PAUL GERHARDT - Stationen seines Lebens
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PAUL GERHARDT - Stationen seines Lebens
PAUL GERHARDT - Stationen seines Lebens ______________________________________________________________ GRÄFENHAINICHEN 12. März 1607 Paul Gerhardt wird in Gräfenhainichen geboren 1619/1621 Tod seiner Eltern Christian Gerhardt und Dorothea, geb. Starke GRIMMA 1622 - 1627 Besuch der Fürstenschule WITTENBERG 1628 Immatrikulation zum Theologiestudium 1634 Hauslehrer im Hause des Archidiakons Fleischhauer BERLIN 1642/43 Hauslehrer bei der Familie des Kammergerichtsadvokaten Andreas Berthold, dessen Tochter er später heiratet. 1643 Gerhardts erstes nachweisbares deutsches Gedicht wird gedruckt, entstanden anlässlich einer Hochzeit. 1647 18 geistliche Lieder Gerhardts erscheinen im Berliner Gesangbuch "Praxis Pietatis Melica", herausgegeben von Johann Crüger, dem Kirchenmusiker an der St. Nikolaikirche. MITTENWALDE 1651 Paul Gerhardt wird mit schriftlicher Verpflichtung auf die lutherischen Bekenntnisschriften in Berlin ordiniert und als Pfarrer und Propst in Mittenwalde eingeführt. 1653 In der 5. Auflage von Crügers Gesangbuch erscheinen 64 neue Lieder von Paul Gerhardt. 1655 Trauung mit Anna Maria Berthold in Berlin Sie brachte zwischen 1656 und 1665 fünf Kinder zur Welt nur ein Sohn, Paul Friedrich (*1662 ) überlebt. BERLIN 1657 Berufung durch den Berliner Magistrat auf eine der Pfarrstellen an der dortigen Nikolaikirche. 1661 Die 10. Auflage der "Praxis Pietatis Melica" enthält insgesamt 90 Lieder Gerhardts. 1662 Friedrich Wilhelm, der "Große Kurfürst" veröffentlicht ein "Toleranzedikt", das die auf Einschränkung der lutherischen Konfession gerichtete Kirchenpolitik des reformierten Fürsten weiter verschärft. 1662/63 Bei den auf dem kurfürstlichen Schloss stattfindenden Religionsgesprächen zwischen Reformierten und Lutheraner spielt Gerhardt bei letzteren eine wichtige Rolle. Die Verhandlungen bleiben ergebnislos. 1664 Der Kurfürst erlässt ein zweites, verschärftes Edikt über "Kirchentoleranz" und fordert alle Berliner Pfarrer auf, es zu unterschreiben. Einige verweigern die Unterschrift und müssen das Land verlassen. 1666 Amtsenthebung Paul Gerhardts 1666/67 Die erste Gesamtausgabe der damals 120 Lieder Paul Gerhardts erscheint. 1667 Nach kurzer Amtsaufnahme endgültige Amtsniederlegung durch Paul Gerhardt und endgültige Absetzung Gerhardts durch den Kurfürsten. LÜBBEN 1668 Gerhardts Frau Anna Maria stirbt. Paul Gerhardt wird auf eine Stelle nach Lübben (Spreewald) berufen, außerhalb des preußischen Territoriums. 1669 Amtseinführung als Archidiaconus in Lübben 1676 Gerhardt verfasst das sogenannte"Testament" für seinen Sohn Paul Friedrich 27. Mai 1676 Paul Gerhardt stirbt in Lübben 7. Juni 1676 Beisetzung in der Lübbener Kirche DAS TESTAMENT PAUL GERHARDTS "Nachdem ich nunmehr des 70. Jahr meines Alters erreicht, auch dabei die fröhliche Hoffnung habe, daß mein lieber frommer Gott mich in kurzem aus dieser Welt erlösen und in ein besseres Leben führen werde, als ich bisher auf Erden gehabt habe: so danke ich ihm zuvörderst für alle seine Güte und Treue, die er mir von meiner Mutter Leibe an bis auf jetzige Stunde an Leib und Seele und an allem, was er mir gegeben, erwiesen hat. Daneben bitte ich von Grund meines Herzens, er wolle mir, wenn mein Stündlein kommt, eine fröhliche Abfahrt verleihen, meine Seele in seine väterlichen Hände nehmen, und dem Leibe eine sanfte Ruhe in der Erde bis zu dem lieben jüngsten Tage bescheren, da ich mit allen Meinigen, die nur vor mir gewesen und auch künftig nach mir bleiben möchten, wieder erwachen und meinen lieben Herrn Jesum Christum, an welchen ich bisher geglaubet und ihn doch nie gesehen habe, von Angesicht zu Angesicht schauen werde. Meinem einzigen hinterlassenen Sohne überlasse ich von irdischen Gütern wenig, dabei aber einen ehrlichen Namen, dessen er sich sonderlich nicht wird zu schämen haben. Es weiß mein Sohn, daß ich ihn von seiner zarten Kindheit an dem Herrn meinem Gott zu eigen gegeben, daß er ein Diener und Prediger seines heiligen Wortes werden soll. Dabei soll er nun bleiben und sich daran nicht kehren, daß er nur wenig gute Tage dabei haben möchte; denn da weiß der liebe Gott schon Rat zu und kann das äußerliche Trübsal mit inniglicher Herzenslust und Freudigkeit des Geistes genugsam ersetzen. Die heilige Theologiam studiere in reinen Schulen und auf unverfälschten Universitäten, und hüte dich ja vor Synkretisten, denn sie suchen das Zeitliche und sind weder Gott noch Menschen treu. In deinem gemeinen Leben folge nicht böser Gesellschaft, sondern dem Willen und Befehl deines Gottes. Insonderheit 1. Tue nichts Böses, in der Hoffnung, es werde heimlich bleiben, denn es wird nichts so klein gesponnen, es kommt an die Sonnen. 2. Außer deinem Amte und Berufe erzürne dich nicht. Merkst du dann, daß der Zorn dich erhitzet habe, so schweige stockstille und rede nicht eher ein Wort, bis du ernstlich die 10 Gebote und den christlichen Glauben bei dir ausgebetet hast. 3. Der fleischlichen sündlichen Lüste schäme dich, und wenn du dermaleinst zu solchen Jahren kommst, daß du heiraten kannst, so heirate mit Gott und gutem Rat frommer, getreuer und verständiger Leute. 4. Tue Leuten Gutes, ob sie dir es gleich nicht zu vergelten haben, denn was Menschen nicht vergelten können, das hat der Schöpfer Himmels und der Erden längst vergolten, da er dich erschaffen hat, da er dir seinen lieben Sohn geschenket hat, und da er dich in der heiligen Taufe zu seinem Kinde und Erben auf- und angenommen hat. 5. Den Geiz fleuch als die Hölle, laß dir genügen an dem, was du mit Ehren und gutem Gewissen erworben hast, ob es gleich nicht allzuviel ist. Beschert dir aber der liebe Gott ein Mehreres, so bitte ihn, daß er dich vor dem leidigen Mißbrauche des zeitlichen Gutes bewahren wolle. Summa, bete fleißig, studiere was Ehrliches, lebe friedlich, diene redlich und bleibe in deinem Glauben und Bekenntnis beständig, so wirst du einmal auch sterben und von dieser Welt scheiden willig, fröhlich und seliglich. Amen." aus dem Buch: Hans Joachim Beeskow, Paul Gerhardt - Eine Text-Bild-Biographie Kurz vor seinem Tode schrieb Paul Gerhardt in seinem Testament u.a., dass er seinem Sohn Paul Friedrich an "irdischen Gütern wenig" hinterlasse, was auch den Tatsachen entsprach. Paul Gerhardt hinterließ jedoch ein Erbe - seine Lieder -, das bis zum heutigen Tag überaus lebendig ist. Sie wurden in ungezählte Sprachen übersetzt und werden nach wie vor von Christen auf der ganzen Welt gesungen. Komponisten wie Johann Sebastian Bach oder Ernst Pepping haben sie zu Bestandteilen ihrer Werke gemacht. Paul Gerhardt selbst tritt hinter sein Werk zurück. Sein Werk - seine Lieder - weisen immer wieder von ihm weg und auf die Bibel, auf Gottes Botschaft hin. Sie stehen bewusst in Korrespondenz zur Heiligen Schrift und versuchen, auf die biblische Botschaft zu antworten und sie zu konkretisieren. Obwohl uns ein großer zeitlicher Abstand von der Entstehungszeit der Lieder Paul Gerhardts trennt, sind sie vielen Menschen in ihren Aussagen ganz nah; wir empfinden sie oft als gleichzeitig und wie für uns geschrieben. Freudig stimmen wir in Paul Gerhardts Gotteslob und Gottesdank ein oder lassen uns von ihm daran erinnern, dass unser Leben ein Geschenk Gottes ist und dass wir immer auf Gottes Gnade angewiesen sind. Bekenntnishaft formulierte Paul Gerhardt in seinem Lied "Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich": "Der Grund, da ich mich gründe, ist Christus und sein Blut, Das machet, daß ich finde Das ewge wahre Gut. An mir und meinem Leben Ist nichts auf dieser Erd, Was Christus mir gegeben, Das ist der Liebe wert. Sein Geist wohnt mir im Herzen, Regiert mir meinen Sinn Vertreibet Sorg und Schmerzen, Nimmt allen Kummer hin, Gibt Segen und Gedeihen Dem, was er in mir schafft, Hilft mir das Abba schreien Aus aller meiner Kraft." Ich wünsche dem vorliegenden Buch, das im Zeichen der Vorbereitungen auf den 400. Geburtstag von Paul Gerhardt im Jahre 2007 steht, und in dem auch einige Dokumente aus dem Leben von Paul Gerhardt erstmalig veröffentlicht sind, viele aufmerksame Leser. Prof. Dr. Wolfgang Huber Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirchen in Deutschland