Strassenverkehrsstau in der Schweiz

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Strassenverkehrsstau in der Schweiz
progtrans
Schlussbericht
Strassenverkehrsstau
in der Schweiz
Bestandsaufnahme und Neuermittlung von
Stauzeitverlusten und Stauzeitverlustkosten
des Schwerverkehrs auf Schweizer Strassen
im Auftrag des
Schweizerischen
Nutzfahrzeugverbands
ASTAG
3007 Bern
PT 159
Peter Cerwenka
Olaf Meyer-Rühle
Simon Rikus
Stefan Rommerskirchen
Basel, 31. August 2011
progtrans
Vorwort
(1) In der Fachwelt ist umstritten, diejenigen Kosten, die Verkehrsteilnehmern aus Zeitverlusten durch Staus im Strassenverkehr entstehen, als externe Kosten zu behandeln. Dass Strassenverkehrsstaus letztlich ein „Gemeinschaftswerk“ aller vom Stau betroffenen Verkehrsteilnehmer darstellen, ist in
der Regel unbestritten. Unbestritten ist auch, dass es keine unbeteiligten Dritten ausserhalb dieses Kollektivs gibt, denen durch die Stauzeitverluste externe Kosten entstehen; Stauverursacher und Staubetroffene sind also ein identisches Verkehrsteilnehmerkollektiv. Aber es wird vereinzelt die Auffassung
vertreten, dass bei Betrachtung verschiedener Teilkollektive der im Stau befindlichen Verkehrsteilnehmer diese sich gegenseitig Stauzeitverluste verursachen, die man als „interne Externalitäten“ bezeichnen könne und die genau
so zu behandeln seien wie externe Kosten, die Verkehrsteilnehmer völlig unbeteiligten Dritten verursachen.
(2) Dass den Verkehrsteilnehmern die von ihnen verursachten externen
Kosten anzulasten sind, ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die
„Kräfte des Marktes“ über die „richtigen“ Knappheitspreise unverzerrt die
Nachfrage steuern. Ansonsten besteht keine „Kostenwahrheit“, womit in der
Regel gemeint ist, dass zu niedrige Preise eine zu hohe Nachfrage bewirken.
Die Anlastung externer Kosten sorgt also dafür, dass Kostenwahrheit hergestellt wird. Konsequenterweise wird in der Schweiz wie auch in der EU die
Forderung erhoben, dass jeglicher Verkehr zu finanziellen Bedingungen stattfinden soll, die alle internen und externen Kosten vollumfänglich decken. Die
Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) verfolgt dieses Anliegen
in der Schweiz explizit für den Schwerverkehr. Seitens des Strassengüterverkehrs ist dieses Prinzip inzwischen in Europa weitgehend anerkannt.
(3) Der Schweizerische Nutzfahrzeugverband ASTAG hat – gestützt auf ein
Gutachten der ProgTrans AG – die Auffassung vertreten, dass die „internen
Externalitäten“ nicht rechtfertigen, Stauzeitverlustkosten als externe Kosten zu
behandeln und in die Berechnung der LSVA einzubeziehen. Das Bundesgericht ist in zweiter und letzter Instanz aber zu der (gegenüber der Vorinstanz
gegenteiligen) Auffassung gelangt. Dabei hat es zugleich entschieden, dass
die Höhe der Entschädigung an diejenigen Stauverursacher, die nicht zum
Schwerverkehr zählen, demjenigen Betrag zu entsprechen habe, der dem
Schwerverkehr selber in Form von Stauzeitverlustkosten entsteht. Diese
Gleichsetzung von erlittenen und verursachten Stauzeitverlustkosten ist völlig
unabhängig davon, ob Stauzeitverlustkosten externe Kosten darstellen oder
nicht, unlogisch und inakzeptabel. Aber es existierte zum Zeitpunkt des Bun-
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desgerichtsurteils keine Quantifizierung, in welchem Ausmass die einzelnen
Stauverursachergruppen an den Stauzeitverlusten beteiligt sind, und es existierte auch keine Regel, wie man die erlittenen Stauzeitverluste fair in verursachte Stauzeitverluste überführen kann. Vor diesem Hintergrund mag der
Irrtum des Bundesgerichts verständlich sein, was nichts daran ändert, dass er
nicht akzeptabel ist.
(4) In dieser Situation hat das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) eine
Studie in Auftrag gegeben, die für einzelne Aspekte die „Berechnungsmethodik und Prognose der externen Kosten des Schwerverkehrs“ aktualisiert, unter
anderem auch die Stauzeitverlustkosten. In dieser Studie wird die Frage des
Übergangs von den erlittenen zu den verursachten Stauzeitverlusten allerdings ziemlich willkürlich, widersprüchlich und damit letztlich unbefriedigend
behandelt; der Ansatz kann jedenfalls nicht dem Anspruch der LSVA genügen, fair und effizient zu sein. Auch die quantitativen Grundlagen der Berechnungen (also die „Staumengengerüste“) können nicht befriedigen, da sie weitgehend im Dunkeln bleiben. Die einzelnen Berechnungsschritte sind
intransparent und deuten auf erhebliche Mängel an Kenntnissen hinsichtlich
der Gesetzmässigkeiten von Abläufen des Strassenverkehrs hin.
(5) In Ermangelung entsprechender Grundlagenforschung und belastbarer
Verarbeitung anhand realer Daten hat die ASTAG die ProgTrans AG beauftragt, in einem ersten Schritt das Gutachten „Berechnungsmethodik und Prognose der externen Kosten des Schwerverkehrs“ nach wissenschaftlichen Kriterien zu überprüfen und zweitens abzuklären, ob es grundsätzlich belastbare
Informationen zum Strassenverkehrsstau in der Schweiz gibt, die gegebenenfalls dazu dienen können, ein angemessenes Modell zu entwickeln, das den
Übergang von den erlittenen zu den verursachten Stauzeitverlusten ermöglicht. Bei Vorliegen entsprechender Daten sollte dann hierzu ein nachprüfbares Konzept erarbeitet werden, das den Irrtum des Bundesgerichts korrigierbar macht, obwohl es eigentlich Aufgabe der Bundesverwaltung wäre, solche
Grundlagenkenntnisse zu schaffen, wenn sie die Ergebnisse solcher Berechnungen zur verbindlichen Grundlage der Abgabenerhebung macht.
(6) Vor diesem Hintergrund dokumentiert der vorliegende Bericht die Ergebnisse der Bearbeitung dieser beiden Aufgabenstellungen: Im ersten Teilbericht (abgeschlossen im Februar 2011; mit einem kleinen Nachtrag im August 2011) werden die Vorgehensweisen und Ergebnisse des Audits der AREUntersuchung dokumentiert; im zweiten Teilbericht (abgeschlossen im August
2011) wird aufgezeigt und umgesetzt, wie man anhand von realen Daten zum
Strassenverkehr und zum Stau ein geeignetes Mengengerüst erarbeiten kann,
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mit dem ein fairer Übergang von den erlittenen zu den verursachten Stauzeitverlusten möglich wird.
(7) Viele der durchgeführten Arbeiten stellen Grundlagenforschung dar, die
ausgebaut werden sollte. Der entsprechende weitere Forschungsbedarf wird
aufgezeigt. Die Ergebnisse der jetzt vorgelegten Berechnungen unterscheiden
sich so markant von denjenigen der bisherigen Untersuchungen, dass es unerlässlich ist, in die Schaffung weiterer Grundlagen zu investieren. Die Autoren des vorliegenden Gutachtens schliessen sich der Auffassung ihrer Auftraggeberin an, dass dies nicht Aufgabe eines Interessensverbandes sein
kann, sondern durch die öffentliche Hand zu bewerkstelligen ist, die solche
Grundlagen nutzt. Und die Autoren des vorliegenden Gutachtens vertreten
dezidiert die Auffassung, dass der im Auftrag des ARE ermittelte Betrag der
von schweren Lastwagen verursachten Stauzeitverluste markant überhöht ist
und der Irrtum der Gleichsetzung von erlittenen und verursachten Stauzeitverlustkosten unverzüglich korrigiert werden könnte und sollte.
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Teilbericht 1 (TB1)
Audit des ECOPLAN/INFRAS-Berichtes
„Berechnungsmethodik und
Prognose der externen Kosten des Schwerverkehrs“
vom 18. August 2010
Olaf Meyer-Rühle
(Projektleiter)
Peter Cerwenka
Stefan Rommerskirchen
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Teilbericht 1: Audit Ecoplan-/Infras-Bericht vom 18. August 2010
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Inhalt Teilbericht 1 (TB1)
Seite
Abkürzungen Teilbericht 1
TB1-III
1
Hintergrund
TB1-1
2
Wissenschaftliche Untersuchungen und Berichterstattung
TB1-4
3
Sichtweise Verkehrsart
TB1-7
4
Audit Unfallkosten
TB1-12
4.1
Konzept der externen Unfallkosten
TB1-12
4.2
Umrechnung der Unfallkosten
TB1-13
5
Audit Stauzeitkosten
TB1-16
5.1
Definition von Stau
TB1-16
5.2
Fahrzeugkollektive und deren (Stau-)Zeitkostensätze
TB1-17
5.3
Stauzeiten-Mengengerüst
TB1-19
5.4
Stauursachen und zeitlicher Anfall
TB1-19
5.5
Stauäquivalente Gewichtungsfaktoren für die
Verkehrsarten
TB1-21
Berücksichtigung der Gewichtungsfaktoren in CapacityRestraint-Funktionen zur Stauzeitenermittlung
TB1-22
5.7
Logik der Verursachungsquantifizierung
TB1-26
5.8
Versuch einer Ergebnisbeurteilung
TB1-29
5.6
6
Audit Prognose
TB1-31
7
Schlussfolgerungen
TB1-33
Quellenverzeichnis Teilbericht 1
TB1-36
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Teilbericht 1: Audit Ecoplan-/Infras-Bericht vom 18. August 2010
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Abkürzungen Teilbericht 1
ARE
ASTAG
ASTRA
BAFU
BAV
BFS
CA
CRF
EWS
Bundesamt für Raumentwicklung
Schweizerischer Nutzfahrzeugverband
Bundesamt für Strassen
Bundesamt für Umwelt
Bundesamt für Verkehr
Bundesamt für Statistik
Bus/Car
Capacity-Restraint-Funktion
Empfehlungen für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an
Strassen
FGSV
Forschungsgesellschaft für Strassen- und Verkehrswesen
Fz
Fahrzeug
LI
Lieferwagen (identisch mit LNF)
LMW=PW+LI (+MR) Leichte(r) Motorwagen (identisch mit NSV)
LNF
Leichtes Nutzfahrzeug (identisch mit LI)
LSVA
Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe
LW
Lastwagen
LZ
Last(en)zug
MR
Motorrad
NSV=PW+LI (+MR) Nicht-Schwerverkehr (identisch mit LMW)
PW
Personenwagen
PWE
Personenwagen-Einheit
SMW=SNF+CA
Schwere(r) Motorwagen (identisch mit SV)
SNF=LW+LZ+SZ
Schweres Nutzfahrzeug
SV=SNF+CA
Schwerverkehr (identisch mit SMW)
SVAG
Schwerverkehrsabgabegesetz
SZ
Sattelzug
VSS
Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute
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Teilbericht 1: Audit Ecoplan-/Infras-Bericht vom 18. August 2010
TB1/Seite III
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1
Hintergrund
(1) Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) hat von ECOPLAN und
INFRAS eine Studie „Berechnungsmethodik und Prognose der externen Kosten des Schwerverkehrs“ erarbeiten lassen, die am 14. Oktober 2010 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde (nachfolgend zitiert als „ECOPLAN/INFRAS
2010“). Der Schlussbericht ist auf den 18. August 2010 datiert. Diese Studie
knüpft an frühere Untersuchungen derselben Autoren zu den externen Kosten
im Verkehr (ECOPLAN 2008 sowie ARE/BAFU 2008) an.
(2) Der ebenfalls von diesem Autorenteam erarbeitete und lange Zeit nicht
publizierte Expertenbericht zur Transportkostenrechnung (BFS/ARE 2006)
war für den Schweizerischen Nutzfahrzeugverband ASTAG Anlass, die
ProgTrans AG mit einer Überprüfung der Grundlagen und Berechnungsergebnisse sowie mit einer Aktualisierung der Berechnungen zu beauftragen.
Der Schlussbericht (ProgTrans 2008) wurde am 28. April 2008 dem Auftraggeber übergeben und von diesem publiziert. Der Bericht bildete anschliessend
die Grundlage für eine Klage gegen die aus Sicht der ASTAG ungerechtfertigte Höhe der LSVA ab dem Jahr 2008.
(3) Das zentrale Argument dieser Klage war, dass die LSVA insgesamt die
Summe von direkten Wegekosten und externen Kosten des Schwerverkehrs
(SV) übersteige, wie dies auf der Basis und getreu der seinerzeit vorgegebenen ARE-Berechnungsmethodik durch das ProgTrans-Gutachten eindeutig
nachgewiesen wurde. Dabei spielten die Stauzeitkosten eine besondere Rolle,
die nach Ansicht von ProgTrans keine externen Kosten darstellen, sondern
von allen Verkehrsteilnehmern, die diese Kosten gemeinsam verursachen und
zu tragen haben, gemeinsam internalisiert werden. Während sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Auffassung anschloss, entschied das Bundesgericht im Revisionsverfahren, das von der Beklagten angestrengt wurde, die
Klage der ASTAG zurückzuweisen.
(4) Von besonderem Interesse ist bei diesem Urteil neben dem juristischen
Grundsatzentscheid, wonach Stauzeitkosten externe Kosten darstellen, wenn
man die Verursacher und Betroffenen in Teilkollektive unterteilt, der Rechtsirrtum des Bundesgerichts bei der Bemessung des Ausmasses der verursachten
Stauzeitkosten des Schwerverkehrs, indem es die vom Schwerverkehr erlittenen Stauzeitkosten mit den von diesem verursachten Stauzeitkosten gleichsetzt (oder verwechselt). Da eine Revision gegen das Bundesgerichtsurteil
nicht möglich ist, bleibt dieses Problem bis zum heutigen Tag ungelöst.
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Teilbericht 1: Audit Ecoplan-/Infras-Bericht vom 18. August 2010
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(5) Das einleitend benannte Gutachten ECOPLAN/INFRAS 2010 knüpft
zum Thema der Stauzeitkosten an zwei frühere Untersuchungen im Auftrag
des Bundesamts für Strassen (ASTRA) bzw. des ARE an (INFRAS 1998 und
ARE 2007). Beide Gutachten wurden von INFRAS erarbeitet. Sie enthalten
allerdings keinerlei Hinweise auf die von einzelnen Fahrzeugkategorien verursachten Stauzeitkosten. Im jetzt vorgelegten Gutachten aus dem Jahre
2010 gibt es jedoch Ansätze, die Stauzeitkosten Verursachergruppen zuzurechnen.
(6) Eine erste Durchsicht des Berichts ECOPLAN/INFRAS 2010 liess es
sowohl nach Auffassung der ASTAG als auch von ProgTrans geboten erscheinen, sich mit den Grundlagen, Methoden und Ergebnissen in diesem
Gutachten eingehender zu befassen. Die offensichtlichen Vereinfachungen
und vor allem die kaum nachvollziehbaren Grundlagen im Bereich der Ermittlung und Zurechnung der Stauzeiten und Stauzeitkosten legen ausserdem
nahe, die in der Schweiz vorhandenen Stau-Informationen des ASTRA eingehender zu analysieren, als dies in ECOPLAN/INFRAS 2010 zum Ausdruck
kommt. Auf der Grundlage dieser Analysen sollte es möglich sein, angemessene Berechnungen zu den Staubeteiligungen, erlittenen und verursachten
Stauzeiten und Stauzeitkosten einzelner Fahrzeugkategorien anzustellen und
mit den Ergebnissen von ECOPLAN/INFRAS 2010 zu vergleichen. Zielsetzung ist letztlich, die politische Diskussion der Thematik externer Kosten und
insbesondere der Stauzeitkosten des Schwerverkehrs in der Schweiz nach
dem unbefriedigenden Ausgang der juristischen Auseinandersetzung nochmals aufzunehmen, nachdem nun mit dem erwähnten Bericht seitens des
ARE neue Diskussionsgrundlagen vorliegen, die eine solche erneute und vertiefende Analyse rechtfertigen bzw. sogar erfordern.
(7) In ihrem Angebot vom 2. Dezember 2010 zur Untersuchung dieser Fragestellungen hat ProgTrans die folgende Struktur des Arbeitsprogramms vorgeschlagen:
AP 1: Audit des Berichts ECOPLAN/INFRAS 2010
AP 2: Analyse der Staumengengerüste des ASTRA
AP 3: Berechnungen der Staubeteiligung und Modellierung erlittener
und verursachter Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
nach Fahrzeugkategorie bzw. Verkehrsart
(8) Mit Schreiben vom 3. Dezember 2010 hat die ASTAG ProgTrans mit der
sofortigen Durchführung der Arbeiten zum Audit (AP 1) beauftragt.
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Teilbericht 1: Audit Ecoplan-/Infras-Bericht vom 18. August 2010
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(9) Der vorliegende Teilbericht 1 (TB1) beinhaltet das Audit zu ECOPLAN/
INFRAS 2010 in der Form einer bewusst pointiert kritischen Durchsicht.
(10) Der Bericht hat folgenden Inhalt:
Nach der einleitenden Beschreibung des Mandates und seines Hintergrundes
(Kapitel 1) folgen in Kapitel 2 Überlegungen zu den Anforderungen an und
Kriterien für wissenschaftliche Untersuchungen, an denen der Bericht
ECOPLAN/INFRAS 2010 sich messen lassen muss, da die wissenschaftliche
Qualität im SVAG explizit gefordert wird. In Kapitel 3 geht es um die Positionierung der Sichtweise „Verkehrsart“ gegenüber der Sichtweise „Verkehrsträger“ und um ihre ökonomische bzw. gesellschaftspolitische Rechtfertigung. Es
folgt das Audit der drei wesentlichen Elemente des Berichtes
ECOPLAN/INFRAS 2010, nämlich der externen Unfallkosten (Kapitel 4), der
externen Stauzeitkosten (Kapitel 5) sowie der Prognose der externen Kosten
des SV bis zum Jahr 2015 (Kapitel 6), wobei der Schwerpunkt deutlich bei der
Ermittlung der Stauzeiten und ihrer Bewertung als Stauzeitkosten liegt, da
Stauzeitkosten erstmalig als eigenständige externe Kostenkategorie behandelt
werden. Kapitel 7 fasst dann die Schlussfolgerungen zusammen.
(11) Wir gehen bei unseren Analysen nicht auf die Implikationen für den Reisebusverkehr ein, da hierfür keine durchgängig eigenständigen Daten bzw.
Argumentationsdifferenzierungen in ECOPLAN/INFRAS 2010 enthalten sind.
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Teilbericht 1: Audit Ecoplan-/Infras-Bericht vom 18. August 2010
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2
Wissenschaftliche Untersuchungen und
Berichterstattung
(1) Artikel 7 Absatz 3 des Schwerverkehrsabgabegesetzes (SVAG) bestimmt: „Die Berechnung der externen Kosten und Nutzen des Schwerverkehrs wird periodisch nachgeführt. Sie muss dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen.“
(2) Die Basis für die Berechnung der LSVA besteht aus einer Vielzahl von
Studienberichten der vergangenen 15 Jahre. Ein offizieller „Fahrplan“ für die
Aktualisierung bzw. Weiterentwicklung der LSVA-Berechnung existiert unseres Wissens nicht. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in der Folge des
Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Oktober 2009 das ARE ein
Gutachten zur „Weiterentwicklung der LSVA“ – unseres Wissens ohne öffentliche Ausschreibung – vergeben hat, wobei der hier zu auditierende Bericht
das 2. Arbeitspaket dieses Auftrags zur „Weiterentwicklung der LSVA“ beinhaltet. Von einer „periodischen“ Nachführung kann also kaum die Rede sein.
(3) Da laut Gesetz die Berechnung der externen Kosten des Schwerverkehrs „dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen“ muss, ist der Prozess der LSVA-Berechnung nicht unmassgebend. Der
Grossteil der Arbeiten wurde von den Beratungsbüros ECOPLAN und
INFRAS bzw. beiden gemeinsam bearbeitet. Selbst das neueste Gutachten
ECOPLAN/INFRAS 2010 wurde offensichtlich nur von Mitarbeitern des ARE
und des BAV „begleitet“; eine wissenschaftliche Begleitgruppe, in der sich
unabhängige Wissenschaftler aus dem universitären und ausseruniversitären
Forschungsbereich mit Methodik und Ergebnissen der Untersuchung kritisch
auseinandergesetzt hätten – wie dies bei derartig wertbehafteten und folgenreichen Untersuchungen der Fall sein sollte –, gab es gemäss BerichtsImpressum nicht. Darum ist es angebracht, die wissenschaftlichen Aspekte
der Arbeiten, so wie sie im Bericht dokumentiert sind, einer kritischen Analyse
zu unterwerfen.
(4)
Die wesentlichen Kriterien für wissenschaftliches Arbeiten sind nach
unserem Verständnis:
1. Klare, eindeutige, vollzählig definierte, bei Kategoriebildungen möglichst trennscharfe Begriffe
2. Vollständigkeit der Themenbehandlung im Rahmen des angekündigten
Themas und der jeweils zu leistenden und zu dokumentierenden Systemabgrenzung
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3. Einbezug sämtlicher bekannter problemrelevanter Argumente ohne
Rücksicht darauf, ob sie eine bestimmte Erwartungshaltung stützen
oder schwächen (Neutralitätsgebot), kein Ausblenden oder Wegfiltern
von Argumenten, die unerwünschte Resultate stützen bzw. erwünschte
schwächen (Pflicht zur Unvoreingenommenheit)
4. Widerspruchsfreiheit und schlüssig sequentiell aufeinander aufbauende Argumentationsabfolge
5. Nachvollziehbarkeit der Untersuchungsberichterstattung mit dem Ziel
einer lückenlosen und möglichst raschen und unkomplizierten Überprüfbarkeit auch für Aussenstehende und Kritiker
6. Offenlegung sämtlicher themenrelevanter Annahmen samt Begründung
7. Angabe sämtlicher verwendeter Literatur und sonstiger Hilfsquellen,
auf denen aufgebaut und abgestützt wird, sowie deren direkte und
präzise Verankerung (durch Referenzangabe, Verweis, Fussnote) an
der im Text relevanten Stelle zwecks rascher Auffindbarkeit und Überprüfbarkeit
(5)
Es geht also bei unserem Audit auch darum, zu prüfen, ob die genannten Anforderungen an die Wissenschaftlichkeit respektiert sind, bzw. aufzufinden, wo es Schwachstellen gibt. Unsere Schlussfolgerungen werden sich zum
Grossteil hierauf beziehen.
(6)
Dass es dabei nicht um vernachlässigbare Details geht, soll der folgende bemerkenswerte Hinweis zum letztgenannten Kriterium deutlich machen:
Bei der Sichtung des Literaturverzeichnisses von ECOPLAN/INFRAS
2010 (Seite 50-54) fällt auf, dass (abgesehen von vielen Datenstatistiken und Berichten diverser Bundesämter sowie von vielen ECOPLANund INFRAS-Studien) zur wissenschaftlichen Rechtfertigung dafür,
dass Stauzeitkosten des Schwerverkehrs externe Kosten seien, genau
sechs Quellen übrig bleiben, nämlich (in alphabetischer Reihenfolge):
Frank (2006), Hirshleifer/Glazer/Hirshleifer (2005), Pindyck/Rubinfeld
(2003), Schläpfer (2009), Stiglitz (2000) und Varian (2007). Von diesen
sechs Literaturquellen waren uns fünf bereits bekannt, nur die Literaturquelle Schläpfer (2009) war uns völlig unbekannt, wir hatten nie von
ihr gehört. Wir haben sie uns daher über das ARE beschafft. Es handelt sich dabei um ein dreiseitiges, unpubliziertes, internes Papier, mit
welchem der Autor Schläpfer dem ARE bestätigte, dass Stauzeitkosten
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des Schwerverkehrs externe Kosten sind. Es datiert interessanterweise vom 13.11.2009, wurde also unmittelbar nach der Publizierung des
Bundesverwaltungsgerichtsurteils vom 21.10.2009 fertig gestellt. Eine
auffällige Besonderheit dieses Papiers ist, dass es genau die übrigen
fünf (oben aufgeführten) Lehrbücher als Beleg dafür benennt, „dass die
Stauzeitkosten des Schwerverkehrs nach gängigen Lehrmeinungen als
externe Kosten zu betrachten sind“ (Seite 1 seines Dreiseitenpapiers).
Und die Oberzolldirektion hat in ihrer Beschwerde vom 2.12.2009 (allerdings ohne Herrn Schläpfer zu zitieren) genau dessen Rechtfertigung sowie dessen fünf Quellen (inklusive sämtlicher bei Schläpfer
enthaltener Schreibfehler, anhand derer eindeutig seine Urheberschaft
zu identifizieren war) übernommen und schreibt dann (Seite 11):
„Stauzeitkosten des Schwerverkehrs sind nach der vorherrschenden
Lehrmeinung als externe Kosten zu betrachten.“ (Dieser Satz ist mit
einer Fussnote versehen, die – wie erwähnt reichlich fehlerbehaftet –
die oben genannten fünf Lehrbücher auflistet.)
(7)
Nach Durchsicht der Beschwerde der Oberzolldirektion vom 2.12.2009
haben wir uns damals (Mitte Dezember 2009) die fünf genannten Lehrbücher
in genau den angegebenen Auflagen beschafft und kamen nach deren Sichtung zu dem sehr ernüchternden Fazit, dass weder der Begriff „Staukosten“
noch dessen englische Übersetzung „congestion costs“ oder „congestion
charging“ oder „congestion pricing“ in diesen insgesamt rund 4000 Lehrbuchseiten auftauchen, auch nicht der Begriff „Stauzeitkosten“ und dessen englischsprachige Begriffsäquivalente. Aus den genannten Lehrbüchern kann
somit keinerlei Zuordnung von Stauzeitkosten des Schwerverkehrs zu externen Kosten belegt werden. Noch viel weniger kann daher diese Zuordnung
unter Berufung auf die genannten Lehrbücher als „gängige Lehrmeinung“ deklariert werden.
(8)
Wir halten diesen Vorgang für wissenschaftlich nicht vertretbar.
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3
Sichtweise Verkehrsart
(1)
Die Grundintention von ECOPLAN/INFRAS 2010 wurde durch dessen
Auftraggeber Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) im unmittelbaren Gefolge des Entscheides des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.10.2009 vorgegeben: Der Bundesrat hat „das Departement für Umwelt, Verkehr und Kommunikation (UVEK) beauftragt, verschiedene Fragen zur Weiterentwicklung
der LSVA zu prüfen. Dabei soll unter anderem geklärt werden, ob sich bei der
Ermittlung der externen Kosten ein Wechsel von der Sicht „Verkehrsträger“
zur Sicht „Verkehrsart Schwerverkehr“ begründen lässt.“ (ECOPLAN/INFRAS
2010, Seite 9).
Externe Kosten bei Sichtweise Verkehrsträger Strasse:
Der Verkehrsträger Strasse umfasst alle Fahrzeuge, die die Strasse benutzen. Alle
Nutzer werden als Kollektiv betrachtet. Extern sind diejenigen Wirkungen, die bei Personen und Sachen ausserhalb des Verkehrsträgers Strasse (normalerweise bezeichnet als „Allgemeinheit“) anfallen, z.B. Wirkungen von Verkehrslärm auf unbeteiligte
Anwohner oder Schäden durch verkehrsbedingte Erschütterungen an nicht zur Verkehrsinfrastruktur gehörenden Gebäuden.
Externe Kosten bei Sichtweise Verkehrsart Schwerverkehr:
Die Verkehrsart Schwerverkehr ist eine Teilmenge der Strassennutzer, eben der
Fahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen für den
Transport von Gütern (Lastwagen, ggf. mit Anhänger, und Sattelzüge) und Personen
(Cars und Busse). Externe Wirkungen des Kollektivs Schwerverkehr im Rahmen der
LSVA-Gesetzgebung schliessen aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
auch solche Wirkungen ein, die bei anderen Teilnehmern am Strassenverkehr, also
leichten Motorfahrzeugen und nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmern entstehen: z.
B. durch Schwerfahrzeuge verursachte Unfallschäden bei Personenwagen-Insassen,
soweit sie nicht bereits durch Versicherungsleistungen abgedeckt sind.
(2)
Damit wird Einiges klar, wenn man sich daran erinnert, dass der Bundesrat unmittelbar nach Bekanntwerden des Entscheides des Bundesverwaltungsgerichtes angekündigt hatte, diesen Entscheid beim Bundesgericht anfechten zu lassen. Er brauchte also für diese Anfechtung „wissenschaftliche“
Argumente zur Rechtfertigung der Sichtweise „Verkehrsart“, welche die Einbeziehung von Stauzeitkosten des Schwerverkehrs, die dieser dem NichtSchwerverkehr verursacht, als externe Kosten des Schwerverkehrs in die
LSVA-Gebühr sanktionieren und damit die Erträge des Staates erhöhen würden. Dieser Aufforderung nach Rechtfertigung hat ECOPLAN/INFRAS 2010
(Seite 12) voll und ganz entsprochen: „Die Sicht Verkehrsart … eignet sich für
die Abschätzung der Kosten, die eine bestimmte Verkehrsart (z.B. der
Schwerverkehr)
auf
alle
anderen
Verkehrsarten
und
NichtVerkehrsteilnehmende ausübt. … Dabei soll insbesondere sichergestellt werden, dass z.B. der Personenverkehr nicht für Kosten aufkommen muss, die
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vom Güterverkehr verursacht werden und umgekehrt [Fettdruck durch
ProgTrans]. Die Sichtweise Verkehrsart … ist daher aus Effizienz- und
Wohlstandsüberlegungen der Sichtweise Verkehrsträger vorzuziehen, wenn
es um Internalisierung der externen Kosten einer einzigen Verkehrsart
geht [Fettdruck durch ProgTrans]. Dies ist in der Schweiz mit der LSVA der
Fall.“ Soweit die wissenschaftliche Rechtfertigung, die der Bundesrat als Argumentarium für die Anfechtung beim Bundesgericht brauchte.
(3)
Wir halten es für unsere gutachterliche Pflicht, diese Argumentation am
Beispiel der Stauzeitkosten zu ergänzen und damit zu korrigieren. Wenn man
nämlich die spezielle, weltweit einmalige Ausprägungsform der Schweizer
„Staugebühr“ (die diese Bezeichnung nicht verdient) als Bestandteil der LSVA
näher in Augenschein nimmt, so ist mit Ernüchterung ungefähr das Gegenteil
des von ECOPLAN/INFRAS 2010 wiedergegebenen Euphemismus zu verzeichnen:
1. Da Stau (als nahezu physikalisches, jedenfalls der Physik der Flüssigkeitsströmungen analoges Phänomen) ein unteilbares Ganzes ist, so
ist es unmöglich, durch Bepreisung nur eines Teils davon eine Effizienzsteigerung zu erzielen. Dadurch, dass man ausserdem noch die
gemäss den Stauzeitkostensätzen von ECOPLAN/INFRAS 2010
volkswirtschaftlich höchstwertige Strassenverkehrsart (den Schwerverkehr) bepreist, während die niedrigerwertigen (etwa Freizeitverkehr mit
PW) keine Staugebühr zu entrichten haben, erreicht man nicht nur keine Effizienz, sondern geradezu volkswirtschaftliche Kontraproduktivität.
2. Eine Bepreisung nur eines Teils innerhalb des unteilbaren Gemeinschaftsereignisses Stau ist ausserdem ungerecht und diskriminierend.
Das von uns weiter oben fettgedruckte „und umgekehrt“ wird eben
gerade nicht gewährleistet, sondern verhindert. (Es ist nicht nachvollziehbar, wie man es angesichts dieser gegenteiligen Realität mit seiner
Verantwortung als Gutachter bzw. Politikberater vereinbaren kann,
diesen definitiv nicht berücksichtigten umgekehrten Effekt hier überhaupt zu erwähnen.)
3. Um – selbst bei Bepreisung aller Verkehrsarten – eine staureduzierende Lenkungswirkung zu erzielen, müsste die Gebühr ausschliesslich
an Orten und zu Zeiten tatsächlichen Staus erhoben werden. Das Gegenteil ist in der Schweiz der Fall: Die dem Schwerverkehr angelastete
„Staugebühr“ ist ein einheitlicher gesamtschweizerischer Jahresdurchschnittswert. Er wird für jeden zurückgelegten Kilometer gleichmässig
erhoben, egal ob ein Fahrzeug viel, wenig oder gar keine Zeit im Stau
zubringt. Ein solcher pauschalierter Durchschnittswert kann im Sinne
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von Pigou so gut wie keine stauspezifische (effizienzerhöhende) Lenkungswirkung entfalten.
4. Eine Lenkungswirkung wäre – selbst wenn alle Verkehrsteilnehmer eine Staugebühr zu entrichten hätten und wenn sie direkt im Kontext mit
konkreten Staus erhoben würde – nach der ökonomischen Theorie
suboptimal, solange der Staat die Erträge nicht an die Verkehrsteilnehmer zurück vergütet, also beispielsweise die LSVA in nicht staugefährdeten Zeiten oder an nicht staugefährdeten Orten senkt. In der
Schweiz werden die Mittel der LSVA aber systemfremd verwendet: Ein
Drittel geht an die Kantone „zum Ausgleich der von ihnen getragenen
ungedeckten Kosten des Strassenverkehrs“, zwei Drittel gehen an den
Bund, der sie hauptsächlich für Grossprojekte des öffentlichen Verkehrs verwendet.
(4)
Abschliessend zu diesem Kapitel soll noch eine bemerkenswerte, ja
geradezu entlarvende Passage von ECOPLAN/INFRAS 2010 (Seite 13) zitiert
werden: „Wie oben aufgezeigt, geht es bei der Sicht Verkehrsträger und auch
bei der Sicht Verkehrsart um Verteilungsfragen. Diese werden politisch
festgelegt.“ [Fettdruck durch ProgTrans]. Tatsächlich erfolgte diese Festlegung in letzter Instanz aber durch das Bundesgericht. Damit wird sogar von
ECOPLAN/INFRAS bestätigt, dass das Bundesgericht keine unabhängige,
sondern eine von der Politik vorgegebene Entscheidung gefällt hat.
(5)
Wie politisch das Bundesgericht vorgegangen ist, mag man dessen
Urteilsbegründung vom 16. Juni 2010 (Ziffer 5.5) entnehmen, wo es heisst:
„Als extern erscheinen nach der gesetzlichen Konzeption der LSVA [Fettdruck durch ProgTrans] demzufolge sämtliche vom Schwerverkehr verursachten und nicht gedeckten Kosten, die ausserhalb des Schwerverkehrs anfallen [Fettdruck durch ProgTrans].“ Was aber steht tatsächlich im SVAG? In Art.
7 SVAG liest man: „Der Ertrag der Abgabe darf die ungedeckten Wegekosten
und die Kosten zulasten der Allgemeinheit [Fettdruck durch ProgTrans] nicht
übersteigen. Die Kosten zulasten der Allgemeinheit umfassen den Saldo der
externen Kosten und Nutzen von gemeinwirtschaftlichen Leistungen des
Schwerverkehrs.“ Das Bundesgericht hat also (unter Berufung auf die gesetzliche Konzeption der LSVA!) das wohlüberlegte, gesetzlich fixierte Betroffenheitskollektiv „Allgemeinheit“ in das weiter gefasste Betroffenheitskollektiv „ausserhalb des Schwerverkehrs“ verwandelt. Damit war das Bundesgericht sozusagen in vorauseilendem Gehorsam der Parlamentarischen Initiative
09.519 „Präzisierung der externen Kosten im Schwerverkehrsabgabegesetz“
vom 11. Dezember 2009 zuvorgekommen, die eben den Art. 7 Absatz 2 des
SVAG um folgenden Satz, mit dem die externen Kosten des SV umdefiniert
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werden sollten, ergänzt haben wolte: „Sie (die Kosten zulasten der Allgemeinheit) umfassen auch die durch den Schwerverkehr verursachten Kosten zulasten der anderen Verkehrsteilnehmenden.“ Und auch über das Motiv der Parlamentarischen Initiative wurde man nicht im Unklaren gelassen: „Würde das
Urteil [des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Oktober 2009; Anmerkung
ProgTrans] rechtskräftig, hätte dies aller Voraussicht nach zur Folge, dass die
Erhöhung der LSVA, die am 1. Januar 2008 in Kraft trat, rückgängig gemacht
werden müsste.“ Selten wird Opportunität so unverblümt und so leicht zitierbar
eingestanden. Aber die durch die Parlamentarische Initiative angestrebte Umdefinition hat nun bereits das Bundesgericht ganz ohne Zutun des Parlamentes erledigt. Folgerichtig wurde die Parlamentarische Initiative am 25. Oktober
2010 formell zurückgezogen. Man erkennt somit, dass der Umdeutung und
Verbiegung von Evidenz in politischen und juristischen Prozessen keinerlei
Grenzen gesetzt sind, zumal dann nicht, wenn dieser Vorgang im „höheren“
Interesse gelegen ist und sich die Betroffenen nicht weiter wehren können.
(6)
Nicht minder fragwürdig ist die Rechtfertigung der Effizienz- und Wohlfahrtssteigerung bezüglich der Abgeltung von immateriellen Kosten als Folge
von Unfällen. Es handelt sich dabei gemäss ARE 2002 um „Kosten durch körperliche und seelische Schmerzen, Leid, Verlust an Lebensfreude sowie verlorenen Kosumgenuss“ bzw. gemäss Schweizer Norm um „Verlust an Wohlbefinden sowie Schmerz und Leid, welche sich als Folge von Tod oder Krankheit
bei den betroffenen Personen ergibt“ (VSS 2008, Seite 4). Nach der bislang
gültigen Sicht Verkehrsträger betrugen externe immaterielle Kosten als Folge
von durch Lastwagen und schwere Sattelschlepper (Sattelzüge) verursachten
Unfällen im Jahr 2005 9,3 Mio. CHF. Demgegenüber betrugen sie aus Sicht
der Verkehrsart Schwerverkehr 92,7 Mio. CHF, also 83,4 Mio. CHF für immaterielle Schäden, die den Insassen von leichten Strassenfahrzeugen und, bei
Todesfällen, deren Angehörigen durch Fahrzeuge des schweren Güterverkehrs zugefügt wurden.
(7)
Ebenso wie bei den Stauzeitkosten kann auch bei dieser Kostenkategorie bei der LSVA-Erhebungsweise keine Effizienzsteigerung, also keine Reduktion der Unfälle erwartet werden. Darüber hinaus muss die Frage gestellt
werden, wo denn eine Wohlfahrtssteigerung auszumachen ist, wenn der Staat
vom Güterschwerverkehr zusätzliche Einnahmen generiert, ohne die Betroffenen für deren immaterielle Schäden zu entschädigen.
(8)
Wir halten es zusammenfassend für nicht gerechtfertigt, ja sogar für
unverantwortbar, die „Sichtweise Verkehrsart“ als effizient, wohlstandsfördernd und gegenseitig ausgewogen („und umgekehrt“!) hinzustellen, ohne
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unmissverständlich und deutlich auf die teils kontraproduktiven, teils unethischen Ausprägungsformen und Modalitäten der LSVA-Anteile für Stauzeitkosten und immaterielle Unfallkosten hinzuweisen, wie sie nunmehr konkret gehandhabt werden.
(9)
Der Titel der vom Auftraggeber ARE in voller Kenntnis der Diskrepanz
zu den oben genannten vier Punkten herausgegebenen Broschüre „Fair und
effizient – Die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) in der
Schweiz“ (ARE 2010) gilt jedenfalls definitiv nicht für den Staugebührenanteil
in der LSVA. Diese Broschüre, datierend vom Januar 2010, diente offensichtlich der politisch geprägten Informierung des Bundesgerichtes und dokumentiert auch die Richtungsvorgabe für das Gutachten von ECOPLAN/INFRAS
2010. Wissenschaftlich sind jedenfalls weder der Begriff „fair“ noch der Begriff
„effizient“ gerechtfertigt; faktisch ist das Gegenteil der Fall.
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4
Audit Unfallkosten
4.1 Konzept der externen Unfallkosten
(1) Die Berechnung der externen Unfallkosten innerhalb der schweizerischen
Transportrechnung und für die LSVA basiert auf einer Studie von ECOPLAN
aus dem Jahr 2002 (ARE 2002). In dieser Studie werden die Unfallkosten, die
dem Strassenverkehr zugerechnet werden, für das Jahr 1998 ermittelt.
(2) Wir haben die Grundlagen der Methodik zur Berechnung der externen
Unfallkosten seinerzeit in unserem von der ASTAG beauftragten Audit der
Transportkostenrechnung 2003 beschrieben und nehmen darauf Bezug
(ProgTrans 2008):
•
Basis der Berechnungen sind die Anzahl der Unfälle und die Anzahl
der Unfallopfer aus einer Sonderauswertung der Unfallstatistiken der
Kommission für die Statistik der Unfallversicherung (UVGUnfallstatistiken). Ecoplan verwendet dieses Mengengerüst, um auch
die Anzahl von Verletzten und Toten aus nicht polizeilich aufgenommenen Unfällen zu berücksichtigen. Die Statistiken des BFS berücksichtigen hingegen nur polizeilich erfasste Unfälle. Die Anzahl der Unfallopfer wird weiterhin – unterteilt nach Schwere der Verletzung
(Leicht-, Schwerverletzte, Invalide und Tote), Alter und Geschlecht –
den unfallverursachenden Fahrzeugkategorien zugewiesen.
•
Auf Basis dieses Mengengerüsts werden die Kosten durch Personenund Sachschäden je Fahrzeugkategorie und Schwere der Verletzung
ermittelt:
ƒ
Personenschäden
o
Medizinische Heilungskosten
o
Nettoproduktionsausfall
o
Wiederbesetzungskosten
o
Immaterielle Kosten [Fettdruck hier durch ProgTrans]
o
Administrative Kosten
ƒ
Sachschäden
ƒ
Polizei- und Rechtsfolgekosten
Die Höhe der immateriellen (Folge-)Kosten bei den Unfallopfern (Kosten
durch körperliche und seelische Schmerzen, Leid, Verlust an Lebensfreu-
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de sowie verlorenen Konsumgenuss) [die alleine hier interessieren, weil
diese Unfallkostenkategorie von der Umstellung auf die Sicht Verkehrsart
betroffen ist] basiert auf Zahlungsbereitschaften zur Vermeidung je nach
Schwere der Verletzung.
Die Bewertung sozialer und externer Kosten ist höchst komplex durch die
Interventionen verschiedener staatlicher und privater Versicherungen. Das
Konzept verbindet eine rein volkswirtschaftliche Vorgehensweise zur
Quantifizierung von Ressourcenverbrauch mit einem Zahlungsbereitschaftsansatz („willingness-to-pay“) für immaterielle Schäden. Die Zuordnung von Kosten zu Unfallverursachern, anderen Verkehrsteilnehmern,
anderen Geschädigten und Allgemeinheit kann bei Nichteindeutigkeit der
Schuldfrage arbiträr sein.
Ausserdem ist festzustellen, dass die Kostensätze aus 1998 wahrscheinlich nicht mehr angemessen sind und aktualisiert werden müssten.
(3) Soweit unsere damalige Kommentierung der Methodik der externen immateriellen Unfallkosten in ARE 2002.
4.2 Umrechnung der Unfallkosten
(1) Zunächst werden in ECOPLAN/INFRAS 2010, um der Sichtweise Verkehrsart Schwerverkehr Rechnung zu tragen, die Kleinbusse und Kleinbustaxis umklassiert und den leichten Motorwagen zugeordnet. Diese Umklassierung ist notwendig und methodisch korrekt.
(2) Wie bereits erwähnt, stammen die Basisberechnungen der externen
Unfallkosten aus dem Jahr 2002 und bezogen sich auf das Jahr 1998. Während die Unfallstatistiken vom BFS kontinuierlich weitergeführt werden und
damit ständig ein aktuelles Mengengerüst zur Verfügung steht, ist das Wertgerüst bislang nicht aktualisiert worden; angepasst wurde lediglich das Preisniveau.
(3) Beim Übergang von der Sichtweise Verkehrsträger zur Sichtweise Verkehrsart Schwerverkehr ist bei den externen Kosten, die nicht bereits durch
Versicherungsleistungen abgedeckt und somit internalisiert sind, lediglich die
Kategorie der immateriellen Kosten betroffen. Es handelt sich hierbei um
„Schmerz und Leid“, die durch den Schwerverkehr den Nichtverkehrsteilneh-
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mern und in der neuen Sichtweise nun zusätzlich auch dem NichtSchwerverkehr verursacht werden.
(4) Die Berechnung der externen Unfallkosten in der Sichtweise Verkehrsart
wird als „Pilotrechnung“ bezeichnet (vgl. ECOPLAN/INFRAS 2010, Seite 22:
3.3.3 Ergebnisse Pilotrechnung 1998). In der Medienmitteilung des ARE vom
14. 10. 2010 (ARE 2010a) ist allerdings keine Rede vom Pilotcharakter der
Berechnung.
(5) Die Berechnungen selber sind in keiner Weise nachvollziehbar. Es werden lediglich Ergebnisse vorgestellt, sowohl für das Jahr 1998 wie auch daran
anknüpfend für das Jahr 2005. Alles, was der Leser zur Berechnung für 2005
erfährt, ist (ECOPLAN/INFRAS 2010, Seite 24):
Die externen Unfallkosten Sicht Verkehrsart werden für das Jahr 2005
aus den sozialen Unfallkosten abgeleitet. Grundlage dazu ist der Anteil
der externen Unfallkosten Sicht Verkehrsart an den sozialen Unfallkosten im Jahr 1998. Dieser Anteil wurde differenziert nach den verschiedenen Kostenkategorien (medizinische Heilungskosten, immaterielle
Kosten etc.) und nach den verschiedenen Fahrzeugkategorien (Personenwagen, Lastwagen etc.). [Fussnote 18: In der Aktualisierung der
Unfallkosten für das Jahr 2005 konnten aus Budgetgründen nicht die
gesamten Berechnungen für das Jahr 1998 wiederholt werden. Deshalb wurden nur die sozialen Kosten vollständig aktualisiert und die externen Kosten wie hier über die differenzierten Anteile an den sozialen
Kosten im Jahr 1998 bestimmt. Dieses Vorgehen erlaubt es, die Grössenordnung der externen Kosten zu ermitteln. Für eine genauere Erhebung müssten jedoch die umfangreichen Berechnungen, die für das
Jahr 1998 getätigt wurden, umfassend aktualisiert werden. Dies ist für
eine nächste Aktualisierung der Unfallkosten zu empfehlen.] Diese differenzierten Anteile werden auf die sozialen Unfallkosten des Jahres
2005 angewendet. [Fussnote 19: Ecoplan und Infras (2008), Externe
Kosten des Verkehrs in der Schweiz. Aktualisierung für das Jahr 2005
mit Bandbreiten.]
(6) Es geht bei der Pilotrechnung also nur um die Abschätzung von Grössenordnungen, nicht um Ergebnisse, die auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
(7) Konzentriert man sich auf die Bewertung der immateriellen Kosten,
muss man auf die ECOPLAN-Studie zu den Unfallkosten im Strassen- und
Schienenverkehr der Schweiz 1998 (ARE 2002) und auf die erwähnte
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ECOPLAN/INFRAS-Studie zur Aktualisierung der externen Kosten des Verkehrs in der Schweiz (ARE/BAFU 2008) zurückgreifen.
(8) In ARE 2002 wird erklärt, dass die immateriellen Unfallfolgekosten nicht
direkt beziffert werden können, sondern mittels eines „international anerkannten“, aber für die Schweiz neuen Zahlungsbereitschaftsansatzes bewertet
werden. Die Ermittlung der Zahlungsbereitschaft zum Ausgleich des Nutzenverlustes durch das Unfallrisiko erfolgt durch (sog. Stated-Preference-) Befragungen. In der Schweiz ist damals und wohl auch später keine solche Befragung durchgeführt worden. Dies mutet seltsam an angesichts der Tatsache,
dass die immateriellen Unfallkosten in der Schweiz bereits damals (1998) mit
mehr als 8 Mrd. CHF zu Buche schlugen.1
(9) Die heutige Bewertung basiert auf dem gleichen Kostensatz, wobei lediglich das (schweizinterne) Preisniveau angepasst wurde. Dass sich zwischenzeitlich die EUR- und CHF-Währungen aufeinander zubewegt haben, ist
nicht berücksichtigt worden. Es wäre sicherlich angebracht, eine originäre
Zahlungsbereitschaftserhebung in der Schweiz durchzuführen, um eine hinreichend solide empirische Absicherung der Kostensätze zu garantieren.
(10) ECOPLAN/INFRAS 2010 weist weder das Unfallmengengerüst 2005
noch die Kostensätze und auch nicht die gesamten immateriellen Kosten vor
Abzug von „Transferleistungen“ aus. Deshalb ist es uns unmöglich, die Ergebnisse im Detail nachzuprüfen.
1
Dazu ist in ARE 2002, Seite K-11, zu lesen: „Die Bewertung der immateriellen Kosten beruht
auf einem Zahlungsbereitschaftsansatz. Bei diesem Ansatz wird ermittelt, welchen Betrag die
Betroffenen bezahlen würden, um ihre eigene Sicherheit oder die Sicherheit anderer Personen
zu verbessern. Der für die Schweiz verwendete Wert basiert auf der Empfehlung des europäischen Forschungsprojektes UNITE, in welchem von 1.5 Mio. € pro Todesfall ausgegangen wird.
Unter Beachtung der höheren Kaufkraft in der Schweiz und des Wechselkurses ergibt dies pro
Todesfall Kosten von 2.87 Mio. [CHF, eingefügt von ProgTrans]. Für Schwerverletzte werden
Kosten von 290’000 CHF pro Fall berücksichtigt und für Leichtverletzte 28'600 CHF. Im internationalen Vergleich liegen diese Kostensätze im „Mittelfeld“ der Schätzungen. Die Ergebnisse
von empirischen Erhebungen zur Zahlungsbereitschaft weisen allerdings eine grosse Bandbreite auf, dementsprechend verbleibt eine erhebliche Unsicherheit bei der Bewertung der immateriellen Kosten. Dies wirkt sich wegen der grossen Bedeutung der immateriellen Kosten auch auf
die Zuverlässigkeit der gesamten sozialen Unfallkosten aus. Wir haben daher im Sinne einer
Sensitivitätsanalyse auch die Ergebnisse bei einer wesentlich tieferen Bewertung der immateriellen Kosten (2 Mio. CHF pro Todesfall) ausgewiesen. Innerhalb der Zahlungsbereitschaftsmethode handelt es sich für die Schweiz bei diesen 2 Mio. CHF um einen eher tiefen Wert.“
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5
Audit Stauzeitkosten
5.1 Definition von Stau
(1)
Bemerkenswert erscheint uns die Definition für „Stau“, wie man sie aus
Seite 27 von ECOPLAN/INFRAS 2010 entnehmen kann: „So lässt sich für
einen bestimmten Querschnitt die „Stauzeit“ als Differenz zwischen dem Zeitbedarf in einer Ausgangssituation, d.h. dem unbelasteten Netz [Fettdruck
durch ProgTrans], und einer Situation mit der effektiven Belastung ermitteln.“
Das bedeutet, dass nach dieser Definition immer und überall Stau herrscht,
sobald mehr als ein Fahrzeug pro Stunde einen Fahrbahnquerschnitt in einer
Richtung passiert. Und das heisst praktisch: immer und überall, wenngleich
natürlich durch den sehr schwachen Anstieg der Fahrzeit im Bereich der unteren Verkehrsbelastungen die zugehörigen Stauzeiten rechnerisch sehr gering
sind.
(2)
Gravierend an dieser Definition erscheint uns indessen vor allem, wie
sie in Einklang zu bringen ist mit dem Vorgänger-Bericht (ARE 2007, Seite
23), wo Stau ganz anders definiert ist2. Wie mit dieser definitorischen Inkonsistenz in ECOPLAN/INFRAS 2010 umgegangen wird, ist nicht nachvollziehbar. Auch bleibt dabei völlig ungeklärt, wie Stau im Innerortsbereich (etwa bei
Vorhandensein von Lichtsignalanlagen) definiert ist und dort Stauzeiten quantifiziert werden.
2
„Was ist ein Stau? Staus entstehen, wenn die Nachfrage auf einer Verkehrsanlage ihre Kapazität erreicht oder überschreitet. Das äussert sich im Strassenverkehr durch zunehmende gegenseitige Behinderung und letztlich abnehmende Geschwindigkeit – bis hin zum völligen Verkehrszusammenbruch, sprich Stillstand der Fahrzeuge. Die Kapazität einer Anlage eines Strassenabschnitts oder Knotens ist im Normalfall eine mehr oder weniger fixe Grösse (ggf. abhängig von der Art der Nachfrage, z.B. dem Lastwagenanteil), und Staus resultieren primär durch
Überlast, d.h. einer über der Kapazität liegenden Nachfrage. Allerdings kann auch die Kapazität
auch schlagartig reduziert werden (z.B. infolge von Unfällen, kurzzeitig bis auf Null bei Sperrung
einer Achse) oder auch zeitlich begrenzt vermindert werden (z.B. durch Baustellen). Für die
Benutzer einer Verkehrsanlage äussert sich dies in jedem Fall gleich, nämlich in entsprechenden Zeitverzögerungen und Zeitverlusten.
Demgegenüber bemüht sich die Schweizer Norm SN 671 921 um eine einfache operationalisierbare Form der Staudefinition und fokussiert auf die Erscheinungsform von Stau: Die Norm
spricht von Stau, wenn auf Hochleistungs- oder Hauptstrassen ausserorts die Fahrzeuggeschwindigkeit während mindestens 5 Minuten unter 10 km/h liegt und es häufig zum Stillstand
kommt bzw. wenn auf Hauptstrassen innerorts, bei Knoten oder Engpässen die Wartezeit mindestens 5 Minuten beträgt.“
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5.2 Fahrzeugkollektive und deren
(Stau-)Zeitkostensätze
(1)
Als Fahrzeugkategorien verwendet ECOPLAN/INFRAS 2010 (Seite 27) die folgenden sieben:
•
Personenwagen (PW),
•
leichte Nutzfahrzeuge (LNF),
•
Cars3,
•
Motorräder (MR) sowie
•
die drei zu schweren Nutzfahrzeugen (SNF) zusammengefassten Kategorien Lastwagen (LW), Lastzüge (LZ) und Sattelzüge (SZ).
PW, LNF und MR werden zur Verkehrsart „leichte Motorwagen (LMW)“,
Cars und SNF zur Verkehrsart „schwere Motorwagen (SMW)“ zusammengefasst. Wo die im Unfallkostenteil von ECOPLAN/INFRAS 2010 (Seite 16)
umklassierten Kleinbusse und Kleinbustaxis bei der Stauzeitkostenermittlung
aufscheinen, ist nicht erkennbar.
(2)
Die Zuordnung der Cars (Reisebusse) zu den SMW ist von ihrem
Stauverhalten her sicherlich gerechtfertigt, doch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich Cars in anderer, hier aber dennoch relevanter Hinsicht deutlich
von den SNF unterscheiden (wozu sich in ECOPLAN/INFRAS 2010 allerdings
kein Hinweis findet):
•
Sie zahlen keine echt leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe,
sondern sind gemäss Art. 4 SVAG pauschaliert.
•
Sie unterliegen nicht dem Sonntags-, Feiertags- und Nachtfahrverbot.
•
Sie haben vermutlich einen deutlich anderen Stauzeitkostensatz als
die SNF (siehe unter nachfolgender Textziffer).
Daher wäre es sinnvoll, diese Fahrzeugkategorie separat zu betrachten und
nicht mit dem Fahrzeugkollektiv schwerer Nutzfahrzeuge zu vermengen.
(3)
Ebenfalls auf Seite 27 von ECOPLAN/INFRAS 2010 werden Stauzeitkostensätze benannt, welche aus dem Vorgänger-Bericht (ARE 2007) über-
3
Als Cars werden in der Schweiz üblicherweise die (privaten) Reisebusse bezeichnet. Zur selben Fahrzeugkategorie müssten aber auch die Linienbusse des öffentlichen Nah- und Regionalverkehrs gehören, zu
denen und zu deren Behandlung in ECOPLAN/INFRAS 2010 allerdings nichts ausgesagt wird.
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nommen wurden. Angegeben werden in ECOPLAN/INFRAS 2010 allerdings
nur die Werte für PW (28 CHF/h) und für leichte und schwere Nutzfahrzeuge
(je 116 CHF/h); für MR und Cars (die im Vorgänger-Bericht überhaupt nicht
vorkommen) sind keine Stauzeitkostensätze definiert.
(4)
Den zitierten Zeitkostensatz von 28 CHF/h für PW, der laut ECOPLAN/
INFRAS 2010 (Seite 27) aus der alten Studie (ARE 2007) übernommen worden ist, wird man in ARE 2007 allerdings vergeblich suchen: Er ist dort nicht
zu finden. Rückfragen beim ARE haben ergeben, dass es sich bei den in ARE
2007 (Seite 118) angegebenen Zeitkostensätzen für PW um die Dimension
„CHF je Personenstunde“ [CHF/P-h] handelt, bei den 28 CHF/h jedoch um die
Dimension „CHF je Fahrzeugstunde“ [CHF/Fz-h], gemittelt aus den Fz-hAnteilen, Besetzungsgraden und Einzel-Zeitkostensätzen je Personenstunde
von den vier PW-Fahrtzwecken (Pendler, Einkauf, Nutzverkehr und Freizeit).
Wenn man dies mit den Zahlen von ARE 2007 (Seite 118) nachrechnet,
kommt man allerdings nicht auf 28 CHF/Fz-h, sondern auf 27 CHF/Fz-h.
(5)
Kann man dies noch als Ungenauigkeit betrachten, so ist dies nicht
mehr möglich, wenn man nun den relevanten Durchschnittszeitkostensatz der
LMW insgesamt als gewogenes Mittel aus PW und LNF ermittelt. Gemäss
ARE 2007 (Seite 118) ergibt sich dieser Wert zu 31,15 CHF/Fz-h, mit dem
definitiv (in der Dimension „CHF je Fahrzeugstunde“) zu rechnen wäre. Dieser
einzig rechnungsrelevante Mischwert findet sich jedoch in der neuen Studie
ECOPLAN/INFRAS 2010 nirgends. Da nur Stauzeitkosten und keine Stauzeiten mitgeteilt werden, kann dieser Zeitkostensatz der LMW auch nicht rückgerechnet werden. Auf entsprechende Anfrage konnte vom ARE in Erfahrung
gebracht werden, dass in der neuen Studie, die hier zum Audit ansteht, definitiv mit 35 CHF/Fz-h gerechnet wurde. Die Abweichung gegenüber den 31,15
CHF/Fz-h wurde mit einer (nicht näher quantifizierten) Veränderung der Anteile von PW und LNF innerhalb der LMW begründet. Von einer solchen Strukturveränderung innerhalb der LMW ist aber in ECOPLAN/INFRAS 2010 nirgends die Rede, ganz im Gegenteil wird dort der Eindruck erweckt, als ob sich
bei den LMW nichts geändert habe.
(6)
Insgesamt ist die Darstellung der Zeitkostensätze in ECOPLAN/
INFRAS 2010 äusserst intransparent und widersprüchlich. Sie entspricht keinesfalls der besonderen Tragweite und Bedeutung dieser wichtigen Eingangsgrössen. Korrekt gewesen wäre es, die Zeitkostentabelle von Seite 118
aus ARE 2007 in der neuen Studie so auszuweisen, wie mit ihr tatsächlich
gerechnet wurde. Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass ihr
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Weglassen sogar strategisch bedingt war und letztlich dazu dient, nichts überprüfen zu können.
5.3 Stauzeiten-Mengengerüst
(1)
Das grösste Manko und Ärgernis des Stauzeitkosten-Berichtsteils besteht darin, dass keine einzige Zahl zum Stauzeiten-Mengengerüst [FzStaustunden/a], weder insgesamt noch nach Verkehrsarten und Ursachen
differenziert, angegeben wird. Das bewirkt, dass keine einzige Ergebniszahl
der Stauzeitkosten überprüft werden kann. Unabdingbar wäre zumindest eine
tabellarische Zusammenstellung von Stauzeiten, Stauzeitkostensätzen und
Stauzeitkosten in der Differenzierung nach Verkehrsarten, wie sie im Vorgänger-Bericht (ARE 2007) auf Seite 118 wiedergegeben ist. Dort war die Frage
der Verursachung allerdings noch irrelevant. Eine aktualisierte Tabelle müsste
also überdies die weitere Differenzierung des Stauzeiten-Mengengerüstes
nach verkehrsartenspezifischen Verursachungen enthalten.
(2)
Wir wollen hier unsere Befürchtung äussern, dass gerade die neu hinzugekommene Aufgabenstellung der – zugegebenermassen sehr schwierigen – Verursachungszuweisung von Stauzeiten an die beiden trennscharfen
Verkehrsarten „leichte Motorwagen (LMW)“ und „schwere Motorwagen
(SMW)“, wie sie nun aufgrund des Bundesgerichtsurteils vom 19.4.2010 erforderlich wurde, die Ursache für die Nicht-Offenlegung dieses StauzeitenMengengerüstes ist. Die Unmöglichkeit der Überprüfung dieses für alle weiteren Berechnungen erforderlichen Stauzeiten-Mengengerüstes führt auch dazu, dass nahezu alle weitere Kritik unsererseits unterbleiben könnte, da sie
grossteils nur auf Vermutungen und Plausibilitätsüberlegungen basieren kann.
Die nachfolgenden Kritikpunkte sind somit unter diesem Vorbehalt zu verstehen.
5.4 Stauursachen und zeitlicher Anfall
(1)
Da ECOPLAN/INFRAS 2010 mit dem Anspruch und Auftrag antritt,
gegenüber dem Vorgänger-Bericht (ARE 2007) ein zentrales Augenmerk auf
die Stauverursachung und ihre korrekte verkehrsartenspezifische Anlastung
zu werfen, ist es unverständlich, dass zu den verschiedenartigen Stauursachen und ihren quantitativen Anteilen in ECOPLAN/INFRAS 2010 nichts aus-
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gesagt wird, wenn man davon absieht, dass auf eine Staustatistik in der Differenzierung nach Überlast, Baustellen und Unfällen hingewiesen wird
(ECOPLAN/INFRAS 2010, Seite 26). Wir wollen dieses Manko hier insoweit
beheben, als es für die vorliegende Aufgabenstellung von Belang ist.
(2)
Als Stauursachen kann man grob zwei grosse Gruppen unterscheiden:
•
Solche, die ursächlich dem Verkehrsgeschehen angelastet werden
können (verkehrsbedingter Stau):
Hier ist wiederum eine Dreiteilung zweckmässig:
•
o
Normale Überlastung: Die Verkehrsnachfrage übersteigt (meist
zu denselben Tageszeiten und an denselben Stellen des
Strassennetzes) die im Regelfall vorhandene Infrastrukturkapazität (kapazitätsbedingter Stau).
o
Unfälle, wenn durch die Konstellation des Unfalles die Kapazität des Infrastrukturquerschnittes befristet reduziert ist (unfallbedingter Stau)
o
Pannen und Brände (sofern sie nicht zu Unfällen führen)
Solche, die ursächlich nicht dem Verkehrsgeschehen angelastet
werden können (nicht verkehrsbedingter Stau): Dazu zählen
Baustellen und (meist kurzzeitige) extreme Witterungsbedingungen.
(3)
Es ist unmittelbar einsichtig, dass man für nicht verkehrsbedingte
Stauursachen den Verkehrsteilnehmenden keine Stauabgabe anzulasten berechtigt ist. Das heisst, diese Ursachengruppe ist aus dem Anlastungsprozess
für sämtliche Verkehrsteilnehmende auszuscheiden.
(4)
Im Vorgänger-Bericht (ARE 2007) war auf Seite 121 für diese nicht
verkehrsbedingten Stauursachen ein Stauzeitanteil von 30 % angegeben. (Da
es dort nicht um Verursachung ging, wurden die 30 % dort auch nicht abgezogen.) Dazu findet sich unverständlicherweise in ECOPLAN/INFRAS 2010
nicht der geringste Hinweis. Wir vermuten daher, dass – ebenso wie in dem
Vorgänger-Bericht (ARE 2007) – nichts für nicht verkehrsbedingte Stauursachen abgezogen wurde.
(5)
Da es gemäss dem Auftrag und Anliegen von ECOPLAN/INFRAS
2010 vorrangig wichtig ist, die Verursachung von Stauzeiten bzw. Stauzeitkosten seitens der SMW an die LMW zu ermitteln, ist ausserdem zwingend zu
berücksichtigen, dass es Zeiten gibt, in denen SNF gar nicht an Staus beteiligt
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sein können, also zu Zeiten des Sonntags-, Feiertags- und Nachtfahrverbotes
für dieselben. Diese Zeiten machen (ohne Feiertage) 66 von 168 Wochenstunden, also nahezu 40 % aus. Für eine wechselseitige Staubeeinflussung
bzw. Stauverursachung stehen also wöchentlich nur 102 Stunden zur Verfügung. Auch dazu wird direkt nichts in ECOPLAN/INFRAS 2010 ausgesagt.
Indirekt mag dieser Effekt in den verwendeten Tagesganglinien, die (angeblich) nach Fahrzeugkategorien und Tagestypen (Werktag, Samstag, Sonntag)
unterscheiden, berücksichtigt sein. Erforderlich wären aber nicht nur diese,
sondern auch die Kenntnis der Uhrzeiten der empirisch registrierten (und nicht
rechnerisch modellierten) Staus, sodass eine eindeutige uhrzeitmässige Zuordnung von Verkehrsstärken (und ihrer Verkehrsartenzusammensetzung!)
einerseits und von Staus andererseits gewährleistet ist. Wir melden aus unserer Erfahrung Zweifel daran an, dass die offenbar recht pauschalen Betrachtungen von ECOPLAN/INFRAS 2010 diesen Sachverhalt angemessen berücksichtigen. Wir finden es jedenfalls erstaunlich, dass dieses Zuordnungsproblem in ECOPLAN/INFRAS 2010 explizit gar nicht erwähnt ist. Und wir
betonen ihn hier, weil eine wesentlich plausiblere Alternativrechnung, die wir
in Teilbericht 2 (TB2) vorstellen, diesen Effekt explizit berücksichtigen wird.
5.5 Stauäquivalente Gewichtungsfaktoren für die
Verkehrsarten
(1)
Vorweggenommen sei, dass die gesamte Methodik der Quantifizierung
der Stauzeitkostenverursachung seitens der SMW an die LMW in
ECOPLAN/INFRAS 2010 ausschliesslich auf stauäquivalenten Gewichtungsfaktoren von SMW und LMW basiert, dass diesen somit elementare und
dominante Bedeutung zukommt.
(2)
Wir teilen die Auffassung von ECOPLAN/INFRAS 2010 (Seite 28),
dass ein SMW sich hinsichtlich Stauveranlassung im Mittel äquivalent verhält
wie etwa 2,5 PW:
1 SMW entspricht 2,5 PW.
(3)
Allerdings ist noch eine ergänzende Korrektur erforderlich, denn die
LMW sind ja nicht identisch mit den PW; LMW enthalten über die PW hinaus
insbesondere noch sämtliche Nutzfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht bis zu 3,5 Tonnen und die (umklassierten) Kleinbusse und Kleinbustaxis sowie – für Staubildung zu gewissen (Urlaubs-)Zeiten besonders re-
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levant – PW mit (Wohnwagen-)Anhänger. Wir nehmen daher als Mittelwert für
alle LMW eine stauäquivalente Gewichtung von 1,25 PW an:
1 LMW entspricht 1,25 PW.
(4)
Daraus leitet sich die hier einzig relevante Gewichtungsrelation ab:
1 SMW entspricht (stauäquivalent) 2 LMW.
(5)
Diese Gewichtungsrelation 1 : 2 wird auch in den Argumenten der relevanten Capacity-Restraint-Funktionen (bzw. von deren Kehrwerten) der
EWS 1997 (FGSV 1997, etwa Seite 22-23) verwendet. Dabei ist die Abgrenzung der beiden dort genannten Verkehrsarten P (Personenverkehr) und GV
(Güterverkehr) nahezu identisch wie die zwischen LMW und SMW in
ECOPLAN/INFRAS 2010. Lediglich wird dort die Grenze für die Zurechnung
von LNF zu PW mit 2,8 Tonnen statt 3,5 Tonnen höchstzulässigem Gesamtgewicht festgelegt (FGSV 1997, Seite 18).
5.6 Berücksichtigung der Gewichtungsfaktoren
in Capacity-Restraint-Funktionen zur
Stauzeitenermittlung
(1)
Die verursachungsgerechte Anlastung von Stauzeitkosten der SMW,
wie sie in ECOPLAN/INFRAS 2010 letztlich gehandhabt wurde, geht aus deren „zweiter Variante“ hervor, wie sie dort auf Seite 28 beschrieben ist: Die
SMW haben aufgrund ihrer Beschaffenheit (grösser, länger, schwerer, geringeres Beschleunigungsvermögen als LMW) einen „gesteigerten Gemeingebrauch“ der Infrastruktur, der abzugelten ist: „Die Umsetzung dieses Ansatzes erfolgt mittels der Gewichtungsfaktoren für die Umrechnung von SMW in
PWE (Personenwageneinheiten). Hier wird ein Stauzustand berechnet, bei
dem die SMW mit einer Gewichtung von 1,0 (statt z.B. 2,5 im Referenzzustand) berücksichtigt werden. … der den SMW anzulastende Teil [wird] durch
Vergleich mit dem Referenzzustand eruiert.“
(2)
Wir teilen – wie schon im vorigen Abschnitt erwähnt – die Grundauffassung, dass SMW einen „gesteigerten Gemeingebrauch“ der Infrastruktur
haben, der abzugelten ist. Aber zunächst ist einmal zu fragen und zu prüfen,
inwieweit dieser „gesteigerte Gemeingebrauch“ bereits in den (gegenüber den
PW spezifisch wesentlich höheren) Infrastrukturabgeltungen der SMW enthal-
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ten ist. Doch halten wir daran fest, dass wir beim reinen Argument „Stauzeiten“ einen SMW für stauäquivalent mit 2,5 PW bzw. mit 2,0 LMW halten.
(3)
In diesem Abschnitt wollen wir nun versuchen, den von
ECOPLAN/INFRAS 2010 gewählten konkreten Anlastungsvorgang und dessen extrem SMW-ungünstige Folgen aufzuzeigen. (Die darüber hinausgehende Grundsatzproblematik werden wir im folgenden Abschnitt erörtern.) Dazu
verweisen wir auf Abbildung 1, in der wir drei Deutungszustände aufzeigen,
die alle drei auf so genannten Capacity-Restraint-Funktionen (CRF) basieren.
Diese zeigen den Grundzusammenhang auf zwischen der Verkehrsbelastung
Q in einem homogenen Streckenabschnitt oder Streckenquerschnitt in der
Dimension [Fahrzeuge/h] (mit verschiedenen Dimensionsspezifikationen, z.B.
[PW/h] oder [PWE/h]) und der auf 1 km bezogenen Fahrzeit T (Kehrwert der
Geschwindigkeit), die in der Fachliteratur auch als „Zeitbedarfswert“ bezeichnet wird [h/km]. T0 ist der geringstmögliche Zeitbedarfswert im vollkommen
unbelasteten Zustand (Q = 0). Wenn die Verkehrsbelastung ansteigt und in
die Nähe der Infrastrukturkapazität C rückt, steigt der Zeitbedarfswert T sehr
stark an. (Die komplexen Zusammenhänge im Bereich von Q = C können hier
nicht erörtert werden, obwohl gerade dieser Bereich den eigentlichen Staubereich darstellt.)
(4)
Abbildung 1 ist als didaktisch intendierte, schematische Prinzipskizze
zu verstehen, um das von ECOPLAN/INFRAS 2010 (vermutlich) gewählte
Vorgehen (und ein alternatives dazu) aufzuzeigen. Aus didaktischen Gründen
behalten wir in dieser Abbildung die (inkorrekte) stauäquivalente Gleichsetzung von PW und LMW mit je 1 PWE von ECOPLAN/INFRAS 2010 bei. Die
drei angesprochenen Systemzustände sind die folgenden:
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A. Basiszustand
Es wird unterstellt, dass die SMW mit dem Gewichtungsfaktor 1 SMW = 1 PW
in den CRF enthalten sind. Schon an dieser Stelle muss betont werden, dass
man nicht eine bestimmte Fahrzeugkategorie bzw. Verkehrsart an bestimmten
Stellen der CRF-Abszisse einordnen kann: Verschiedene Fahrzeugkategorien
bzw. Verkehrsarten sind „irgendwie“ in der jeweiligen Verkehrsbelastung Q
enthalten bzw. verteilt. Daher auch die Aussage, dass Stau ein unteilbares
Ganzes, ein „Gemeinschaftswerk“ aller in Q enthaltenen Fahrzeuge darstellt.
Wir haben in den Basiszustand die beiden extrem möglichen Zuordnungen
(mit ΔPW = SMW mit Gewichtungsfaktor 1) angedeutet. Die SMWungünstigste Einordnung besteht darin, die SMW ganz rechts in der CRF (bei
Q = QB) als „Spitzenlast“ einzuordnen, die SMW-günstigste darin, die SMW
ganz links in der CRF (bei Q = 0) als „Grundlast“ einzuordnen.
B. Zustand mit SMW als Spitzenlast
Hier werden nun die ΔPW ganz rechts „an der Spitze“ durch SMW ersetzt.
(Die Grafik ist so gehalten, dass ein stauäquivalenter Gewichtungsfaktor von g
= 2,5 PWE/SMW zum Ausdruck kommt.) Das heisst, QB vom Basiszustand
wächst nun um ΔPW*(1-g), was zu einer beträchtlichen Erhöhung ΔT des
Zeitbedarfswertes TB führt. Und dieser Wert ΔT wird (wenn wir die Argumentation von ECOPLAN/INFRAS 2010 richtig verstanden haben) vollständig den
SMW angelastet: ΔT = ΔTSMW. Dieser Zustand wird in ECOPLAN/INFRAS
2010 (Seite 28 und 29) als „Referenzzustand“ bezeichnet. Diese Argumentation erscheint bei erstem Hinsehen sehr plausibel, und zwar so plausibel, dass
man als Laie gar nicht auf die Idee kommt, dass sie extrem einseitig – und
damit unfair – sein könnte. Zur Aufdeckung dieser Einseitigkeit folgt nun Zustand C.
C. Zustand mit SMW als Grundlast
Hier werden nun die ΔPW ganz links „als Grundlast“ (bei Q = 0) durch SMW
ersetzt. Zwar wächst nun QB vom Basiszustand wiederum genau um ΔPW*(1g), was wiederum in Summe zur identischen Erhöhung des Zeitbedarfswertes
TB um ΔT führt. Aber die Zuscheidung von ΔT zu PW (ΔTPW) und SMW
(ΔTSMW) ist eine ganz andere, nämlich eine für die SMW extrem günstige.
Selbstverständlich vertreten wir nicht diese extrem SMW-günstige Position,
ebenso wenig wie die im Zustand B aufgezeigte und von ECOPLAN/INFRAS
2010 (offensichtlich) in Rechnung gestellte extrem SMW-ungünstige Position
des Referenzzustandes.
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T [h/km]
A:
A: Basiszustand
Basiszustand
TB
T0
∆PW
∆PW
QB
T [h/km]
Q [PW/h = PWE/h]
C
B:
B: Zustand
Zustand mit
mit SMW
SMW
als
als Spitzenlast
Spitzenlast
∆T = ∆TSMW
∆TPW = 0
TB
T0
∆PW
∆PW·(g-1)
QB
PW
Q [PWE/h]
C
SMW in [PWE]
T [h/km]
C:
C: Zustand
Zustand mit
mit SMW
SMW
als
als Grundlast
Grundlast
∆T
∆TPW
∆TSMW
TB
∆TSMW
T0
∆PW
∆PW·(g-1)
PW
SMW in [PWE]
QB
C
Q [PWE/h]
Abbildung 1: Capacity-Restraint-Funktionen (CRF) zur Berücksichtigung eines
stauäquivalenten Gewichtungsfaktors g von schweren Motorwagen (SMW) zur
Stauzeitanlastung an SMW (schematische Prinzipskizze)
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Vielmehr halten wir die von ECOPLAN/INFRAS 2010 gewählte Methodik für
untauglich. Wir beabsichtigen stattdessen, in Teilbericht 2 eine alternative Methodik vorzuschlagen, die auf einer Art stochastischer Aufteilung von SMW
innerhalb von QB + ΔPW*(1-g) basiert. Damit wollen wir einer einseitig interessengeleiteten Interpretation, wie sie die Zustände B und C darstellen, vorbeugen.
(5)
Ausdrücklich ist hier noch auf eine wichtige Inkonsistenz bei
ECOPLAN/INFRAS 2010 hinzuweisen: Dort gehen in die CRF statt der einzig
empirisch erfassbaren Zeitbedarfswerte (mit der Dimension [h/km]) unverkennbar bereits die mit den Zeitkostensätzen multiplizierten Werte (mit der
Dimension [CHF/km]) ein. Somit hängen die CRF von Zeitkostensätzen ab,
was (von der Kausalität her) gänzlich sinnwidrig ist, da in CRF stets die Abhängigkeit der (kilometerspezifischen) Fahrzeiten (nicht aber der Fahrzeitkosten) von der Verkehrsbelastung abgebildet wird. Dieser Effekt verstärkt die
oben genannte für die SMW ungünstige „Spitzenlast-Wirkung“ noch einmal
erheblich.
5.7 Logik der Verursachungsquantifizierung
(1)
Gänzlich unabhängig davon, wo und wie die SMW in der CRF angesiedelt bzw. verteilt sind (siehe Abschnitt 5.6), ist hier die grundlegende Logik
von ECOPLAN/INFRAS 2010 zur Konstituierung und Ermittlung der von SMW
an LMW verursachten Stauzeitkosten aufzugreifen und kritisch zu hinterfragen. Diese „Anlastungslogik“ besteht (vermutlich) aus folgenden drei Schritten
(ECOPLAN/INFRAS 2010, Seite 28-29):
1. Zunächst wird ein (neuer) Referenzzustand für die Realität des Jahres
2005 (identisch gesetzt mit 2008) gebildet, in dem die SMW mit Gewichtungsfaktor 2,5 (statt wie in ARE 2007 mit 1,0) in die Berechnungen eingehen. (Schon hier sei mit Nachdruck darauf hingewiesen,
dass die Ergebnisse aus ARE 2007 (die auch auf Seite 28 von
ECOPLAN/INFRAS 2010 wiedergegeben sind) – wie bereits in Cerwenka/Meyer-Rühle 2010 nachgewiesen – eindeutig von einer Verkehrsart erlittene und keine von ihr verursachten Stauzeitkosten sind!)
2. Danach wird ein (fiktiver) Zustand mit Gewichtungsfaktor 1,0 für die
SMW gerechnet. Man müsste nun annehmen, dass dieser Zustand
wieder identisch mit der alten Rechnung aus ARE 2007 ist, weil ja dort
beide Verkehrsarten gleichgewichtet waren bzw. gar keine Gewichtungsdifferenzierung stattfand. Allerdings gibt es nun ganz andere Er-
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gebnisse, die wohl – irgendwie – auf eine nicht nachvollziehbare Umeichung im 1. Schritt zurückzuführen sind. Welche Parameter variiert
wurden, um die alte Stauzeitkostensumme des Jahres 2005 in Höhe
von 1240 Mio. CHF (Tabelle 3-5, Seite 28 von ECOPLAN/INFRAS
2010) mit der neuen
Stauzeitkostensumme
des Referenzzustandes
von 2008 in Höhe von
wiederum 1240 Mio. CHF (Tabelle 3-6, Seite 29 von ECOPLAN/
INFRAS
2010)
in
Übereinstimmung
zu
bringen, ist nicht nachvollziehbar. Im Übrigen
ist es gänzlich widersinnig, über eine Identität von Stauzeitkostensummen zu eichen. Sinnvoll kann es nur sein, über die Identität von
Stauzeitsummen zu eichen, denn nur letztere können gemessen, registriert, beobachtet werden und bilden das Basismengengerüst aller
Berechnungen. Stauzeitkosten werden erst nachträglich durch Zuweisung von an sich beliebigen und höchst wandelbaren Stauzeitkostensätzen errechnet. Wenn es aber eine Identität von (messbaren)
Stauzeitsummen in den beiden genannten Systemzuständen geben
soll, dann muss sich, wenn sich aufgrund der nachträglichen Berücksichtigung von Gewichtungsfaktoren für SMW ein geringerer Stauzeitanteil für die (kostenintensiveren) SMW ergibt (wie in Tabelle 3-6 ausgewiesen), die Stauzeitkostensumme (gegenüber den zuvor errechneten 1240 Mio. CHF) zwingend reduzieren.
3. Schliesslich wird zur Definition der von den SMW an die LMW verursachten Stauzeitkosten die Differenz der beiden genannten Systemzustände herangezogen. Auch diese Argumentation könnte auf
den ersten Blick plausibel erscheinen. Sie ist jedoch unhaltbar, wie nun
gezeigt wird.
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(2)
Wenn man die Sichtweise „Verkehrsart“ zur Definition der Externalität
heranzieht, wie sie das Bundesgericht in seinem Urteil vom 19.4.2010 nun für
rechtsverbindlich erklärt hat, so gibt es bei zwei vorhandenen Verkehrsarten
(LMW und SMW) zwingend genau folgende vier Anlastungsmöglichkeiten für
Stauzeitkosten:
1. Von LMW an LMW (intern innerhalb LMW)
2. Von LMW an SMW (zwar extern von LMW an SMW, jedoch nicht verrechenbar, da im SVAG nicht vorgesehen, somit diskriminierend)
3. Von SMW an LMW (extern von SMW an LMW, gemäss Bundesgerichtsurteil nach Sichtweise „Verkehrsart“ zu verrechnen)
4. Von SMW an SMW (intern innerhalb SMW)
(3)
Und diese vier Anlastungen (egal ob intern oder extern, ob verrechenbar oder nicht verrechenbar) bestehen ihrem Wesen nach immer, sofern beide Verkehrsarten in einem Infrastrukturabschnitt gemeinsam vorhanden sind
(also etwa nicht während eines SNF-Fahrverbotes). Und diese Anlastungen
bestehen (nicht der Höhe nach, aber dem Grundprinzip nach) auch völlig unabhängig davon, welcher Gewichtungsfaktor für SMW gegenüber LMW
gewählt wird (ausser wenn er Null wäre, aber dann wäre eben eine der beiden Verkehrsarten nicht vorhanden). Was aber geschieht mit der zitierten Argumentationslogik von ECOPLAN/INFRAS 2010? Im Falle von Gleichgewichtigkeit (SMW : LMW = 1 : 1) kann es nach deren Definition überhaupt keine
Externalität geben, weil die Differenz der beiden genannten Systemzustände
dann genau Null ist! Dies ist – wenn man sich die Sichtweise „Verkehrsart“ zu
Eigen macht (was wir nach wie vor nicht tun, aber aufgrund eines höchstgerichtlichen Urteils zur Kenntnis zu nehmen haben) – widersprüchlich, inkonsistent und daher unbrauchbar.
(4)
Dass dieses Vorgehen den Autoren von ECOPLAN/INFRAS 2010
selbst nicht ganz geheuer erscheint, wird aus dem kryptischen Versuch ihrer
eigenen Ergebnisinterpretation ersichtlich (worauf wir in Abschnitt 5.8 noch
eingehen werden), wo sie nach ihren verblüffenden, aber auf nicht logischen
Annahmen basierenden Ergebnissen selbstkritisch äussern, dass das „Fragen
zu den verschiedenen Methoden aufwirft“ (ECOPLAN/INFRAS 2010, Seite
29). Diese Fragen werden allerdings nicht befriedigend beantwortet.
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5.8 Versuch einer Ergebnisbeurteilung
(1)
Nach der Fülle der in den vorangehenden Abschnitten aufgezeigten
Unzulänglichkeiten in ECOPLAN/INFRAS 2010 (Vorenthaltung des kompletten Stauzeiten-Mengengerüstes, Inkonsistenzen, Widersprüchlichkeiten, Einseitigkeiten) gerät man bei dem Versuch einer umfassenden Beurteilung bzw.
Interpretation der (etwa dort in Tabelle 3-6, Seite 29 ausgewiesenen) Ergebnisse nahezu unweigerlich in die Nähe von Verschwörungstheorien, wovon wir
uns jedoch nachdrücklich distanzieren wollen. Wir können lediglich versuchen,
einige weitere ungeklärte Auffälligkeiten aufzuzeigen. Prototypisch mag hierfür
die Tabelle 3-7 (ECOPLAN/INFRAS 2010, Seite 29) herangezogen werden,
die laut ihrer Überschrift „Zusatzkosten durch einen PW bzw. einen LW (Beispiel Autobahn)“ ausweist. Dazu zunächst einmal zwei fundamentale Irritationen:
1. In der Kopfzeile stehen die beiden Verkehrsarten LMW und SMW, in
der linken Randspalte dagegen die beiden Fahrzeugkategorien PW
und LW. Wahrscheinlich muss es in der Randspalte ebenfalls LMW
und SMW heissen. Aber man weiss es nicht.
2. Es ist von der Dimensionsangabe her unmöglich bzw. uninterpretierbar, dass 1 PW (oder 1 LW) bei LMW (oder bei SMW) Zusatzkosten in
Höhe eines bestimmten (welchen auch immer) CHF-Betrages verursacht. Solche Kosten können nur während einer bestimmten (anzugebenden) Stauzeit oder bei Zurücklegung einer bestimmten (anzugebenden) Staustrecke anfallen. (Es ist so ähnlich wie die Analogie, dass
Energieverbrauchskosten nur in Bezug auf Kilowattstunden, aber nicht
in Bezug auf Kilowatt angegeben werden können.) Die in Tabelle 3-7
ausgewiesene Dimensionsangabe ist somit sinnlos.
(2)
Darüber hinaus wären – selbst wenn die beiden genannten Unstimmigkeiten irgendwie zu bereinigen wären – die ausgewiesenen Zahlenrelationen absolut unglaubwürdig. Wir greifen nur die beiden „externen“ Zusatzkosten aus dieser Tabelle heraus:
1 PW verursacht Zusatzkosten bei SMW von 112 CHF.
1 LW verursacht Zusatzkosten bei LMW von 1053 CHF.
(3)
Vollends verwirrt ist man schliesslich dadurch, dass in der auf Tabelle 3-7 unmittelbar folgenden Tabelle 3-8, die dieselbe (nicht interpretierbare)
Struktur aufweist, sich statt der beiden oben zitierten Werte (112 CHF bzw.
1053 CHF) nun die beiden folgenden finden:
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1 PW verursacht Zusatzkosten bei SMW von 10000 CHF.
1 LW verursacht Zusatzkosten bei LMW von 273000 CHF.
Tabelle 3-7 gilt für „(Beispiel Autobahn)“, Tabelle 3-8 für „pro Zählstelle (Gesamtsystem)“. Man sollte erwarten, dass Beispiele einen komplizierten Sachverhalt verständlicher machen; diese Beispiele bewirken aber exakt das Gegenteil. Daraus „Kernaussagen“ abzuleiten, erscheint geradezu mysteriös.
(4)
Ähnlich unglaubwürdig ist angesichts der Stauzeitkostensätze von rund
30 CHF/Fz-h für LMW und 116 CHF/Fz-h für SMW das aus Tabelle 3-6 herauszulesende Ergebnis, wonach SMW (nur) 73 Mio. CHF an Stauzeitkosten
selbst erleiden, aber 269 Mio. CHF den LMW verursachen. Dieses Ergebnis
ist so unplausibel, dass sich sogar die Autoren von ECOPLAN/INFRAS 2010
(Seite 29) dazu äussern und es zu erklären versuchen. Aber die Erklärung
wirkt „bemüht“ und ist unbefriedigend und dürfte vor allem auf den Umstand
zurückzuführen sein, dass die SMW komplett als Spitzenlast in den CRF eingesetzt werden (siehe Abschnitt 5.6).
(5)
Wir wollen den Versuch einer sachlichen Interpretation der Ergebnisse
hiermit beenden und nur noch anfügen, dass die elementar wichtige Randbedingung, wonach die Summe der erlittenen Stauzeitverluste (bzw. Stauzeitverlustkosten) gleich der Summe der verursachten Stauzeitverluste (bzw. Stauzeitverlustkosten) sein muss, nicht kontrolliert werden kann, da überhaupt keine Stauzeiten ausgewiesen werden und man somit nicht nachprüfen kann, ob
die adäquaten Stauzeitkostensätze den einzelnen Teilen des StauzeitenMengengerüstes korrekt zugeordnet wurden. Das verstösst gegen elementare
Grundsätze der Nachprüfbarkeit und leistet der Vermutung Vorschub, dass es
hier etwas zu verbergen gibt.
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6
Audit Prognose
(1) Die Prognose der externen Kosten in ECOPLAN/INFRAS 2010 erstreckt
sich auf die Jahre 2008 bis 2015. Die Autoren verwenden hierbei ein „Aktualisierungstool externe Kosten“, das uns nicht vorliegt – es wird auf der AREHomepage nicht zur Verfügung gestellt.
(2) Das Verkehrsmengengerüst stammt aus dem Arbeitspaket 1 der „Weiterentwicklung der LSVA“ (ECOPLAN/INFRAS 2010a). Die Verkehrsleistungen und der mittlere Beladungsgrad der SNF waren hier bis 2008 weitergeführt und für die Jahre 2009 bis 2015 prognostiziert worden. Daraus ergab sich die Prognose der Fahrleistungen. Die Prognose der Verkehrsleistung
zeigt in 2009 gegenüber 2008 einen Einbruch um 5,1 % von 15’182 auf
14’405 Mrd. Tonnenkilometer; die Nachfrage wird nach den Erwartungen bis
2015 wieder um 10 % auf 15,8 Mrd. Tonnenkilometer ansteigen
(ECOPLAN/INFRAS 2010a, Seite 13), im Jahresdurchschnitt um 1,6 %. Da im
selben Zeitraum ein Ansteigen des mittleren Beladungsgrades etwa im Binnenverkehr um rund 6 % und im Transitverkehr um 3 % erwartet wird
(ECOPLAN/INFRAS 2010a, Seite 15), wird ein Ansteigen der gesamten SNFFahrleistungen im Zeitraum 2009 bis 2015 um lediglich 3,6 % erwartet4. Diese
Prognose stimmt im Grundsatz überein mit eigenen Prognosen von ProgTrans
zum Güterverkehr in der Schweiz (vgl. ProgTrans 2010), die allerdings alle
LW ab 1 Tonne zulässiger Nutzlast betreffen. Die ProgTrans-Prognose weist
ein noch leicht schwächeres Wachstum der Transportnachfrage bzw. der Verkehrsleistung (8,3 % für den Zeitraum 2009 bis 2015) und, aufgrund verbesserter Fahrzeugauslastung, praktisch eine Stagnation der Fahrleistungen im
selben Zeitraum aus.
(3) Wegen „knapper Budgetmittel“ musste die Prognose der nicht anderweitig verfügbaren Inputvariablen in ECOPLAN/INFRAS 2010 mit „sehr einfachen
Prognosemethoden“ auskommen, im Wesentlichen mit der Extrapolation von
jährlichen Wachstumsraten bzw. von linearen Trends. Details werden in dem
Bericht nicht dokumentiert.
(4) Die Nachführung der externen Kosten des Schwerverkehrs aus der
Sicht Verkehrsart zeigt erstaunlicherweise eine Zunahme der Unfallkosten von
149 auf 153 Mio. CHF von 2005 auf 2008 einschliesslich Inflation. Dieser An-
4
Der Prognosewert der SNF-Fahrleistung für 2015 (2291 Mio. SNF-Kilometer) liegt allerdings immer noch
unter dem Wert des Basisjahres 2008 (2330 Mio. SNF-Kilometer) (ECOPLAN/INFRAS 2010a, Seite 16).
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stieg ist angesichts des kontinuierlichen Rückgangs der Unfallraten nicht ohne
weiteres nachzuvollziehen. In den Folgejahren wird ein Rückgang auf 146
Mio. CHF in 2015 erwartet.
(5) Völlig unverständlich erscheint die prognostizierte Zunahme der Stauzeitkosten des Schwerverkehrs von 2008 auf 2015 um 35 % von 269 auf 363
Mio. CHF vor dem Hintergrund der prognostizierten Abnahme der Fahrleistungen der SNF im selben Zeitraum um 1,7 %. Dazu die Erklärung in
ECOPLAN/INFRAS 2010 (Seite 38):
„Bemerkenswert ist der Umstand, dass die Staukosten des Schwerverkehrs 2015 höher sind, obwohl die Fahrleistung der SMW kleiner ist als
2008. Der Grund liegt darin, dass aufgrund namentlich des unterstellten
Wachstums des PW-Verkehrs von knapp 10% (2008-2015) die „Knappheit“ insgesamt zu- und somit die verfügbaren Kapazitäten abnehmen.
Unter diesen Umständen werden die pro SMW verursachten Zeitverzögerungen der SMW grösser. Dieser Effekt ist grösser als die Wirkung
der mengenmässigen Reduktion der SMW.“
(6) Diese Erklärung zeigt nun unmissverständlich die Wirkung der in Abschnitt 5.7 aufgezeigten (Un-)Logik der Verursachungsquantifizierung in
ECOPLAN/INFRAS 2010: Der Staat lässt sich vom schweren Güterverkehr
die Stauzeitkosten vergüten, die der leichte Strassenverkehr selber aufgrund
seiner erhöhten Strassennutzung verursacht, was an den Titel des Buches
von Franz Werfel erinnert: Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig (München, 1920).
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Schlussfolgerungen
(1)
Die Erwartungen des Bundesrates und des von ihm mit der Vergabe
der gegenständlichen Studie an ECOPLAN/INFRAS 2010 beauftragten ARE
waren aufgrund des zeitlichen Umfeldes und der vom Bundesrat angekündigten Anfechtung des Bundesverwaltungsgerichtsurteils vom 21. Oktober 2009
beim Bundesgericht offensichtlich die drei folgenden:
1. Die Sichtweise „Verkehrsart“ zur Definition externer Kosten der SMW
war zu rechtfertigen, um die Erträge aus der LSVA nicht zu schmälern.
2. Statt der im Jahr 2008 den SMW bereits verrechneten, von ihnen
selbst erlittenen Stauzeitkosten sollten die von den SMW den LMW
verursachten Stauzeitkosten ermittelt werden.
3. Zwar naturgemäss in der Beauftragung an ECOPLAN/INFRAS 2010
nicht explizit und für Aussenstehende nicht nachprüfbar deklariert,
aber jedenfalls von ECOPLAN/INFRAS 2010 tatsächlich geliefert, durften die gemäss Punkt 2. zu ermittelnden, von den SMW den LMW verursachten Stauzeitkosten nicht geringer ausfallen als die bereits im
Jahr 2008 hierfür den SMW verrechneten 204 Mio. CHF, denn andernfalls hätte es zu unangenehmen finanziellen Rückforderungen seitens
der Halter von SNF kommen können. (Dass die 204 Mio. CHF gar
nicht den SMW hätten verrechnet werden dürfen, da es sich eben eindeutig um deren selbst erlittene und nicht um die den LMW zugefügten
Stauzeitkosten handelt, sei hier ausdrücklich noch einmal festgehalten.)
Diese drei Erwartungen wurden von ECOPLAN/INFRAS 2010 vollumfänglich
erfüllt.
(2)
Alle bei unserem Audit offenkundig gewordenen Indizien, wie etwa
•
Zeitlage unmittelbar nach dem Bundesverwaltungsgerichtsurteil
und dessen Beeinspruchung beim Bundesgericht (siehe Kapitel 3,
Seite 7),
•
Vorenthaltung der (für jegliche Überprüfung unentbehrlichen) kompletten Mengengerüste der Unfälle (siehe Kapitel 4.2, Seiten 14f)
und der Stauzeiten (siehe Kapitel 5.3, Seite 19),
•
konfuser, teilweise widersprüchlicher Methodenmix (durchgängig in
Kapitel 5),
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•
unklärbare Vermischung von erlittenen und verursachten Stauzeitkosten (siehe Kapitel 5.7 und 5.8, Seiten 26ff),
•
nicht nachvollziehbar hinaufgesetzter Stauzeitkostensatz der LMW
(siehe Kapitel 5.2, Seiten 17f),
•
willkürliche Einordnung der SMW als Spitzenlast in den CapacityRestraint-Funktionen (siehe Kapitel 5.6, Seiten 22ff),
•
Unüberprüfbarkeit der elementar wichtigen Randbedingung Summe erlittener Stauzeiten = Summe verursachter Stauzeiten (siehe
Kapitel 5.8, Seite 30),
•
Unüberprüfbarkeit der Ergebnisse (siehe Kapitel 4.2, Seiten 14f
und Kapitel 5.7 und 5.8, Seiten 27ff),
•
unzutreffende Rechtfertigungsliteratur (siehe Kapitel 2, Seiten 5f),
verdichten sich zur Gewissheit, dass es sich um ein Interessengutachten im
Schnellverfahren handelt, dem das vom SVAG geforderte Gütesiegel „wissenschaftlich“ (im Sinne unserer in Kapitel 2 zusammengestellten Anforderungen
an dieses Gütesiegel) eindeutig zu verweigern ist und das der demokratiepolitischen Tragweite der Thematik in keiner Weise gerecht wird.
(3) Zu welch absurden Ergebnissen die ganze „Anlastungsakrobatik“ führt,
zeigt die Prognose der Stauzeitkosten: Weil die PW zunehmend auf die Strasse drängen und dadurch immer mehr Stau entsteht, muss der (gegenüber
dem Basisjahr 2008 abnehmende!) schwere Nutzfahrzeugverkehr stärker belastet werden.
(4) Bei der Überprüfung der externen Unfallkosten wurde darüber hinaus
deutlich, wie risikobehaftet die Berechnungen mit veralteten und nicht einmal
für die Schweiz originär ermittelten Kostensätzen sind.
(5)
Als Fazit drängt sich auf:
1. Die Bundesverwaltung ist noch weit davon entfernt, die vom Gesetz
verlangte periodische Aktualisierung der LSVA-Berechnungen in angemessener Weise sicherzustellen; wir halten eine Periodizität von 5
Jahren für angemessen.
2. Es gibt erhebliche Defizite im Hinblick auf die Wissenschaftlichkeit von
Methoden, Argumenten und Annahmen; ein Begleitgremium von unabhängigen und unvoreingenommenen Wissenschaftlern sollte die
Forschungsarbeiten begleiten und deren Qualität sichern.
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Strassenverkehrsstau in der Schweiz – Schlussbericht
Teilbericht 1: Audit Ecoplan-/Infras-Bericht vom 18. August 2010
TB1/Seite 34
progtrans
3. Höchst fragwürdig erscheint die Tatsache, dass im Rahmen der LSVA
ungedeckte immaterielle Unfallfolgekosten in Millionenhöhe beim
Schwerverkehr erhoben werden sollen, ohne dass diejenigen, die diese immateriellen Kosten erleiden, dafür kompensiert werden. Ähnliches gilt auch für andere Bereiche der externen Kosten wie z.B. Lärm
oder Gebäudeschäden.
4. In der kürzlich erschienenen Broschüre des ARE „Fair und effizient –
Die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) in der
Schweiz“ (ARE 2010) wird eine positive Bilanz gezogen. Unsere Analysen lassen erhebliche Zweifel sowohl an der Fairness als auch an
der Effizienz aufkommen. Man stellt unverkennbar eine zunehmende
Diskriminierung des Schwerverkehrs gegenüber den anderen Verkehrsarten des Strassenverkehrs fest: Die Überprüfung der Berechnungen im Einzelnen und die Analyse ihrer Implikationen lassen die
Vermutung aufkommen, dass nichts unversucht gelassen wurde, dem
schweren Nutzfahrzeugverkehr möglichst hohe Kosten anzurechnen.
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progtrans
Quellenverzeichnis Teilbericht 1
ARE (Bundesamt für Raumentwicklung) (2002): Unfallkosten im Strassen- und
Schienenverkehr der Schweiz 1998, Bern, 2002
ARE (Bundesamt für Raumentwicklung) (2007): Staukosten des Strassenverkehrs in der Schweiz, Aktualisierung 2000/2005, [Ittigen], 2007
ARE (Bundesamt für Raumentwicklung) (2010): Fair und effizient – Die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) in der Schweiz, [Ittigen], Januar 2010
ARE (Bundesamt für Raumentwicklung) (2010a): Auch in Zukunft wird der
Schwerverkehr seine Kosten nicht decken, Medienmitteilung, Ittigen,
14.10.2010
[http://www.are.admin.ch/dokumentation/00121/00224/index.html?lang=de&m
sg-id=35596 ; letztmalig abgerufen am 16.12.2010]
ARE/BAFU (Bundesamt für Raumentwicklung und Bundesamt für Umwelt)
(2008): Externe Kosten des Verkehrs in der Schweiz. Aktualisierung für das
Jahr 2005 mit Bandbreiten, Bern/Ittigen, Juli 2008
BFS/ARE (Bundesamt für Statistik und Bundesamt für Raumentwicklung)
(2006): Transportkostenrechnung (TRAKOS), Konzept und Pilotrechnung,
Expertenbericht, Zürich, 20. Oktober 2006
Cerwenka, Peter; Meyer-Rühle, Olaf (2010): Stauzeitkosten intern oder extern? – Zur Kompetenzanmassung des Schweizer Bundesgerichtes. In: Strasse und Verkehr, 96 (2010), Nr.9 (September), S.24-28
ECOPLAN (2008): Externe Kosten im Strassenverkehr. Grundlagen für die
Durchführung einer Kosten-Nutzen-Analyse, Forschungsauftrag 2005/204 des
Schweizerischen Verbandes der Strassen- und Verkehrsfachleute, Bern, 2008
ECOPLAN/INFRAS (2010): Berechnungsmethodik und Prognose der externen Kosten des Schwerverkehrs, Arbeitspaket 2 im Rahmen der „Weiterentwicklung der LSVA“ im Auftrag des Bundesamtes für Raumentwicklung,
Schlussbericht, Bern/Zürich/Altdorf, 18. August 2010
ECOPLAN/INFRAS (2010a): Ertragsprognose der leistungsabhängigen
Schwerverkehrsabgabe (LSVA), Arbeitspaket 1 im Rahmen der „Weiterentwicklung der LSVA“ im Auftrag des Bundesamtes für Raumentwicklung, Kurzbericht, Bern/Zürich/Altdorf, 13. Juli 2010
FGSV (Forschungsgesellschaft für Strassen- und Verkehrswesen) (1997):
Empfehlungen für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an Strassen (EWS),
Entwurf, Köln, 1997
INFRAS (1998): Staukosten im Strassenverkehr, im Auftrag des ASTRA,
Schlussbericht, Bern, 1998
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Teilbericht 1: Audit Ecoplan-/Infras-Bericht vom 18. August 2010
TB1/Seite 36
progtrans
ProgTrans (2008): Audit und Aktualisierung der „Transportrechnung Jahr
2003“, im Auftrag der ASTAG, Schlussbericht, Basel, 2008
ProgTrans (2010): World Transport Reports – Analyses and Forecasts, edition
2010 / 2011, Volume I, Basel, 2010
VSS (Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute)
Schweizer Norm SN 641 828 (2008): Kosten-Nutzen-Analysen im Strassenverkehr – Externe Kosten, Zürich, 2008
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Teilbericht 1: Audit Ecoplan-/Infras-Bericht vom 18. August 2010
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progtrans
Teilbericht 2 (TB2)
Konzeption und Umsetzung
Neuermittlung der
erlittenen und verursachten
Stauzeitverluste und
Stauzeitverlustkosten
des Schwerverkehrs
Stefan Rommerskirchen
(Projektleitung)
Peter Cerwenka
Simon Rikus
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Strassenverkehrsstau in der Schweiz – Schlussbericht
Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
TB2/Seite I
progtrans
Inhalt Teilbericht 2 (TB2)
Seite
Abkürzungen Teilbericht 2
TB2-IV
1
Hintergrund, Ziele und Aufgabenstellungen
TB2-1
2
Analyse der Datenverfügbarkeit und von Eckdaten zum
Strassenverkehrsstau in der Schweiz
TB2-4
2.1
Grundlagen
TB2-4
2.2
Erste Auswertungen von Staudaten
TB2-7
2.3
Erste Auswertungen von Verkehrsstärkedaten
TB2-13
2.4
Schlussfolgerungen aus den Analysen der Grundlagendaten
TB2-15
3
Neuermittlung der erlittenen Stauzeitverluste und
Stauzeitverlustkosten
TB2-16
3.1
Kritische Hinterfragung von ARE 2007
TB2-16
3.1.1
Staustatistik VIASUISSE
TB2-17
3.1.2
KABEWISTRA
TB2-18
3.1.3
Verkehrsmodell-UVEK (VM-UVEK)
TB2-19
3.2
Neue Ansätze und Berechnungen
3.2.1
3.2.2
3.2.3
TB2-22
1. Neuerungsbereich: Zusammenführung der
realen Staudaten mit realen Verkehrsstärkedaten
TB2-22
2. Neuerungsbereich: Ermittlung des Zusammenhangs zwischen Staudauern und Staulängen
TB2-31
3. Neuerungsbereich: Empirisch gestützte Ermittlung
der durch Stau reduzierten Geschwindigkeiten
TB2-37
3.3
Ergebnisse der Berechnungen erlittener Stauzeitverluste
TB2-40
3.4
Interpretation der Ergebnisse und Schlussfolgerungen
TB2-41
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
TB2/Seite II
progtrans
4
5
Überführung der erlittenen Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten in verursachte Stauzeitverluste und
Stauzeitverlustkosten
TB2-43
4.1
Problemstellung und konzeptionelle Grundlagen
TB2-43
4.2
Modellbildung
TB2-47
4.3
Ergebnisse der Modellbildung
TB2-51
4.4
Ergebnisse aus Sicht der Verursachung und Schlussfolgerungen
TB2-53
Resümee
Quellenverzeichnis Teilbericht 2
TB2-60
TB2-63
Anhang
TB2-A-1
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
TB2/Seite III
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Abkürzungen Teilbericht 2
AB
ARE
ASTAG
ASTRA
BAFU
CA
FE
Fz
Fz-h
GIS
h
KABEWISTRA
LC
LI
LSVA
LW
LZ
MR
MS Access
NSV
PW
SA
SASVZ
SMW
SNF
SO
SSVZ
SV
SVAG
SWISS07
SZ
t
TMC
UVEK
Autobahn
Bundesamt für Raumentwicklung
Schweizerischer Nutzfahrzeugverband
Bundesamt für Strassen
Bundesamt für Umwelt
Bus/Car
Feiertag
Fahrzeug(e)
Fahrzeug-Stunde(n)
Geographisches Informationssystem
Stunde(n)
Arbeitstitel für „Konzeptstudie zur Verbesserung des Verkehrsflusses auf Strassen gesamtschweizerischer Bedeutung“
Location Code (Verzeichnis zur Verortung von Staustellen
im Strassennetz)
Lieferwagen
Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe
Lastwagen
Last(en)zug
Motorrad
Microsoft Datenbanksystem „Access“
Nicht-Schwerverkehr (PW, MR, LI)
Personenwagen
Samstag
Schweizerische Automatische Strassenverkehrszählung
Schwere Motorwagen
Schwerer Nutzfahrzeugverkehr (LW, LZ, SZ)
Sonntag
Schweizerische Strassenverkehrszählung
Schwerverkehr
Schwerverkehrsabgabegesetz
Fahrzeugkategorisierung für die SASVZ (CA, MR, PW, LI,
LW, LZ, SZ)
Sattelzug
Tonnen(n)
Traffic Message Channel (Verkehrsrundfunk)
Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
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VM-UVEK
VIASUISSE
WE
WGS 84
Verkehrsmodell des UVEK
Schweizerische nationale Verkehrsinformationszentrale
Werktag
World Geodetic System 1984 (geodätisches Referenzsystem)
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
TB2/Seite V
progtrans
1
Hintergrund, Ziele und
Aufgabenstellungen
(1) Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) hat von ECOPLAN und
INFRAS eine Studie „Berechnungsmethodik und Prognose der externen Kosten des Schwerverkehrs“ erarbeiten lassen, die am 14. Oktober 2010 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde (nachfolgend zitiert als „ECOPLAN/INFRAS
2010“). Der Schlussbericht ist auf den 18. August 2010 datiert. Diese Studie
knüpft an frühere Untersuchungen derselben Autoren zu den externen Kosten
im Verkehr (ECOPLAN 2008 sowie ARE/BAFU 2008) an.
(2) Der ebenfalls von diesem Autorenteam erarbeitete und lange Zeit nicht
publizierte Expertenbericht zur Transportkostenrechnung (BFS/ARE 2006)
war für den Schweizerischen Nutzfahrzeugverband ASTAG Anlass, die
ProgTrans AG mit einer Überprüfung der Grundlagen und Berechnungsergebnisse sowie mit einer Aktualisierung der Berechnungen zu beauftragen.
Der Schlussbericht (ProgTrans 2008) wurde am 28. April 2008 dem Auftraggeber übergeben und von diesem publiziert. Der Bericht bildete anschliessend
die Grundlage für eine Klage gegen die aus Sicht der ASTAG ungerechtfertigte Höhe der LSVA ab dem Jahr 2008.
(3) Das zentrale Argument dieser Klage war, dass die LSVA insgesamt die
Summe von direkten Wegekosten und externen Kosten des Schwerverkehrs
(SV) übersteige, wie dies auf der Basis und getreu der seinerzeit vorgegebenen ARE-Berechnungsmethodik durch das ProgTrans-Gutachten eindeutig
nachgewiesen wurde. Dabei spielten die Stauzeitkosten – genauer: die Stauzeitverlustkosten1 – eine besondere Rolle, die nach Ansicht von ProgTrans
keine externen Kosten darstellen, sondern von allen Verkehrsteilnehmern, die
diese Kosten gemeinsam verursachen und zu tragen haben, gemeinsam internalisiert werden. Während sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Auffassung anschloss, entschied das Bundesgericht im Revisionsverfahren, das
von der Beklagten angestrengt wurde, die Klage der ASTAG zurückzuweisen.
1
Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, ist eine saubere Abgrenzung und Definition der verwendeten Begrifflichkeiten zwingend erforderlich. So ist der Terminus „Stauzeit“ nach unserem Verständnis als die zeitliche Dauer des Stauereignisses – also die Zeitspanne vom Beginn des Stauereignisses bis zu dessen Auflösung – zu verstehen. Grundlage der weiteren Diskussion und Ausführungen
ist jedoch der von einem Fahrzeug infolge eines Stauereignisses erlittene (Fahr-)Zeitverlust, d.h. die
Differenz aus der (längeren) Fahrzeit mit staubedingter Behinderung und der Fahrzeit ohne staubedingte Behinderung. Im Folgenden wird daher (mit Ausnahme von Kapitel 2.2, in dem tatsächlich
die zeitliche Dauer des Stauereignisses gemeint ist) der Begriff „Stauzeitverlusten“ bzw. „Stauzeitverlustkosten“ verwendet.
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
TB2/Seite 1
progtrans
(4) Von besonderem Interesse ist bei diesem Urteil neben dem juristischen
Grundsatzentscheid, wonach Stauzeitverlustkosten externe Kosten darstellen,
wenn man die Verursacher und Betroffenen in Teilkollektive unterteilt, der
Rechtsirrtum des Bundesgerichts bei der Bemessung des Ausmasses der
verursachten Stauzeitverlustkosten des Schwerverkehrs, indem es die vom
Schwerverkehr erlittenen Stauzeitverlustkosten mit den von diesem verursachten Stauzeitverlustkosten gleichsetzt (oder verwechselt). Da eine Revision gegen das Bundesgerichtsurteil nicht möglich ist, bleibt dieses Problem bis
zum heutigen Tag ungelöst.
(5) Das einleitend benannte Gutachten ECOPLAN/INFRAS 2010 knüpft
zum Thema der Stauzeitverlustkosten an zwei frühere Untersuchungen im
Auftrag des Bundesamts für Strassen (ASTRA) bzw. des ARE an (INFRAS
1998 und ARE 2007). Beide Gutachten wurden von INFRAS erarbeitet. Sie
enthalten allerdings keinerlei Hinweise auf die von einzelnen Fahrzeugkategorien verursachten Stauzeitverlustkosten. Im jetzt vorgelegten Gutachten aus
dem Jahre 2010 gibt es jedoch Ansätze, die Stauzeitverlustkosten Verursachergruppen zuzurechnen.
(6) Eine erste Durchsicht des Berichts ECOPLAN/INFRAS 2010 liess es
sowohl nach Auffassung der ASTAG als auch von ProgTrans geboten erscheinen, sich mit den Grundlagen, Methoden und Ergebnissen in diesem
Gutachten eingehender zu befassen. Die offensichtlichen Vereinfachungen
und vor allem die kaum nachvollziehbaren Grundlagen im Bereich der Ermittlung und Zurechnung der Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten legten
ausserdem nahe, die in der Schweiz vorhandenen Stau-Informationen des
ASTRA eingehender zu analysieren, als dies in ECOPLAN/INFRAS 2010 erfolgte. Auf der Grundlage dieser Analysen sollte es möglich sein, angemessene Berechnungen zu den Staubeteiligungen, erlittenen und verursachten
Stauzeitverlusten und Stauzeitverlustkosten einzelner Fahrzeugkategorien
anzustellen und mit den Ergebnissen von ECOPLAN/INFRAS 2010 zu vergleichen. Zielsetzung ist letztlich, die politische Diskussion der Thematik externer Kosten und insbesondere der Stauzeitverlustkosten des Schwerverkehrs in der Schweiz nach dem unbefriedigenden Ausgang der juristischen
Auseinandersetzung nochmals aufzunehmen, nachdem nun mit dem erwähnten Bericht seitens des ARE neue Diskussionsgrundlagen vorliegen, die eine
solche erneute und vertiefende Analyse rechtfertigen bzw. sogar erfordern.
(7) Die ASTAG hat vor diesem Hintergrund die ProgTrans mit der Durchführung dieser Fragestellungen beauftragt. Die Ergebnisse des Audits des Be-
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
TB2/Seite 2
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richts ECOPLAN/INFRAS 2010 sind im ersten Teil dieses Gesamtdokuments
(Teilbericht 1) ausführlich dokumentiert.
(8) Die nachfolgenden Ausführungen des Teilberichts 2 beinhalten die Ergebnisse der Analyse der Staumengengerüste des ASTRA sowie die Berechnungen der Staubeteiligung und Modellierung erlittener und verursachter
Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten nach Fahrzeugkategorie bzw. Verkehrsart. Der Teilbericht 2 hat folgenden Inhalt: Nach der einleitenden Beschreibung des Mandates und seines Hintergrundes (Kapitel 1) folgt in Kapitel
2 die Darstellung der Ergebnisse zu den Untersuchungen der für die Stauzeitverlustkostenermittlungen erforderlichen Datengrundlagen. In Kapitel 3 werden zunächst die bisherigen zentralen Arbeiten zu den Ermittlungen von erlittenen Stauzeitverlusten und Stauzeitverlustkosten im Auftrag des ARE kritisch
beleuchtet. Anschliessend erfolgt die Darstellung völlig neuer Modellierungsansätze und -ergebnisse. Im 4. Kapitel wird die Überführung der erlittenen zu
den verursachten Stauzeitverlusten und Stauzeitverlustkosten dargestellt. Sie
bilden das finale Ergebnis des gesamten Untersuchungsauftrags zum Stau
auf Schweizer Strassen. Zu den neuen Methoden und Ergebnissen wird abschliessend im 5. Kapitel ein Resümee gezogen.
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
TB2/Seite 3
progtrans
2
Analyse der Datenverfügbarkeit und von
Eckdaten zum Strassenverkehrsstau in
der Schweiz
2.1 Grundlagen
(1) In der ersten Phase der vorliegenden Untersuchungen wurde ermittelt,
welche Daten zu staubezogenen Informationen in welcher Untergliederung
verfügbar bzw. zugänglich sind. Ziel dieser Abklärungen und ersten Auswertungen war festzustellen, ob die geplante Zuordnung von Stauereignissen
nach Stauursachen zu beteiligten Fahrzeugkategorien prinzipiell möglich ist.
Mit dieser Zuordnung soll die Voraussetzung geschaffen werden, die Stauzeitverluste – und letztlich die Stauzeitverlustkosten – fair auf die Beteiligten
aufzuteilen. Hierzu wurden allgemein zugängliche Quellen gesichtet und ausserdem Kontakte zum ASTRA aufgenommen, um die Verfügbarkeit weiterer
Informationen abzuklären. Dabei wurden zwei Datenbereiche unterschieden:
zum einen Informationen zu Staus selbst (I); zum anderen ergänzende Informationen hinsichtlich Verkehrsaufkommen, -verteilung und -zusammensetzung (II).
(2) Die nachfolgend aufgelisteten Informationen und Daten des ASTRA
wurden als relevant erachtet und liegen zur weiteren Analyse vor.
I) Staudaten
Nr. Quelle
1
ASTRA: Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen
„Verkehrsmonitoring“;
Jahresstaubericht 2002
und Jahresberichte 2004
bis 2009
2
ASTRA: Strassen und
Verkehr; 2006 bis 2009
Inhalte
ƒ Stauaufkommen (gesamtschweizerische Stauentwicklung) auf den Nationalstrassen in Staustunden
ƒ Differenziert nach Stauursache: Überlastung, Unfälle, Baustellen, Anderes
ƒ Stauentwicklung auf den einzelnen Nationalstrassen; differenziert nach Stauursache
ƒ Stauschwerpunkte: Häufigkeit der Staumeldungen, Staustunden
ƒ Datengrundlage: Verkehrsmeldungen der
VIASUISSE
ƒ 2004/2005 noch mit Ausweisung der Staustunden bedingt durch „Phase Rot“ am Gotthard /
San Bernardino
ƒ Stauentwicklung auf dem Nationalstrassennetz
(Ergebnisse des jeweiligen Vorjahres)
ƒ Kurzfassung der Ergebnisse der „Verkehrsmonitoring“-Berichte
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
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II) Verkehrsaufkommens-/Zähldaten
Nr. Quelle
3
ASTRA: SASVZ; Zähldaten 2002 bis 2010; ca.
330 Zählstellen (automatisch)
4
ASTRA: SASVZ; Zähldaten – Detaildaten
2007, 2008, 2009;
ca. 300 Zählstellen (automatisch), davon ca.
5/6 mit Erfassung der
Fahrzeugkategorie
5
ASTRA: SSVZ, Zähldaten – Detaildaten 2005
ca. 450 Zählstellen (automatisch & manuell)
Inhalte
ƒ Monatsauswertungen (01-2008 bis 11-2010 xls,
davor nur pdf) und Jahresergebnisse (2007 bis
2009 xls, davor nur pdf)
ƒ Datenstruktur Monatsauswertungen (je automatische Zählstelle):
- Monatsmittel des 24-stündigen Verkehrs; differenziert nach Normalwerktag (Di-Do), Werktag
(Mo-Fr), Samstage, Sonntage, alle Wochentage
- Sonn- und Feiertagsverkehr (je Tag)
- Maximaler Stundenverkehr (Anzahl, Tag,
Stunde); differenziert nach Wochentag (Mo-Fr),
Samstag, Sonntag
ƒ Datenstruktur Jahresauswertungen (je automatische Zählstelle):
- Monats- und Jahresmittel des 24-stündigen
Verkehrs; differenziert nach Normalwerktag (DiDo), Werktag (Mo-Fr), Samstage, Sonntage, alle Wochentage
ƒ Stundenwerte (24h) und Tageswert
ƒ für jede Zählstelle
ƒ für jeden Tag (vorbehaltlich der Datenverfügbarkeit; sonst nicht verfügbar oder geschätzt)
ƒ richtungsgetrennt
ƒ unterschieden nach Fahrzeug-Kategorie:
- Bus/Car (CA), > 3.5 t
- Motorrad (MR),
- Personenwagen (PW),
- Lieferwagen (LI),
- Lastwagen (LW), > 3.5 t
- Lastenzug (LZ), > 3.5 t
- Sattelzug (SZ), > 3.5 t
ƒ Gesamtzählwerte über alle Kategorien
ƒ Stundenwerte (24h) und Tageswert
ƒ für jede Zählstelle
ƒ für durchschnittliche Tageswerte:
- täglich (DTV)
- werktäglich (DWV)
- Samstag (DSaV)
- Sonntag (DSoV)
ƒ querschnittsbezogen (keine Richtungsunterscheidung)
ƒ unterschieden nach Fahrzeug-Kategorie:
- Bus/Car (CA), > 3.5 t
- Motorrad (MR),
- Personenwagen (PW),
- Lieferwagen (LI),
- Lastwagen (LW), > 3.5 t
- Lasten- und Sattelzug (LS), > 3.5 t
ƒ Gesamtzählwerte über alle Kategorien
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
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progtrans
(3) Zur Sondierung der Verfügbarkeit weiterer Daten (insbesondere detaillierter Stauinformationen) wurde Kontakt zum ASTRA aufgenommen. Angefragt wurden folgende Informationen:
•
•
•
Staudaten: ereignisscharf für ausgewählte Jahre und/oder Zeiträume mit
Angaben zu
-
Ort (Koordinaten/Strassenabschnitt)
-
Zeitpunkt (Tag, Uhrzeit)
-
Charakteristik des Stauereignisses („Stau“, „stockender Verkehr“)
-
Dauer
-
Ursache (Überlastung/Unfälle/Baustellen/Anderes)
-
Beteiligte bei Stauursache „Unfall“ (nach Fahrzeugkategorien)
Datengrundlage der Verkehrsmonitoring-Berichte:
-
Jahresdaten ab 1994 zu Staustunden; für alle Nationalstrassen zusammen; nach Stau-Ursachen differenziert (Überlastung/Unfälle/
Baustellen/Anderes)
-
Jahresdaten ab 1994 zu Staustunden; nach einzelnen Nationalstrassen getrennt; nach Stau-Ursachen differenziert (Überlastung/
Unfälle/Baustellen/Anderes)
-
Jahresdaten ab 1994 zu Staustunden; nach einzelnen Stauschwerpunkten getrennt; nach Stau-Ursachen differenziert (Überlastung/Unfälle/Baustellen/Anderes)
Berichte / Dokumentationen:
-
Stauinventar KABEWISTRA 2002
-
Datensatzbeschreibung der aus
VIASUISSE abrufbaren Merkmale
der
Jahresdatenbank
der
(4) Nach einem Arbeitstreffen mit einem Vertreter des ASTRA Ende März
2011 konnten noch folgende Daten bereitgestellt werden:
•
Datengrundlagen der Verkehrsmonitoring-Berichte
•
Jahresdatenbank der VIASUISSE für die Jahre 2001, sowie 2003 bis 2009
mit allen Verkehrsmeldungen der Charakteristika "Stau" und „stockender
Verkehr“
Informationen zum „Stauinventar KABEWISTRA 2002“ konnten aber trotz intensiver Recherchen nicht mehr aufgefunden werden.
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2.2 Erste Auswertungen von Staudaten
(1) Auf der Grundlage der in Kapitel 2.1 erwähnten Dokumentationen des
ASTRA (d.h. der Jahresberichte zu „Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit
der Nationalstrassen“) wurde eine erste Auswertung der darin enthaltenen
Staudaten vorgenommen. Die Daten lassen sich dabei wie folgt abgrenzen:
•
Entwicklung des Stauaufkommens (der Staustunden) auf dem schweizerischen Nationalstrassennetz insgesamt;
•
Entwicklung des Stauaufkommens (der Staustunden) auf den einzelnen
Nationalstrassen;
•
Entwicklung des Stauaufkommens (der Staustunden) an bestimmten
Stauschwerpunkten.
(2) Staustunden auf dem gesamten schweizerischen Nationalstrassennetz differenziert nach den vier Stauursachen (Überlastung, Unfälle, Baustellen, Anderes) können für den Zeitraum von 1999 bis 2009 den Dokumenten des ASTRA entnommen bzw. rekonstruiert werden (Tabelle 1,
Abbildung 1).
Tabelle 1
Stauursache
Überlastung
Unfälle
Baustellen
Anderes
Gesamt
Entwicklung der Staustunden auf dem gesamten Netz schweizerischer Nationalstrassen
1999
3'413
2'149
1'212
688
7'462
2000
4'308
1'753
1'037
613
7'711
2001
5'890
1'887
1'128
295
9'200
2002
8'192
1'916
1'252
203
11'563
Staustunden [h] pro Jahr
2003
2004
2005
7'669
7'151
6'835
1'897
1'574
1'510
1'632
1'943
2'574
202
87
56
11'400 10'755 10'975
2006
8'020
1'872
1'528
76
11'496
2007
7'130
1'881
1'220
85
10'316
2008
7'509
1'722
724
140
10'095
2009
8'029
1'817
1'881
148
11'875
Quelle: eigene Darstellung nach ASTRA: Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen
„Verkehrsmonitoring“; Jahresstaubericht 2002 und Jahresberichte 2004 bis 2009 sowie ASTRA: Strassen
und Verkehr; 2006 bis 2009
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
TB2/Seite 7
progtrans
Abbildung 1
Entwicklung der Staustunden auf dem gesamten Netz schweizerischer Nationalstrassen
14'000
12'000
10'000
[h]
Überlastung
8'000
Unfälle
Baustellen
6'000
Anderes
Gesamt
4'000
2'000
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
0
Quelle: eigene Darstellung nach ASTRA: Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen
„Verkehrsmonitoring“; Jahresstaubericht 2002 und Jahresberichte 2004 bis 2009 sowie ASTRA: Strassen
und Verkehr; 2006 bis 2009
(3) Zahlenmaterial zu Staustunden auf den einzelnen Nationalstrassen
differenziert nach den vier Stauursachen (Überlastung, Unfälle, Baustellen,
Anderes) ist lediglich für die ausgewählten Jahre 2002, 2004, 2005 verfügbar
(Tabelle 2, Abb. 2 bis 6). Für das Jahr 2006 lassen sich die entsprechenden
Zahlen den o.g. Dokumenten nur für die Ursachenrubrik „Baustelle“ entnehmen.
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Strassenverkehrsstau in der Schweiz – Schlussbericht
Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
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Tabelle 2
Stauaufkommen in Staustunden [h] je Nationalstrasse
Stauursache
Jahr
2002
2004
Überlastung
2005
2006
2002
2004
Unfälle
2005
2006
2002
2004
Baustellen
2005
2006
2002
2004
Anderes
2005
2006
2002
2004
davon Unwetter
2005
2006
2002
2004
davon Brand
2005
2006
2002
2004
davon Panne
2005
2006
2002
2004
Gesamt
2005
2006
Staustunden [h] je Nationalstrasse
A1
A2
A3
2'788
3'969
513
2'576
2'380
919
2'229
2'196
1'314
k.A.
k.A.
k.A.
1'070
298
86
809
346
96
827
330
89
k.A.
k.A.
k.A.
199
704
170
450
159
208
332
526
206
518
790
80
108
51
4
26
29
4
22
25
12
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
11
23
2
8
9
0
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
15
6
2
14
16
12
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
0
0
0
0
0
0
k.A.
k.A.
k.A.
4'165
5'022
773
3'861
2'914
1'227
3'410
3'077
1'621
518
790
80
A4
154
386
210
k.A.
27
36
21
k.A.
15
48
2
1
1
6
1
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
k.A.
6
1
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
197
476
234
1
A5
45
25
11
k.A.
20
5
9
k.A.
7
12
6
2
3
0
0
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
75
42
26
2
A6
89
197
126
k.A.
62
64
62
k.A.
37
60
87
25
5
0
3
k.A.
k.A.
0
2
k.A.
k.A.
0
1
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
193
321
278
25
A7
5
10
3
k.A.
2
2
3
k.A.
0
0
0
0
0
1
1
k.A.
k.A.
1
0
k.A.
k.A.
0
1
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
7
13
7
0
A8
62
74
63
k.A.
0
6
4
k.A.
0
1
25
8
0
0
0
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
62
81
92
8
A9
213
399
331
k.A.
231
103
81
k.A.
88
946
1'354
61
9
7
5
k.A.
k.A.
2
4
k.A.
k.A.
5
1
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
541
1'455
1'771
61
A 12
27
47
23
k.A.
56
19
27
k.A.
2
18
1
14
5
8
5
k.A.
k.A.
8
5
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
90
92
56
14
A 13
220
105
160
k.A.
40
59
35
k.A.
21
37
24
6
5
2
3
k.A.
k.A.
2
2
k.A.
k.A.
0
1
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
286
203
222
6
A 14
20
28
168
k.A.
14
24
22
k.A.
4
4
9
16
0
1
1
k.A.
k.A.
1
0
k.A.
k.A.
0
1
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
38
57
200
16
A 16
1
5
0
k.A.
2
5
0
k.A.
2
0
2
k.A.
3
3
0
k.A.
k.A.
2
0
k.A.
k.A.
1
0
k.A.
k.A.
0
0
k.A.
8
13
2
k.A.
Quelle: eigene Darstellung nach ASTRA: Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen
„Verkehrsmonitoring“; Jahresstaubericht 2002 und Jahresberichte 2004 bis 2009
Abbildung 2
Stauaufkommen in Staustunden [h] je Nationalstrasse;
Stauursache: Überlastung
4'500
4'000
3'500
3'000
2'500
[h]
2'000
1'500
1'000
500
2002
2004
2005
A 21
A 16
A 14
A 13
A 12
A9
A8
A7
A6
A5
A4
A3
A2
A1
0
2006
Quelle: eigene Darstellung nach ASTRA: Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen
„Verkehrsmonitoring“; Jahresstaubericht 2002 und Jahresberichte 2004 bis 2009
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Abbildung 3
Stauaufkommen in Staustunden [h] je Nationalstrasse;
Stauursache: Unfälle
1'200
1'000
800
[h] 600
400
200
2002
2004
2005
A 21
A 16
A 14
A 13
A 12
A9
A8
A7
A6
A5
A4
A3
A2
A1
0
2006
Quelle: eigene Darstellung nach ASTRA: Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen
„Verkehrsmonitoring“; Jahresstaubericht 2002 und Jahresberichte 2004 bis 2009
Abbildung 4
Stauaufkommen in Staustunden [h] je Nationalstrasse;
Stauursache: Baustellen
1'600
1'400
1'200
1'000
[h] 800
600
400
200
2002
2004
2005
A 21
A 16
A 14
A 13
A 12
A9
A8
A7
A6
A5
A4
A3
A2
A1
0
2006
Quelle: eigene Darstellung nach ASTRA: Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen
„Verkehrsmonitoring“; Jahresstaubericht 2002 und Jahresberichte 2004 bis 2009
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Abbildung 5
Stauaufkommen in Staustunden [h] je Nationalstrasse;
Stauursache: Anderes (Unwetter, Brand, Panne)
120
100
80
[h] 60
40
20
2002
2004
2005
A 21
A 16
A 14
A 13
A 12
A9
A8
A7
A6
A5
A4
A3
A2
A1
0
2006
Quelle: eigene Darstellung nach ASTRA: Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen
„Verkehrsmonitoring“; Jahresstaubericht 2002 und Jahresberichte 2004 bis 2009
Abbildung 6
Stauaufkommen in Staustunden [h] je Nationalstrasse;
alle Stauursachen gesamt
6'000
5'000
4'000
[h] 3'000
2'000
1'000
2002
2004
2005
A 21
A 16
A 14
A 13
A 12
A9
A8
A7
A6
A5
A4
A3
A2
A1
0
2006
Quelle: eigene Darstellung nach ASTRA: Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen
„Verkehrsmonitoring“; Jahresstaubericht 2002 und Jahresberichte 2004 bis 2009
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(4) Vollständige Datensätze zur Ermittlung der Entwicklung von Staustunden an besonderen Stauschwerpunkten konnten für die Jahre 2002 bis
2005 sowie für 2008 und 2009 den Dokumenten entnommen bzw. daraus
abgeleitet werden (Tabelle 3, Abbildung 7).
Tabelle 3
Entwicklung der Staustunden [h] an Stauschwerpunkten auf
schweizerischen Nationalstrassen
Stauschwerpunkt
Gotthard Nord, A2
Gotthard Süd, A2
Grossraum Baregg, A1
Nordumfahrung Zürich - Winterthur, A1
Bern - Kriegstetten, A1 / A12
Umfahrung Lausanne, A1 / A9
Umfahrung Genf, A1 / A10
2002
1'108
514
1'353
982
337
356
157
2003
520
775
2'043
1'774
415
416
313
Staustunden pro Jahr [h]
2004
2005
2006
463
326
528
804
607
649
1'421
879
1'880
1'911
2'449
630
566
240
186
321
249
2007
568
655
2'472
507
412
333
2008
377
810
1'637
2'794
593
697
228
2009
510
976
2'114
3'512
758
1'044
290
Quelle: eigene Darstellung nach ASTRA: Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen
„Verkehrsmonitoring“; Jahresstaubericht 2002 und Jahresberichte 2004 bis 2009
Abbildung 7
Entwicklung der Staustunden [h] an Stauschwerpunkten auf
schweizerischen Nationalstrassen
4'000
3'500
3'000
2'500
[h] 2'000
1'500
1'000
500
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
0
Gotthard Nord, A2
Gotthard Süd, A2
Grossraum Baregg, A1
Nordumfahrung Zürich - Winterthur, A1
Bern - Kriegstetten, A1 / A12
Umfahrung Lausanne, A1 / A9
Umfahrung Genf, A1 / A10
Quelle: eigene Darstellung nach ASTRA: Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen
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(5) Die den Stauschwerpunkten zugrunde liegenden Abschnitte sind wie
folgt definiert (vgl. Anhang 1, Abb. A-1):
ƒ Gotthard Nord (20 km):
Erstfeld – Amsteg – Wassen – Göschenen
ƒ Gotthard Süd (16 km):
Faido – Quinto – Airolo
ƒ Grossraum Baregg (34 km):
Lenzburg – Mägenwil – Baden – Neuenhof –
Wettingen – Dietikon – Limmattalerkreuz
ƒ Nordumfahrung Zürich – Winterthur (63 km) Limmattalerkreuz – Affoltern – Seebach –
Walliselen – Brüttisellen – Effretikon – Winterthur – Attikon
ƒ Bern – Kriegstetten (40 km)
Niederwangen – Bümpliz – Bethlehem –
Forsthaus – Neufeld – Wankdorf – Schönbühl
– Kirchberg – Kriegstetten
ƒ Umfahrung Lausanne (47 km)
Morges – Ecublens – Crissier – Cossonay –
Bléchérette – Vennes – Belmont
ƒ Umfahrung Genf (34 km)
Coppet – Vengeron – Lac – Flughafen – Meyrin – Vernier – Bernex – Perly – Bardonnex
Quelle: ASTRA, Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen „Verkehrsmonitoring“; Jahresstaubericht 2002 und Jahresberichte 2004 bis 2009
2.3 Erste Auswertungen von Verkehrsstärkedaten
(1) Auf der Grundlage der in Kapitel 2.1 erwähnten, verfügbaren Verkehrserhebungsdaten des ASTRA konnten auch erste Auswertungen zu den Verkehrsstärken im Schweizer Nationalstrassennetz vorgenommen werden. Betrachtet werden nachfolgend exemplarisch die Daten der Schweizerischen
Strassenverkehrszählung (SSVZ) aus dem Jahr 2005 – als Basisjahr zahlreicher Studien zu den externen Kosten des Strassenverkehrs.
(2) Anhand der in Kapitel 2.2 dargestellten Stauschwerpunkte ist beispielhaft eine erste grobe Verortung von Stauereignissen und den damit verbundenen Staustunden im Nationalstrassennetz möglich. Da sich die Abschnitte
der Stauschwerpunkte über mehrere Kilometer hin erstrecken, liegen oftmals
mehrere Zählstellen in ihrem jeweiligen Einzugsbereich. Für eine erste grundlegende Analyse der Datenstruktur wurde daher vereinfachend jeweils eine
Zählstelle je Stauschwerpunkt als repräsentativ ausgewählt und ausgewertet.
Für den Stauschwerpunkt Gotthard Nord wurden beispielsweise die Daten der
Zählstelle „Gotthardtunnel“ (Nr. 0805N) analysiert (vgl. Abb. 8). Entsprechen© 2011 ProgTrans AG
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de Auswertungen aller anderen Stauschwerpunkte sind im Anhang dargestellt
(Abb. A-2 bis A-7).
(3) Das in den Datengrundlagen differenziert nach Fahrzeugkategorie ausgewiesene durchschnittliche Verkehrsaufkommen kann eindeutig den beiden
Beteiligtengruppen (Schwerverkehr (SV) bzw. Nicht-Schwerverkehr (NSV))
zugeordnet werden. Der SV umfasst dabei die Fahrzeugkategorien Bus/Car,
Lastwagen und Last-/Sattelzug; zum NSV zählen Motorräder, Personenwagen
und Lieferwagen. Darüber hinaus ist mit der Stunden-genauen Ausweisung
unterschiedlicher DTV-Werte (Werktag, Samstag, Sonntag) eine Untergliederung der Fahrzeiten in solche mit und ohne Fahrverbote für den Schwerverkehr möglich.
Abbildung 8
DTV-Tagesganglinien, SSVZ 2005 Zählstelle Nr. 0805N;
Stauschwerpunkt Gotthard Nord
Nicht-Schwerverkehr
[Fz/h]
[Fz/h]
Schwerverkehr
250
200
150
100
50
0
1400
1200
1000
800
600
400
200
0
01 05 09 13 17 21
01 05 09 13 17 21
Stunde
Stunde
Anteil SV an Gesamt
Gesamt
50%
1500
40%
1000
[%]
[Fz/h]
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
500
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
30%
20%
10%
0
0%
01 05 09 13 17 21
Stunde
01 05 09 13 17 21
Stunde
Quelle: eigene Darstellung nach ASTRA: SSVZ, 2005
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2.4 Schlussfolgerungen aus den Analysen der
Grundlagendaten
(1) Aus der Sondierung und Analyse der verfügbaren Datengrundlagen
konnten im Hinblick auf die Durchführung der eigentlichen Untersuchungen
folgende Schlussfolgerungen gezogen werden:
•
Die vorliegenden Monitoring-Berichte des ASTRA geben erste Anhaltspunkte zu Datenstrukturen und Eckwerten. Für eine hoch aufgelöste Auswertung von Stauinformationen sind diese jedoch nicht hinreichend.
•
Die vom ASTRA am Ende der Sondierungsphase zur Verfügung gestellten
Staudaten der VIASUISSE liessen jedoch eine hinreichend detaillierte Datenlage erwarten, um eine belastbare Ermittlung der Stau-Beteiligung der
einzelnen Fahrzeugkategorien an den gesamten Stauzeitverlusten auf
Schweizer Nationalstrassen und damit eine Zuscheidung der Stauzeitverlustkosten zu diesen Kategorien durchführen zu können.
•
Mithilfe der für verschiedene Jahre (2005, 2006, 2007, 2008 und 2009)
vorliegenden Verkehrsdaten an Zählstellen können zusätzliche Informationen generiert werden, die es erlauben, ein Konzept zu entwickeln, welches
die Stauzeitverlustkosten in der Differenzierung nach verkehrsbedingten
(Überlastung, Unfall, Panne, Brand) und nicht-verkehrsbedingten (Baustellen, Unwetter) Stauzeitverlusten bzw. Stauzeitverlustkosten nach einem
fairen Allokationsprinzip mindestens auf die beiden Fahrzeuggruppen
Schwerverkehr und Nicht-Schwerverkehr, darüber hinaus voraussichtlich
aber auch auf die einzelnen Fahrzeugkategorien aufteilt.
(2) Vor dem Hintergrund der verfügbaren Informationen wurde dem Auftraggeber empfohlen, die Modellierung der Stau- und Fahrzeugmengengerüste in Angriff zu nehmen, auch wenn klar geworden war, dass es weiterer erheblicher Datenaufbereitungs- und Modellierungsarbeit bedarf, um das letztendliche Ziel der Ermittlung von Stauzeitverlustkosten nach Verursachergruppen zu erreichen.
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3
Neuermittlung der erlittenen
Stauzeitverluste und
Stauzeitverlustkosten
(1) Bevor wir an die Modellbildung und Umsetzung der Aufgabenstellung
herangehen, das Mengengerüst der je Verkehrsart erlittenen Stauzeitverluste
(Fahrzeug-Stauverluststunden) abzuschätzen, soll zunächst die Vorläuferstudie (ARE 2007), in welcher zu der unter ökonomischen Aspekten betrachteten
Stauzeitenproblematik eine Stauzeitenermittlung stattgefunden hat (in der
aber selbstverständlich ausschliesslich die von den einzelnen Verkehrsarten
im Stau zugebrachten, also von ihnen erlittenen Stauzeitverluste abgeschätzt
werden konnten, denn nur diese sind empirisch registrierbar), kritisch hinterfragt und die seinerzeit verwendete Datenbasis und die damals erzielten Resultate erhellt werden.
(2) Auf Grundlage der eigenen Modellierungsansätze und -resultate, die in
Kapitel 3.2 dargestellt sind, wird im vierten Kapitel dann die stochastische
Transformation von erlittenen in verursachte Stauzeitverluste behandelt.
3.1 Kritische Hinterfragung von ARE 2007
(1) Dominante Basis und auch massgebliche Grundlage für die Festsetzung
der LSVA-Abgabesätze seitens der Bundesverwaltung war die zuvor genannte Studie ARE 2007. Unsere Kritik konzentriert sich hier daher auf diese Studie, zumal – wie schon in unserem Audit (ProgTrans 2011) zur Nachfolge„Studie“ (ECOPLAN/INFRAS 2010) erwähnt – man in eben der letztgenannten
Studie zum Stauzeitverlust-Mengengerüst so gut wie nichts nachvollziehen
kann, da es nicht ausgewiesen ist und auch trotz zahlreicher Bemühungen
nicht zugänglich gemacht wurde.
(2) In der Studie ARE 2007 wurden (neben punktuellen Einzeluntersuchungen) drei Datenquellen verwendet:
•
Staustatistik VIASUISSE
•
KABEWISTRA
•
Verkehrsmodell UVEK (VM-UVEK)
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(3) Um zu erklären, wie diese drei Datenquellen zusammenwirken, wird
vorab jene entscheidende Formel genannt, mit deren Hilfe die gesuchten Ergebnisgrössen, nämlich die durch Stau bedingten Zeitverluste (gegenüber
einer Referenzsituation ohne Stau) in Fahrzeug-Stunden T [Fz-h] (FahrzeugStaustunden), errechnet werden:
T = LStau · (1/Vred – 1/V0) · q · tStau
Darin bedeuten:
T [Fz-h]
= durch Stau bedingter Zeitverlust (gegenüber einer Referenzsituation ohne Stau) in Fahrzeug-Stunden (Fahrzeug-Staustunden)
LStau [km] = Stau(strecken)länge
Vred [km/h] = durch Staubelastung reduzierte Geschwindigkeit
V0 [km/h] = Freifahrtgeschwindigkeit im unbelasteten Zustand
(bei q = 0 Fz/h)
q [Fz/h]
= (stündliche) Verkehrsstärke (des gestauten Verkehsflusses)
tStau [h]
= Staudauer
(4)
Nachfolgend werden die drei verwendeten Datenquellen besprochen.
3.1.1
Staustatistik VIASUISSE
•
Hierbei handelt es sich um eine Stauereignisdatenbank, in der alle eingegangenen Staumeldungen inventarisiert und dokumentiert werden: uhrzeitlicher Beginn und Ende eines gemeldeten Staus und dessen möglichst
genaue lokale Verortung. Die einzige, allerdings wichtige rechnerische
Grösse, die man daraus für die obige Formel erhält, ist die Staudauer tStau.
Darüber hinaus gibt es auch noch Hinweise zur Stauverursachung (Überlast, Unfall etc.) und dazu, ob es sich um stockenden Verkehr (30 km/h ≥
Vred ≥ 10 km/h) oder um gestauten Verkehr (Vred ≤ 10 km/h) handelt. Die
angegebenen Werte sind Randwerte und keine direkt in die obige Formel
einsetzbaren Mittelwerte.
•
Über das verkehrliche Mengengerüst (Verkehrsstärken q) sagt die Staustatistik weder insgesamt noch nach Fahrzeugkategorien differenziert irgendetwas aus. Auch zur Stau(strecken)länge LStau gibt VIASUISSE keinerlei Auskunft. Es wird sich noch zeigen, dass diese Grösse, obwohl sie
von zentraler Bedeutung für das Ergebnis ist, einen der grossen Grauzonenbereiche und daher eine Schwachstelle in der konkreten quantitativen
Ermittlung von T darstellt. Dazu schreiben die Autoren von ARE 2007
(S. 32): „In der Realität ist bei einer Zunahme der Staudauer auch eine
Zunahme der Staulänge zu erwarten. Die vorliegende Datengrundlage
lässt aber eine fundierte Schätzung der jährlichen Veränderungen der
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
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Staulängen nicht zu, weshalb sie vereinfachend als konstant angenommen
wurden.“ Wir stimmen der genannten Erwartung zu, die annähernd in einer
Art Proportionalitätsgleichung etwa in der Form
LStau = c · tStau
zum Ausdruck kommen müsste, wobei c etwa aus Regressionen zu ermitteln wäre. Allerdings wird in der genannten Studie (ARE 2007) nichts weiter dazu ausgeführt. Bemerkenswert wie auch irritierend ist zunächst, dass
unter dem Kapitel „Staustatistik von VIASUISSE“ in ARE 2007 auch bereits Ergebnisse zu T mitgeteilt werden, etwa für das Jahr 2004 10,2 Mio.
Fahrzeug-Staustunden (S. 32), obwohl zum Verkehrsmengengerüst q
noch gar nichts gesagt wurde und aus VIASUISSE auch nichts herausgeholt werden kann. Im „ANHANG 6: VIASUISSE“ sieht man dann, dass
hierfür keine realen Verkehrsstärken q, sondern stattdessen offensichtlich
Streckenleistungsfähigkeiten (also maximal mögliche Verkehrsstärken)
eingesetzt wurden.
•
Im Übrigen beschränkt sich VIASUISSE (fast) ausschliesslich auf Autobahnen, wird allerdings periodisch durchgeführt, sodass hierfür Zeitreihen
vorliegen.
3.1.2
KABEWISTRA
•
KABEWISTRA ist die Abkürzung für „Konzeptstudie zur Verbesserung des
Verkehrsflusses auf Strassen gesamtschweizerischer Bedeutung“. Es
handelt sich dabei um eine einmalige Sondererhebung für das Jahr 2002
mit folgender Abgrenzung: „Insgesamt werden auf dem Strassennetz gesamtschweizerischer Bedeutung 95 Staustellen identifiziert, die regelmässig auftreten.“ (ARE 2007, S. 36) Wie in Kapitel 1 bereits erwähnt, ist es
uns trotz intensiven Bemühens nicht gelungen, einen Bericht oder einen
Datensatz zu KABEWISTRA zu erhalten. Die nachfolgenden Ausführungen basieren ausschliesslich auf Sekundärauswertungen der zitierten
Quelle.
•
Wichtig zur Einschätzung der Zuverlässigkeit dieses Stauinventars ist die
folgende Charakterisierung: „Die Daten basieren nicht auf realen Messungen, sondern auf Befragungen/Interviews bei den verantwortlichen Stellen
der Kantone. … Es handelt sich beim Stauinventar um grobe Schätzungen
bzw. um Erfahrungswerte.“ (ARE 2007, S. 37)
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•
KABEWISTRA bringt gegenüber VIASUISSE die zusätzliche Angabe von
LStau. Leider ist in der Auflistung der Auswertung (ARE 2007, S. 105-107),
welche für die 95 Staustellen die je Staustelle mittlere Staulänge LStau und
die Jahresstaustunden (Summe aller Staudauern tStau des Jahres 2002 für
jede Staustelle) ausweist, nicht auch die mittlere Staudauer eines Einzelstaus ersichtlich, sodass eine Korrelation zwischen LStau und tStau nicht
durchführbar ist, jedenfalls nicht ohne Zuhilfenahme weiterer Annahmen.
(So sind etwa für die Staustelle A1 Baregg, Richtung Bern bei einer mittleren Staulänge von 8 km 621 Staustunden für das Jahr 2002 insgesamt
ausgewiesen, für die Staustelle A8, Interlaken – Spiez bei der gleichen
mittleren Staulänge von 8 km jedoch nur 16 Staustunden für das Jahr
2002 insgesamt.)
•
Auch hier werden (wie bei VIASUISSE) bereits Ergebnisse zu T mitgeteilt,
obwohl keinerlei Informationen zu den realen Verkehrsstärken q erkennbar
sind. Dem „ANHANG 4: KABEWISTRA“ ist dann zu entnehmen, dass tatsächlich auch hier keine realen Verkehrsstärken q in die genannte Formel
eingesetzt werden, sondern standardisierte Verkehrsstärken der Verkehrsqualitätsstufe E nach VSS-Normung.
•
In KABEWISTRA wird nicht nach „stockendem Verkehr“ und „gestautem
Verkehr“ unterschieden. Stattdessen werden zwei Alternativrechnungen
für Vred mit Vred = 10 km/h und Vred = 20 km/h durchgeführt, was für 2002
als Resultat für T 35 bzw. 15 Mio. Fahrzeug-Staustunden liefert (ARE
2007, S. 35).
•
Hervorzuheben ist noch, dass wie bei VIASUISSE so auch bei
KABEWISTRA eine Unterscheidung nach Fahrzeugkategorien bzw. nach
Verkehrsarten nicht möglich ist und daher auch nicht durchgeführt wurde.
•
Bedauerlich ist, dass die Urdaten von KABEWISTRA nach unseren Recherchen nicht mehr existieren bzw. nicht mehr aktiviert werden können,
sodass die wichtige Korrelation zwischen LStau und tStau nicht ohne Hilfsannahmen rekonstruierbar ist.
3.1.3
•
Verkehrsmodell-UVEK (VM-UVEK)
Das Verkehrsmodell UVEK liefert als Verkehrsmodellrechnung für das
gesamtschweizerische Strassennetz Verkehrsbelastungen (als durchschnittlichen täglichen Verkehr DTV) pro Streckenabschnitt. In ARE 2007
wurden als Referenzjahre die Jahre 2000 und 2004 betrachtet. Durch Zuordnung normierter Jahres-, Wochen- und Tagesganglinien wird der DTV
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auf die einzelnen Tagesstundenwerte q heruntergebrochen. Im Gegensatz
zu VIASUISSE und KABEWISTRA sind hier weitergehende Differenzierungen, vor allem nach den drei hier relevanten Fahrzeugkategorien Personenwagen, Lieferwagen und Lastwagen möglich.
•
Allerdings gibt es hier keine effektiv als solche registrierten Stauereignisse,
sondern ein Stau wird dadurch definiert, dass eine stündliche (im Verkehrsmodell ermittelte) Verkehrsbelastung q (Verkehrsstärke [Fz/h]) über
der Kapazität des jeweiligen Streckenabschnittes liegt (ARE 2007, S. 40).
Dieser Zustand ist aber gar nicht möglich; vielmehr müsste die Verkehrsdichte [Fz/km] über einer je nach Spurenanzahl definierten Grenzverkehrsdichte liegen, die im „Fundamentaldiagramm“ (als funktionalem Zusammenhang zwischen Verkehrsdichte und Verkehrsstärke) an der Stelle
der (maximalen) Leistungsfähigkeit (Kapazität) auftritt. Insofern erhebt sich
hier die ganz grundsätzliche Frage, wie dieses Modell konkret funktioniert
haben soll.
•
Als massiv verzerrendes Defizit dieser „Datenquelle“ muss festgehalten
werden, dass bei dieser Methode eine Streckenabschnitts-Stunde grundsätzlich ein homogener und (abgesehen von der Differenzierung nach
Fahrzeugkategorien) nicht weiter zerlegbarer Datenblock ist; das heisst für
die vorliegende Aufgabenstellung, dass – wenn gemäss der zuvor gegebenen (fiktiven) Modelldefinition ein Stauereignis auftritt – dieses genau 1
Stunde währt und sich über den gesamten jeweils betrachteten Streckenabschnitt erstreckt (tStau = 1 h, LStau = Streckenabschnittslänge), eine äusserst unbefriedigende Annahme.
(5) Das Gesamt-Fazit der Auswertung von ARE 2007 ist sehr ernüchternd,
wenn man das Hauptaugenmerk auf die wichtigsten Inputwerte für die Ermittlung der Fahrzeug-Staustunden richtet:
•
VIASUISSE und KABEWISTRA arbeiten ohne Einbeziehung von realen,
empirisch ermittelten Verkehrsstärken q, kennen daher naturgemäss auch
keine Differenzierung nach Fahrzeugkategorien bzw. Verkehrsarten.
•
VIASUISSE gilt (fast) ausschliesslich für Autobahnen und kennt keine
Staulängen LStau.
•
KABEWISTRA bezieht sich auf 95 ausgewählte Stauschwerpunkte und
beruht nicht auf Messungen, sondern auf groben Schätzungen und Befragungen. Ausserdem ist es eine einmalige Sondererhebung für das Jahr
2002.
•
VM-UVEK arbeitet ohne real registrierte Staudauern tStau und Staulängen
LStau. Die vereinbarte Definition des Staus kann in der angegebenen Weise
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nicht funktionieren. Die realen Verkehrsstärken q können allerdings nach
Fahrzeugkategorien bzw. Verkehrsarten differenziert werden.
•
Die das Ergebnis sehr stark beeinflussende Grösse der Staugeschwindigkeit (Vred) unterliegt enormen Schwankungen und führt demgemäss zu
ebenso enormen Streubreiten der Ergebnisse.
•
Die das Ergebnis ebenfalls sehr stark beeinflussende Grösse der Staulänge LStau ist ein sehr grosser Grauzonenbereich.
(6) Wir gestehen uneingeschränkt ein, dass wir zum Zeitpunkt der Erstellung von ARE 2007 mit der damals gegebenen Datenlage auch keine besseren Resultate hätten erzielen können. Allerdings hätten wir uns gescheut und
davor gewarnt, die Bundesverwaltung die Resultate als Grundlage für die Ermittlung von Abgabesätzen verwenden zu lassen. Im Grunde genommen halten wir es für ein Versäumnis der zuständigen Bundesverwaltung, hierfür nicht
rechtzeitig geeignete empirische Grundlagen bereitgestellt zu haben, wozu die
Forderung nach Einhaltung wissenschaftlicher Grundsätze gemäss Schwerverkehrsabgabegesetz (SVAG) explizit verpflichtet. Vergleichen lässt sich diese Situation mit jener eines Steuerpflichtigen, der in seiner Steuererklärung
angibt, sein Jahreseinkommen liege irgendwo zwischen 50’000 und 150’000
CHF. Genauer könne er es nicht angeben. Die Steuerverwaltung möge ihn mit
dieser vagen Angabe angemessen besteuern. Die Ansichten darüber, was
angemessen ist, werden mit Sicherheit zwischen Steuerpflichtigem und Steuerverwaltung divergieren. (Die im Vergleichsbeispiel gewählte Streubreite entspricht grössenordnungsmässig durchaus jener der hier behandelten Problematik.)
(7) Allerdings vermuten wir, dass ursprünglich (und auch noch zum Zeitpunkt der Fertigstellung von ARE 2007) gar nicht die Absicht bestand, die
Stauzeitverlustkosten in die Abgabesatzfestlegung einzubeziehen. Dies wurde
erst mit der ASTAG-Klage erforderlich, nachdem sich erwiesen hatte
(ProgTrans 2008), dass ohne Einbeziehung der Stauzeitverlustkosten in die
Verkehrskostenrechnung die Abgabesätze der LSVA unbestreitbar (auch vom
Bundesgericht nicht bestritten) über dem gesetzlich zulässigen Grenzwert
gelegen sind.
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3.2 Neue Ansätze und Berechnungen
(1) Der nachfolgend beschriebene neue Ansatz will vor allem drei massive
Defizite der bisherigen Berechnungen beheben oder doch wenigstens lindern:
•
Durch das Zusammenspielen von Daten der Schweizerischen Automatischen Strassenverkehrszählung (SASVZ) für das aktuellste verfügbare
Jahr 2009 mit dem Stauinventar VIASUISSE des Jahres 2009 sollen die
Vorteile beider Datenbestände kombiniert werden: Aus SASVZ werden die
Verkehrsstärken q (differenziert nach Fahrzeugkategorien) mit den in
VIASUISSE örtlich und zeitlich erfassten Stauereignissen zusammengeführt (daraus lassen sich die Staudauern tStau mit den Verkehrsstärken q
verknüpfen). Hauptproblem und auch Hauptarbeitsaufwand dabei ist die
möglichst genaue Zuordnung von Stauereignissen und Verkehrsstärken.
•
Aus KABEWISTRA wird mit einigen Zusatzannahmen ein korrelativer Zusammenhang zwischen Staudauern tStau und Staulängen LStau zu rekonstruieren versucht. Dieser dürfte wohl als einigermassen zeitlos gültiger,
annähernd kausaler Zusammenhang angesehen werden.
•
Aus realen, zu den (in VIASUISSE) registrierten Stauereignissen (über
SASVZ) zugespielten Verkehrsstärken wird versucht, über (je nach Spurenanzahl) standardisierte Fundamentaldiagramme in deren Bereich mit
hohen Verkehrsdichten zugehörige Staugeschwindigkeiten Vred zu rekonstruieren. Möglich ist diese Neuerung allerdings nur für den Bereich der
Autobahnen, da für ausserhalb derselben so gut wie kein Stauinventar angelegt ist.
3.2.1
1. Neuerungsbereich: Zusammenführung der realen Staudaten
mit realen Verkehrsstärkedaten
(1) Der erste modellmässige Neuerungsbereich bezieht sich auf die Zusammenführung der realen Staudaten (von VIASUISSE) mit realen Verkehrsstärkedaten (des ASTRA).
(2) Im Folgenden werden zunächst die dieser Untersuchung zugrunde liegenden Daten, deren Inhalte, der Vorgang zu deren Beschaffung sowie die
dabei herangezogenen Quellen beschrieben.
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VIASUISSE-Staudaten
•
Vom Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und
Kommunikation (UVEK), Bundesamt für Strassen (ASTRA), Abteilung
Strassennetze Verkehrsmanagement Verkehrsmonitoring wurden entsprechende Datenbestände in Form von Excel-Datenbanken (teilweise erst
nach intensivem Nachhaken) letztlich für das Jahr 2001 sowie für die Jahre 2003 bis 2009 zur Verfügung gestellt. Für das Jahr 2002 konnten trotz
mehrmaliger Nachfrage keine Datenbestände bereitgestellt werden.
•
Die Daten des VIASUISSE Stauinventars stellen die Grundlage für die
bereits in Abschnitt 2.1 erwähnten, eher generell gehaltenen, im Rahmen
der Verkehrsmonitoring-Berichte des ASTRA publizierten StaudatenAuswertungen dar. Sie beinhalten u.a. folgende für die Auswertung relevante Informationen:
-
zum Zeitpunkt des Stauereignisses; unter Angabe des Startund Endzeitpunkts des Stauereignisses in Form von Datum
und Uhrzeit sowie daraus abgeleitet;
-
zur Dauer des Stauereignisses in Sekunden; als zeitliche Differenz zwischen End- und Startzeitpunkt;
-
ferner zur Charakteristik des jeweiligen Stauereignisses; d.h.
ob es sich um „Stau“ oder „stockenden Verkehr“ handelt;
-
zur Ursache des Stauereignisses; d.h. Differenzierung der
Stauursache in die sechs Kategorien „Überlastung“, „Unfall“,
„Baustelle“, „Panne“, „Unwetter“ und „Brand“;
-
zur groben Verortung im Strassennetz; d.h. Angabe der jeweiligen Autobahnnummer sowie (sofern zutreffend) des betroffenen Stauschwerpunktabschnitts (Bern Kriegstetten, GotthardNord, Gotthard-Süd, Grossraum Baregg, Grossraum Belchentunnel, Gubristtunnel, Nordumfahrung Zürich – Winterthur,
Umfahrung Genf, Umfahrung Lausanne);
-
zur detaillierten Verortung („Location“) im Strassennetz; d.h.
Angabe des jeweiligen Start-Location-Codes (d.h. jenes Location-Codes, an dem der Stau gemäss offizieller Meldung beginnt bzw. seinen Ursprung hat) und des jeweiligen EndLocation-Codes (d.h. jenes Location-Codes, an dem der Stau
gemäss offizieller Meldung endet bzw. sich das Stauende befindet).
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•
Insgesamt lagen in der VIASUISSE-Staudatenbank für das Jahr 2009 rund
36'300 Stauereignismeldungen vor.
•
Der Fokus bei der später beschriebenen Auswertung liegt auf jenen Daten,
die für das zum Zeitpunkt der Datenbeschaffung aktuellste Jahr zur Verfügung stehen, in dem hier betrachteten Fall also für das Jahr 2009.
SASVZ - Schweizerische Automatische Strassenverkehrszählung
•
Das Zählstellenverzeichnis (Stand 01.2010) der Schweizerischen Automatischen Strassenverkehrszählung (SASVZ) wurde in Excel-Format als Liste am 06.01.2011 über das online-Angebot des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), Bundesamt für Strassen (ASTRA) abgerufen. Hieraus werden u.a. folgende Informationen für die spätere Zuordnung der Zähldaten zu den Staudaten
gewonnen:
-
Zählstellennummer und -bezeichnung (Name) sowie Angaben
zu Strassennummer und Strassentyp (d.h. eine Information
darüber, ob es sich um eine Nationalstrasse handelt oder
nicht), an der die Zählstelle liegt; (Diese Informationen erlauben eine eindeutige Identifizierung bei der späteren Zuordnung zu den Staudaten.)
-
Definition der Zählrichtung 1 und 2 je Zählstelle; (Diese Informationen sind wichtig bei der späteren richtungsgenauen Unterscheidung und Zuordnung der Zähldaten.)
-
Eine Information darüber, ob für die entsprechende Zählstelle
Zähldaten in der Unterscheidung nach den sieben Fahrzeugkategorien gemäss SWISS07 (Bus/Car, Motorrad, Personenwagen, Lieferwagen, Lastwagen, Lastzug, Sattelzug) vorliegt
oder nicht; (Diese Information ist essentiell bei der späteren
Auswahl und Zuordnung geeigneter Zählstellen und deren Daten zu den Stauereignissen, da nur solche Zählstellen berücksichtigt werden können, die eine Fahrzeugerfassung nach
SWISS07 aufweisen.)
-
Angaben bzgl. des Datums der grundsätzlichen Inbetriebsetzung der Zählstelle sowie (falls verfügbar) bzgl. des Datums
der Inbetriebnahme der Erfassung der Fahrzeug-Kategorien
nach SWISS07; (Diese Informationen sind wichtig bei der spä-
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teren Auswahl der für die Zuordnung geeigneten Zählstellen,
da nur solche Zählstellen berücksichtigt werden können, die
im entsprechenden Zeitraum bereits in Betrieb waren und
nach SWISS07 differenzierte Daten erhoben haben.)
•
•
Die Zählstellendaten (genauer: die Detaildaten) der SASVZ der Jahre
2007 bis 2009 wurden in Form je einer MS-Access Database am
06.01.2011 über das online-Angebot des Bundesamts für Strassen
(ASTRA) bzw. des Bundesamts für Statistik (BFS) abgerufen. Ergänzend
liegen Detaildaten der Jahre 2005 und 2006 vor, die zwar nicht online verfügbar waren, auf Anfrage jedoch direkt beim UVEK ASTRA, Abteilung
Strassennetze Verkehrsmanagement Verkehrsmonitoring per DatenBestellung bezogen werden konnten. Aus den benannten Datensätzen
werden folgende Informationen gewonnen:
-
24 Stundenbelastungswerte in Fz/h für jeden Kalendertag;
-
für jede (in Betrieb befindliche) Zählstelle;
-
getrennt nach beiden Fahrtrichtungen;
-
für jeden Tag des Jahres unter zusätzlicher Angabe des entsprechenden Tagestyps: Werktag (WE), Samstag (SA), Sonntag (SO), Feiertag (FE);
-
für alle sieben Fahrzeugkategorien nach SWISS07 (sofern
durch die Zählstelle unterstützt)
Insgesamt liegen somit allein für das Jahr 2009 ca. 1.2 Mio. Datensätze à
24 Stundenwerte vor. Von den gesamthaft 314 aufgeführten Zählstellen
wird allerdings nur von 240 auch die Fahrzeugkategorie erfasst, womit bereits eine erste Einschränkung des zur Verfügung stehenden Datenangebots einhergeht. Die zweite Einschränkung ergibt sich aus dem Umstand,
dass sechs der Zählstellen in 2009 noch nicht (oder zumindest teilweise
nicht) in Betrieb waren. Es verbleiben demnach Zähldaten von 234 Zählstellen, die für eine Zuordnung zu den Staudaten geeignet sind. Aufgrund
der guten Abdeckung des betrachteten Strassennetzes durch Zählstellen
ist jedoch auch mit dieser reduzierten Zahl eine hinreichend genaue Datenbasis gegeben. Dort, wo Daten einer Zählstelle aus zuvor genannten
Gründen nicht in ausreichender Differenzierung zur Verfügung stehen,
wird auf Informationen der jeweils nächstgelegenen, geeigneten Zählstelle
zurückgegriffen (unter Annahme einer gleichen Anzahl an Fahrspuren).
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TMC-Location-Code (LC) für die Schweiz
•
Die TMC-Location-Codierung wird zentral geführt und einmal jährlich
überarbeitet und durch eine europäische Zertifizierungsstelle in Brüssel
geprüft und freigegeben.
•
Die Daten in Form einer Excel-Liste sowie einer GIS-shape-Datei wurden
vom Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und
Kommunikation (UVEK), Bundesamt für Strassen (ASTRA) zur Verfügung
gestellt
•
Der Code an sich besteht aus einer 5-stelligen fortlaufenden (aber nicht
generell kontinuierlich dem Strassenverlauf entsprechend auf- bzw. absteigenden) Nummer und ermöglicht so eine eindeutige Identifizierung.
•
In den Daten sind Angaben zur Strassen-Nummer enthalten, welche eine
Unterscheidung nach nationalen und kantonalen Autobahnen, Zubringer,
Umfahrungen und Passstrassen ermöglicht.
•
Ebenso enthalten sind jeweilige Punktnamen zur Beschreibung der Örtlichkeit des LC, welche überwiegend durch neuralgische Punkte im Strassennetz gekennzeichnet sind (relevant für das hier betrachtete Nationalstrassennetz sind u.a. AB-Anschlussstellen, AB-Verzweigungen, ABKreuze, Tunnel, Überdeckungen, Brücken, Dosierstellen, Grenzübergänge, Zollabfertigungsstellen).
•
Die GIS-Daten sind durch Angabe von WGS 84-Koordinaten eindeutig
georeferenziert und lassen sich so mittels Geo-Analyse mit den Zählstellendaten verknüpfen.
•
Insgesamt umfasst die Liste
ca.12'500 Einträge; davon:
der
Schweizer
TMC-Location-Codes
-
ca. 900 Codes mit Bezug zum Autobahnnetz (welche für diese
Auswertung relevant sind),
-
ca. 3'300 Codes mit Bezug zum nachgelagerten Hauptstrassennetz,
-
ca. 8'300 Codes mit Bezug zum Kantonsstrassennetz und
-
ca. 40 Codes mit Bezug zu Sonderstrecken wie z.B. Autofähren, Autoverlad und Bahnverlad
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VM-UVEK – Verkehrsmodell UVEK
•
Um die im Abschnitt 3.2.3 im 3. Neuerungsbereich beschriebene Methodik
zur empirisch gestützten Ermittlung der durch Stau reduzierten Geschwindigkeiten anwenden zu können, muss die Anzahl der auf einem Abschnitt
(richtungsgetrennt) zur Verfügung stehenden Fahrspuren bekannt sein.
•
Diese in der Liste der TMC-Location-Codes nicht verfügbare Information
wird daher dem Verkehrsmodell UVEK (VM-UVEK) entnommen und den
LC-Daten zugeordnet. Das Strassennetz des VM-UVEK für 2008 wurde
auf Anfrage hin vom Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr,
Energie und Kommunikation (UVEK), Bundesamt für Raumentwicklung
(ARE), Sektion Grundlagen in Form einer Geodatenbank (in Schweizer
Landeskoordinaten CH1903) bereitgestellt. Zur Verfügung stehen somit
Angaben zur richtungsbezogenen Anzahl der Fahrspuren je Abschnitt
(gemäss Abschnittseinteilung im VM-UVEK).
Vorgang der Daten-Zusammenführung
(3) Die Zusammenführung der zuvor beschriebenen Daten erfolgte in vier
Stufen, die nachfolgend beschrieben bzw. benannt werden.
(4) Um die Stauinformationen mit den Verkehrsdaten zu verknüpfen, bedarf
es einer Schnittstelle in Form einer eindeutigen Zuordnungstabelle. Die Existenz eines solchen „Schlüssels“ war weder dem ASTRA noch der VIASUISSE
bekannt, und auch anderweitige Nachfragen bei Institutionen, die mit der Location-Code-Thematik vertraut sind (Fa. Geologix), brachten keinerlei Hinweise darauf, dass hier auf Bestehendem aufgebaut werden kann. Die erste Stufe der Daten-Zusammenführung beinhaltet daher die Erstellung eines Zuordnungsschlüssels zwischen Zählstelle und Location-Code; d.h. jedem der weiter oben bereits erwähnten, für die Stauauswertung relevanten LocationCodes mit Bezug zum Autobahnnetz (und zusätzlich einiger Codes im ergänzenden Nationalstrassennetz) wird exakt je eine Zählstelle zugeordnet. Genau
genommen sind dabei jedem Location-Code zwei Zählstellen zuzuordnen, je
nachdem, welche der beiden Fahrt-Richtungen betrachtet wird. Ein einfaches
Beispiel soll dies verdeutlichen (vgl. Abbildung 9): Betrachten wir einen Location-Code, der auf einer Autobahn entlang einer Nord-Süd Achse liegt. Angenommen, ein Stauereignis beginnt am LC und pflanzt sich in nördlicher Richtung fort, so muss diesem das verkehrliche Mengengerüst der Zählstelle Nord
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und zwar der Richtung „Süd“ (also in Richtung des Location-Codes und somit
des Stauereignisses) zugewiesen werden. Pflanzt sich das Stauereignis vom
Location-Code aus hingegen in südlicher Richtung fort, sind die Verkehrsdaten der Zählstelle Süd und zwar der Richtung „Nord“ (folglich auch hier in
Richtung des Location-Codes) dem Stauereignis zuzuordnen. Diese prinzipiell
einfache Zuordnungsvorschrift gilt für alle Location-Codes im betrachteten
Autobahn- bzw. erweiterten Nationalstrassennetz.
(5) Die zweite Stufe besteht in der Übertragung der Zusatzinformationen zur
Anzahl der Fahrspuren aus VM-UVEK auf die Location-Codes.
(6) Auf der dritten Stufe erfolgt eine fallbezogene Zuspielung aller Informationen der Location-Codes (zugeordnete Zählstellen-Nr. in Abhängigkeit von
der Richtung, Anzahl der Fahrspuren) zu den Stauereignisdaten.
Abbildung 9
Prinzipskizze zur Verdeutlichung des Vorgehens bei der Zuordnung von Zählstellen zu Location-Codes
N
Zählstelle Nord (ZSN)
Stauereignis ab LC in Richtung Nord
=> Zuordnung der Zähldaten von ZSN
der Richtung Süd
Location Code (LC)
Stauereignis ab LC in Richtung Süd
=> Zuordnung der Zähldaten von ZSS
der Richtung Nord
Zählstelle Süd (ZSS)
Der Pfeil gibt die Richtung des
Stauwachstums beim Aufbau an.
S
Quelle: eigene Darstellung
(7) In der vierten und letzten Stufe erfolgt schliesslich die fallbezogene Zuspielung der Verkehrsdaten aus SASVZ zu den Stauereignissen der
VIASUISSE-Daten. Damit ist ein völlig neues Mengengerüst zur Untersuchung
des Staus verfügbar, das es unseres Wissens in dieser Form bisher noch
nicht gegeben hat.
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Zentrale Annahmen zur Zusammenführung von Stau- und Verkehrsstärkedaten
(8) In die Berechnung der Stauzeitverluste gehen verschiedene Parameter
ein, welche in den nachfolgenden Abschnitten 3.2.2 und 3.2.3 noch definiert
werden; dort werden auch die jeweils ausgewählten Ansätze näher beschrieben. An dieser Stelle soll zunächst lediglich auf die verwendeten Geschwindigkeiten bei freiem Verkehrsfluss (sog. „Freifahrtgeschwindigkeit“) eingegangen werden, welche als wesentliche Einflussgrösse bei der Berechnung der
Stauzeitverluste entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse haben. Die mittlere Geschwindigkeit bei freiem Verkehrsfluss (Vfrei) ist dabei nicht zu verwechseln mit der theoretischen, maximal auf einem Streckenabschnitt zulässigen Geschwindigkeit (Vmax) (welche weitestgehend jener Geschwindigkeit im
unbelasteten Streckenzustand (q = 0) entspricht), da davon auszugehen ist,
dass auch bei „freier Fahrt“ Wechselwirkungen der Fahrzeuge untereinander
(wie z.B. Überholvorgänge) und andere Faktoren (wie z.B. Tempolimits an
Verflechtungsstrecken und Ein- und Ausfahrten) zu einer reduzierten Durchschnittsgeschwindigkeit führen. Eine recht pauschale Annahme zu Vmax weist
dem Nicht-Schwerverkehr die im Allgemeinen auf Schweizerischen Autobahnen maximal zulässige Geschwindigkeit von 120 km/h und für den Schwerverkehr dementsprechend von 80 km/h zu. Dass diese Maximal-Ansätze so
nicht auf das hier betrachtete Problem angewendet werden können, zeigt
auch ein Vergleich mit den in ARE 2007 (S. 51f., Tab. 5 und Figur 14) ausgewiesenen, im Zuge von kantonalen Studien/Geschwindigkeitsmessungen (Zug
und Zürich) ermittelten, tatsächlichen mittleren Geschwindigkeiten. In beiden
Fällen wird eine in Abhängigkeit von Verkehrszeit und Strassentyp reduzierte
mittlere Geschwindigkeit von ca. 95 km/h (Studie Kt. Zug, 2000, Strassentyp
Autobahn, V Off-Peak) bzw. ca. 85 km/h (Geschwindigkeitsmessung Kt. Zürich, Aug. 2004, HLS (Hochleistungsstrassen), HVZ (Hauptverkehrszeit)) ausgewiesen. Unter Berücksichtigung dieser empirisch abgesicherten Erkenntnisse setzen wir in unseren Berechnungen (für beide in Abschnitt 3.2.3 aufgeführten Varianten) folgende Werte für die mittlere Geschwindigkeit bei freiem
Verkehrsfluss an:
•
95 km/h für den Nicht-Schwerverkehr, d.h. für die Fz-Kategorien Personenwagen (PW), Motorrad (MR) und Lieferwagen (LI)
•
75 km/h für den Schwerverkehr, d.h. für die Fz-Kategorien Bus/Car (CA),
Lastwagen (LW), Lastzug (LZ) und Sattelzug (SZ)
(9) Zur zeitlichen Zuordnung der Verkehrdaten bedarf es der Festlegung
einer Konvention: Prinzipiell soll keine Aufbrechung der Stundenwerte der
Verkehrszähldaten in noch kürzere Zeitbereiche erfolgen. Auch wenn in der
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Staudatenbank vermeintlich genaue Start- und Endzeitpunkte des Stauereignisses angegeben sind, sollen jeweils die vollen Stundenwerte aller Fahrzeuge innerhalb des vom Stauereignis betroffenen Zeitraums in die Berechnungen eingehen.
Sonderprobleme
(10) Die Zusammenführung der zwei Hauptdatenbestände (Staudaten, Verkehrsstärken) birgt einige handwerkliche und methodische Herausforderungen, von denen die aus unserer Sicht wichtigsten nachfolgend kurz erwähnt
werden sollen:
•
Bei der Verknüpfung der aus verschiedenen Datenquellen bereitgestellten
Geoinformationen (Verkehrszählstellen auf der einen Seite und Location
Codes auf der anderen Seite) lagen den Shape-Dateien teilweise unterschiedliche Koordinatensysteme (d.h. teils Koordinaten im geodätischen
Referenzsystem WGS 84, teils Schweizer Landeskoordinaten CH1903)
zugrunde. Zur Überlagerung und späteren Auswertung bzw. Zuordnung
mussten daher die Koordinaten der Zählstellenlage-Daten aus CH1903
nach WGS 84 transformiert werden.
•
In einigen Fällen war nicht eindeutig aus den Daten erkennbar, in welcher
Richtung sich der Stau „ausbreitet“. Die Ursache hierfür liegt darin, dass in
den Staumeldungen von VIASUISSE die Stau-Richtung keine originäre Information per se ist, sondern über einen räumlichen Vergleich zwischen
Start- und End-Location-Code erst abzuleiten ist. Das Problem hierbei besteht darin, dass bei kurzen Stauereignissen Start- und End-LC identisch
sind und sich demnach keine Richtungsinformation ableiten lässt. Dies
trifft auf insgesamt rund 1'050 Stauereignismeldungen (die zusammengenommen 500 Staustunden ausmachen) der insgesamt rund 36’300 Stauereignisse (gesamthaft rund 16'900 Staustunden) zu, hat also mit 3 % einen verhältnismässig geringen Anteil. Zieht man darüber hinaus jene Ereignisse ab, die nicht an einem der neun ausgewiesenen Stauschwerpunkte stattfinden, reduziert sich die Anzahl der nicht eindeutig richtungsbekannten Stauereignisse nochmals auf rund 360 (bzw. rund 160 Staustunden), was einem Anteil von 1 % der Gesamtmenge entspricht. Diese
„Ausfallquote“ betrachten wir als tolerabel. Für jene Stauereignisse mit
identischem Start-und End-LC, die innerhalb der bekannten Stauschwerpunkte auftreten, wird eine „wahrscheinlich richtige“ Richtung angenommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Stauereignis an einem Stauschwerpunkt dabei in der einen oder anderen Richtung auftritt, wird an-
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hand einer Analyse der Anteilsverteilung der eindeutig nach Richtung identifizierbaren Stauereignisse an den Stauschwerpunkten ermittelt und dann
per Zufallsvariable auf die entsprechenden Stauereignisse übertragen.
•
Ein weiteres Problem besteht im Auseinanderklaffen von Stauereignisort
und Verkehrszählstelle, was zu einer Uneindeutigkeit der zeitlichen Zuordnung führt: Da in der Regel direkt am Ort eines Stauereignisses keine
Zählstelle liegt, ergibt sich ein räumlicher und damit einhergehend auch
zeitlicher „Versatz“, der wiederum bei der Zuordnung von Zähldaten eine
gewisse Unschärfe zur Folge hat.
3.2.2
2. Neuerungsbereich: Ermittlung des Zusammenhangs zwischen
Staudauern und Staulängen
(1) Wie in Abschnitt 3.1.1 bereits hervorgehoben, unterliegt der Zusammenhang zwischen Staudauern tStau (die durch VIASUISSE relativ gut dokumentiert sind) und den Staulängen LStau, für die es keinerlei Messungen, sondern
lediglich einmalig für das Jahr 2002 grobe Schätzungen aus Befragungen aus
KABEWISTRA für 95 ausgewählte Stauschwerpunkte in der Schweiz gibt,
einem sehr grossen Grauzonenbereich. Um diesen ein wenig einzugrenzen,
haben wir zwei Wege beschritten, die allerdings ebenfalls beide mit Unsicherheiten behaftet sind, deren Ursachen nachfolgend dokumentiert werden.
(2) Beide Wege gehen von der schon genannten Annahme aus, dass ein
Zusammenhang der Form
LStau = c · tStau
[Formel (1)]
besteht. Es ist jedenfalls einleuchtend, dass für tStau = 0 auch LStau = 0 gelten
muss und dass unter sonst gleichen Bedingungen LStau mit tStau zunehmen
muss.
(3) Der erste Weg wird beschritten durch Verknüpfung von Informationen
aus VIASUISSE für das Jahr 2004 (und zwar der dort im Jahr 2004 registrierten Staustunden und Anzahlen der Stauereignisse, woraus sich eben durchschnittliche Staudauern je Einzelstau errechnen lassen) mit den zwar räumlich
zuordenbaren, zeitlich jedoch nicht für 2004, sondern für das Jahr 2002 grob
abgeschätzten Staulängen je Einzelstau aus KABEWISTRA (ARE 2007, S.
112) (siehe Tabelle 4). Mit den dort ausgewiesenen beiden Zahlenkolonnen
LStau und tStau wird eine lineare Regression (mit Absolutglied = 0) in der ge-
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progtrans
nannten Form durchgeführt. Dabei ergibt sich für den Regressionskoeffizienten c:
c = 8.82 km/h
(n = 12 Beobachtungen, Bestimmtheitsmass B = 0.83)
Das heisst also zum Beispiel, dass einer Staustunde eine Staulänge von
8.82 km zugeordnet ist.
Tabelle 4
Durchschnittliche Staulängen (2002) und durchschnittliche
Staudauern (2004) für bestimmte Autobahn-Teilkollektive
AB
Abschnitt
A1
A1
A1
A1
A1
A2
A2
A2
A2
A9
A9
Rest
Bern Kriegstetten
Grossraum Baregg
Nordumfahrung Zürich Winterthur
Umfahrung Genf
Rest
Gotthard‐Nord
Gotthard‐Süd
Grossraum Belchentunnel
Rest
Umfahrung Lausanne
Rest
Alle
mittl. Stau‐
Staulänge LStau [km] stunden [h]
4.0
8.2
6.0
2.5
3.6
4.8
6.0
7.0
3.6
1.0
3.6
3.6
517
1'208
1'719
324
2'043
463
805
114
1'538
63
1'393
2'832
Anzahl
Stau‐
ereignisse
890
2'963
3'771
702
4'454
831
1'160
230
2'888
155
4'581
4'732
mittl. Staudauer tStau [h]
0.58
0.41
0.46
0.46
0.46
0.56
0.69
0.50
0.53
0.40
0.30
0.60
Quelle: ARE 2007, S.112
(4) Der zweite Weg muss hinsichtlich der Staulängen wiederum auf
KABEWISTRA zurückgreifen, da es keine weitere empirische Basis hierzu
gibt. Nun wird aber versucht, auch durchschnittliche Staudauern aus derselben Datenquelle und daher für das gleiche Jahr (2002) zu rekonstruieren. Wie
schon in Abschnitt 3.1.2 erwähnt, ist das Urdatenmaterial von KABEWISTRA
nicht mehr verfügbar, sodass mit jenen Informationen das Auslangen gefunden werden muss, die aus KABEWISTRA in ARE 2007 wiedergegeben sind,
und das ist die Zusammenstellung im dortigen „ANHANG 4: KABEWISTRA“
(S. 105-107). Diese Zusammenstellung enthält für die bereits erwähnten 95
Stauschwerpunkte des Jahres 2002 die mittlere Staulänge Lstau (gerundet auf
ganze Kilometer) sowie die Jahresstaustunden, differenziert nach den Zeitbereichen „werktäglich“, „wöchentlich“ und „saisonal“, aber leider keine Stauhäufigkeiten. Zu diesen haben wir folgende Annahmen getroffen:
•
Für „werktäglich“ haben wir 250 Werktage mit 4 Stauereignissen je Werktag, für das ganze Jahr 2002 also 1’000 Stauereignisse angesetzt.
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•
Für „wöchentlich“ (gemeint ist vermutlich überwiegend das Wochenende)
haben wir 4 Stauereignisse je Wochenende angesetzt, was somit 208
Stauereignisse für das ganze Jahr 2002 ergibt.
•
Für „saisonal“ haben wir 50 Stauereignisse für das ganze Jahr 2002 für
jeden Stauschwerpunkt, der in dieser Kategorie eine Stauzeit ausweist,
angesetzt.
Damit können nun für jeden der 95 Stauschwerpunkte durchschnittliche Einzelstaudauern ermittelt werden.
(5) Von den 95 aufgelisteten Stauschwerpunkten haben wir allerdings – und
zwar nur hier bei dieser Analyse zur Ermittlung von c – aus guten Gründen
einige ausgeschieden:
•
Es werden nur Autobahn-Stauschwerpunkte einbezogen.
•
Sonderfälle wie Baustellen, Grenzübertrittsstellen (Zollanlagen) und Flughafenzubringer wurden weggelassen.
(6) Damit wären genau 70 Stauschwerpunkte verblieben. Erste Rechnungen haben jedoch gezeigt, dass bei zwei Stauschwerpunkten unverkennbar in
den Staulängen ein Übertragungsfehler stattgefunden haben muss, sodass
auch diese beiden Stauschwerpunkte eliminiert wurden. Ausserdem gab es
noch zwei weitere Ausreisser, nämlich die Stauschwerpunkte Gotthard Süd
und Gotthard Nord, für die ausschliesslich „saisonal“ auftretende Stauzeiten
angegeben waren, für die aber eine pauschal geschätzte Anzahl von insgesamt 50 Stauereignissen im Jahr 2002 naturgemäss völlig verfehlt gewesen
wäre und für die die Anzahlen der tatsächlichen Stauereignisse im Jahr 2002
in keiner Weise mehr rekonstruierbar sind. Wir haben daher auch diese beiden Stauschwerpunkte (nur hier zur Berechnung von c!) eliminiert, sodass
insgesamt 66 Beobachtungen zur Verfügung standen (siehe Tabelle 5).
(7) Staulängen, die in der genannten Quelle gerundet mit 0 km angegeben
waren, wurden dabei auf 0.4 km gesetzt, da es einerseits bei richtiger Rundung weniger als 0.5 km sein müssen, andererseits aber davon ausgegangen
werden kann, dass Stauereignisse mit sehr kurzen Staulängen wohl kaum
bzw. nur unterdurchschnittlich häufig mitgeteilt werden dürften.
(8)
Als Ergebnis dieser Regressionsrechnung erhält man:
c = 6.36 km/h
(n = 66 Beobachtungen, Bestimmtheitsmass B = 0.60)
(9)
Letztendlich haben wir mit c = 7.5 km/h gerechnet.
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Tabelle 5
Nr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
Staulängen und Staudauern aus KABEWISTRA, rekonstruiert
nach ARE 2007, S. 105-107
Kürzel
AG2
BE1
BE2
BE3
BE4
BE5
BE6
BE7
BE8
BE9
BE10
BE11
BE12
BE13
BE14
BL2
BL3
BL4
BS1
GE1
GE2
GE4
GE5
GE6
GE8
GR1
GR3
GR4
GR7
LU1
LU2
LU3
LU4
NW1
SG1
SG2
SO1
SO2
SO3
SZ1
SZ2
TI2
TI3
TI4
TI5
TI6
UR1
VD3
VD4
VD5
AB
A1
A8
A1
A1
A1/A6
A6
A1
A1
A6
A6
A1/A6
A1/A6
A1/A6
A12
A1
A2
A2
A18
A3/A2
A1
A1
A1
A1
A1
A1
A13
A13
A13
A13
A2
A2
A2
A2
A2/A8
A1
A1
A1
A1
A2/A1
A3
A3
A13
A13
A2
A2
A2
A2
A1
A1
A1
mittl. Jahresstaustunden [h/a]
Staulänge saisonal
LStau [km] werktäglich wöchentlich
8.0
518
0
0
8.0
0
0
16
10.0
0
0
30
1.0
0
0
15
2.0
207
0
0
0.4
207
0
0
2.0
311
0
0
1.0
311
0
0
4.0
207
0
0
1.0
207
0
0
1.0
518
0
0
0.4
207
0
0
0.4
0
0
20
1.0
207
0
0
8.0
725
156
0
5.0
414
0
0
0.4
414
0
0
1.0
155
0
0
2.0
311
0
0
4.0
621
0
0
2.0
414
0
0
1.0
414
0
0
1.0
518
0
0
2.0
518
0
0
1.0
414
0
0
4.0
0
0
12
10.0
0
0
30
6.0
0
0
18
2.0
0
0
24
1.0
362
0
0
1.0
414
0
0
1.0
621
78
0
0.4
0
0
30
9.0
0
0
32
1.0
414
0
0
1.0
466
0
0
12.0
414
156
60
16.0
0
0
120
6.0
0
156
180
1.0
414
0
0
0.4
311
0
0
7.0
311
0
75
7.0
311
0
0
1.0
725
0
0
2.0
269
0
0
3.0
0
260
0
1.0
0
0
40
8.0
311
0
0
8.0
414
0
0
2.0
311
0
0
Total
518
16
30
15
207
207
311
311
207
207
518
207
20
207
881
414
414
155
311
621
414
414
518
518
414
12
30
18
24
362
414
699
30
32
414
466
630
120
336
414
311
386
311
725
269
260
40
311
414
311
mittl. Staudauer tStau [h]
0.52
0.32
0.60
0.30
0.21
0.21
0.31
0.31
0.21
0.21
0.52
0.21
0.40
0.21
0.73
0.41
0.41
0.16
0.31
0.62
0.41
0.41
0.52
0.52
0.41
0.24
0.60
0.36
0.48
0.36
0.41
0.58
0.60
0.64
0.41
0.47
0.50
2.40
1.30
0.41
0.31
0.37
0.31
0.73
0.27
1.25
0.80
0.31
0.41
0.31
(Fortsetzung nächste Seite)
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
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progtrans
Fortsetzung Tabelle 5
Nr.
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
Kürzel
VD6
VD7
ZG1
ZG3
ZH1
ZH2
ZH3
ZH4
ZH5
ZH6
ZH7
ZH8
ZH9
ZH10
ZH11
ZH12
AB
A9
A9
A4a
A4a
A4
A4
A1L
A1
A1
A1
A1
A1
A1
A1
A1H
A3
mittl. Jahresstaustunden [h/a]
Staulänge saisonal
LStau [km] werktäglich wöchentlich
1.0
207
0
0
3.0
0
0
40
3.0
248
0
0
1.0
207
0
0
0.4
155
0
0
2.0
518
0
0
4.0
1'190
0
0
3.0
414
0
0
4.0
275
0
0
8.0
518
0
0
1.0
435
0
0
5.0
0
52
0
2.0
259
0
0
3.0
259
0
0
1.0
518
0
0
2.0
311
104
15
mittl. Staudauer tStau [h]
Total
207
40
248
207
155
518
1'190
414
275
518
435
52
259
259
518
430
0.21
0.80
0.25
0.21
0.16
0.52
1.19
0.41
0.28
0.52
0.44
0.25
0.26
0.26
0.52
0.34
(10) Ergänzend ist hier noch ein wichtiges, ergebnisrelevantes Phänomen
festzuhalten: Die bereits angeführte elementare Formel zur Ermittlung der
Fahrzeug-Staustunden T würde nur für den Fall eines stationären Verkehrsflusses gelten, das heisst unter der Annahme, dass in der Zeit zwischen den
gemeldeten Uhrzeiten von Beginn und Ende eines Stauereignisses sowohl die
Verkehrsstärke q und die reduzierte Geschwindigkeit Vred als auch die Staulänge LStau konstant sind. Dies trifft naturgemäss nicht zu, denn ein Stau baut
sich auf und dann wieder ab. Das heisst, wenn man näherungsweise zumindest für q und Vred Konstanz während der Staudauer unterstellt, so ist Formel (1) zu ändern in Formel (2):
t Stau
T = (1/Vred – 1/V0) · q ·
∫ L(t ) · dt
[Formel (2)]
0
Das Integral kann man als „Staumächtigkeit“ M bezeichnen (siehe Abbildung
10 auf der folgenden Seite, schraffierte Fläche).
(11) Legt man den zuvor ermittelten linearen Zusammenhang zwischen
Staudauer tStau und Staulänge LStau zugrunde, so ergibt sich für die Staumächtigkeit M folgender Wert:
M = 0.5 · tStau · LStau [h·km]
Damit ändert sich Formel (1) zu Formel (3)
T = (1/Vred – 1/V0) · q · 0.5 · tStau · LStau
[Formel (3)]
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Dies ist genau der halbe Wert von Formel (1).2 Es ist noch zu erwähnen, dass
– wie Abbildung 10 zu entnehmen ist – der zuvor ermittelte Regressionskoeffizient c als die halbe Stauaufbau- bzw. -abbaugeschwindigkeit (w) interpretiert
werden kann.
Abbildung 10 Entwicklung der Staulänge L in Abhängigkeit von der Stauzeit t
(schematisiert)
L [km]
LStau
(z.B. 7.5 km)
Aufbauphase
Abbauphase
M
tg(φ) = LStau / tStau = c
tStau
0.5 · tStau
t [h]
(z.B. 1 h)
w = 2 · c = Stauaufbau- bzw. -abbaugeschwindigkeit
M=
t Stau
∫
L( t ) ⋅ dt = 2 ⋅
0
t Stau
2
∫ w ⋅ t ⋅ dt = 0.5 ⋅ t
0
Stau
⋅ L Stau = “Staumächtigkeit”
(schraffierte Fläche)
Quelle: eigene Darstellung
2
Zu dieser Instationarität wird in ARE 2007 nichts ausgeführt. Bei noch differenzierterer Betrachtungsweise wäre auch noch die Konstanz von q und Vred während eines Stauereignisses zu hinterfragen, doch wäre dies sicherlich Stoff für eine eigenständige Forschungsarbeit, die im Rahmen der
hier gestellten Aufgabe nicht zu leisten ist.
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3.2.3
3. Neuerungsbereich: Empirisch gestützte Ermittlung der durch
Stau reduzierten Geschwindigkeiten
(1) In Abschnitt 3.2 war ausgeführt worden, dass die Resultate für die Fahrzeug-Staustunden T in Abhängigkeit von der zugrunde gelegten reduzierten
Staugeschwindigkeit Vred enormen Schwankungsbreiten unterliegen. So ergab
sich dort für Vred = 10 km/h ein T von 35 Mio. Fz-h für das Jahr 2002, für Vred =
20 km/h ein T von 15 Mio. Fz-h für 2002.
(2) Dieser sehr unbefriedigende Umstand und die nunmehr verfügbaren und
den jeweiligen Stauereignissen zuordbaren Verkehrsmengengerüste (Verkehrsstärken q) haben den Anstoss gegeben, diesen Missstand zu beheben.
Ausgangspunkt hierfür ist der in der Verkehrsflusstheorie seit langem bekannte und immer wieder verfeinert ermittelte Zusammenhang zwischen Verkehrsdichte D [Fz/km] und Verkehrsstärke q [Fz/h]. Dieser Zusammenhang wird in
der Verkehrswissenschaft „Fundamentaldiagramm“ genannt (vgl. Abbildung
11 auf der folgenden Seite).
(3) Abbildung 11 zeigt das für die vorliegende Aufgabenstellung relevante
Fundamentaldiagramm in vereinfachter Form. Es wurde vom Prinzip her aus
einer Publikation von Hansen/Westland 1998 übernommen, jedoch im Detail
etwas modifiziert. Insbesondere wurden die Verkehrsstärken nicht in der Dimension [PW-Einheiten/h], sondern in der Dimension [Fz/h] einbezogen (um
besser mit der vorliegenden empirischen Datenbasis arbeiten zu können).
Dementsprechend mussten auch die in der Urquelle angegebenen Zahlenwerte umdimensioniert und (aufgrund jüngerer Messungen) ein wenig angepasst
werden: Als Leistungsfähigkeit (maximales q) wurden für eine Fahrspur 1’800
Fz/h angesetzt (mit der zugehörigen Verkehrsdichte von D = 20 Fz/km, was
einer mittleren Geschwindigkeit des freien Verkehrsflusses von 1’800/20 =
90 km/h entspricht). Als maximal mögliche Verkehrsdichte (Anzahl der Fahrzeuge pro Kilometer in einer stehenden Kolonne) wurden für eine Fahrspur
Dmax = 110 Fz/km angesetzt, was der durchschnittlichen Längeninanspruchnahme eines Fahrzeuges von 1’000/110 = 9 m/Fz entspricht.
(4) In Abbildung 11 ist auch ein Beispiel eingetragen, das die Wirkungsweise des Zusammenhanges verdeutlicht: Wenn bei einer Fahrspurenanzahl von
n = 3 eine Verkehrsstärke von q = 1’600 Fz/h gemessen wurde (in Summe
über alle drei Fahrspuren), so ist dazu eine Verkehrsdichte von D = 250 Fz/km
ablesbar, was zu einer zugehörigen durch Stau reduzierten Geschwindigkeit
von Vred = q/D = 1’600/250 = 6.4 km/h führt.
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Abbildung 11 Vereinfachtes Fundamentaldiagramm in Anlehnung an Hansen/Westland 1998 für die Richtungsfahrbahn einer Autobahn
in Abhängigkeit von der Fahrspurenanzahl n
Verkehrsstärke
[Fz/h]
V = 90 km/h
5400
gebundener Verkehrsfluss
(n = 3)
Vred = 30 km/h
3600
(n = 2)
„stockender“ Verkehr
freier
Verkehrsfluss
Vred = 10 km/h
VB,red = 6.4 km/h
1800
(n = 1)
„gestauter“ Verkehr
qB = 1600 Fz/h
20 Fz/km
110
220
330
(n = 1)
(n = 2)
(n = 3)
Verkehrsdichte
[Fz/km]
DB = 250 Fz/km
Beispiel
Beispiel (Index
(Index B)
B)
gegeben:
gegeben:
nnBB == 33
führt
führt zu:
zu:
DDBB == 250
= 6.4 km/h
250 Fz/km
Fz/km ,, VVB,red
B,red = 6.4 km/h
,, qqBB == 1600
1600 Fz/h;
Fz/h;
Quelle: eigene Darstellung
(5) Hier gilt es noch, eine vermeintliche Widersprüchlichkeit aufzuklären:
Wäre im vorliegenden Fall etwa eine etwas höhere Verkehrsstärke von 1’800
Fz/h gemessen worden, so würde die zugehörige Staugeschwindigkeit Vred
7.5 km/h betragen, sich also ebenfalls erhöhen. Unsere spontane Empfindung
und natürliche Reaktion wäre aber, anzunehmen, dass bei einer höheren Verkehrsstärke die Staugeschwindigkeit sinken muss. Dies ist ein Trugschluss:
Was wir wahrnehmen können, ist nicht die Verkehrsstärke, sondern die Verkehrsdichte, und die hat im vorliegenden Fall in der Tat abgenommen, nämlich
von 250 Fz/km auf 240 Fz/km. Und eine verringerte Verkehrsdichte erlaubt
eben im Bereich des gebundenen Verkehrs eine höhere Geschwindigkeit.
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(6) Wenn man den in Abbildung 11 dargestellten Zusammenhang in eine
algebraische Formel überführt, so erhält man für Vred:
Vred = q/[Dmax · n + q/(dq/dD)]
Dmax ist die schon genannte maximal mögliche Dichte je Fahrspur bei Stillstand
einer Fahrzeugkolonne. Der Differentialquotient dq/dD ist die Neigung der
Verbindungsgeraden zwischen qmax (1’800 Kfz/h) und Dmax (110 Fz/km) und
ergibt sich zu:
dq/dD = 1’800/(20 – 110) = -20 km/h
Damit ergibt sich für den hier gesuchten Zusammenhang zwischen Vred und q:
Vred = q/(110 · n – q/20)
q ist die (über alle 7 Fahrzeugkategorien addierte) stündliche Verkehrsstärke,
die einem bestimmten Stauereignis zugeordnet werden kann. Da q aus der
SASVZ nun für jedes einzelne Stauereignis bekannt ist, kann Vred individuell
für jedes einzelne Stauereignis in Abhängigkeit von q ermittelt werden. Nach
dieser Ermittlung wird noch eine Kontrolle durchgeführt: Es wird geprüft, ob
das so ermittelte Vred in den für jedes Stauereignis angegebenen Geschwindigkeitsbereich von „stockend“ (30 km/h ≥ Vred ≥ 10 km/h) bzw. „gestaut“ (Vred ≤
10 km/h) fällt. Ist dies nicht der Fall, so wird – da ja eine Unvereinbarkeit vorliegt – alternativ in zwei Varianten vorgegangen:
•
In der ersten Variante wird angenommen, dass die Staumeldung korrekt
war und die Zuordnung des zugehörigen q nicht stimmt. In diesem Fall
wird, wenn das über Vred = 30 km/h ermittelbare q kleiner ist als das real
(aber offensichtlich falsch) zugeordnete q (das wäre ja Falschzuordnung),
mit Vred = 30 km/h und dem korrigierten qkorr = 110 · n · 30/(1 + 30/20) =
1320 · n [Fz/h] gerechnet. Analog vorgegangen wird, wenn das reale q
zwar ein Vred von kleiner als 30 km/h ergibt, aber nicht in den jeweils angegebenen Teilbereich von „stockend“ oder „gestaut“ fällt. In diesem Falle
wird Vred = 10 km/h gesetzt und als zugehöriges korrigiertes qkorr der Wert
qkorr = 110 · n · 10/(1 + 10/20) = 733 · n [Fz/h] eingesetzt.
•
In der zweiten Variante wird angenommen, dass die Werte für q korrekt
sind und die Staumeldung eine Fehlmeldung war. Liegt das aus q errechenbare Vred über 30 km/h (das wäre ja die Fehlmeldung), so wird die
Meldung eliminiert. Unstimmigkeiten in der Zuordnung zu „stockend“ oder
„gestaut“ werden ignoriert, die Werte aber mit dem aus q errechneten Vred
einbezogen.
(7) Wir sind überzeugt davon, dass mit dieser möglich gewordenen empirischen Absicherung der Ermittlung von Vred eine wesentliche Schwachstelle
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aller bisherigen Verfahren behoben werden konnte, indem eine das Ergebnis
zentral beeinflussende Grösse durch Ausnutzung eines bekannten Kausalzusammenhanges abgestützt wird.
3.3 Ergebnisse der Berechnungen erlittener
Stauzeitverluste
(1) Die (gerundeten) Ergebnisse der Berechnungen nach Variante 1 (gemäss Ausführungen in Abschnitt 3.2.3) lassen sich wie folgt zusammenfassen:
•
Insgesamt summieren sich die erlittenen Stauzeitverluste über alle Fahrzeug- bzw. Betroffenenkategorien auf rund 6'120’600 Fz-h/a.
•
Auf den NSV (PW, MR, LI) entfallen erlittene Stauzeitverluste in Höhe von
rund 5'701’600 Fz-h/a.
•
Die vom SV erlittenen Stauzeitverluste betragen rund 419’000 Fz-h/a.
•
Mit rund 400’000 Fz-h/a entfällt der überwiegende Anteil auf die SNF (LW,
LZ, SZ), auf Car/Bus (CA) entfällt ein Anteil von rund 19’000 Fz-h/a.
•
Der Anteil nicht-verkehrlicher Verursachungen (d.h. Baustellen und Unwetter) beträgt rund 17.1 %.
•
Der Anteil der Stauzeitverluste von NSV + gewichteten3 CA in SNF-freier
Zeit an allen Stauzeitverlusten der NSV + gewichteten CA beträgt rund
16.6 %.
(2) Analog dazu lassen sich die (gerundeten) Ergebnisse der Berechnungen
nach Variante 2 (gemäss Ausführungen in Abschnitt 3.2.3) wie folgt zusammenfassen:
•
Insgesamt summieren sich die erlittenen Stauzeitverluste über alle Fahrzeug- bzw. Betroffenenkategorien auf rund 5'399’400 Fz-h/a.
•
Auf den NSV (PW, MR, LI) entfallen erlittene Stauzeitverluste in Höhe von
rund 5'010’200 Fz-h/a.
•
Die vom SV erlittenen Stauzeitverluste betragen rund 389’200 Fz-h/a.
•
Mit rund 371’100 Fz-h/a entfällt der überwiegende Anteil auf die SNF (LW,
LZ, SZ), auf Car/Bus (CA) entfällt ein Anteil von rund 18’100 Fz-h/a.
3
Zur Gewichtung siehe Abschnitt 4.2.
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•
Der Anteil nicht-verkehrlicher Verursachungen (d.h. Baustellen und Unwetter) beträgt rund 17.4 %.
•
Der Anteil der Stauzeitverluste von NSV + gewichteten CA in SNF-freier
Zeit an allen Stauzeitverlusten der NSV + gewichteten CA beträgt rund
13.0 %.
3.4 Interpretation der Ergebnisse und
Schlussfolgerungen
(1) Nachfolgend werden die zentralen Berechnungsergebnisse zu den erlittenen Stauzeitverlusten für den Schwerverkehr (SV) (getrennt nach SNF und
CA) und für den Nicht-Schwerverkehr (NSV) zusammengefasst und den vergleichbaren Werten aus ARE 2007 für das Jahr 2004 sowie für 2005 gegenübergestellt. Die Angaben sind in Tabelle 6 dokumentiert.
Tabelle 6
Vergleich der berechneten (gerundeten) Stauzeitverluste,
ProgTrans 2011 – ARE 2007
ProgTrans
2011
Var1
ProgTrans
2011
Var2
ARE 2007
Autobahn
(2009)
ARE 2007
VM-UVEK
Tab. 3,
S. 44
Autobahn
(2004)
Autobahn
(2009)
Stauzeitverluste der SNF
0.40
0.37
1.2
1.2
Stauzeitverluste der CA
0.02
0.02
k.A.
k.A.
Stauzeitverluste des NSV
5.70
5.01
13.0
13.8
[Mio. Fz-h/a]
Tab. 7,
S. 70
Autobahn
(2005)
Quelle: ProgTrans 2011, ARE 2007
(2) Die Unterschiede sind generell eklatant. Ein wesentlicher Grund dürfte
darin bestehen, dass bei ARE 2007 die „Verkehrsmengen“ (DTV) auf Basis
von VM-UVEK, also rein theoretischen bzw. modellmässigen Ansätzen ermittelt wurden.
(3) Ein weiterer wesentlicher Grund dürfte darin bestehen, dass in den für
das ARE erarbeiteten Untersuchungen das Aufbauen und Abklingen des
Staus nicht (angemessen) berücksichtigt wurde. Dies führt zu einer Überschätzung der Stauzeitverluste, die alleine einen Faktor von 2 ausmacht.
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(4) Letztlich ist ein Vergleich der hier vorgelegten Ergebnisse zu den erlittenen Stauzeitverlusten mit den Ergebnissen in ARE 2007 aber nur in sehr eingeschränktem Mass möglich:
•
ARE 2007 berichtet nicht explizit zum quantitativen Zusammenhang zwischen Staudauer und Staulänge; es bleibt offen, ob dieses Problem nicht
behandelt oder lediglich nicht dargestellt wurde. Das ist von grosser Bedeutung, denn die Staulänge ist eine wichtige, das Ergebnis direkt proportional beeinflussende Grösse.
•
Im Bezug auf alle Quantifizierungen für das Strassennetz ausserhalb von
Autobahnen herrscht ebenfalls Unklarheit. Die Ergebnisse in ARE 2007
sind in ihrem Ausmass erstaunlich und erscheinen wenig plausibel. Die
Generierung von Stau auf der ausschliesslichen Basis von modelltheoretischen Konstrukten ist fragwürdig und müsste hinsichtlich ihrer Belastbarkeit auf jeden Fall empirisch überprüft werden. Eventuell könnte man,
wenn es die entsprechenden Daten gäbe, für den Ausserortsbereich noch
einen einigermassen plausiblen Modellansatz konstruieren (obwohl dort
wegen behinderten Überholens ganz andere Fundamentaldiagramme gelten); aber im Innertortsbereich muss eine seriöse Quantifizierung allein
schon mangels einer klaren Definition von Stau (z.B. bei lichtsignalgesteuerten Knotenpunkten) scheitern. Wie ARE 2007 diese Probleme gelöst
hat, lässt sich aus dem Bericht in keiner Weise nachvollziehen.
•
Ein letzter, aber ebenfalls gravierender Kritikpunkt, besteht darin, dass es
offensichtlich in ARE 2007 keine überprüfte Zuordnung von Staugeschwindigkeiten und Verkehrsstärken mit Hilfe des Fundamentaldiagrammes gegeben hat. Damit gesellt sich zur offensichtlichen Schwäche der
Datenbasis bezüglich Zusammengehörigkeit von Stauereignissen und Verkehrsstärken auch noch ein bedeutsames theoretisches Defizit.
(5) Die vorliegende Untersuchung beansprucht nicht, die genannten Probleme vollständig gelöst zu haben; aber sie beansprucht, alle getroffenen Annahmen dokumentiert und deren Ergebnisrelevanz ausgeleuchtet zu haben.
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4
Überführung der erlittenen Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten in
verursachte Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
4.1 Problemstellung und konzeptionelle
Grundlagen
(1) Das Bundesgericht hat mit seinem Urteil vom 19. April 2010 entschieden, dass die vom Schwerverkehr (SV) dem übrigen Verkehr (NichtSchwerverkehr) (NSV) verursachten Stauzeitverlustkosten als extern zu gelten haben und somit zur Ermittlung der Abgabesätze der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) heranzuziehen sind.
(2) Diese Aufgabenstellung, die seitens des Bundesgerichtes mit dem genannten Urteil in dieser speziellen Form (wohl weltweit) erstmals konstituiert
wurde, ist nach unserer Kenntnis von Seiten der Verkehrswissenschaft bis
zum August 2010 noch nie öffentlich nachlesbar thematisiert worden. Cerwenka und Meyer-Rühle haben dann im September-Heft 2010 der Zeitschrift
„Strasse und Verkehr“ dieses Thema aufgegriffen und darin in einer zunächst
vereinfachten Version eine grundsätzliche Modellvorstellung präsentiert, die
im Rahmen der vorliegenden Untersuchung in deutlich verfeinerter Form weiterzuentwickeln und den differenzierteren Verhältnissen der Schweizer verkehrspolitischen Wirklichkeit anzupassen war.
(3) Um die ziemlich komplexe Situation in ihrer Grundproblematik auch
leichtfasslich verständlich darzustellen, wird nachfolgend ein anschauliches
(naturgemäss vereinfachtes, auf das Wesentliche reduziertes) Gedankenexperiment vorgestellt, das bewusst in einem „literarischen Stil“ formuliert ist.
•
In diesem Gedankenexperiment gebe es einen Verkehrsstrom, der ausschliesslich aus blauen und roten (ansonsten zunächst aber lauter gleichen) Fahrzeugen (Fz) besteht. Ein Teil dieses Fahrzeugstromes, der 100
Fz umfasst, gerät in einen Stau, der 1 Stunde (h) dauert. Diese 100 Fz erleiden also (bzw. verursachen gleichermassen) in Summe Stauzeiten von
S = 100 Fz-h. Nun fügt es sich, dass sich unter diesen 100 Fz 80 blaue
und 20 rote Fz befinden, die sich in ihrer Aufeinanderfolge ganz zufällig
verteilen. Der relative Erwartungswert (Anteil a) der blauen Fz ist also 0.8,
der relative Erwartungswert (Anteil 1-a) der roten 0.2. Die blauen Fz erleiden also Stauzeiten von 80 Fz-h, die roten solche von 20 Fz-h. Diese
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Grösse der erlittenen Stauzeiten lässt sich beobachten, messen, schätzen
oder unter Zuhilfenahme von Annahmen modellmässig rekonstruieren, jedenfalls irgendwie quantitativ erfassen. Aber es sind wie gesagt die (je für
blaue und rote Fz getrennt ermittelbaren) erlittenen Stauzeiten.
•
Wie aber steht es um das Ausmass der (je getrennt von blauen und roten
Fz) verursachten Stauzeiten? Wie kommt es überhaupt zu dieser Fragestellung? Im vorliegenden Fall – so unser Gedankenexperiment – hat ein
machtvoller Souverän beschlossen, dass rote Fz „böse“ Fz sind, die aufgrund des unteilbar von blauen und roten Fz gemeinsam verursachten
Staus wegen der dabei den „guten“ blauen Fz zugefügten Stauzeiten eine
Strafgebühr zu bezahlen haben, und zwar nicht etwa den blauen Fz, sondern dem Souverän. Die blauen Fz brauchen nichts zu bezahlen, auch das
ist der Wille des machtvollen Souveräns. Und auch die Stauzeiten, welche
die roten Fz einander selber zufügen, sind gebührenfrei. Es gibt also,
wenn nur blaue und rote Fz existieren, genau vier verschiedene Möglichkeiten von Verursachungszuweisungen:
1. blaue Fz an blaue Fz (gebührenfrei)
2. blaue Fz an rote Fz (gebührenfrei)
3. rote Fz an blaue Fz (gebührenpflichtig)
4. rote Fz an rote Fz (gebührenfrei)
•
Mit dieser durch den Souverän angeordneten Asymmetrie ist die hier relevante Aufgabenstellung entstanden. Sie besteht darin, das Ausmass der
auf die vier unterschiedlichen Verursachungszuweisungen entfallenden
Stauzeiten zu ermitteln. Diese Aufgabenstellung kann vom Prinzip des Zustandekommens von Staus her grundsätzlich nicht deterministisch angegangen werden. Zum Vergleich seien Unfälle mit mehreren Beteiligten herangezogen. Bei solchen Ereignissen wird das anteilig verursachte (also
verschuldete) Schadensausmass entweder einvernehmlich unter den Unfallbeteiligten oder durch unfallaufnehmende Polizeiorgane oder in Gerichtsverfahren, jedenfalls in jedem Einzelfall deterministisch ermittelt. (Bei
einer Massenkarambolage wird die Ermittlung von Verschuldensanteilen
im Übrigen zumeist schon recht schwierig.) Ein solches Vorgehen ist bei
der Ermittlung von Anteilen der Stauverursachung prinzipiell unmöglich.
Insbesondere ist es – wie das Vergleichsbeispiel mit den Unfällen zeigt –
geradezu abwegig, erlittene Stauzeiten für blaue bzw. rote Fz mit den von
blauen bzw. roten Fz verursachten Stauzeiten per se gleichzusetzen.
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•
•
Was aber statt dessen? Der Grundgedanke einer stochastischen (wahrscheinlichkeitsorientierten) Verursachungszuweisung besteht in der Verwendung von relativen Erwartungswerten, in unserem einfachen Gedankenexperiment also von den Anteilen a und 1-a. Damit lassen sich durch
(linear) multiplikative Verknüpfung plausible Verursachungswahrscheinlichkeiten p wie folgt ermitteln:
p1 = a · a
für blaue Fz an blaue Fz
p2 = a · (1-a)
für blaue Fz an rote Fz
p3 = (1-a) · a = p2
für rote Fz an blaue Fz
p4 = (1-a) · (1-a)
für rote Fz an rote Fz
Multipliziert man die Werte p1 bis p4 jeweils mit der Stauzeitsumme S (im
Gedankenexperiment 100 Fz-h), so ergibt sich, dass die blauen Fz sich
selber 64 Fz-h, die blauen den roten Fz sowie die roten den blauen Fz je
16 Fz-h und die roten Fz sich selber 4 Fz-h an Stauzeiten verursachen. In
unserem Gedankenexperiment betragen also die von den (bösen) roten Fz
erlittenen Stauzeiten 20 Fz-h, die von ihnen den (guten) blauen Fz zugefügten Stauzeiten 16 Fz-h.
(4) Soweit das Gedankenexperiment. Die Wirklichkeit ist naturgemäss viel
komplizierter. Insbesondere unterscheiden sich in der Wirklichkeit die blauen
Fz, die nunmehr den NSV symbolisieren mögen, und die roten Fz, die nunmehr den SV repräsentieren mögen, hinsichtlich ihrer Verursachungsintensitäten (Gewichtungsfaktoren g) und hinsichtlich ihrer in Geldeinheiten zu bewertenden Staustunden (Zeitkostensätze k). Dies lässt sich jedoch – wie weiter
unten gezeigt werden wird – modellmässig recht gut berücksichtigen.
(5) Komplizierter wird die Wirklichkeit allerdings noch dadurch, dass es bei
den „roten“ Fahrzeugen (also im SV) zwei Teilkollektive zu unterscheiden gilt
(wenn man so will „hellrote“ = Cars+Busse (CA) und „dunkelrote“ = schwere
Nutzfahrzeuge (SNF)), die aus folgenden Gründen möglichst getrennt behandelt werden sollten:
•
SNF dürfen nicht zu allen Zeiten verkehren, sondern unterliegen einem
Sonntags-, Feiertags- und Nachtfahrverbot (SNF-freie Zeit). CA unterliegen nicht diesem Fahrverbot.
•
SNF und CA werden in der Regel im Mittel deutlich voneinander abweichende Zeitkostensätze aufweisen.
•
CA werden bei ihrer Abgabeentrichtung durch Pauschalierung begünstigt.
(Sie werden also vom Souverän nicht ganz so „böse“ eingestuft wie die
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SNF.) Dieser Aspekt ist zwar für die vorliegende Aufgabenstellung nicht
von Belang, könnte sich aber bei einer allfälligen späteren Ermittlung von
einzelnen Kostendeckungen als relevant erweisen.
(6) Das nachfolgend dargestellte Modell berücksichtigt die genannten Aspekte durch zwei zu schätzende Anteilswerte, die bei Vorliegen von fallbezogenen empirischen Daten präzisiert werden können:
•
b = Anteil der von NSV + gewichteten CA auf die SNF-freie Zeit entfallenden erlittenen Stauzeitverluste an allen Stauzeitverlusten von NSV + gewichteten CA
•
d = Anteil der Stauzeitverluste von CA an den Stauzeitverlusten des SV
insgesamt
(7) Schliesslich ist bei Einbeziehung des Verursachungsaspektes noch zu
berücksichtigen, dass nicht alle registrierten Stauzeitverluste originär-kausal
verkehrlich verursacht sind, sondern dass es auch nicht-verkehrliche Ursachen gibt (wie etwa Baustellen und Unwetter). Dieser Aspekt wird durch einen
Anteilswert c berücksichtigt, mit dessen Hilfe nicht-verkehrliche Verursachungen ausgeschieden bzw. gesondert ausgewiesen werden können.
(8) Abschliessend zu dieser Problemdarstellung sollen einige sehr wichtige
Punkte hervorgehoben werden:
1. Eine deterministische Ermittlung von verursachten Stauzeitverlusten ist
aufgrund des Wesens von Stauentstehung grundsätzlich nicht möglich. Je
Verkehrsart verursachte Stauzeitverluste können gesondert nicht einmal
empirisch erfasst werden.
2. Sämtliche Modellvorstellungen und ihre Variation müssen an den Stauzeiten (also am empirisch erfassbaren physischen Mengengerüst) ansetzen.
Die Einbeziehung von Zeitkostensätzen ist völlig unabhängig von der Modellbildung und erfolgt erst ganz zum Schluss, um von Stauzeitverlusten
zu Stauzeitverlustkosten zu gelangen. Zeitkostensätze dürfen nicht in das
stochastische Verursachungsmodell eingehen.
3. Es müssen stets die beiden fundamentalen Gleichungen gelten und überprüfbar sein:
•
Summe der im System erlittenen Stauzeitverluste = Summe der im
System verursachten Stauzeitverluste
•
Summe der im System erlittenen Stauzeitverlustkosten = Summe der
im System verursachten Stauzeitverlustkosten
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4.2 Modellbildung
(1) Die nachfolgend präsentierte Modellentwicklung beginnt mit einer Grafik
(vgl. Abbildung 12, nachfolgende Seite), in der alle vorgenannten Aspekte der
Modellbildung anschaulich und kompakt in Form eines „Wahrscheinlichkeitsquadrates der Stauverursachung“ dargestellt sind. Die Abszisse stellt die Dimension des „Erleidens“ dar, die Ordinate die Dimension der „Verursachung“.
Die Gesamtfläche des Quadrates ist dimensionslos und hat den Wert 1 (ist
also die Summe aller unter den genannten Umständen möglichen Verursachungswahrscheinlichkeiten). Die einzelnen Felder (im vorliegenden Fall 18
Stück) stellen die einzelnen, exakt benannten und vollständig aufgelisteten
Verursachungswahrscheinlichkeiten dar. Dieses Wahrscheinlichkeitsquadrat
bildet das eigentliche stochastische Verursachungsmodell und ist das Kernstück der Überlegungen. Die konkrete abschliessende Ermittlung der einzelnen Komponenten der Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten ist ein rein
formaler Rechenvorgang (Multiplikation mit Stauzeitverlustsummen bzw. letztlich noch mit Zeitkostensätzen), wobei allerdings sorgfältig auf die korrekte
Zuordnung von Verursachungsintensitäten (Gewichtungsfaktoren g) und monetären Wertzuweisungen (Zeitkostensätze k) zu achten ist.
(2)
Folgende Eingangswerte sind erforderlich:
1)
Erlittene Stauzeitverluste Z in Fahrzeug-Staustunden pro Jahr für SV
und NSV:
ZSV [Fz-h/a], ZNSV [Fz-h/a]
2)
(Z = ZSV + ZNSV)
Gewichtungsfaktor g für Stauverursachung des SV im Verhältnis zum
NSV. Daraus werden die beiden Stauzeitverlustanteile aSV und aNSV gebildet:
aSV = g · ZSV / (ZNSV + g · ZSV)
aNSV = ZNSV / (ZNSV + g · ZSV)
Dabei muss definitionsgemäss gelten:
aSV + aNSV = 1
3)
Anteil c nicht-verkehrlicher Verursachungen (Baustellen, Unwetter)
4)
Anteil b der Stauzeitverluste von NSV + gewichteten CA, die in jener Zeit
stattfinden, in denen keine SNF verkehren dürfen (SNF-freie Zeit), an allen Stauzeitverlusten von NSV + gewichteten CA
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5)
Anteil d der CA am SV
Wenn die erlittenen Stauzeitverluste Z von SNF und CA
(SV = SNF + CA) wie hier gesondert vorliegen, ist d wie folgt zu berechnen:
d = ZCA / (ZCA + ZSNF)
Abbildung 12 Wahrscheinlichkeitsquadrat der Stauverursachung
(schematische Prinzipskizze)
v = Verhältnis
Verursachung : Erleiden
1,00
Anteil nichtverkehrlicher
Stauverursachungen
11
3
c
12
13
4
16
6
18 15
5
14 17
1
8
7
Anteil
verkehrlicher
Stauverursachungen
Verursachungsdimension
1-c
9
10
2
(1-b)·d·aSV
(1-d)·aSV
b·d·aSV
a = Anteile
(1-b)·aNSV
aSNF
aCA
b·aNSV
1,00
aSV
f = Anteil der Stauzeiten
in Zeiten mit SNF
1-f = Anteil der Stauzeiten
in SNF-freien Zeiten
Erleidensdimension
Die
Die einzelnen
einzelnen Teilflächen
Teilflächen 1 -- 18 stellen
stellen
Stauverursachungswahrscheinlichkeiten
Stauverursachungswahrscheinlichkeiten dar.
dar.
Quelle: eigene Darstellung
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erlittener
Stauzeiten je
Verkehrsart
progtrans
(3) Mit den vorgenannten Angaben gibt es unter Einbeziehung der nichtverkehrlichen Verursachungen 18 verschiedene Verursachungswahrscheinlichkeiten (p), die in Abbildung 12 durchnummeriert sind. Sie können mit
f = (1 – b) · aNSV + (1 – b · d) · aSV
nach stochastischen Gesichtspunkten wie folgt berechnet werden:
1
Verursachung von NSV an sich selbst in Zeiten mit SNF:
p1 = (1 – c) · (1 – b)2 · aNSV · aNSV / f
2
Verursachung von NSV an sich selbst in SNF-freien Zeiten:
p2 = (1 – c) · b2 · aNSV · aNSV / (1 – f)
3
Nicht-verkehrliche Verursachung an NSV in Zeiten mit SNF:
p3 = c · (1 – b) · aNSV
4
Nicht-verkehrliche Verursachung an NSV in SNF-freien Zeiten:
p4 = c · b · aNSV
5
Verursachung von SFN an NSV (nur in Zeiten mit SNF):
p5 = (1 – c) · (1 – b) · (1 – d) · aSV · aNSV / f
6
Verursachung von CA an NSV in Zeiten mit SNF:
p6 = (1 – c) · (1 – b)2 · d · aSV · aNSV / f
7
Verursachung von CA an NSV in SNF-freien Zeiten:
p7 = (1 – c) · b2 · d · aSV · aNSV / (1 – f)
8
Verursachung von NSV an SNF (nur in Zeiten mit SNF):
p 8 = p5
9
Verursachung von NSV an CA in Zeiten mit SNF:
p 9 = p6
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10
Verursachung von NSV an CA in SNF-freien Zeiten:
p10 = p7
11
Nicht-verkehrliche Verursachung an SNF (nur in Zeiten mit SNF):
p11 = c · (1 – d) · aSV
12
Nicht-verkehrliche Verursachung an CA in Zeiten mit SNF:
p12 = c · (1 – b) · d · aSV
13
Nicht-verkehrliche Verursachung an CA in SNF-freien Zeiten:
p13 = c · b · d · aSV
14
Verursachung von SNF an sich selbst (nur in Zeiten mit SNF):
p14 = (1 – c) · (1 – d)2 · aSV · aSV / f
15
Verursachung von CA an sich selbst in Zeiten mit SNF:
p15 = (1 – c) · (1 – b)2 · d2 · aSV · aSV / f
16
Verursachung von CA an sich selbst in SNF-freien Zeiten:
p16 = (1 – c) · b2 · d2 · aSV · aSV / (1 – f)
17
Verursachung von SNF an CA (nur in Zeiten mit SNF):
p17 = (1 – c) · (1 – b) · d · (1 – d) · aSV · aSV / f
18
Verursachung von CA an SNF (nur in Zeiten mit SNF):
p18 = p17
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4.3 Ergebnisse der Modellbildung
a)
Stauzeitverluste Ti
(1) Die verursachten gewichteten Stauzeitverluste TGi (i = 1, 18) ergeben
sich aus den Stauverursachungswahrscheinlichkeiten p durch Multiplikation
mit der gewichteten Stauzeitverlustsumme
zu:
ZG = ZNSV + g · ZSV
[NSVE-h/a]
TGi = pi · ZG
[NSVE-h/a]
(i = 1, 18)
Die gewichtete Stauzeitverlustsumme hat die
Schwerverkehrs-Einheiten-Stunden / Jahr [NSVE-h/a].
Dimension
Nicht-
(2) Um auf die realen Stauzeitverluste Ti [Fz-h/a] zu kommen, sind die
gewichteten Stauzeitverluste TGi bei den vom SV erlittenen Staukomponenten
(i = 8 bis 18) noch durch das Gewicht g zu dividieren:
Ti = TGi (i = 1, 7) und Ti = TGi / g (i = 8, 18) [Fz-h/a]
Zur Kontrolle muss sich ergeben:
7
Vom NSV erlittene Stauzeitverluste =
∑T = Z
i
NSV
(siehe Eingangswerte)
i=1
18
Vom SV erlittene Stauzeitverluste =
∑T = Z
i
SV
(siehe Eingangswerte)
i =8
b)
Stauzeitverlustkosten Ki
(3) Mit Hilfe der drei (zusätzlich zu den oben genannten Eingangsgrössen)
erforderlichen Zeitkostensätze für die drei Verkehrsarten kNSV, kSNF und kCA
[CHF/h] ergeben sich durch Multiplikation mit den Stauzeitverlusten Ti aus
diesen die (jährlichen) Stauzeitverlustkosten Ki [CHF/a]. Dabei sind selbstverständlich jene Kostensätze anzuwenden, die für das jeweilige Erleiden gelten,
das heisst
kNSV für i = 1 bis 7,
kSNF für i = 8, 11, 14 und 18 und
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progtrans
kCA
für i = 9, 10, 12, 13, 15, 16 und 17.
Die in dieser Arbeit besonders relevante Grösse sind die vom SV an den NSV
verursachten Stauzeitverlustkosten KSV an NSV:
KSV an NSV = K5 + K6 + K7
Die vom Schwerverkehr sich selbst zugefügten Stauzeitverlustkosten KSV an SV
sind:
KSV an SV = K14 + K15 + K16 + K17 + K18
Die vom Nicht-Schwerverkehr dem Schwerverkehr zugefügten Stauzeitverlustkosten KNSV an SV sind:
KNSV an SV = K8 + K9 + K10
Die vom Nicht-Schwerverkehr sich selbst zugefügten Stauzeitverlustkosten
KNSV an NSV sind:
KNSV an NSV = K1 + K2
Die nicht-verkehrlich verursachten Stauzeitverlustkosten KNV sind:
KNV = K3 + K4 + K11 + K12 + K13
Zur Kontrolle muss sich ergeben:
7
Vom NSV erlittene Stauzeitverlustkosten =
∑K
i
i =1
18
Vom SV erlittene Stauzeitverlustkosten =
∑K
i
i =8
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4.4 Ergebnisse aus Sicht der Verursachung und
Schlussfolgerungen
(1) Entsprechend der in Abschnitt 4.2 beschriebenen Modellbildung ergeben sich die nachfolgend dokumentierten Ergebnisse aus Sicht der Verursachung. In Tabelle 7 sind zunächst noch einmal alle Parameter-Annahmen sowie jene relevanten Eingangsgrössen aufgeführt, die sich aus der Verknüpfung von Stau- und Zähldaten ergeben (vgl. Abschnitte 3.2 und 3.3).
Tabelle 7
Erforderliche Angaben
Einheit
Variante 1
Variante 2
Erlittene Stauzeitverluste in Staustunden pro Jahr für SV
ZSV
[Fz-h/a]
418’979
389’209
Erlittene Stauzeitverluste in Staustunden pro Jahr für NSV
ZNSV
[Fz-h/a]
5'701’657
5'010'228
Gewichtungsfaktor für Stauverursachung des SV im Verhältnis zum NSV
g
[-]
2.00
2.00
Stauzeitverlustanteile des SV
aSV
[%]
12.81
13.45
Stauzeitverlustanteile des NSV
aNSV
[%]
87.19
86.55
Anteil nicht-verkehrlicher Verursachungen
c
[%]
17.05
17.42
Anteil Stauzeitverluste von NSV +
gewichteten CA in SNF-freier Zeit an
allen Stauzeitverlusten von NSV +
gewichteten CA
b
[%]
16.58
13.02
Anteil Stauzeitverluste der CA an
denen des SV
d
[%]
4.55
4.64
Erlittene Stauzeitverluste in Staustunden pro Jahr für Car/Bus
ZCA
[Fz-h/a]
19’083
18’071
Erlittene Stauzeitverluste in Staustunden pro Jahr für SNF
ZSNF
[Fz-h/a]
399’896
371’138
Quelle: ProgTrans
Hinweis: Realistischerweise ist von einem Genauigkeitsgrad in der Grössenordung von 100 Fz-h/a auszugehen. Aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit werden an dieser Stelle jedoch ungerundete, sich direkt aus den Modellrechnungen ergebende Werte aufgeführt.
(2) Ausgehend von den nach dem „Erleidensprinzip“ ermittelten Stauzeitverlusten lassen sich nun gemäss der Ausführungen in Abschnitt 4.2 in einem
zweiten Schritt die jeweiligen Stauverursachungswahrscheinlichkeiten der
Beteiligtengruppen bestimmen. Diese sind nachfolgend in Tabelle 8 aufgeführt.
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Tabelle 8
Stauverursachungswahrscheinlichkeiten p [%]
Einheit
Var. 1
Var. 2
Verursachung von NSV an sich selbst
in Zeiten mit SNF
p1
%
51.35
52.80
Verursachung von NSV an sich selbst
in SNF-freien Zeiten
p2
%
11.91
9.24
Nicht-verkehrliche Verursachung an NSV
in Zeiten mit SNF
p3
%
12.40
13.11
Nicht-verkehrliche Verursachung an NSV
in SNF-freien Zeiten
p4
%
2.46
1.96
Verursachung von SNF an NSV
(nur in Zeiten mit SNF)
p5
%
8.63
8.99
Verursachung von CA an NSV
in Zeiten mit SNF
p6
%
0.34
0.38
Verursachung von CA an NSV
in SNF-freien Zeiten
p7
%
0.08
0.07
Verursachung von NSV an SNF
(nur in Zeiten mit SNF)
p8
%
8.63
8.99
Verursachung von NSV an CA
in Zeiten mit SNF
p9
%
0.34
0.38
Verursachung von NSV an CA
in SNF-freien Zeiten
p10
%
0.08
0.07
Nicht-verkehrliche Verursachung an SNF
(nur in Zeiten mit SNF)
p11
%
2.09
2.23
Nicht-verkehrliche Verursachung an CA
in Zeiten mit SNF
p12
%
0.08
0.09
Nicht-verkehrliche Verursachung an CA
in SNF-freier Zeit
p13
%
0.02
0.01
Verursachung von SNF an sich selbst
(nur in Zeiten mit SNF)
p14
%
1.45
1.53
Verursachung von CA an sich selbst
in Zeiten mit SNF
p15
%
0.00
0.00
Verursachung von CA an sich selbst
in SNF-freien Zeiten
p16
%
0.00
0.00
Verursachung von SNF an CA
(nur in Zeiten mit SNF)
p17
%
0.06
0.06
Verursachung von CA an SNF
(nur in Zeiten mit SNF)
p18
%
0.06
0.06
%
100.00
100.00
Summe
Quelle: ProgTrans
Hinweis: Differenzen in Summen durch Rundungen.
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(3) Im dritten Schritt werden gemäss der in Abschnitt 4.3 beschriebenen
Methodik und unter Berücksichtigung der zuvor ermittelten Stauverursachungswahrscheinlichkeiten zunächst die gewichteten Stauzeitverluste
(Tabelle 9) und anschliessend die realen Stauzeitverluste (Tabelle 10) berechnet.
Tabelle 9
Ergebnisse – Stauzeitverluste TGi (gewichtet) [NSVE-h/a]
Einheit
Variante 1
Variante 2
TG1
[NSVE-h/a]
3'358’257
3'056’224
gewichtete Stauzeitverluste
TG2
[NSVE-h/a]
778’737
534’778
gewichtete Stauzeitverluste
TG3
[NSVE-h/a]
811’124
759’147
gewichtete Stauzeitverluste
TG4
[NSVE-h/a]
161’170
113’621
gewichtete Stauzeitverluste
TG5
[NSVE-h/a]
564’677
520’554
gewichtete Stauzeitverluste
TG6
[NSVE-h/a]
22’479
22’046
gewichtete Stauzeitverluste
TG7
[NSVE-h/a]
5’213
3’858
gewichtete Stauzeitverluste
TG8
[NSVE-h/a]
564’677
520’554
gewichtete Stauzeitverluste
TG9
[NSVE-h/a]
22’479
22’046
gewichtete Stauzeitverluste
TG10
[NSVE-h/a]
5’213
3’858
gewichtete Stauzeitverluste
TG11
[NSVE-h/a]
136’387
129’302
gewichtete Stauzeitverluste
TG12
[NSVE-h/a]
5’429
5’476
gewichtete Stauzeitverluste
TG13
[NSVE-h/a]
1’079
820
gewichtete Stauzeitverluste
TG14
[NSVE-h/a]
94’948
88’664
gewichtete Stauzeitverluste
TG15
[NSVE-h/a]
150
159
gewichtete Stauzeitverluste
TG16
[NSVE-h/a]
35
28
gewichtete Stauzeitverluste
TG17
[NSVE-h/a]
3’780
3’755
gewichtete Stauzeitverluste
TG18
[NSVE-h/a]
3’780
3’755
ZG
[NSVE-h/a]
6'539’614
5'788’646
gewichtete Stauzeitverluste
Summe
Quelle: ProgTrans
Hinweis: Realistischerweise ist von einem Genauigkeitsgrad in der Grössenordung von 100 NSVE-h/a
auszugehen. Aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit werden an dieser Stelle jedoch
ungerundete, sich direkt aus den Modellrechnungen ergebende Werte aufgeführt. Differenzen in Summen
durch Rundungen.
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Tabelle 10
Ergebnisse – Stauzeitverluste Ti (real) [Fz-h/a]
Einheit
Variante 1
Variante 2
reale Stauzeitverluste
T1
[Fz-h/a]
3'358’257
3'056’224
reale Stauzeitverluste
T2
[Fz-h/a]
778’737
534’778
reale Stauzeitverluste
T3
[Fz-h/a]
811’124
759’147
reale Stauzeitverluste
T4
[Fz-h/a]
161’170
113’621
reale Stauzeitverluste
T5
[Fz-h/a]
564’677
520’554
reale Stauzeitverluste
T6
[Fz-h/a]
22’479
22’046
reale Stauzeitverluste
T7
[Fz-h/a]
5’213
3’858
reale Stauzeitverluste
T8
[Fz-h/a]
282’339
260’277
reale Stauzeitverluste
T9
[Fz-h/a]
11’240
11’023
reale Stauzeitverluste
T10
[Fz-h/a]
2’606
1’929
reale Stauzeitverluste
T11
[Fz-h/a]
68’194
64’651
reale Stauzeitverluste
T12
[Fz-h/a]
2’715
2’738
reale Stauzeitverluste
T13
[Fz-h/a]
539
410
reale Stauzeitverluste
T14
[Fz-h/a]
47’474
44’332
reale Stauzeitverluste
T15
[Fz-h/a]
75
80
reale Stauzeitverluste
T16
[Fz-h/a]
17
14
reale Stauzeitverluste
T17
[Fz-h/a]
1’890
1’878
reale Stauzeitverluste
T18
[Fz-h/a]
1’890
1’878
[Fz-h/a]
6'120’635
5'399’437
Summe
Quelle: ProgTrans
Hinweis: Realistischerweise ist von einem Genauigkeitsgrad in der Grössenordung von 100 Fz-h/a auszugehen. Aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit werden an dieser Stelle jedoch ungerundete, sich direkt aus den Modellrechnungen ergebende Werte aufgeführt. Differenzen in Summen durch
Rundungen.
(4) Schritt vier verknüpft schliesslich die aus ARE 2007 unverändert übernommenen Zeitkostensätze4 (Tabelle 11) für die drei Verkehrsarten (NSV,
SNF, CA) mit den Stauzeitverlusten (Tabelle 10) zu den Stauzeitverlustkosten
(Tabelle 12). Wichtig ist hierbei die richtige Zuordnung der Zeitkostensätze:
Stauzeitverluste, die der SV dem NSV verursacht, sind mit den Zeitkostensätzen des NSV zu multiplizieren.
4
Dabei wurden die Stauzeitkostensätze von ARE 2007 übernommen: für NSV als gewogener Mittelwert aus Tabelle 28 (obere Hälfte), S. 118 für 2004 = 31,15 CHF/Fz-h, für SV (vereinfacht sowohl
für SNF als auch für CA) = 116,0 CHF/Fz-h aus derselben Tabelle; zu CA äussert sich ARE 2007
nicht, auch nicht zu deren Zeitkostensätzen.
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Tabelle 11
Zeitkostensatz [CHF/h]
Einheit
Kostensatz
kNSV
[CHF/Fz-h]
31.15
Schwere Nutzfahrzeuge
(für i = 8, 11, 14, 18)
kSNF
[CHF/Fz-h]
116.00
Car/Bus
(für i = 9, 10, 12, 13, 15, 16, 17)
kCA
[CHF/Fz-h]
116.00
Nicht-Schwerverkehr
(für i = 1 bis 7)
Quelle: Ermittelt aus ARE 2007, Seite 118, für CA Wert von SNF übernommen.
Tabelle 12
Ergebnisse – jährliche Stauzeitverlustkosten Ki [Mio. CHF/a]
Einheit
Variante 1
Variante 2
jährl. Stauzeitverlustkosten
K1
[Mio. CHF/a]
104.61
95.20
jährl. Stauzeitverlustkosten
K2
[Mio. CHF/a]
24.26
16.66
jährl. Stauzeitverlustkosten
K3
[Mio. CHF/a]
25.27
23.65
jährl. Stauzeitverlustkosten
K4
[Mio. CHF/a]
5.02
3.54
jährl. Stauzeitverlustkosten
K5
[Mio. CHF/a]
17.59
16.22
jährl. Stauzeitverlustkosten
K6
[Mio. CHF/a]
0.70
0.69
jährl. Stauzeitverlustkosten
K7
[Mio. CHF/a]
0.16
0.12
jährl. Stauzeitverlustkosten
K8
[Mio. CHF/a]
32.75
30.19
jährl. Stauzeitverlustkosten
K9
[Mio. CHF/a]
1.30
1.28
jährl. Stauzeitverlustkosten
K10
[Mio. CHF/a]
0.30
0.22
jährl. Stauzeitverlustkosten
K11
[Mio. CHF/a]
7.91
7.50
jährl. Stauzeitverlustkosten
K12
[Mio. CHF/a]
0.31
0.32
jährl. Stauzeitverlustkosten
K13
[Mio. CHF/a]
0.06
0.05
jährl. Stauzeitverlustkosten
K14
[Mio. CHF/a]
5.51
5.14
jährl. Stauzeitverlustkosten
K15
[Mio. CHF/a]
0.01
0.01
jährl. Stauzeitverlustkosten
K16
[Mio. CHF/a]
0.00
0.00
jährl. Stauzeitverlustkosten
K17
[Mio. CHF/a]
0.22
0.22
jährl. Stauzeitverlustkosten
K18
[Mio. CHF/a]
0.22
0.22
[Mio. CHF/a]
226.21
201.22
Summe
Quelle: ProgTrans
Hinweis: Differenzen in Summen durch Rundungen.
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(5) Schritt fünf fasst die Teilmengen (entsprechend der beiden Betrachtungsperspektiven „Verursachung“ und „Erleiden“) zu Aggregaten zusammen
(Tabelle 13).
Tabelle 13
Stauzeitverlustkosten [Mio. CHF/a]
Variante 1
[Mio. CHF/a]
%
Variante 2
[Mio. CHF/a]
%
KSV an NSV
18.45
8.2%
17.02
8.5%
KSV an SV
5.96
2.6%
5.59
2.8%
KNSV an SV
34.36
15.2%
31.69
15.8%
KNSV an NSV
128.87
57.0%
111.86
55.6%
38.57
17.1%
35.05
17.4%
226.21
100.0%
201.22
100.0%
KNV
Summe
Quelle: ProgTrans
Hinweis: Differenzen in Summen durch Rundungen..
mit:
•
KSV an NSV: vom SV dem NSV zugefügte Stauzeitverlustkosten
(K5+K6+K7)
•
KSV an SV:
•
KNSV an SV: vom NSV dem SV zugefügte Stauzeitverlustkosten
(K8+K9+K10)
•
KNSV an NSV: vom NSV sich selbst zugefügte Stauzeitverlustkosten
(K1+K2)
•
KNV:
vom SV sich selbst zugefügte Stauzeitverlustkosten
(K14+K15+K16+K17+K18)
nicht-verkehrlich verursachte Stauzeitverlustkosten
(K3+K4+K11+K12+K13)
(6) Nachfolgend werden die zentralen Berechnungsergebnisse zu den Stauzeitverlustkosten für den Schwerverkehr (SV) (getrennt nach SNF und CA)
und für den Nicht-Schwerverkehr (NSV) zusammengefasst und den vergleichbaren Werten (nur für Autobahn) aus ARE 2010 für das Jahr 2008 gegenübergestellt. Die Angaben sind in Tabelle 14 dokumentiert.
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Tabelle 14
Vergleich der vom SV verursachten Stauzeitverlustkosten
ProgTrans 2011 – ARE 2010
Vom SV verursachte
Stauzeitverlustkosten an die FzKategorie …
[Mio. CHF/a]
an SV
1
davon SNF
2
davon CA
3
an NSV
1
2
3
ProgTrans
2011
Var1
ProgTrans
2011
Var2
ARE 2010
Autobahn
(2009)
Autobahn
(2009)
Tab. 3-6,
S. 29
Autobahn
(2008)
5.96
5.59
25
5.73
5.36
k.A.
0.23
0.23
k.A.
18.45
17.02
166
K14 + K18
K15 + K16 + K17
K5 + K6 + K7
(7)
Die Unterschiede sind – wie bereits beim Vergleich der Mengengerüste
in Abschnitt 3.4 festgestellt und erörtert – bemerkenswert: bei den vom SV
sich selbst verursachten Stauzeitverlustkosten um mehr als den Faktor vier,
bei den vom SV dem NSV verursachten Stauzeitverlustkosten gar um den
Faktor neun. Die in ARE 2010 angegebene Kategorie der Schweren Motorwagen (SMW) entspricht dabei dem im Rahmen dieser Studie betrachteten
Schwerverkehr (d.h. SNF + Car/Bus)5. Eine gesonderte Betrachtung der Stauzeitverlustkosten für Car/Bus findet in ARE 2010 allerdings nicht statt.
(8)
Die zuvor dargelegten Ergebnisse zeigen auf, dass die bisherige Anlastung von Stauzeitverlustkosten an den SNF-Verkehr aus zwei Gründen
gravierende Mängel aufweist: Zum einen ist es die nicht akzeptable Gleichsetzung von Erleiden und Verursachung; und zum anderen ist es das aufgrund
verschiedener, wenig plausibel erscheinender Annahmen deutlich überhöhte
Mengengerüst der Stauzeitverluste. Die vorliegende Untersuchung belegt,
dass hier aus beiden genannten Gründen erhebliche Korrekturen unerlässlich
sind.
5
Vgl. ARE 2010, S. 27.
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TB2/Seite 59
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5
Resümee
(1) Eine eingehende Beschäftigung mit dem Stau im Strassenverkehr der
Schweiz war in Anbetracht der prominenten Bedeutung, die diese Thematik
durch das Urteil des Bundesgerichts vom 19. April 2010 im Zusammenhang
mit der Klage der ASTAG gegen die Höhe der LSVA erhalten hat, überfällig.
(2) Die Frage, ob Stauzeitverlustkosten externe Kosten darstellen oder
nicht, ist für die vorliegende Untersuchung kein relevantes Thema. Deren Autoren haben dazu allerdings die klare Position, dass Stauzeitverlustkosten
gemäss dem ökonomischen Konzept externer Effekte keine externen Kosten
darstellen.
(3) Die Notwendigkeit der Beschäftigung mit dem Strassenverkehrsstau im
erwähnten Zusammenhang resultiert vor allem aus zwei Zielsetzungen: erstens aus dem Bemühen um eine angemessene Quantifizierung der Stauzeitverluste als staubedingte Fahrzeitverluste gegenüber der unbehinderten
Fahrt; und zweitens aus der Aufgabenstellung, erlittene Zeitverluste in verursachte Zeitverluste zu transformieren.
(4) Bei der ersten Fragestellung geht es vor allem darum aufzuklären, dass
berichtete Staustunden, wie man sie aus Verkehrsfunkmeldungen und auch
aus der VIASUISSE-Staudatenbank kennt, nicht mit Stauzeitverlusten gleichzusetzen sind. Dies dürfte zu den im Zusammenhang mit der Bewertung von
Stau am weitesten verbreiteten Irrtümern zählen. Die Dauer von Stauungen
sagt alleine zu dieser Fragestellung wenig aus.
(5) Ebenso ist es ein fataler Irrtum, davon auszugehen, dass der von den
am Stau beteiligten Fahrzeugen verursachte Stau mit den erlittenen Stauzeitverlusten einzelner Fahrzeuge gleichzusetzen sei. Diese Gleichsetzung gilt
ausschliesslich, wenn man die Gesamtheit aller am Stau Beteiligten betrachtet. Sobald man einzelne Fahrzeugkategorien bzw. Verkehrsarten betrachtet,
erfordert eine faire Zuordnung von erlittenen zu verursachten Stauzeitverlusten eine sehr differenzierte Betrachtung.
(6) Die bisherigen Untersuchungen des Strassenverkehrsstaus in der
Schweiz im Zusammenhang mit der „Transportkostenrechnung“ der Schweiz
und der Diskussion um die Höhe der externen Kosten des Strassenverkehrs
weisen erhebliche Defizite und Mängel auf. Vor dem Hintergrund heutiger
Kenntnisse können viele dieser Defizite und Mängel behoben werden. Mit der
vorliegenden Untersuchung wurde allerdings zugleich klar, dass es zur Erfor-
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
TB2/Seite 60
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schung des Strassenverkehrsstaus in der Schweiz weiterer erheblicher Anstrengungen bedarf. Dies kann aus unserer Sicht nicht Aufgabe eines von
einem Bundesgerichtsurteil betroffenen Wirtschaftszweigs bzw. von dessen
Verband sein, sondern sollte durch die Strassenverwaltung bzw. in den bei ihr
angesiedelten Forschungsgremien erfolgen.
(7) Die auch nach den jetzigen Untersuchungsergebnissen verbleibenden
Lücken bestehen vor allem in zwei Bereichen: erstens bei den Staumengengerüsten für diejenigen Strassen, auf denen Stauungen auftreten, über die
aber in der Staudatenbank von VIASUISSE keine Informationen enthalten
sind. Und zweitens bei den Untersuchungen der instationären Verkehrsströme, vor allem der Geschwindigkeiten in allen Fahrzyklen, die anders ablaufen
als die „freie Fahrt“.
(8) Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen sind die wichtigsten Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung:
1. Die bisherigen Ergebnisse zur Quantifizierung der (erlittenen) Stauzeitverluste lassen sich nicht halten. Durch die bei der Modellierung der Staudaten gewählten Annahmen und den Verzicht auf die Nutzung realer Verkehrsdaten bei ARE 2007 wird das Ausmass der Stauzeitverluste als der
einzigen relevanten Basisgrösse zur Ermittlung von Stauzeitverlustkosten
dort generell erheblich überschätzt.
2. Das wesentlichste Defizit besteht darin, dass die Ermittlung von Stauzeitverlusten ohne einen direkten zeitlichen und räumlichen Bezug zwischen
realen Stauereignissen und realen Verkehrsstärken zu realitätsfernen
Durchschnittsbetrachtungen führt.
3. Die Modellierung von Stauzeitverlusten anhand von Verkehrsmodellen auf
Basis der darin hinterlegten Verkehrsstärken und theoretischer Kapazitäten ist völlig realitätsfern. Die als Variantenrechnungen vorgelegten Ergebnisse im ARE-Gutachten 2007 sind aus erklärbaren Gründen völlig
überhöht und als Grundlage von Zahlungsverpflichtungen absolut ungeeignet.
4. Bis anhin existierten in der Schweiz keinerlei uns bekannten Studien, die
sich neben der Thematik erlittener Stauzeitverluste auch angemessen mit
der Thematik verursachter Stauzeitverluste beschäftigen. Wenn man einen
fairen Übergang von der Betroffenheit einzelner Fahrzeugkollektive durch
erlittene Stauzeitverluste zur Verursachung dieser Stauzeitverluste durch
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TB2/Seite 61
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die verschiedenen Fahrzeugkollektive anstrebt, ist es unzulässig, eine einzelne Gruppe dadurch zu diskriminieren, dass man sie als „Grenznutzer“
der Strasse betrachtet. Auf diese Weise erzielte Ergebnisse sind vielmehr
so willkürlich wie die getroffene Annahme. Sie entsprechen nicht dem Fairness-Prinzip.
5. Die den schweren Nutzfahrzeugen (SNF) als von ihnen verursacht anzulastenden Stauzeitverluste sind faktisch erheblich geringer, als dies bisher
durch die willkürliche Gleichsetzung von Verursachung und Betroffenheit
angenommen wurde. Dies liegt nicht nur daran, dass die Stauzeitverluste
insgesamt, sondern auch die Beteiligung von SNF daran erheblich überschätzt wurden; und vor allem liegt es daran, dass bei einer fairen Betrachtung in Form einer gleichberechtigten Behandlung aller Strassennutzer sich die Anteile deutlich zu Lasten des Nicht-Schwerverkehrs verschieben.
6. Die bislang vorliegenden Schätzungen zu den Stauzeitverlusten auf denjenigen Strassen, für die in der VIASUISSE-Datenbank keine Informationen enthalten sind, sind völlig unhaltbar. Bevor man solche Zahlen zur
Grundlage einer Zahlungsverpflichtung macht, muss man den ernsthaften
Versuch unternehmen, die relevanten Stauereignisse auf diesen – von der
VIASUISSE-Datenbank nicht erfassten – Netzabschnitten zu erfassen.
Hier kann die „Beweislast“ sicherlich nicht beim „Beschuldigten“ (dem
SNF) liegen, sondern bei demjenigen, der auf Basis gesetzlicher Vorschriften und von Verordnungen Gebühren erhebt, die von Gesetzes wegen limitiert sind.
(9) Ergänzend sei angemerkt, dass sich die vorliegende Untersuchung nicht
mit der Frage der Angemessenheit der Zeitkostensätze befasst hat. Vielmehr
wurden, um nicht von den tatsächlichen Ursachen der Ergebnisunterschiede
abzulenken, die identischen Ansätze herangezogen wie bei den bisherigen
Untersuchungen im Auftrag von ARE und BFS.
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Strassenverkehrsstau in der Schweiz – Schlussbericht
Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
TB2/Seite 62
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Quellenverzeichnis Teilbericht 2
1. Datenquellen und Datenberichte
ARE (Bundesamt für Raumentwicklung (2011): Strassennetz des VM-UVEK
(Stand 2008) als Shape-Datei; bereitgestellt per FTP-Download am
23.05.2011
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2003): Jahresstaubericht 2002 – Gemeldete Staus auf den Nationalstrassen, o.O. (Ittigen), 2003
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2005): Verkehrsfluss auf den Nationalstrassen – Jahresbericht 2004, o.O. (Ittigen), 2005
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2006): Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen – Jahresbericht 2005, o.O. (Ittigen), o.J. (2006)
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2007): Strassen und Verkehr – Zahlen und
Fakten 2005/2006, o.O. (Ittigen), o.J. (2007)
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2007a): Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen – Jahresbericht 2006, o.O. (Ittigen), o.J. (2007)
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2008): Strassen und Verkehr – Zahlen und
Fakten 2006/2007, o.O. (Ittigen), o.J. (2008)
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2008a): Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen – Jahresbericht 2007, o.O. (Ittigen), o.J. (2008)
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2009): Strassen und Verkehr – Zahlen und
Fakten 2008, o.O. (Ittigen), o.J. (2009)
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2009a): Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen – Jahresbericht 2008, o.O. (Ittigen), o.J. (2009)
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2010): Strassen und Verkehr – Zahlen und
Fakten 2009, o.O. (Ittigen), o.J. (2010)
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2010a): Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen – Jahresbericht 2009, o.O. (Ittigen), o.J. (2010)
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2011): SASVZ (Schweizerische automatische Strassenverkehrszählung) – Monats- und Jahresergebnisse 2002 –
2010, Online-Daten,
[http://www.astra.admin.ch/verkehrsdaten/00299/00301/00359/02921/index.ht
ml?lang=de; letztmalig abgerufen am 06.01.2011]
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2011a): SASVZ (Schweizerische automatische Strassenverkehrszählung) – Detaildaten 2007, 2008, 2009, OnlineDaten, [http://www.portal-stat.admin.ch/sasvz/files/de/03.xml; letztmalig abgerufen am 06.01.2011]
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
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ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2011b): SASVZ (Schweizerische automatische Strassenverkehrszählung) – Messstellenverzeichnis (Stand: 01.2010)
und Karte der Messstellenstandorte (Stand: 01.2010), Online-Daten,
[http://www.astra.admin.ch/verkehrsdaten/00299/00301/00379/index.html?lan
g=de; letztmalig abgerufen am 06.01.2011]
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2011c): Shape-Datei der SASVZ Messstellenstandorte (Stand: 13.04.2011); per eMail bereitgestellt am 13.04.2011
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2011d): SSVZ (Schweizerische Strassenverkehrszählung) – Detaildaten 2005, Datenbank, [http://www.portalstat.admin.ch/ssvz/files/db_de.html; letztmalig abgerufen am 06.01.2011]
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2011e): SSVZ (Schweizerische Strassenverkehrszählung) – Übersichtskarte: Strassennetz mit Zählstellen,
[http://www.portal-stat.admin.ch/ssvz/files/kart_de.html; letztmalig abgerufen
am 06.01.2011]
ASTRA (Bundesamt für Strassen) (2011f): Staudatenbank des Jahres 2009;
per eMail bereitgestellt vom ASTRA am 13.04.2011
Geologix (2011): TMC-Location-Code Tabelle und Shape-Datei; per eMail
bereitgestellt am 14.04.2011
2. Literatur
ARE (Bundesamt für Raumentwicklung) (2007): Staukosten des Strassenverkehrs in der Schweiz, Aktualisierung 2000/2005, [Ittigen], 2007
ARE/BAFU (Bundesamt für Raumentwicklung und Bundesamt für Umwelt)
(2008): Externe Kosten des Verkehrs in der Schweiz. Aktualisierung für das
Jahr 2005 mit Bandbreiten, Bern/Ittigen, Juli 2008
BFS/ARE (Bundesamt für Statistik und Bundesamt für Raumentwicklung)
(2006): Transportkostenrechnung (TRAKOS), Konzept und Pilotrechnung,
Expertenbericht, Zürich, 20. Oktober 2006
Cerwenka, Peter; Meyer-Rühle, Olaf (2010): Stauzeitkosten intern oder extern? – Zur Kompetenzanmassung des Schweizer Bundesgerichtes. In: Strasse und Verkehr, 96 (2010), Nr.9 (September), S.24-28
ECOPLAN (2008): Externe Kosten im Strassenverkehr. Grundlagen für die
Durchführung einer Kosten-Nutzen-Analyse, Forschungsauftrag 2005/204 des
Schweizerischen Verbandes der Strassen- und Verkehrsfachleute, Bern, 2008
ECOPLAN/INFRAS (2010): Berechnungsmethodik und Prognose der externen Kosten des Schwerverkehrs, Arbeitspaket 2 im Rahmen der „Weiterentwicklung der LSVA“ im Auftrag des Bundesamtes für Raumentwicklung,
Schlussbericht, Bern/Zürich/Altdorf, 18. August 2010
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
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Hansen, Ingo; Westland, Dick: Verkehrsstaus rational betrachtet, in: Strassenverkehrstechnik, 42(1998), Nr. 11, S. 586-592
INFRAS (1998): Staukosten im Strassenverkehr, im Auftrag des ASTRA,
Schlussbericht, Bern, 1998
ProgTrans (2008): Audit und Aktualisierung der „Transportrechnung Jahr
2003“, im Auftrag der ASTAG, Schlussbericht, Basel, 2008
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
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Anhang
Anhang 1:
Stauschwerpunkte
Anhang 2:
Verkehrsstärken an ausgewählten Stauschwerpunkten
Anhang 1:
Stauschwerpunkte
Abbildung A-1:
Übersicht Stauschwerpunkte (rot markiert)
Quelle: ASTRA, Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen „Verkehrsmonitoring“; Jahresstaubericht 2002 und Jahresberichte 2004 bis 2009
Quelle Bildmaterial: Google Earth, 2011
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
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Anhang 2:
Verkehrsstärken an ausgewählten Stauschwerpunkten
Quelle zu allen Abbildungen des Anhangs 2 (A-2 bis A-7): eigene Darstellungen nach ASTRA, SSVZ, 2005
Abbildung A-2:
DTV-Tagesganglinien, SSVZ 2005 Zählstelle Nr. 0874N;
Stauschwerpunkt Gotthard Süd
Nicht-Schwerverkehr
2000
1500
[Fz/h]
[Fz/h]
Schwerverkehr
300
250
200
150
100
50
0
500
0
01 05 09 13 17 21
01 05 09 13 17 21
Stunde
Stunde
Anteil SV an Gesamt
Gesamt
2000
40%
1500
30%
[%]
[Fz/h]
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
1000
1000
500
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
20%
10%
0
0%
01 05 09 13 17 21
Stunde
01 05 09 13 17 21
Stunde
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Abbildung A-3:
DTV-Tagesganglinien, SSVZ 2005 Zählstelle Nr. 0971N;
Stauschwerpunkt Grossraum Baregg
Nicht-Schwerverkehr
10000
8000
[Fz/h]
[Fz/h]
Schwerverkehr
1000
800
600
400
200
0
4000
2000
0
01 05 09 13 17 21
01 05 09 13 17 21
Stunde
Stunde
Anteil SV an Gesamt
25%
12000
10000
8000
6000
4000
2000
0
20%
[%]
[Fz/h]
Gesamt
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
15%
10%
5%
0%
01 05 09 13 17 21
01 05 09 13 17 21
Stunde
Abbildung A-4:
Stunde
DTV-Tagesganglinien, SSVZ 2005 Zählstelle Nr. 0866N;
Stauschwerpunkt Umfahrung Zürich Nord – Winterthur
Nicht-Schwerverkehr
800
10000
600
8000
[Fz/h]
[Fz/h]
Schwerverkehr
400
200
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
6000
4000
2000
0
0
01 05 09 13 17 21
01 05 09 13 17 21
Stunde
Stunde
Anteil SV an Gesamt
Gesamt
25%
10000
8000
6000
4000
2000
0
20%
[%]
[Fz/h]
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
6000
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
15%
10%
5%
0%
01 05 09 13 17 21
Stunde
01 05 09 13 17 21
Stunde
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Abbildung A-5:
DTV-Tagesganglinien, SSVZ 2005 Zählstelle Nr. 0944N;
Stauschwerpunkt Bern – Kriegstetten
Nicht-Schwerverkehr
10000
600
8000
[Fz/h]
[Fz/h]
Schwerverkehr
800
400
200
4000
2000
0
0
01 05 09 13 17 21
01 05 09 13 17 21
Stunde
Stunde
Anteil SV an Gesamt
10000
8000
6000
4000
2000
0
[%]
[Fz/h]
Gesamt
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
01 05 09 13 17 21
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
01 05 09 13 17 21
Stunde
Abbildung A-6:
Stunde
DTV-Tagesganglinien, SSVZ 2005 Zählstelle Nr. 0930N;
Stauschwerpunkt Umfahrung Lausanne
Nicht-Schwerverkehr
400
10000
300
8000
[Fz/h]
[Fz/h]
Schwerverkehr
200
100
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
6000
4000
2000
0
0
01 05 09 13 17 21
01 05 09 13 17 21
Stunde
Stunde
Anteil SV an Gesamt
Gesamt
10000
8000
6000
4000
2000
0
[%]
[Fz/h]
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
6000
01 05 09 13 17 21
Stunde
14%
12%
10%
8%
6%
4%
2%
0%
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
01 05 09 13 17 21
Stunde
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Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
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Abbildung A-7:
DTV-Tagesganglinien, SSVZ 2005 Zählstelle Nr. 0934N;
Stauschwerpunkt Umfahrung Genf
Nicht-Schwerverkehr
5000
4000
[Fz/h]
[Fz/h]
Schwerverkehr
250
200
150
100
50
0
2000
1000
0
01 05 09 13 17 21
01 05 09 13 17 21
Stunde
Stunde
Anteil SV an Gesamt
Gesamt
5000
4000
3000
2000
1000
0
[%]
[Fz/h]
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
3000
01 05 09 13 17 21
Stunde
14%
12%
10%
8%
6%
4%
2%
0%
DTV
DTV werktags
DTV Samstag
DTV Sonntag
01 05 09 13 17 21
Stunde
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Strassenverkehrsstau in der Schweiz – Schlussbericht
Teilbericht 2: Neuermittlung Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
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Prognosen und Strategieberatung
für Transport und Verkehr
Gerbergasse 4
CH-4001 Basel
Telefon +41 61 560 35 00
Fax +41 61 560 35 01
E-mail [email protected]
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Schlussbericht
Strassenverkehrsstau in der Schweiz
Bestandsaufnahme und Neuermittlung von Stauzeitverlusten und Stauzeitverlustkosten
des Schwerverkehrs auf Schweizer Strassen
Teilbericht 1
Audit des ECOPLAN/INFRAS-Berichtes
„Berechnungsmethodik und Prognose der externen Kosten des Schwerverkehrs“
vom 18. August 2010
Teilbericht 2
Konzeption und Umsetzung
Neuermittlung der erlittenen und verursachten Stauzeitverluste und Stauzeitverlustkosten
des Schwerverkehrs
Peter Cerwenka
Olaf Meyer-Rühle
Simon Rikus
Stefan Rommerskirchen
Basel, 31. August 2011
Auftraggeber:
ASTAG Schweizerischer Nutzfahrzeugverband
PT 159
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