CHARTERQUALITÄTS - UMFRAGE der Zeitschrift YACHT 2011

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CHARTERQUALITÄTS - UMFRAGE der Zeitschrift YACHT 2011
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Segelspaß trotz älteren Baujahrs: Charteryacht auf Mittelmeertörn
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UMFRAGE CHARTERFLOTTEN
Charter-Qualität
Wo kann man ältere Yachten mieten, ohne Abstriche an Technik, Sauberkeit und
Optik machen zu müssen? Die Hitliste der zwölf größten deutschen Agenturen
E
FOTOS: G. MARTIN-RAGET (L.), B. MÜLLER (R.)
s ist eine heikle Frage, die sich jedem
Mittelmeer-Charterer stellt, der auf
der Suche nach einem guten und dennoch günstigen Schiff ist: Taugt die angebotene Yacht noch etwas, auch wenn sie nicht
mehr gerade neu ist? Oder muss man sich
auf Unannehmlichkeiten einstellen wie müffelnde Nasszellen, technische Defekte, ausgelutschte Segel, spakige, durchgelegene
Polster, schwächelnde Batterien?
Immer mehr Crews fragen mittlerweile
nach ein bis maximal drei Jahre alten Schiffen. Der Markt kann diese Nachfrage längst
nicht mehr decken. Gerade infolge der Krisenjahre 2008 und 2009, in denen relativ wenig neue Schiffe in die Flotten kamen, müssen Kunden in der Hochsaison oder eben,
wenn sie den günstigsten Preis wollen, auch
Schiffe akzeptieren, die vier, fünf Jahre oder
noch viel älter sind.
Das ist auch kein Problem, vorausgesetzt,
man geht zum richtigen Anbieter. Es gibt eine ganze Reihe Firmen, bei denen Yachten
sieben, acht oder gar mehr als zehn Jahre in
Charter laufen und die dennoch perfekt in
Schuss sind. Und zwar sowohl hinsichtlich
der Technik als größtenteils auch hinsichtlich
der Optik. Man muss sie nur kennen.
Naturgemäß ist das der Job einer guten
Charteragentur: Sie sucht gemäß der Vorgaben des Kunden aus der schier unüberschaubaren Zahl der Flotten im Ausland ent-
sprechende Stützpunkte heraus. Das ist beim
ständigen Preisdruck im Wettbewerb nicht
immer einfach. Wer aber die Vermittler nach
den wirklich außergewöhnlichen Firmen mit
gepflegten Schiffen fragt, erhält oft ähnliche
Antworten.
Schon 2008 fragte die YACHT die führenden Agenturen in Deutschland, welche Firmen die besten wären, wenn es darum geht,
Schiffe zu chartern, die fünf Jahre oder älter
sind. Welche Flotte bietet so gute Qualität,
dass Vermittler einen Stammkunden ohne
Bedenken dorthin schicken würden?
In diesem Jahr haben wir die Umfrage
wiederholt – und tatsächlich gibt es sowohl
erstaunliche Veränderungen im Markt als
auch offensichtlich extrem stabile Anbieter.
Auffällig bei den Ergebnissen (siehe Tabelle auf Seite 30): Viel mehr Agenturen als
beim letzten Mal sagten, dass die Vermittlung solcher älterer Schiffe wieder normaler
Alltag sei. Beispielsweise Gundel Brabetz von
Brabetz Yachting: „Ich habe die älteren Yachten wieder verstärkt in meinen Katalog aufgenommen, die Kunden sind wieder mehr
an den Schiffen interessiert.“ Das bestätigt
Udo Brockmann von der Berliner Agentur
B+R Yachting: „Wir vermitteln anteilsmäßig
mittlerweile deutlich mehr Schiffe, die älter
sind als zwei, drei Jahre. Mit den richtigen
Partnerfirmen ist das gar kein Problem.“ Es
gebe allerdings auch reichlich Flottenbetrei-
ber, bei denen drei, vier Jahre alte Yachten so
schlecht gewartet seien, dass diese guten
Gewissens eigentlich nicht vermittelt werden könnten.
Erfreulich, dass die Zahl der Stützpunkte,
die von den Agenturbesitzern lobend hervorgehoben wurden, deutlich gestiegen ist:
von 17 auf nun 27 Firmen. In die Übersicht
gelangten dabei nur Flottenbetreiber, die
mindestens von zwei Agenturen empfohlen
wurden.
Ein Grund für den Anstieg sehen viele in
besseren Qualitätskontroll-Verfahren, die
manche Anbieter etabliert haben. Und auch
der härtere Wettbewerb mache dies nötig.
Ganz offen erklärten einige Agenturbesitzer,
dass sie Firmen, bei denen zu viele Kunden
verärgert zurückkommen, die Pistole auf die
Brust setzen: Qualität steigern, oder die Flotte fliegt aus dem Programm! Genügend andere Partner seien als Alternative schließlich
an vielen Standorten vorhanden.
Wie schon bei der Erhebung vor drei Jahren ist klar zu erkennen, dass es erstaunliche
Unterschiede von Revier zu Revier gibt. „In
der Türkei beispielsweise ist die Qualität der
Yachten so hoch wie in keinem anderen
Land. In Frankreich dagegen haben die Anbieter seit Jahren ein Problem, und es wird
einfach nicht besser“, erklärt Daniel Barone
von Barone Yachting. Die Wartung der Schiffe sei schwach, weshalb viele Agenten im
„Wir überholen jedes Jahr alle
Toiletten und Ankerwinschen. Allein
der Motor hat 65 Checkpoints. Der
Aufwand lohnt sich – auch für uns“
Ivica Buble, Dalmatia Charter
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Firmen mit älteren, aber bestens gepflegten Yachten
Wir haben die führenden deutschen Charteragenturen gefragt, welche Flottenbetreiber Qualität auch für Schiffe
bieten, die fünf Jahre und älter sind. Diese Anbieter wurden von mindestens zwei Agenturen empfohlen
Firmenname
Land/Stützpunkte
Bootstypen
Anmerkungen
Adriatic Yachtcharter
Kroatien/Pomer, Sibenik u. a.
Bavaria, Oceanis, Elan
Bestsail-Mitglied
Athenian
Griechenland/Athen, Lavrion,
Kos, Skiathos, Levkas, Syros
Jeanneau, Lagoon
Bis zu 10 Jahre alte Yachten
Bavadria
Kroatien/Split
Bavaria
Bis zu 12 Jahre, meiste jüngere Yachten
BBS
Türkei/Fethiye
Bavaria, Oceanis, Dufour
Bis zu 10 Jahre alte Yachten
Boomerang
Italien/Sardinien
Oceanis, Cyclades u. a.
Maximal 9 Jahre alte Yachten
Buechi
Italien/Elba
Bavaria, Sun Odyssey
Maximal 9 Jahre alte Yachten
CM-Charter
Spanien/Mallorca (Pollensa)
Oceanis, Bavaria
Maximal 6 Jahre alte Yachten
Dalmatia Charter
Kroatien/Trogir, Primosten
Bavaria, Oceanis, Cyclades
Maximal 10 Jahre alte Yachten
Ecker Yachting
Kroatien, Griechenland, Türkei
Bavaria, Oceanis, Sun
Odyssey, Kats
Nur Direktanbieter, meist maximal
8 Jahre alte Yachten
EGG
Türkei/Göcek
Bavaria, Sun O., Ocean., Kat
Maximal 10 Jahre alte Yachten
Euronautic
Kroatien/Biograd, Split
Sun Odyssee, Bavaria
Bis zu 12 Jahre alte Yachten
Frankonia
Türkei/Bodrum, Fethiye u. a.
Bavaria, Nautitech-Kats
Älteste Yachten 11 Jahre
Il Gabbiano
Italien/Sizilien
Oceanis, Cyclades, Sun Odys.
Bis zu 10 Jahre alte Yachten
Ionische Yacht Charter
Griechenland/Preveza
Bavaria
Maximal 10 Jahre alte Yachten
Kiriacoulis
Frankreich/Bormes-l.-Mimosas
Bavaria, Dufour, Sun O., Kats
Nur dieser Stützpunkt empfohlen
Kroki
Kroatien/Sukosan
Oceanis, Sun Odys., Elan u. a.
Älteste Yachten 10 Jahre alt
Latitude Cero
Spanien/Mallorca
Bavaria, Oceanis
Bis zu 12 Jahre alte Yachten
Nautikonrad
Spanien/Mallorca
Bavaria, Sun Odyssey
Maximal 7 Jahre alte Yachten
Navigare Yachting Adria
Kroatien/Split, Sibenik
Bavaria, Cyclades, Salona
Maximal 8 Jahre alte Yachten
North Sardinia Sail
Italien/Sardinien, Toscana
Bis zu 11 Jahre alte Yachten
Offshore
Türkei/Marmaris
Jeanneau, Beneteau, Bav., Kats
,
Sun Odys., Gib Sea, X, Kats
„Golden Oldies“ bis zu 14 Jahre alt
Olympic Yachting
Griechenland/Lavrion
Bavaria
Bis zu 10 Jahre alte Yachten
Parallelo 43
Italien/Toscana, Sardinien
Sun Odyssey, Cyclades
Maximal 8 Jahre alte Yachten
Pitter
Kroatien, Biograd, Murter u. a.
Bavaria, Sun Odys., Kats
Maximal 10 Jahre alte Yachten
Skorpios
Griechenland/Nidri, Lefkas
Bavaria, Dufour, Sun Odys, Kat
Kleine Flotte, maximal 12 Jahre alt
Sun Charter
Griechenland/Korfu, Italien/
Elba, Spanien/Mallorca, Türkei
Jeanneau, Fountaine Pajot
Bis zu 8 Jahre alte Yachten
WPS
Griechenland/Korfu
Bavaria, Lagoon
Bis zu 14 Jahre alte Yachten
An der Befragung nahmen teil: Argos Yachtcharter, Barone, B+R Yachting, Charterwelt, Charter-Transparenz, Gundel Brabetz, KH+P Yachtcharter, Master Yachting,
Sarres-Schockemöhle Yachting, Scansail, Trendsailing, Windrose
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UMFRAGE CHARTERFLOTTEN
„Konsequente Wartung sowie
Beseitigung von Schwachstellen
der Schiffe ist Voraussetzung für
eine reibungslose Saison“
Marko Basialekos, Olympic Yachting Lavrion
Revier ausschließlich auf mehr oder weniger
neue Yachten setzen müssten.
Alternativ kann man ins französische Revier hinübersegeln: „Vor allem, wenn Crews
nach Korsika wollen, empfehlen wir, von Elba oder Sardinien aus zu starten, wo es genug qualitativ zuverlässige Stützpunkte gibt“,
so Andreas Barbera von der Agentur Master
Yachting aus Sommerhausen.
Immerhin – im Gegensatz zu 2008, als
es keine einzige französische Firma auf die
Empfehlungsliste schaffte, ist diesmal eine
dabei, wenn auch mit den erforderlichen
zwei Nennungen denkbar knapp. Es ist die
Kiriacoulis-Basis in Bormes-les-Mimosas.
Eine Überraschung, zumal der Großanbieter
aus dem Mittelmeer ansonsten weder 2008
noch 2011 mit einem anderen Stützpunkt in
der Erhebung aufgeführt ist.
Die Erklärung für das positive Abschneiden an der Côte d’Azur: „Der Basisleiter dort
ist einfach eine Ausnahmeperson, der hat
den Laden exzellent im Griff“, betont Thomas Scheutzel von der Agentur Trend-Sailing. Dem pflichtet sein Kollege Axel Düllberg
von Charter-Transparenz bei.
Ein bekanntes Phänomen in der Branche: Das Niveau steht und fällt häufig mit
dem Technik-Chef vor Ort. Zwei weitere Beispiele: Neu in der Liste ist der Stützpunkt des
kleinen Anbieters WPS auf Korfu. Dessen
Leiter hatte bislang eine der erfolgreichsten
Basen in der Ägäis geführt. Nach einer Meinungsverschiedenheit mit der dortigen Geschäftsführung wechselte er den Standort
und machte die neue Firma auf. Von der sind
viele Agenten trotz teils zehn Jahre alter
Schiffe in kürzester Zeit begeistert, weil die
Qualität stimmt. Ähnliches gibt es aus der
Adria in der Marina Kastela bei Split zu vermelden. Dort hat ein Basisleiter nach Streitigkeiten mit dem alten Arbeitgeber die eigene Firma Navigare Adria aufgemacht. Auch
sie wird von vielen Agenten sehr gelobt.
Die meiste Bewegung ist – wenig erstaunlich – in Kroatien zu verzeichnen, dem für
Charterfirmen wohl härtesten Markt. Es gibt
fast 4000 registrierte Charteryachten und
entsprechend viele Flottenbetreiber, die sich
einen unerbittlichen Preiskampf liefern. In
keinem anderen Revier wurden mehr Unternehmen von Agenten empfohlen, die es am
Ende jedoch aufgrund nur einer einzigen
Nennung nicht in die Tabelle schafften.
Neben den genannten Veränderungen
ist aber auch Stabilität zu beobachten. Und
zwar an der Spitze. In der vergangenen
FOTOS: YACHT/A. FRITSCH, M. AMME (5 R. U.)
Beispiele für schlechte Pflege von Charteryachten
Ein kaum noch ablesbarer
Plotter im Cockpit einer Yacht
Fleckige, müffelnde Polster im
Salon, klamm vor Salzwasser
Roststellen inklusive alter, unverspachtelter Schraublöcher
Spak und Schimmel im Stoff
von Sprayhoods und Biminis
Der Lack ist ab: Altersspuren
auf den Niedergangsstufen
Rissige, zerkratzte Luken – oft
aber nur ein optischer Makel
„Angefressene“ Badezimmerspiegel sind nicht schön
Gefährlich: Elektrolyse-Loch
im vier Jahre alten Seeventil
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„Einmal im Jahr gibt es ein Treffen
der Stützpunktleiter, da werden
Schwächen ausgemerzt und viele
gute Lösungen gefunden“
Heinz Helbig und Corrine Brunet vom Sun-Charter-Stützpunkt Korfu
Umfrage war die Basis der Firma Offshore in
Marmaris das mit Abstand am meisten hervorgehobene Unternehmen. Diesmal musste man sich zwar knapp geschlagen geben
und landete auf Platz zwei. Dennoch zählt
man weiterhin zu den Top-Anbietern. Verchartert werden überwiegend Jeanneaus, im
Programm sind aber auch ältere Yachten
von Beneteau, X-Yachts oder Dufour.
Um eine Nennung besser war der deutsche Anbieter Sun Charter mit Stationen auf
Mallorca, Elba, Korfu, in der Türkei und neuerdings auch auf Sardinien. Bis auf zwei Agenturen empfahlen alle die Süddeutschen aus
Wolfratshausen, die eine reine Jeanneau-Flotte betreiben und bis zu acht Jahre alte Schiffe
im Bestand haben. Die Empfehlungen galten ausdrücklich für alle fünf Stützpunkte.
2008 hatte Sun Charter ebenfalls schon weit
vorn rangiert, auf Platz drei.
Für eine Überraschung gut ist hingegen
der griechische Anbieter Olympic in Lavrion. Er war zwar schon 2008 mit dabei, hat
nun aber einen Sprung nach vorn gemacht
und es um ein Haar auf den zweiten Platz
geschafft. Die Firma setzt seit Jahren auf eine
reine Bavaria-Flotte, die Schiffe sind bis zu
zehn Jahre alt.
Bemerkenswert auch das diese Mal erfreuliche Abschneiden des kroatischen Familienbetriebs Dalmatia Charter in Trogir.
2008 hatte es der Anbieter noch nicht ganz
bis auf die Liste geschafft, nun überzeugt er
gleich 60 Prozent der befragten Charteragenten restlos. Auch bei Dalmatia Charter sind
bis zu zehn Jahre alte Boote im Einsatz.
Um einen Eindruck von den besonders
hervorgehobenen Flotten zu bekommen,
hat die YACHT die Stützpunkte von Sun
Charter auf Korfu, Dalmatia und Olympic
selbst in Augenschein genommen. 2008 hatten wir Basen von Offshore, Ecker Yachting
und Pupa besucht. Wie schon damals wollten wir von den Basisleitern wissen, was nötig ist, um einen hohen Standard zu erreichen und diesen auch mit älteren Schiffen
zu halten.
Die teils ungewöhnlichen Lehren aus
dieser Befragung vor Ort sind auch für Eigner interessant. Bei Olympic Yachting in Lav-
Solarpaneele: Der Kühlschrank kann ständig laufen, ohne Sorge um die Batterien
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rion fällt ein großer Unterschied schon am
Steg auf: Alle Schiffe haben über den Biminis
drei feste Solarpaneele montiert. „Dadurch
können unsere Kunden den Kühlschrank an
Bord den ganzen Tag, also auch beim Segeln,
laufen lassen. Die ewigen Probleme mit entladenen Batterien gehören der Vergangenheit an“, erzählt Stützpunktleiter Marko Basialekos.
Auch sonst beeindruckt die bis zu zehn
Jahre alte reine Bavaria-Flotte mit ihrem außergewöhnlich guten Pflegezustand. Selbst
auf Kleinigkeiten wird geachtet, wie etwa die
schnell an den Rändern „angefressenen“ Badezimmerspiegel, die alle zwei bis drei Jahre
ausgetauscht werden. Genau wie die Toiletten samt Rohrleitungen, um eine unangenehme Geruchsbildung in den Nasszellen
zu verhindern.
Selbst auf einem der zehn Jahre alten
Schiffe tut man sich schwer, neben üblichen
Dingen wie rissigen Lukenfenstern, etwas
matt gewordenen Edelstahlteilen oder Beschlägen überhaupt die klassischen Abnutzungsspuren zu entdecken. Die Maschinen
der Yachten sind knochentrocken und sehen
makellos aus. Roststellen werden jährlich
entfernt und nachlackiert, genauso wie Macken an Holzteilen unter Deck.
Das Alter der Schiffe aller drei besuchten
Flottenbetreiber ist eher an der Elektronik
und dem Design zu erkennen: Plotter, von
denen es bereits ein Nachfolgermodell mit
größerem Bildschirm auf dem Markt gibt,
Motorbedienung der vorletzten Generation.
Oder schlicht das Rumpfdesign macht den
Unterschied: andere Fensterfronten, die kantigen Knickspantrümpfe von Jeanneau, verdeckt geführte Fallen.
Selbst bootsbauerisch rüsten die Griechen ihre Schiffe nach: „Wir laminieren über
die Ruderblätter noch eine Lage extra, da die
UMFRAGE CHARTERFLOTTEN
sonst bei leichten Grundberührungen, die
im Charterbetrieb ja häufiger vorkommen,
sonst durchaus einmal aufplatzen“, so Basisleiter Basialekos.
Auch im Detail machen die Yachten
beim Rundgang einen sehr guten Eindruck:
trockene, saubere Bilgen, aufgeräumte Backskisten, überkomplettes Werkzeug, neuwertig
wirkende Polster, dem Anschein nach makellose Seeventile und Leitungen.
Dass die guten Firmen für ihre Qualität
einen großen Aufwand betreiben müssen,
den der Kunde oft nicht auf den ersten Blick
bemerkt, erklärt Johannes Steindl. Er ist einer der Geschäftsführer und zuständig für
den technischen Zustand der Yachten bei
Sun Charter. „Bei der Erstausrüstung unserer
Schiffe machen wir enorm viel selbst, weil
die Werftstandards manchmal einfach nicht
für den harten Charteralltag gedacht sind“,
sagt Steindl. Das beginne mit höherwertigen
Ladegeräten für die Batterien, Lichtmaschi-
nen-Boostern für mehr Ladespannung, von
der Serie abweichenden Bugstrahlrudern,
speziell gefertigten Fäkalientanks, höherwertigen Seeventilen, besseren Kühlschränken
und vielem mehr. „Natürlich ist das ein großer Aufwand, auch in finanzieller Hinsicht.
Aber dafür sind die Systeme auch langlebiger und nicht so störanfällig“, berichtet der
Süddeutsche.
Das schaffe dann wieder „Luft“ für die
Pflege der Schiffe im normalen Alltag. Auf
diese Weise ließen sich Reparaturstaus vermeiden, den das Basispersonal im kurzen
mediterranen Winter kaum mehr bewältigen
könne. Alle besuchten Firmen äußerten sich
in dieser Richtung: Wer einmal in Verzug
gerät, droht angesichts von oft 20, 30 oder
mehr Schiffen langsam, aber stetig in der
Qualität nachzulassen. Die berühmten „Todo“-Listen, die viele Privateigner nur zu gut
kennen, werden dann schlicht nie ganz zuende abgearbeitet.
SO KLAPPT DAS
MANÖVER
10 Elektromodelle von 1,5 bis 16 kW
Positive Details der besten Anbieter
Eine Persenning schützt
den Außenborder
Die Ankerketten sind vorbildlich längenmarkiert
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FOTOS: YACHT/A. FRITSCH
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gegen Leinensalat in der Backskiste
Einwandfrei aussehende Bedienelemente
auf einer acht Jahre alten Jeanneau
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E-Mail [email protected]
Internet www.bukh-bremen.de
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Vetus2.55x248.i
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:58:32 Uhr
Kein Reparaturstau: Cockpit einer sieben Jahre alten Jeanneau von Sun Charter
Das aber darf nicht sein, wenn Firmen
wie Sun Charter die Yachten acht Saisons laufen lassen – oder sogar bis zu zehn Jahre wie
Olympic und Dalmatia Charter.
Um frühzeitig einem Qualitätsverlust
vorzubeugen, sei die Liste der zusätzlichen
Pflegemaßnahmen lang, wie Sun-CharterBasisleiter Heinz Helbig zu berichten weiß:
„Schäden an Holzteilen werden, wenn nötig,
neu lackiert, versprödete Displays von Logge, Lot oder Autopilot ausgewechselt, Schläu-
che von Toiletten oder Bad ersetzt, Polster
oft schon nach zwei Jahren ausgetauscht.“
Bei nicht wenigen Charterfirmen im Mittelmeer sieht das anders aus: Die Schiffe
werden ab Werft bestellt und kaum verändert in Betrieb genommen. In den folgenden
Jahren erfolgt nur die nötigste Wartung der
wichtigsten Verschleißteile, optisch verfallen
die Schiffe vor allem im Detail, da Kaufchartermodelle immer öfter nach fünf, sechs Jahren enden. Repariert wird häufig erst, wenn
ein Teil an Bord wirklich defekt ist, gern auch
während des Törns des Kunden.
Manche räumen der Crew dafür einen
Preisnachlass ein – die sich über die stillschweigenden Voraussetzungen dafür aber
längst nicht immer im Klaren ist. Erst recht
nicht, wenn die Agentur auf einen solchen
„Deal“ nicht hinweist.
Darin liegt das Dilemma der Charteragenturen: Viele Kunden gehen nur noch über
den niedrigsten Preis, verlangen aber zugleich absolute Topyachten und RundumService. Auffällig viele Agenturbesitzer gaben bei der diesjährigen YACHT-Umfrage
zu Protokoll, dass dieser unrealistische Anspruch mittlerweile fast absurde Züge annehme. Gern werde im Nachhinein auch
wegen Bagatellen gleich um ein paar hundert Euro „Wiedergutmachung“ gefeilscht.
Das Gespür vieler Segler für ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis sei kaum
noch vorhanden.
Aber Yachten wegen des Preiskampfes in
der Branche einfach langsam verfallen lassen? Das will der Kroate Ivica Buble nicht
akzeptieren. Seine Firma Dalmatia Charter
investiert deshalb ebenfalls in die Schiffe,
damit keine Probleme mit den Kunden aufkommen und diese sich dann über Kleinigkeiten ärgern oder gar um die Kaution streiten müssen.
„Darum zerlegen wir zum Beispiel alle
drei Jahre die Schaltungen der Motoren und
Bewertungsportale im Web – eine Alternative?
Was bei Pauschalreisen mit Seiten wie
Holiday-Check mittlerweile gang und
gäbe ist, steckt im Charterbereich noch
in den Kinderschuhen: Bewertungsportale, die Meinungen von Charterkunden über Flottenbetreiber und deren
Yachten sammeln. Der neueste Versuch
ist das Portal Euminia. Es beeinhaltet einen ungewöhnlichen Ansatz: Kunden
bekommen bei Firmen, die gegen Gebühr bei Euminia mitmachen, nach dem
Törn einen Fragebogen via Smartphone
zum Ausfüllen. Eine Stimmprobe soll vor
Manipulationen durch die Basis schützen, die Wertung geht postwendend an
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die Webseite. Auf diese Weise kommen
rasch viele Wertungen für eine Basis und
vor allem auch deren einzelne Yachten zustande. Der Vorteil des Portals liegt auf der
Hand: Man kann nach den am besten bewerteten Basen, aber auch nach Yacht-
typen suchen und erhält eine dezidierte Bewertung, geordnet nach den Kriterien Sauberkeit, Service, technischer Zustand und
Preis-Leistungs-Verhältnis.
Allerdings hat das Portal auch Schwächen.
So machen bislang erst etwa 25 Basis-
betreiber mit. Bei der Suche nach einer ganzen Reihe von Revieren findet die Suchmaske schlicht gar keine Schiffe, und manche Reviere sind gar nicht erst in ihr vorgesehen. Bislang liegt der Schwerpunkt
eindeutig auf Kroatien. Darüber hinaus
werden Anbieter bei zu vielen schlechten
Bewertungen nach Betreiberangaben aus
dem System genommen. Oft sind die Unterschiede damit nur noch graduell zwischen
4 und 5 Sternen. Bei einigen Probeabfragen
waren die Ladezeiten darüber hinaus recht
lang. Sind irgendwann genug Firmen dabei,
könnte das Web-Portal aber eine interessante Ergänzung zur Buchung werden.
ger Pflege gut acht Jahre oder länger laufen,
was die Rentabilität für die Eigner in Kaufchartermodellen deutlich erhöht. Ganz zu
schweigen davon, wenn dem Flottenbetreiber viele der Yachten selbst gehören.
Darüber hinaus gibt es kaum unzufriedene Crews, was Diskussionen um Erstattungen oder Auseinandersetzungen mit Agenturen überflüssig macht, die um ihre Stammkunden bangen.
Dieses Fazit lässt die Hoffnung aufkeimen, dass sich in Zukunft noch mehr Firmen
dafür entscheiden, Aufwand und Geld in
den Erhalt ihrer Flotten zu stecken. Vielleicht
erlebt die Charterbranche dann ja irgendwann mal denselben Trend wie der Automobilbereich: Dort nennt man in Ehren gealterte Modelle heute „Youngtimer“ – die Käufer
zahlen dafür bereitwillig Höchstpreise.
Andreas Fritsch
Anzeige
PA N TA E N I U S
I N S I D E R
N
E
W
S
Alles richtig
gemacht ...
www.hqhh.de
wechseln die Züge, legen auf jedes Boot zwei
Fernbedienungen für die Ankerwinsch, falls
eine infolge des Seewassers Probleme bereitet.“ Jährlich werden die Toiletten zerlegt
und mit neuen Dichtungen versehen oder
die Ankerwinsch aufwändig gewartet, um
etwa Korrosion an den Kontakten zu beseitigen. In Zukunft sollen die Crews sogar Laptops mit W-Lan-Router erhalten, um unterwegs Wetterberichte einholen zu können.
Es sind solche Kleinigkeiten der einzelnen Stationen, die in der Summe zeigen,
worin der Unterschied liegt. Denn natürlich
haben all diese Firmen auch für ihre jüngeren Schiffe oft einen bemerkenswerten Standard. 220-Volt-Inverter für Ladestrom beim
Motoren sind da häufig zu finden, sehr komplette Werkzeugkästen, selbstverfasste, exzellente Bordhandbücher mit bebilderten
Staulisten, Dingis mit festem GFK-Boden,
längenmarkierte Ankerketten, hochwertige
Klapp-Gangways und vieles mehr. Man kann
sich des Eindrucks nicht erwehren: Gelungene Detaillösungen, die man hie und da
nur vereinzelt auf anderen Schiffen sieht,
sind hier en Masse zu finden.
Dass sich der Aufwand auch für die Anbieter lohnt, bestätigen alle drei Firmen, die
wir besuchten: „Wir haben eine Auslastung
von 20 bis 23 Wochen für jede Yacht“, erzählt
Ivica Buble. Für Kroatien ein guter Wert,
viele Kunden kommen gern wieder. Außerdem können die Yachten bei derart sorgfälti-
GER11153
FOTO:YACHT/A. FRITSCH
UMFRAGE CHARTERFLOTTEN
www.pantaenius.de/sturm
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