Potentiale des Flugplatzes Leipzig- Altenburg

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Potentiale des Flugplatzes Leipzig- Altenburg
Potentiale des Flugplatzes LeipzigAltenburg
IHK-Studie zu den Marktchancen und zur Kostenstruktur des Flugplatzes Leipzig-Altenburg im Vergleich zum Flughafen Erfurt
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Herausgeber:
IHK Ostthüringen zu Gera
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Alle Rechte vorbehalten
© IHK Ostthüringen zu Gera, August 2010
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit vorheriger Genehmigung der IHK Ostthüringen zu
Gera.
Inhaltsverzeichnis
Wesentliche Ergebnisse der Studie auf einen Blick ................................................................ 4
1. Einleitung ........................................................................................................................ 6
1.1. Zwischen Sparzwängen und Tor zur Welt: Internationale Luftverkehrsstandorte
in Thüringen auf dem Prüfstand .................................................................................. 6
1.2. Regionalflughäfen als Wirtschaftsfaktor ...................................................................... 6
2. Internationale Luftverkehrsstandorte im Freistaat Thüringen: Erfurt und LeipzigAltenburg ........................................................................................................................ 7
2.1. Flughafen Erfurt .......................................................................................................... 7
2.2. Flugplatz Leipzig-Altenburg ......................................................................................... 9
3. Vergleich der Erlöse und Aufwendungen des Flugbetriebes am Flughafen Erfurt
und Flugplatz Leipzig-Altenburg ................................................................................... 11
3.1. Flughafen Erfurt ........................................................................................................ 11
3.2. Flugplatz Leipzig-Altenburg ....................................................................................... 13
4. Wachstumspotentiale der Luftverkehrsstandorte Erfurt und Leipzig-Altenburg ............. 14
4.1. Standort und Einzugsgebiet ...................................................................................... 14
4.1.1. Flughafen Erfurt .............................................................................................. 14
4.1.2. Flugplatz Leipzig-Altenburg ............................................................................. 15
4.1.3. Fazit ................................................................................................................ 15
4.2. Wettbewerber der Flughäfen Erfurt und des Flugplatzes Leipzig-Altenburg .............. 17
4.2.1. Konkurrenten des Flughafens Erfurt .................................................................. 17
4.2.2. Konkurrenten des Flugplatzes Leipzig-Altenburg .............................................. 19
4.2.3. Fazit ................................................................................................................ 19
4.3. Schlussfolgerungen für die Wachstumsaussichten ................................................... 20
5. Bedeutung des Flugplatzes Leipzig-Altenburg für die Region Mitteldeutschland ........... 21
5.1. Umfrage der IHK Ostthüringen und der IHK Chemnitz: Nutzung LeipzigAltenburgs durch die Unternehmen in Mitteldeutschland ........................................... 21
5.2. Fazit .......................................................................................................................... 25
6. Touristische Nutzung .................................................................................................... 25
6.1. Vorbetrachtung: Aktuelle Entwicklungen im Tourismus ............................................. 25
6.2. Wirkung von Incoming-Tourismus auf die regionale Wirtschaft ................................. 25
6.3. Befragung zum Incoming-Tourismus durch den Flugplatz Leipzig-Altenburg ............ 26
6.4. Incoming-Tourismus in Mitteldeutschland ................................................................. 29
7. Zukünftige Entwicklungen im Luftverkehr ...................................................................... 29
3
Wesentliche Ergebnisse der Studie auf einen Blick
Der Low-Cost-Flugplatz Leipzig-Altenburg ist für den Wirtschaftsraum Mitteldeutschland wichtiger Mobilitätsgarant. Die Unternehmen in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt äußern großes Interesse an günstigen Fluglinien in
deutsche und europäische Ballungszentren.
Bereits heute spielt der Flugplatz Leipzig-Altenburg eine wichtige Rolle für den
Tourismus in Mitteldeutschland. Die Urlaubsregion Mitteldeutschland wird von
der Entwicklung des Flugplatzes im hohen Maße profitieren.
Thüringen nutzt das Tourismus-Potential der Low-Cost-Branche bislang nicht
für sich und sollte dieses deutlich besser für den Freistaat erschließen.
Das Zeitfenster für eine Entscheidung für oder gegen die Wachstumsbranche
Low-Cost ist aufgebraucht. Weitere Verzögerungen gefährden den Winterflugplan und damit die Existenz des Flugplatzes Leipzig-Altenburg.
Thüringen würde mit einem Aus des Flugplatzes auf lange Zeit aufgeben:
o zukunftsträchtige Low-Cost-Potentiale für den Tourismus und
o Standortvorteile für die Wirtschaft durch Low-Cost
Das laufende Geschäft des Flughafens Erfurt und des Flugplatzes LeipzigAltenburg stellt sich im Jahr 2008 wie folgt dar (siehe Seite 8 ff.):
Flughafen Erfurt
(aus dem Lagebericht
Geschäftsjahr 2008)
6.812.455 €
Flugplatz LeipzigAltenburg
(aus GuV 2008)
1.126.501 €
Umsatzerlöse
Betriebsaufwendungen (um neutrale
-16.800.000 €
-2.890.275 €
Aufwendungen bereinigt)
Betriebsergebnis (um Sondereffekte
-9.348.000 €
- 1.763.774 €
bereinigt)
Neutrales Ergebnis (positive Sonderein7.254.000 €
1.303.905 €
flüsse)
Jahresfehlbetrag/ Jahresüberschuss
-1.929.000 €
- 459.663 €
Die Zahlen für den Flugplatz Leipzig-Altenburg sind nur aus der GuV abgeleitet und sind nicht vollständig identisch mit den Werten des Flughafens Erfurt. Die Schlussfolgerungen sind davon unberührt.
Beide Luftverkehrsstandorte werden gegenwärtig subventioniert:
o Der Flugplatz Leipzig-Altenburg mit rund 1,2 Mio. Euro im Jahr.
o Der Flughafen Erfurt mit bis zu 9 Mio. Euro im Jahr.
Beide Standorte werden nur durch eine Steigerung des Verkehrsaufkommens
ihre Defizite verringern, jedoch in absehbarer Zeit nicht vollständig kostendeckend wirtschaften können.
4
Der Flugplatz Leipzig-Altenburg hat ein deutlich besseres Entwicklungspotenzial als der Flughafen Erfurt.
o Der Flugplatz Leipzig-Altenburg liegt zentral im dicht besiedelten Mitteldeutschland. Das Passagierpotential im Einzugsbereich ist mehr als
doppelt so groß wie im Einzugsbereich des Flughafens Erfurt.
o Die in Leipzig-Altenburg angebotenen Low-Cost-Flüge (LCC: „Billigflieger“) sind in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt aus Sicht des
Standorts alternativlos. Andere Standorte sind aus Sicht der BilligFluggesellschaften als Standort nicht geeignet.
o Der Flughafen Erfurt unterscheidet sich von Altenburg in den Angebotssegmenten (FSC: Full-Service-Carrier) und konkurriert in seinen
angebotenen Leistungen mit anderen Standorten, jedoch nicht mit
Leipzig-Altenburg.
Märkte in der Passagierluftfahrt: Full-Service-Carrier und Low-Cost-Carrier
Das Angebot eines Flughafens oder eines Landeplatzes wird zwischen FSC (Full-Service-Carrier) und LCC
(Low-Cost-Carrier) unterschieden. FSC bieten neben der reinen Flugdienstleistung eine nach dem Service
differenzierte Klassenstruktur an. Das heißt, neben dem Flug selbst wird eine Dienstleistung am Platz in Anspruch genommen. LCC dagegen bietet nur eine Differenzierungsmöglichkeit, den Preis der Transportleistung.
Das Prinzip der traditionellen Luftverkehrsgesellschaften, einen Flug mit Komfort und Service zu verbinden,
wird durch LCC grundsätzlich umgangen. Es wird die Möglichkeit angeboten sich von A nach B zu bewegen,
mehr nicht, jedoch zu einem deutlich geringeren Preis. Der Preisvorteil führt zur Akzeptanz weiterer Anreisewege.
Quelle: German Airport Performance, Die Entwicklung der Low-Cost-Carrier und ihr Einfluss auf die Flughäfen, Juli 2005
5
1. Einleitung
1.1. Zwischen Sparzwängen und Tor zur Welt: Internationale Luftverkehrsstandorte in Thüringen auf dem Prüfstand
Die Finanzierungssituation des Freistaates Thüringen wird sich in den kommenden Jahren
erheblich verändern. Die Steuereinnahmen gehen zurück; ab 2020 deckelt die grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse den Landeshaushalt. Der Freistaat ist zu einer deutlichen
und nachhaltigen Reduktion des Haushaltsvolumens gezwungen. Die Landesregierung
selbst behauptet, dass Haushaltspositionen ohne Scheu bzgl. ihres Nutzens geprüft werden.
Davon betroffen sind auch die beiden im Freistaat liegenden internationalen Luftverkehrsstandorte: Der Flughafen Erfurt und der Flugplatz Leipzig-Altenburg. Gegenwärtig diskutieren
Freistaat, Flughafenbetreiber und –Anteilseigner sowie regionale Körperschaften und Verbände darüber, wie die Standorte zukünftig entwickelt werden sollen.
Die Kritik von Teilen der Politik und Öffentlichkeit richtet sich vor allem gegen den Flugplatz
Leipzig-Altenburg. Er wird als „Subventionsloch“ ohne Perspektive und ohne Bedeutung für
Thüringen dargestellt und entsprechend in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen. In der
Konsequenz kommt man oft zum Schluss, die Schließung Leipzig-Altenburgs würde
a) Steuergelder sparen und
b) der Flughafen Erfurt könnte vom Wegfall eines (scheinbaren) Wettbewerbers profitieren und so seine Wirtschaftlichkeit verbessern.
Der Flugplatz Leipzig-Altenburg ist in der Region Ostthüringen gelegen und Teil der hiesigen
Wirtschaftsstruktur. Die IHK Ostthüringen ist als Vertreter der Unternehmen in der Region in
die Diskussion um die Thüringer Luftverkehrsstandorte eingebunden.
Wir sind daher in besonderem Maße daran interessiert, die oftmals emotional aufgeladene
Diskussion durch eine nüchterne Untersuchung zu versachlichen. Die vorliegende, durch die
IHK Ostthüringen angefertigte Analyse, betrachtet die Wirtschafts- und Standortperspektiven
der beiden Luftverkehrsstandorte sowie ihre Bedeutung für die Entwicklung Mitteldeutschlands.
1.2. Regionalflughäfen als Wirtschaftsfaktor
Die Diskussion über die Entwicklung der Thüringer Luftverkehrsstandorte wird vehement
geführt. Es ist allen Beteiligten klar, dass der Zugang zu Mobilität für Menschen und Waren
heute ein entscheidender Standortfaktor ist. In Thüringen lag die Exportquote der Industrie
im Jahr 2008 bei 33 Prozent1, in Sachsen waren es 34 Prozent2. Der schnelle und kostengünstige Zugang zu ausländischen Märkten ist daher für die Entwicklung der Region unabdingbar. Zugleich sichern Luftverkehrsstandorte den Zugang für Incoming-Touristen oder
Geschäftsreisende in die Region. Die durch den Luftverkehr induzierten Effekte sind vielfältig; Flugplätze agieren direkt als Arbeit- und Auftragsgeber. Zudem ergeben sich positive
Effekte auf die Ansiedlung von Gewerbe und die Tourismuswirtschaft.3 Die positive Bedeutung des Luftverkehrs für die Wirtschaft einer Region ist daher unumstritten. Um diese Wirkung entfalten zu können, müssen Luftverkehrsstandorte mit anderen Zugangspunkten zum
Luftverkehr vernetzt sein; entweder über direkte Verbindungen oder über Zugänge zu verteilenden Drehkreuzen.4 5
1
Jahreswirtschaftsbericht für den Freistaat Thüringen 2009.
Sächsisches Ministerium für Wirtschaft und Arbeit, Stand 2010.
3
ACI Europe Position, A level playing field for European airports – the need of for revised guidelines on State Aid,
16.06.2010
4
Als Drehkreuze werden Flughäfen bezeichnet, die im Zentrum der nationalen und internationalen Liniennetze
liegen. Von diesen Drehkreuzen aus können Reisende die meisten großen internationalen Flughäfen erreichen.
Zudem sind Drehkreuze im nationalen Liniennetz mit Regionalflughäfen verbunden.
5
Röhl (2009), S. 11.
2
6
2. Internationale Luftverkehrsstandorte im Freistaat Thüringen: Erfurt
und Leipzig-Altenburg
2.1. Flughafen Erfurt
Der Flughafen Erfurt ist für die Landeshauptstadt ein Wirtschafts- und Standortfaktor, aber
auch ein Identitätsträger. Er symbolisiert nicht zuletzt die Stellung der Stadt als Sitz der Landesregierung. Deutlich wird dies in den seit 1990 am Standort investierten 200 Mio. Euro, die
vollständig aus Landesmitteln gedeckt worden sind. Gesellschafter des Flughafens sind der
Freistaat Thüringen (Stammkapital 2.015.900 Euro, Stand 2008) und die Stadt Erfurt
(Stammkapital 106.100 Euro, Stand 2008).6 Die Geschäftstätigkeit des Flughafens beruht
aktuell auf drei Säulen: dem Linienverkehr, dem Charter- und dem Frachtverkehr.
Entwicklung der Luftfahrtdienstleistungen am Flughafen Erfurt:
2008
Flugbewegungen
Passagiere gesamt, gewerblich befördert
Passagiere im Linienflug
Passagiere Touristik (Charterflüge)
2007
2006
13.309
12.991
13.124
308.237
318.459
356.000
24.622
27.460
28.593
282.429
285.614
324.618
Frachttonnage (in Tonnen)
3.441
3.214
4.818
Verkehrseinheiten (= 1 Passagier bzw.
342.650
350.599
404.180
100kg Luftfracht)
Tabelle 1, Quelle: Jahresabschlussberichte der Flughafen Erfurt GmbH der Jahre 2008, 2007 und 2006.
Die Verkehrsleistungen des Flughafens sinken seit einigen Jahren. Passagier- und Frachtzahlen waren zwischen 2006 und 2009 rückläufig. Erstmals gestoppt wurde der Rückgang
des Passagieraufkommens im ersten Halbjahr 2010. Zwischen Januar und Juni des Jahres
wurden 132.000 Passagiere in Erfurt abgefertigt, das sind 13 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.7
Der größte Teil des Passagieraufkommens entfällt auf den Charterverkehr (s. Tabelle 1). In
den Sommermonaten buchen Reiseunternehmen bei verschiedenen Luftverkehrsgesellschaften ab Erfurt Reisen zu Destinationen in Europa, dem Nahen Osten und Afrika.
Im Linienverkehr bietet der Flughafen Erfurt aktuell (Stand 2010) eine Direktverbindung zum
Luftverkehrs-Drehkreuz Franz-Josef-Strauß in München. Die Verbindung richtet sich speziell
an Kunden, die von München aus zu internationalen Destinationen weiter reisen möchten.
Der Linienflugbetrieb wird unseren Informationen zur Folge zu 100 Prozent subventioniert
betrieben und dem aktuellen Betreiber Cirrus Airline ein bestimmter Auslastungsgrad der
Flugzeuge garantiert. Der Haushaltsplan 2010 des Thüringer Ministeriums für Bau, Landesentwicklung und Verkehr weist derzeit einen Subventionsbetrag von 2,1 Mio. Euro für den
Betrieb der Verbindung aus.8
Ebenfalls werden kleinere Chargen Luftfracht befördert. Das Luftfrachtaufkommen betrug im
Jahr 2006 4.818 Tonnen9. Im Jahr 2008 sank es auf 3.441 Tonnen10; im Krisenjahr 2009
erfolgte ein weiterer Rückgang auf 1.491 Tonnen.11
6
Jahresabschluss der Flughafen Erfurt GmbH zum Geschäftsjahr 2008.
Quelle: www.mdr.de, Stand August 2010.
8
Landeshaushalt 2010 des TMBLV, Stand: 2010, Seite 35, 40.
9
Jahresabschluss der Flughafen Erfurt GmbH zum Geschäftsjahr 2006.
10
Jahresabschluss der Flughafen Erfurt GmbH zum Geschäftsjahr 2008.
11
ADV, Statistik: http://www.adv.aero/fileadmin/pdf/statistiken/2009/Dezember_2009.pdf, Stand Dezember 2009.
7
7
Entwicklung des Flughafens Erfurt in Zahlen:
2008
2007
2006
Umsatzerlöse
6.812.455,00 €
6.846.832,00 €
7.032.593,00 €
Betriebsaufwendungen (um neutrale
-16.800.000 €
-16.458.000 €
-16.972.000 €
Aufwendungen bereinigt)
Betriebsergebnis (um Sondereffekte
-9.348.000 €
-8.672.000 €
-9.629.000 €
bereinigt)
Neutrales Ergebnis (positive Sonder7.254.000 €
9.095.000 €
9.536.000 €
einflüsse)
Jahresfehlbetrag/ Jahresüberschuss
-1.929.000 €
322.000 €
89.000 €
Veränderung des Finanzmittelbestan-2.135.000 €
-2.276.000€
-5.523.000 €
des (Abnahme liquider Mittel)
Finanzmittelbestand am Ende der
3.688.000 €
5.823.000 €
8.099.000 €
Periode (Bestand liquider Mittel)
Tabelle 2; Quelle: Jahresabschlussberichte der Flughafen Erfurt GmbH der Jahre 2008, 2007 und 2006.
Die laufende Geschäftstätigkeit des Flughafens Erfurt ist vom stetigen Abfluss liquider Mittel
geprägt (siehe Veränderung Finanzmittelbestand Tabelle 2). „Sie wird sich auch mittelfristig
nicht so entwickeln, dass der laufende Aufwand selbst bei sparsamster Wirtschaftsführung
durch die laufenden Einnahmen gedeckt werden kann.“ wie der Lagebericht des Flughafen
Erfurt zum Geschäftsjahr 2007 ausführt. Daher sieht der Haushaltsplan des Thüringer Ministeriums für Bau, Landesentwicklung und Verkehr (TMBV) im Jahr 2010 einen Zuschuss zur
Liquiditätssicherung des Geschäftsbetriebs in Höhe von bis zu 3,088 Mio. Euro vor.12 Mit der
Subventionierung der Fluglinie Erfurt-München in Höhe von 2,16 Mio. Euro ergibt sich 2010
eine Subventionssumme für den Flughafen Erfurt in Höhe von 5,248 Mio. Euro durch den
Freistaat Thüringen.
Seit 1995 erhielt der Flughafen vom Freistaat Betriebsmittelzuschüsse in Höhe von mehr als
32 Mio. Euro zusätzlich zu den projektbezogenen Förderungen seit 1998.13
Trotz der sinkenden Verkehrsleistungen des Flughafens Erfurt sind die Betriebsaufwendungen kaum gesunken. Nach Aussage des Geschäftsberichtes des Flughafens für das Jahr
2008 ist mit einer wesentlichen Reduktion bei den Personalkosten nicht zu rechnen. Der negative Cashflow zwingt den Freistaat Thüringen und die Stadt Erfurt als Gesellschafter auch
in Zukunft zur Bezuschussung der in Erfurt zu tätigenden Investitionen und des laufenden
Geschäftes, so der Jahresbericht 2008.14
Auffällig ist die Höhe des neutralen Ergebnisses, d. h. der positiven Sondereinflüsse in Höhe
von bis zu 9,5 Mio. Euro im Jahr 2006, die nichts mit der eigentlichen Betriebstätigkeit zu tun
haben. Diese entstehen überwiegend bei der Auflösung der „Sonderposten für Investitionszuschüsse der Gesellschafter zum Anlagevermögen“ (Gesellschafter sind der Freistaat Thüringen mit 95% und die Stadt Erfurt mit 5%). Allein im Geschäftsjahr 2008 wurden so 7,402
Mio. Euro Ertrag generiert; der Freistaat zahlte im gleichen Jahr 500.000 Euro Investitionszuschüsse.
12
Landeshaushalt 2010 des TMBLV, Stand: 2010, Seite 35, 40.
Drucksache Thüringer Landtag 5/1282
14
Jahresabschlussbericht der Flughafen Erfurt GmbH, 2008.
13
8
Fazit:
Die Umsätze des Flughafens Erfurt stagnieren. Es ist bis zum Jahr 2008 nicht gelungen, die Betriebsaufwendungen dem sinkenden Verkehrsaufkommen anzupassen. Das
permanente Defizit aus der laufenden Geschäftstätigkeit muss überwiegend der Freistaat Thüringen gegenfinanzieren. Allein die Größe der in Erfurt zu erhaltenden und zu
betreibenden Terminaleinrichtungen und des Personalbestandes lassen eine wesentliche und nachhaltige Senkung der anhaltend hohen Kosten nicht zu. Der Flughafen
benötigt eine weit höhere Auslastung, um kostendeckend zu wirtschaften. Bisher ist
es nicht gelungen, eine nicht subventionierte Linienverbindung am Flughafen anzusiedeln.
2.2. Flugplatz Leipzig-Altenburg
In den Luftverkehrsstandort Leipzig-Altenburg wurden seit 1990 14 Mio. Euro investiert. Der
ehemalige Militärflughafen wurde in der Folgezeit in einen Verkehrslandeplatz umgewandelt.
Im neuen Jahrtausend entwickelte sich der Flugplatz zum mitteldeutschen Standort für LCCVerkehr. Als Hauptgesellschafter fungiert der Landkreis Altenburger Land, weitere Anteile
halten die Stadtwerke Altenburg GmbH.
Entwicklung der Luftfahrtdienstleistungen am Flugplatz Leipzig-Altenburg:
2008
Flugbewegungen
2007
2006
Passagiere gesamt, gewerblich befördert
13.485
134.519
14.332
132.114
12.937
98.558
Passagiere im Linienflug
134.519
132.114
98.558
0
0
0
Frachttonnage (in Tonnen)
<100
<100
Verkehrseinheiten (= 1 Passagier bzw.
134.519
132.114
100kg Luftfracht)
Tabelle 3, Quelle: Daten des Flugplatzes Leipzig-Altenburg, August 2010.
<100
Passagiere Touristik (Charterflüge)
98.558
Die Verkehrsleistung des Flugplatzes Leipzig-Altenburg steigt seit dem Einstieg in das LCCGeschäft kontinuierlich bis/ einschließlich 2009.
Die Geschäftstätigkeit Leipzig-Altenburgs konzentriert sich auf das Angebot niedrigpreisiger
Linienverbindungen (Low-Cost-Carrier). Aktuell werden drei Destinationen (Stand Juli
2010)15 im regelmäßigen Dienst vom irischen Low-Cost-Carrier Ryanair angeflogen: London,
Barcelona und Alicante. Die Linienflüge der Fluggesellschaft Ryanair werden nicht subventioniert. Allerdings werden – wie im Low-Cost-Verkehr üblich – Ryanair sehr günstige Landegebühren gewährt. Außerdem übernimmt der Flugplatz die Marketingkosten für die Linienflüge.
Im Jahr 2009 wurden in Leipzig-Altenburg 139.575 Passagiere befördert. Für 2010 werden
140.000 Passagiere erwartet.16 Der Flugplatz ist über den Linienverkehr hinaus der wichtigste Flughafen für Geschäftsflüge in Thüringen und Südwestsachsen.
Das Frachtaufkommen in Leipzig-Altenburg ist gering. Der Verkehrslandeplatz dient dem VW
Werk Mosel als Frachtflugplatz. Die angelieferte Fracht spielt allerdings für die Produktion
eine erhebliche Rolle um Stillstände im Betriebsablauf zu vermeiden.17
15
Flugplan des Flugplatz Leipzig-Altenburg, http://www.leipzig-altenburg-airport.de/htdocs/flugpl.shtml, Stand: Juli
2010
16
Daten des Flugplatz Leipzig-Altenburg, Stand: August 2010.
17
Klophaus (2007), Seite 31
9
Entwicklung Flugplatz Leipzig-Altenburg in Zahlen:
2008
Umsatzerlöse
2007
1.126.501,00 €
958.153,00 €
2006
679.338,00 €
- Betriebsaufwendungen (bereinigt
2.890.275,00 €
2.814.805,00 €
2.268.137,03 €
um Kostenerstattung Luftaufsicht)
= Betriebsergebnis (errechnet)
- 1.763.774,00 €
- 1.856.652,00 €
- 1.588.799,03 €
+ sonstige betriebliche Erträge (bereinigt um Kostenerstattung Luft1.303.905,00 €
1.555.631,00 €
1.334.590,03 €
aufsicht)
= Jahresfehlbetrag/ Jahresüber- 459.663,00 € - 300.503,00 €
- 252.972,00 €
18
schuss
Tabelle 4, Quelle: Jahresabschlussberichte der Flugplatz Altenburg-Nobitz GmbH der Jahre 2008, 2007 und
2006; Daten der THÜSAC Personennahverkehrsgesellschaft mbH 2010.
Der Flugplatz Leipzig-Altenburg ist zur Sicherung der Geschäftstätigkeit auf Zuschüsse der
Gesellschafter angewiesen. Der Betrag dieser Zuschüsse lag in den Jahren 2006 bis 2008
bei etwa 1 Mio. Euro. Da es sich bei den Gesellschaftern um Landkreis und Kommune handelt, sind diese Zuschüsse als Subventionen zu betrachten.
In den Jahren 2006, 2007 und 2008 ist eine deutliche Steigerung der Umsatzerlöse aus der
Geschäftstätigkeit festzustellen. Kostenseitig sind die Aufwendungen für Personal sowie
Werbung und Öffentlichkeitsarbeit gestiegen. Es ist nicht gelungen den Jahresfehlbetrag zu
senken.
Der Freistaat Thüringen subventioniert die Flugsicherung vor Ort zu 70 Prozent. Im Jahre
2009 stellte er dafür den Betrag von 270.000 Euro bereit. 2010 waren es 230.000 Euro. Des
Weiteren finanziert der Freistaat 2½ Stellen für Beauftragte für Luftaufsicht.19
Fazit:
Dem Flugplatz Leipzig-Altenburg gelingt es, seine Umsätze deutlich zu steigern. Dennoch bleibt ein deutlicher Fehlbetrag im Jahresabschluss. Dieser wird aus Rücklagen
und Zuschüssen der Gesellschafter beglichen. Das Verkehrsaufkommen des Flugplatzes steigt seit Eröffnung der LCC-Verkehrs. Die Auslastung muss weiter steigen, um
den Kostendeckungsgrad zu erhöhen.
18
Es ergeben sich geringfügige Abweichungen (kleiner 1.000 Euro) zwischen den Ergebnissen der eignen Berechnung der IHK Ostthüringen und der Jahresabschlüsse der Altenburg-Nobitz GmbH. Diese ergeben sich, da
nicht alle einzelnen Positionen der sonstigen betrieblichen Erträge ausgewiesen waren.
19
Angaben des Flugplatzes Leipzig-Altenburg, August 2010.
10
3. Vergleich der Erlöse und Aufwendungen des Flugbetriebes am Flughafen Erfurt und Flugplatz Leipzig-Altenburg
Beide Luftverkehrsstandorte argumentieren mit ihrem Nutzen als Mobilitätsgarant in Thüringen bzw. Mitteldeutschland. Mit welcher Effizienz sie Mobilität anbieten, wird im Folgenden
dargestellt. Verglichen werden die aus dem Flugverkehr generierten Erlöse und die zu dessen Gewährleistung entstehenden Aufwendungen an beiden Standorten.20
3.1. Flughafen Erfurt
In den Erlösen aus dem Flugverkehr sind beim Flughafen Erfurt Einnahmen enthalten, die
durch subventionierte Linienflieger generiert werden. Aus der Darstellung der Gewinn- und
Verlustrechnung lässt sich jedoch nicht erkennen, ob die ausgewiesenen Aufwendungen für
den Flugverkehr bereits die Subventionszahlungen des Flughafens für Linienflüge enthalten.
Daher werden in der folgenden Tabelle die Linienflug-Subventionen zusätzlich als Aufwendungen für den Flugbetrieb ausgewiesen.
Flughafen Erfurt: Erlöse und Aufwendungen bzgl. des Flugverkehrs
2008
2007
Erlöse aus Verkehrsleistungen
Veränderung der Erlöse ggü. dem Vorjahr
Direkte und indirekte Aufwendungen für den
21
Flugverkehr
Subventionen für Linienflüge
22
2006
4.256.000 €
4.212.000 €
4.453.000 €
1,04%
-5,41%
7.548.849 €
6.806.665 €
6.916.775 €
2.100.000 €
3.600.000 €
2.953.500 €
Gesamte Aufwendungen für den Flugver9.648.849 €
10.406.665 €
9.870.275 €
kehr
Veränderungen der Aufwendungen ggü.
-7,28%
5,43%
dem Vorjahr
Tabelle 5, Quelle: Jahresabschlussberichte der Flughafen Erfurt GmbH der Jahre 2008, 2007 und 2006; eigene
Berechnungen der IHK Ostthüringen.
Die Erlöse verändern sich über den betrachteten Zeitraum nur geringfügig. Die Aufwendungen für den Flugverkehr nehmen jedoch von 2006 zu 2008 um 630.000 Euro zu. Angestiegen sind insbesondere Material- und Personalaufwand. Dies schlägt sich nicht in den gesamten Aufwendungen nieder, da sich die Subventionssumme von 2007 zu 2008 um 1,5
Mio. Euro verringert.
20
An beiden Standorten werden weitere Erlöse aus Mieten und Pachten u.ä. generiert; an beiden Standorten
werden Ausgaben getätigt, die nicht unmittelbar der Erhaltung des Flugbetriebes dienen. Da diese Studie jedoch
die beiden Luftverkehrsstandorte in Erfurt und Altenburg untersucht, werden Erlöse und Kosten nur bzgl. der
Flugdienstleistung verglichen.
21
Die Kosten für die Luftaufsicht wurden von diesen Aufwendungen abgezogen, da sie dem Flugplatz LeipzigAltenburg erstattet werden.
22
Aus den Haushaltsplänen des Thüringer Landesministerium für Bau, Landesplanung und Verkehr der Jahre
2007/08, 2006/07 und 2005.
11
Setzt man die Erlöse bzw. Aufwendungen für den Flugverkehr in Relation zu den am Standort umgeschlagenen Verkehrseinheiten, ergeben sich folgende Werte.
Flughafen Erfurt: Erlöse und Aufwendungen je Verkehrseinheit
2008
2007
12,42 €
12,01 €
Veränderung der Erlöse/ Verkehrseinheit
ggü. dem Vorjahr
3,39%
9,04%
Gesamte Aufwendungen für den Flugverkehr/ Verkehrseinheit
28,16 €
29,68 €
Erlöse aus Verkehrsleistungen
2006
11,02 €
24,42 €
Veränderungen der Aufwendungen/ Ver-5,13%
21,55%
kehrseinheit ggü. dem Vorjahr
Tabelle 6, Quelle: Berechnungen der IHK Ostthüringen aus Daten der Jahresabschlussberichte der Flughafen
Erfurt GmbH der Jahre 2008, 2007 und 2006.
Die Kosten jeder am Flughafen Erfurt umgeschlagenen Verkehrseinheit liegen weit über den
damit erzielten Erlösen. Das Wachstum der Erlöse ist deutlich niedriger als die Zunahme der
Kosten.
Fazit
Die Aufwendungen des Flughafens Erfurt für eine beförderte Verkehrseinheit (Passagiere und Fracht) belaufen sich 2008 auf durchschnittlich 28,16 Euro. Die Erlöse aus
Verkehrsleistungen sind weniger als halb so groß, sie betragen 12,42 Euro. Den größten Anteil an den hohen Kosten haben die Personal- sowie die Materialkosten. Die für
den Betrieb der Linienverbindung notwendigen Subventionen treiben die Kosten
ebenfalls hoch. Das Sparpotential ist beim gegenwärtigen Ausbaugrad des Flughafens
gering. Die Personalkosten lassen sich nicht wesentlich reduzieren.23 Der Wegfall der
Linienflugsubventionen zieht die Einstellung der Linienverbindung nach sich. Erfurt
wäre dann – mit Ausnahme des Frachtsegments – ein reiner Charter- und Sportflughafen.
Nur ein höheres Verkehrsaufkommen und mit ihm steigende Erlöse können die Verluste aus dem laufenden Geschäft verringern.24 Wie die Chancen stehen, das Passagierund Frachtvolumen deutlich zu erhöhen, wird im folgenden Abschnitt „Potentiale der
Luftverkehrsstandorte Erfurt und Leipzig-Altenburg“ untersucht.
23
24
Jahresabschlussbericht der Flughafen Erfurt GmbH, 2008.
Jahresabschlussbericht der Flughafen Erfurt GmbH, 2007.
12
3.2. Flugplatz Leipzig-Altenburg
Die relativ niedrigen Erlöse aus dem Flugverkehr in Leipzig-Altenburg resultieren aus der
niedrigen Flugfrequenz größerer Linienmaschinen vor Ort. Zudem sind die Flugplatzgebühren für die LCC-Flüge von Ryanair sehr niedrig. Die Aufwendungen steigen vor allem aufgrund höherer Personal- und Werbeausgaben des Flugplatzes.
Flugplatz Leipzig-Altenburg: Erlöse und Aufwendungen bzgl. des Flugverkehrs
2008
Direkte und indirekte Erlöse aus dem Flugverkehr
Veränderung der Erlöse ggü. dem Vorjahr
Direkte und indirekte Aufwendungen für den
25
Flugverkehr
2007
914.000 €
752.000 €
21,54%
50,40%
1.993.064 €
1.995.041 €
2006
500.000 €
1.354.866 €
Veränderungen der Aufwendungen ggü.
-1,64%
43,00%
dem Vorjahr
Tabelle 7, Quelle: Jahresabschlussberichte der Flugplatz Altenburg-Nobitz GmbH 2008, 2007 und 2006; eigene
Berechnung der IHK Ostthüringen.
Setzt man die Erlöse bzw. Aufwendungen für den Flugverkehr in Relation zu den am Standort umgeschlagenen Verkehrseinheiten, ergeben sich folgende Werte.
Flugplatz Leipzig-Altenburg: Erlöse und Aufwendungen je Verkehrseinheit
2008
2007
2006
Direkte und indirekte Erlöse aus dem Flugverkehr/ Verkehrseinheit
6,79 €
5,69 €
Veränderung der Erlöse/ Verkehrseinheit
ggü. dem Vorjahr
19,37%
12,20%
Gesamte Aufwendungen für den Flugverkehr/ Verkehrseinheit
15,57 €
16,12 €
5,07 €
15,11 €
Veränderungen der Aufwendungen/ Ver-3,40%
6,68%
kehrseinheit ggü. dem Vorjahr
Tabelle 8, Quelle: Berechnungen der IHK Ostthüringen aus Daten der Jahresabschlussberichte der Flugplatz
Altenburg-Nobitz GmbH der Jahre 2008, 2007 und 2006.
Dem Flugplatz Leipzig-Altenburg gelingt es im betrachteten Zeitraum, seine Erlöse je Verkehrseinheit deutlich zu steigern. Die Kosten nehmen im Vergleich dazu moderat zu. Dennoch bleibt auch hier ein klarer Fehlbetrag zwischen Erlösen und Aufwendungen bestehen.
Fazit:
Der Flugplatz Leipzig-Altenburg arbeitet kostenseitig wesentlicher effizienter als der
Flughafen Erfurt. Seine Erlöse je abgefertigter Verkehrseinheit sind jedoch nur etwa
halb so groß wie am Flughafen Erfurt. Die Flughafengebühren für Ryanair sind niedrig
und die Flugfrequenz am Standort ist zu gering. Wie auch Erfurt muss der Flugplatz
Leipzig-Altenburg sein Verkehrsaufkommen steigern. Die vorhandene Infrastruktur
kann mehr Passagiermaschinen pro Tag bearbeiten. Daher werden – wie beim Flughafen Erfurt – im folgenden Abschnitt die Chancen beleuchtet, das Verkehrsaufkommen
am Flugplatz Leipzig-Altenburg zu steigern.
25
Die Kosten für die Luftaufsicht wurden von diesen Aufwendungen abgezogen, da sie dem Flugplatz LeipzigAltenburg erstattet werden.
13
4. Wachstumspotentiale der Luftverkehrsstandorte Erfurt und LeipzigAltenburg
4.1. Standort und Einzugsgebiet
4.1.1. Flughafen Erfurt
Der internationale Verkehrsflughafen Erfurt liegt zentral im Freistaat Thüringen; etwa 5 km
entfernt vom Stadtzentrum der Landeshauptstadt. Die nächsten größeren Städte sind Weimar, Jena, Gotha, Eisenach und Suhl.
Einzugsgebiet des Flughafens Erfurt
In 90 min erreichbare Städte und
Landkreise innerhalb von 100 km,
Flughafen Erfurt
Abbildung 1: Darstellung der IHK Ostthüringen, 2010.
Im weiteren Einzugsbereich26 des Flughafens Erfurt leben 1,68 Mio. Menschen. Dieser deckt
den überwiegenden Teil des Freistaates Thüringen ab. Im unmittelbaren Einzugsgebiet der
umgebenden Landkreise und der Stadt Erfurt leben 541.555 Einwohner. Die demographische Entwicklung führt im weiteren Einzugsbereich des Erfurter Flughafens bis 2020 zu einer
Verringerung der Bevölkerung um rund 150.000 Einwohner.27 Die ohnehin geringe Bevölkerungsdichte im Einzugsgebiet des Erfurter Flughafens verringert sich damit weiter. Für den
Flughafen stellt dies eine erhebliche Strukturschwäche dar. Zu diesem Schluss kommt auch
der Jahresabschlussbericht 2008 der Flughafen Erfurt GmbH.
26
Das Einzugsgebiet um den Luftverkehrsstandort wird mit zwei Kriterien festgelegt. Zum einen ein Radius von
100 km, welcher den Standort umgibt. Zum Zweiten die Erreichbarkeit des Standortes innerhalb dieser 100 km.
Eine Reisezeit von maximal 90 Minuten (per PKW) gilt als Obergrenze. Demnach wird das Einzugsgebiet mit
allen Orten angegeben, die innerhalb von 100 km in 90 min zu erreichen sind. Längere Fahrzeiten werden von
potentiellen Passagieren überwiegend als nicht akzeptabel angesehen. Quelle: Klophaus (2007), Seite 26, 27
27
Daten des statistischen Landesamtes Thüringen, Bevölkerungszensus, Stand 31.12.2008
14
4.1.2. Flugplatz Leipzig-Altenburg
Der Flugplatz Leipzig-Altenburg liegt in Mitteldeutschland im Freistaat Thüringen an der
Grenze zu Sachsen-Anhalt und zum Freistaat Sachsen. Die nächst größeren Städte Halle,
Leipzig, Chemnitz, Zwickaus, Gera und Jena befinden sich in einer Entfernung von weniger
als 100 km.
Einzugsgebiet des Flugplatzes Leipzig-Altenburg
In 90 min erreichbare Städte und
Landkreise innerhalb von 100 km,
Flugplatz Altenburg
Abbildung 2: Darstellung der IHK Ostthüringen, 2010.
Innerhalb der dargestellten Landkreise und kreisfreien Städte leben 4,11 Mio. Menschen.28 In
den direkt an das Altenburger-Land angrenzenden Landkreisen leben rund 1,45 Mio. Einwohner.29 Die Einwohnerzahl und –struktur des Einzugsgebietes unterliegt dem demographischen Wandel. Bis 2020 verringert sich die Einwohnerzahl in der betrachteten Region um
320.000 Einwohner.30 Dies entspricht einem Verlust von rund 9 Prozent.
4.1.3. Fazit
Im Vergleich der beiden Standorte ist deutlich zu erkennen, dass Erfurt mit erheblichen Problemen zu kämpfen hat. Im Einzugsgebiet des Flugplatzes Leipzig-Altenburg
leben doppelt so viele Menschen wie im Einzugsgebiet des Flughafens Erfurt. Durch
den demographischen Wandel fällt die ohnehin recht niedrige Anzahl weiter ab, so
dass das direkte Einzugsgebiet des Erfurter Flughafens weiter mögliche Kunden allein
durch die Strukturveränderung verliert (siehe Abbildung 3).
28
Daten der Statistischen Landesämter in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, Stand 2010, eigene Berechnungen.
29
Daten der Statistischen Landesämter in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, Stand 2010, eigene Berechnungen.
30
Daten der Statistischen Landesämter in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, Stand 2010, eigene Berechnungen.
15
Einwohner im Einzugsgebiet
(2008 / 2020)
4.500.000
4.108.627
3.788.877
4.000.000
3.500.000
Einwohner
3.000.000
Flugplatz LeipzigAltenburg
2.500.000
2.000.000
1.681.783
1.524.426
1.500.000
Flughafen Erfurt
1.000.000
500.000
Einzugsgebiet 2008
Einzugsgebiet 2020
Abbildung 3: Daten der Statistischen Landesämter Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, 2010.
Zwar wirkt sich dieser Effekt auch auf die Einwohner im Bereich des LeipzigAltenburger Flugplatzes aus, jedoch bleibt die Gesamtzahl mit insgesamt 3,7 Mio.
wesentlich höher. Somit besteht auch in Zukunft ein deutlich höheres PassagierPotential als am Standort Erfurt.
16
4.2. Wettbewerber der Flughäfen Erfurt und des Flugplatzes LeipzigAltenburg
Eine direkte Konkurrenz zwischen Leipzig-Altenburg und Erfurt besteht aufgrund der unterschiedlichen Geschäftsmodelle nur sehr eingeschränkt. Die Linienangebote beider Flughäfen
sprechen vom Flugziel und der Servicestruktur der Airlines verschiedene Kundenwünsche
an. Erfurt versteht sich unter anderem als Zubringer nach München zum internationalen FullService-Luftverkehr, während Leipzig-Altenburg Punkt-zu-Punkt Verbindungen im Low-CostBereich anbietet. Konkurrenz im Charterbereich besteht nicht. Bedeutsamer ist die Konkurrenz der beiden Luftverkehrsstandorte zu anderen Flughäfen sowie Verkehrsträgern.
4.2.1. Konkurrenten des Flughafens Erfurt
Das Linienangebot des Erfurter Flughafens fungiert bisher ausschließlich als Zubringer zum
Flughafen Franz-Josef-Strauß. Die Hauptkonkurrenten dieses Linienangebotes sind Bahn
und Straße. Geschuldet ist dies der zentralen Lage Erfurts in Deutschland. Die größten deutschen Drehkreuze in Frankfurt am Main, München und zukünftig Berlin sind in relativ kurzer
Zeit und kostengünstig über Schiene oder Straße zu erreichen. Diese alternativen Zubringer
konkurrieren daher direkt mit dem Erfurter Linienangebot zum Drehkreuz München. Für die
Konkurrenzsituation ist entscheidend, über welchen Zubringer die Drehkreuze von Erfurt aus
in der günstigsten Reisezeit-/ Reisekostenkombination zu erreichen sind.
Einen Überblick über die Reisezeiten/ Kosten gibt die folgende Tabelle.
Zubringer
nach…
Rhein/Main-Flughafen
Flughafen Franz-JosefStrauß
Reisezeit
Reisekosten
Reisezeit
Reisekosten
Flughafen Erfurt/ LinienanKein Angebot
gebot
32
2 h 30 min
54 €
Bahn (2010)
33
2 h 10 min
Bahn (2017)
34
3h
25 €
Straße
Tabelle 9, Quelle: Daten der Flughafen Erfurt GmbH,
Ostthüringen.
31
2h
50 €
Berlin-BrandenburgInternational
Reisezeit
Reisekosten
Kein Angebot
5h
90 €
3 h 30 min
55 €
3h
2h
3½
37 €
2 h 45
29 €
der Deutschen Bahn AG, eigene Berechnungen der IHK
Auf der Route Erfurt-München hat das Flugzeug den Vorteil der kürzesten Reisezeit. Die
Konkurrenzfähigkeit über den Preis ist gegenüber dem Wettbewerber Schiene aufgrund der
massiven Subventionierung der Flugstrecke gegeben. Dieses Angebot ist vor allem für eine
sehr zeitsensible Kundengruppe attraktiv. Ab 2017 wird sich die Reisezeit der Bahn auf dieser Strecke jedoch der des Flugzeuges annähern. Grund ist der Ausbau der Hochgeschwindigkeitstrasse. Für zeitsensible Kunden wird die Schienenverbindung dann deutlich attraktiver. Voraussetzung dafür ist, dass die Landesregierung die Subvention der Fluglinie nach
München nicht zu einem Dauerposten im Landeshaushalt macht.
Für Reisende, die Zugang zu einem Drehkreuz benötigen, ist München aber nur eine Alternative. Den Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt erreicht man bereits heute mit dem Zug in
nahezu der gleichen Zeit, die die Flugverbindung Erfurt-München beansprucht. Die Kosten
sind nahezu identisch. Für den Bahnreisenden besteht aber noch Sparpotential, etwa durch
die Bahn Card. Man kann davon ausgehen, dass nahezu jede Destination, die von München
zu erreichen ist, auch von Frankfurt aus angeflogen wird.
Ab voraussichtlich 2012 tritt mit dem Flughafen Berlin-Brandenburg-International ein weiteres
Drehkreuz in den deutschen Wettbewerb ein. Dieses wird, nach Ausbau der Hochgeschwindigkeitstrasse Erfurt-Leipzig, innerhalb von 2 Stunden von Erfurt aus zu erreichen sein. Da31
Die Reisezeit setzt sich zusammen aus der reinen Flugzeit (60 Minuten) und der Zeit die für Check-in und
Check-out benötigt wird. Für die beiden Letzteren wurden jeweils 30 Minuten angenommen.
32
Fahrplanabfrage unter www.bahn.de
33
Anfrage DB Netz AG, Regionalnetz Thüringen, Standort Erfurt.
34
Nach Angaben des Michelin Routenplaner, 22.06.2010.
17
mit wird sich die Flugverbindung Erfurt-München einem Wettbewerber gegenübersehen, der
bei gleicher Reisezeit und zu ähnlichen Kosten als Zubringer zum internationalen Luftverkehr
fungiert.
Der Ausbau des Bahnknotenpunktes Erfurt stellt demnach für den Flughafen Erfurt eine erhebliche Konkurrenz in seiner Zubringerfunktion zum Münchener Flughafen dar. Durch die
Aus- und Neubaumaßnahmen der ICE-Strecken sinken die Fahrzeiten zu Großflughäfen so
massiv, dass dies die ohnehin bestehenden Alternativen zum Abflug in Erfurt weiter bevorteilten werden. 35 Die bestehende Fluglinie Erfurt-München wird in diesem Fall durch die
neuen Direktverbindungen mit dem Zug weiter unter Druck geraten.
Drehkreuz BerlinBrandenburgInternational; Anreisezeit ICE: 2h
Knotenpunkt Erfurt,
Hochgeschwindigkeitsverbindungen ICE ab
2017
Reisezeit ab Flughafen Erfurt: 2h
Drehkreuz RheinMain; Anreisezeit
ICE: 2h 30 min
Drehkreuz Franz-JosefStrauß; Anreisezeit ICE:
3h 00 min
Abbildung 4: Darstellung der IHK Ostthüringen, 2010.
35
Siehe dazu Markierung des 100 km Radius in Kapitel 3.2, die Überschneidung mit dem Gebiet Leipzig/Halle
führt bei einer Verbesserung der Anbindung an den dortigen Flughafen zu möglichen Abzügen von Fluggästen.
18
Ein zusätzlicher Konkurrent entsteht dem Flughafen Erfurt durch den im Bau befindlichen
Regionalflughafen Kassel-Calden. Nach dessen Fertigstellung 2011 wird sich dessen Einzugsgebiet erheblich mit dem von Erfurt überschneiden. Vor allem in den nördlichen Landkreisen Thüringens ist damit zu rechnen, dass diese als Alternative zu Erfurt den Regionalflughafen in Calden nutzen, wenn ein entsprechendes Angebot wie in Erfurt vorhanden ist.
Auch dies wird Kunden vom Standort Erfurt abziehen.
Im nordöstlichen Teil des Erfurter Einzugsgebietes besteht eine Konkurrenz im Linien- und
Charterverkehr gegenüber dem Flughafen Leipzig/ Halle. Beide Flughäfen bieten Flüge nach
München als Zubringerdienstleistung zum Flughafen Franz-Josef-Strauß an. Auch im Charterverkehr agieren beide Flughäfen auf einem sich überschneidenden Markt. Das ohnehin zu
kleine Einzugsgebiet des Erfurter Flughafens36 ist also der starken Konkurrenz gut aufgestellter Wettbewerber ausgesetzt.
4.2.2. Konkurrenten des Flugplatzes Leipzig-Altenburg
Low-Cost-Verbindungen, wie sie am Flugplatz Leipzig-Altenburg angeboten werden, finden
sich auf keinem anderen Flughafen in Mitteldeutschland. Der nächste Anbieter von LowCost-Verbindungen ist in Berlin-Schönefeld zu finden. Ob die LCC-Anbieter jedoch nach der
Aufwertung Schönefelds zum internationalen Hauptstadtflughafen (Berlin Brandenburg International) am Standort bleiben werden, ist fraglich. Damit wäre Leipzig-Altenburg in der gesamten Region zwischen Berlin, Dresden und Leipzig der einzige etablierte Landeplatz für
Low-Cost-Fluglinien. Wenn Ryanair weiterhin Interesse an der Bedienung des Berliner Marktes hat, wird das Unternehmen einen alternativen Flugplatz suchen. Die Bundeshauptstadt
ist von Leipzig-Altenburg mit dem ICE Leipzig-Berlin innerhalb von 2,5 Stunden zu erreichen.
Bereits heute nutzen ausländische Touristen – vor allem aus Spanien – diese Verbindung.
Die Verlagerung von Ryanair-Linien, die bisher Berlin-Schönefeld anfliegen, nach Altenburg
ist daher wahrscheinlich.
Konkurrenz gegenüber den Flughäfen Leipzig/ Halle und Dresden existiert insoweit, als dass
diese ebenfalls kostengünstige Flüge anbieten. Es handelt sich dabei nicht um LCC-Anbieter
im eigentlichen Sinne. Dennoch besteht hier eine gewisse Konkurrenz um die gleiche Kundengruppe.
Im nordwestlichen Teil des Einzugsgebietes Leipzig-Altenburgs kann es zum Wettbewerb mit
Kassel-Calden kommen. Der Start des Flugbetriebes in Kassel-Calden erfolgt 2011. Wenn
sich am dortigen Standort ein attraktives LCC-Angebot entwickelt, stellt dies für Einwohner
im Raum Halle eine Alternative zum Flugplatz Leipzig-Altenburg dar. Über die A38 ist Kassel-Calden von Halle aus innerhalb von knapp 2 Stunden zu erreichen.
Im Wettbewerb mit Schiene und Straße steht der Flugplatz Leipzig-Altenburg nicht. Die angebotenen Destinationen liegen außerhalb der wettbewerbsfähigen Reichweite des Schienen- und Straßenverkehrs.
4.2.3. Fazit
Der Flughafen in Erfurt wird von Konkurrenzflughäfen und alternativen Verkehrsmitteln unter Druck gesetzt. Die zahlreichen zeit- und kostengünstigen Alternativen gegenüber der Zubringerverbindung zum Drehkreuz München zeigen, dass eine nicht subventionierte Inlandslinie ab Erfurt kaum umsetzbar ist.
Der Flugplatz Leipzig-Altenburg ist ein auf dem LCC-Markt in Mitteldeutschland nahezu konkurrenzloser Anbieter. Eine ernsthafte Gefährdung dieser Situation ist auch in
Zukunft nicht zu erwarten. Die Schließung Berlin-Schönefelds hat das Potential, neue
Linien nach Leipzig-Altenburg zu bringen.
36
Jahresabschluss der Flughafen Erfurt GmbH 2008.
19
4.3. Schlussfolgerungen für die Wachstumsaussichten
Das Einzugsgebiet und die Wettbewerber des Flughafens Erfurt werden es diesem schwer
machen, die zur Kostendeckung notwendigen Passagierzahlen zu realisieren. Die sich mit
der Eröffnung Kassel-Caldens verschärfende Konkurrenzsituation zu anderen Flughäfen
wird eine weitere Hürde für das Passagierwachstum darstellen. Die Alternative LCC am
Flughafen Erfurt zu etablieren, ist in der Vergangenheit bereits gescheitert. Verantwortlich
dafür war das zu geringe Passagierpotential des Einzugsgebietes, das sich wie dargestellt
noch verringern wird.
Leipzig-Altenburg hat größere und realistischere Chancen, das Verkehrsaufkommen zu steigern und die Erlössituation zu verbessern. Im Einzugsgebiet leben zweimal mehr Menschen
als in dem des Erfurter Flughafens. Die Wettbewerbssituation entwickelt sich mit der Schließung Berlin-Schönefelds positiv. In Mitteldeutschland gibt es keinen anderen Luftverkehrsstandort mit Potential für LCC-Verbindungen. Leipzig/ Halle als ähnlich zentral in Mitteldeutschland gelegener Flughafen versteht sich nicht als LCC-Standort.
20
5. Bedeutung des Flugplatzes Leipzig-Altenburg für die Region Mitteldeutschland
5.1. Umfrage der IHK Ostthüringen und der IHK Chemnitz: Nutzung LeipzigAltenburgs durch die Unternehmen in Mitteldeutschland
Für Geschäftsreisen hat die Bedeutung von Low-Cost-Verbindungen in den vergangenen
Jahren zugenommen. Im Zuge von Einsparungsbemühungen wird der innereuropäische Geschäftsreiseverkehr in vielen Unternehmen in stärkerem Maße über LCC abgewickelt. Ein
ausgebauter und ins europäische Low-Cost-Netz eingebundener Flugplatz Leipzig-Altenburg
birgt daher Potential für Ein- und Ausreise von Geschäftsreisenden in der Region Mitteldeutschland. Um dieses Potential näher zu prüfen, hat die IHK Ostthüringen in Kooperation mit
der IHK Chemnitz eine Unternehmensbefragung in Mitteldeutschland durchgeführt. Die Unternehmen gaben uns Auskunft zu folgenden Fragen:
Wie wichtig ist Ihnen, Ihren Mitarbeitern und Ihren Geschäftspartnern das Angebot des Leipzig-Altenburg Airports?
Würden Sie bei einer Ausweitung des Linien-Angebotes am Leipzig-Altenburg
Airport diesen verstärkt nutzen?
Eine Ausweitung des Linien-Angebotes am Leipzig-Altenburg Airport wäre für Sie
interessant bei: (Mehrfachantwort) Inlandsflügen, Verbindungen nach Westeuropa, Verbindungen nach Osteuropa, Anderen Regionen / Städten?
Wäre der Flughafen Erfurt für Sie eine Alternative zum Leipzig-Altenburg Airport?
(optional mit textlicher Begründung)
Insgesamt wurden 103 Unternehmensantworten ausgewertet. Nachfolgend sind der Reihenfolge der Fragen entsprechend die Ergebnisse dargestellt.
Ergebnisse der Umfrage
Aktuell ist das Angebot des Flugplatzes Leipzig-Altenburg für 39 Prozent der Unternehmen in
der Region wichtig bis sehr wichtig. 61 Prozent nutzen den Flugplatz nur selten oder nicht.
Für das noch verhaltene Interesse der Unternehmen ist vor allem die zu geringe Zahl der
angebotenen Linienverbindungen verantwortlich. Sollte sich das Angebot des Flugplatzes
zukünftig ausweiten, zeigen deutlich mehr Unternehmen Interesse, dieses auch zu nutzen.
Wie wichtig ist Ihnen, Ihren Mitarbeitern und
Ihren Geschäftspartnern das Angebot des
Leipzig-Altenburg Airports?
9%
27%
sehr wichtig
wichtig
30%
eher unwichtig
unwichtig
34%
Abbildung 5: Ergebnisse einer Umfrage der IHK Ostthüringen, 2010.
21
Würden Sie bei einer Ausweitung des LinienAngebotes am Leipzig-Altenburg Airport
diesen verstärkt nutzen?
40%
ja
nein
60%
Abbildung 6: Ergebnisse einer Umfrage der IHK Ostthüringen, 2010.
Eine deutliche Mehrheit von 60 Prozent der befragten Unternehmen würde ein erweitertes
Angebot in Anspruch nehmen. Damit ist ein Potential vorhanden, welches bei einer
entsprechenden Angebotsausweitung abgeschöpft werden kann. Die befragten
Unternehmen legen insbesondere Wert auf einen verbesserten Anschluss an die deutschen
Ballungszentren im Süden und Westen sowie die europäische Metropolregionen in
Westeuropa und Norditalien – wie zu erwarten also jene Regionen, in denen sich Kunden
und Zulieferer befinden.
Eine Ausweitung des Linien-Angebotes am LeipzigAltenburg Airport wäre für Sie interessant bei ...
22%
Verbindungen nach Osteuropa
53%
Verbindungen nach Westeuropa
51%
Inlandsflügen
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1
Abbildung 7: Ergebnisse einer Umfrage der IHK Ostthüringen, 2010.
51 Prozent der Unternehmen wünschen sich ein größeres Angebot bei Inlandsflügen.
Besonderes Interesse besteht an Verbindungen zu Destinationen in die wirtschaftlichen
Ballungsräume im Süden und Westen Deutschlands. Zwei Drittel der Befragten nennen
München, Köln oder Frankfurt als attraktives Ziel. Hamburg und Berlin sind für ein weiteres
Drittel interessant. Diese Destinationen bieten sekundär zugleich den Zugang zu
Drehkreuzen im internationalen Luftverkehr und zwar sowohl hoch- und niedrigpreisiger
Anbieter. Zwar wird mit der derzeitigen London-Linie bereits der Zugang zu einem Drehkreuz
angeboten, doch der Umweg über die Britischen Inseln zu Zielen in Süd- und Westeuropa ist
insgesamt mit einem Mehraufwand verbunden.
22
Welche anderen Regionen / Städte sind von
Interesse?
(national, Mehrfachnennung möglich)
11%
26%
München
Frankfurt
Hamburg
Köln
21%
Berlin
21%
21%
Abbildung 8: Ergebnisse einer Umfrage der IHK Ostthüringen, 2010.
Westeuropa ist für 53 Prozent der Unternehmen ein attraktives Ziel für Geschäftsreisen. Elf
Prozent der Befragten nennen den wirtschaftlich starken Norden Italiens, weitere 15 Prozent
die Benelux-Länder als interessante Verbindung. 13 Prozent haben Interesse an Verbindungen in den mediterranen Raum. Auch Skandinavien wird häufiger genannt. Verbindungen
nach Osteuropa schätzen 22 Prozent der befragten Unternehmer als attraktiv ein.
Welche anderen Region/ Städte sind von
Interesse?
(international, Mehrfachnennung möglich)
15%
11%
Norditalien
Alpenraum
Benelux
Skandinavien
Paris
Mittelengland
Süd-Osteuropa
Mediterraner Raum
Sonstiges
15%
13%
8%
16%
8%
7% 7%
Abbildung 9: Ergebnisse einer Umfrage der IHK Ostthüringen, 2010.
Eine vergleichbare Befragung der IHK Schleswig-Holstein in Lübeck zum Flughafen Lübeck
kam zu ähnlichen Ergebnissen. Die von den mitteldeutschen Unternehmen als interessant
genannten Anbindungen an weitere europäische Ziele finden sich in Schleswig-Holstein
ebenfalls. Auch hier benötigen Unternehmen einen schnellen Zugang zu den Ballungzentren
und Verkehrsdrehkreuzen im Westen (London-Stansted) und Süden (Mailand-Bergamo).
Der geographische und historische Bezug zu Skandinavien bedingt hier eine höhere
Präferenz für Flüge nach Stockholm-Skavsta. Zu diesen Zielen bietet der Lübecker
Flughafen direkte Verbindungen an. Der Flughafen Lübeck weist außerdem eine ähnliche
Entwicklungsgeschichte wie Altenburg auf. Trotz kontroverser Positionen bei der politischen
Willensbildung konnte er sich am LCC-Markt etablieren.
23
Die Unternehmen in Mitteldeutschland wurden zudem befragt, ob der Flughafen in Erfurt
eine Alternative zu Leipzig-Altenburg ist. Rund 2/3 der Befragten sehen keinen Vorteil in der
Nutzung des Erfurter Flughafens. Die Gründe hierfür zeigt die Abbildung 11.
Wäre der Flughafen Erfurt für Sie eine
Alternative zum Leipzig-Altenburg Airport?
2%
ja
37%
nein
keine Angabe
61%
Abbildung 10: Ergebnisse einer Umfrage der IHK Ostthüringen, 2010.
Für 32 Prozent der befragten mitteldeutschen Unternehmen liegt der Flughafen Erfurt zu weit
entfernt von den Unternehmensstandorten. Ein gutes Viertel der Befragten zieht dem
Flughafen in Erfurt den in Leipzig/ Halle vor. Für ein knappes Fünftel der Befragten ist das
Angebot in Erfurt schlicht unattraktiv. 9 Prozent benötigen gar keine Alternative, da sie
Altenburg aufgrund seiner Nähe immer nutzen.
Der Flughafen Erfurt ist für Sie keine
Alternative. Warum?
(Mehrfachnennung möglich)
Leipzig/Halle liegt näher
4% 4%
6%
26%
9%
Erfurt zu weit entfernt vom
Unternehmensstandort
das Angebot an Flügen ist unattraktiv
Altenburg liegt näher
Berlin ist attraktiver
19%
Dresden liegt näher
32%
Preise zu hoch
Abbildung 11: Ergebnisse einer Umfrage der IHK Ostthüringen, 2010.
24
Die Verteilung der Antworten verdeutlich, dass mitteldeutsche Unternehmen einen
Flughafenstandort wünschen, der zentral in Mitteldeutschland gelegen ist; gleichgültig ob es
sich um hoch- oder niedrigpreisige Flugangebot handelt. Erfurt liegt eher am Rande der
Region und ist daher für Geschäftsreisen mitteldeutscher Unternehmer weniger interessant.
5.2. Fazit
Die in Mitteldeutschland ansässigen Unternehmen sind ein bisher ungenügend erschlossenes Potential für den Flugplatz Leipzig-Altenburg. Bedingung für dessen Erschließung ist die Anbindung an Ballungszentren, an Drehkreuze der irischen Ryanair
sowie direkte Verbindungen in das europäische Ausland. Die Umfrage zeigt auch,
dass der Flughafen Erfurt nicht zuletzt aufgrund seiner Entfernung von den mitteldeutschen Ballungszentren in Sachsen und Sachsen-Anhalt für Unternehmen aus der
Region weniger attraktiv ist.
Aus Sicht der IHK Ostthüringen profitiert die Mitteldeutsche Wirtschaft bereits heute
vom Flugplatz Leipzig-Altenburg. Durch die konsequente Weiterentwicklung des Flugplatzes Leipzig-Altenburg als LCC-Standort werden die Unternehmen erheblich vom
Standortvorteil kostengünstiger Flugverbindungen profitieren.
6. Touristische Nutzung
6.1. Vorbetrachtung: Aktuelle Entwicklungen im Tourismus
Die Tourismusbranche zählt zu den am stärksten wachsenden Wirtschaftszweigen weltweit.37 Auch für Thüringen hat sie in zunehmendem Maße an Bedeutung gewonnen.38 39 In
den vergangenen Jahren hat unter den Reisenden die Preissensibilität zugenommen. Reisende sparen vor allem bei den Transportleistungen. Stattdessen geben sie mehr Geld am
Ferienort selbst aus. Ein kostengünstiges Verkehrsmittel befindet sich daher unter den Top 5
der Entscheidungskriterien der Touristen. 40 49 Prozent der internationalen Touristen in Europa nutzen das Flugzeug.41 Der Incoming-Tourismus über günstige Flugverbindungen hat
in der jüngeren Vergangenheit an Bedeutung gewonnen und wird dies voraussichtlich auch
weiterhin tun.
Für Mitteldeutschland ist es daher wichtig, ein ausgebautes „Einfallstor“ für den Tourismus
zu besitzen. Der Flughafen Erfurt erfüllt diese Rolle nicht, er ist durch Charterflüge ein Platz
für Outgoing-Tourismus. Im übrigen Mitteldeutschland findet sich aktuell nur ein LCC-Hub,
der die Aufgabe eines Zubringers für Incoming-Touristen übernimmt: Leipzig-Altenburg.
6.2. Wirkung von Incoming-Tourismus auf die regionale Wirtschaft
Die positive Wirkung eines LCC-Flughafens auf den Incoming-Tourismus zeigt sich beispielsweise an den Flughäfen Frankfurt-Hahn und Rostock-Laage. Beide Flughäfen liegen
abseits der Ballungszentren. Mainz ist etwa 100 km von Hahn entfernt, ebenso Trier. Rostock befindet sich rund 40 km nördlich vom Flughafen in Laage. (Ähnliche Entfernungen wie
Altenburg zu Leipzig und Dresden sowie Erfurt) Weitere größere Städte existieren nicht.
Dennoch florieren neben den LCC-Flügen (Ryanair und Germanwings) auch die Übernachtungsmöglichkeiten lokaler Anbieter.
37
Klophaus 2007, S. 106
Ebd.,
39
Gespräch mit Frau Büring, Altenburger Tourismus Information/ Fremdenverkehrsverband Altenburger Land e.V
40
Ebd.
41
Deutsche Zentrale Tourismus, Incoming-Tourismus Deutschland, Zahlen, Daten, Fakten 2009
38
25
In Hahn profitiert die Region von der Drehkreuzfunktion des Flughafens für Billigflieger.
Durch die fehlende Anschlussgarantie planen Fluggäste mit dem Ziel einer Weiterreise oft
eine Übernachtung am Flughafenstandort ein. Dieses Vorgehen lohnt sich für die Reisenden,
da zwei getrennte LCC-Flüge mit Übernachtung günstiger sind als eine hochpreisige Direktverbindung. Dies trägt maßgeblich dazu bei, dass eine große Anzahl von Privatreisenden in
der Region eine Übernachtungsmöglichkeit benötigt. LCC generiert damit eine völlig neue
Kundengrupe. Zudem ist Hahn heute im Hunsrück das „Einfallstor“ für Touristen aus dem
Ausland. Erst die Möglichkeit, die Region durch kostengünstige LCC-Flüge zu erreichen, erhöhte die Besucherzahlen spürbar.
Die Region um Rostock-Laage ist für Touristen durch die Nähe zur Ostsee attraktiv. Die
günstige Anreise mit Germanwings schont die Urlaubskasse. Den Touristen stehen mehr
Mittel zur Verfügung, die sie am Ferienort selbst ausgeben. Diese zusätzlichen Mittel fließen
natürlich in die Tourismusbranche und generieren eine stärkere Kaufkraft.
Beide Beispiele zeigen, dass LCC-Flüge in strukturschwache Regionen dort einen erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung haben. Die geringen Flugpreise wirken sich
derart positiv auf die Besucherzahlen aus, dass die Einnahmen in der Region letztendlich
volkswirtschaftlich die relativ geringen Einkünfte des Flugbetriebes decken. Dieses Potential
ist in Leipzig-Altenburg ebenso vorhanden, wie die unter 6.3 vorgestellte Befragung des
Flugplatzes Leipzig-Altenburg unter einreisenden Fluggästen zeigt.
6.3. Befragung zum Incoming-Tourismus durch den Flugplatz LeipzigAltenburg
Das Kundensegment, welches über die LCC-Flüge bedient wird, sind zu rund 80 Prozent
Privatreisende.42 Eine Umfrage des Flugplatzes Leipzig-Altenburg unter spanischen und britischen Fluggästen43 im Jahr 2008 kommt zu dem gleichen Ergebnis.
Reisegrund
Passagiere insgesamt
20%
Privatreisende
Dienstsreisende
80%
Abbildung 12: Umfrage der Flugplatz Altenburg-Nobitz GmbH, 2008.
Rund 80 Prozent der Befragten nutzen aus privaten Gründen das Angebot von Ryanair. Geschäfts- und Dienstreisen wurden zu 20 Prozent als Grund genannt. Dies entspricht der Aus42
German Airport Performance, Die Entwicklung der Low-Cost-Carrier und ihr Einfluss auf die Flughäfen, Juli
2005, S. 20.
43
Befragung der Flugplatz Altenburg-Nobitz GmbH vom 21.07.2008-14.09.2008, Ergebnispräsentation
26
sage, dass „preissensible Geschäftsreisende“44 als Nutzer für den LCC-Verkehr in Frage
kommen bzw. diesen auch nutzen. (siehe vorhergehendes Kapitel).
Reisedauer
(Passagiere insgesamt)
6%
25%
Bis 3 Tage
29%
Bis 5 Tage
Bis 7 Tage
Bis 14 Tage
Über 14 Tage
24%
16%
Abbildung 13: Umfrage der Flugplatz Altenburg-Nobitz GmbH, 2008.
Rund 2/3 der ankommenden Fluggäste (Privat- und Geschäftsreisende) bleiben bis zu einer
Woche in der Region.
Reiseziel
(Passagiere insgesamt)
Leipzig
Berlin
Dresden
Chemnitz
27%
28%
Altenburg
Weimar
1%
Rehau
2%
14%
2%
3%
7%
8%
Jena
Erfurt
9%
Sonstige
Abbildung 14: Umfrage der Flugplatz Altenburg-Nobitz GmbH, 2008.
Das häufigste Reiseziel der ankommenden Fluggäste ist Leipzig, gefolgt von Berlin, Dresden, Chemnitz und Altenburg. 11 Prozent der Befragten gaben an, dass Erfurt, Weimar und
Jena zu ihren erweiterten Zielen gehören.
44
German Airport Performance, Die Entwicklung der Low-Cost-Carrier und ihr Einfluss auf die Flughäfen, Juli
2005, S. 20.
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Eine Besonderheit stellt der Anteil der spanischen Touristen dar, welche nach Berlin reisen.
Rund 50 Prozent aller ankommenden Spanier gaben Berlin als ihr Hauptreiseziel an. Der
erwähnte Neubau des Flughafens BBI und damit der sehr wahrscheinliche Abzug von LCC
aus der Region Berlin bietet ein weiteres Steigerungspotential für Leipzig-Altenburg.
Reiseausgaben
(Passagiere insgesamt, Aufenthalt sdauer zwischen 1 und 21 Tagen)
1%
30%
Bis 200,- €
Bis 400,- €
45%
Über 400,- €
Keine Angabe
24%
Abbildung 15: Umfrage der Flugplatz Altenburg-Nobitz GmbH, 2008.
Für die Reisen selbst wurden in 45 Prozent der Fälle mehr als 400,- € ausgegeben (ohne
Flugkosten). Knapp ¼ gaben zwischen 200 und 400,- € aus. Damit zeigt sich, dass LCCKunden dem Motto „billig fliegen, nobel liegen“45 in großen Teilen folgen. Dies generiert eine
spürbare Wertschöpfung, da die Ausgaben in den Zielregionen bleiben. Pro Jahr beläuft sich
der Betrag der Konsumausgaben der einreisenden spanischen und britischen Gäste derzeit
auf rund 11 Mio. €. 46 Jedoch ist die Zielwahl der Fluggäste deutlich auf Destinationen außerhalb Thüringens fokussiert.
Dies lässt den Schluss zu, dass die Ziele innerhalb Thüringens als touristische Attraktionen
in England und Spanien unzureichend beworben werden. Engländer und Spanier nutzen die
Möglichkeit, durch LCC-Flüge günstig in die Urlaubsregion Mitteldeutschland zu reisen. Während Orte wie Dresden, Leipzig und Berlin regelmäßig als Ausflugsort angenommen werden,
spielen Reiseziele wie Weimar, Jena und Erfurt jedoch nur eine untergeordnete Rolle.
Die Stärkung des Incoming-Tourismus ist für Leipzig-Altenburg aus Sicht der IHK Ostthüringen die wichtigste Zukunftsperspektive. Viele Incoming-Touristen aus dem Ausland nutzen
bereits heute den Flugplatz als Zugang in die mitteldeutschen Bundesländer. Das Besuchervolumen lässt sich aber noch erheblich steigern. Es bedarf dafür aber einer konsequenten
Vermarktung der mitteldeutschen Urlaubsregion und des Flugplatzes Leipzig-Altenburg als
deren Low-Cost-Zugang. Derzeit findet dies aber so gut wie nicht statt. Der Incoming-Tourist
aus dem Ausland wird praktisch nicht angesprochen. Da es derzeit am Flugplatz LeipzigAltenburg keine innerdeutschen Verbindungen gibt, sind ausländische Incoming-Touristen
die vermarktungsfähigste Zielgruppe.
45
Der Faktor Flughafen, Auswirkungen auf den Tourismus im Salzburger Land, Präsentation von Leo Bauernberger, Geschäftsführer SalzburgerLand Tourismus GmbH während der Salzburg aviation days 31.03.–02.04.2008:
„mehr Kaufkraft durch low-cost?“
46
Befragung der Flugplatz Altenburg-Nobitz GmbH vom 21.07.2008-14.09.2008, Ergebnispräsentation
28
Der Flughafen Rostock-Laage vermarktet sich als Tor zum Urlaub an der Ostsee. Von einem
Vermarktungskonzept, welches bei potentiellen Besuchern Interesse für den Thüringer, den
sächsischen und den sachsen-anhaltinischen Raum weckt, profitiert jedes der drei Bundesländer. Dies setzt die Kooperation der Bundesländer und die Erkenntnis voraus, dass der
Mitteldeutsche Raum nicht durch Wirtschaftsgrenzen getrennt ist.
6.4. Incoming-Tourismus in Mitteldeutschland
Die Entwicklungsfähigkeit des Incoming-Tourismus in Mitteldeutschland ist gegeben. Die
Region verfügt über zahlreiche kulturelle und touristische Attraktionen, ist landschaftlich abwechslungsreich und hat eine lebendige Geschichte vorzuweisen.
Überlegungen für ein notwendiges Entwicklungskonzept für den Incoming-Tourismus sind in
Thüringen abrufbar. Die Thüringer Tourismus GmbH (TTG) steht – zusammen mit dem Altenburger Tourismus Information/ Fremdenverkehrsverband Altenburger Land e.V.
(ATI/FVV) – grundsätzlich bereit, das Marketing für den Incoming-Bereich zu übernehmen.
Der Umsetzung dieses Konzeptes steht jedoch die derzeit gültige Landestourismuskonzeption entgegen. Sie sieht vor, dass die TTG den Freistaat bei Reiseveranstaltern und nicht die
Touristen selbst bewirbt. Für die Förderung des Incoming-Tourismus ist dieses Vorgehen
ungeeignet. Incoming-Touristen die LCC nutzen sind Individual- und keine aus Pauschalreisenden.
Derzeit besteht eine Kooperation zwischen dem ATI und den sächsischen Nachbarlandkreisen des Altenburger Landes. Ziel ist die Etablierung gemeinsamer, landkreisübergreifender
Tourismusangebote. Für deren Erfolg ist der Flugplatz Leipzig-Altenburg als Quelle für Incoming-Tourismus sehr wichtig. Angestrebte Kooperationsprojekte des Altenburger Landes mit
den Städten Leipzig und Chemnitz scheitern gegenwärtig noch an vorwiegend politischen
Hürden. Es fehlt bei den meisten Beteiligten das Bewusstsein dafür, dass der durch LowCost-Verbindungen verstärkte Incoming-Tourismus positive wirtschaftliche Folgen für die
gesamte Mitteldeutsche Region hat. Mitteldeutschland ist zu eng vernetzt, als dass durch
Tourismus generiertes wirtschaftliches Wachstum die Landesgrenzen nicht überwindet.
7. Zukünftige Entwicklungen im Luftverkehr
Am Standort Leipzig-Altenburg fliegt mit Ryanair einer der erfolgreichsten LCC-Anbieter
überhaupt. Das Streckenangebot des Unternehmens wuchs 2009 gegenüber 2008 um ein
Drittel.47 Dieser positive Trend besteht seit einigen Jahren.
Steigend ist der Anteil der LCC-Flüge auch insgesamt im europäischen Luftraum. Der Anteil
der Flugbewegungen hat sich hier kontinuierlich erhöht und liegt mittlerweile bei 27 Prozent
des Gesamtflugaufkommens in Europa (2009).48 Durch die Wirtschaftskrise, aber auch durch
die Ausrichtung der Kunden auf preiswerte Angebote entwickelte sich dieser Markt im vergangenen Jahr weit besser als der Full-Service-Flugverkehr.49 Ryanair hat beispielsweise zur
Expansion des Angebotes weitere Flugzeuge für seine Flotte bestellt.
Auch zukünftig wird der LCC-Markt weiter wachsen, wenn auch mit geringeren Raten als in
der Vergangenheit. Gegenwärtig ist der Anteil der LCC-Reisenden in Deutschland noch geringer als etwa in Großbritannien. Dies hat möglichweise auch damit etwas zu tun, dass LowCost-Carrier als „Billigflieger“ abgetan werden. Diese Einstellung ändert sich aber, bei der
jüngeren Generation ist sie quasi nicht mehr vorhanden. Diese unternimmt mit LCC häufiger
Kurztrips, zu fliegen ist nichts Außergewöhnliches mehr. Der LCC-Markt expandiert daher
weiter. Ein Flugplatz, der in diesem gut aufgestellt ist, wird davon profitieren und mit ihm die
umgebende Region.
47
Low-Cost Monitor 02/2009, http://www.adv.aero/fileadmin/pdf/statistiken/2009/Low_Cost_Monitor_II_2009.pdf,
Seite 9.
48
Ebd., Seite 16
49
Jahresabschluss der Flughafen Erfurt GmbH 2008.
29