Wohlwends Blinddate mit dem Club of Rome
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Wohlwends Blinddate mit dem Club of Rome
STADT l der landbote D IENSTAG, 22. APRIL 2008 l 11 INTERNETSPIELE Menschenhandel steps#11 OnlineSucht: Jugendliche können die Kontrolle über ihr Spielverhalten verlieren seite 14 Freispruch: Weil zwei Zeuginnen ausgeschafft statt verhört wurden seite 13 last touch first: Das Tanzstück macht Inneres sichtbar seite 17 Wohlwends Blinddate mit dem Club of Rome Der Coup ist perfekt: In fünf Wochen haben es Stadtpräsident Ernst Wohlwend und Mäzen Robert Heuberger geschafft, den Club of Rome nach Winterthur zu lotsen. «Ich bin der mit dem grauen Schnauz.» Stadtpräsident Ernst Wohlwend wollte nichts dem Zufall überlassen, als er sich mit Eberhard von Koerber verabredete. Der Politiker und der Kopräsident des Club of Rome hatten nur kurz miteinander telefoniert. Schon tags darauf wollten sie sich aber persönlich sehen, um einen Umzug der Denkfabrik an die Eulach anzudiskutieren. Mit dabei: Robert Heuberger. Der Immobilienunternehmer (Siska Heuberger Holding AG) und Mäzen, der sich zusammen mit seiner Frau Ruth immer wieder für wohltätige Zwecke engagiert, war bereit, das Geld für die Neuansiedlung einzuschiessen. Gleich in die Stadt verliebt Das Blinddate der drei Männer am Hauptbahnhof fand vor fünf Wochen statt. Und es hat bei von Koerber einen bleibenden Eindruck hinterlassen, wie er gestern vor den Medien sagte: «Dass mich die Winterthurer persönlich von der S-Bahn abgeholt haben, zeugt von einem Stil, den man andernorts nicht Aufbau seiner Aktivitäten zur Verfügung. Das fünfjähre Engagement ist nicht an Bedingungen geknüpft. Vom jährlichen Beitrag von 360 000 Franken fliessen 60 000 Franken als Mietzins an die Siska zurück, der das Geschäftshaus gehört. Laut Heuberger sei das günstig. Marktüblich wären 100 000 Franken. Später will sich der Club wieder selber finanzieren. Er plant, dafür eine Stiftung aufzubauen. Die Stadt hilft ihm dabei. «Das ist eine grosse Ehre» Sie verstanden sich auf Anhieb: Eberhard von Koerber vom Club of Rome (l.) und Stadtpräsident Ernst Wohlwend. Bilder: Urs Jaudas antrifft. Das hat mich gleich von der Stadt überzeugt.» Weitere Überzeugungsarbeit habe vor allem Wohlwend geleistet, der «unaufgefordert und unbedrängt» auf ihn zugekommen sei. Die Verhandlungen waren geheim. Schliesslich bemühten sich auch Zug, Madrid oder Stockholm um den Club. Selbst Zürich, dessen Stimmvolk eine Anschubfinanzierung von 1,8 Millio nen knapp abgelehnt hatte, buhlte weiter um die Vereinigung von Wis- senschaftlern, Wirtschaftsleuten und Politikern aus aller Welt. In Winterthur wurde nur eine Handvoll Leute in die Pläne eingeweiht. Als Wohlwend zwischenzeitlich die Gesamtregierung darüber informierte, soll er fast ausgelacht worden sein. Doch letzten Freitag war der Deal perfekt. Das Exekutivkomitee stimmte dem Vorhaben zu, den Hauptsitz des Club of Rome von Hamburg nach Winterthur zu verlegen und dort ein weltweit tätiges Zentrum für Zukunftsfragen aufzubauen: K Der Club of Rome bezieht eine 375 Quadratmeter grosse Büroetage im Siska-Geschäftshaus «Apollo». An der Lagerhausstrasse 9 sollen erst fünf und später 20 Mitarbeitende beschäftigt sein – plus Doktoranden und Praktikanten. K Die Stiftung von Ruth und Robert Heuberger stellt dem Club of Rome insgesamt 1,8 Millionen für den «Ausschlaggebend war die Schnelligkeit» Grosszügige Spende: Robert Heuberger. Die Finanzierung geschehe nicht aus Eigeninteresse, sagt Immobilienkönig und Lokalpatriot Robert Heuberger. Stadt Zürich verworfen wurde, rief ich unseren Stadtpräsidenten an. Er hat mit enormem Einsatz und Verhandlungsgeschick alles Weitere in die Wege geleitet. waren wir aber die schnellsten. Und – das ist auch wichtig – Herr von Koerber hat sich mit dem Stadtpräsidenten und mir auf Anhieb sehr gut verstanden. Robert Heuberger, Sie und Ihre Frau leisten mit Ihrer Stiftung für den Club of Rome eine Starthilfe von 1,8 Millio nen Franken. Warum? Robert Heuberger: Ich konnte es beim besten Willen nicht verstehen, dass eine so reiche Stadt wie Zürich den Club of Rome nicht unterstützen wollte. Die Gruppe von wichtigen globalen Entscheidungsträgern, die sich für eine ökologische und nachhaltige Zukunft starkmacht, sollte jede Unterstützung bekommen, die sie braucht. Als ich am 24. Februar in den Nachrichten vernahm, dass die Anschubfinanzierung durch die Was springt für Sie dabei heraus? Ich mache es nur für die Stadt, denn der Club of Rome wird den Namen Winterthur in alle Welt tragen. Es ist also auch eine Prestigefrage. Der Club wird hier ausserdem Leute beschäftigten. Sie haben sich stets dagegen ausge sprochen, dass Winterthur ein grosses Kongresszentrum braucht. Eine Fehl einschätzung, nachdem wir nun eine global bedeutende NGO in Win terthur beheimaten? Nein, ich glaube nicht, dass es ein grosses Kongresshaus braucht. Nach Zürich ausweichen ist auch nicht nötig, unser Hotel Banana City eignet sich für solche Veranstaltungen bestens. Und ja, natürlich hat die Siska auch etwas davon: Die Banane kann werbetechnisch profitieren, wenn der Club of Rome hier in Winterthur Kongresse abhält. lINTERVIEW: KARIN LANDOLT Glauben Sie, Ihre Anschubfinan zierung allein hat den Ausschlag für Winterthur gegeben? Nicht das Geld allein. Schliesslich waren meines Wissens auch die Städte Madrid und Stockholm am Zuzug des Clubs interessiert. Abgesehen von der guten Verkehrsverbindung Ernst Wohlwend freut sich sehr, dass Ruth und Robert Heuberger den prominenten Zuzug möglich gemacht haben. «Wir hätten die Mittel dafür nicht gehabt.» Geradezu euphorisch heisst er, der die Sache eingefädelt hat, die Denkfabrik in der Stadt willkommen: «Das ist eine tolle Sache und eine grosse Ehre für unsere Stadt.» Dass sich eine Organisation mit so grossem Renommee hier niederlasse, stärke Winterthurs Position im Wettbewerb der Regionen. «Der Club of Rome hilft uns auf dem Weg nach oben.» Wichtige Impulse zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung würden nun von der Stadt ausgehen. Die Ziele des Clubs stünden aber auch im Einklang mit der stadträtlichen Politik, die den verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen fördere. lPATRICK KÜHNIS lWeitere Berichte auf Seite 12 Ruth Heuberger gab ihren Segen Laut «Bilanz» sind die Heubergers mit einem Vermögen, das auf 300 bis 400 Millionen geschätzt wird, die reichsten Winterthurer. Die Erfolgsgeschichte der Familie startete 1954. Seither verzeichnet ihre Siska-Holding wachsende Gewinne. Einen Teil davon setzen Ruth und Robert Heuberger «für gemeinnützige, kulturelle und wissenschaftlich orientierte Zwecke» ein. Das Stiftungskapital beträgt 2,5 Millionen. Für den Club of Rome wird es um weitere 1,8 Millionen aufgestockt. «Meine Frau ist Vizepräsidentin der Siska und achtet stets darauf, dass ich keine Dummheiten mache», sagt der Patron. Mit der Unterstützung des Club of Rome sei sie sofort einverstanden gewesen. (kal) club of rome in winterthur: Die REAKTIONEN Elmar Ledergerber, Stadtpräsident Zürich Nach dem verlorenen Abstimmungs kampf am 25. Februar zeigte sich Zü richs Stadtpräsident Elmar Ledergerber enttäuscht: Die Organisation Club of Rome sei zwar für die Existenz von Zü rich nicht fundamental wichtig. Es wäre aber ein schönes Zeichen gewesen, die se prominente Stimme der Klimapolitik in Zürich zu haben, sagte er. Kopräsident Eberhard von Koerber habe Ledergerber über den künftigen Sitz des Club of Rome informiert, wie gestern an der Presse konferenz bekannt wurde. Ledergerber habe von Koerber gesagt, er habe zwar eine Träne im Knopfloch, aber er gratu liere Winterthur. «Diese Stadt hat es verdient.» Offiziell hiess es gestern von der Stadt Zürich: «Mit Winterthur hat der Club of Rome eine gute Wahl im Metro politanraum Zürich getroffen. Natürlich hätte die Stadt Zürich den Club of Rome gerne hier an der Limmat begrüsst. Von der jetzigen Standortwahl wird die Stadt Zürich aber auch profitieren.» Susi Gut, Gemeinderätin Zürich, Partei für Zürich Susi Gut bekämpfte mit ihrer Kleinst partei, einer Abspaltung der Zürcher SVP, die finanzielle Unterstützung aus der Zürcher Stadtkasse für den Club of Rome mit politischen Mitteln. Nun ist die Zürcher Gemeinderätin zufrieden, dass der neue Hauptsitz des Clubs Winterthur und nicht Zürich heisst. «Das zeigt, dass sich Private finden, die eine Anschubfi nanzierung von 1,8 Millionen Franken leisten können.» Und, ein weiterer Vor teil: Künftig müsse sie das Budget der Stadt Zürich nicht so genau unter die Lupe nehmen. «Es hätte sonst die Ge fahr bestanden, dass der Club of Rome versteckt subventioniert worden wäre.» Überrascht ist Gut nicht über den Ent scheid für Winterthur: «Die gehen dort hin, wo das Geld ist, das war mir auch im Abstimmungskampf klar.» Gut wirft dem Club vor, er hätte Zürich zwar immer ge lobt, jetzt aber, wo er die Anschubfinan zierung in Winterthur erhält, sich von Zü rich abgekehrt. Marianne Zehnder, Gemeinderätin Zug, Alternative Kurz nachdem die Zürcher die Anschubfi nanzierung an der Urne abgelehnt hatten, bemühte sich die Zuger Gemeinderätin Marianne Zehnder, Fraktionschefin Alter native-CSP, um den Club of Rome. Zehn der reichte eine Dringliche Motion ein, die den Stadtrat beauftragte, Kontakte zum Club of Rome zu knüpfen. «Es wäre Zug gut angestanden, diese renommierte Or ganisation in der Stadt zu beheimaten», sagt Zehnder, die in Winterthur arbeitet. In Zug hätten viele internationale Firmen ihren Sitz, die ihr Geld in ärmeren Län dern verdienten. «Es ist uns Alternativen ein Anliegen, diesen Ländern etwas zu rückzugeben.» Schliesslich sei Zug ein wichtiger Handelsplatz für Kaffee und Erdöl. Zehnder beneidet die Winterthu rerinnen und Winterthurer um das Enga gement von Robert Heuberger: «Es ist schade, dass die Zuger nicht so schnell reagiert haben und sich kein Privater für den Club interessiert hat.» (ea)