Bau- und Montagearbeiten in Belgien 1. Arbeits

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Bau- und Montagearbeiten in Belgien 1. Arbeits
Bau- und Montagearbeiten in Belgien
Trotz der grundsätzlichen Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union sind bei der Durchführung
von Bau- und Montagetätigkeiten in Belgien einige Besonderheiten zu beachten.
1.
Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis
Eine Arbeitsgenehmigung ist für EU-Bürger nicht erforderlich.
Auch Mitarbeiter aus Drittstaaten benötigen keine belgische Beschäftigungserlaubnis, sofern sie über
die notwendige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in Deutschland verfügen.
Handelt es sich bei dem Arbeitseinsatz allerdings um Dienstleistungen in Form von Aushilfsarbeit,
Leiharbeit oder dem Austausch zwischen verwandten Unternehmen, muss eine Beschäftigungserlaubnis beantragt werden.
Arbeitnehmer, die sich länger als drei Monate in Belgien aufhalten, müssen sich bei der örtlichen Gemeindeverwaltung (maison communale/gemeentehuis) registrieren lassen. Folgende Dokumente sind
hierbei vorzulegen:
 Dienstleistungsvertrag
 Personalausweis / Reisepass
 Arbeitsvertrag
 ggf. Beschäftigungserlaubnis des Landes, in dem der Arbeitnehmer normalerweise arbeitet
(bei Arbeitnehmern, die nicht EU-Bürger sind)
 A1-Bescheinigung
 Aufenthaltsadresse in Belgien
2.
Gewerberechtliche Voraussetzungen
2.1
Registrierung beim Mittelstandsministerium
Für kleine und mittlere Unternehmen (weniger als 50 Mitarbeiter) besteht bei dauerhafter Tätigkeit in
Belgien zusätzlich die Pflicht zur Registrierung beim „Guichet d’entreprises“, dem
Mittelstandsministerium. Hierfür sind folgende Dokumente erforderlich:
 Nachweis von Geschäftsführungskenntnissen durch eine EU–Bescheinigung der Handwerkskammer über eine 3-jährige Geschäftstätigkeit
 Berufsspezifischer Qualifikationsnachweis bei reglementierten Berufen (Schreiner, Dachdecker,
Elektriker etc.) z.B. durch ein entsprechendes Diplom oder Meisterbrief
Eine Liste der jeweiligen Guichet d’entreprises finden Sie unter:
http://economie.fgov.be/fr/entreprises/BCE/Apropos/Inscription/trouver/index.jsp
Auch ohne Registrierungspflicht ist es bei vorübergehenden Arbeiten in Belgien empfehlenswert, Qualifikationsnachweise und eine EU-Bescheinigung mitzuführen.
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2.2
Installationen von Elektro-, Gas- und Warmwasseranlagen
Um in Belgien Elektro- oder Gasinstallationen abnehmen zu dürfen, ist eine Zulassung vom
Mittelstandsministerium erforderlich.
SPF Economie, P.M.E., Classes moyennes et Energie
Direction générale de l'Energie – Division Infrastructure
North Gate III
Bd du Roi Albert II, 16
B-1000 BRUXELLES
Tel.: 0032 2 277 70 78
E-Mail : [email protected]
Ohne Zulassung muss die Abnahme durch einen in Belgien anerkannten Installateur erfolgen.
Darüber hinaus muss in der Region Wallonie für die Installation von Warmwasseranlagen auf der Basis von Solartechnik ein Zulassungsantrag gestellt werden. Diese Zulassung ist Pflicht damit der Kunde, eine öffentliche Bezuschussung in Anspruch nehmen kann. Zuständig ist der Öffentliche Dienst
der Wallonie (http://energie.wallonie.be).
2.3
Limosa-Meldung
Seit dem 01. April 2007 müssen ausländische Unternehmen ihre vorübergehend nach Belgien zu
entsendenden Arbeitnehmer im Voraus melden (gesetzliche Grundlage bildet die Entsenderichtlinie
96/71/EG). Zu diesem Zweck hat der belgische Staat das mehrsprachige Online-Portal „Limosa“
(Landenoverschrijdend Informatiesysteem ten behoeve van Migratie Onderzoedk bij de Sociale
Administratie) eingerichtet: www.limosa.be. Es müssen Angaben zum Arbeitnehmer, Beginn- und
Enddatum der Entsendung nach Belgien, Art der Dienstleistung, zum Ort der Leistungserbringung,
zum Auftraggeber, Wochenarbeitszeit und Stundenplan des Arbeitnehmers gemacht werden.
Achtung: Seit dem 1. Juli 2013 müssen sich auch Selbständige (wieder) anmelden. Hierbei sind allerdings weniger Daten zu übermitteln.
Der Meldenachweis (Limosa-1-Nachweis) kann online ausgedruckt werden und ist dem Auftraggeber
vorzulegen und auf der Baustelle aufzubewahren, da sonst Sanktionen drohen.
2.4
Vertragsmeldung
Bau- und Montageunternehmen sind dazu verpflichtet, ab einem Auftragswert von € 30.000 (ohne
MwSt.) eine sog. Vertragsmeldung (Déclaration de travaux 30bis) vorzunehmen. Werden Subunternehmer beschäftigt, muss die Meldung bereits ab einem Auftragswert von € 5.000 erfolgen. Gefährliche Arbeiten, wie z.B. Arbeiten mit Asbest, sind ebenfalls meldepflichtig.
Die Meldung kann elektronisch unter www.socialsecurity.be erfolgen. Bei Versäumnis der Vertragsmeldung drohen Sanktionen, die bis zu 5 % des Auftragswertes betragen können.
Auftraggeber sind verpflichtet, zu prüfen, ob für deren Auftragnehmer ggf. ein Einbehalt vom Werklohn
hinsichtlich eventuell bestehender Sozialversicherungs- bzw. Steuerschulden zu machen ist. Diese
Prüfung erfolgt elektronisch anhand der aufgrund der einmaligen Baustellenmeldung (Vertragsmeldung) zugeteilten Unternehmensnummern unter www.socialsecurity.be. Falls ein Auftraggeber einen
ggf. erforderlichen Einbehalt nicht macht, setzt er sich der Gefahr einer Subsidiärhaftung für bestehende Sozialversicherungs- und/oder Steuerschulden des beauftragten Unternehmens aus.
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2.5
Anwesenheitsregistrierung bei Bauleistungen
Seit April 2014 besteht für alle Personen, die an bestimmten Arbeitsplätzen Bauleistungen ausführen,
eine Registrierungspflicht. Die Anwesenheitsregistrierung ist Pflicht für Arbeitsplätze, bei denen Leistungen über einen Gesamtbetrag zzgl. Mehrwertsteuer von mindestens 800.000 Euro erbracht werden. Es handelt sich hier um Verträge, die von Unternehmern mit einem einzigen Auftraggeber geschlossen werden. Wird der Gesamtbetrag aller Vereinbarungen, die mit dem Bauherrn getroffen wurden, erreicht, so werden die beteiligten Parteien (z.B. Subunternehmer) vom Landesamt für Soziale
Sicherheit darüber informiert.
Die Verantwortung für die Registrierung liegt sowohl bei der Person, die jemand zum Arbeiten entsendet (Arbeitgeber, Unternehmer), als auch bei der Person, die die Arbeit ausführt (Arbeitnehmer, Selbständiger). Beide Parteien müssen sich gegenseitig auf die Registrierungspflicht hinweisen. Sie vereinbaren gegenseitig, wer die Registrierung vornimmt.
Weitere Informationen finden Sie unter www.socialsecurity.be
2.6
Befreiung vom belgischen Treuemarken-System
In Belgien gelten das Treuemarken- und das Schlechtwettermarkenverfahren auch für Arbeitgeber mit
Sitz im Ausland. Bauunternehmer aus Deutschland können sich von der Zahlungsverpflichtung hierfür
freistellen lassen, wenn Sie über SOKA-BAU die Beiträge zur Winterbeschäftigungs-Umlage abführen
sowie Ihren Arbeitnehmern ein 13. Monatsgehalt gewähren.
Die notwendigen Formulare finden Sie auf der Website der Soka-Bau:
http://www.soka-bau.de/soka-bau_2011/desktop/de/Europa/Entsendung-EU-Schweiz/
3.
Arbeitsrecht
Bei nur vorübergehender Entsendung deutscher Mitarbeiter nach Belgien bleibt deutsches Arbeitsrecht anwendbar. Zu beachten sind allerdings die belgischen Mindestlöhne sowie Arbeits- und Sicherheitsbedingungen.
Die Regelarbeitszeit am Bau beträgt 8 Stunden pro Tag und 38 Stunden pro Woche (Abweichungen
durch Betriebsordnung/Anwendung eines Tarifvertrages sind möglich). Es herrscht ein generelles
Arbeitsverbot vor 6 Uhr und nach 20 Uhr. Ebenso ist die Arbeit Samstags, Sonntags, an Feiertagen
oder Kompensationstagen für Feiertage verboten (allgemeine gesetzliche Ausnahmen / Ausnahmen
für den Bausektor). Überstunden müssen höher entlohnt werden.
Informationen zu den belgischen Mindestlöhnen können beim belgischen Arbeitsministerium
(www.emploi.belgique.be) erfragt werden.
4.
Sozialversicherung
Damit Sie und Ihre Mitarbeiter keine Sozialversicherungsbeiträge entrichten müssen, beantragen Sie
für Ihre Mitarbeiter und sich selbst bei der gesetzlichen Krankenkasse die Entsendebescheinigung A1
und führen Sie diese mit. Privatversicherte beantragen die Bescheinigung beim regionalen Rentenversicherungsträger. Die A1-Bescheinigung bestätigt Ihnen, dass Sie und Ihre Mitarbeiter dem deutschen
Sozialversicherungsrecht unterliegen. Eine Kopie des A1 senden Sie an die Berufsgenossenschaft.
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5.
Steuerrecht
5.1
Umsatzsteuerliche Registrierung
Grundsätzlich sind grundstücksbezogene Leistungen in Belgien steuerpflichtig. Fraglich ist jedoch, wer
der Steuerschuldner ist:

Bei Lieferungen und Leistungen an Privatpersonen oder ausländisches Unternehmen ohne
belgische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist der Leistungserbringer Steuerschuldner. Er
muss sich in Belgien umsatzsteuerlich registrieren lassen und seine Rechnungen mit 21% Mehrwertsteuer fakturieren. Die Beantragung einer belgischen Umsatzsteuernummer dauert in der Regel ca. 3 Wochen.
Bei Renovierungen im privaten und sozialen Wohnungsbau kann ggf. der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 6% angewandt werden.
Die Umsatzsteuer-Nummer muss bei dem zentralen Büro für ausländische Umsatzsteuerpflichtige
beantragt werden:
Bureau Central de la TVA pour Assujettis Etrangers (BCAE)
Boulevard du Jardin Botanique 50, boîte 3625, 18 étage R
B-1000 BRUSSEL
Tel.: 0032 / 2 577 40-50 oder -60
E-Mail: [email protected]
Achtung: Nach Auskunft der belgischen Finanzverwaltung wurde das vereinfachte Registrierungsverfahren bei gelegentlichen Tätigkeiten in Belgien (DID) zum 1. Januar 2014 abgeschafft. Auch
Unternehmen, die nur gelegentlich in Belgien grundstücksbezogene Arbeiten durchführen, müssen nunmehr eine Umsatzsteueridentifikationsnummer beantragen. Zum weiteren Verfahren, insbesondere zur Bestimmung der Zeiträume zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen liegen
noch keine Informationen vor, es soll aber in Kürze ein entsprechendes Rundschreiben der belgischen Finanzverwaltung aufgesetzt werden.
Nach bisheriger Praxiserfahrung bleibt die in für gelegentliche Tätigkeiten erteilte Umsatzsteueridentifikationsnummer (BE-Nummer) unbefristet gültig. Eine vereinfachte Umsatzsteuererklärung
ist jeweils am 20. des auf die Leistung folgenden Monats abzugeben.

Bei Lieferungen und Leistungen an ein belgisches Unternehmen oder ein ausländisches Unternehmen, das im Rahmen einer Fiskalvertretung eine belgische UmsatzsteuerIdentifikationsnummer besitzt, wird die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übertragen
(Reverse Charge-Verfahren). Die umsatzsteuerliche Registrierung des Leistungserbringers im
Ausland ist daher nicht notwendig. In diesem Fall wird auf der Rechnung keine Mehrwertsteuer
ausgewiesen, also eine Nettorechnung erstellt. Die Rechnung muss die UmsatzsteuerIdentifikationsnummer des Leistungserbringers und des Kunden sowie einen Hinweis auf die
Steuerschuldumkehr enthalten.
Sollten Sie steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen oder sonstige Leistungen ausgeführt
haben, sind Sie i.d.R. verpflichtet vierteljährlich eine „Zusammenfassende Meldung“ an das Bundeszentralamt für Steuern, Außenstelle Saarlouis, einzureichen. Weitere Informationen finden Sie
unter: www.bzst.de > Zusammenfassende Meldung.
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5.2
Einkommensteuer
Löhne und Gehälter, die ein deutsches Unternehmen seinen Arbeitnehmern zahlt, sind im Wohnsitzstaat, also in Deutschland, zu versteuern.
Ausnahme: Ist ein entsandter Arbeitnehmer mehr als 183 Tage im Kalenderjahr in Belgien tätig oder
arbeitet er für eine belgische Betriebsstätte, so sind Löhne und Gehälter in Belgien als Quellenstaat
des Einkommens zu versteuern.
5.3
Körperschaftssteuer
Grundsätzlich fällt die Besteuerung am Ort des steuerlichen Sitzes an.
Ausnahme: Bei Bauausführungen und Montagen, deren Dauer neun Monaten überschreitet, entsteht
automatisch und rückwirkend eine Betriebstätte in Belgien. Die dort erzielten Einkünfte sind dann in
Belgien zu versteuern.
Ansprechpartner
Für niedersächsische Handwerksbetriebe:
Dr. Eva Schmoly
Tel.: 0511/ 38087-19
Fax: 0511/ 38087-21
E-Mail: [email protected]
Für alle anderen Unternehmen:
RA Arnd Helfer
Tel.: 0032 2 206 67 50
Fax: 0032 2 203 22 71
E-Mail: [email protected]
Norddeutsches Handwerk International
c/o LHN
Ferdinandstr. 3
30175 Hannover
http://www.handwerk-LHN.de
AHK debelux
Bolwerklaan 21 avenue du Boulevard
1210 Brüssel
Belgien
http://debelux.ahk.de
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Stand: Mai 2014
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