ARTIKEL "POLONIKA" Nr 3

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ARTIKEL "POLONIKA" Nr 3
Am 25. Mai findet die Wahl
zum EU-Parlament statt. Warum ist diese Wahl für Österreich und Europa besonders
wichtig?
Dr. Erwin Pröll: Hinter dem
Projekt Europa stehen große
Errungenschaften. Nach zwei
fürchterlichen Weltkriegen ist
Europa heute eine Friedensgemeinschaft, die für Demokratie
und Freiheit steht. Das war und
ist auch eine wichtige Grundlage für die wirtschaftliche
Entwicklung. Die Europäische
Union hat als Wirtschaftsgemeinschaft viel vorangebracht.
Diese Entwicklung muss fortgesetzt werden und darf nicht
durch populistische, nationalistische oder separatistische
Tendenzen gefährdet werden.
Polen wä
In diesem Monat sprachen wir mit dem niederösterreichischen
Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll sowie mit dem Präsidenten
der Wirtschaftskammer Österreich Dr. Christoph Leitl über die
bevorstehenden Europa-Wahlen. Es folgt ein Zusammenschnitt
der beiden Interviews.
Ania Haar
Und genau darin liegt die Wichtigkeit der EU-Wahl. Sie muss
Fot.: WKO
ein starkes Signal für Frieden,
Freiheit, Einheit, Demokratie
und eine positive wirtschaftliche Entwicklung nach der
Wirtschaftskrise sein. Wie
brüchig Frieden und Freiheit
sein können, zeigt die aktuelle
Situation in der Ukraine.
Dr. Christoph Leitl: Eine
Wahl bedeutet mitzuentscheiden; mitzuentscheiden,
wie sich eine Gemeinschaft
weiterentwickelt. Wir haben
nationale Gemeinschaften,
wir haben regionale Gemeinschaften und wir haben eine europäische Gemeinschaft – und
die Europäische Gemeinschaft
vertritt uns in der Welt. Heute
Dr. Christoph Leitl
leben wir in einer globalen Welt,
zu der Amerika, Asien und andere Kontinente, andere große
Länder gehören. Wir Europäer machen nur 7 Prozent der
Weltbevölkerung aus. Wenn wir
nicht zusammenhalten, werden
wir zersplittert. Wir müssen zusammenhalten. Wir müssen
gemeinsam unsere Ziele umsetzen und unsere Werte vertreten, und dafür brauchen wir
ein aktives und handlungsfähiges Europäisches Parlament.
Ist es, Ihrer Meinung nach,
sinnvoll, EU-Bürger, die nicht
in ihrem Heimatland leben,
gezielt zur Teilnahme an der
Wahl zu motivieren?
Dr. Christoph Leitl: – Polen ist die große Überraschung in der Europäischen Union. Man hat gesagt, ein
großes Land, ein hoher Agraranteil – das wird Probleme geben. Es gibt überhaupt keine Probleme. Polen
hat den großen europäischen Markt genutzt, um mit
seinen Agrarprodukten einen entsprechend erfolgreichen Absatz zu finden. Auch in anderen Bereichen der
Wirtschaft, in der Industrie, im Gewerbe, im Handel,
im Dienstleistungsbereich, in der Informations- und
Kommunikationstechnologie, im Verkehr, im Tourismus,
in allen Bereichen leistet Polen Hervorragendes. Polen
hat Wachstumsraten, die für Europa überdurchschnittlich sind und sogar Spitzenwerte darstellen. Wir können
stolz sein auf Polen und das, was die polnische Wirtschaft leistet.
Dr. Erwin Pröll: Das Europäische Parlament ist das Parlament aller EU-Bürgerinnen und
EU-Bürger. Das soll auch für
jene, die sich außerhalb ihres
Heimatlandes befinden. Die
wichtigste Motivation, dieses
Recht auch auszuüben, kann
aber nicht von außen kommen,
sondern sollte im demokratischen Verständnis jedes Einzelnen begründet sein. Denn
jeder von uns ist heutzutage
nicht nur Bürger eines Nationalstaates, sondern auch EUBürger. Wählen zu gehen heißt
daher, aktiv mitzugestalten und
an den Entwicklungen in Europa
Anteil zu nehmen.
Dr. Christoph Leitl: Ja,
selbstverständlich ist es sinnvoll. Denn wir sind alle Europäer, wir sind alle Mitglieder einer
Europäischen Gemeinschaft
und wir haben eine gemeinsame Verantwortung gegenüber
der Weiterentwicklung unserer Gemeinschaft. Daher ist
es auch wichtig, dass alle, die
dieser Gemeinschaft zugehören – egal, wo sie sich gerade
befinden, egal, ob sie in ihrem
Heimatland sind oder in einem
anderen Land – die Möglichkeit
haben und bereit sind, mit ihrer
Stimme den Zukunftskurs Europas zu bestimmen. Stimmen
und bestimmen.
Wie würden Sie sich an
die polnische Community in
Österreich wenden, um sie
von einer Wahlbeteiligung
zu überzeugen?
Dr. Erwin Pröll: Letztlich mit
den gleichen Argumenten wie
bei allen anderen auch. Denn
es ist noch gar nicht so lange
Fot.: Copyright: NLK
ählen Europa
Dr. Erwin Pröll
her, dass das Wahlrecht keine
Selbstverständlichkeit war.
Die Generationen vor uns
haben sich dieses Recht hart
erkämpft. Darum ist es umso
wichtiger, dass wir heute von
unserem demokratischen UrRecht Gebrauch machen.
Dr. Christoph Leitl: Ich
glaube, dass man die polnische
Community gar nicht überzeugen muss. Ihr ist vielleicht mehr
als uns Österreichern bewusst,
wie wichtig es ist, in Demokratie und Freiheit zu leben und als
Bürger die Europäische Gemeinschaft mitzugestalten. Ich bin
überzeugt, dass unseren polnischen Freunden das nicht nur
bewusst ist, sondern dass sie
das auch tun und daher bei der
Europawahl dabei sein werden.
Dr. Erwin Pröll: Als einer, der nur wenige
Kilometer vom Eisernen Vorhang entfernt
aufgewachsen ist, habe ich am eigenen Leib
verspürt, welche Auswirkungen dieser hatte.
Darum liegt mir der Jahrestag „10 Jahre EUErweiterung“, den wir heuer begehen, besonders am Herzen. Ich weiß noch gut, wie ich
1989 miterlebt habe, wie sich die Grenzbalken
gehoben haben, und wir alle miteinander spürten, dass eine neue Zeitrechnung begonnen
hat. Was mich heute allerdings sehr bewegt,
ist, dass viele junge Menschen heute gar nicht
mehr wissen, was der Eiserne Vorhang war
und welches Leid er mit sich gebracht hat.
Darum ist das heurige Gedenkjahr auch für
die junge Generation so wichtig. Denn Frieden
und Freiheit sind nicht selbstverständlich.
Daran muss jede Generation immer wieder hart
arbeiten.