tauchrohr zw ischen
die Rollen eingebracht. Es w urden etw a 10 m Band mit einer Dicke um 2 mm erzeugt. Es w urden zw ei C-arme
Stähle (ähnlich St 14) vergossen; die Zusammensetzungen w aren: 0,08 % C; 0,4 % Mn; 0,05 % Al; 0,01 % S;
0,01 % P; 0 % oder 0,07 %Ti. Die Rollen w aren aus den Materialien Stahl 1.2344 (hochw armfester Stahl) und
CuNi3Si. Da die Rollenrauhigkeit R(a) den W ärmekontakt beeinflusst, w urden Versuche mit R(a) = 1 bzw . 7 μm
gemacht.
Um detailliertere
Informationen über den W ärmefluss
in die
Rollen hinein zu erhalten, w urde
ein
Thermoelement 1 mm unter der Rollenoberfläche positioniert und der Temperatur-Zeit-Verlauf w ährend des
Durchlaufens durch den Pool registriert (500 Messw erte je Sekunde). Die Thermoelemente w urden elastisch
an die Kontaktflächen gedrückt, um trotz thermischer Dehnungen einen konstanten Andruck zu gew ährleisten.
Modellvorstellung zum Wärmeübergangskoeffizienten
Wenn eine Schmelze mit einem Substrat in W ärmekontakt tritt, so ist dieser Kontakt nicht ideal, und die
Grenzfläche bietet einen erheblichen W ärmew iderstand [2, 5]. Dieser w ird charakterisiert durch den
W ärmeübergangskoeffizienten α. Sind nur dünne Schichten erstarrt (w ie hier, im mm-Bereich), so ist der
Grenzflächenw iderstand dominant, und es kommt an der Grenzfläche zu einem Temperatursprung (T(oben) T(unten)). Diese Differenz kann nach [2] berechnet w erden. Für die W ärmeflussdichte dq/dt gilt: dq/dt =
α(T(oben) - T(unten)). Bei geringer Schmelzenüberhitzung geht man davon aus, dass α hauptsächlich
zw ischen der festen, erstarrten Halbschale und der Substratoberfläche zu betrachten ist.
Als allgemein akzeptiert gilt im Mikromaßstab eine Grenzflächengeometrie, w ie sie in Abbildung 2 [2] gezeigt
ist. Es gibt Gastaschen, deren Ausbildung durch die Oberflächenrauhigkeit, aber auch durch langreichw eitige
w esentlich höhere Abhebungen erfolgen kann. Es gibt Metallbrücken, deren gesamte Berührfläche durch
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w esentlich höhere Abhebungen erfolgen kann. Es gibt Metallbrücken, deren gesamte Berührfläche durch
Andruck und plastisches Fließen (vornehmlich des heißeren Gießmaterials) erhöht w erden kann. Schließlich gibt
es bei den Temperaturen im Pool einen nennensw erten Strahlungsbeitrag, der zu einem typischen Wert von
α(Strahlung) = 0,03 W /cm2 K abgeschätzt w ird und auch bei großen Abhebungen nicht unterschritten w ird, w eil
er distanzunabhängig ist.
P rinzipbild zur W ä rm e übe rtra gung zwische n fe ste n Körpe rn
[2]; da = Me ta llbe rührflä che n; λ = W ä rm e le itfä higk e it.
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Ermittlung von Wärmeübergangskoeffizienten
Methode 1: α-Bestimmung als Mittelw erte über Zeit und Ort
Beim
Zw eirollengießprozess
gibt
es
eine
recht
sichere
Aussage
über
den
mittleren
W ärmeübergangskoeffizienten ; man kennt über eine Poolhöhenbeobachtung (nach dem Versuch kann man
an den Seitenplatten Verfärbungen sehen, die die höchste Position des Pools abbilden) die Berührlänge (->
Berührzeit), und man w eiß, eine w ie dicke Schicht (halbe Banddicke) in der Berührzeit erstarrt. Nach der
Prozessbeschreibung in [2] kann man aus diesen Größen errechnen; ist dabei ein Mittelw ert über die gesamte
Poolberührfläche von 100-200 cm2 und die Berührzeit von z.B. 0,5 sec.
Methode 2: Lokale α-Bestimmung; Mittelw ert über die Berührzeit
Diese
Methode
nutzt Informationen aus
der Temperaturmessung
mit dem in der Rolle
platzierten
Thermoelement aus, dessen Messfleck nur etw a 1 mm2 groß ist. Hierbei w ird also lokal gemessen, jedoch
erhält man w eiterhin einen Mittelw ert über die Poolberührzeit.
Die gesamte Temperatur-Zeit-Messkurve des Thermoelements w ird z. B. in Abbildung 3 (oben) gezeigt. Die 12
Zacken entsprechen 12 Durchläufen des Thermoelements durch den Pool. Die Anstiegsflanken gehören zum
W ärmezufluss w ährend des Pooldurchlaufens, die hinteren Flanken entsprechen dem W ärmeabfluss in die
Rolle hinein w ährend der restlichen Rollenumdrehung.
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Ze itk urve n e ine s Gie ßve rsuche s im Zwe irolle ngie ße r; St 14 a uf
Sta hlrolle n, R (a ) = 7 μm obe n: Ge sa m tte m pe ra turk urve ;
unte n: die sie be nte Za ck e , ze itge de hnt.
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Die
einzelnen
Zacken
haben
deutlich
verschiedene
Höhen, d.h. dass
der
W ärmekontakt
und
die
W ärmeflussdichte lokal bei jedem Pooldurchgang des Thermoelementes anders w aren. Die 12 lokalen
Messungen bilden die Temperaturschw ankungen in der Rolle ab, die invers zu denen im Band vorhanden sein
müssen,
siehe Abbildung 4. Man kann aus den individuellen Zackenhöhen in Abbildung 3 (oben) die
individuellen W ärmeübergangskoeffizienten α(j) ermitteln, und man geht dabei nach einer Rechenmethode
vor, die in [6] beschrieben ist. Dort w erden Größen benötigt, die man aus Abbildung 3 entnehmen kann, ΔT,
(t(I) - t(0)) und T(r).
Als Resultat findet man am Beispiel der Abbildung 3 α(j)-Werte zw ischen 0,200 und 0,425 W /cm 2 K; die starken
Schw ankungen korrespondieren mit denen, die man als Temperaturschw ankungen in Abbildung 4 sieht.
Be ispie le für ve rschie de n sta rk e Sche ck igk e it infolge va ria ble n
W ä rm e k onta k te s zu de n R olle n; Ba ndbre ite 6,5 cm .
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Resultate
Der W ärmeübergangskoeffizient α ist im Zw eirollengießerversuch als Gesamtpoolmittelw ert nach Methode 1
ermittelt w orden. Diese Methode ist recht sicher, w eil sie nur einfache Informationen und Rechenverfahren
benötigt; die Resultate schw anken trotzdem erheblich. Deshalb w urden möglichst viele Versuche unter
Variation von R(a), Ti-Gehalt, v und Rollenmaterial zusammengetragen.
Um zu untersuchen, w elche α-Unterschiede z.B. durch R(a)-Änderung sichtbar w erden, könnte man nun für
jede Parameterkombination z.B. bilden: (α(R(a) = 1 μm))/(α(R(a) = 7 μm)); man könnte ferner diesen
Quotienten über die Variation aller anderen Parameter verfolgen. Dieser Anspruch ist angesichts der
Messungenauigkeit zu hoch; stattdessen w urde obiger Quotient so oft w ie möglich gebildet (jew eils für sonst
gleiche Parameter). Man findet z. B.: (α(R(a) = 1 μm))/(α(R(a) = 7 μm)) = 1,17|1,10|1,36|1,06. Unter Beachtung
der statistischen Gew ichte (jew eilige Häufigkeit der Versuche) findet man den Mittelw ert 1,19. Entsprechende
Analysen der anderen Parameter w urden ebenfalls durchgeführt.
Insgesamt lauten die Resultate:
- Zulegierung von 0,07 % Ti zu St 14 erhöht α um 12 %
- Rollenrauhigkeit von R(a) = 1 μm statt 7 μm erhöht α um 19 %
- α ist für Stahl 1.2344 um 12 % höher als für CuNi3Si
- α steigt um 28 %, w enn v = 25 statt 16 cm/sec ist.
Diskussion
Es liegt nun eine große Menge von Aussagen vor über den W ärmeübergangskoeffizienten in Abhängigkeit von
Legierungszusammensetzung, Substrat, Rauhigkeit, Berührungsgeschw indigkeit zw ischen Schmelze und
Substrat.
Die
gefundenen
Einflüsse
lassen
sich
qualitativ
mit
der
Abbildung
2
zum
W ärmeübergangskoeffizienten verbinden.
Die Metallbrückenbildung w ird offenbar durch Ti-Zulegierung verbessert. Hierzu w eiß man, dass sich schon in
flüssigem Stahl Ti-Nitride ausscheiden [7], die als Kristallisationskeime w irken können und Unterkühlung
vermeiden. Durch diese Keimbildung scheint eine W ärmekontaktverbesserung zu erfolgen.
Es ist plausibel, dass nach der ersten Schmelzenberührung sich eine Benetzungsfront leichter geometrisch
fortbew egt, w enn im mikroskopischen Maßstab das Substrat eben ist. Durch die Rauhigkeit ist es dies nicht
völlig, allerdings kommt eine Oberfläche mit R(a) = 1 μm diesem Fall näher als jene mit R(a) = 7 μm. So kann
man die α -Verbesserung durch R(a)-Senkung verstehen.
Durch die Rollenumdrehung kommt es zw ischen Rollenoberfläche und erstarrender Halbschale (Abb. 1) zu
einem Anpressdruck. Dieser Druck w ird mit der Rollengeschw indigkeit v steigen. Eine entsprechende αErhöhung w urde gefunden beim Vergleich von α (v = 25 cm/sec) mit α (v = 16 cm/sec).
Man kann durch α-Berechnung nach Methode 2 und daraus folgend auch Berechnung von dq/dt quantitative
Aussagen über die Bandtemperaturschw ankungen (Abb. 4) erhalten. Durch Vergleich der visuell quantifizierten
Scheckigkeit mit den mittleren W ärmeflüssen dq(j)/dt w urde gefunden, dass die unerw ünschte Scheckigkeit
deutlich geringer w ird, w enn dq(j)/dt sinkt.
Schlussbemerkung
Es
w urden
experimentell
Einflüsse
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von
Versuchsparametern
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auf
den
W ärmeübergangskoeffizienten
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untersucht; sie geben für die praktische Anw endung Steuerungsmöglichkeiten an. Für ein endgültiges
Verständnis sind w eitere Untersuchungen nötig, die die metallischen Berührungsflächengrößen und die
Gestaltung der Gastaschen - Abhebung durch mechanische und thermische Einflüsse - analysieren.
Literatur
[1] Steffen, R.; Tacke, K.-H.: Stand des Bandgießens von Stahl. Stahl und Eisen 119 No. 6/7, p. 129-132
(1999).
[2] Büchner, A. R.: Thin strip casting of steel w ith a tw in-roll caster - correlations betw een process parameters.
steel research 68 No. 6, p. 247-257 (1997).
[3] Lindenberg, H.-U.: Tagungsband 15. Aachener Stahlkolloquium, RW TH Aachen, Herausgeber R. Kopp, März
2001, p. 63.
[4] Damasse, J. M.; Albrecht-Früh, U.: Steel World 7, p. 41 (2002); Campbell, P.; Gillen, G.; Blejde, W.;
Mahapatra, R.: Steel W orld 7, p. 45 (2002).
[5] Tautz, H.: W ärmeleitung und Temperaturausgleich. Akademie Verlag, Berlin 1971.
[6] Thiemann, M.; Büchner, A. R.: Heat Flux Density and Heat Transfer Coefficient betw een Steel Melt and
Metallic Substrates. steel research 74 No. 11, p. 730 (2003).
[7] Turkdogan, E. T.: Transactions ISS, p. 67 (1998).
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