Virtuelle medizinische Bibliothek Südtirols

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Virtuelle medizinische Bibliothek Südtirols
Digitale Medizinbibliotheken
Medizinische Literaturversorgung in Südtirol
und das Projekt „Virtuelle medizinische
Bibliothek Südtirols“
Yvonne Perathoner, Bozen
In Zusammenarbeit mit Maria Dejori und David Gebhardi
Das Gesundheitswesen in Südtirol ist in Form von vier Sanitätsbetrieben organisiert. Jeder dieser Sanitätsbetriebe (Mitte-Süd, West,
Nord, Ost) besteht aus einem oder mehreren Krankenhäusern und einer Vielzahl von Diensten, die die medizinische Versorgung in der
Peripherie gewährleisten.
Zur Verbesserung der medizinischen Literatur- und Informationsversorgung in Südtirol arbeitet zur Zeit eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus drei Bibliotheken Bozens am Projekt „Virtuelle Medizinische Bibliothek Südtirols“.
Public Health in South Tyrolia is organised in the form of four sanitary undertakings. Each of these sanitary undertakings (middle-south, west, north,
east) consists of one or more hospitals and a multitude of services, which ensure medical care at the periphery.
Presently a working group with representatives of three libraries of Bozen is working on the project “Virtual Medical Library South Tyrol” to improve
the supply of medical literature and information.
1. Literaturversorgung in den
Krankenhäuern
Um den Informationsbedarf der Ärzte in den
Krankenhäusern zu gewährleisten, wurden
von einzelnen Krankenhäusern eine Vielzahl
von Fachzeitschriften und Datenbanken erworben, die den Ärzten auf den verschiedenen Abteilungen zur Verfügung stehen. In
zwei Landeskrankenhäusern gibt es Bibliotheken.
1.1 Bibliothek im Landeskrankenhaus
Meran
Im Landeskrankenhaus Meran gibt es seit 2
Jahren eine Bibliothek, mit einem kleinen
Bestand an Büchern (ca. 200) und einem
Zeitschriftenbestand von ca. 300 Zeitschriften. Die Zeitschriften befanden sich vorher
auf den einzelnen Abteilungen, jetzt stehen
sie in der Bibliothek, mit Ausnahme der aktuellen Nummern. Die Bediensteten des
Krankenhauses können die Bibliothek zu
begrenzten Öffnungszeiten nutzen (2 Stunden täglich). In der Bibliothek gibt es zur
Zeit kein ausgebildetes Fachpersonal.
1.2 Bibliothek F. Casanova, Regionalkrankenhaus Bozen
Die medizinische Bibliothek, benannt nach
Prof. F. Casanova, der Primar der medizinischen Abteilung und Initiator für die Errichtung einer medizinischen Bibliothek mit
Sitz im Krankenhaus Bozen war, wurde im
Jahre 1973 errichtet. Sie besitzt derzeit ca.
760 Zeitschriften und ca. 11.000 Bände von
Büchern. Sie produziert und verwaltet die
visuellen Kommunikationsmittel (Fotografien, Dias, Video, usw.), die in den verschiedenen sanitären Bereichen eingesetzt werden.
Die entlehnbaren Bestände der Bibliothek
stehen aus Platzgründen im Magazin nach
fortlaufender Eingangsnummer. Bei der Suche nach einem Titel kann ein selbstentworfener Schlagwortkatalog (Zettelkatalog) in italienischer Sprache herangezogen werden. Derzeit wird am elektronischen
Katalog gearbeitet.
Die Bibliothek pflegt langjährige Kontakte
zu großen medizinischen Bibliotheken Italiens, welche die Grundlage für den Dokumentenlieferdienst bilden.
Sie hat ausgedehnte Öffnungszeiten und
wird vom Personal des Krankenhauses,
hauptsächlich Ärzten, rege genutzt. Der Bibliothek mangelt es jedoch an geeigneten
attraktiven Räumlichkeiten, technischen
Ausstattungen und qualifiziertem Personal.
2. Weitere medizinische Bibiliotheken
2.1 Bibliothek der Landesfachhochschule
für Gesundheitsberufe „Claudiana“
Die Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe „Claudiana“ hat seit Ihrer Gründung
im Jahre 1996 die Funktion übernommen,
Fachkräfte im Gesundheitswesen auszubilden. Dabei handelt es sich um eine universitäre Ausbildung. Für die einzelnen Studiengänge gibt es Konventionen mit den medizinischen Fakultäten der Universitäten von
Ferrara, Verona, Padova und der Universitá
Cattolica in Rom, welche die Universitätsdiplome ausstellen.
medizin - bibliothek - information · Vol 2 · Nr 2 · Mai 2002
Zur Zeit werden folgende Studiengänge angeboten:
- Dentalhygieniker
- Diätassistenten
- Ergotherapeuten
- Hebammen/Entbindungspfleger
- Kinderkrankenpfleger
- Krankenpfleger
- Logopädien
- Medizinisch technische Assistenten
- Medizinisch technische
Radiologie-Assistenten
- Orthopädietechniker
- Physiotherapeuten
- Techniker zur Vorbeugung im
Bereich Umwelt und Arbeit
Neben Professoren der genannten Universitäten lehren an der Claudiana auch Universitätsprofessoren aus dem deutschsprachigen
Ausland.
Die Unterrichtssprache ist jeweils die des
Dozenten. Die beiden Landessprachen
Deutsch und Italienisch werden dabei zu
etwa je 50% verwendet.
An der Claudiana studieren derzeit insgesamt 581 Studenten.
Bei der Gründung der Claudiana wurde eine
Hochschulbibliothek errichtet, die 3 Jahre
lang ohne entsprechendes Fachpersonal geleitet wurde. Seit 2,5 Jahren leite ich nun
diese Fachbibliothek, im August letzen Jahres wurde eine weitere Diplombibliothekarin eingestellt.
Der Bücherbestand ist nun mittels onlineKatalog erfaßt und systematisch durch die
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Digitale Medizinbibliotheken
Fachklassifikation der National Library of
Medicine erschlossen.
Der Bücherbestand wird kontinuierlich ausgebaut, das Zeitschriftenangebot ständig erweitert und die Bereitstellung von elektronischen Zeitschriften und Datenbanken ist
geplant. Demnächst wird unser Katalog
übers Internet recherchierbar sein.
Beim Bestandsaufbau wird der italienische
und deutsche Medienmarkt gesichtet und
Literatur beider Sprachen gekauft, es gibt
keine Trennung der Sprachen bei der Aufstellung der Bücher, wie es in Südtirol sonst
häufig der Fall ist.
Der Schwerpunkt der Bibliothek liegt bei
der Sammlung von Literatur für das nichtärztliche Personal, für das wir in Zukunft
auch ein Informationszentrum sein wollen.
Ein großes Anliegen ist uns die Schulung
der Studenten, die Vermittlung von Medienkompetenz, die Förderung von selbständigem und lebenslangem Lernen und Fortbilden, sowie die Unterstützung bei der
Literatursuche für die Diplomarbeiten.
Anfang dieses Jahres wurde mit dem Neubau unserer Fachhochschule in unmittelbarer Nähe des Landeskrankenhauses Bozen
begonnen.
Zur Zeit versuchen wir die Schulleitung von
der Bedeutung der Bibliothek als Lernzentrum zu überzeugen. Mit der neuen Studienreform steht den Studenten mehr Zeit
für Selbststudium zur Verfügung, die Studenten werden in Zukunft vermehrt wissenschaftlich arbeiten müssen. Diesen Anforderungen ist die Bibliothek räumlich und
personell zur Zeit nicht gewachsen.
2.2 Bibliothek Handicap (Bozen)
Die BIBLIOTHEK HANDICAP sammelt
Literatur speziell zum Thema Menschen mit
Behinderung.
3. Virtuelle medizinische Bibliothek
Südtirols
Die Idee für eine virtuelle medizinische Bibliothek wurde von einer Gruppe von Ärzten aus dem Landeskrankenhaus Brixen angeregt, die durch das dort laufende Projekt
„Evidenced based Medicine“ einen großen
Bedarf an Fachinformationen haben.
Das Amt für Ausbildung des Gesundheitspersonals der Autonomen Provinz Bozen hat
Ärzte aus den verschiedenen Landeskrankenhäusern, einen Informatiker und Bibliothekare (Universitätsbibliothek Bozen, Krankenhausbibliothek Bozen, Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe) zu Sitzungen
eingeladen.
In diesen Sitzungen wurden zunächst die
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Bedürfnisse der Ärzte und des nichtärztlichen Personals nach Fachliteratur dargelegt und Informationen über die aktuelle
Situation der Literaturversorgung in den verschiedenen Krankenhäusern gesammelt.
Dieses Sammeln von Informationen war
recht interessant, wir entdeckten, dass es doch
einiges an medizinischer Literaturversorgung
in den verschiedenen Krankenhäusern gibt.
Das Problem besteht darin, dass es keine oder
nur mangelhafte Kooperation zwischen den
einzelnen Strukturen gibt, vor allem weil die
personellen, technischen und räumlichen
Strukturen vor Ort fehlen oder mangelhaft
sind.
Eine operative Arbeitsgruppe aus Bibliothekaren (Claudiana, Bibliothek des Krankenhauses Bozen, Universitätsbibliothek Bozen)
hat sich Gedanken darüber gemacht wie die
medizinische Literaturversorgung besser organisiert werden könnte und ist zu folgenden Ergebnissen/Vorstellungen gekommen:
- Zielgruppen: Ärzte, Pflegepersonal,
Verwaltungspersonal
- Ermittlung des Informationsbedarfs in den
einzelnen Krankenhäusern durch Durchführen einer Umfrage (ein für uns wichtiges
Arbeitsinstrument)
- Ziel: optimale Literaturversorgung der Benutzer
- Schaffung eines einheitlichen digitalen
Netzes, Internetzugang gemäß Stellenprofil
- Schaffung einer zentralen Informationsstelle, mit folgenden Aufgaben:
o Koordinierung der standortunabhängigen
Zugriffe
o Koordinierung des Bestandsaufbaus
o Koordinierung der Erschließung und
Bearbeitung
o Koordinierung der Fernleihe
o Koordinierung der Schulungen
- Erforderliche Ressourcen müssen identifiziert werden
o Personalaufwand
o Standort
o Infrastruktur
o Technische Betreuung
o Erwerbungsetat
- Grundversorgung mit Printmedien in den
verschiedenen Krankenhäusern
Wie diese Ziele erreicht werden können, muss
noch ausführlich diskutiert werden. Auf jeden Fall müsste eine Arbeitsgruppe gebildet
werden mit einem Vollzeit-beschäftigten
Koordinator, der sich um die Konzeptentwicklung und Realisierung kümmert. Aus
zeitlichen Gründen können die Bibliothekare der derzeitigen Arbeitsgruppe nur beratende Funktion ausüben.
Am 16. April wird ein Workshop organisiert,
bei dem verschiedene Personen bereits realisierte Projekt vorstellen:
- Valentina Comba, Leiterin der Bibliothek
der Medizinischen Fakultät der Universität
von Turin spricht darüber wie neue Informationsbedürfnisse im medizinischen Bereich erfüllt werden können
- Enrica Veronesi, Bibliothek der Medizinischen Fakultät Universität Brescia, spricht
über den „SBBL – Sistema bibliotecario
Biomedico Lombardo”
- Frau Sabine Buroh stellt das Projekt “Virtuelle Medizinische Bibliothek Freiburg“ vor
Am Nachmittag sollen konkrete Fragen geklärt und ein Konzept ausgearbeitet werden.
Wir hoffen, dass wir nach diesem Workshop
konkrete Vorstellungen von dem haben, was
die „Virtuelle Medizinische Bibliothek Südtirols“ sein kann.
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Internetseiten:
SBBL – Sistema bibliotecario Biomedico
Lombardo: http://sbbl.cilea.it/
Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe: www.claudiana.bz.it
Universitätsbibliothek Bozen: http://
www.unibz.it/library/index.html?
LanguageID=DE
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Perathoner Yvonne
Landesfachhochschule für
Gesundheitsberufe „Claudiana“
Bibliothek
Claudia-Augusta-Straße 19/D
I-39100 Bozen
Tel.: +39-0471-442629/442612
Email: [email protected]
http://www.claudiana.bz.it/
Maria Dejori
Regionalkrankenhaus Bozen
Medizinische Bibliothek „F. Casanova“
Lorenz Böhler Straße 5
I-39100 Bozen
Tel.: 0039-0471-908236
Email: [email protected]
Gebhardi David
Freie Universität Bozen
Bibliothek
Sernesistraße 1
I-39100 Bozen
Tel. 0039 0471/315-338
Email: [email protected]
medizin - bibliothek - information · Vol 2 · Nr 2 · Mai 2002