Elf neue Kindergärten als PPP
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Elf neue Kindergärten als PPP
11 Kindergarten-Neubauten als „PPP-Projekt“ - Der besondere Weg der Stadt Leverkusen Projektbericht von Stadtkämmerer Rainer Häusler, Leverkusen Es begab sich in Berlin – anno 2007 – ein „Krippengipfel“, der unserer Gesellschaft die Offenbarung lieferte, die den Erziehungsberechtigten von unter 3-jährigen Kindern die Garantie eines Kindergartenplatzes spätestens zum Beginn des Kindergartenjahres 2013/14 gewährleisten soll. Was aus gesellschafts- und familienpolitischen Gründen zur Vereinbarung von Familie und Beruf gut gemeint gewesen ist, führt leider im Rahmen der gesetzlichen Umsetzung (Kinderförderungsgesetz des Bundes/Kinderbildungsgesetz des Landes NRW) zu Friktionen für die Kommunen. Zum einen ist das Vorhaben durch den unerklärlichen Widerspruch geprägt, eine Regelung nur für 35 % der unter 3-Jährigen getroffen zu haben, aber einen Rechtsanspruch für alle zu fixieren. Zum anderen ist das Vorhaben insgesamt durch eine unzureichende Finanzierungsregelung zu Lasten der Städte und Gemeinden gekennzeichnet. In der Erwartung, dass das Land NRW aufgrund des Verfassungsgerichtsurteils vom 12.10.2010 – Verf.GH 12/09 - und des Konnexitätsausführungsgesetzes NRW eine adäquate Förderung liefert, hat sich die Stadt Leverkusen auf den Weg gemacht, die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Dass dieser Weg für eine Stadt wie Leverkusen sehr steinig wird, ist nachzuvollziehen, wenn eine seit 2004 andauernde Nothaushaltssituation mit einem von der Aufsichtsbehörde nur geduldetem Haushalt zu bewältigen ist. Eine Nothaushaltssituation, die eindeutig nicht dem verschwendungssüchtigen Haushaltsgebaren der Stadt, sondern den überbordenden und fremdbestimmten Aufgabenübertragungen von Bund und Land insbesondere im Sozial- und Jugendsektor geschuldet ist. Eine Situation, die beispielsweise die Städte – so auch Leverkusen – in einer Weise beschränkt, dass nur noch 2/3 der getilgten Altdarlehen zur Neuaufnahme entsprechender Investitionsdarlehen berechtigt. Da trotz aller Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung parallel auch Stadtentwicklung zu betreiben ist, sind neue Investitionskredite naturgemäß für eine Vielzahl von anderen Aufgabenfeldern (eben nicht nur im Bereich der Kindertagesstätten) von besonderer Bedeutung, will man dem Verfall kommunaler Infrastruktur bewusst begegnen. Deshalb hat die Stadt Leverkusen einen Weg gesucht, der im Rahmen einer gesellschaftsrechtskonformen Umsetzung durch die 100 %-ige städtische Wohnungsgesellschaft (WGL) gefunden worden ist. Dementsprechend hat der Rat der Stadt Leverkusen im Dezember 2010 den Organen der WGL die Weisung erteilt, den Bau und Betrieb von Kindertagesstätten umzusetzen. Eine Lösung, die für 11 Neubauten von Kindertagesstätten mit 870 Plätzen ein Investitionsvolumen von ca. 24 Mio. € beinhaltet. ... -2Eine Lösung, die als Lebenszyklusmodell die Gebäudebewirtschaftung der Kindertagesstätten für einen Zeitraum von 25 Jahren auf den Markt überträgt. Eine Lösung, die im Rahmen eines Kooperationsvertrages als Modellprojekt der „PPP-task-force-NRW“ begleitet und von der Kommunalaufsicht getragen worden ist. Dieser Weg war vorgezeichnet unter meiner Maßgabe, dass es nicht unbedingt zur Kernkompetenz kommunaler Daseinsvorsorge gehören muss, die Gebäudebewirtschaftung selbst zu übernehmen. Hierfür gibt es einen Markt, der in Anspruch genommen werden sollte, wenn er kostengünstiger im Vergleich zur städtischen Aufgabenerledigung ist. Ein Weg, der auch deshalb vorgezeichnet war, weil ein in 2003 bereits umgesetztes reines „PPP-Vorhaben“ zur 30-Mio.-€-schweren Sanierung der berufsbildenden Schulen in Leverkusen gute Erfahrungen geliefert hat. Ein Weg, der im Rahmen einer Machbarkeitsstudie und daraus resultierend eines „Kita-Wirtschaftlichkeitsvergleichs“ zu eindeutigen finanziellen Vorteilen gegenüber der Aufgabenerledigung in städtischer Eigenregie geführt hat. Die Erstellung dieser Studie wurde auf Empfehlung der „PPP-task-force-NRW“ gezielt beschränkt ausgeschrieben und vergeben. Waren es im Rahmen dieser Machbarkeitsstudie noch prognostizierte Wirtschaftlichkeitsvorteile von 6,4 %, so führte die Durchführung des europaweiten Interessenbekundungs- und anschließenden Ausschreibungs- und Verhandlungsverfahrens zu dem erfreulichen Ergebnis, wonach die Investitionskosten pro „Kita-Platz“ statt grob geschätzter 35.400 € im herkömmlichen Vergabeverfahren zu einer Reduzierung um 23,3 % auf 27.140 € pro Platz führten. Angesichts der vom Land zugesagten Fördermittel von 18.000 € pro Platz ist dieser Unterschied von entscheidender Bedeutung. Von den im Rahmen des europaweiten Interessenbekundungsverfahrens gemeldeten 7 Unternehmen haben konkret 5 Anbieter auf die Ausschreibung reagiert und ein entsprechendes Angebot eingereicht. Der Analyse dieser Angebote sowie dem abschließenden Verhandlungsverfahren mit den Bietern ging die Erstellung eines umfangreichen Pflichtenheftes für den Bau und den Betrieb der Einrichtungen voraus. Diese Vorgaben wurden einvernehmlich von den leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fachbereiche Kinder und Jugend, der Gebäudewirtschaft sowie der WGL und des Beratungsunternehmens unter der Koordination des persönlichen Referenten des Kämmerers erarbeitet. Ebenso einvernehmlich hat der Abgleich dieser Vorgaben mit den Angeboten stattgefunden, der schließlich zu einem einstimmigen Vergabevorschlag für den WGLAufsichtsrat geführt hat. Das Lev-Modell unterscheidet sich von einem herkömmlichen „PPP-Vorhaben“ dadurch, dass die WGL die Finanzierung übernimmt. Es handelt sich hierbei um eine vollständige Projektfinanzierung, die auf eine Gesamtlaufzeit von 25 Jahren eine Zinsbindung mit 3,6 % fixiert, demnach nur knapp über dem damaligen Kommunalkredit liegt. Dieser auf den ersten Blick ermittelte finanzielle Mehraufwand wird beim zweiten Blick im positiven Sinne überkompensiert durch die vergleichsweise erheblich geringeren Investitionskosten gegenüber dem bisher typischen Verfahren zur Vergabe einer Bauleistung. -3- Unsere Gesellschaft konnte sich aufgrund ihres sehr guten Ratings eine 100 %ige Fremdfinanzierung bei der Sparkasse Leverkusen erlauben ohne ihren Status zu verlieren. Auf Selbstkostenbasis werden die anfallenden Kosten 1 : 1 der Stadt Leverkusen über die Miete angelastet. D. h. auch, dass die Aufgaben des Baus und der Bewirtschaftung der gesellschaftseigenen Wohnungen nicht beeinträchtigt werden. Insoweit erwachsen aus dem KitaEngagement der WGL keine Nachteile wie Mieterhöhungen oder mangelnde Bauunterhaltung für die Mieterschaft dieser Wohnungen. In Kurzform stellen sich die Zuständigkeiten für dieses Projekt wie folgt dar: Prozessbegleiter: Gutachter: (Wirtschaftsprüfer, Architekt, Jurist) PPP-task-force NRW Stadt Leverkusen (Dez. II/ FB 51/65) Weisungsgeber Erbbaurechtsgeber Mieter Betreiber Wohnungsbaugesellschaft Leverkusen 100% Weisungsgebunden Erbbaurechtsnehmer Vermieter Kreditnehmer Bauherr: Kreditgeber Sparkasse Leverkusen Auftraggeber „Planen, Bauen, Bewirtschaftung“ Marktteilnehmer: Auftragsnehmer „Planen, Bauen, Bewirtschaftung“ Das Projekt der ersten Tranche zur Umsetzung des U3-Vorhabens beinhaltet mit entsprechender Landesförderung derzeit 4 Einrichtungen mit 300, davon 160 U3Plätzen. Es ist nach Beschlussfassung durch den WGL-Aufsichtsrat im November 2011 zwischenzeitlich vergeben worden. Die Baumaßnahmen wurden begonnen, die Realisierung ist für Ende 2012/Anfang 2013 vorgesehen. Dementsprechend sind die umfangreichen Vertragswerke, wie Lebenszyklusvertrag, Erbbaurechtsvertrag und Mietvertrag unter fachgerechter und juristischer Begleitung geschlossen worden. Die zweite Tranche mit 7 Einrichtungen und 570, davon 304 U3-Pätzen ist in der Vorbereitung mit der Zielrichtung, zeit-, sach- und finanzierungsgerecht bis zum August 2013 realisiert zu werden. Die Landesförderung dieser Tranche ist allerdings noch nicht gesichert. Für diese konzerninterne Lösung danke ich dem Rat der Stadt Leverkusen für seine Weitsichtigkeit der unabweisbaren Projektrealisierung, den Fachbereichen und der Verwaltung der WGL, den uns begleitenden Beratungsfirmen sowie der Sparkasse -4und für die erste Tranche der bauausführenden Firma und schließlich dem Land Nordrhein-Westfalen (Finanz- und Familienministerium). Dieses Handeln war stets durch eine von dem Verwaltungswissenschaftler Professor Thomas Ellwein* übernommene Prämisse geprägt, die Gesetze und entsprechenden Ausführungsbestimmungen und Richtlinien „solange zu streicheln bis sie passen“. Im Interesse der Erfüllung des Rechtsanspruches auf Gewährleistung eines „U3Platzes“ war dies allerdings zwingend. Dass dieser Projektbericht zwar vergleichsweise leicht geschrieben ist, aber die Überwindung von vorhandenen und zusätzlich aufgestellten Hürden bei weitem nicht so einfach gewesen ist, versteht sich von selbst. * aus: Ellwein, Thomas: „Das Dilemma der Verwaltung“, Seite 47, Wiesbaden 1994: „Das Gesetz zu streicheln bis es passt, ist eine Kunst, die der Ängstliche nie erlernen wird.“