Schweißmetallurgie WS 2015/ 2016 Vorlesung

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Schweißmetallurgie WS 2015/ 2016 Vorlesung
SCHWEIßMETALLURGIE WS 2015 / 2016
Vorlesung Schweißmetallurgie
Einführung
Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil.
Knuth-Michael Henkel
Lehrstuhl Fügetechnik /
Stellv. Leiter Fh AGP
Albert-Einstein-Str. 30
18059 Rostock
E-Mail: [email protected]
Telefon: 0381 / 49682 30
Einteilung der Werkstoffe
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Lehrstuhl Fügetechnik / Schweißtechnik Fraunhofer AGP
Schweißen
 Fügeprozess, bei dem zwei oder mehr Teile verbunden werden, wobei eine Kontinuität der
Werkstoffe der zu verbindenden Teile hergestellt wird, unter Anwendung von Wärme oder Kraft
oder beiden und mit oder ohne Schweißzusatzwerkstoff
• Schweißen kann auch zum Beschichten und zum Wiederaufschmelzen eingesetzt werden
• siehe DIN 1910-100 Schweißen und verwandte Prozesse – Begriffe bzw.
DIN EN ISO 4063 Schweißen und verwandte Prozesse – Liste der Prozesse und Ordnungsnummern
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Unterpulverschweißen
Schweißköpfe
 Steigerung der Prozesssicherheit bei UP-Verfahrensvarianten
mittels optischer Analysen des Lichtbogens und des Werkstoffübergangs im Kavernenraum
• Prozessverständnis von UP-Schweißen als umfangreich genutztes
Hochleistungsschweißverfahren im schweren Stahlbau aufgrund optischer
Unzugänglichkeit ist defizitär
• Korrelation elektrischer Signalcharakteristika mit Prozessereignissen
• Chemisch-physikalische Wechselwirkungen im zeitvarianten Verlauf
zwischen Tropfen – Schlacke-Lichtbogensäule z.B. Zu- und Abbrände
wichtiger Legierungselemente
• Mehrdrahtvarianten mit invertergesteuerten Strom-/Spannungsmodulationen
• Entwicklung einer Methodik zur Echtzeit-Lichtbogendiagnostik mit kinemato•
•
•
•
Arbeitsprobe
Bedienpult
Versuchsaufbau mit
Hochgeschwindigkeitskamera im Vordergrund
Flüssiges Tropfendepot
am Draht
grafischen Hochgeschwindigkeitsaufnahmen und synchronisierten spektroskopischen Messungen durch neuartiges Konzept zum Anstechen der Kaverne
Korrelation der Prozessereignisse mit elektrischen Signalen und Schweißergebnis (mech.-techn. Eigenschaften; chemische Zusammensetzung) in
Abhängigkeit der Schweißparameter
Schlackeübergang in
Steigerung der Prozesssicherheit durch erweitertes Prozessverständnis
Tropfen
Grundlagen für Qualitätssicherungskonzepte durch Korrelation
Blick in die UP-Kaverne mit 5000 fps kurz vor
elektrischer Signale mit Schweißergebnissen
Kurzschlussereignis
Einhaltung der notwendigen chemischen Zusammensetzung bzw. Reduktion von Overmatching
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Elektrogasschweißen
 im Schiff- / Stahl- und Behälterbau häufig MSG-Mehrlagenverfahren für Steignaht-Stöße (PF)
 hoher manueller Aufwand: langsam und kostenintensiv
 systematische schweißtechnologische und –metallurgische
Untersuchungen zum Elektrogasschweißen als Alternative
für europäische Anwendungen nicht vorhanden
 Beschaffung kompakter Elektrogasschweißanlage
Hyundai SS-EGW DIGITAL-1W als Versuchsanlage
• erprobte Schweißmaschine im asiatischen Schiff-
•
•
•
und Behälterbau
ermöglicht einlagiges Schweißen von bis zu 30 mm starken
Blechen in Steignahtposition (PF) an Stößen ab 0,5 bis ca. 30 m Länge
Ableitung geeigneter Maßnahmen zur Steigerung der
Prozesssicherheit, Produktivität und Verbindungsqualität
Entwicklungen von EG-Schweißzusätzen
(gezielte metallurgische Beeinflussung) und Technologieerprobung
angepasst auf europäische Fertigungsbedingungen (z.B. Schutzgase)
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Weitere Schweißverfahren
 Entwicklung einer WIG-Twin-Verfahrenstechnologie zur Produktivitätserhöhung
beim Schweißen von Aluminiumstrukturen
• Abschmelzleistungen beim WIG-Verfahren sind
•
•
abhängig von der Energie des Lichtbogens (Stromstärke)
hohe Stromstärken führen zu hohen Lichtbogendrücken
und damit zu starken Turbulenzen und
ungleichmäßigen Einbrandprofilen
infolgedessen steigt die Gefahr für Einbrandkerben
und Naht- bzw. Wurzeldurchfälle
Einbrandprofile von WIG-Standard und
WIG-Twin-Verfahren (schematisch)
Erweiterung des Prozessfensters
• bessere Verteilung des Lichtbogendruckes durch zwei Elektroden
• Optimierung der Medienführung und Lichtbogenmodulation
• Realisierung verschiedener Gleich- und Wechselstromkennlinien
für optimale Lichtbogenbeeinflussung
• bessere Flanken- / Wurzelerfassung, Spaltüberbrückbarkeit und
•
•
Energieeinkopplung bei Aluminiumverbindungen
Verbesserung der mechanisch-technischen Gütewerte um bis zu 20 %
geringere thermische Belastung, höhere Produktivität und ein
geringerer Verschleiß
Messung des Lichtbogendruckes mit Einzel- und TwinElektrode bei gleicher Stromstärke
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Thermisches Spritzen
 schnell fahrende Schiffe: oft starke Erosionserscheinungen
 Kavitation, Seewasserkorrosion Oberflächenabrieb
• Gegenmaßnahmen: Polymerbeschichtungen,
Auftragsschweißungen, Opferanoden
 zeitintensiv / eingeschränkte Wirkung.
 Dockung und Reparatur notwendig
a)
Flächenkavitation
 bislang keine Nutzung thermischer
b)
Spritzverfahren in Schiffbau
Schichtmikrostrukturen a) vor und b) nach
• Qualifizierung geeigneter Materialien z.B. hetero- Optimierung der Prozess-Parameter
•
•
•
Eintrittskantenkavitation
Schädigungen im
Ruderbereich
Aufwändige
Reparaturmaßnahmen
gene Al-Bronzen (CuAl9Ni5Fe4Mn2,5, CuMn13Al8Fe3Ni2)
sowie Prozesses für optimierte Schichteigenschaften
Anpassung der Prozessparameter für verbesserte Schichtadhäsion und damit Kavitationserosionsresistenz
gezielte Einstellung der Substratbedingungen
 Temperatur, Rauheit
Kernpunkte der Untersuchungen
•
•
•
•
breite Materialauswahl (Pulver & Substrat)
Analyse Schichteigenspannungen (Verbesserung der Adhäsion)
Vergleich zu Referenzverfahren (TPartikel )
Auslagerung der Schichten (Ausheilen nicht
gebundener Grenzflächen)
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Thermisches Spritzen
 Spritzzusätze werden innerhalb oder außerhalb
der Spritzpistole zugeführt und bis zum
plastischen oder geschmolzenen Zustand
aufgeheizt und dann auf die vorbereitete
Oberfläche geschleudert
• die Oberfläche wird dabei nicht aufgeschmolzen
• siehe DIN EN 657
Kontaktstelle /
aktive Zone
Mikroverschweißungen
• Beeinflussung der
Kontaktstellen:
• Vergrößerung z.B.
Substrattemperatur
• Verkleinerung z.B.
Oxide, Gaseinschlüsse
Quelle: „The Science and Engineering of Thermal Spray Coatings”
• Anbindungsmechanismen an aktiven Zonen realisierbar durch:
• mechanische Verklammerung (an Unregelmäßigkeiten des Substrats  Rauheit)
• physikalische Interaktionen (saubere, aktivierte Oberfläche und Kontakt auf Atomebene)
• metallurgische Interaktionen (Diffusion, chemische Reaktionen)
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Mögliche Themen für studentische Arbeiten
 Einfluss des Mangan-Nickel-Molybdän Legierungssystems auf die mechanisch-technologischen
Eigenschaften überhitzter Schweißgüter
 R. Banaschik
 Experimentelle Untersuchung zum EG-Wechselstromschweißen mit Inverter Stromquellen
 R. Banaschik
 Bau und experimentelle Verifizierung eines Versuchsstandes zum ElektroschlackeKanalschweißen
 R. Banaschik
 Untersuchungen zur Beeinflussung des UP-Schweißprozesses durch Verwendung
wiederaufbereiteter Schlacke als Pulverkomponente
 O. Brätz
 Erkennung von Schweißnahtunregelmäßigkeiten im UP-Schweißprozess mittels dynamischer
Parameteranalyse
 O. Brätz
 Entwicklung einer flexiblen Spannvorrichtung zur gezielten Einbringung von nieder- bis
hochfrequenter Vibration ins Schmelzbad während des Schweißens
 A. Gericke
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Lehrstuhl Fügetechnik / Schweißtechnik Fraunhofer AGP
Mögliche Themen für studentische Arbeiten
 Untersuchung des Einflusses von eingebrachter Vibration während des Schweißens auf den
Schweißeigenspannungszustand
 A. Gericke
 Untersuchung des Einflusses von eingebrachter Vibration beim Schweißen hochlegierter
Werkstoffe
 A. Gericke
 Untersuchung der Korrelation elektrischer Signalcharakteristika mit synchronisierten
Hochgeschwindigkeitsaufnahmen während des Unterpulverschweißens
 A. Gericke
 Untersuchungen zur Beeinflussung der Eigenspannungen, mechanischen Eigenschaften und
Mikrostruktur lichtbogengespritzter Ni-Al-Bronze-Schichten durch Variation des Zerstäubergases
 M. Hauer
 Untersuchungen zur Beeinflussung der Eigenspannungen, mechanischen Eigenschaften und
Mikrostruktur lichtbogengespritzter Mn-Al-Bronze-Schichten durch Variation des Zerstäubergases
 M. Hauer
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Einführung
Organisatorisches
Schweißeignung der beteiligten Werkstoffe
Im WS 2015 / 2016:
 Vorlesung & Übung Schweißmetallurgie
(Prof. K.-M. Henkel, Dr. K.-H. Kutz, R. Banaschik, M. Hauer)
Schweißbarkeit
Schweißsicherheit hinsichtlich Konstruktion
Schweißmöglichkeit hinsichtlich Technologie
Im SS 2016:
Im SS 2016:
 Vorlesung & Übung Schweißkonstruktion
 Vorlesung & Übung Schweißtechnologie
(Dr. R. Glienke)
(Prof. K.-M. Henkel)
 Schweißtechnologisches Praktikum
(R. Banaschik, O. Brätz, A. Gericke, M. Hauer, R. Hein)
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Einführung
Organisatorisches
 Module sind Bestandteile der Ausbildung zum Europäischen Schweißfachingenieur (EWE) in
Kooperation mit der SLV Mecklenburg-Vorpommern GmbH
 Ansprechpartner Universität Rostock / Fh AGP:
Dipl.-Ing. (SFI) Robert Hein
Telefon: 0381 / 49682 58
E-Mail: [email protected]
DVS-Studentengruppe Rostock
 Download des Skripts (passwortgeschützt) bei
Studip: Veranstaltung Schweißmetallurgie
 Themen für studentische Arbeiten unter
http://www.hro.ipa.fraunhofer.de/de/lehrstuhl_fertigungstechnik/projektarbeiten.html
oder direkt bei Prof. K.-M. Henkel, R. Banaschik, O. Brätz, A. Gericke, M. Hauer, R. Hein
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Einführung
Literaturhinweise / Quellen
 Schulze, G.: Die Metallurgie des Schweißens. Eisenwerkstoffe – Nichteisenmetallische
Werkstoffe. 4. Aufl., Berlin, Heidelberg : Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2010
 Läpple, V.; Drube, B.; Wittke, G.; Kammer, C.: Werkstofftechnik Maschinenbau. Theoretische
Grundlagen und praktische Anwendungen. 4. Aufl., Haan-Gruiten: Verl. Europa-Lehrmittel, 2013
 Evans, G. M.; Bailey, N.: Metallurgy of basic weld metal.
1. Aufl., Cambridge : Abington Publ., 1997
 Bargel, H.-J.; Schulze, G.: Werkstoffkunde.
9 Aufl., Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2005
 Macherauch, E.; Zoch, H.-W.: Praktikum in Werkstoffkunde.
11. Aufl., Wiesbaden: Verl. Vieweg+Teubner / Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 2011
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Einführung
Schwerpunkte & Gliederung
Schweißen
Schmelzschweißen
Gasschweißen
Lichtbogenschweißen
Pressschweißen
Lichtbogenbolzenschweißen
Strahlschweißen
Metalllichtbogenschweißen
Elektronenstrahlschweißen
Schutzgasschweißen
Laserstrahlschweißen
Unterpulverschweißen
Sprengschweißen
Ultraschallschweißen
Fokus auf Schmelzschweißen
Erhebliche Werkstoffänderungen
in Schweißgut (SG) und
Wärmeeinflusszone (WEZ)
 Schweißen erfordert die
Werkstoffkunde
Reibschweißen
Widerstandsschweißen
Punktschweißen
Buckelschweißen
Abbrennstumpfschweißen
Rollnahtschweißen
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Einführung
Schwerpunkte & Gliederung
Weltverbrauch wichtiger Werkstoffe
Einteilung der Werkstoffe
Fokus auf Stahlwerkstoffen (Baustähle, nichtrostende Stähle), Eisengusswerkstoffen, Aluminium
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SCHWEIßMETALLURGIE WS 2015 / 2016
Einführung
Schwerpunkte & Gliederung
 Einführung
 Grundlagen der Schweißmetallurgie
• Werkstofftechnische Grundlagen
• Aufbau metallischer Werkstoffe
• Elastische und plastische Verformung
• Thermisch aktivierte Prozesse




• Keimtheorie – Keimbildung und Kristallwachstum
• Stahlherstellung
• Eisenbegleiter und Probleme in der Schweißverbindung
Schweißen von Baustählen / Feinkornbaustählen
Schweißen nichtrostender Stähle
Schweißen von Eisengusswerkstoffen
Schweißen von Aluminium
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Grundlagen der Schweißmetallurgie
Aufbau metallischer Werkstoffe – Chemische Bindungen
 wesentliche Bestandteile der Atome: Protonen im Kern, Neutronen,
Elektronen in der Schale
• Atome streben Zustand mit acht Elektronen in der äußeren Schale an  Stabilität
• Ursache für Bildung einer primären chemischen Bindung
• Ionenbindung bei Metall-Nichtmetallverbindungen z.B. Na, Cl
• Atombindung (auch Elektronenpaarbindung, kovalente Bindung) bei Nichtmetallen und Gasen z.B. H2
• Metallbindung  wenige schwach gebundene Elektronen, die leicht abgegeben werden können
• weiterhin sekundäre chemische Bindungen basierend auf elektrostatischen Kräften
 Metallbindung:
• Coulomb‘sche Anziehungskräfte zwischen
•
•
•
•
negativen Elektronen und positiven Metallionen
anziehende Kräfte nicht gerichtet
 wirken auf gesamten Atomverband
Anordnung der Atome im Gitterverbund nach
geometrischen Gesetzmäßigkeiten
Verschiebung erzeugt keine Änderung des Gitterzusammenhangs  plastische Verformbarkeit
Verbindung verschiedener Atomsorten möglich
 Grundlage der Legierungsbildung
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Grundlagen der Schweißmetallurgie
Aufbau metallischer Werkstoffe – Gitteraufbau
 Bildung des Kristallgitters durch Wechselwirkungen  kleinste Einheit ist Elementarzelle
• beschreibt Gesetzmäßigkeiten der Atomanordnung
 akrz, akfz: Gitterkonstanten
des krz bzw. kfz Gitters
 R: Atomradius
 VAtom: Atomvolumen
4 π R³/ 3
 P: Packungsdichte
VAtom / VElementarzelle
 kfz, hdp Gitter: P = 74 %
 krz Gitter: P = 68 %
 höhere Anzahl an Gleitsystemen im kfz Gitter bedeutsam für Umformbarkeit
 bislang nur Betrachtung als Idealkristall ohne Gitterbaufehler
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Grundlagen der Schweißmetallurgie
Aufbau metallischer Werkstoffe – Realkristalle, Gitterbaufehler und Gefüge
 in Realkristallen verspannen Defekte das Gitter in näherer Umgebung in charakteristischer
Weise  Zunahme des Energiegehalts der Kristallite
 Gitterstörungen werden u.a. durch folgende Prozesse erzeugt:
• Kristallisationsvorgänge
• elastische und v.a. plastische Verformung
• Kernstrahlung z.B. Neutronenbeschuss
• Aufheiz- / Abkühlbedingungen durch Herstellung oder
•
Weiterverarbeitung z.B. Schweißen  Gleichgewichtsstörungen
Reaktionen im Festkörper z.B. Wasserstoffrekombination
 in Abhängigkeit räumlicher Ausdehnung und
atomarer Anordnung im Bereich der Defekte:
• Nulldimensionale / Punktfehler z.B. Leerstellen (L), Fremdatome (S) als
•
•
•
Interstitions- und Substitutionsatome, Zwischengitteratome (B)
Eindimensionale / Linienfehler z.B. Versetzungen (┴)
Zweidimensionale / Flächenfehler z.B. Korngrenzen (Kleinwinkel: K / Großwinkel: G), Zwillingsgrenzen (Z)
Dreidimensionale / räumliche Fehler z.B. Poren, Ausscheidungen
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Grundlagen der Schweißmetallurgie
Aufbau metallischer Werkstoffe – Realkristalle, Gitterbaufehler und Gefüge
 Defekte durch Einlagerung von Fremdatomen
 interstitiell: starke Gitterverzerrungen mit hoher Härtezunahme und nahezu immer Zähigkeitsabnahme z.B. C, H
 substitutionell: weniger starke Gitterverspannung durch ähnlichen Atomradius
 Burgersvektor 𝑏 ist Maß für Größe und Richtung der Gitterverzerrung bei Versetzungen
• je nach Lage des Burgersvektors zur Versetzungslinie: Schrauben- (0°) bzw. Stufenversetzung (90°)
• meist gemischte Versetzungen mit beliebigen Winkeln  bei radialer Ausbreitung Gleitstufe mit Betrag von 𝑏
• Versetzungen beginnen bzw. enden an Fehlstellen oder Korngrenzen
• außerdem Bildung von Versetzungsringen ohne Berührung von Grenz- oder Oberflächen möglich
z.B. bei plastischer Verformung im Inneren eines Kristalliten
 Versetzungsbewegung ist wesentlicher Mechanismus der plastischen Verformung von Metallen
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Grundlagen der Schweißmetallurgie
Aufbau metallischer Werkstoffe – Realkristalle, Gitterbaufehler und Gefüge
 Stapelfehlerenergie hat entscheidenden Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften
• Festigkeit: Versetzungsbewegung findet bei hoher
•
Stapelfehlerenergie unter geringerer Spannung statt
 Verringerung der Festigkeit
 z.B. Al gegenüber austenitischen CrNi-Stählen
Warmfestigkeit: bei Metallen mit niedriger Stapelfehlerenergie
(z.B. durch Mischkristallbildung) muss größere thermische Aktivierung erfolgen
 Erhöhung der Warmfestigkeit z.B. austenitische CrNi-Stähle
 Zwillingsgrenze frei von Gitterverzerrungen und kohärent
• erforderliche Gitterverschiebung gering
 rasche Bildung z.B. durch
• mechanische Verformung
• Kristallisation
1.4301
• entsprechen halbem Stapelfehler
•
 bevorzugtes Auftreten in Metallen mit
 niedriger Stapelfehlerenergie
plastische Verformbarkeit wird v.a.
• bei wenigen (z.B. hdp) bzw.
• ungünstigen Abgleitmöglichkeiten
(z.B. tiefe Temperaturen) verbessert
Zwilling
20 µm
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Grundlagen der Schweißmetallurgie
Aufbau metallischer Werkstoffe – Realkristalle, Gitterbaufehler und Gefüge
 Korngrenzen trennen Kristallite und sind die wichtigsten zweidimensionalen Baufehler
• Korngrenzen entstehen bei der Erstarrung einer Metallschmelze durch Keimbildung und –wachstum
• Bereiche mit hoher Fehlanpassung der Atome
•
•
 Konzentration gelöster Atome sehr groß
nicht stabil, da nicht allseitig umgeben von Nachbaratomen
 Fehlen nach außen gerichteter Kräfte
Folge: ins Kristallinnere weisende resultierende Kraft, welche die Oberfläche zusammenhält
 Kenngröße ist Oberflächenenergie bzw. freie Enthalpie bei festen Grenzflächen
sowie Oberflächenspannung bei flüssigen Grenzflächen
 abhängig von Orientierung zweier Kristallite zueinander
• Klein- / Subkorn- (< 15°) bzw. Großwinkelkorngrenzen (> 15°)
• Oberflächenenergie der Großwinkelkorngrenzen ist größer als bei allen
anderen Gitterbaufehlern
 keine Gitterkohärenz
 Diffusions-, Ausscheidungs-, Umwandlungs-, Korrosionsvorgänge
beginnen bevorzugt an Korngrenzen wegen der geringeren
Aktivierungsenergie für die Keimbildung
 durch ungünstiger werdende Diffusionsbedingungen erfolgen Phasenänderungen
bzw. -umwandlungen zunehmend im Korninneren bzw. anderen Gitterbaufehlern
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SCHWEIßMETALLURGIE WS 2015 / 2016
Grundlagen der Schweißmetallurgie
Aufbau metallischer Werkstoffe – Realkristalle, Gitterbaufehler und Gefüge
 Gefüge als sichtbare Struktur bestehend aus Körnern, Korngrenzen und Gitterbaufehlern
• Menge an Gitterbaufehlern stark beeinflusst durch Vorgeschichte (Verformung, Schweißen usw.) des Werkstoffs
• technische, vielkristalline Werkstoffe auf Grund i.A. regelloser Anordnung mit quasiisotropem Verhalten
 zunehmende Korngröße in schmelzgrenzennahen Bereichen von Schweißverbindungen führt zur Verringerung
von Festigkeit und Duktilität und erhöhter Versagenswahrscheinlichkeit
 Korngröße lässt sich beeinflussen durch
• Lenkung der Erstarrung: langsames bzw. schnelles Abkühlen  Veränderung des Keimgehalts der Schmelze
• Umformvorgänge z.B. Kalt-, Warmumformen
• Wärmebehandlungen z.B. Normalglühen, Aufheiz-/Abkühlvorgänge in der Wärmeeinflusszone einer
Schweißverbindung
1.4301
 mechanische Gütewerte von Korngrenzensubstanz abhängig
• Korngrenzensubstanz besteht aus
• Fremdatomen z.B. P, S, andere Stahlbegleiter
• niedrig schmelzende, meist eutektische Verbindungen z.B. FeS in Stahl, Cu2O in Kupfer
• Ausscheidungen z.B. in Folge der Schweißwärme in Wärmeeinflusszone einer Schweißnaht
20 µm
Cr23C6
• Versprödung in Folge der Eisenbegleiter P, Sn, Cu an Korngrenzen durch starke Abnahme der Oberflächenenergie
• hohe Löslichkeit in Matrix begünstigt eine geringere Ausscheidungsfähigkeit im Korngrenzenbereich
• Verteilung spielt große Rolle  zusammenhängender Korngrenzenfilm kritischer als einzelne Partikel
• CrC-Ausscheidungen können durch Glühen in runde, koagulierte Teilchen überführt werden
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SCHWEIßMETALLURGIE WS 2015 / 2016
Grundlagen der Schweißmetallurgie
Elastische und plastische Verformung
 Einwirkung von Kräften und Momenten führt zu Formänderungen
• elastische / reversible Verformung
• plastische / irreversible Verformung
• theoretische Festigkeiten in beiden Fällen deutlich höher als in der Realität
 elastische Verformung wird durch begrenzte Entfernung der Gitteratome aus der Ruhelage hervorgerufen
• für kleine Auslenkungen aus Ruhelage gilt σ ~ ε mit Proportionalitätsfaktor E
• Steigung in r0 ~ E  hohe Bindungsenergie führt zu hohem E-Modul
• E-Modul hat fallende Tendenz mit zunehmender Temperatur
 plastische Verformung als irreversible, zeitlich versetzte
(diskontinuierliche) Verschiebung benachbarter Atomschichten
entlang von Gleitsystemen durch Versetzungsbewegung
• kfz: 12 Gleitsysteme, hdp: 3 Gleitsysteme
• krz: z.t. mehr als 12 Gleitsysteme, aber weniger dicht gepackt
• Behinderung der Versetzungsbewegung durch Hindernisse  Verfestigung
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SCHWEIßMETALLURGIE WS 2015 / 2016
Grundlagen der Schweißmetallurgie
Elastische und plastische Verformung – Verfestigungsmechanismen
 Mischkristallverfestigung
• Einlagerung von Fremdatomen auf regulären (Substitution) und Zwischen-
In α-Eisen
Gitterplätzen (Interstition) bewirkt symmetrische Verzerrung der Wirtsgitters
• Tendenz zum Einbau des Fremdatoms in Halbebene der Versetzung
• zusätzliche Spannung nötig, um Versetzung von Fremdatom zu lösen
• Normal- und Schubspannungsfeld von Zwischengitteratomen tritt in Wechselwirkung mit Stufen- und Schraubenversetzungen
• daher stärkere Verfestigungseffekte bei Einlagerungsmischkristallen (interstitiell)
• 𝚫𝛔𝐌𝐊 ~ 𝐜 mit c als Konzentration der Fremdatome
 Versetzungsverfestigung (auch Verformungs-, Kaltverfestigung)
• Erhöhung der Versetzungsdichte durch plastische Verformung und somit gegenseitige Behinderung der Versetzungen
• 𝚫𝛔𝐕 ~ 𝛒 mit ρ als Versetzungsdichte
• Multiplikations-Modell: Frank-Read-Quellen
• a) Verankerung der Versetzungen z.B. Ausscheidungen, Einschlüsse
• b, c) Ausbauchen der Versetzungslinie bis Anteile von Schrauben- und
Stufenversetzungen enthalten sind
• d, e) Krümmung um A und B  Entgegengesetzte Versetzungen
• f) Annäherung und Auslöschung entgegengesetzter Anteile
• g) Entstehung eines Versetzungsrings und neuer Versetzungslinie
• bei hohen Umformgraden Gefahr der Rissbildung
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SCHWEIßMETALLURGIE WS 2015 / 2016
Grundlagen der Schweißmetallurgie
Elastische und plastische Verformung – Verfestigungsmechanismen
 Teilchenverfestigung
• Fremdphasen geeigneter Größe und Verteilung können Versetzungen behindern
• grundsätzliche Wechselwirkungsmechanismen:
• Schneiden
• Umgehen
• hängt von Größe / Abstand bzw. Härte und Struktur der Teilchen ab
Schneidmechanismus
Umgehungsmechanismus
• Schneidmechanismus: überwiegend bei kohärenten / teilkohärenten Teilchen (teilweise noch Anpassung an Matrix)
• Umgehungsmechanismus: inkohärente Teilchen (nicht mehr mit Matrix verbunden)
 Mischkristall-, Versetzungs- und Teilchenverfestigung erzielen reine Festigkeitssteigerung!
 Zähigkeit wird nicht verbessert!
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SCHWEIßMETALLURGIE WS 2015 / 2016
Grundlagen der Schweißmetallurgie
Elastische und plastische Verformung – Verfestigungsmechanismen
 Korngrenzenverfestigung
• Versetzungen werden vor Korngrenzen aufgestaut
• Spannungsfelder reichen weit ins Korninnere  Beeinträchtigung der Versetzungsbewegung
• Einfluss steigt mit abnehmendem Korndurchmesser  feineres Korn erhöht Streck- bzw. Dehngrenze
• Hall-Petch-Beziehung: 𝐑𝐞𝐋 = 𝛔𝟎 + 𝐤𝐝 mit
•
•
•
•
ReL: untere Streckgrenze
d: mittlerer Korndurchmesser / mittlere freie Weglänge der Versetzung
σ0: Reibungsspannung (Fließspannung eines Werkstoffs mit sehr großem Korn)
k: Widerstand der Korngrenze auf die Versetzungsbewegung
k = 19 N/mm3/2 für α-Eisen; k = 3,5 N/mm3/2 für Al
• feineres Korn bewirkt gleichmäßigere
•
Gleitebene
Versetzungsaufstau
Korngrenze
Mikroriss
•
Verteilung der Versetzungen
häufiges Ab- und Umlenken auf
verschiedene Gleitebenen
zusätzliche Energie bei äußerer
Schlagbeanspruchung zur Fortpflanzung in das nächstgelegene Korn
benötigt
 Zähigkeit steigt erheblich mit
Festigkeit!
Für niedriglegierten Stahl
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SCHWEIßMETALLURGIE WS 2015 / 2016
Grundlagen der Schweißmetallurgie
Elastische und plastische Verformung – Verfestigungsmechanismen
Sprödbruchangst
 Zähigkeit als Zusammenspiel von
Festigkeit und Duktilität
• Spannungs-Dehnungsdiagramm: Integral unterhalb Kurve
• Duktilität: Bruchdehnung (A5) und Brucheinschnürung (Z)
• Festigkeit: Zugfestigkeit (Rm) und Streckgrenze (Re)
 Bedeutung der Zähigkeit
• Konstruktionen werden nach Festigkeit dimensioniert
• Duktilität fließt nicht mit ein in Berechnung bzw. wird z.B.
•
Liberty-Schiffe im 2. Weltkrieg („Kalter Atlantik“)
durch Einsatztemperatur vorgegeben  Stahlauswahl
schlagartige Belastungen und Eigenspannungen
können im Verlauf der Lebensdauer eines Bauteils nicht
ausgeschlossen werden
 bei Vorliegen schlagartiger Belastung statt quasistatischer Belastung versagen Werkstoffe
erheblich früher und ohne nennenswerte, vorherige Verformung
• Sprödbrüche werden begünstigt durch z.B. tiefe Temperaturen, Eigenspannungen, geometrische/metallurgische
•
•
Kerben, Gefügeumwandlungen, Grobkornbildung, Rekombination von Gasen, große Blechdicken
je nach Konstruktion unterschiedliche Mindest-Zähigkeitswerte und Duktilität der Verbindungsbereiche gefordert
einfache Prüfmethoden sind Kerbschlagbiegeversuch nach „Charpy“ und Zugversuch
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SCHWEIßMETALLURGIE WS 2015 / 2016
Grundlagen der Schweißmetallurgie
Elastische und plastische Verformung – Verfestigungsmechanismen
 eine Erhöhung des Widerstands gegen plastische Verformung erfolgt
durch Behinderung der Versetzungsbewegung durch
• Mischkristallverfestigung: Lösen von Fremdatomen im Kristallgitter des Basisatoms
 Legieren
• bei Gusslegierungen z.B. AlSi-Gusslegierungen
• Versetzungsverfestigung: Erhöhung der Versetzungsdichte
 Kaltumformen
• häufig bei nicht ausscheidungshärtbaren Al- und Mg-Legierungen genutzt
• Teilchenverfestigung: Erzeugung von Fremdphasen
 Wärmebehandlung
• ausscheidungshärtbare Al und Fe-Legierungen, mikrolegierte (Feinkorn-)Baustähle
• Korngrenzenverfestigung: Erhöhung der Anzahl an Korngrenzen
 Kornfeinung
• Konstruktionswerkstoffe z.B. Feinkornbaustähle
 grundlegenden Mechanismen können auch kombiniert genutzt
werden bzw. wirken
 gegenseitige Beeinflussung
• martensitisches Härten von Stählen: Mischkristall-, Versetzungs- und Korngrenzenverfestigung
• thermomechanisch gewalzter Feinkornbaustahl: Mischkristall, Teilchen- und Korngrenzenverfestigung
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SCHWEIßMETALLURGIE WS 2015 / 2016
Grundlagen der Schweißmetallurgie
Thermisch aktivierte Prozesse – Diffusion
 Platzwechselvorgänge von Atomen, Ionen, niedermolekularer Verbindungen durch thermische
Anregung  Wechsel von weniger stabilen zu stabilen Zuständen
• Diffusion bei Konzentrationsgefälle
• Erholung und Rekristallisation verformter Gefüge
• Kriechen
• Sinterprozesse
 Diffusion: Bewegung der Atome im festen Zustand durch das
Kristallgitter  Gefüge- und Zustandsumwandlungen
• Verringerung innere Energie z.B. Abbau Konzentrationsunterschiede,
•
•
•
•
•
Verminderung der Gitterbaufehler
thermische Energie als Aktivierungsenergie Q
 Lösen aus Bindungszustand, um Hindernis (Energieberg) zu überwinden
Aktivierungsenergie Q als charakteristische Größe
Bewegung an Werkstückoberfläche (Oberflächendiffusion) leichter möglich
als im Inneren eines Korns (Volumendiffusion)
i.A. ist Einfluss der Volumendiffusion vorherrschend
bei sehr feinkörnigem Gefüge  Korngrenzendiffusion
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kfz
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SCHWEIßMETALLURGIE WS 2015 / 2016
Grundlagen der Schweißmetallurgie
Thermisch aktivierte Prozesse – Diffusion
𝟏 𝐝𝐦
𝐝𝐭
 1. Fick‘sches Gesetz: 𝐀
𝐝𝐜
= −𝐃 𝐝𝐱 bei stationären Diffusionsvorgängen
dc
• dm
: Massenstrom, : Konzentrationsgefälle
dt
dx
• A: Fläche senkrecht zum Diffusionsstrom, D: Diffusionskoeffizient
 Diffusion in starkem Maße temperaturmäßig
• beschrieben durch Arrhenius-Gleichung:
𝐃 = 𝐃𝟎 𝐞−𝐐/(𝐑𝐓)
• D0: Diffusionskonstante,
• R: allgemeine Gaskonstante, T: absolute Temperatur
 bei nicht stationären Diffusionsvorgängen stellt das 2. Fick‘sche
Gesetz Zusammenhang zwischen zeitlichen und örtlichen Konzentrationsunterschieden her
• von Bedeutung z.B. bei thermomechanischen Behandlungsverfahren wie Aufkohlen, Nitrieren, Borieren usw.
• deutlich stärkere Erhöhung z.B. der Glühtemperaturen für erhöhte mittlere Eindringtiefen (parabolische Abhängigkeit)
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SCHWEIßMETALLURGIE WS 2015 / 2016
Grundlagen der Schweißmetallurgie
Thermisch aktivierte Prozesse – Phasenumwandlungen
Grenze Schweißeignung
bei ca. 0,22 Ma% C
A3
A1
 Metastabiles Zustandsdiagramm Fe-Fe3-C (schwarze Linien) als technisch wichtigeres System
• geringe Unterschiede in Legierungszusammensetzung haben großen Einfluss auf Phasengebiete und -grenzen
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SCHWEIßMETALLURGIE WS 2015 / 2016
Grundlagen der Schweißmetallurgie
Thermisch aktivierte Prozesse – Phasenumwandlungen
Härtespitze
Härte
Sprödbruchangst WEZ und SG
Härtesack
1
Schweißraupe
Schmelzlinie (SL)
1500
unvollständige Schmelzung
Grobkorn
1000
G
unvollständige
Umkristallisation
3
4
5
6
Alterung
Blausprödigkeit
Rekristallisation
2
1147
3
800
723
4
P
600
5
400
300
S
6
100
0,2
2,06
normale
Umwandlung
1
2
1200
0,8
Temperatur
Schweißgut (SG)
Wärmeeinflusszone (WEZ)
°C
1300
% 3
1
2
Kohlenstoffgehalt
Wärmeenflußzone
(im Makroschliff erkennbar)
 Grundwerkstoff wird durch thermische Energie
beim Schweißen stark beeinflusst
• ursprüngliche Eigenschaften können nicht mehr angenommen werden
• WEZ unterteilt nach größer werdender Entfernung zu 1 (SG & SL):
• 2 Grobkornzone:
• 3 Umwandlungszone:
• 4 Teilweise Umwandlungszone:
TS > T >> A3
T ≈ A3 + 50 K
T = A3 – A1
• 5 Rekristallisationszone:
• 6 Alterungs- / Anlasszone:
T < A1
T = 500 – 200 °C
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