30 Jahre Pestalozzischule
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30 Jahre Pestalozzischule
30 Jahre Pestalozzischule an der Jürgen-Schumann-Straße Jubiläumsschrift Lebenshilfe Landshut e.V. 30 Jahre Pestalozzischule an der Jürgen-Schumann-Straße 50 Jahre Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung Zum festlichen Anlass Die Pestalozzischule ist das Kernstück der Lebenshilfe Landshut, weshalb sie zu Recht das 30-jährige Jubiläum des eigenen Schulgebäudes feiert. Die zunächst kommunale Schule hatte ihren Ursprung in der Errichtung einer Hilfsschul-Sonderklasse im Jahr 1963, in der Kinder mit geistiger Behinderung auf Probe unterrichtet wurden. Mit Gründung der Lebenshilfe Landshut am 21. Dezember 1967 fand die Schule einen engagierten und fürsorglichen Begleiter, der mit Rechtskraft des Privatschulleistungsgesetzes am 1. Januar 1979 die Trägerschaft an Stelle der Stadt übernahm. Es gilt also, doppelt zu feiern. Mit der Übernahme, die eine bessere Finanzierung gestattete, entstand bald ein „staatlich genehmigtes Förderzentrum mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung“, eine heilpädagogische Tagesstätte und ein heilpädagogischer Kindergarten. Die Einweihung des neuen Schulhauses an der Jürgen-Schumann-Straße erfolgte am 15. Juli 1983. Das große Werk konnte nur gelingen, weil alle Beteiligten das „geistig behinderte Kind“ in die Mitte ihrer gemeinsamen Anstrengungen stellten. Es ging um die Wahrnehmung des Nächsten. Der Satz des Evangelisten Lukas - „er sah ihn und ging achtlos an ihm vorüber“ - sollte in unserem Lebensraum widerlegt werden. Dies wurde tatsächlich erreicht. Allen, die daran mitgewirkt haben, gilt heute Dank und Anerkennung. Für die Zukunft wünsche ich Kindern und Eltern, Lehrern und Erziehern und allen am Wohl der uns anvertrauten Kindern Beteiligten, so auch und vor allem der Politik, dass die angestrebte Inklusion (UN-Behindertenrechtskonvention 2006) ehrlichen Herzens verwirklicht werden kann. Josef Deimer, Senator h.c., Vorsitzender der Lebenshilfe Landshut e.V. Grußwort des Staatssekretärs im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus Der Mensch, wenn er werden soll, was er sein muss, muss als Kind sein und als Kind tun, was ihn als Kind glücklich macht“ – Diese Worte ihres Namensgebers hat sich die Pestalozzischule Landshut seit jeher zu eigen gemacht und ermöglicht einem jedem Kind in einer anregenden wie behüteten Umgebung die freie Entfaltung des Kindseins. In den Jahren ihres Wirkens ist die Pestalozzischule Landshut zu einer beeindruckenden Bildungseinrichtung für Kinder und Jugendliche mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung herangewachsen. Heute werden hier 139 junge Menschen in 15 Klassen der Grund-, Mittel- und Berufsschulstufe sowie in 5 Gruppen der schulvorbereitenden Einrichtung unterrichtet und in ihrer Entwicklung gefördert. Dabei hat die Pestalozzischule verschiedene sonderpädagogische Entwicklungen miterlebt. In diesen Tagen steht das wichtige Thema der inklusiven Förderung von Menschen mit Behinderung im Zentrum. Bayern geht den Weg der Inklusion durch eine Vielfalt schulischer Angebote, um alle Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen entweder an unseren spezialisierten Förderschulen oder in der inklusiven allgemeinen Schule optimal nach den individuellen Bedürfnissen und Begabungen fördern zu können. Vor diesem Hintergrund hat sich die Pestalozzischule zu einer modernen Bildungseinrichtung weiterentwickelt. Als sonderpädagogisches Kompetenzzentrum mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung unterstützt sie die allgemeinen Schulen bei der Umsetzung von inklusiver Beschulung und ist daher eine feste Größe im Bildungsangebot der Region. Ich gratuliere der Schulgemeinschaft der Pestalozzischule zu ihrem Schuljubiläum sehr herzlich und wünsche ihr auch für die Zukunft Erfolg, Schaffenskraft und viele Momente des Glücks. München, im Juni 2013 Bernd Sibler, MdL Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus Grußwort des Oberbürgermeisters der Stadt Landshut Um die Bedeutung des privaten Förderzentrums Pestalozzischule zu würdigen, sollten wir uns die Sichtweise derer zu eigen machen, die vor über 40 Jahren die Lebenshilfe Landshut gegründet haben und in deren Folge 1979 auch die Trägerschaft der Pestalozzischule übernahmen: Wir sollten nicht den Mangel sehen, den eine Behinderung mit sich bringt, sondern das, was auch Menschen mit Behinderung zu leisten vermögen. Die Pestalozzischule an der Jürgen-Schumann-Straße schafft seit dreißig Jahren ausgezeichnete Bedingungen zur Bildung und Erziehung geistig behinderter Kinder. Die Schule ist eingebettet in weitere Angebote der Lebenshilfe Landshut: Kindergärten, Heilpädagogische Tagesstätten, Landshuter Werkstätten GmbH. Die Schule verfolgt in der Nachfolge zu ihrem Namensgeber, Johann Heinrich Pestalozzi, einen ganzheitlichen Ansatz: Die Schüler bekommen nicht nur den an den Regelschulen orientierten Lernstoff vermittelt, sondern auch Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ihnen helfen, ihr Leben in größtmöglicher Selbständigkeit zu bewältigen. Bis vor über drei Jahrzehnten war die sonderpädagogische Erziehung in städtischer Hand. Rückblickend kann man sagen, dass die Übernahme dieser Aufgabe durch die Lebenshilfe ein Glücksfall für die Stadt und für die vielen Kinder war, die in der Pestalozzischule unterrichtet wurden, denn die Stadt trägt zwar zum Unterhalt der Schule bei, könnte aber nie die umfassende Förderung bieten, die die Lebenshilfe Landshut mit ihren vielfältigen Fördermöglichkeiten in allen Lebensphasen für behinderte Menschen zu leisten imstande ist. Viele engagierte Menschen haben in den vergangenen Jahrzehnten dazu beigetragen, dass Kinder mit geistiger Behinderung mit der größtmöglichen Unterstützung in Würde aufwachsen. Sie verdienen unsere Hochachtung und unseren Dank. Ich wünsche der Schule auch in Zukunft eine positive Entwicklung und die Unterstützung durch viele Menschen aus Landshut und der Region. Ihr Hans Rampf Oberbürgermeister Grußwort der Schulleitung Mit Freude und mit Stolz dürfen wir in diesem Jahr ein zweifaches Jubiläum begehen. Zum einen 50 Jahre schulische Förderung von Kindern und Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung im Raum Landshut und damit als erster Gemeinde in Niederbayern. Zum anderen können unsere Schüler seit 30 Jahren in eigenen, speziell auf ihre Bedürfnisse und Erfordernisse hin konzipierten Räumlichkeiten unterrichtet werden. Solche Jubiläen sind Anlass innezuhalten, zurückzublicken auf das Erreichte, gegenwärtige Notwendigkeiten zu reflektieren und konzeptionelle Gedanken in die Zukunft zu richten. So gilt es, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie wir langfristig unserem heilpädagogischen Auftrag gegenüber Schülern unter den sich verändernden Rahmenbedingungen gerecht werden können. Welche Wege können beschritten werden um dem berechtigten Anspruch unserer Schüler auf adäquate Förderung in einem inklusiven Schulsystem gerecht zu werden? So ein Jubiläum ist aber auch ein Anlass um von Herzen „Danke“ zu sagen. Dieser Dank gilt dem Kollegium, das mit hoher Professionalität und viel Empathie sich um die Förderung und Erziehung unserer Schüler bestmöglich kümmert und dem Elternbeirat, der unsere schulischen Aktionen über die Jahrzehnte tatkräftig und auch finanziell unterstützt und uns im offenen Austausch zur Seite steht. Dank gilt aber auch unserem Träger, der Lebenshilfe Landshut e.V., dem die Anliegen unserer Schule immer besonders am Herzen liegen, der Regierung von Niederbayern als wichtigstem Kostenträger unserer Schule und allen Kooperationspartnern mit denen wir vertrauensvoll zusammenarbeiten dürfen. Von all diesen Partnern wünsche ich mir gute Gedanken, Ideen, Einfühlungsvermögen, materielle und ideelle Unterstützung zum Wohle einer weiteren positiven Entwicklung der Pestalozzischule. Petra Strohmaier, Schulleitung Grußwort des Elternbeirates 30 Jahre Pestalozzischule ist auch für den Elternbeirat ein Anlass zurückzublicken. Auf den ersten Blick ist die Arbeit des Elternbeirates nicht anders als an allen anderen Schulen, auf den zweiten Blick zeigt sich jedoch eine spezifische Sichtweise auf „Schule“ für den Elternbeirat einer Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. An der Pestalozzischule wissen wir Eltern unsere Kinder fachlich, pädagogisch, therapeutisch und pflegerisch in guten Händen. Die Erfolgserlebnisse, die die Kinder durch Förderung und Erziehung haben, gibt vielen Eltern die Gewissheit, dass die Förderschule für die gesamte Entwicklung der richtige Weg ist. Ergänzend dazu besteht die Aufgabe des Elternbeirates an der Pestalozzischule im Besonderen in der Erarbeitung spezieller Elternveranstaltungen mit Bezug auf Situationen der Kinder und ihrer Familien. Dabei liegt dem Elternbeirat eine gelungene und intensive Kooperation mit der Schulleitung, den Lehrern und Pädagogen zum Wohle unserer Kinder am Herzen. Eine neue Herausforderung stellen die vielfältigen Möglichkeiten der Inklusion dar. Aus der Perspektive der Eltern gilt es, Möglichkeiten und Risiken für ein gelungenes Konzept im schulischen Miteinander von Kindern mit und ohne Behinderung zu bedenken und abzuwägen. Dabei sollten wir nicht vergessen, dass unsere Kinder ein Recht auf persönliche und individuelle Bildung und Förderung haben und nicht nur um der Inklusion willen in den allgemeinen Bildungseinrichtungen mit „stundenweiser, fachlicher Unterstützung beschult und aufbewahrt“ werden sollen. Als Elternbeirat freut es uns heute auf 30 Jahre Pestalozzischule zurückzublicken, in denen sich die Schule stets um eine gelungene Bildung, Erziehung und Förderung unserer Kinder verdient gemacht hat. Wir als Eltern wünschen uns weiterhin eine gute, nach allen Seiten hin offene Zusammenarbeit, um die Herausforderungen in der Zukunft gemeinsam meistern zu können. Cornelia Fröschl, Vorsitzende Elternbeirat Pestalozzischule Landshut ein Rückblick Hintergründe Die Pestalozzischule Landshut, errichtet als „Schule für geistig Behinderte“, firmiert heute als „Privates Förderzentrum mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung“. Um zu ermessen, was die Gründung dieser Schule für die Eltern, ihre Kinder und die Landshuter Bürgerinnen und Bürger bedeutete, muss man sich die vorausgegangenen historischen Hintergründen vergegenwärtigen, d.h. die nationalsozialistische Politik der Ausgrenzung Behinderter. Sie gipfelte im Reichsschulpflichtgesetz von 1938, das für die Aussonderung der Kinder mit geistigen Behinderungen die juristische Grundlage schuf. In § 11 heißt es: „Bildungsunfähige Kinder und Jugendliche sind von der Schulpflicht befreit. Als bildungsunfähig sind solche Kinder anzusehen, die körperlich, geistig oder seelisch so beschaffen sind, dass sie auch mit den vorhandenen Sonderschuleinrichtungen nicht gefördert werden können.“ Das Reichsschulpflichtgesetz von 1938 besaß nach 1945 weiterhin seine Gültigkeit, d.h., Schüler mit geistiger Behinderung galten als bildungsunfähig. Sie wurden in der Regel vom Schulbesuch befreit, wenn sie dem Leistungsanspruch der bestehenden Hilfsschulen nicht gerecht wurden. Selbst die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder hat noch im Jahr 1960 in ihrem Gutachten zur Ordnung des Sonderschulwesens die Bildbarkeit dieser Kinder als so gering angesehen, dass sie „weder in Schulen noch in Heilpädagogischen Kindergärten“ gefördert werden können. Wie groß Unwissenheit, Unkenntnis und Unsicherheiten nicht nur auf pädagogischer, sondern auch auf medizinischer Seite waren, zeigt eine überlieferte Feststellung eines Amtsarztes: “Das Kind kann nicht sprechen, also kann es auch nicht hören. Das gehört zu den Gehörlosen nach Straubing.“ Es waren vor allem die betroffenen Eltern, die mit Unterstützung von Fachleuten die Bildungssituation geistig behinderter Kinder entscheidend veränderten; ihr Ziel war die Kinder familiennah zu versorgen. Zusammengeführt wurden die Initiativen in der „Bundesvereinigung Lebenshilfe“, die im Jahr 1958 gegründet wurde. Wie alles begann In Landshut begann für Kinder mit geistiger Behinderung im Schuljahr 1963/64 mit einer versuchsweise eingerichteten Sonderklasse mit 6 Mädchen ein völlig neues Leben. Die Sonderklasse wurde von der Hilfsschul-Oberlehrerin Marianne Stampfl neben der 1. Klasse der Hilfsschule geführt. Bereits mit Beginn des Schuljahres 1964/65 wurde der Pestalozzischule (damals die Hilfsschule) offiziell eine „Lebenshilfe-Klasse“ angegliedert. Mit der Führung dieser Sonderklasse wurde die Sonderschullehrerin Brunhilde Graf beauftragt. Untergebracht war sie in der Martinsschule. Waren es zu Beginn des Schuljahres 5 Knaben und 6 Mädchen, besuchten am Schuljahresende bereits 11 Knaben und 7 Mädchen diese neue Einrichtung. Die Sonderklasse bestand aus zwei Abteilungen, von denen jede jeweils dreimal wöchentlich Unterricht erhielt. Abwechselnd waren auch Mütter beim Unterricht anwesend; sie fertigten Materialien für den Unterricht und ersetzten oft fehlende Pflegekräfte und Unterrichtshilfen. Die Zahl der Schüler begann nun kontinuierlich zu steigen. Brunhilde Graf und Nikolaus Schratzenstaller, der ab 1966 als weiterer Lehrer hinzukam, fuhren zu den Eltern nach Hause oder sprachen sie auf den Straßen der Stadt an und ermutigten sie, ihren Kindern eine schulische Bildung zukommen zu lassen. So wuchs im Schuljahr 1965/66 die Zahl der Schüler auf 17 Knaben und 9 Mädchen, im Schuljahr 1966/67 auf 22 Knaben und 22 Mädchen. Ab diesem Schuljahr wurde die Pestalozzischule (Hilfsschule) zusammen mit den nunmehr zwei Sonderklassen im ehemaligen Krankenhaus in der Oberen Länd (an der heutigen Volkshochschule) untergebracht. Im Stadtrat wurde nun auch ein Verwaltungsrat für die Sonderschule für geistig Behinderte geschaffen. Die CSU – Fraktion und der 3. Bürgermeister Josef Deimer benannten im so genannten Zugriffsverfahren Stadtrat Theo Weber als ihren Kandidaten. Die Sonderklassen der Pestalozzischule wurden von der Stadt Landshut als freiwillige Leistung errichtet, eine gesetzliche Verpflichtung bestand nicht. Die Stadt Landshut hat damit als eine der ersten Kommunen in Bayern (als erste in Niederbayern) Kindern mit geistiger Behinderung, die im gesellschaftlichen Bewusstsein überhaupt nicht existierten und von allem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen waren, ermöglicht, zum ersten Mal in ihrem Leben die Gemeinschaft mit andern zu erleben. Von der öffentlichen zur privaten Schule Eine völlig neue Situation brachte das im Jahr 1966 in Kraft getretene Sonderschulgesetz, mit dem Bayern als erstes Bundesland die Schulpflicht und damit verbunden das Recht auf Schulbesuch für Kinder mit geistiger Behinderung regelte. Während in Bayern auf der Basis des Sonderschulgesetzes in Verbindung mit dem sogenannten Privatschulleistungsgesetz überwiegend private „Schulen für geistig Behinderte“ entstanden, wurden in Landshut die Sonderklassen der Pestalozzischule durch die Entschließung der Regierung von Niederbayern ab dem Schuljahr 1967/68 eine selbständige öffentliche Schule mit der Bezeichnung: „Sonderschule für geistig Behinderte, Pestalozzischule II (G)“; die Stadt Landshut war damit Sachaufwandsträger dieser Schule. Die bisherige Pestalozzischule erhielt die Bezeichnung: Pestalozzischule I. (Leitung Rektor Hermann Goldbrunner seit 10. Oktober 1966). Mit der Leitung der Pestalozzischule II wurde Frau Brunhilde Graf beauftragt, gleichzeitig wurde sie zur Hauptschullehrerin an Sonderschulen ernannt. Die Schule gliederte sich in Unter-, Mittel- und Oberstufe. Die Schulpflicht konnte bis zum 18. Lebensjahr verlängert werden. Erst nach 1975 kam die sogenannte Werkstufe hinzu. Sie diente zur Vorbereitung auf das Berufsleben – in der Regel in einer „Werkstatt für Behinderte“ – und zur Ableistung der Berufsschulpflicht. Durch die Anbindung einer Tagesstätte nach dem Bundessozialhilfegesetz an die Schule konnte den Eltern eine Ganztagesbetreuung ihrer Kinder angeboten werden. Konrektorin Marie-Luise Stemmer (rechts außen) mit ihrer Klasse in der Ländgasse um 1980 Nach dem Umzug der Pestalozzischule I in die Willi-Geiger-Schule erfolgte eine Namensänderung in Willi-Geiger-Schule für die „Schule für Lernbehinderte“ und in Pestalozzischule für die „Schule für geistig Behinderte“. Die Entwicklung der Schülerzahlen und die räumlichen Verhältnisse waren der Anlass, einen Antrag auf Privatisierung der Pestalozzischule an die Bayerische Staatsregierung zu stellen, um auf diesem Weg den dringend notwendigen Neubau der Pestalozzischule schneller verwirklichen zu können. Die 1967 gegründete Lebenshilfe Landshut bot sich als privater Träger der Pestalozzischule an. Nach schwierigen Verhandlungen konnte in einem Vertrag zwischen Freistaat Bayern, Stadt Landshut und Lebenshilfe Landshut e.V. endlich zum 1. Januar 1979 die Privatisierung der Pestalozzischule geregelt werden. Die Stadt Landshut wurde dabei vertraglich verpflichtet, den Sachaufwand für die Schüler aus dem Stadtgebiet weiterhin zu tragen. Sie erreichte aber den Vorteil, für einen Neubau über das Privatschulleistungsgesetz eine wesentlich günstigere finanzielle Förderung zur erreichen. Eine Schule wird gebaut Bereits beim Bezug der Räumlichkeiten im ehemaligen Krankenhaus in der Oberen Länd im Jahre 1966 war den Verantwortlichen bewusst, dass es sich nur um eine Übergangslösung handeln konnte. Die Privatisierung der Pestalozzischule ab dem 01. Januar 1979 war der Startschuss für die Planung eines neuen Schulgebäudes. Besonders schwierig gestaltete sich die Suche nach einem Grundstück, das von der Größe, der Lage und dem Preis her geeignet war. Das Grundstück, auf dem die Schule schließlich gebaut wurde, war nur zum Teil im Besitz der Stadt Landshut, im Übrigen in viele kleine Parzellen aufgeteilt mit ebenso vielen Besitzern. Ein statisches Problem ergab sich zudem durch die schlechten Untergrundverhältnisse. In zähen Verhandlungen konnte die Stadt Landshut die notwendigen Grundstücke erwerben und für den Neubau zur Verfügung stellen. Die Planung der Schule hätte üblicherweise über einen öffentlichen Wettbewerb erfolgen müssen. Um dem dringenden Wunsch der Lehrkräfte zu entsprechen, von Anfang an in die Planung eingebunden zu sein, verzichtete die Oberste Baubehörde auf die Durchführung eines Wettbewerbs. Ein Team, bestehend aus Lehrkräften und dem Architekten Rudolf Wohlgemuth, besichtigte verschiedene neu gebaute „Schulen für geistig Behinderte“ in Bayern. Die wichtigsten Hinweise ergaben sich jeweils auf die Frage, was denn aufgrund der bisherigen Erfahrungen anders hätte geplant werden sollen. Nach intensiver Diskussion der verschiedenen Entwürfe konnte der Architekt die endgültige Planung erstellen und der Regierung von Niederbayern und der Stadt Landshut zur Genehmigung vorlegen. Geplant wurde die Pestalozzischule für 13 Klassen mit integrierter Tagesstätte, eine Schulvorbereitende Einrichtung (Heilpädagogischer Kindergarten) für vier Gruppen, dazu Funktions- und Therapieräume, eine Küche mit Speisesaal, eine Turnhalle, ein Schwimmbad mit Therapiebecken und eine Tiefgarage. Die Schulvorbereitende Einrichtung war bereits am 01. Oktober 1968 im ehemaligen Krankenhaus in Anbindung an die Pestalozzischule eröffnet worden. Nach der Auflösung der Schule in Münchnerau im Zuge der Gebietsreform stellte die Stadt Landshut das Schulgebäude für die Schulvorbereitende Einrichtung bis zum Umzug in den Neubau der Pestalozzischule zur Verfügung. Am 20. September 1980 wurde der Grundstein für den Bau der Pestalozzischule gelegt und bereits am 8. November 1982 wurde der Unterricht im neuen Gebäude aufgenommen. Ermöglicht wurde dies durch einen reibungslosen Ablauf der Baumaßnahme, durch vorbildliche Zusammenarbeit mit den Behörden und nicht zuletzt durch die jeweils rechtzeitige oder gerade noch rechtzeitige Bereitstellung der Finanzmittel aller Zuschussgeber. Im Einzelnen waren dies der Freistaat Bayern mit 12,23 Mio. DM (Staatsministerium für Unterricht und Kultus und Staatsministerium der Finanzen 11,8 Mio. DM bzw. 0,43 Mio. DM), die Stadt Landshut mit 2,45 Mio. DM und der Bezirk Niederbayern mit 0,25 Mio. DM. Hinzu kamen nicht unerhebliche Eigenleistungen der Lebenshilfe Landshut (einschließlich Aktion Sorgenkind) als Schulträger mit 1,07 Mio. DM. Insgesamt mussten 16 Mio. DM aufgebracht werden. von links: Dr. Heinz Hutter, Nikolaus Schratzenstaller, MdL Dr. Andreas Schlittmeier, Rudolf Wolgemuth, Hildegard Deimer, Josef Deimer Grundsteinlegung am 20. September 1980 Am Freitag, den 15. Juli 1983 wurde der Neubau feierlich eröffnet. Viele Gäste waren anwesend: Abgeordnete, der Regierungsvizepräsident, die Vertreter von Stadt, Landkreis und Bezirk, von Kirchen und Verbänden, die glücklichen Eltern und die am Bau beteiligten Personen und Firmen. Oberbürgermeister Josef Deimer, seit 1971 Vorsitzender der Lebenshilfe Landshut, dankte allen, die zur Verwirklichung des Neubaus der Pestalozzischule beigetragen haben. Er vergaß nicht zu erwähnen, dass den Kommunen durch die Art der Finanzierung von Privatschulen der Stadt und dem Landkreis mindestens ein Betrag von 7 Mio. DM erspart werden konnte. Er dankte für die besondere Unterstützung der Staatsregierung (Staatsminister der Finanzen Dr. Max Streibl) und lobte das außerordentliche Engagement des Leiters der Pestalozzischule Rektor Nikolaus Schratzenstaller. Schüler, Eltern, Lehrer und Betreuer waren stolz auf das gelungene Gebäude und es wartete darauf, mit Leben, Lernen, Zuwendung, Festen, Feiern, Ideen und Aktionen erfüllt und in Besitz genommen zu werden. Das Förderzentrum für geistige Entwicklung heute ▷ Berufsschulstufe (3 Jahre) ▷ Mittelschulstufe (5 Jahre) Grundschulstufe (4 Jahre) Heilpädagogische Tagesstätte ▷ Die Pestalozzischule ist heute ein staatlich genehmigtes privates Förderzentrum mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung. Die ca. 140 Schüler kommen aus Stadt und Landkreis Landshut und werden in 15 Klassen, davon 3 Partnerklassen außerhalb, unterrichtet. Sie haben in der Regel einen hohen Förderbedarf im Bereich der geistigen Entwicklung, aber auch Besonderheiten oder Behinderungen in ihrer Motorik, Wahrnehmung und Kommunikation beziehungsweise im Sozial-, Emotionalund Arbeitsverhalten. Schulvorbereitende Einrichtung (ab 3. Lbj.) Das Bildungsangebot der Schule ist breit gefächert und orientiert sich am Fächerkanon der Volksschulen. Neben dem Erwerb der Kulturtechniken, den Umgang mit zeitgemäßen Medien, der Förderung der individuellen Leistungsstärken im handwerklichen, musischen oder sportlichen Bereich ist die Entwicklung von Wahrnehmungs- und Kommunikationsmöglichkeiten ein zentrales Anliegen des Förderzentrums. Die Pestalozzischule verfolgt ein umfassendes ganzheitliches Förderkonzept, zu dessen Umsetzung ein interdisziplinäres Kollegium aus Sonderschullehrerinnen, Fachlehrern, Erzieherinnen, Heilpädagoginnen, Kinderpflegerinnen, Heilerziehungspflegerinnen, Therapeuten (Logopädie, Ergotherapie, Krankengymnastik, Psychologie), Sozialpädagoginnen und Krankenschwestern intensiv zusammenarbeitet. Der Schule ist außerdem ein Heilpädagogischer Kindergarten (Schulvorbereitende Einrichtung) angegeliedert, in dem ca. 35 Kinder mit hohem individuellen Förderbedarf in kleinen Gruppen betreut werden. Durch die integrierte Heilpädagogische Tagesstätte erhalten die Kinder und Jugendlichen darüber hinaus bei Bedarf ein ganztägiges, umfangreiches Unterstützungsangebot. Schulvorbereitende Einrichtung an der Pestalozzischule (SVE) Der Kindergarten des Förderzentrums umfasst fünf Gruppen, die jeweils von sieben bis neun Kindern im Vorschulalter besucht werden. Die Kinder erhalten dort aufgrund ihrer Behinderung beziehungsweise Entwicklungsauffälligkeiten eine intensive heilpädagogische Förderung. Dabei stehen die individuellen Entwicklungs- und Erziehungsbedürfnisse eines jeden Kindes, das bei der Entfaltung seiner Kräfte, Strärken und sozialen Kompetenzen von einem interdiszipliären Fachteam unterstützt wird, stets im Mittelpunkt. Zu den Schwerpunkten der täglichen Arbeit gehören neben dem Aufbau von Selbstvertrauen und Gemeinschaftsfähigkeit, unter anderem die Verbesserung des Sprachverständnisses, der Wahrnehmung und Bewegungssicherheit sowie in Vorbereitung auf die Schule die Förderung von Konzentration, Ausdauer und Kreativität. Der Kindergaretn legt in seinem pädagogischen Konzept großen Wert auf eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern, um eine umfassende und ganzheitliche Förderung bestmöglich umzusetzen. Unterricht an der Pestalozzischule Deutsch Lesen beginnt beim Verstehen von Körpersprache, Bildern und Symbolen. Lesen schließt neben dem Beherrschen der Lesetechnik die Erfassung des Sinngehalts mit ein. Lesen und Schreiben werden in gegenseitiger Abhängigkeit erlernt. Schreiben heißt Darstellen eigener Gedanken und Aufschreiben von Inhalten. Mathematik Mathematik ist weit mehr als das bloße Rechnen mit Formeln und Zahlen. Mathematik umfasst: Messen, Ordnen, Sortieren, Zählen, Vergleichen, Rechnen. Mathematikunterricht macht Ordnungsstrukturen erfahrbar und lehrt den Umgang und das Rechnen mit Mengen und Zahlen. Er verhilft zu mehr Selbständigkeit im Alltag über: Abwiegen, Abmessen, das Lesen der Uhr, den Umgang mit Geld etc. Sachunterricht Der Begriff „Sachunterricht“ umfasst viele einzelne Lernbereiche (z. B. Natur, gesunde Ernährung, Heimat, Medien, Verkehr, Freizeit), die oftmals auch miteinander verbunden verwirklicht werden. Dabei werden sowohl theoretisches Wissen, als auch praktische, zumeist handlungsorientierte Fertigkeiten vermittelt. Werken Der Unterricht im Werken eröffnet den Schülern die Möglichkeit, verschiedene Werkstoffe wie Papier, Ton, Holz, Metall zu erkunden, zu bearbeiten und bei der Verarbeitung Erfahrungen zu sammeln. Er leistet einen wichtigen Beitrag zur Vorbereitung auf die Arbeit in der Berufsschulstufe, zum Herausfinden von Interessen und handwerklichen Stärken und damit zur zukünftigen Teilhabe am Arbeitsleben. Unterricht an der Pestalozzischule Textiles Gestalten Textiles Gestalten ermöglicht Schülerinnen und Schülern, praktische Erfahrungen mit vielfältigen Materialien in ihrem Umfeld zu sammeln. Zu den Zielen in diesem Bereich gehört das Erlernen und Ausüben von Arbeitstechniken, die Förderung von Konzentration, Urteilsvermögen und Selbsteinschätzung, sowie die Entwicklung von Sorgfalt und Ausdauer. Sport Sich bewegen heißt, auf vielfältige Weise mit der umgebenden Umwelt in Kontakt zu treten. Sportunterricht vermittelt Bewegungserlebnisse und regt Schülerinnen und Schüler dazu an, das vorhandene Bewegungspotenzial auf vorgefundene Begebenheiten abzustimmen. Der Erwerb von Bewegungssicherheit in Alltag und Freizeit schafft Selbstbewusstsein und erleichtert soziale Integration. Kunst Kunstunterricht ermöglicht Selbst- und Welterfahrung durch Lernen mit allen Sinnen. Kunst spricht den Menschen in seiner Ganzheitlichkeit an, denn sinnvolle Wahrnehmung umfasst körperliche, emotionale und kognitive Aspekte. Sach- und Sozialkompetenz sowie das gemeinsame Lernen mit anderen werden aufgebaut und weiterentwickelt. Hauswirtschaftsunterricht Hauswirtschaftsunterricht bereitet die Schüler auf größtmögliche Selbständigkeit und eigenständige Lebensführung als Erwachsene vor. Im Rahmen des Hauswirtschaftsunterrichts findet beispielsweise wöchentlich ein Pausenverkauf durch Schülerinnen und Schüler der Mittelschulstufe statt. Hierzu gehören im Vorfeld das Errechnen der bestellten Menge sowie das Einkaufen und Zubereiten der Ware. Die Berufsschulstufe Die letzten drei Jahre ihrer Schulzeit verbringen die Schüler in der Berufsschulstufe. Diese Zeit dient der intensiven Vorbereitung auf das Berufsleben. Im „Unterricht zur Teilhabe an der Gesellschaft“ (UTG) werden die Themengebiete „Arbeit/Beruf“, „Wohnen“ und „Freizeit“ intensiv, individuell und zukunftsorientiert vermittelt. Die Schüler sollen dabei möglichst realistische Vorstellungen hinsichtlich ihrer Zukunft entwickeln und im weiteren Unterricht mit Hilfe differenzierter Kursangebote möglichst viele praktische Erprobungsmöglichkeiten bekommen. Pädagogischer Auftrag ist es, Schülerinnen und Schüler auf das Leben als Erwachsene mit größtmöglicher Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vorzubereiten. Er umfasst alle Lebensbereiche insbesondere auch die Arbeitswelt. Ziel ist es, eine berufliche Tätigkeit zu finden, die den eigenen Fähigkeiten entspricht. Voraussetzung dafür ist, Selbstbestimmung und Selbstständigkeit der jungen Menschen zu stärken und sie zu befähigen, selbst auszuwählen, zu entscheiden und eigenverantwortlich zu handeln. Alle Lernsituationen werden so gestaltet, dass sie den Erwerb von Schlüsselkompetenzen aus den Bereichen Selbstkompetenzen, sozial-kommunikative Kompetenzen und kognitive Kompetenzen kontinuierlich unterstützen und fördern. Schlüsselkompetenzen werden in verschiedenen Kontexten benötigt: zur persönlichen Lebensgestaltung, zur aktiven Mitwirkung in der Gemeinschaft, zur Teilhabe an der Arbeitswelt. Ihre Entwicklung begleitet Erziehung und Unterricht über alle Schulstufen hinweg. Beim Übergang ins Erwachsenenleben gilt es, auf diese Kompetenzen besondere Aufmerksamkeit zu richten. Die Schüler machen in den 3 Jahren, die sie in der Berufsschulstufe verbringen, intensive Praxiserfahrungen hinsichtlich des Einstiegs in das Arbeitsleben. Dazu gehören Praktika in Werkstätten für behinderte Menschen sowie in der Großküche der Schule. Grundsätzlich besteht für alle Schüler auch die Möglichkeit für ein Praktikum außerhalb von Werkstätten und Schule. Unterstützte Kommunikation Unterstützte Kommunikation ist der Oberbegriff für alle pädagogischen oder therapeutischen Maßnahmen zur Erweiterung der kommunikativen Möglichkeiten von Menschen, die nicht oder kaum über Lautsprache verfügen. Beispiele sind die Einführung von Bild- oder Symbolkarten oder einer Kommunikationstafel zur Verständigung, die Versorgung mit einem Sprachausgabegerät oder die Ergänzung der Lautsprache durch das Gebärden von Schlüsselwörtern. Bei der Unterstützten Kommunikation steht das Gelingen des Kommunikationsprozesses im Vordergrund. Menschen mit unzureichender oder fehlender Lautsprache sollen so früh wie möglich erfolgreiche Kommunikationserfahrungen vermittelt werden, damit ihre kommunikative Entwicklung nicht durch ständige Misserfolge beeinträchtigt wird. Dynavox I Pad Aktuell können sich an der Pestalozzischule mit SVE rund ein Drittel der Schüler und Kindergartenkinder für Außenstehende kaum oder nur schwer verständlich mitteilen. Diese werden mit individuell abgestimmten Hilfsmitteln versorgt. Der Einsatz von Gebärden gilt mittlerweile als Grundprinzip in Unterricht und Tagesstätte. Gebärde Pecs Tafel BABar Sprechende Taste Partnerklassen Erste Außenklasse an der Grundschule Kumhausen Im September 1996 installierte die Pestalozzischule in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Kumhausen, dem Schulamt und der Regierung die erste Außenklasse einer Schule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung in Niederbayern an der Grundschule Kumhausen. Aufgrund der intensiven und konstruktiven Zusammenarbeit der beteiligten Lehrkräfte und Mitarbeiter entwickelten sich bald vielfältige Möglichkeiten der Gestaltung von integrativem Unterricht im Heimat- und Sachkundeunterricht, der Freiarbeit sowie den Fächern Musik, Sport und Kunst. Insgesamt 12 Schuljahre lang konnte die Außenklasse in Kumhausen erfolgreich arbeiten. Zum Ende des Schuljahres 2007/08 wurde die Zusammenarbeit aus organisatorischen Gründen beendet, und es erfolgte der Umzug an die Volksschule Gündlkofen. Kumhausen 1996 Zwei Partnerklassen in Gündlkofen Seit dem Schuljahr 2008/2009 gibt es zwei Partnerklassen der Pestalozzischule an der Grund- und Mittelschule Bruckberg-Gündlkofen. Begonnen wurde die kooperative Zusammenarbeit mit einer ersten und einer fünften Jahrgangsstufe.Im Grundschulbereich stellten die an der Grundschule Kumhausen gewonnenen Erfahrungen eine wertvolle Hilfe für den Neustart dar, an die Dank des Engagements der Kolleginnen aus der Grundschule Gündlkofen erfolgreich angeknüpft werden konnte. Für den Hauptschulbereich (Jahrgangsstufen 5 – 8) mussten neue Inhalte und Anlässe für den gemeinsamen Unterricht gefunden und erprobt werden. Gemeinsam durch die Mittelschulstufe Die Partnerklasse der Pestalozzischule an der Mittelschule Gündlkofen führt die in der Grundschulzeit begonnene kooperative Arbeit fort. Die Auswahl der Themen orientiert sich am Lehrplan der Mittelschule. Je nach Thema werden einzelne Unterrichtsreihen oder Projekte miteinander gestaltet. Regelmäßiger kooperativer Unterricht findet in den Fächern Kunst und Musik statt. Aus den Fächerbereichen GSE (Geschichte/Sozialkunde/Erdkunde) und PCB (Physik/Chemie/Biologie) wählen die miteinander kooperierenden Lehrkräfte aus der großen Fülle der Themen einzelne aus. Zur gemeinsamen Erarbeitung eignen sich besonders Themenbereiche in denen experimentell und handlungsorientiert gearbeitet werden kann. Die neue Partnerklasse an der Carl-Orff-Grundschule Landshut Seit Beginn des Schuljahres 2012/13 gibt es auch eine Partnerklasse an der Carl-Orff-Grundschule, die aus Schülern im 2. und 3. Schulbesuchsjahr besteht. An der neu renovierten Grundschule wurden die Pestalozzi-Schüler von der ganzen Schulfamilie liebevoll aufgenommen und fühlten sich schnell zuhause. Mehrmals in der Woche treffen sie sich regelmäßig mit der Partnerklasse zum gemeinsamen Unterricht. Sie lernen zusammen in den Fächern Sachunterricht, Sport, Kunst, und Religion. Sportunterricht mit Partnerklasse Die Heilpädagogische Tagesstätte der Pestalozzischule Die Tagesstätte bietet Raum für unterschiedlichste Freizeitgestaltungen und die Förderung individueller Fähigkeiten und Fertigkeiten. In dieser Zeit haben die Schüler die Möglichkeit allein oder mit anderen Kindern und Jugendlichen Erfahrungen zu sammeln, Neigungen, Fähigkeiten und Interessen auszuprobieren und neue Freizeitmöglichkeiten kennenzulernen. Ein fester Bestandteil in der Tagesstätte der Grund- und Mittelschulstufe ist das Erledigen der Hausaufgaben. Wenn nötig erhalten die Schüler individuelle Hilfe, die ihnen zu weiterer Selbstständigkeit verhilft. Kreatives Gestalten, Erlernen und Vertiefen von verschiedenen Techniken und künstlerische Arbeiten gehören ebenso zur Freizeitgestaltung wie das Dekorieren und Schmücken der Räume und des Schulgebäudes zu besonderen Anlässen wie Weihnachten, Fasching , Ostern und vielen anderen. Bewegung und sportliche Betätigung an frischer Luft auf dem Spiel- und Sportplatz sind tägliche Bedürfnisse der Schüler und nehmen einen großen Anteil der Freizeit ein. Dem Alter entsprechend sind die Zeiten für Rollenspiele und andere Gesellschaftsspiele in den einzelnen Gruppen sehr unterschiedlich. In der Berufsschulstufe lernen die Schüler die selbständige Gestaltung der Freizeit und Pausen in Bezug auf das künftige Arbeitsleben. Sie finden sich in sehr individuellen Gruppen zusammen und sprechen miteinander die Freizeitgestaltung ab. Dabei sind sie selbstverantwortlich für die Raumgestaltung und die Umgangsformen untereinander. Aktivitäten zur Eingliederung in die Gesellschaft Ein wichtiger Auftrag des Förderzentrums und der Tagesstätte ist auch, den Schülern eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Lernen findet daher vielfach „außer Haus“ statt, ebenso intensive Kooperationen mit externen Partnern und Aktionen in der Öffentlichkeit. Musikkooperation mit Gymnasium Seligenthal Einige Beispiele dafür sind: • häufige Unterrichtsgänge und -fahrten zum Supermarkt, zu Bank, Post sowie der Besuch von Freizeiteinrichtungen in und um Landshut • regelmäßige Schullandheimaufenthalte aller Klassen • langjährige Kooperationen mit dem Hans-Leinberger-Gymnasium, Gymnasium Seligenthal und der Ministrantengruppe von St. Wolfgang • Kunstausstellungen mit Werken der Schüler im öffentlichen Raum, Dauerleihgaben von Schülerarbeiten für das Klinikum Landshut oder die Fachhhochschule • Veranstaltung von Weihnachts- oder Frühlingsmärkten für die Öffentlichkeit, sowie Tagen der offenen Tür Freizeitpark Ausstellungseröffnung Fahrt nach Bibione Die Pestalozzischule aus Sicht ihrer Schüler Was würdest du einem Fremden über die Pestalozzischule erzählen? das ist da, wo sich in der Früh immer die Unger-Busse stauen bei uns bleibt niemand sitzen wir lernen auch viel, aber halt anders hier habe ich viel mehr Freunde die Lehrer haben gute Ideen und viel Geduld woanders sind viel mehr Schüler in einer Klasse da gehen auch Schüler hin, die im Rollstuhl sitzen wir haben keine Noten wir haben ein eigenes Schwimmbad Was findest du besonders toll an der Pestalozzischule? wenn die Schule aus ist es gibt gute Regeln den Sportunterricht und die tollen Sportfeste unser Schüler-Café dass alle, die hier arbeiten so nett sind das gute Essen dass jeder Schüler willkommen ist wir haben eine schöne Aula, wo wir Feste feiern dass wir interessante neue Sachen lernen Was wünscht du dir für die Pestalozzischule? neue Tische und Stühle eine Rutsche im Schwimmbad keiner soll lügen ein Trampolin buntere Wände es soll nur Mitarbeiter geben, die nett sind und nicht so laut ein Pferd in der Schule ein Karussell ein neues Solla einen Neubau Warum mein Kind die Pestalozzischule besucht - Elternaussagen „Mein Sohn Leon ist 7 Jahre alt und hat das Angelman-Syndrom. Er besucht bereits das 4. Jahr die Schulvorbereitende Einrichtung der Pestalozzischule. Im Herbst wird er hier eingeschult. Wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden. Leon kann aufgrund seines Syndroms nicht sprechen lernen, er könnte in Zukunft an Krampfanfällen oder Epilepsie leiden und sein Verhalten ist ziemlich hyperaktiv. Daher ist uns die Wahl der passenden Schule für ihn sehr leicht gefallen. Keine Regelschule könnte diesen speziellen Bedarf decken, da Grundschulpädagogen dafür nicht ausgebildet sind. In der Pestalozzischule kann er sowohl Gebärden als auch Kommunikation mit Hilfsmitteln (FC-unterstützte Kommunikation) erlernen. Er wird auch niemals komplizierte Mathematik oder Rechtschreibung erlernen können. Hier in dieser Einrichtung ist geschultes Personal, das mit den Besonderheiten unseres Sohnes umzugehen weiß und auch bei einem medizinischen Notfall gekonnt eingreifen kann. Inklusion sollte nicht unbedingt nur in der Schule stattfinden, sondern vor allem im alltäglichen Leben. Leon hat zwei gesunde Brüder und ist überall mit dabei, wovon er profitiert und sich nicht ausgeschlossen fühlt.“ „Inklusion ist ein Begriff, der sich nicht immer verwirklichen läßt. Dann nämlich, wenn die Schwere der Behinderung einen geeigneteren Weg notwendig macht. Hier ist die Pestalozzischule, die durch ihr vielfältiges Angebot und die Möglichkeit, sich auf die jeweiligen Bedürfnisse der SchülerInnen einzustellen, besonders gut geeignet. Engagiertes Fachpersonal fördert und fordert die Kinder individuell. Für Leonie, ein körperlich und geistig behindertes Kind, war und ist es der richtige Weg in ein möglichst selbstständiges Leben, getragen von Zuneigung und Achtung, nicht von Mitleid.“ „Für mich war schon immer klar, Pascal soll integrativ beschult werden. Da kam mir das Modell mit der Partnerklasse gerade recht. Da hatte ich einerseits die Integration meines Sohnes in eine Regelschule und auf der anderen Seite die kleine Klasse, in der sie auch Rückzugsmöglichkeiten haben. Für uns ist diese Art der Beschulung ideal.“ Interviews mit ehemaligen Schülern der Pestalozzischule René arbeitet in der Kunststoff-Abteilung der Landshuter Werkstätten GmbH in Altdorf Wenn Sie an die Pestalozzischule zurückdenken, was fällt Ihnen als erstes ein? René: Als ich das erste Mal zum Skifahren mitgefahren bin. Das ist aber schon lange her. Was war am schönsten an der Zeit auf der Pestalozzischule? René: Die Praktika beim Herrn Geltinger in der Küche. Der Sportunterricht und die Schulmannschaft im Basketball. Was hat Ihnen nicht gut gefallen an der Pestalozzischule? René: Da fällt mir nichts ein. Haben Sie an der Pestalozzischule etwas gelernt, was Sie in Ihrem Leben besonders gut gebrauchen können? René: Rechnen und Lesen. Alexander arbeitet in der Metallabteilung der Landshuter Werkstätten GmbH in Altdorf Wenn Sie an die Pestalozzischule zurückdenken, was fällt Ihnen als erstes ein? Alexander: Dass ich Klassensprecher war. Und dass ich viele Freunde gefunden habe. Was war am schönsten an der Zeit auf der Pestalozzischule? Alexander: Der Unterricht, vor allem Beispiel die Männerstunde. Und die Praxistage. Was hat Ihnen nicht gut gefallen an der Pestalozzischule? Alexander: Da fällt mir nichts ein. Haben Sie an der Pestalozzischule etwas gelernt, was Sie in Ihrem Leben besonders gut gebrauchen können? Alexander: Ja, zum Beispiel Mathematik. Das Gebäude der Pestalozzischule wird 30 Jahre alt. Was fällt Ihnen dazu ein? Alexander: Das müsste mal renoviert werden. Ausblick Erziehung und Bildung sind wesentliche Bausteine auf dem Lebensweg eines jeden Menschen. Das Recht dazu ist glücklicherweise seit 50 Jahren für jedes Kind unabhängig von seinem Förderbedarf in unserem Land Realität. Die Errungenschaften der vorangegangenen Jahrzehnte in den Fachbereichen Sonderpädagogik, Heilpädagogik, Psychologie und therapeutischen Disziplinen sind beachtlich und werden in den vorschulischen Einrichtungen, Förderzentren und Heilpädagogischen Tagesstätten täglich erfolgreich umgesetzt. Das Erziehungs- und Unterrichtsgesetz in Bayern erweitert den Bildungsauftrag mit der Komponente der sozialen Integration und ebnet den Weg für ein inklusives Schulsystem. Die Lebenshilfe Landshut e.V. begrüßt diese Zielsetzung und wird den Weg aktiv und aufmerksam begleiten und unterstützen, derzeit bereits mit integrativen Kindertagesstätten, der interdisziplinären Frühförderstelle, Partnerklassen in Regelschulen, Schulbegleitern und der offenen Behindertenarbeit. Eine Weiterentwicklung und Öffnung unseres Förderzentrums für geistige Entwicklung wird unter Einbeziehung aller Verantwortlichen und Beteiligten in den nächsten Jahren voranschreiten. Die räumlichen Voraussetzungen dafür werden im Zuge einer baulichen und energetischen Sanierung des Gebäudekomplexes bereitgestellt. Die individuelle pädagogische und therapeutische Förderung, Fürsorge und Schutz für Kinder und Jugendliche mit einer geistigen Behinderung muss dabei immer bewahrt werden. Vorstand und Geschäftsführung, Einrichtungsleiter und Mitarbeiter werden sich auch weiterhin uneingeschränkt für eine erfolgreiche Erziehung und Bildung, aber auch für einen erfolgreichen Übergang von Schule zu Beruf, Arbeit und Wohnen einsetzen. Aufgabe und Zielsetzung der Lebenshilfe Landshut e.V. ist und bleibt die Begleitung unserer Menschen mit geistiger Behinderung, aber auch deren Angehörigen und gesetzlichen Vertreter auf einem selbstbestimmten und glücklichen Lebensweg. Dr. Hannelore Omari, Geschäftsführerin Lebenshilfe Landshut e.V. und Tochtergesellschaften Chronik Pestalozzischule 1963/64 Versuchsweise Errichtung einer Hilfsschul-Sonderklasse für geistig behinderte Schüler mit 6 Mädchen neben der 1. Klasse der Hilfsschule für Lernbehinderte in den Räumen der Nikolaschule (Lehrerin: Hilfsschul-OLin Marianne Stampfl). 1964/65 Angliederung der sogenannten „Lebenshilfe-Klasse“ an die Pestalozzischule in den Räumen der Martinsschule. Frau Brundhilde Graf wird mit der Führung dieser Klasse beauftragt. Landshut beschult als eine der ersten Städte Bayerns (als erste in Niederbayern) Schüler mit einer geistigen Behinderung. 1966 Sonderschulgesetz - Bayern regelt als erstes Bundesland die Schulpflicht und damit das Recht auf Schulbesuch für Kinder mit geistiger Behinderung. 1966 Nikolaus Schratzenstaller wird als weiterer Lehrer an Sonderschulen neben Brunhilde Graf berufen. 1966 Der Stadtrat schafft das Amt eines Verwaltungsrats auch für die Sonderschule für geistig Behinderte. Im Zugriffsverfahren wird auf Vorschlag der CSU-Fraktion und des 3. Bürgermeisters Josef Deimer Stadtrat Theo Weber benannt. 1966/67 Die Sonderschule und 2 Sonderklassen mit geistig behinderten Schülern ziehen in das „Alte Krankenhaus“ in der Oberen Länd, das von der Stadt renoviert wurde. 1967 Die Sonderabteilung der Pestalozzischule wird eine selbständige Schule mit der Bezeichnung: Sonderschule für geistig Behinderte Pestalozzischule II (G). Mit der Leitung der ersten selbständigen Schule für geistig behinderte Kinder in Niederbayern wird Brunhilde Graf beauftragt. Es werden 3 Klassen eingerichtet. 1967 Am 14. Dezember wird die „Lebenshilfe für geistig Behinderte, Vereinigung Landshut e.V.“ für das Gebiet der Stadt und des Landkreises Landshut gegründet. Zum 1. Vorsitzenden wird Egon Meesters gewählt. Die Initiative zur Gründung ging von der Schule, Brunhilde Graf und Nikolaus Schratzenstaller, aber auch vom Elternvertreter Egon Meesters aus. 1968 Eröffnung des ersten Heilpädagogischen Kindergartens Landshut, der sich in privater Trägerschaft befindet. 1968 Josef Deimer fordert mit weiteren Abgeordneten im Bayerischen Landtag „Richtlinien für die Förderung beschützender Werkstätten“ und für das Haushaltsjahr 1969 erste Haushaltsansätze. 1969 Josef Deimer fordert als Abgeordneter des Bayerischen Landtags und als 3. Bürgermeister die „Gleichberechtigung für Sonderschulen“. 1971 Oberbürgermeister Josef Deimer wird zum ersten Vorsitzenden der Lebenshilfe gewählt und Egon Meesters übernimmt die Leitung der Landshuter Werkstätten. 1974 Beginn der pädagogischen Frühförderung (Kinderhilfe Landshut) 1975 Gespräch Josef Deimer mit Kultusminister Prof. Hans Maier über Möglichkeiten der Errichtung einer Sonderschule durch den Verein Lebenshilfe Landshut e.V. [LZ vom 21.01.1975] 1979 Die Pestalozzischule wird ab Januar in privater Trägerschaft der Lebenshilfe Landshut geführt. Ab September übernimmt Nikolaus Schratzenstaller die Leitung. 1980 Grundsteinlegung für den Neubau der Pestalozzischule mit heilpädagogischem Kindergarten und Tagesstätte 1982 Bezug der Pestalozzischule im November 1983 am 15. Juli Einweihung der neuen Pestalozzischule 1988-93 Modellversuch: gemeinsamer Sportunterricht mit der Hauptschule Ergoldsbach 1995 Erste Kindergartengruppe der SVE wird in Preisenberg-Kumhausen integrativ geführt 1996 Erste Aussenklasse an der Grundschule in Kumhausen bis 2008 - erstmals in Niederbayern 1996 Zwei Kindergartengruppen der SVE werden gemeinsam mit dem evangelischen Kindergarten Arche Noah integrativ geführt. 2000 Beginn der langjährigen Theaterkooperation mit dem Hans-Leinberger-Gymnasium 2001 Rektor Nilkolaus Schratzenstaller, gleichzeitig Geschäftsführer der Lebenshilfe geht in Pension. Seine Nachfolge tritt Petra Strohmaier an. 2002 Der Garten der Schule wird erweitert, das Theatron, ein Basketball - Platz und Spielgeräte für Kindergartenkinder und Schüler kommen hinzu. 2005/06 Mit 169 Schülern und 18 Klassen erreicht die Schule ihre höchste Schülerzahl seit ihrem Bestehen. 2008 Die Aussenklasse (jetzt Partnerklasse) wechselt von Kumhausen nach Gündlkofen. Zu der Klasse im Grundschulbereich wird eine 2. Partnerklasse im Hauptschulstufenbereich an der Hauptschule in Gündlkofen gebildet. 2011 Übernahme der Trägerschaft einer integrativen Kindertagesstätte in Pfeffenhausen 2012 Nach behindertengerechter Sanierung der Carl-Orff-Grundschule in Landshut geht die Pestalozzischule mit einer 3. Partnerklasse an eine Regelschule. 2012 Übernahme der Trägerschaft einer integrativen Kindertagesstätte in Landshut 2013 Nach 30 jährigem Bestehen des Schulgebäudes stehen räumliche und energetische Umbau- und Sanierungsmaßnahmen ins Haus. 2013 Die Schule feiert ein Doppeljubiläum - 30 Jahre Schulgebäude und 50 Jahre Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit einer geistigen Behinderung. Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung, Vereinigung Landshut e. V. Vorstandschaft Josef Deimer (Vorsitzender) Cornelia Fröschl (stellvertr. Vorsitzende) Prof. Dr. Rolf-Dieter Filler Barbara Firmthaler Eveline Hohenenster Dr. Anna Maria Moratscheck Gisela Landes Fritz Schmid Anton Senger Stefan Tutsch Ursula Weger Spendenkonto Konto-Nr. 17906 BLZ 743 500 00 Sparkasse Landshut Impressum © 2013 Herausgeber: Landshuter Lebenshilfe e. V., Brauneckweg 8, 84034 Landshut Layout und Herstellung: Isabelle Brickum-Peer Druck: Dullinger, Landshut