Die Änderung der pauschalen Gewinnermittlung in der Landwirtschaft
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Die Änderung der pauschalen Gewinnermittlung in der Landwirtschaft
B Assessor Matthias Vöcking, Münster* Die Änderung der pauschalen Gewinn ermittlung in der Landwirtschaft nach § 13a EStG aus Sicht von Ackerbau, Rinder-, Schweine- und Bienenhaltung D as Jahressteuergesetz 2015 ändert die Gewinnermittlungsvorschrift des § 13a EStG wesentlich ab. Der Beitrag untersucht näher, wie sich die Veränderung auf den Ackerbau, die Rinder-, Schweine- und Bienenhaltung auswirkt. Rinder, Schweine und Bienen sind gewählt, weil es sich laut Umweltbundesamt bei Rind, Schwein und Biene um die drei wichtigsten Nutztiere handelt. Einleitung * Mitarbeiter der Anwalts kanzlei Warther | Rechtsanwälte in Everswinkel Der Text ist dem Vorsitzenden Richter am Bun desfinanzhof Wendt gewidmet. 1 Die pauschale Gewinnermittlung in der Landwirtschaft nach § 13a EStG ist durch das Jahressteuergesetz 20151 wesentlich verändert worden. Gemäß § 52 Absatz 22a S. 1 EStG ist § 13a in der am 31. 12. 2014 geltenden Fassung letztmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das vor dem 31. 12. 2015 endet. Nach § 52 Abs. 22a S. 2 EStG ist § 13a EStG in der am 1. 1. 2015 geltenden Fassung erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 30. 12. 2015 endet. Maßgebend ist das Wirtschaftsjahr. Wirtschaftsjahr ist bei Land- und Forstwirten gemäß § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG der Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni, es sei denn, das maßgebliche Wirtschaftsjahr ist durch Rechtsverordnung nach § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 S. 2 EStG abweichend bestimmt. Liegt keine abweichende Bestimmung vor, so findet das neue Recht ab dem 1. 7. 2015 Anwendung, weil das am 1. 7. 2015 beginnende Wirtschaftsjahr am 30. 6. 2016 endet, nach dem 30. 12. 2015. Dagegen endet das am 30. 6. 2015 endende Wirtschaftsjahr vor dem 31. 12. 2015, sodass bis zum Ab- Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 22. 12. 2014 (BGBl I S. 2417) 296 BzAR 8 / 2015 1 Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Ände- lauf des 30. 6. 2015 das bisherige Recht anwendbar ist. Der bisher flächengröße- und flächengüteabhängige Grundbetrag deckt nach neuem Recht einen bedeutend geringeren Teil des tatsächlichen Gewinns ab, dafür ist der jetzt nur noch von der Flächengröße abhängige Grundbetrag gemäß § 13a Abs. 4 S. 2 EStG i. V. m. Anlage 1a Nr. 1 S. 1 zu § 13a (im Folgenden Anlage 1a) auf einen Hektargewinn von 350,00 € vereinheitlicht worden. Nach wie vor ist gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 3 EStG die Haltung oder Züchtung von bis zu 50 Vieheinheiten mit der pauschalen Gewinn ermittlung nach § 13a EStG vereinbar. „Tierhaltung“ schließt im Folgenden jeweils auch mögliche Tierzüchtung ein. Während nach neuem Recht gemäß § 13a Abs. 4 S. 3 EStG i.V. m. Anlage 1a ein Überschreiten von 25 Vieheinheiten zu einem Gewinnbeitrag von 300,00 € je weiterer Vieheinheit führt, waren früher alle Vieheinheiten durch den Grundbetrag abgegolten. Gemäß § 13a Abs. 3 EStG a. F. wurde der Grundbetrag zur Ermittlung des Durchschnittssatzgewinns nur um die Zuschläge für Sondernutzungen nach § 13a Abs. 5 EStG a. F., die nach § 13a Abs. 6 EStG a. F. gesondert zu ermittelnden Gewinne, die vereinnahmten Miet- und Pachtzinsen sowie die vereinnahmten Kapitalerträge gemehrt, die sich aus Kapitalanlagen von Veräußerungserlösen im Sinne des Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 in § 13a EStG a. F. ergaben. Dagegen waren die übrigen Einkünfte, etwa aus Tierhaltung und Tierzucht oder aus Kapitalvermögen, das aufgrund Zugehörigkeit des Kapitalvermögens zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gemäß § 20 Abs. 8 S. 1 EStG nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen sondern als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft behandelt wurden, durch den Grundbetrag abgegolten. Im zweiten Abschnitt wird die Veränderung von § 13a EStG aus Sicht des Ackerbaus einschließlich einer Tierhaltung von höchstens 25 Vieheinheiten nachvollzogen. Abschnitt III behandelt die Lage von Rinder oder Schweine haltenden Betrieben, die mehr als 25 Vieheinheiten halten. Welche Tierhaltung trug bisher so viel zum Pauschalgewinn bei wie eine Haltung von 30 Vieheinheiten auf drei Hektar selbst bewirtschafteter Fläche zur landwirtschaftlichen Nutzung nach neuem Recht? Abschnitt IV betrachtet die Änderungen für die Bienenhaltung (Imkerei). Obwohl die Biene laut Bundesumweltamt das drittwichtigste Nutztier in Deutschland ist2, erfährt ihre Haltung vergleichbare Veränderungen wie andere Sondernutzungen. Imkerei ist Sondernutzung nach § 13a Abs. 5 S. 1 EStG a. F. i. V. m. §§ 34 Abs. 2 Nr. 1 e), 62 Abs. 1 Nr. 4 BewG. Abschnitt V fasst die gefundenen Ergebnisse zusammen. Veränderungen bei Ackerbau und geringfügiger Tierhaltung bis höchstens 25 Vieheinheiten B Nach bisherigem Recht lag der Grundbetrag, wenn der Hektarwert bei über 300 DM bis 500 DM lag, gemäß § 13a Abs. 4 S. 2 Nr. 2 EStG a. F. bei 307 €. Lag der Hektarwert bei über 500 DM bis 1.000 DM, so lag der Grundbetrag gemäß § 13a Abs. 4 S. 2 Nr. 3 EStG a. F. bei 358 €. Der neue Grundbetrag liegt also um 43 € über dem bisherigen Grundbetrag bei einem Hektarwert von mindestens 300,01 DM und höchstens 500 DM und um 8 € unter dem bisherigen Grundbetrag bei einem Hektarwert von mindestens 500,01 DM bis höchstens 1.000 DM. Der allgemeine Hektarwert heute entspricht also dem Hektarwert eines Betriebes früher, dessen landwirtschaftlich genutzte Flächen zu gut 5∕6 einen Hektarwert von über 500 DM bis 1.000 DM und zu knapp 1∕6 einen Hektarwert von über 300 DM bis 500 DM hatten. Bei höherem betrieblichem Hektarwert früher wird Ackerbau und geringfügige Tierhaltung mit höchstens 25 Vieheinheiten durch das neue Recht entlastet. Andernfalls tritt eine Steuer mehrbelastung ein. Rinder- oder Schweine haltungsbetriebe mit mehr als Der Ackerbau sowie eine geringfügige Tier- 25 Vieheinheiten haltung mit höchstens 25 Vieheinheiten sind durch den Grundbetrag jeweils ab- Die Gesetzesänderung, die jeder über gegolten. 25 Vieheinheiten hinausgehenden gehalteGemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG sind nen Vieheinheit einen Beitrag zum PauschalEinkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gewinn in Höhe von 300 € zuweist, führt auch die Einkünfte aus der Tierzucht und zu einer beachtlichen Steuermehrbelastung Tierhaltung, wenn im Wirtschaftsjahr für gegenüber dem alten Recht, wo die Erträge die ersten 20 Hektar nicht mehr als zehn für Tierhaltung und Tierzucht durch den Vieheinheiten je Hektar der vom Inhaber Grundbetrag jeweils abgegolten waren. des Betriebs regelmäßig landwirtschaftlich Bei nach § 13a Abs.f1 Nr. 2 EStG mögligenutzten Flächen erzeugt oder gehalten chen 20 Hektar selbst bewirtschafteter landwerden. Die Gewinnermittlungsvorschrift wirtschaftlich genutzter Fläche und möglides § 13a EStG ändert die Flächeninten- chen 50 Vieheinheiten nach § 13a Abs. 1 sität der im Rahmen von Land- und Forst- Nr. 3 EStG liegt der Gewinnbeitrag, wenn wirtschaft möglichen Tierhaltung nicht ab. beide Größen ausgeschöpft werden, bei Bis zu einer Flächengröße von 2,5 Hektar 20 Hektar × 350 € Grundbetrag je Hektar können also auch nach neuem Recht die + 25 Vieheinheiten (50 mögliche VieheinMöglichkeiten von im Rahmen von Land- heiten − 25 durch Grundbetrag freigestellte und Forstwirtschaft möglicher Tierhaltung Vieheinheiten) × 300 € Gewinnbeitrag je ausgeschöpft werden und der Grundbetrag nicht freigestellter Vieheinheit = 14.500 € deckt die Einkünfte aus Tierhaltung ab. Pauschalgewinn. Das geänderte Recht setzt in § 13a Abs. 4 S. 2 EStG i. V. m. Anlage 1a den Grundbe- 2 www.umwelt-im-unterricht.de/hintergrund/ trag je Hektar auf einheitlich 350 € fest. die-biene-eines-der-wichtigsten-nutztiere/ 2 www.umwelt-im-unterricht.de/hintergrund/ die-biene-eines-der-wichtigsten-nutztiere/ BzAR 8 / 2015 297 B Schon wenn ein Betrieb nach neuem Recht mit 3 Hektar selbst bewirtschafteter landwirtschaftlich genutzter Fläche die Möglichkeiten von § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG ausschöpft, je Hektar zehn Vieheinheiten hält, so liegt der Gewinnbeitrag bei 3 Hektar × 350 € Hektargrundbetrag + 5 anzusetzende Vieheinheiten ( 30 Vieheinheiten insgesamt − 25 freie Vieheinheiten) × 300 € Gewinnbeitrag je nicht freigestellter Vieheinheit = 2.550 € Pauschalgewinn. Nach altem Recht lag bei einem Hektarwert von über 2.000 DM der Hektarbeitrag zum Pauschalgewinn gemäß § 13a Abs. 4 S. 2 Nr. 6 EStG a. F. bei 512 €. Werden die 2.550 € Gewinnbeitrag nach neuem Recht durch 512 € geteilt, so entspricht der Pauschalgewinn eines 3-Hektar-Viehhaltungs- und Zuchtbetriebes heute, der die ihm möglichen 10 Vieh einheiten je Hektar hält, dem Pauschalgewinn eines Betriebes nach altem Recht, der auf 4,98 Hektar mit einem Hektarwert von über 2.000 DM 49,8 Vieheinheiten gehalten hat: 512 € Hektargewinnbeitrag × 4,98 Hektar = 2.549, 76 € Pauschalgewinn. Noch bei einem Hektarwert von früher über 1.500 DM bis 2.000 DM waren für einen vergleichbaren Gewinnbeitrag 5,53 Hektar und die Ausschöpfung der 50 Vieheinheiten bei 9,04 Vieheinheiten je Hektar nach § 13a Abs. 4 S. 2 Nr. 5 EStG a.F. möglich. Bei 5,53 Hektar mit einem Hektarwert von über 1.500 DM bis 2.000 DM lag der Gewinnbeitrag je Hektar bei 461 € und der Gewinnbeitrag insgesamt bei 5,53 Hektar × 461 € Hektargewinnbeitrag = 2.549,33 € Pauschalgewinn. Werden 50 Vieheinheiten durch die 5,53 Hektar geteilt, so entfallen auf einen Hektar nur 9,04 Vieheinheiten. Soweit bei schlechterem Bodenwert die Intensität der Tierhaltung nicht auf unter 9,04 Vieheinheiten abgesenkt wird, ist der Gewinnbeitrag geringer als heute bei 3 Hektar und 30 Vieheinheiten. Bienenhaltung nach geändertem Recht Nach neuem Recht können bis zu 30 Bienen völker ohne Anrechnung auf den Pauschal gewinn gehalten werden. Gemäß § 13a 3 Vgl. ausführlich Schuldt unter www.imkeronline.de/ upload/dokumente/news/Steuern in der Freizeitimkerei pdf 298 BzAR 8 / 2015 Abs. 6 S. 2 EStG ist ein Gewinnbeitrag für eine Sondernutzung nur anzusetzen, wenn die in Anlage 1a Nr. 2 Spalte 3 genannten Grenzen überschritten werden. Für die Imkerei liegt die in Anlage 1a Nr. 2 Spalte 3 genannte Grenze bei 30 Bienenvölkern. Anders als nach altem Recht ist gemäß § 13a Abs. 1 S. 2 EStG kein Grundbetrag mehr erforderlich, um der Imkerei die Gewinnermittlung nach § 13a EStG zu erschließen. Bei einer Haltung von höchstens 30 Bienenvölkern ist das neue Recht für den Imker vorteilhaft, da es ihn klar von der Notwendigkeit freihält, nur zur Erschließung der Gewinnermittlung nach § 13a EStG selbstbewirtschaftete Flächen landwirtschaftlich zu nuten. Bei mindestens 31 Bienenvölkern und höchstens 70 Bienenvölkern wird in § 13a Abs. 6 S. 2 EStG n. F. i. V. m. Anlage 1a Nr. 2 Spalte 3 zu § 13a EStG ein Gewinnbeitrag von 1.000 € angeordnet und so der durch die Gesetzesänderung bereits zum EZ 2015 auf 900 € angehobene Freibetrag nach § 13 Abs. 3 S. 1 EStG schon überkompensiert. Auch wenn der Imker den Freibetrag nach § 13 Abs. 3 S. 1 EStG beanspruchen kann, wächst der Gesamtbetrag seiner Einkünfte für das 31. Bienenvolk um 100 €. Die Haltung von mehr als 70 Bienenvölkern ist mit der pauschalen Gewinnermittlung nach § 13a EStG n. F. unvereinbar, da es sich um Sondernutzung handelt und der in Spalte 2 der Tabelle zu § 13a EStG bestimmte Wert überschritten ist. Bei 100 € Gewinnbeitrag und höchstens 70 Bienenvölkern liegt der Gewinnbeitrag je Bienenvolk bei mindestens 1,43 €. Das alte Recht3 ließ die Haltung von bis zu 50 Bienenvölkern ohne Anrechnung auf den Pauschalgewinn zu. Sondernutzungen waren nach § 13a Abs. 5 S. 3 EStG a. F. bis zu einem Wert von jeweils 500 DM durch den Grundbetrag abgegolten. Bei mindestens 51 Bienenvölkern bis zu 166 Bienenvölkern lag der Pauschalgewinnbeitrag gemäß § 13a Abs. 5 S. 3 EStG a. F. bei 512 €. Eine Haltung von über 166 Bienenvölkern war auch nach altem Recht im Rahmen von § 13a EStG nicht möglich. Nach Verrechnung des Pauschalgewinnbeitrags mit dem Freibetrag nach § 13 III 1 EStG a. F. von bisher 670 € verblieben 158 € für den Grundbetrag übrig, der nach bishe3 Vgl. ausführlich Schuldt unter www.inkeronline.de/upload/dokumente/news/Steuern in der Freizeitimkerei pdf rigen Recht erforderlich war, die Gewinn ermittlung nach § 13a EStG für Sondernutzungen zu erschließen. Noch bei einem Hektarwert von über 2.000 DM und einem Gewinnbeitrag von 512 € je Hektar nach § 13a Abs. 4 S. 2 Nr. 6 EStG a. F. konnten neben der Bienenhaltung 30,85 Ar landwirtschaftlich genutzte Fläche gehalten werden und Bienen- und Flächenhaltung waren durch den Freibetrag nach § 13 III 1 EStG a. F. ertragssteuerfrei gestellt: 512 € (Bienenhaltung) + 0,3085 × 512 € (Flächenhaltung) = 669,95 €. Der BFH hat nach bisherigem Recht für Imkereibetriebe die Gewinnermittlung nach § 13a EStG nur zugelassen, wenn der Imkereibetrieb selbst bewirtschaftete Flächen landwirtschaftlich nutzt.4 Gemäß § 13a Abs. 1 S. 2 EStG n.F. ist dagegen, auch wenn nur Sondernutzungen bewirtschaftet werden, die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen möglich, wenn die in Anlage 1a Nummer 2 Spalte 2 genannten Grenzen nicht überschritten werden. Für Imkerei liegt die Grenze bei 70 Völkern. Verglichen mit den Beschränkungen des neuen Rechts in Anlage 1a Nummer 2 Spalte 2 und dem Pauschalgewinnbeitrag von 1.000 € nach § 13a Abs. 6 S. 2 EStG n. F. schon bei 31 und höchstens 70 Bienenvölkern wiegt die vom BFH angenommene Voraussetzung vorhandener landwirtschaftlich genutzter Flächen, die erst einen Grundbetrag bilden, der die Sondernutzung abgeltet, nicht schwer. Wurde für jedes Bienenvolk ein Gewinnbeitrag von 0,95 € für die Bienentracht kalkuliert (Grundbetrag), so lag der Pauschalgewinn bei 512 € für die 166 Bienenvölker. Bei 166 Bienenvölkern und 0,95 € Grundbetrag je Bienenvolk begründen die selbstbewirtschafteten Flächen zur landwirtschaftlichen Nutzung einen Teilgewinn von 157,70 €. Noch bei einem Hektargewinnbeitrag von 512 € entfallen bei 0,95 € Gewinnbeitrag je Bienenvolk 18,55 qm Fläche auf ein Bienenvolk (10 000 qm × 0,95 €: 512 €). Ein größerer Flächeneinsatz ist zur Erschließung der pauschalen Gewinnermittlung nach § 13a EStG a. F. nicht erforderlich gewesen. Der Gesamtgewinn lag dann bei 669,70 € und war durch den Freibetrag nach § 13 III 1 EStG a. F. abgegolten. 4 B Der BFH setzte die Nutzung selbstbewirtschafteter landwirtschaftlicher Flächen voraus, gab aber nicht vor, dass die Flächen anders als zum Anbau sogenannter Bienentrachtpflanzen genutzt werden. Bienentrachtpflanze oder Bienenweide sind Pflanzen, die besonders reichhaltig Nektar oder Pollen erzeugen.5 Bienentrachtpflanzen haben für die Imkerei eine große Bedeutung. Viele Imker nutzen in der Wanderimkerei solche Pflanzen, indem sie ihre Völker bewusst in den Gebieten aufstellen, in denen Bienentrachtpflanzen gerade blühen.6 Zu den Bienentrachtpflanzen gehören etwa Raps, Wilder Thymian, die Phacelia (Bienenfreund) oder auch der gewöhnliche Löwenzahn.7 Tracht bezeichnet in der Imkerei einen Eintrag von Nektar und Pollen durch Bienen über den Bedarf des Bienenstockes hinaus.8 Wird statt des 51. Bienenvolkes früher oder des 31. Bienenvolkes heute Bienentracht angebaut, so kann die Ernährungsgrundlage der Bienenvölker abgesichert und der Ertrag je Bienenvolk gesteigert werden9. Der BFH hat zur Erschließung der Gewinn ermittlung nach § 13a EStG a. F. auch nicht einen Grundbetrag von über 0,95 € je Bienenvolk vorgegeben. Das neue Recht schränkt die Möglichkeiten der Gewinnermittlung nach § 13a EStG im Rahmen der Bienenhaltung wesentlich ein. Bereits das 31. gehaltene Bienenvolk begründet einen Zuwachs des Gesamtbetrages der Einkünfte von 100 €, wenn dem Imker der Freibetrag nach § 13 III 1 EStG offensteht und von 1.000 €, wenn der Imker einen Anspruch auf den Freibetrag nach § 13 III 1 EStG nicht hat. Dagegen war die Haltung von 166 Bienenvölkern und einer Bienenweide mit einem Gewinnbeitrag von bis zu 0,95 € je Bienenvolk durch den Freibetrag 4 5 6 7 8 9 BFH, Urteil vom 14. 4. 2011 – IV B 57/10, BFH/NV 2011, 1331 Geert Stemmler in www.imkerschule-sh.de/imkerabc/b/ Bienenweide de.wikipedia.org/wiki/Bienentrachtpflanze de.wikipedia.org/wiki/Bienentrachtpflanzen; www.beeinfo.de/ honig/trachtpflanzen.html de.wikipedia.org/wiki/Tracht_(Imkerei) Geert Stemmler in www.imkerschule-sh.de/imkerabc/b/ Bienenweide; BzAR 8 / 2015 BFH, Urteil vom 14.04.2011 – IV B 57/10, BFH/NV 2011, 1331 5 Geert Stemmler in www.imkerschule-sh.de/ 299 B nach § 13 III 1 EStG a. F. abgegolten. Der Gesamtbetrag der Einkünfte stieg um nur 669,70 €, wenn der Imker keinen Anspruch auf den Freibetrag nach § 13 III 1 EStG hatte. Hielt der Imker ohne Anspruch auf den Freibetrag nach § 13 III 1 EStG höchstens 50 Bienenvölker, so versteuerte er nur den auf die Bienentracht entfallenden Gewinnbeitrag (Grundbetrag), während der Imker heute mit Anspruch auf den Freibetrag nach § 13 III 1 EStG einen Zuwachs des Gesamtbetrages der Einkünfte von 100 € erfährt, wenn er mindestens 31 Bienenvölker hält. Dauergrünland (Bienentracht) ist nach neuem Recht aufgrund vereinheitlichten Hektarwertes auch nur dann ertragsteuerlich günstiger als nach bisherigem Recht, wenn der Hektarwert früher bei über 500 DM gelegen hat. Nach neuem Recht ist der Anbau von Dauer grünland (Bienentracht) auch im Umfang von 2,55 Hektar durch den erhöhten Freibetrag nach § 13 III 1 EStG von 900 € abgegolten. Der Gewinnbeitrag je Hektar liegt bei 350 €. Daher tragen 2,55 Hektar Dauergrünland mit 892,50 € zum Gewinn bei. Werden 2,55 Hektar Dauergrünland durch 30 Bienenvölker geteilt, so liegt das auch im Interesse der Bienenhaltung einsetzbare Dauerg rünland bei 8,5 Ar pro Bienenvolk. Es ist fraglich, ob bei maximal 70 Bienenvölkern ohne eigene Bienentracht höhere Gewinne insgesamt erwartet werden können als bei Einsatz von 8,5 Ar Bienentracht pro Bienenvolk bei 30 Völkern. So liegt die wesentliche Wertschöpfung der Honigbiene bei der Bestäubungsarbeit. 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 Petra Friedrich, Deutscher Imkerverband e.V. (DIB) in www.bauernverband.de/bienen ebenda ebenda ebenda ebenda ebenda ebenda Bernd Hackstock in honigszene.jimdo.com/bienen-umwelt/bestäubung ebenda Zweites Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477, 2557), das durch Art. 11 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2462) geändert worden ist. 300 BzAR 8 / 2015 Durch die Bestäubungsarbeit der Bienen in der Landwirtschaft, vor allem im Obst- und Gemüseanbau, in der Saatguterzeugung und im Gartenbau wird ein Wert geschaffen, der den Erlös aus Honig und Wachs um das Zehn- bis Fünfzehnfache übersteigt.10 Auch Bienentrachtpflanzen im Rahmen von Dauergrünland verbessern bei Bienenbestäubung ihre Erträge, während die Ernährungsgrundlage und die Produktivität des Bienenvolkes durch die Bienentracht gefördert werden. Für eine gründliche Bestäubung sind z. B. bei Kernobst 3 bis 4 Bienenvölker, bei Steinobst 4 bis 5 Völker je Hektar notwendig11. Die Zahl der zweckmäßigen Bienenvölker, die zur gründlicheren Bestäubungsarbeit beitragen können, wird größer sein. Obwohl auf Bundes- oder Landesebene nicht rechtlich geregelt oder gefördert, zahlen in Deutschland etwa Bauern in Obstanbaugebieten Bestäubungsprämien12. Auch Saatguterzeuger schließen Bestäubungsverträge mit Imkern ab, um die für die Samenerzeugung notwendige Insektenbestäubung zu sichern. In großen Teilen Deutschlands erhalten Imkerinnen und Imker für die Bestäubungsarbeit ihrer Bienen kein Entgelt. Sie sind kostenlose Dienstleister für die Natur und die Allgemeinheit13. Mittlerweile gibt es zu wenige Bienen in der Fläche14. Aus Sicht der Bienenhaltung ist in vielen Regionen eine karge Agrarlandschaft entstanden, die Probleme für Bestäubungsinsekten mit sich bringt. Trotz aller Gegensätze, die sich scheinbar entwickelt haben, gibt es genügend Ideen und praktische Beispiele, die dafür sorgen können, dass sich die Agrarlandschaft nicht nur im Sinne der Bienen positiv entwickelt, z. B. durch Anlage von Blühflächen oder -streifen, Umbruchverbote für Grünland oder Anbau alternativer bienenfreundlicher Energiepflanzen für die Biomassegewinnung15. Die Betätigung als Imker ist nicht nur ein ausgefallenes und naturverbundenes Hobby, sondern kann auch ein lukrativer Nebenverdienst sein16. Die Verkürzung der im Rahmen von § 13a EStG möglichen Bienenhaltung kann sowohl zu einer Reduzierung der gehaltenen Bienenvölker als auch zu einer Konzentration 10 11 Petra Friedrich, Deutscher Imkerverband e.V. (DIB) in www.bauernverband.de/bienen Petra Friedrich, Deutscher Imkerverband der Bestäubungsarbeit auf Eigenflächen führen. Vier Bienenvölker reichen für die gründliche Bestäubungsarbeit eines Hektars aus. Soweit eine intensivere Bestäubungsarbeit zweckmäßig ist, werden Eigenflächen in mehr als notwendigem Umfang bestäubt und die Bestäubungslücken bei Fremdflächen wachsen noch über den voraussichtlichen Rückgang der Bienenvölker hinaus. Im Jahr 2005 lag die Zahl der Berufsimker bei Geltung des großzügigeren Rechts bei nur 436.17 Die Haltung von mindestens 100 Bienenvölkern erschließt gemäß § 1 Abs. 5 S. 2 ALG18 die Versicherungspflicht in der Altershilfe für Landwirte. Bei Erreichen der Mindestgröße von 100 Bienenvölkern sind Imker gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG19 auch in der Kranken- und Pflegeversicherung der Landwirte kranken- und pflege versicherungspflichtig, während bei mindestens 50 gehaltenen Bienenvölkern (halbe Mindestgröße) die Versicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung als landwirtschaftlicher Kleinunternehmer gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 b) KVLG davon abhängt, dass das Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen, das die Imker neben dem Einkommen aus dem landwirtschaftlichen Unternehmen haben, sowie das in § 5 Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannte Vorruhestandsgeld im Kalenderjahr die Hälfte der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigt. Die mögliche Mitgliedschaft in der Altershilfe für Landwirte und in der landwirtschaftlichen Krankenund Pflegeversicherung kann neben den Gewinnaussichten bei mindestens 100 Bienenvölkern, die das bisherige Recht bei einem Anspruch des Imkers auf den Freibetrag nach § 13 III 1 EStG ertragssteuerfrei erschlossen hat, ein weiterer Anreiz für die Bienenhaltung gewesen sein. Das neue Recht stellt den Imker dagegen vor die Wahl, entweder seinen Gewinn bei höchstens 70 Bienenvölkern nach § 13a EStG zu ermitteln oder Mitglied in der Altershilfe für Landwirte und auch bei höherem Einkommen in der Krankenund Pflegeversicherung der Landwirte zu werden. 17 18 Bernd Hackstock in honigszene.jimdo.com/ bienen-umwelt/bestäubung Gesetz über die Alterssicherung der Land- BzAR 8 / 2015 301 B Zusammenfassung: Das neue Recht begünstigt einen mit einer allenfalls geringfügigen Tierhaltung von 25 Vieheinheiten verbundenen Ackerbau, wenn der Anteil der Flächen mit einem Hektarwert von höchstens 500 DM nicht so groß war, dass der durchschnittliche betriebliche Hektargewinnbeitrag auf unter 350 € absank. Heute liegt der Hektar gewinnbeitrag unabhängig von der Flächengüte bei 350 €. Eine Tierhaltung mit über 25 Vieheinheiten bis höchstens 50 Vieheinheiten wird steuerlich verteuert. Schon bei gehaltenen 30 Vieheinheiten auf der Mindestfläche ist der Pauschalgewinnbeitrag nach der Rechts änderung höher als früher bei den nach altem und neuem Recht höchstens möglichen 50 Vieheinheiten, wenn der Hektarwert bei höchstens 2.000 DM und die Flächenintensität bei 9,04 Vieheinheiten je Hektar gelegen hat. Lag der Hektarwert bei über 2.000 DM, so konnten 49,8 Vieheinheiten im Rahmen von Land- und Forstwirtschaft für den gleichen Gewinnbeitrag gehalten werden. Die Begrenzung auf 70 Bienenvölker und der Gewinnbeitrag von 1.000 € schon ab 31 Bienenvölkern nach neuem Recht werden durch die nach neuem Recht mögliche Bewirtschaftung nur von Sondernutzungen nicht ausgeglichen. Die Bewirtschaftung von Eigenflächen kann lukrativ sein, insbesondere wenn sich gerade so die Bestäubungsarbeit der Bienen verwerten lässt. Ein Dauergrünland in Form von Bienentracht war noch bei 166 Bienenvölkern in Höhe von 0,95 € je Bienenvolk möglich und wenigstens zur Erschließung der Gewinn ermittlung nach § 13a EStG a. F. ausreichend gewesen, ohne dass der Freibetrag nach § 13 III 1 EStG a. F. überschritten wurde. 302 BzAR 8 / 2015 Es kann zu einem Rückgang der gehaltenen Bienenvölker kommen, verbunden mit einer Haltung von Eigenflächen als Dauer grünland, die intensiv bestäubt werden, während Fremdflächen wenigstens dann nicht oder schlechter bestäubt werden, wenn den Imkern kein Entgelt für die Bestäubungsleistung gezahlt wird. Gerade bei dem schon jetzt feststellbaren Fehlen von Bienen in der Fläche können der Wegfall von Verdienstchancen bei einer größeren Völkerzahl im Rahmen der Pauschal gewinnermittlung oder die bei pauschaler Gewinnermittlung nicht mehr möglicher Mitgliedschaft in der Altershilfe für Landwirte und gegebenenfalls der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung Umstände sein, die festgestellten Missstände zu verschärfen. Während nach bisherigem Recht und bei allen anderen in der Anlage 1a zu § 13a EStG vorgesehenen Sondernutzungen auch nach neuem Recht die gemäß § 13a EStG steuerfreie Sondernutzung für den Pauschalgewinnbeitrag etwa vervierfacht werden konnte und kann, bei der Imkerei lag das Verhältnis bei 166 : 50 = 3,32 zu 1, erlaubt die Anlage 1a zu § 13a EStG eine Vermehrung der Bienenvölker nur von 30 auf 70, also einen Zuwachs auf 7/3. Wenn dieser nur bei der Imkerei geringere mögliche Zuwachs nicht durch vergleichsweise stärkere Restriktionen der übrigen Sondernutzungen bei der Steuerfreiheit ausgeglichen werden, steuerfrei können heute nur 30 Bienen völker anstelle von 50 Bienenvölker früher gehalten werden, die Restriktionen bei den übrigen Sondernutzungen müssten schwerer wiegen, dann wird die Bienenhaltung trotz der Bedeutung der Biene als Nutztier gegenüber anderen Sondernutzungen sogar benachteiligt.