Der Abschiebewagen von Fliegl
Transcription
Der Abschiebewagen von Fliegl
Gigant ASW 268 Der Abschiebewagen von Fliegl Im Jahre 2009 machten wir mit der Freiwilligen Feuerwehr eine Werksbesichtigung bei der Firma Fliegl Agrartechnik in Töging am Inn. Dabei wurden wir auch mit den Anfängen der von Josef Fliegl in Kastl gegründeten Firma bekannt gemacht. Demnach machte Josef Fliegl 1976 seine Meisterprüfung, gründete 1981 die Firma Fliegl GmbH Maschinenbau und entwickelte 1982 einen Betonmischer sowie 1988 die Kipper-Baureihe 88. 1996 erwarb er das 90.000 m2 große Betriebsgelände in Töging und eröffnete 1997 die mit 450 m längste Produktionsstraße der Branche. Nach der Eröffnung des Agro-Centers in Kastl 1999 konnte er noch im selben Jahr den Abschiebewagen vorstellen und damit die Silbermedaille der DLG gewinnen. 2002 wurde der Abschiebewagen verbessert. Mittlerweile baut die Firma Fliegl neue und größere Werkshallen in der Nähe von Mühldorf. Planung des Modells Bei der Besichtigung wurde mir schnell klar, dass so ein Abschiebewagen ein schönes Modell darstellen würde. Deshalb bestellte ich als Erstes einen Prospekt zum Abschiebewagen „Gigant“. Ich entschied mich für den ASW 268. Das ist der größte Abschieber mit Tandemachse und groß genug für meinen MB Trac 1100 (s. TM 4/2011). Nun rief ich bei der Firma Fliegl an und bat um Pläne bzw. Seitenansichten, und nachdem ich schließ- lich mit Herrn Fliegl persönlich gesprochen hatte, konnte ich mir den Ausdruck mit den Seitenansichten am folgenden Freitag in Töging abholen. Bei dieser Gelegenheit machte ich vom Abschiebewagen gleich jede Menge Detailfotos. Für diese Unterstützung noch einmal herzlichen Dank! Jetzt konnte die Arbeit so richtig beginnen. Der Bauplan im Maßstab 1:16 war schnell gezeichnet. Aber dann tauchten bereits die ersten Probleme auf. 1. Wie soll das Abschieben realisiert werden? 2. Wie wird die Heckklappe geöffnet? 3. Welche Materialien soll ich verwenden? 4. Zusätzliche Funktionen? Stephan F Stephan Fuchs 18 www.TRUCKmodell.de • 2/2012 Traktoren Zur ersten Frage: Das größte Problem war das Abschieben. Am Anfang wollte ich den Teleskopzylinder von Wedico dafür verwenden. Er war im ausgefahrenen Zustand lang genug, aber auch im eingefahrenen Zustand noch sehr lang. Auch gefiel es mir nicht, dass Öl an mein Holzmodell gelangen könnte. Doch welche andere Möglichkeit gibt es? Das Vorbild hat zwei übereinander liegende Zylinder. Der untere Zylinder schiebt die Bodenplatte samt der Konsole, der obere Zylinder schiebt einzig die Wand. Anfangs wollte ich jeweils einen 10 mm großen Getriebemotor in jeden der Zylinder einbauen, aber diese Motoren haben leider viel zu wenig Drehmoment. Es blieb also nur der Einsatz von größeren, stärkeren Motoren, die nun aber einen anderen Platz finden mussten. Zur zweiten Frage: Die Lösung für das Öffnen der Heckklappe verschob ich vorerst bis zum Bau der Heckklappe selbst. Zur dritten Frage: Da ich auch Erde oder Ähnliches transportieren wollte, Erde aber Flecken auf dem Holz hinterlässt, kam für mich nur der Werkstoff Messing in Frage. Messing passt von der Farbe her gut zu meinen Holzmodellen und ich hatte auch bereits etwas Erfahrung mit der Bearbeitung von Messing gesammelt. Unteransicht der Schiebewand Skizze zur Wandverschiebung: blau = Wand, rot = Mutter mit Blech, schwarz = Kasten Die Wandverschiebung erfolgt über einen Motor mit Gewindestangen und Endschaltern Anzeige A www.TRUCKmodell.de • 2/2012 19 Die Heckklappe öffnet sich Zur vierten Frage: Zusätzlich sollte der ASW eine Achsverschiebung, eine gefederte Deichsel und ein Wechselfahrgestell mit Containerverriegelung bekommen. Fahrgestell Ich begann mit dem Fahrzeugrahmen, den ich komplett aus Holz herstellte. Der Rahmenträger besteht aus drei Birkensperrholzleisten. In die obere und die untere Leiste fräste ich je eine Kerbe von 1 mm, in die ich das stehende Holz einleimte. Dadurch erhielt der Träger seine sehr gute Stabilität. Die Querverstrebungen wurden einfach eingeleimt. Am vorderen und am hinteren Ende des Rahmens wurden jeweils zwei Sperrhölzer mit einem 4-mm-Loch befestigt. Damit kann der Aufbau befestigt und bei Bedarf auch einfach entfernt werden. Die Zugdeichsel wurde aus verschieden starken Sperrhölzern zusammengeleimt. Die Zugöse stellte ich ebenfalls aus Sperrholz her. Zu meiner Verwunderung hält dieses kleine Ding bis jetzt den Belastungen stand. Die Der Motor für die Heckklappenöffnung und die Endschalter Deichselfederung entstand aus verschiedenen Messingrohren und zwei Druckfedern und ist so gebaut, dass sie auf Zug und Druck federt. Die einzelnen Achsen sind über drei Federstahlbleche pendelnd gefedert. Für die Achsverschiebung habe ich in das Tandemfahrwerk vier Kugellager eingebaut, die auf dem Rahmen laufen. Gegen seitliches Verdrehen kamen einfache Holzleisten zum Einsatz; sie halten auch das Fahrwerk am Rahmen. Für die Verschiebung kommt ein 20-GGetriebemotor mit einer Übersetzung von 1:50 zum Einsatz. Der Getriebeausgang ist direkt mit einer M6-Gewindestange verbunden. Da meine Traktoren alle mit 7,2 V fahren, wurde der Orginalmotor durch einen Graupner SPEED 250 ersetzt. Daduch dauert das Verschieben der Achse nur noch zehn Sekunden. Der Motor wird mit einem Thor-4-Fahrregler von CTi betrieben und arbeitet mit zwei Endschaltern. Die Rückleuchten – Licht, Blinker und Bremslicht – stellte ich aus zweimal zwei roten und einer gelben 5×5-mm-LED her. An den roten LEDs rundete ich jeweils eine Ecke ab, wodurch die Form dem Vorbild recht nahekommt. Auch wurden die LEDs in der Länge gekürzt. Die Oberfläche wurde nicht poliert, sondern mit im Ergebnis stark glänzendem UV-Lack aus der Hörgeräteakustik lackiert. Die Reifen stammen vom MFZBlocher. Die Felgen wurden aus Buchenholz gedreht und als Achslagerung verwendete ich ein Messingrohr. Aufbau Die beiden Seitenteile bestehen aus 1 mm starkem Messingblech, der Abschiebeboden und die Abschiebewand aus 2-mm-Messingblech. Diese Bleche wurden gleich maßgerecht bei der Firma Bamatech bestellt. Die restlichen Messingprofile kaufte ich bei Modellbau Hartmann. Als Erstes wurde die feste hintere Bodenplatte mit Lötwasser gereinigt und mit normalem Lötzinn weich gelötet. Danach kam der vordere Abschieberahmen an die Reihe, auf dem der Abschiebeboden läuft. An diesem Rahmen und an der Bodenplatte wurden mit „Loctite Lagerfest“ M4-Gewindestangen Die Deichselfederung Blick auf die Technik 20 www.TRUCKmodell.de • 2/2012 Traktoren befestigt. An den Gewindestangen wiederum befestigte ich mittels vier Muttern den Fahrzeugrahmen. Auf der Unterseite dieses Messingrahmens wurde der Faulhabermotor 1724 mit dem 1:14-Planetengetriebe angebracht. Diese Befestigung wurde hartgelötet, damit sie den beim Abschieben entstehenden Kräften auch standhält. Am Getriebeabgang ist ein Zahnrad im Modul 0,5 mit 16 Zähnen angeschraubt, das in ein gleichartiges, auf einer 3-mm-Gewindestange mit einem Axial- und einem Radialkugellager befestigtes Zahnrad greift. Die Gewindestange schiebt den vorderen Boden und die Wand nach hinten (Phase 1). Am vorderen wie am hinteren Schubende befindet sich wieder ein Endschalter. Fährt der Boden bis zum Endschalter, so wird der erste Motor abgeschaltet und der zweite Motor beginnt seine Arbeit, hierbei fährt nur noch die Wand nach hinten (Phase 2). Die MotorGetriebe-Kombination entspricht der bereits oben beschriebenen, doch wirkt bei ihr das Getriebe direkt auf die M3-Gewindestange. Die Gewindestange ist auch hier mit Axialund Radiallagern versehen, dadurch wird das Getriebe vor Zug- und Druckkräfen geschützt. Die Verschiebeeinheit befindet sich beim Vorbild auf dem Abschiebeboden, in dem normalerweise der Zylinder für die erste Verschiebung arbeitet. Bei meinem Modell ist das etwas anders. Die Gewindestange verschiebt eine Mutter mit einem an ihr befestigten, dünnen Blech. Dieses Blech greift in die Schiebeführung der Abschiebewand. Die Führung besteht jeweils aus zwei hart gelöteten Winkelblechen. Als Laufschiene dient ein 30×2 mm starkes Messingblech, das die Gewindestange und die Endschalter vor Schmutz schützt. Dieser Deckel ist inklusive der Schiebewand mit nur vier M2Senkkopfschrauben gesichert. Nimmt man die Führungsschiene ab, sieht man den abgefrästen Rahmen, auf dem das Blech für die Verschiebung läuft. Zur besseren Erklärung habe ich eine Zeichung angefertigt. Um den Motor mit Spannung zu versorgen, musste ich eine Umlenkung bauen. Beim Vorbild werden die Hydraulikschläuche zum beweglichen Teil geführt. Beim Modell sind es drei Kabel, die den Strom für die Endschalter und den Rücktransport der Schiebewand führen. Beim Abschieben arbeitet zuerst Motor 1, dann Motor 2. Beim Zurückfahren läuft erst Motor 2, danach Motor 1. Bis dies mit nur einem Fahrregler und vier Endschaltern funktionierte, dauerte es so einige Zeit, aber mithilfe einer kleinen Versuchsanordnung konnte ich das Problem lösen. Vorderansicht des Wagens Aus der Abschiebewand wurden zwei Vierecke ausgefräst, in die ein 2 mm starkes Plexiglas auf Spannung eingesetzt wurde. Am Rand der Wand lötete ich Abstreifer an. Die Gummilippen, die an die Abstreifer gehören, habe ich noch nicht angeklebt. Sie würden zusätzlich Reibung erzeugen, und der Abstreifer ist auch so schon recht „korndicht“. Anzeige Auf geht’s zur nächsten Ladung A Das Boogie-Fahrwerk www.TRUCKmodell.de • 2/2012 21 Das Abschieben beginnt Das Abschieben ist abgeschlossen Heckklappe Nun musste ich mich noch mit dem Problem der Heckklappenöffnung beschäftigen. Zuerst wollte ich eine Druckfeder in die Zylinderattrappen einbauen, um mit ihr die Heckklappe zu öffnen. Es gab aber keine passend kleine und zugleich kräftige Feder. Deshalb dachte ich an eine Schenkelfeder, die ich oben am Heckklappendrehpunkt einbauen wollte. Um einen Arbeitswinkel von 90° und eine ausreichende Kraft zu erhalten, wäre aber auch diese Feder viel zu breit und zu dick geworden. Mit Federn ging es also nicht. Eine andere Lösung war, die Heckklappe mittels einer Schnur zu öffnen. Doch wo sollte ich den Endschalter für die geöffnete Heckklappe anbringen? Ohne Endschalter wollte ich die Funktion auf keinen Fall bauen. Da kam mir die rettende Idee! Der Motor ist ein Graupner SPEED 250 mit einer 1:50-Getriebeübersetzung und ist zusätzlich mit einem Schneckengetriebe versehen, das ein Anglerseil aufwickelt. Dieses Seil ist an einem Hebel mit Endschaltern befestigt und wird von da aus im Inneren der Seitenwandstabilisierung zur Heckklappe geführt. In die Stabilisierung (3×3 mm groß) wurden an den Austrittspunken der Schnur gebogene Messingrohre mit einem Durchmesser von 2,5 mm eingelötet. Dadurch lässt sich das Seil besser um die Ecken führen. Abschlussarbeiten Die Seitenteile wurden am oberen Rand zusätzlich mit einem 6×3-mm-Vierkantrohr verstärkt. Ebenso wurde vorn ein 3×3-mmVierkantrohr angelötet. Diese Rohre wurden zusätzlich mit der anderen Seite verbunden, um so eine Wölbung der Bordwände bei voller Beladung zu verhindern. Die Messingarbeiten waren damit abgeschlossen und das „Backen“ konnte los gehen. Auf die äußeren Messingflächen der Seitenteile wurde 0,4 mm starkes Birkensperrholz aufgeklebt. Geklebt wurde mit Uhu Endfest, der bei 90° C in den Ofen kam. An der Heckklappe mussten noch zwei Rundungen mit Holz überzogen werden. Dazu wurde das Holz mittels Wasserdampf biegsam gemacht und dann auf die Heckklappe gepresst. Als das Holz wieder fest und trocken war, wurde es ebenfalls festgeklebt. Auch die Abschiebewand erhielt eine Verkleidung. Dazu kamen noch die Verstär- kungsattrappen. Am oberen Ende der Wand befestigte ich ein klappbares Schutzgitter, das in Holz eingefasst ist. Die Seitenwände des Vorbilds sind aus einzelnen Segmenten zusammengeschraubt; das wurde durch zehn kleine Holzleisten nachempfunden. Natürlich durften ein Schutzblech, ein Luftdruckkessel und eine Leiter nicht fehlen. Die Halterung des Stützfußes besteht aus einem 5×5-mmVierkantmessing, das mit Holz überzogen wurde. Im Inneren des Messings verläuft der Holzstützfuß, der über eine M 1,4-Schraube gesichert ist. Verbesserungen Die Kraft und die Geschwindigkeit des Abschiebevorgangs sind eigentlich sehr gut. Der ASW kann komplett mit Mais gefüllt werden und die Kraft reicht, um das Ladegut nach hinten zu schieben. Allerdings machten die Endschalter der Heckklappenöffnung Probleme. Durch mehrfaches Öffnen und Schließen der Heckklappe veränderte sich die Verknotung des Seils, sodass die Endschalter nicht mehr da schalteten, wo sie sollten. Also ging ich auf die Suche nach ganz kleinen Endschaltern und wurde im Eisenbahnmodellbau fündig. So einen Endschalter konnte ich oben an der Heckklappe anbringen. Er schaltet nun ab, wenn die Heckklappe ganz offen ist. Die Kabel dafür wurden in den noch freien Seitenwandstabilisator und weiter nach unten zum Motor geführt. Solange nicht zu viele Sägespäne gefahren werden, klappt die Funktion jetzt ganz gut. Endergebnis Der Abschiebewagen ASW 268 ist ein recht gelungenes Modell, das auf Veranstaltungen großen Spielspaß bringt. Auch wurde die Funktionalität von vielen Besuchern bewundert. Nur ist mein MB Trac doch etwas zu leicht für den schweren Anhänger. Und den Transport von Erde werde ich der Verschmutzung wegen wohl lieber lassen. 22 www.TRUCKmodell.de • 2/2012