Informationen zu den Möbeln - RAISERLOPES Architekten +
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LC 14 / LC 14 Die Abmessungen entsprechen den Werten seines Modulors. Es sind Holzhocker, mit denen der Architekt Le Corbusier in den 1950er Jahren die Studentenzimmer im Brasilianischen Pavillon in der Pariser „Cité Universitaire“ einrichtete. Auf den ersten Blick erinnern sie an profane Kisten, wie sie lange im Transportwesen Verwendung fanden. Der zweite Blick offenbart die sorgsame, werkgerechte Schwalbenschwanz verbindung der Bauteile und allseitig vorgesehene GriffÖffnungen, die das Hantieren mit dem Sitzbaustein vereinfachen. Die Maße 430x430x270 mm (HxBxT) entsprechen den Werten der roten Reihe seines Modulors, dass er als Maß- werkzeug bezeichnete. Ausgehend von den menschlichen Maßen und dem Goldenen Schnitt hatte er bereits 1945/46 damit begonnen, ein Entwurfswerkzeug zu entwickeln, das geeignet sein sollte, die Harmoniegesetze auf Produkte moderner Serienherstellung anzuwenden. Architektur, Plastik, Design – alles sollte im Gleichklang mit einander stehen, sich ergänzen, aufeinander aufbauen. Das dokumentieren stellvertretend die heute von Cassina produzierten Hocker LC1401 und LC1402, die sich sowohl senkrecht als auch waagerecht gestellt, angenehm nutzen lassen. Werden sie in größerer Stückzahl zusammengestellt, entsteht eine Sitzlandschaft, die dazu einlädt, sie zu besteigen. Darin artikuliert sich der Gedanke des spielerischen Umgangs mit Bauelementen eines Systems, von dem Le Corbusier im ersten Band zum Modulor sagt, dass entsprechende Teile dazu auffordern, Gruppierungen vorzunehmen, „die jedes Gefühl, jede Laune und alle rein rationellen Bedürfnisse zu befriedigen vermögen“. The size corresponds to the measuring scale of his Modulor: stools designed by Le Corbusier in the 1950ies for student apartments in the 'Maison du Brésil' of the 'Cité Universitaire' in Paris. At first sight, they look like profane boxes used in the transport sector. The second look reveals the solid and precise dovetail joint system on the corners and slots in each side for easy mobility. Measuring 430x430x270 mm (width x height x depth) correlates with the figures of the red series of the Modulor, Le Corbusier called his measuring tool. Based on human measurements and the golden ratio, Le Corbusier had already started to develop a draft tool in 1945/46 to apply the range of harmonious measurements to modern industrial production. Architecture, sculpture, design – everything should be in complete harmony, complement each other, build on each other. The stools LC1401 and LC1402, today produced by Cassina, represent all this; placed either horizontally or vertically, they are very nice to use. Many of them arranged together create a 'stool landscape' inviting anyone to step in realizing the idea of playing with structural elements of a system. Le Corbusier wrote about this in 'The Modulor': some parts ask for being arranged in groups 'satisfying every feeling, every mood and all purely rational needs'. Modell Nr. 214 / Model No. 214 Das früheste Objekt der Auswahl ist bezeichnenderweise ein Stuhl, der mit der Tradition der handwerklich geschaffenen Einzelstücke radikal bricht: der in Großserie gefertigte Bugholzstuhl Nr.14, den die Brüder Thonet 1859/60 entworfen haben. Ein im Herstellungsverfahren patentierter Standardstuhl, der so konzipiert ist, dass davon, je nach Ausführung, bis zu sechsunddreißig Stück zerlegt in einer Versandkiste mit nur einem Kubikmeter Rauminhalt Platz finden können. Damit entsprach der Stuhl lange, bevor Hermann Muthesius das exportfähige Qualitätsprodukt als Typenware einforderte, den Anforderungen des internationalen Wettbewerbs. Hintergrund für eine wohl einmalige Erfolgsgeschichte, denn weltweit gelten die Modelle dieser ThonetProduktfamile als Synonym für den Typus des Kaffeehausstuhls. Das Produzieren in Serie wurde durch Thonet hoffähig. Nicht nur, weil sich auch die wohlhabenden Stände den ThonetProdukten zuwandten, sondern weil die hohe Verarbeitungs- qualität den Stuhl nicht zwangsläufig als Massenware ausweist. Denn während sich mit dem Begriff der Masse oft negative Assoziationen verbinden, bietet die Serie immer auch die Option auf Außergewöhnliches. Sie erlaubt es, Gegenstände zu schaffen, die zwar zusammengehören und vieles gemeinsam haben, sich aber trotzdem deutlich voneinander unterscheiden können. Daher lässt die serielle Fertigung eine Vielzahl möglicher Variationen ausdrücklich zu. Der Bugholz- stuhl Nr.14 ist dafür ein Beispiel, denn er bekundet in zahllosen ModifikaTypically, the earliest selected object is a chair radically breaking with the tradition of hand-made objects: the Bentwood chair No. 14, designed by the Thonet brothers in 1859/60 in mass production. A patented manufactured standard chair, specifically designed to make up to 36 flat packed chairs fit into a one cubic meter shipping box; this met the requirements for international competition long before Hermann Muthesius asked for the high-quality type ware product for export. These models of the Thonet family became synonymous with the typical café-style chairs: history of a unique success story. Thonet made production in series widely accepted; not only because the privileged classes liked the Thonet products, but also because the high quality of the chair didn't make it look like mass production. Whereas everything acquainted to 'mass' often has a negative touch, the Thonet series also offers extraordinary features and makes it possible to create objects which belong together and have a lot in common, but still can be very different from each other. The serial production explicitly allows a wide range of variations. Here, the Bentwood chair No. 14 is an example; with numerous modifications it moves with the times without loosing it's unmistakable signature. Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln Modell Nr. 209 / Model No. 209 Im 1925 erschienenen Buch „L’ Art Décoratif d’ Aujourd’hui“ gab Le Corbusier seiner Überzeugung Ausdruck, dass die für ihr Werk hoch geschätzten Möbelschreiner Frankreichs ihre Lehrlinge eines Tages in Automobil- und Flugzeugfabriken schicken müssten, um dort die Vorgaben innovativer Holzverarbeitung zu erlernen. Gemäß der Auffassung, dass die Mechanik „in sich den Auslese erzeugenden Faktor der Spar- samkeit“ trägt, galt Le Corbusier das damals noch weitgehend aus Holzteilen gefertigte Chassis eines Flugzeuges als geeignetes Studienobjekt; Beispiel für praktizierte Mater- ialökonomie, die eine effektive Herstellungstechnik voraus- setzt. Dieser Zusammenhang war bereits siebzig Jahre zuvor den Brüdern Thonet bewusst gewesen, als sie ihre Idee des Dampfbiegens von Holz patentieren ließen, um im Folgenden preiswerte Bugholzmöbel zu produzieren. Dadurch revolutionierten sie nachhaltig die Fertigung von Standardmobiliar. Konsequenterweise würdigte Le Corbusier die Thonet- Produkte nicht allein in seinen Publikationen, sondern auch dadurch, dass er sie in wichtigen Programmbauten platzierte. So fand sich der ThonetBugholzsessel 209 ganz selbstverständlich im modernistischen Pavillon de L´Esprit Nouveau der 1925 in Paris stattfindenden L´Exposition Internationale des Arts Décoratifs. Fünfundzwanzig Jahre, nachdem Thonet den Armlehnstuhl auf den Markt gebracht hatte, rückte er massiv in den Fokus der Architektenschaft, da er vorbildlich verkörperte, was Le Corbusier vom zeitgemäßen Einrichtungsgegenstand erwartete: bescheidene, klare und In his book 'L´Art Décoratif d`Aujourd`hui', published in 1925, Le Corbusier expressed his belief that some day, the highly recognized cabinet makers in France will have to send their apprentices to car and aircraft factories in order to learn the specifications of innovative wood-working. According to Le Corbusier's perception, that mechanics incorporate 'economical behavior as a factor for selection', the chassis of an airplane mainly made of wooden parts at that time, was the ideal object of study; an example for the economy of materials in practice requiring a specific manufacturing technique. The Thonet brothers were aware of this already 70 years before when they had their invention of steam-bending wood patented in order to produce low-priced bentwood objects. This was a lasting revolution for the production of standard furniture. As a consequence, Le Corbusier did not only acknowledge the Thonet products in his publications, but also used them in his major constructions. Therefore, it was a matter of course that Le Corbusier showed the Thonet Bentwood Chair No. 209 in his Pavillon de L'Esprit Nouveau at the Paris Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels in 1925. Twenty-five years after Thonet introduced the armchair to the market it gained further recognition among architects; the chair was everything Le Corbusier expected of modern furniture: a clear, undecorated and efficient Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln Tischset B9 / Table set B9 Die langsam erfolgte Abkehr vom Plüsch der Gründerzeit förderte Anfang der 1930er Jahre das Interesse an Stahlrohrmöbeln. Längst wurden nicht nur MetallrohrStühle gefertigt. Zum Angebot gehörten nun auch Schränkchen, Bettgestelle, Ess-, Club- und Schreibtische, Servierwagen und Beistelltische. Mobiliar, das der Anlage einer neuzeitlichen Wohnung entsprach, wie sie Sigfried Giedion 1929 in seiner Programmschrift „Befreites Wohnen“ beschrieb. Die Rede war dort vom „Haus mit Gebrauchswert“, das, „auf industrieller Basis erstellt“, billiger und zweckmäßiger sein sollte als ein Haus, das in herkömmlicher Weise gebaut wird: „Leicht, lichtdurchlassend, beweglich“ solle es sein, sich in seiner ganzen Struktur im Gleichklang mit einem durch Sport, Gymnastik, sinngemäße Lebensweise befreiten Körpergefühl“ befinden. So forderte Giedion gesunde gleichsam hygienische Wohnungen, die gut organisiert sein sollten. Allgemein müsse der Wohnwert steigen, was eine besondere Beschaffenheit der Einrichtungsgegenstände voraussetzt. Alle Reformer waren sich einig, dass dazu unkompliziert zu handhabende Möbel benötigt werden: z. B. das Ende der 1920er Jahre von Marcel Breuer entworfene Beistell- und Hockerset, das unter der Bezeichnung B9 von der Firma Thonet angeboten wurde: vier kleine Stahlrohrtischchen von geringem Gewicht und verschiedener Größe, die derart bemessen waren, dass sie ganz unkompliziert ineinander gestellt werden konnten. Bei Bedarf wurden sie hervorgezogen, um im Wohnraum an beliebiger Stelle eingesetzt zu werden. So entspricht das Tischset B9 dem Anspruch Giedions, den Gebrauchswert der Wohnungseinrichtung zu steigern. Slowly turning away from the period of promoterism with all its plush, increased the interest in tubular steel in the furniture sector in the early 1930ies. The time of producing only tubular steel chairs had passed; now little cabinets, bedsteads, dining tables, club tables, desks, trolley and side tables expanded the product range: furniture belonging to a modern home as Sigfried Giedion described in his journal 'Befreites Wohnen' i.e. Freed Living, in 1929. He wrote about the 'practical house', 'built on an industrial basis', and therefore cheap and more functional than traditional building standards: a house should be 'light, translucent, moving'; completely in harmony with a feeling of being 'free' like after sports, gymnastics, healthy living. Giedion called for healthy and hygienic homes, well organized. Generally, the living values should increase; this requires special furnishing. All reformers have agreed on the need for furniture easy to handle: e.g. a table set with a side table and a stool, designed by Marcel Breuer in the late 1920ies and sold by the Thonet Company as B9; four small nestling tubular steel tables, easily pushed into on another, lightweight and in different sizes. When needed, they are individually placed anywhere in the house. The Table set B9 reflects Giedion's demand for enhancing the practical value of furniture. Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln S 43 / S 43 Kaum eine Entwicklung hat unser Bild des „modernen“ Einrichtungsgegenstandes so sehr geprägt wie die der Stahlrohrmöbel. Mit einem neuen Material eine neue Konstruktion und damit verbunden auch neue Formen zu finden, beflügelte in den 1920er Jahren viele progressive Gestalter. In sehr kurzer Zeit entstanden damals zahllose Modelle, mit denen man zuweilen auch an die Grenzen der „Endlos- rohr“-Verarbeitung stieß. Dabei hatte alles mit Gasrohr- teilen und entsprechenden Verbindungselementen begonnen. Als Mart Stam 1926 seinen Prototyp schuf, standen schließlich noch nicht Maschinen zur Verfügung, mit denen sich durchlaufendes Stahlrohr biegen ließ, so dass erst noch die geeigneten Werkzeuge geschaffen werden mussten. Wie schon zu Zeiten der Entwicklung von Thonets Bugholzstühlen bedurfte es neuer Herstellungsverfahren für ein neues Sitzgerät: einen hinterbeinlosen Stuhl, den Mart Stam im Sinne des „Einlinienprinzips“ 1927 in Stuttgart vorstellt, um das große Potenzial des Stahlrohrs, u.a. die Möglichkeit des Schwebens und Auskragens einzelner Konstruktionsteile, darzustellen. In seinem Buch „Kunst und Industrie“, in dem Herbert Read 1934 den „Grundsätzen industrieller Formgebung“ nachspürt, bezeichnet er die „federnde Elastizität und flüssige Linienführung“ als besondere Eigenschaften der Stahlstühle, die „unabhängig von den traditionellen Formen Tubular steel furniture has influenced our understanding of the 'modern' furnishing like no other design. Discovering a new design along with new forms and a new material inspired many progressive designers in the 1920ies. In a very short time, numerous models were created, sometimes reaching the limits of processing 'never ending' tubes. It all began with gas pipes and the proper pipe joint fittings. When Mart Stam created his prototype in 1926, he didn't have any machines to bend steel tubes; the right equipment still had to be invented. Similar to the Thonet bentwood chairs, there was a need for new manufacturing methods for a new sitting device: a cantilever chair. Mart Stam presented this chair with no back legs in Stuttgart in 1927 following the 'one line principle'; he wanted to show the great potential of steel tubes, like the floating or overhanging of several parts. In his book 'Art and Industry', published in 1934, Herbert Read traces the 'principles of industrial design' and highlights the 'flexible elasticity and clear contour design' as a specific characteristic of the steel chairs 'independent of traditional wooden furniture forms'. Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln Trapèze / Trapèze Das auch „Grand table“ oder „Esstisch 4568“ genannte Möbel entstand Anfang der 1950er Jahre im Büro von Jean Prouvé, der damals mit Charlotte Perriand zusammenarbeitete. Es handelt sich um einen Metallprofiltisch, den das Gestalterteam mehrfach modifizierte. Als gelernter Schmied verstand es Prouvé, immer wieder neu, außergewöhnliche Details zu entwickeln. Dabei folgte er der Devise, für jedes neue Projekt individuelle Lösungen zu finden. Dementsprechend entwarf er jeweils auch die notwendigen Werkzeuge, mit denen die verwendeten Bleche Modellgerecht bearbeitet werden konnten. Le Corbusier schrieb einmal bewundernd über Jean Prouvé, dass dieser „unauflöslich beides zusammen ist, Architekt und Ingenieur”. Noch genauer: Architekt und Konstrukteur, denn alles, was er in die Hand nimmt und gestaltet, erhält augenblicklich eine elegante bildnerische Form, löst aber gleichzeitig alle Schwierigkeiten, auch die der Herstellung“ (Vgl. Modulor 2, S.115) Damit verband sich Prouvés Anspruch, die Konstruktion möglichst einfach anzulegen. Werkgerecht sollte sie sein, klar und charakteristisch. Jan van Geest spricht in diesem Zusammenhang auch von mechanischen Kräften, deren Wirksamkeit die Gestalt der Möbel vermitteln. Bewegung, die der Gestalter förmlich einfriert. Die Fähigkeit, Architektur und Mobiliar mit technischem Verstand zu gestalten, charakterisiert schließlich sein Gesamtwerk, das die High-Tech-Euphorie This furniture, also known as the 'Grand table' or 'Esstisch 4568' was created in the 1950ies by Jean Prouvé; he worked together with Charlotte Perriand at that time. The designers modified this table made of profiled metal several times. As a former metal worker, Prouvé knew how to develop extraordinary details, again and again, following his motto to find an individual solution for every new project. He also designed the tools necessary to process the metal sheets for his objects. Le Corbusier once admiringly wrote about Jean Prouvé: “He is both in one person, architect and engineer”. Or even better, architect and design engineer; anything he puts his hands on and creates immediately becomes a work of art and solves all difficulties, even production problems' (see Modulor 2, page 115). This met the ambition of Prouvé to make the construction as simple as possible; it should be authentic, clear and characteristic. In this context, Jan van Geest spoke about the design of the furniture demonstrating the effectiveness of mechanical forces. Movement which the designer literally freezes. The ability to design architecture and furniture with technical know-how is characteristic for his complete work way ahead of the high-tech hype in the following years. Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln Sacco / Sacco Der Sitzsack, den Piero Gatti, Cesare Paolini und Franco Teodoro 1968 vorstellten, entsprach der Proteststimmung einer Zeit, in der provokativ agierende Architektengruppen wie Archigram, Archizoom und Superstudio umfassende Kampagnen zur Neufassung der Formensprache initiierten. Ausdrücklich forderte man die Änderung der Lebensgewohn- heiten. Ausgehend von der Utopie einer umfassenden Autonomie des Designs war man schließlich davon überzeugt, dass es möglich sei, dem Konsumenten eine neue Rolle zuweisen zu können: aufgeklärt und demokratisch solle er sein, einen Sinn für Humor entwickeln und mehr am Leben als am Geschäft interessiert sein. Ettore Sottsass sprach in diesem Zusammenhang vom „technisch denkbaren Traum des Nomadentums“, dem auch sein Entwurf der berühmten Valentine- Reiseschreibmaschine entspricht. Beweglichkeit wurde zum Credo jener, die dem starren Wohn- ideal früherer Zeiten abschworen, um experimentell auszu- loten, wie weit sich Gegenstände auf das Notwendigste redu- zieren lassen, ohne dass sie deshalb als armselig empfunden werden. Im Gegenteil: Lustvoll sollte man mit den Dingen umgehen können: sich in den Sacco fallen lassen; jenen farbigen, mit Polystyrol-Kugeln gefüllten, Kunstledersack, der sich dem Platznehmenden selbstverständlich anpasst, um sich in ein weiches Sitznest zu verwandeln. So thront man nicht mehr auf einem starren Stuhl sondern schwelgt in einem sich dem Körper individuell The 'beanbag' Piero Gatti, Cesare Paolini and Franco Teodoro presented in 1968, met the mood of the worldwide protests; a time in which provoking architectural firms like Archigram, Archizoom and Superstudio initiated large campaigns to rewrite the design language. They specifically called for a change of lifestyle. On the basis of the utopia of a complete self-governance of design, they were convinced that it could be possible to give consumers a new role: they should know the facts of life and be democratic; they should have a sense of humor and should be more interested in life than in business. In this context, Ettore Sottsass spoke of the 'technically feasible dream of the nomadic way of life', in line with his design of the famous portable Valentine typewriter. Mobility became the credo of all those who gave up the old rigid idea of living in order to try and sound out to which extent they can reduce objects to the essential minimum without regarding them as 'poor'. It rather should be the other way around. You should sensually enjoy the objects: you should drop into the Sacco, into the colorful 'beanbag' chair made of faux leather and filled with polystyrene pellets, which adjusts to the person sitting and turns into a soft nest seat. Instead of sitting on a hard chair like on a throne you indulge in a cozy cocoon moving with the human body. Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln Drehstuhl LC7 & Drehhocker LC8 / Swivel chair LC7 & swivel stool LC8 Als bequeme Tischbegleiter bevölkerten sie 1928 das Esszimmer im Gästehaus der Villa Church in Ville-d´Avray: drehbare Stahlrohr-Sessel, die Le Corbusier, Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand damals entworfen hatten. Unbewegt starres Sitzen am Tisch war nicht mehr gewollt. Stattdessen sollte die Möglichkeit bestehen, sich auch dem Nachbarn bequem zuwenden zu können. Die gepolsterten Sitzkissen waren mit rotem Leder bezogen. Die Kragmöglichkeiten des Stahlrohrs spielen hier keine Rolle. Vielmehr dient das stabile Chromrohr der Reduzierung von Massen, so dass der LC7-Drehstuhl und sein Pendant, der LC8-Hocker, als unkomplizierte Sitzobjekte vielseitig an- wendbar sind. Im programmatischen nur 9x10 Meter großen Einwohnraum, den das Team 1929 auf dem Pariser Salon d´Automne vorstellte, finden sie sich wieder. In einem ModellAppartement, dessen Einrichtung raumökonomischen Vorgaben folgte. Flexibel und praktisch musste dort alles sein; geeignet, auch auf engem Raum exklusiven Komfort zu bieten. In einer Ausgabe der Zeitschrift Innendekoration sprach Alfred Wenzel hinsichtlich der Möbel, die Le Corbusier, Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand dort vorstellten auch von der „Beweglichkeit als Erscheinung“. Es ginge dabei nicht allein um das Bedürfnis nach Mobilität, sondern den Anspruch an Gegenstände, von denen zunehmend erwartet wurde, dass sie „bewegbar aussehen“. Schließlich löst „das Aussehen, die Wirkung solcher >Mobilia< ... gerade jene Stimmung eines heiteren, freien >Losgebundenseins<, die >schwebende< Stimmung in uns aus, die wir uns heute als eine Art notwendigen Elixiers, als den Ausgleich für unser in starken Bindungen verlaufendes These comfortable pieces of furniture populated the dining room in the guest house of the Villa Church in Ville-d'Avray in 1928: the turning tubular chairs designed by Le Corbusier, Pierre Jeanneret and Charlotte Perriand. Sitting still and stiff at the table was not wanted anymore. Instead, everyone should also be able to easily turn to his neighbor. The chair had foam upholstery: a red leather covered cushion. The solid chromed steel tube frame reduced the weight so that the LC7 'Swivel chair' and its pendant, the LC8 stool, became uncomplicated and multifunctional objects. The turning chair had its first presentation in the programmatic 9 x 10 meter one- room unit in the “Salon d' Automne” in Paris in 1929; in a model apartment with furnishing in line with the principles of environmental protection. Everything had to be flexible and practical; suitable to offer exclusive comfort in a limited space. In the magazine 'Innendekoration' Alfred Wenzel spoke about the objects Le Corbusier, Pierre Jeanneret and Charlotte Perriand presented there, as 'mobility in appearance'. Mobility alone was not the key issue, but the special demand for objects to 'seem movable'. Eventually, 'the look and the effect of such “Mobilia” … specifically the atmosphere of a cheerful, free easy-going “to-be-unleashed”, release this floating mood we all would like to have nowadays as a sort of elixir, as a balance for our working life work full of Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln CH04 Houdini / CH04 Houdini 2009 wurde der Stuhl von der Designergruppe „e15“ in Mailand vorgestellt. Vier Millimeter Eichenfurnier bedeckt das hölzerne Sitzgerät, dessen Besonderheiten Ingmar Kurth in seiner Internetbeschreibung des Houdini-Stuhls hervorhebt. Demnach werden Sperrholzflächen um einen gefrästen Massiv- holzring gebogen. Lebendig erscheint das Zueinander der Flächen, die virtuos kombiniert wurden – dynamisch auch das Auf und Ab der sich durchdringenden Flächen beim Stuhlmodell bzw. der „Schalen“ des Sessels. Nicht zufällig trägt der Stuhl wohl auch den Namen des berühmten Entfesselungs- und Zauberkünstlers Harry Houdini, der für die außergewöhnlichsten Kunststücke bekannt war. So verfügt der Houdini-Chair zwar nicht über einen doppelten Boden. Doch spielt sein Entwerfer, Stefan Diez, mit Ebenen, die verschwinden und wieder auftauchen: Stuhlgestalt, die uns zum genauen Hinsehen ermuntert. Der Verzicht auf Nägel und Schrauben, die das gebogene Schichtholz in Form halten, verstärkt das magische Moment In 2009, the designer group 'e15' presented the chair in Milan. The chair is made of 4 mm thin oak-veneered plywood. This is how Ingmar Kurth highlights the characteristics of the Houdini chair on the internet: plywood is stretched around a wooden ring, the material and construction artfully combined with each other make the chair appear alive – the up and down of overlapping surfaces or seat shells is dynamic. No wonder the chair is named after the famous escapologist and magician Harry Houdini who was well-known for his sensational escape acts. The Houdini chair doesn't have a false bottom, but his designer, Stefan Dietz, plays with different levels which disappear and turn up again: a chair that encourages us to look twice. Leaving away nails and screws to hold the form of the bent plywood even makes the chair seem more magical. Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln Guhl Gartensessel / Guhl garden armchair Mit Asbestzement verbindet man nicht selbstverständlich bequemes Sitzen. Und doch gelang es dem schweizerischen Gestalter Willy Guhl, mit diesem Werkstoff einen Sitzgegenstand zu entwerfen, der ein überraschend angenehmes Besitzen erlaubt. Als Partner wurde die in Niederurnen ansässige Eternit A.G. gefunden. Das Unternehmen produzierte bald diverse Objekte, z.B. Pflanzenbehälter aus Asbestzement, die Guhl mit seinen Studierenden im Rahmen seines Gestaltungsunterrichtes an der Kunstgewerbeschule Zürich entwickelt hatte. Die Möglichkeiten der Ein- und Überformung von Asbestzementflächen wurden dort ebenso erprobt, wie das Formen von Eternit-Platten in Art einer elegant gewundenen Schlinge. Gemäß der Devise, mit möglichst geringem Aufwand ein Maximum zu erreichen, entstand schließlich 1954 Guhls Garten- und Strandstuhl, der aus nur einer Platte geformt wurde. Denn die Abwicklung des Stuhls entspricht den Massen der industriell gefertigten Standard-Eternitplatte. Im Resultat ist Guhls Gartensessel eine Nutz-Plastik, die dem profanen Werkstoff ungeahnte Qualitäten abgewinnt. Der Schwung der weich geformten Schlinge entspricht dem, was Paul Westheim einst als Architektonik des Plastischen bezeichnete: ihre Wirkung resultiert aus der materialeigenen Spannungen. Der 1955 als Beispiel für gute Industrieform ausgezeichnete Sessel wird bis heute gefertigt, allerdings mit asbestfreiem Faserzement. Auch seine Gestalt erfuhr eine Modifikation, da im Rückenbereich zusätzlich Sikken (Rillen) vorgesehen Asbestos cement is usually not associated with comfortable sitting. Still, the Swiss designer Willy Guhl managed to create a chair surprisingly attractive to sit on; he found the Eternit A.G. from Niederurnen in Switzerland as the ideal partner. The company soon produced various objects, e.g. containers for plants made of asbestos cement. Guhl designed these together with his students at the Art and Design College in Zurich. They tested ways of molding asbestos cement and forming eternit to elegant loops. According to his motto achieving the most with minimum effort, Guhl created the garden and beach chair made out of a single piece of material. Producing the chair is the same as the mass production of the industrial standard eternit panel. Guhl's chair is a sculpture to use, revealing unsuspected qualities of this simple material. The smooth curves of the loop are what Paul Westheim once described as 'sculptural architecture': the effect is the result from the natural tension of the material. The chair won the award for outstanding industrial design in 1955 and is still produced today; however, the chair is now made of a cement and fiber mix which does not contain asbestos. The form has also changed slightly: the backrest additionally has grooves to DCW / DCW Prototypen formgepresster Sperrholzstühle hatten Charles Eames und Eero Saarinen bereits 1940 den ersten Preis beim MOMA-Wettbewerb „Organic Design in Home Furnishings“ eingebracht. Daraufhin intensivierte Eames seine Versuche, die er mit selbst gebauten Maschinen unternahm. Für die US- Marine entwickelte er damals aus in Form gepresstem Sperr- holz u. a. Beinschienen für verwundete Soldaten. Der Gestalter war davon überzeugt, dass dem Körper angepasste Sperrholzschalen modernen Stühlen mehr Bequemlichkeit verleihen würden. So entstanden zahlreiche Experimentalmodelle, die allerdings einen gravierenden Schwachpunkt erkennen ließen, der im Knick der integrierten Sitz-Rückenschalen auftritt. Schließlich galt es, die dort wirkenden Kräfte abzufangen. Beim 1945 vorgestellten LCW (Lounge Chair Wood) entschied sich Eames dafür, Sitz- und Rückenflächen zweiteilig zu belassen, um sie mit einem weiteren Sperrholzteil, das als eine Art Rückgrat fungiert, zu verbinden. Zwischen Rahmen und Sitzfläche wurden Gummipuffer vorgesehen, die Druckkräfte aufnehmen konnten. Ansonsten bestanden alle Bauteile aus geformtem Schichtholz. Zwei Modelle wurden angeboten: der für den Esstisch geeignete DCW (Dining Chair Wood) und der tiefer gelegte LCW (Lounge Chair Wood), zu dem das Eames-Office den Entwurf eines passenden Wohnzimmertisches, dem CTW (Coffee Table Wood), beisteuerte. Auf Werbeseiten vervollständigte der faltbare Sperrholz-Wandschirm FSW (Folding Screen Wood) das Ensemble, das frei im Raum steht – Bühne Already in 1940, Charles Eames and Eero Saarinen won the first prize at the MOMA contest 'Organic Design in Home Furnishings' with their prototypes of molded plywood chairs. As a result, Eames made more and more experiments with his self-made machines. He began making molded plywood splints for wounded soldiers in the US Navy. The designer was sure that custom-fitted plywood shells would make modern chairs more comfortable. As a result, he designed many experimental models and through trial and error he discovered a serious weakness: plywood would crack when bent into the sharp angle of seat and backrest. In his LCW (Lounge Chair Wood) presented in 1945, Eames decided to create two separate pieces for the seat and the backrest, joining these by a plywood lumbar support. The seat was joined to the backrest with a series of four heavy rubber washers to absorb the compression forces. All other parts ware made of molded laminated wood. There were two models: the DCW (the Dining Chair Wood), and the lower LCW (Lounge Chair Wood) which Eames complemented with a concept for a compatible living room table, the CTW (Coffee Table Wood). In advertisements, the free standing plywood folding screen FSW (Folding Screen Wood), completed the ensemble – stage free for plywood Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln Panton Chair / Panton Chair Er gilt als erster nur aus einem Werkstoff und einer Form gegossener Kunststoffstuhl: der „Panton“, der nach seinem Schöpfer benannt, heute als Ikone der Pop-Kultur verehrt wird. Es handelt sich dabei um einen Stuhl aus einem Stück – keinen Vier-, Drei-, Zwei- oder Einbeiner, sondern den „Keinbeiner“, da dessen schwungvoll geformte Kunststoffschale fugenlos in den Stand übergeht. Verner Panton hatte ihn Ende der 1950er Jahre entworfen, um zu zeigen, welche Möglichkeiten die neue Generation tempe- raturbeständiger Kunststoffe bietet. Sieben Jahre zuvor hatte der Architekt Hans Schwippert im Rahmen des Darmstädter Gesprächs noch von der „unvorstellbaren Willfährigkeit, Schmiegsamkeit und Charakterlosigkeit“ der neuen Stoffe gesprochen. Den Eigenschaften der Guss und Press- stoffe, die dem Gestalter nicht den geringsten Widerstand entgegensetzen, ihm aber jede Art der Verformung gestatten. Von Ersatzstoffen war die Rede, auch von Nachahmung und Surrogat. Als Vorsitzender des Deutschen Werkbundes forderte Schwippert damals alle Gestalter dazu auf, für das innovative Material strapazierfähiger Polymere-Verbindun- gen eigenständige Formen zu entwerfen. Dem entspricht Pantons starkfarbiger Vollkunststoffstuhl, der durch seine leuchtende Farbigkeit Aufsehen erregte. Überdies entspricht der Panton-Chair der Forderung nach einer möglichst unkomplizierten Handhabung: denn er ist relativ leicht, dabei robust und stapelbar. Ein flexibler It is referred to as the very first chair produced from a single piece of molded plastic: the 'Panton', named after its creator and adored as a symbol of pop culture, today. The swingingly bent plastic shell curves to form the back and seat and smoothly drops to the floor; not a 'four, three, two or one leg', but a 'no leg' chair. Verner Panton designed it in the end of the 1950ies to show the opportunities the new generation of temperature resistant plastic offers. Seven years earlier, during the Darmstädter Gespräch, the architect Hans Schwippert talked about the 'unimaginable willingness, smoothness and lack of character' of the new materials; the features of casting and molding materials willingly allowing for any kind of forming. Here, he was talking about substitutes and about imitation and surrogates. At that time, Schwippert as the chairman of the 'Deutscher Werkbund', asked all designers to create distinctive forms for the innovative material of durable polymer compounds. This is what Panton's vibrant and colorful plastic chair is like. Furthermore, the Panton chair fulfills the requirement of easy handling: it is relatively light, robust and stackable; a flexible roommate in the colorful household of the 1960ies. Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln Plastic Side Chair / Plastic Side Chair 1948 beteiligte sich das Eames-Office an dem vom New Yorker Museum of Modern Art ausgeschriebenen Wettbewerb „International Competition for Low-Cost Furniture Design“. Charles und Ray Eames stellten damals einen Kunststoffstuhl vor, der unter dem Namen „La Chaise“ firmierte. Revolutionär schien die Lösung, Sitz und Rücken als Einheit herzustellen. Getragen wurde die organisch anmutende Schale von einem filigranen Metallgestell, das auf einem Holzkreuz fußte. Dadurch schien die ausladende Schale zu schweben. Der preisgekrönte Prototyp verfügte über eine formgepres- ste Hartgummischale, die durch zwei Kunststoffschichten verstärkt, im Sandwitsch-Verfahren hergestellt worden war. Davon nahm Eames in den dann folgenden Versuchen Abstand. Denn er experimentierte zunächst mit Metallblechen, die in Schalenorm gestanzt werden sollten. Deren Bearbeitung erwies sich letztlich aber als zu Kostenintensiv. Das beabsichtigte billige Stuhlmodell konnte so nicht geschaffen werden. So wandte sich der Gestalter erneut der Kunststoffverarbeitung zu, um den Kontakt mit geeigneten Produzenten aufzunehmen. Als Partner fand man schließlich die in Kalifornien beheimatete Firma „Zenith-Plastics“, mit der es gelang, preiswerte Kunststoffschalen herzustellen. Damit wurde der Grund für die 1950 vorgestellte „Plastic- Side-Chair“-Produktfamilie gelegt. Es entstanden Stühle, die preiswert, leicht und vielseitig einsetzbar waren. Auch ohne Polstern waren sie bequem. Zudem reizte die Farbvielfalt der Schalen, die im hydraulischen Pressverfahren produziert wurden. Bald gab es gelbe, rote, grüne, orange und blaue Schalen, die auf verschiedenen Untergestellformen aufgesetzt werden konnten. Mit Holzkufen versehen, verwandelte sich ein Sesselmodell in einen Schaukelstuhl. Es entstanden auch In 1948, Charles and Ray Eames created a chair for the 'International Competition for Low-Cost Furniture Design' of the New York Museum of Modern Art: a plastic chair under the name of 'La Chaise'. Building a chair having seat and backrest as one part, seemed revolutionary. The organic shaped molded seat shell atop a wire base with a wooden frame base; the seat shell seemed to float. The prizewinning prototype had a hard rubber plastic shell reinforced with two layers of plastic sheets, in a sandwich design. Later, Eames used other methods. He experimented with punching metal sheets to form the seat shell; this, however, was too expensive and no alternative for producing the low-cost chair he aimed for. The designer returned back to processing plastic and contacting qualified producers. Eventually, he chose the Californian company Zenith Plastics as an ideal partner to produce low-priced plastic shells. This set the groundwork for the 'plastic side chair' product family: low-cost, lightweight and versatile chairs, even comfortable without upholstery, and very attractive with the seat shells in bright colors. Soon yellow, red, green, orange and blue seat shells were available with a variety of base options. With wooden runners it even become a rocking chair. Also swivel chairs followed. Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln Wiggle Side Chair / Wiggle Side Chair 1972 erregte die Idee des Architekten Frank O. Gehry, aus Wellkarton Möbel zu fertigen, großes Aufsehen. Mit profanem Verpackungsmaterial fantasievolle Sitzgegenstände zu schaf- fen, begeisterte den Markt, der die als Billigmöbel konzipierten Wohnobjekte sofort annahm. Die vierzehn verschiedenen Modelle der damals entstandenen Serie „Easy Edges“ gelten heute als Meisterwerke der Ideenkunst, denn sie zeigen, was möglich ist, wenn unkonventionell gedacht wird. Schließlich nahm sich Gehry Flachware vor, um daraus eine dreidimensionale Sitzplastik zu bauen. Dazu setzte er Kartonschicht neben Kartonschicht, um das Material anschließen zu verleimen. Vielfach gedoppelt, verwandelte sich die labile Kartonfläche in einen tragfähigen Körper, dessen Widerstandsfähigkeit beeindruckt. Zudem erlaubt die Beschaffenheit des Zellstoffmaterials die unkomplizierte Arbeit mit der Schablone, die Gehrys expressive Sitzformen auf den Werkstoff übertragen half. So entstanden benutzbare Plastiken, die den Wohnraum als Individuen bevölkern. Objekte einer Pappkartonwelt, die dem meist unbeachteten Alltagsmaterial ungeahnte Möglichkeiten entlocken. Etwa dann, wenn Gehry erprobt, wie weit er die Struktur des Werkstoffs sichtbar einsetzen kann, um wellpapp – gemaserte Sitzpersönlichkeiten, wie den 1980 entstandenen Little Beaver, zu schaffen. Denn alle glatten Materialflächen verschwinden dort zugunsten einer viel weicheren Oberflächenanmutung, die durch das freigelegte Innenleben der Wellpappe erzeugt wird. Komfort und Exklusivität, den die limitierte Serie der „Experimental Edges“ garantiert. In 1972, Frank O. Gehry caused a sensation with his idea to build cardboard furniture. His imaginative seat furniture made of simple packing material and designed to be a lowcost object, attracted the market and was immediately accepted. He became famous for his 'Easy Edges' line in furniture consisting of fourteen different pieces. This masterwork shows whatever an unconventional way of thinking can develop. Eventually, Gehry decided to work on flatware in order to create a three-dimensional object. Here, he glued one carton sheet to the other. The multiple layers made the rather unstable cardboard impressively robust to bear the weight of a human being. This new construction enabled Gehry to work with molding tools to make it easier to transfer the expressive forms to the material. This is how sculptures for homes could be designed; in the form of cardboard objects an everyday material with usually little attention reveals a huge potential. Specifically, when Gehry tested the possibility of using the structure of the material as it is, in order to make card-board-seating furniture with personality, like the 'Little Beaver', created in 1980. All flat material disappears giving way to a much smoother surface look of the exposed inside of corrugated cardboard. The series of the 'Experimental Edges' marked the switch from low-priced mass furniture to exclusive exhibition pieces. Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln Wire Chair / Wire Chair Drahtschalenstühle wirken leicht, fast schwerelos. Der Verzicht auf Masse führt zum Offenlegen der Konstruktion. Dadurch wird der Sitzgegenstand allseitig als Netzstruktur wahrgenommen. Derart präsentieren sich die Wire-ChairModelle von Charles & Ray Eames, die Anfang der 50er Jahre von der Hermann Miller Furniture-Company auf den Markt gebracht wurden. Gemeinsam mit den von Harry Bertoia für Knoll Associates entworfenen Stahldraht-Konstruktionen offenbart die Wire-Chair Produktfamilie das Interesse der Entwerfer an Strukturformen, wie sie bereits die Gitterwerke frühindustrieller Großbauwerke kennzeichneten. Bezeichnenderweise erhielt 1951 der von Charles & Ray Eames entworfene DKR-2-Stuhl ein „Eiffelturm“-Untergestell; der direkte Verweis auf das große Vorbild und Symbol innovativer Metallbauweise. Dabei gründete die Entwicklung der von Eames geschaffenen Metalldrahtschalen auf Erfahrungen, die das Gestaltungsbüro zuvor bereits mit Sitzgerät der „Plastic Shell Group“ gemacht hatte. Warum sollten sich Sitzschalen nicht entmaterialisieren lassen, ohne Stabilität einzubüßen? Der Sitzkomfort der verschweißten Metalldrahtsitze stand dem der Kunststoffschalen allerdings nach, weshalb die meisten Modelle mit Sitzkissen ausgestattet wurden. Eine Werbeanzeige, mit der Anfang der 1950er Jahre für den Wire-Chair gewoben wurde, zeigt eine dicht gestellte Gruppe derartiger Metallstühle, die sich dem Betrachter als Strebenwald darstellen. Ein ins Metalldickicht hinein gesetzter Vogel verstärkt das bewusst erzeugte Bild eines technoiden Hains, der uns rhythmisch bewegt erscheint. Wire chairs seem light, almost weightless. Reducing the material discloses its structure and produces the impression of a 'net of wires'. This is how the Hermann Miller Furniture Company described the wire chairs of Charles & Ray Eames when they first introduced them to the market in the early 1950ies. Together with the steel wire constructions Harry Bertoia designed for Knoll Associates, the wire chair product line shows the designers' interest in the structures characteristic for lattice work of early industrial objects. Significantly, the chair DKR-2 designed by Eames in 1951, had a wire base also called the 'Eiffel Tower' because of its resemblance to the classic design and big symbol of innovative metal construction. Although, Eames' wire chairs based on experiences previously made from creating a seat of the 'Plastic Shell Group'. Why shouldn't it be possible to dematerialize the seat shell without a loss of stability? However, the all wire seat was not as comfortable as the plastic shell seat; therefore, most models were equipped with seat cushions. An advertisement for wire chairs in the beginning of the 1950ies showed a group of close-set wire chairs looking like a 'forest of struts'. A bird right in the middle reinforced the deliberately generated picture of a 'technoid grove' rhythmically moving. Movement as an expression of flexibility; this was also in the concept of the chair with a base fitting for all Eames models. Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln Ulmer Hocker / Ulmer Hocker In Zusammenarbeit mit Hans Gugelot und Paul Hildinger entwarf der Architekt Max Bill 1954 einen einfach anmutenden Hocker, der vieles kann: zum einen bietet er zwei Sitzhöhen, je nachdem, ob man ihn senkrecht oder waagerecht stellt. Zum anderen bietet er sich als Tragekörper an, wenn man ihn auf den Kopf dreht, um den stabilisierenden Rundholzstab als Griff zu verwenden. Die Unterseite des Sitzes wird dann zur belastbaren Fläche, auf der Bücher und Gefäße Platz finden. Der Hocker wurde zum Begleiter der Studierenden, die an der damals neu gegründeten Ulmer Hochschule für Gestaltung ihr berufliches Handwerkszeug erhielten. Gleichsam artikulierte sich in der Gestalt des Ulmer Hockers die Grundeinstellung des Bauhäuslers Max Bill, der Form allgemein und die täglich genutzter Gebrauchsgegenstände im Besonderen als „harmonischen Ausdruck der Summe aller Faktoren“ verstand. Die Rede ist von der natürlichen, selbstverständlichen und funktionellen Erscheinung der Dinge: brauchbare Gestalt, die sich bewährt, indem sie unseren Bedürfnissen unaufdringlich nachkommt: dient. Damit entspricht die Gestalt des Hockers, der lange Zeit nicht im Handel angeboten wurde, dem Programm, dessen Gesetz- mäßigkeiten Max Bill in der Losung [form, funktion, schönheit] = [gestalt] fasst. Längst gilt der Hocker aber als formalästhetische Marke der Ulmer Schule, was in den 1980er Jahren jene Designer auf den Plan rief, die manchen „Klassiker“ Erfurcht los kommen- tierten. So kreierte die Gruppe Kunstflug (H. Bartels, H. Fischer, H. Hullmann) für ein Studentenwohnheim in Glasgower den „Max Schrill“-Hocker als Resultat einer Metamorphose, die das strenge Bill-Modell In cooperation with Hans Gugelot and Paul Hildinger, the architect Max Bill designed a stool appearing quite simple, but which actually is multi-faceted: it has two seat heights depending on its position – vertical or horizontal. It can be used for carrying something when turned upside down using its stabilizing wooden stick as a handle; the bottom of the seat can take high loads, e.g. books and pots. The stool became a constant companion of the students at the newly founded Ulmer University. The Ulm stool also demonstrated the philosophy of the Bauhaus designer Max Bill; he saw form in general and everyday objects in particular as a 'harmonious expression of all factors'. He talked about the natural, self-evident and functional appearance of objects; a practical shape standing the test of discreetly meeting our needs: serving. This is what the Ulmer Hocker – not available on the market for a long time - represents; Max Bill defined the program with the slogan [form, function, beauty] = [design]. Long since, the Ulmer Hocker is regarded as the brand of the Ulm School; in the 1980ies, this of course brought designers who generally liked to comment on classic design into the scene: the group 'Kunstflug' (H. Bartels, H. Fischer, H. Hullmann) created the 'Max Shrill stool' for a dormitory for students in Glasgow; the result of a metamorphosis reinventing the rather strict 'Bill model'. Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln Mezzadro / Mezzadro Mit der Vorstellung eigenartiger Sitzgegenstände verblüfften Achille und Pier Giacomo Castiglioni 1957 die Öffentlichkeit. Denn sie verwendeten Fahrradsättel und Traktorensitze, die sie auf ungewohnte Art aufständerten. Der ironische Kommentar zur längst erfolgten Mechanisierung des Haushaltes, wie sie Sigfried Giedion in seinem 1948 erschienenen Buch „Mechanization takes Command“ beschrieben hatte. Darin hatte Giedion u. a. auch auf das Beispiel des freitragend federnden Sitzes einer Mähmaschine verwiesen, um die allgemeine Tendenz der Reduzierung von Massen darzustellen. Schließlich ersetzte dort durchlöchertes Metall, dass industriell zur Sitzschale gepresst wurde, die viel schwerfälligeren Holzrahmen früherer Zeiten. Massenhaft fabriziert, war der Traktorensitz nur eines von vielen Bestandteilen einer effizienten Maschinerie, als sich Achille und Pier Giacomo Castiglioni´s Aufmerksamkeit auf das profane Stanzprodukt richtete. Warum sollte sich der praktische Werksitz nicht auch im Wohnbereich bewähren? – mögen sich die italienischen Architekten gedacht haben, als sie das anonyme Maschinenteil zum Clou ihrer bewunderten Sitzindividualität erklärten: profanes wurde exklusiv – der Traktorensitz zum tragenden Motiv einer sperrigen Designikone, die mit den traditionellen Vorstellungen häuslichen Sitzkomforts bricht. In 1957, Achille and Pier Giacomo Castiglioni astonished the public by presenting strange seatings. They placed bicycle and tractor seats on stands; an ironic comment on the mechanization of the household as Sigfried Giedion described in his book 'Mechanization takes command', published in 1948. Here, Giedion uses the example of a self-supporting flexible seat of a harvester in order to depict the general tendency of mass reduction; here, seats made of perforated metal replaced the inelegant wooden frames of earlier times. The mass-produced tractor seat was only one of the components of efficient machinery when Achille and Pier Castiglioni focused on the profane stamped products. Why shouldn't this practical work seat prove itself in living rooms? – this is probably what the Italian architects were thinking when they revealed this anonymous machine part as the secret of their much-admired individual way to sit: what was profane became exclusive – the tractor seat as the main theme of a bulky design icon breaking with traditional ideas of seating comfort at home. Skizze + Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln