Mobile Communities
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Arbeitsberichte des Lehrstuhls für Allgemeine und Industrielle Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Universität München Prof. Dr. Dr. h.c. Ralf Reichwald (Hg.) Ralf Reichwald / Roland Erben / Natalie Fremuth / Andreas Tasch Mobile Communities Phänomen und Erlösungspotenziale Arbeitsbericht Nr. 36 (Dezember 2002) des Lehrstuhls für Allgemeine und Industrielle Betriebswirtschaftslehre der Technischen Universität München Leopoldstrasse 139, 80804 München, Tel. 089 / 289 24800 www.prof-reichwald.de ISSN 0942-5098 © Copyright 2002 by Ralf Reichwald, Roland Erben, Natalie Fremuth and Andreas Tasch, TUM. Alle Rechte vorbehalten. 2 Inhaltsverzeichnis: 1 Einführung 1 Virtuelle Communities – Begriff und Forschungsperspektiven 1.0 Diffusität des Begriffs „virtuelle Community“ 1.0 Virtuelle Communities in der Forschungsperspektive der Sozialwissenschaften 1.0 Virtuelle Communities in der Forschungsperspektive der Betriebswirtschaftslehre 1.0 Das Drei-Ebenen-Modell der virtuellen Community 1 Mobile Communities 1.0 Zusatznutzen durch Erweiterung von virtuellen Communities mit mobilen Diensten 1.0 Von der virtuellen zur mobilen Community 1 Erlöspotenziale von mobilen Communities 1.0 Systematisierung von Erlösquellen 1.0 Erlöspotenziale aus dem Bereich „Commerce“ für Betreiber von mobilen Communities 1.0 Erlöspotenziale aus dem Bereich „Content“ für Betreiber von mobilen Communities 1.0 Erlöspotenziale aus dem Bereich „Connection“ für Betreiber von mobilen Communities 1 Zusammenfassung und Ausblick 3 1 Einführung Im Leben von Menschen stehen soziales Miteinander und Kommunikation im Vordergrund. Von Kindesbeinen an besitzt der Mensch eine natürliche Neigung zur Bildung von Gemeinschaften. Waren Gruppen früher an Raum und Zeit gebunden, so werden diese Restriktionen durch die globalen Kommunikationsmöglichkeiten des Internets überwunden. Analog zur realen Welt organisieren sich Menschen mit gleichen Interessen in elektronischen Gemeinschaften, sog. virtuellen Communities. Das Phänomen der Virtuellen Community wurde im Jahr 1993 durch Howard Rheingold und sein Buch über die Community “The Well” aus der San Francisco Bay Area global bekannt. Er sah virtuelle Communities als eine Form der zwischenmenschlichen Kommunikation über elektronische Netzwerke an, die auf gemeinsamen Interessen beruht.1 Mit dem Erscheinen des Buches „Net Gain“ der McKinsey-Berater John Hagel und Arthur Armstrong (1997) wurden virtuelle Gemeinschaften im Internet erstmals unter betriebswirtschaftlichen Aspekten betrachtet und breit diskutiert. Das Konzept von virtuellen Communities ist aber im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung in der Literatur nicht ausschließlich an die stationären Kommunikationsdienste des Internets und deren betriebswirtschaftliche Aspekte gebunden.2 Mit zunehmender Verbreitung mobiler Endgeräte und zukünftiger mobiler Datendienste können virtuelle Communities und ihre zugrundeliegenden Kommunikationsdienste für eine mobile Nutzung erweitert werden. Die Unterstützung der Mitglieder in ihren Aktivitäten durch mobile Community-Mehrwertdienste stellt dabei die nächste Evolutionsstufe von virtuellen Communities dar. 3 Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Erweiterung bzw. Veränderung von virtuellen Communities zu mobilen Communities und der Abschätzung ihrer Erlöspotenziale. Hierzu wird zunächst das Phänomen der virtuellen Community sowie ihre betriebswirtschaftlichen Aspekte dargestellt und diskutiert (Abschnitt 2), bevor in Abschnitt 3 die Erweiterung von virtuellen zu mobilen Communities betrachtet wird. Die Erlöspotenziale von mobilen Communities werden im vierten Abschnitt aus theoretischer Sicht abgeleitet und den bisherigen Erfahrungen in der Praxis gegenüber gestellt. Der fünfte Abschnitt fasst die wichtigsten Erkenntnisse dieses Beitrags zusammen und gibt einen Ausblick auf künftige Entwicklungen im Themenfeld der mobilen Communities. 2 Virtuelle Communities – Begriff und Forschungsperspektiven In den Diskussionen der letzten Jahre über die Auswirkungen der breiten gesellschaftlichen Diffusion des Internets bzw. dessen Nutzung wurde vor allem dem Konzept der „virtuellen Gemeinschaft“ oder 1 Vgl. insgesamt Rheingold 1993. Vgl. Figallo 1998 , S. 15 ff.; Weiber/Meyer 2001; Preece, S. 19 ff. 3 Vgl. Fremaux 2000, S. 1. 2 4 „virtual community“ eine große Zukunft vorausgesagt. Mit der breiten Zustimmung ging aber gleichzeitig eine Diffusität der Begrifflichkeit einher. Unter den beiden synonym verwendeten Begriffen wurden vollkommen unterschiedliche Phänomene subsummiert: Einige Autoren verstehen unter virtuellen Communities beispielsweise das gemeinschaftliche Einkaufen im Internet4, andere sehen sie als neue Form des Marktplatzes an5, und schließlich werden sie auch als eine neue Form von Vergemeinschaftungsprozessen über elektronische Medien6 verstanden. Vor diesem Hintergrund werden zunächst die unterschiedlichen Facetten und Forschungsperspektiven auf den Begriff der virtuellen Community beleuchtet, um anschließend auf ihre Erweiterung hin zu mobilen Communities eingehen zu können. 2.1 Diffusität des Begriffs „virtuelle Community“ Unter dem Begriff der „virtuellen Community“ wurden nicht nur vollkommen unterschiedliche Phänomene verstanden, sondern umgekehrt auch gleiche Phänomene mit unterschiedlichen Begriffen belegt. So ist in der Literatur nicht nur von virtuellen Communities oder virtuellen Gemeinschaften die Rede, sondern auch von Cyber-Communities7, elektronischen Gemeinschaften8 und virtuellen Gruppen9. Die Bandbreite an unterschiedlichen Definitionen reicht von sozialwissenschaftlich und kommunikationswissenschaftlich orientierten Beschreibungen bis hin zu kommerziell orientierten Betrachtungen. Folgende Betrachtungsweisen: 4 Abbildung zeigt einen 10 Vgl. Brunold/Merz/Wagner 2000, S. 32. Vgl. Hagel/Armstrong 1997. 6 Vgl. z.B. Wellmann 2001 und Döring 1997. 7 Brunold/Merz/Wagner 2000 8 Höflich 1996. 9 Thiedeke 2001. 10 Auswahl aus der Literatur, kein Anspruch auf Vollständigkeit. 5 Überblick über unterschiedliche 5 Sozialwissenschaftliche Betrachtung: ,,Virtual communities are social aggregations that emerge from the Net (Rheingold 1993) when enough people carry on those public discussions long enough, with sufficient human feeling, to form webs of personal relationships in cyberspace.”11 Kommunikationswissenschaftliche ,,Elektronische Gemeinschaften« als »soziale Welten« zeichnen sich Betrachtung: durch je eigene Bedeutungswelten mit einem eigenem Symbolbestand, (Höflich 1996) Perspektiven und Identitäten aus. Dies manifestiert sich in der Entwicklung einer eigenen Gruppensprache, die mitunter durch eine distinkte elektronische Parasprache zum Ausdruck kommt und letztlich mit einer Selbstbestätigung der Gruppenmitglieder durch Intalk respektive durch eine Abgrenzung gegenüber Außenstehenden verbunden ist.“12 Kommerziell orientierte Betrachtung: Merkmale einer kommerziellen Community: (Hagel/Armstrong 1997) • Ein spezifischer Interessenschwerpunkt • Die Integration von Inhalt und Kommunikation • Konzentration auf Informationen, die von den Mitgliedern selbst stammen • Auswahl zwischen konkurrierenden Anbietern • Kommerziell motivierte Organisatoren von Gemeinschaften13 Abbildung 1: Unterschiedliche Definitionen zu „virtuellen Gemeinschaften“ Vergleicht man die Vielzahl an verschiedenen Definitionen in der Literatur und sucht nach Gemeinsamkeiten zwischen ihnen, ergeben sich zwei zentrale Charakteristika, die allen Definitionen gemeinsam sind. Demnach handelt es sich bei virtuellen Communities: • um Gruppen von Personen, die • über elektronische Medien kommunizieren und/oder interagieren. Dabei bezieht sich der Begriff der Gruppe auf die Community (Gemeinschaft) und das „virtuelle“ auf die mediatisierte Form der Kommunikation.14 Aber schon über das Ausmaß und die Form der Kommunikation bestehen gegensätzliche Auffassungen. Während Rheingold15 nur dann von Gemeinschaften sprechen möchte, wenn sich durch direkte und anhaltende Kommunikation Netze von persönlichen Gemeinschaften gebildet haben, sehen andere Autoren eine direkte Kommunikation oder 11 Rheingold 1993, S. 5. Höflich 1996, S. 297 13 Hagel/Armstrong 1997, S. 26. 14 von Campenhausen 2001, S. 367 erachtet nicht einmal die Kommunikation als notwendig. Er definiert „Community = Kundengruppe“, ohne dann weiter auszuführen, warum eine Kundengruppe eine Gemeinschaft sein soll. 15 Rheingold 1993. 12 6 zumindest eine solche Möglichkeit nicht als notwendige Bedingung für das Entstehen einer Gemeinschaft an. Diese unterschiedlichen Definitionsweisen lassen sich mit den unterschiedlichen Forschungsinteressen der Autoren erklären. Aus diesem Grund sollen zunächst diese unterschiedlichen Forschungsperspektiven kurz dargestellt werden, bevor unser Drei-Ebenen-Modell der virtuellen Community vorgestellt wird. 2.2 Virtuelle Communities in der Forschungsperspektive der Sozialwissenschaften Im Mittelpunkt des Interesses der Sozialwissenschaften an Virtuellen Gemeinschaften steht das Verstehen des Phänomens Vergemeinschaftungsformen. 16 sowie dessen Einordnung in andere traditionellere Untersuchungsgegenstand ist hier nicht eine auf dem WWW basierende Community-Plattform,17 sondern meist ein einzelner Kommunikationsdienst wie ein Chat18, eine Mailingliste19, MUDs20 oder eine Newsgroup21. Ausgehend von den medialen Charakteristika dieser Dienste wird untersucht, inwieweit und unter welchen Bedingungen es zur Gruppenbildung und anderen Vergemeinschaftungsformen im Internet kommen kann, welche Qualität die Beziehungen in solchen Gruppen haben und wo Chancen und Risiken einer solchen Form von Beziehungen liegen. Die zentrale Fragestellung lautet, ob die beobachteten virtuellen „Gruppen“ und „Gemeinschaften“ ihren realweltlichen Pendants entsprechen oder ob sie einen neuen Typus und eine neue Qualität der Vergemeinschaftungsformen darstellen.22 2.3 Virtuelle Communities in der Forschungsperspektive der Betriebswirtschaftslehre In der betriebswirtschaftlich orientierten Literatur trat das Thema der virtuellen Community v. a. durch das von den McKinsey Beratern John Hagel und Arthur G. Armstrong geschriebene Buch „Net-Gain – expanding markets through virtual communities“23 auf die Agenda. In diesem Buch thematisieren die Autoren virtuelle Gemeinschaften (virtual communities) als Antwort auf die durch das Internet 16 Nach Weber 1976, S. 21 entsteht eine Gemeinschaft, wenn sich Personen aufgrund eines gemeinschaftlichen Gefühls aneinander orientieren und sich deshalb eine soziale Bindung zwischen ihnen aufbaut, die ihre gefühlte Zusammenhörigkeit ausdrückt. 17 Utz bezeichnet diese in Abgrenzung zu den Einzeldiensten als E-Communities und prognostiziert ihnen aufgrund der einfacheren Handhabbarkeit über einen WWW-Browser eine erfolgreichere Zukunft als den Einzeldiensten. Vgl. Utz 2002, S. 162 u. 167. 18 Vgl. Heintz /Müller 2000. 19 Vgl. Stegbauer 2002. 20 MUDs (multi-user dungeons) sind eine Art Abenteuerrollenspiele im Netz. Die Spieler schlüpfen in eine Rolle wie beispielsweise ein Ritter oder eine Fee und durchleben in ihr verschiedene Abenteuer. Diese hauptsächlich Text basierten Spiele existieren seit 1978 und haben eine Größe von 10-10000 Spieler. Auch wenn sie quantitativ eher eine geringe Relevanz haben (7% der deutschen Online-Nutzer gaben laut ARD/ZDF OnlineStudie von 2000 an MUDs teilzunehmen) beschäftigen sich viele CvK-Studien mit diesem Phänomen.Vgl. Utz 2002, S. 163f. 21 Vgl. Müller 2001. 22 Zur Vertiefung der sozialwissenschaftliche Forschungsperspektive auf Virtuelle Communities vgl. Fremuth/Tasch 2002 und die dort angegebene Literatur. 23 Vgl. Hagel/Armstrong 1997 7 gewachsene „Macht“ der Konsumenten, die sowohl Informationen über die Qualität von Produkten und deren Preise schnell und effizient austauschen können als auch sich langsam des Wertes ihrer demographischen Daten für die Unternehmen bewusst werden.24 Durch die Etablierung von WWW basierten virtuellen Gemeinschaften, in denen viele Informationen zu Produkten und Dienstleistungen durch die Nutzer zusammengetragen werden, könnten die Betreiber nicht nur das Risiko eines OnlineKaufs für die potenziellen Kunden reduzieren. Die eingestellten Informationen dienten auch der Marktforschung, so dass es möglich werde, maßgeschneiderte Angebote für unterschiedliche Kundengruppen zu kreieren.25 Wenn die Betreiber es schaffen, die vier grundlegenden Motivationen der Nutzer zur Teilnahme einer Community (Interesse an einem Thema, Interesse an Beziehungen, Interesse an Phantasiewelten und Interesse an Transaktionen)26,27 zu befriedigen, winken ihnen nach einer Modellrechnung der Autoren Erlöszuflüsse von 618 Mio. US-Dollar im 10. Geschäftsjahr. Auch wenn diese Prognosen eher Ausdruck des damaligen Internet-Hypes in den Medien und an den Finanzmärkten sein dürften, weckten sie hohe Erwartungen in Unternehmen zur Realisierung von mehr Kundenbindung, Profilgenerierung und Konsumentenforschung.28 Außerdem löste das Buch eine Welle von Berater-, Management- und Ratgeberliteratur aus, die sich allesamt auf Hagel und Armstrong bezog und versuchte, die Erfolgsfaktoren für virtuelle Communities im Internet aufzuzeigen sowie Anleitungen für deren erfolgreichen Betrieb zu geben.29 Auch wenn sich die Definitionen auch innerhalb der betriebswirtschaftlich orientierten Literatur unterscheiden und sehr unterschiedliche Dienste als Community bezeichnet werden, grenzen sie sich von der eher sozialwissenschaftlich orientierten Literatur vor allem in zwei Punkten ab: • Zum einen verstehen die Autoren unter Community-Diensten fast ausschließlich WWW basierte Dienste, d.h. sie schließen Dienste wie Mailinglisten und Newsgroups aus der Betrachtung aus, es sei denn, diese werden über ein integriertes Community-Portal angeboten. • Zum anderen beschäftigen sie sich ausschließlich mit kommerziellen Communities, d.h. einem Angebot von Internet basierten Kommunikationsdiensten zum Zweck der Erlösund/oder Gewinnerzielung.30 In diesem Sinn wird eine Community häufig als Marketing-Tool beschrieben, mit dem es möglich ist, die traditionellen Schwächen des Internethandels wie die Anonymität zwischen Anbieter und Kunden und das daraus resultierende fehlende Vertrauen durch den Einbezug der (potenziellen) Kunden zu überwinden. 24 Durch die Kommunikation der Community-Mitglieder über Produkte und Vgl. Hagel/Armstrong 1997, S. 8 Vgl. Hagel/Armstrong 1997, S. 10 26 Vgl. Hagel/Armstrong 1997, S. 18ff. 27 Vgl. Hagel/Armstrong 1997, S. 55 28 Vgl. z.B. Niemeier 1998, S. 221f., Walden 2000, S. 244f., Panten/Paul/Runte 2001, S. 2 ff., Beier 2001, S. 247. 29 Vgl. z.B. Figallo 1998, Kim 2000, Preece 2000, Brunold/Merz/Wagner 2001, Powazek 2001. 30 Zu weiteren ökonomischen Zielen und Potentialen beim Betrieb einer (kommerziellen) Community vgl. u.a. Marcus 2002, S. 97-104, Reichwald/Fremuth/Ney 2002, S. 531ff., Bughin/Hagel 2000, S. 238ff. 25 8 Dienstleistungen auf einem gemeinsamen „Marktplatz“31 soll dieser Mangel überwunden und eine vertrauensvolle Transaktionsatmosphäre geschaffen werden.32 Aber selbst bei der Definition einer kommerziellen Community als WWW basierte Plattform für Kommunikationsdienste zum Zweck der Erlös- und Gewinnerzielung bleibt es schwierig, genau zu benennen, worin diese „Gemeinschaft“ besteht. Häufig wird nicht deutlich, was die einzelnen Autoren unter einer Community genau verstehen. Zu diesem Schluss kommt auch Figallo, der nach einer Analyse von 20 Webseiten, die den Terminus „Community“ zu ihrer Beschreibung verwenden, feststellt: „The term community is used today to describe a wide range of services on the Web. Not all of them emphasize or provide for conversation or interaction between their users. Not all invite user´s contributions of any kind.”33 2.4 Das Drei-Ebenen-Modell der virtuellen Community Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden ein eigener Definitionsversuch unternommen und das Drei-Ebenen-Modell zur Betrachtung von kommerziell ausgerichteten virtuellen Communities vorgestellt. Die Betrachtungsebenen gliedern sich in (1) die (technologische) Web-Plattform, (2) den sich daraus ergebenden Kommunikationsraum sowie (3) die Gemeinschaft von Personen, die mit Hilfe dieser Plattform mehr oder weniger regelmäßig kommunizieren. Abbildung 2 illustriert das DreiEbenen-Modell der virtuellen Community. Virtuelle Community als Gemeinschaft von Personen Virtuelle Community als Kommunikationsraum Instant-Messenger Chat Newsgroups (technologische) Plattform einer Community: Forum Virtuelle Community als Produkt Abbildung 2: Drei-Ebenen-Modell der virtuellen Community 31 Mit (elektronischen) „Marktplätzen“ werden in der Literatur Geschäftsmodelle bezeichnet, die sich auf das Zusammenbringen von potenziellen Geschäftspartnern über das Internet beziehen, um Geschäftsbeziehungen anzubahnen und/oder durchzuführen. Kernmerkmale solcher Marktplätze sind die Erhöhung von Produkt-, Service- und Preistransparenz. Vgl. Markus 2002, S. 71. 32 Vgl. Brunhold/Merz/Wagner 2000, S. 108. 33 Figallo 1998, S. 23. 9 Ebene 1 umfasst die Web-Plattform, also die technische Infrastruktur und (notwendige) Informationsund Kommunikationsdienste für eine Community. Sie stellt das sichtbare Webangebot eines Betreibers von Community-Plattformen dar. Sie besteht in der Regel aus einer Web-Site, auf der neben vom Community-Betreiber eingestellten Inhalten zu einem Themengebiet Dienste und Tools angeboten werden, mit deren Hilfe Besucher der Website untereinander kommunizieren oder eigene Inhalte einstellen können. Beispiele für solche Dienste sind Chats, Foren bzw. „Schwarze Bretter“ (Bulletin Board Systems), Gästebücher, Mitglieder-Seiten, E-Mail Dienste, etc.. Aus der Betrachtungsperspektive von Ebene 1 können diese web-basierten Plattformen als Communities im Sinne eines Produkts bezeichnet werden. Sie bieten die Realisierungsbasis (in der Praxis spricht man hier auch von „Community Hard- und Software“) für den Austausch und die Vernetzung von Menschen, haben aber zunächst nichts mit einer Community (Gemeinschaft) im Sinne einer Gruppe von Personen zu tun. Durch das Angebot und die Nutzung verschiedener Kommunikationsdienste auf dieser Plattform entstehen nun Kommunikationsräume, in denen sich Besucher der Web-Site treffen und kommunizieren können. Die Betrachtungsebene 2 bezieht sich auf diese potentiellen Kommunikationsräume. Darin ist eine Vielfalt an Kommunikationsformen zu beobachten, die sich nach dem Kommunikationsmodus, der Anzahl der Adressaten und der Häufigkeit der Kommunikation unterscheiden lassen. So kann die Kommunikation beispielsweise sowohl synchron (Chat) als auch asynchron (Mailingliste) ablaufen. Die einzelne Nachricht kann an alle Website-Besucher (one to many) oder einen einzelnen richten (one to one) und es kann sich beispielsweise um eine einfache Frage mit einer konkreten Antwort handeln oder eine fortgesetzte über mehrere Wochen andauernde Diskussion. In diesen Kommunikationsräumen können sich Gruppen von Personen finden, die über einen längeren Zeitraum hinweg miteinander kommunizieren und somit eine Art von Gemeinschaft bzw. Community bilden. Virtuelle Gemeinschaften kommen also erst durch die länger anhaltende Nutzung dieser Kommunikationsräume zu Stande. Ebene 3 nimmt genau diese Betrachtungsperspektive ein und fokussiert sich auf diese entstandene Community und ihre Entwicklung. Die Community zeichnet sich durch konkrete, multilaterale, regelmäßige und zeitlich relativ stabile Kommunikationsbeziehungen aus und grenzt sich damit gegen spontane Interaktionen und anonyme Organisationen ab.34 Die praxisorientierte Literatur beschäftigt sich jedoch kaum differenziert mit allen drei Betrachtungsebenen. Bislang erfolgte eine zu starke Fokussierung auf Ebene 1 und 2, ohne ein tiefer gehendes Verständnis für die Menschen und ihre Sozialisationsprozesse zu entwickeln. Die hohen Erwartungen von Community-Betreibern in verbesserte Kundenbindung und E-CommerceUmsatzsteigerungen haben sich daher noch nicht erfüllt. Vielmehr führten technische Instandhaltung sowie 34 Moderation und Vgl. Müller 2001, S. 5. Betreuung von Community-Plattformen und ihren angebotenen 10 Kommunikationsräumen zu hohen Aufwendungen, denen oftmals trotz hoher Mitgliederzahlen keine adäquaten Erlösströme gegenüber stehen.35 So fassen Bughin/Zeisser zusammen, dass Betreiber von Community-Plattformen nicht nur die technologische Realisierbarkeit, sondern künftig auch die Umsetzbarkeit der ökonomischen Potenziale beweisen müssen.36 Vor allem durch die Anreicherung von bestehenden Online-Communities mit mobilen Diensten versprechen sich Betreiber neue Erlösmöglichkeiten. Diese Erwartungen werden durch die (angeblich) höhere Zahlungsbereitschaft der Mobilfunk-Nutzer für den aus der Mobilität ergebenden Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Online-Communities begründet. Bevor im vierten Abschnitt die Erlöspotenziale der neu entstehenden mobilen Communities untersucht werden, befasst sich der dritte Abschnitt mit der Einordnung des Phänomens und den Spezifika bzw. Unterschieden von mobilen und virtuellen Communities. 3 Mobile Communities Die zunehmende Bedeutung von Mobilität und Flexibilität – im Privat- wie auch im Wirtschaftsleben – führen zu einer erhöhten Nachfrage an mobilen Informations- und Kommunikationsdiensten, die es den Menschen erlauben, trotz räumlichen Entfernungen den engen Kontakt zum eigenen sozialen Umfeld nicht zu verlieren sowie in bestimmten Situationen schnell und flexibel Informationen zu erhalten, zu verarbeiten und auszutauschen. Neuartige mobile Kommunikationsdienste werden in naher Zukunft diesen mobilen, digitalen Lebensstil ermöglichen. Die Basis für solche Dienste stellen die dritte Generation der Mobilfunktechnik (der sog. UMTS-Standard für Mobilfunknetze) und die zugehörigen mobilen Endgeräte dar, auf denen diese innovativen mobilen Dienste übertragen werden. 3.1 Zusatznutzen durch Erweiterung von virtuellen Communities mit mobilen Diensten Mobile Dienste können die bisherigen Kommunikationsmöglichkeiten in virtuellen Communities erheblich bereichern und somit neuartige Nutzenpotenziale für die Anwender generieren. Diese werden häufig in der Literatur für mobile Dienste mit leicht variierender Terminologie bezeichnet:37 • Ubiquitärer Zugang zu Community-Diensten: Viele Community Plattformen können bisher ausschließlich mit den Kommunikationsdiensten des Internet und somit mit stationären PCs genutzt werden. Diese fest installierten Geräte 35 Vgl. Bughin/Zeisser 2001, S. 262, Panten/Paul/Runte 2001, S. 1ff., Walden 2000, S. 244. „...communities cannot only be a technological feasibility on the net, but must become an economic reality.” Bughin/Zeisser 2001, S. 262. 37 Vgl. Reichwald/Fremuth/Ney 2002, S. 526ff., Durlacher 1999; Gerpott 2001, S. 38; Kollmann 2001, S. 61; Meier 2002, S. 31; Wohlfahrt 2001, S. 50; Zobel 2001, S. 63. 36 11 zeichnen sich zwar durch eine hohe Bandbreite zur Übertragung, ein komfortables Display und gute Eingabemöglichkeiten aus, binden die einzelnen Mitglieder einer elektronischen Gemeinschaft aber an einen PC. Die Erweiterung von Virtuellen Communities mit mobilen Informations- und Kommunikationsdiensten führt zu einer Auflösung dieser Restriktion: Mit mobilen Endgeräten können sich Benutzer überall und jederzeit mit der Community verbinden und somit schnellstmöglicht, d.h. ohne großen Zeitverlust, kommunizieren.38 Ein Beispiel hierfür sind sog. SMS-Alerts, die Community-Mitgliedern quasi in Echt-Zeit unterwegs mit wichtigen Informationen versorgen. • Instant Execution: Mit dem Start Paket orientierter Netzwerkgenerationen sind mobile Endgeräte „always on“39, d.h. sie sind immer bereit zum Empfang und Versenden von Informationen; langwieriges Einund Ausschalten sind für den Betrieb mobiler Endgeräte nicht mehr notwendig. Zudem befinden sich mobile Nutzer nicht isoliert am heimischen PC, sondern in realen Lebenssituationen. Mit mobilen Endgeräten können Benutzer unabhängig von Ort und Zeit z.B. im Freien, im Geschäft, beim Sport oder auf einer Party mit der Community in Verbindung treten. Die Initialisierung der Kommunikation verlagert sich dadurch in die reale Welt, weil Mitglieder durch die mobile Unterstützung spontan ad hoc miteinander kommunizieren können.40 Das Kommunikationsverhalten wird spontaner und emotionaler. Beispielsweise können sich Community-Mitglieder auf diese Art und Weise direkt via Instant Messenger Dienste für gemeinsame Unternehmungen kontaktieren oder direkt auf Anregungen von anderen reagieren. • Sicherheit: Die Anonymität des Internet hat die Problematik von Identitätsvortäuschungen und Datenmissbrauch aufgebracht. Dies gilt oftmals als hemmender Faktor in Virtuellen Gemeinschaften, in denen Mitglieder ein großes Interesse haben, einen abgeschlossenen Mitgliederkreis vorzufinden.41 Bei mobilen Telefonen kann im Unterschied zum Internet eine eindeutige Identifizierung des Teilnehmers durch Rufnummer, Kartennummer oder die PINAbfrage gewährleistet und somit die Möglichkeit des Datenmissbrauchs eingeschränkt werden. Viele Handys besitzen heute standardmäßig die Möglichkeit, sogenannte SIM- oder 38 Vgl. Pott/Groth 2001, S. 45 ff. Im Gegensatz zum Internet, in dem Nutzer typischerweise nur dann erreichbar sind, wenn sie sich bewusst dazu entschließen, eine Internet-Verbindung aufzubauen, bieten Mobilfunkgeräte eine umfassende und permanente Erreichbarkeit. 40 Berichte, Nachrichten und Informationen können unmittelbar und sofort vom Ort des Geschehens an die Commuinty übermittelt werden bzw. von dort abgerufen werden. 41 Dies gilt insbesondere für elektronische Gemeinschaften, die ein gemeinsames Schicksal (Krankheit, Todesfälle) als Kristallisationspunkt der Community haben. Hier können Personen, die nicht zu diesem Themenkreis gehören, einen enormen Schaden bei Betroffenen hervorrufen. 39 12 Smart-Cards zu integrieren. Dies sind Mikrorechner in Kartenform, die eine Authentifizierung von Personen automatisieren und vielfältige Einsatzmöglichkeiten für mobile Communities eröffnen. Die Sicherheit gegenüber einem herkömmlichen Internetzugang wird damit deutlich verbessert. Ein Handy kann so als Brieftasche, als Mitgliedsausweis oder als Eintrittskarte zu geschützten Bereichen einer Community-Plattform werden. • Kontextsensitive Dienste: Kontextsensitivität bezeichnet eine automatisierte Erfassung und Auswertung von Umfeldinformationen eines Benutzers. Diese Informationen ermöglichen das Angebot von kontextsensitiven Dienstleistungen, die einem Nutzer orts- bzw. situationsabhängig zur Verfügung gestellt werden. Neben generischen kontextsensitiven Diensten – wie Staumeldungen oder Wegbeschreibungen – können Nutzer durch einen Abgleich der Profilinformationen mit lokalen Standortinformationen über z.B. ein spezielles Ereignis in ihrer Nähe informiert werden (vgl. Reischl/Sundt 1999, S. 39 ff.).42 Für Communities bedeuten diese kontextsensitiven Dienste eine neue Reichhaltigkeit für die Kommunikation zwischen ihren Mitgliedern. Beispielsweise haben Community-Mitglieder die Möglichkeit, sich spontan an einem Ort zu treffen. Voraussetzung hierfür sind Dienste, die den Anwender über den Aufenthaltsort seiner Freunde informieren.43 Die Funktion kann auch für gemeinsame Aktivitäten genutzt werden. So können sich beispielsweise Jugendliche gegenseitig finden und abstimmen, wenn sie sich abends nach einer Party ein Taxi nach Hause teilen möchten. Kontextsensitive Dienste ermöglichen ebenfalls die Generierung von detaillierten Profilen, welche die Präferenzen eines Anwenders widerspiegeln. Auf diese Weise können zeit- und interessenspezifisch die Austauschprozesse innerhalb einer Community ad-hoc unterstützt werden. Die Anreicherung von bestehenden virtuellen Communities mit mobilen Diensten kann für die Mitglieder also einen erheblichen Zusatznutzen bedeuten, der sich aus den Charakteristika von mobilen Telekommunikationsdiensten ergibt. Kann man ein solches Gebilde aber auch als mobile Community bezeichnen? Mit dieser Frage setzt sich der folgende Abschnitt auseinander. 3.2 Von der virtuellen zur mobilen Community Mobile Communities lassen sich ebenso wie virtuelle Communities in einem Drei-Ebenen-Modell betrachten. Auch hier ist zwischen (1) der virtuellen Community als technischer Plattform bzw. 42 Diese Lokalisierbarkeit ermöglicht eine „Re-Integration“ der Lokalität von Community Mitgliedern in Virtuelle Communities. Es können sich neue Arten und Nutzungsformen von Kommunikations- und Interaktionsdiensten entwickeln, weil – trotz Auflösung der räumlichen Beschränkungen – Informationen über Ort und Umfeld in die Kommunikationsprozesse einfließen können. 43 Die Siemens-AG bietet einen solchen Dienst unter dem Namen „friends2meet“ an. 13 Produkt des Betreibers, (2) der virtuellen Community als Kommunikationsraum und (3) der virtuellen Community als funktionierende Gemeinschaft von Personen zu unterscheiden. Im Sinne der Produktsicht besteht eine mobile Community aus einzelnen oder auf einer Plattform integrierten Kommunikationsdiensten und den damit verbundenen Kommunikationsräumen. Sie unterscheidet sich von der virtuellen Gemeinschaft durch ihre zusätzliche Zugangsmöglichkeit über mobile Endgeräte wie Smartphones und PDAs und speziell für diese Zugangsart ausgelegte Kommunikationsdienste. Die Mobilität der Community ergibt sich also durch ihre ubiquitäre und allgegenwärtige Zugangsmöglichkeit.44 Diese neue und erweiterte Form des Zugangs bringt auch neue Möglichkeiten hinsichtlich der auf der Community-Plattform angebotenen Dienste mit sich, wie sie im letzten Abschnitt beschrieben wurden. Dabei ist allerdings nicht zu erwarten, dass bestehende virtuelle Gemeinschaften einfach um einen zusätzlichen Zugangskanal erweitert und ansonsten in der alten Form weiter betrieben werden können. Durch die Möglichkeit des erweiterten ubiquitären Zugangs der Mitglieder zu der CommunityPlattform dürften sich auch die Nutzungsmuster dieser sowohl hinsichtlich der diskutieren Themen als auch der in Anspruch genommenen Kommunikationsdienste unterscheiden. Dadurch könnte eine neue Form der Community entstehen, die sich sowohl in den verfolgten Zwecken als auch in ihrer Reichweite erheblich von bisher bekannten virtuellen Gemeinschaftsformen unterscheidet. Weiterhin ist zu erwarten, dass sich im Zuge einer solchen Veränderung auch die mobile Community als Gruppe von der virtuellen Gemeinschaft unterscheiden dürfte. Betrachtet man die bereits etablierten Nutzungsweisen von (stationären) Community-Diensten und mobilen Telekommunikationsdiensten (Sprachtelephonie, SMS) und projiziert diese auf zukünftige mobile Community-Dienste, kann vermutet werden, dass mobile Communities als Gruppe im Vergleich zu den entsprechenden virtuellen Communities wahrscheinlich weniger Themen zentriert als vielmehr personen- und kommunikationszentriert organisiert sein werden. Erste Studien zeigen diese Unterschiede in den Nutzungsmustern von stationären Community-Diensten und mobilen Diensten bereits auf: die bisher angebotenen Mobilfunkdienste werden beinahe ausschließlich zur Kontaktpflege genutzt. Zwar ist es auch möglich sog. Flirt-Lines anzurufen, um dort andere Personen kennen zu lernen. Diese Dienste machen im Vergleich zur herkömmlichen Verwendung aber nur einen geringen Anteil an der Nutzung des Mobiltelefons aus. Sowohl das privat genutzte Mobiltelefon als auch der SMS-Dienst werden in der Regel dazu genutzt, um mit bereits bekannten Personen zu 44 Die Frage, unter welchen Umständen eine virtuelle Gemeinschaft als „mobil“ zu bezeichnen ist, ist schwierig zu beantworten. So ist zum einen fraglich, inwiefern eine Online-Gemeinschaft - wie sie oben definiert wurde – nicht schon als mobil zu bezeichnen ist, da sie im Gegensatz zu traditionellen Gemeinschaftsformen eben nicht ortsgebunden ist. Aufgrund der mediatisierten Kommunikation ist ja ein wechselnder ortsungebundener Zugang zu den Gesprächsforen möglich. Und zum anderen erscheint die Festlegung auf die mobilen Endgeräte der Smartphones und Personal Digital Assistants als willkürlich, da sie zum Beispiel den Zugang über Laptops und W-LAN ausschließt. 14 kommunizieren. Nach einer Studie von Höflich45 unter Jugendlichen SMS-Nutzern wird der Dienst hauptsächlich genutzt, um mit dem jeweiligen Partner/ der Partnerin, der besten Freundin/ dem besten Freund und weiteren Freunden und Bekannten, also innerhalb der jeweiligen Peer-Group, zu kommunizieren. Dabei wird das Handy als persönliches Medium gesehen, da es mit ihm möglich ist, auch in der Öffentlichkeit (beispielsweise an einer Haltestelle oder in der Bahn) in einen persönlichen, privaten Raum einzutreten und zu kommunizieren.46 Basierend auf diesen ersten empirischen Erkenntnissen zur Nutzung von Community-Diensten lassen sich zunächst folgende Charakteristika von Mobilen Communities zusammenfassen, die es weiterhin in der Empirie zu beobachten gilt:47 • Mobile Communities Kommunikation über in Form eines verschiedenste, Produkts an allen bieten Orten Menschen zugänglich allgegenwärtige und verfügbare Kommunikationsdienste. • Mobile Communities in Form von Kommunikationsräumen helfen, Kommunikation und Aktivitäten von Personen durch Berücksichtigung von Ort und Zeit mit Hilfe von kontextsensitiven Diensten besser zu unterstützen. • Mobile Communities in Form von funktionierenden sozialen Gruppen werden sich vermutlich zunächst unter Jugendlichen bilden und zur persönlichen Kommunikation, also dem Austausch mit dem persönlichen Netzwerk, den engen Freunden und Bekannten, genutzt werden. Anknüpfend an diese Charakteristika werden im folgenden Abschnitt die betriebswirtschaftlichen Erlöspotenziale betrachtet, die sich aus dem Betrieb von Plattformen für mobile Communities ergeben. 4 Erlöspotenziale von mobilen Communities Wie in Abschnitt 2 bereits kurz erläutert wurde, konnten die in der Literatur beschriebenen Erlöspotenziale von virtuellen Communities bislang nicht ausreichend von ihren Betreibern ausgeschöpft werden. Bei der Betrachtung der Erlöspotentiale mobiler Communities erscheint es daher notwendig, sich auch mit Erkenntnissen der betriebswirtschaftlichen Forschung zu virtuellen Communities auseinander zu setzen. Nicht nur für mobile, sondern auch für virtuelle Communities bleibt allerdings festzuhalten, dass bis zum jetzigen Zeitpunkt noch keine empirischen Untersuchungen vorliegen, auf die sich eine Beurteilung einzelner Erlösquellen und ihrer Realisierbarkeit stützen könnte.48 Daher wird im Folgenden hauptsächlich auf Argumentationen der Literatur zurückgegriffen. 45 Höflich 2001. Vgl. Höflich 2001, S. 11f. 47 Vgl. auch Rheingold 2002, S. 4. 48 Für Virtuelle Communities im Internet ebenso wie für E-Commerce-Dienste wurden zwar bereits einige Studien durchgeführt (vgl. Cothrel/Underberg/Warms 2000a; Cothrel/Underberg/Warms 2000b, Baveja 2000; 46 15 Eine grundsätzliche Voraussetzung für die Realisierung von Erlösströmen durch den Betrieb einer Plattform für mobile Community-Dienste besteht darin, dass diese Dienste den Mitgliedern und/oder anderen Akteuren tatsächlich einen zusätzlichen Nutzen stiften. Im Hinblick auf die Nutzenpotenziale, die sich durch die Eigenschaften der mobilen Kommunikationstechniken ergeben, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die im dritten Abschnitt genannten Spezifika keineswegs nur originäre Merkmale mobiler Communities sind, sondern praktisch jedes beliebige mobile Informations-, Interaktions- und Kommunikationsangebot auszeichnen (z. B. den Abruf von Stadtplänen oder Kino- und Veranstaltungsprogrammen, 49 Werbebotschaften u.v.m.). die Teilnahme an Auktionen, den Versand kontextsensitiver Falls eine mobile Community lediglich dazu dient, derartige Inhalte mobil verfügbar zu machen (z.B. indem ein Mitglied der Community einem anderen die Anfangszeit eines bestimmten Kinofilms mitteilt), wird hierdurch zwar auch ein Zusatznutzen generiert. Allerdings ist es fraglich, ob dieser Mehrwert auf anderem Wege nicht effizienter bereitgestellt werden könnte (z.B. über eine entsprechende Abfrage des Kinoprogramms via SMS, WAP oder i-mode). Aus ökonomischer Sicht kann sich daher eine mögliche Überlegenheit gegenüber alternativen Bereitstellungsformen – und damit der Zusatznutzen einer mobilen Community –– vielmehr nur in denjenigen Fällen ergeben, in denen Angebote mit dezidiert Community-spezifischen Merkmalen mobil verfügbar gemacht werden.50 Ebenso muss der Betreiber der mobilen Community über entsprechende Mittel und Wege verfügen, um diese Zahlungsbereitschaft auch tatsächlich abschöpfen zu können.51 4.1 Systematisierung von Erlöspotenzialen Die Entstehung der sog. „Internet-Ökonomie“52 stellt die Basis für eine ökonomische Betrachtung von virtuellen und künftig auch mobilen Communities aus Sicht eines Plattform-Betreibers dar. Die Internet-Ökonomie brachte neue „Spielregeln“ für ökonomische Marktmodelle hervor, die auf den Auswirkungen der Digitalisierung, Vernetzung und deren Interaktivitätsmöglichkeiten beruhen. Es handelt sich um das Entstehen und die ökonomische Nutzbarmachung von direkten und indirekten Netzeffekten, den Wettbewerb um positive Feedbacks und Lock-in Effekte sowie um die ökonomische Bedeutung von Standards.53 Die Realisierung von Erlösen aus Netzeffekten oder positiven Feedbacks gestaltet sich in der Praxis sehr schwierig. Exakt vor diesem Problem finden sich auch die Betreiber von Community-Plattformen Brown/Tilton/Woodside 2002; Bughin/Hagel 2000; PeopleLink 2000a; PeopleLink 2000b), in denen die vermuteten positiven ökonomischen Effekte von Virtuellen Communities größtenteils nachgewiesen werden konnten. Allerdings beschränkten sich diese Untersuchungen fast ausschließlich auf Online-Händler aus dem Business-to-Consumer-Bereich. Diese hatten ihre Internet-Angebote nur mit wenigen community-orientierten Diensten ausgestattet. 49 Vgl. Aschmoneit/Zimmermann 2000, S. 2; Albers/Becker 2001, S. 75. 50 Vgl. Feller 2002, S. 32. 51 Vgl. Lambrecht/Skiera 2002, S. 819. 52 Vgl. Zerdick et al. 2001, S. 146ff. 53 Vgl. Zerdick et al. 2001, S. 157-164. 16 wieder. Zwar nutzen viele Internet-User die Community-Plattformen und ihre Dienste zum gemeinsamen und regelmäßigen Austausch, doch ist für die Betreiber häufig unklar, mit welchen Aktivitäten sie Erlöse aus ihrem Angebot generieren können.54 Die folgende Analyse der Erlöserzielungsmöglichkeiten aus dem Betrieb von mobilen Communities (mobile Communities werden hier im Sinne eines Produkts sowie im Sinne der Bereitstellung von Kommunikationsräumen betrachtet; siehe Kapitel 2) orientiert sich an der von Wirtz und Becker vorgestellten Systematisierung von Leistungsangeboten im Internet- und Kommunikationsbereich und deren Möglichkeiten zur Erlösgenerierung.55 Gemäß Wirtz und Becker lassen sich sämtliche Geschäftsaktivitäten im Internet in vier Bereiche klassifizieren und daraus grundsätzliche Erlösrealisierungschancen ableiten. 56 • Der Bereich „Commerce“ umfasst die Anbahnung, Aushandlung und/oder Abwicklung von Geschäftstransaktionen. Das Ziel ist, traditionelle Phasen dieser Transaktionen zu unterstützen, zu ergänzen oder gar zu substituieren. • Der Bereich „Content“ hat vornehmlich zum Ziel, Nutzern (z.B. auch Community-Nutzern) für sie relevante Inhalte aufzubereiten und zugänglich zu machen. Somit zählen die Sammlung, Systematisierung, Auswahl, Aufbereitung und Bereitstellung von Inhalten zu den wichtigen Leistungsangeboten dieses Geschäftsmodelltyps. • Der Bereich „Connection“ beinhaltet sämtliche Leistungen, die für die Realisierung eines Informations- und Kommunikationsaustausches in Netzwerken (z.B. Internet oder auch Mobilfunknetz) notwendig sind. Die hier hergestellten Verbindungen können technologischer, kommerzieller oder rein kommunikativer Art sein.57 • Der Bereich „Context“ beinhaltet die Klassifikation und Systematisierung der im Internet verfügbaren elektronischen Informationen mittels technischer Applikationen. Ziel des Geschäftsansatzes ist die Erhöhung der Markttransparenz und die Navigation des Nutzers. Der Betreiber einer Community-Plattform, der die technische Infrastruktur und die Ausgestaltung der Plattform mit Inhalten und Diensten verantwortet, erbringt verschiedenartige Leistungen, die den vier vorgestellten Bereichen zugeordnet werden können. In der folgenden Analyse sollen die theoretischen Erlösmöglichkeiten aus dem Betrieb mobiler Communities entlang der einzelnen Bereiche aufgezeigt und hinsichtlich ihrer praktischen Realisierbarkeit diskutiert werden. Dabei verstehen wir die von Wirtz vorgeschlagenen Kategorien also nicht sofort als Geschäftsmodelltypen für mobile 54 „The question is, how do we turn 12 million registrations into revenues and earnings?“ Jerry Young zitiert nach Zerdick et al. 2001, S. 171. 55 Vgl. Wirtz/Becker 2002 und weitere Ausführungen bei Wirtz 2001b, S. 517ff. und Wirtz/Kleinecken 2000. 56 Vgl. insgesamt Wirtz/Becker 2002, S. 86. 57 Für Wirtz fällt der Betrieb einer virtuellen oder mobilen Community folglich in den Bereich des Geschäftsmodelltyps, vgl. Wirtz/Becker 2002, S.89. 17 Communities, sondern eher eingeschränkter als unterschiedliche Tätigkeitsbereiche eines CommunityBetreibers, welche im Anschluss auf ihre Erlöspotenziale hin geprüft werden.58 Die Abbildung 3 gibt einen Überblick über die möglichen Erlösquellen aus dem Betrieb einer mobilen Community, welche nachfolgend im Einzelnen analysiert werden: Leistungsangebote Bereich „Commerce“ Bereich „Content“ Bereich „Connection“ Erlöse aus: Erlöse aus: Erlöse aus: - Verkauf von Produkten - Vermittlung von Transaktionen - Erlöse aus Werbung & Sponsoring - Gebühren für Inhaltenutzung - Verkauf von Inhalten an Dritte - Nutzung von Diensten und Infrastruktur (Abschnitt 4.2) (Abschnitt 4.3) (Abschnitt 4.4) Abbildung 3: Erlösquellen aus unterschiedlichen Leistungsangeboten einer Mobilen Community59 4.2 Erlöspotenziale aus dem Bereich „Commerce“ für Betreiber von mobilen Communities Innerhalb des Geschäftsmodelltyps „Commerce“ werden all jene Aktivitäten zusammengefasst, welche die Anbahnung bzw. Abwicklung von geschäftlichen Transaktionen beinhalten. Die Zielsetzung dieser Aktivitäten besteht insbesondere in einer „... Unterstützung, Ergänzung oder gar Substitution der traditionellen Phasen einer Transaktion.“60 Im Zuge der Entstehung erster virtueller Communities im stationären Internet basierte die positive Einschätzung der ökonomischen Effekte zu einem wesentlichen Teil auf den erwarteten Erlöspotenzialen im Bereich „Commerce“.61 Die optimistischen Prognosen wurden primär mit dem Argument begründet, dass die Mitglieder einer bestimmten Community naturgemäß eine hohe Affinität zu den dort diskutierten Themen aufweisen und daher eine bereits vorselektierte und in sich 58 Der Geschäfts- bzw. Erlösmodelltyp „Context“ wird im Rahmen dieser Analyse allerdings nicht weiter betrachtet, da die Klassifikation und Systematisierung der im Internet verfügbaren elektronischen Informationen mittels technischer Applikationen kein Merkmal des Betriebs einer virtuellen bzw. mobilen Community ist. 59 In Anlehnung an Wirtz/Becker 2002, S. 86ff. 60 Wirtz/Becker 2002, S. 87. 61 Vgl. insgesamt Barnatt 1998, S. 162; Bughin/Hagel 2000, S. 237; Cothrel/Underberg/Warms 2000a, S. 6; Fesenmaier/Wang/Yu 2002, S. 407 u. 416; Heald/Pickles 2002, S. 10; Hummel/Lechner 2002, S. 43; Levine et al. 1999, S. 18; Niemeier 1998, S. 222; PeopleLink 2002, S. 3; PeopleLink 2000b, S. 1; Rothaermel/Sugiyama 2001, S. 298; Schubert/Ginsburg 2000, S. 47; Walden 2000, S. 244. 18 relativ homogene Zielgruppe darstellten.62 Demnach sei auch mit einem hohen Interesse für zielgruppenspezifische Produktangebote 63 Werbebotschaften zu rechnen. sowie vergleichsweise geringen Streuverlusten bei Da Einnahmen aus Online-Verkäufen, Provisionsumsätzen und Werbeerlösen inzwischen zu einem festen Bestandteil vieler Erlösmodelle im stationären Internet geworden sind, kann auch davon ausgegangen werden, dass für diese Angebote und Erlösmodelle auch eine entsprechende Nachfrage auf Seiten der Mitglieder von mobilen Communities vorhanden ist. 4.2.1 Erlöse aus dem Verkauf von Produkten und der Vermittlung von Transaktionsgeschäften Zur Generierung von Erlösen im Bereich „Produktverkauf“ und „Vermittlung von Transaktionsgeschäften“ stehen den Betreibern Mobilen Communities eine Reihe von Möglichkeiten offen, insbesondere die Bündelung der Käufe einzelner Community-Mitglieder (sog. „Co-“ oder „PowerShopping“), und der (teilweise) Einbehalt der dadurch erzielbaren Mengenrabatte, 64 die Erzielung von Provisionen für die Vermittlung und/oder Abwicklung von 65 Transaktionsgeschäften zwischen einzelnen Community-Mitgliedern (C2C) oder der direkte Verkauf von Produkten und Lösungen an die Mitglieder der Community in eigenem Namen und auf eigene Rechnung oder die Erzielung von Provisionen für die Vermittlung und Abwicklung von Transaktionsgeschäften zwischen Community-Mitgliedern und Händlern bzw. Herstellern (B2C). Ob bzw. inwieweit die hier genannten Erlöspotenziale jedoch auch tatsächlich realisiert werden können, erscheint zumindest fraglich. So hat sich beispielsweise der Ansatz, die Kaufkraft einzelner Nutzer zu bündeln („PowerShopping“), im stationären Internet als nicht tragfähig erwiesen. Als wohl prominentestes gescheitertes „LetsBuyIt.com“ erwähnt. signifikanter 66 Zusatznutzen Beispiel sei in diesem Zusammenhang das Unternehmen Zudem dürfte aufgrund der mobilen Verfügbarkeit solcher Dienste kein entstehen, da derartige Transaktionen eine Zeit- und/oder Ortsunabhängigkeit der jeweiligen Angebote nicht unbedingt voraussetzen. Darüber hinaus handelt es sich in diesem Fall auch nicht um ein community-spezifisches Angebot, da die Bündelung der 62 Vgl. Browder/Elstrom/Hof 1997, S. 70; Cothrel/Underberg/Warms 2000a, S. 6; Bughin/Hagel 2000, S. 237, Niemeier 1998, S. 222; PeopleLink 2002, S. 3. 63 Vgl. Gallaugher/Auger/BarNir 2001, S. 479; Reichwald/Fremuth/Ney 2002, S. 529, Schubert/Ginsburg 2000, S. 51 f.; Zetlin/Pfleging 2002, o. S. 64 Dieser Aspekt wird beispielsweise von Hagel und Armstrong stark betont, die sie prognostizieren, dass sich virtuelle Communities zu einer Gruppe mit einer „critical mass of purchasing power“ entwickeln werden. Vgl. insgesamt Hagel/Armstrong 1997 sowie auch Barnatt 1998, S. 163; Hummel/Lechner 2002, S. 43; Schubert/Ginsburg 2000, S. 46ff. 65 Fesenmaier/Wang/Yu 2002, S. 415. 66 Im Übrigen sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass derartige Modelle unter bestimmten Voraussetzungen gegen geltendes deutsches Recht verstoßen haben (vgl. u. a. das Urteil des OLG Köln vom 1.6.2001 - 6 U 204/00 (33 O 180/00 LG Köln)). Nachdem das Rabattgesetz inzwischen aufgehoben wurde und zum 01. August 2002 außer Kraft getreten ist, bestehen diese rechtlichen Vorbehalte allerdings nicht mehr. 19 Kaufkraft interessierter Konsumenten auch relativ einfach auf anderem Wege (z. B. durch den Zugang über ein entsprechend spezialisiertes Web-Portal) realisiert werden könnte. Ähnlich kann auch im Hinblick auf die Unterstützung von Transaktionen zwischen einzelnen Mitgliedern einer mobilen Community argumentiert werden. Im stationären Internet ist dieses Ziel u. a. durch die Einrichtung einer Auktionsplattform erreichbar, auf der die einzelnen Nutzer als Anbieter bzw. Nachfrager auftreten. Das Angebot von eBay (www.ebay.com) gilt als wohl prominentestes Beispiel eines solchen Geschäfts- und Erlösmodell. Die Erweiterung solcher Angebote durch einen zusätzlichen mobilen Zugangskanal stellt sicherlich einen Zusatznutzen für die auf der Plattform Handelnden dar, da die Bieter einer Auktion bspw. unabhängig von ihrem jeweiligen Aufenthaltsort auf ein Angebot reagieren können. Weiterhin ist durch die eindeutige Identifizierbarkeit des Teilnehmers auch mit geringeren Ausfällen bei der Zahlungsabwicklung zu rechnen. Gegen eine mobile Nutzung von Auktionsplattformen sprechen die im Vergleich zum stationären Internet komplizierte Bedienung und die höheren Telekommunikationskosten, die beim Kauf geringwertiger Güter einen hohen Anteil am Preis ausmachen können. Für die Nutzer scheinen diese Nachteile zu überwiegen. So hat das Unternehmen 12snap.com, das Neuwaren über das mobile Internet versteigerte, dieses Angebot inzwischen wieder eingestellt. Generell ist aber auch fraglich, inwiefern bei Auktionsmodellen wirklich vom Vorliegen einer Community die Rede sein kann (vgl. Kapitel 2). Mobile Communities als kleine, personenzentrierte Gemeinschaften weisen ebenfalls Vorteile bei der Transaktionsanbahnung aus. So dürfte der relativ hohe „Level of Trust“ 67 zwischen den CommunityMitgliedern dazu führen, dass Produktempfehlungen eine höhere Glaubwürdigkeit zugesprochen wird.68 Allerdings sprechen die geringe Gruppengröße, der hohe Anteil an „Off-Plattform“Kommunikation69 sowie die Tatsache, dass sich die Glaubwürdigkeit auf den Freundeskreis und nicht auf den Betreiber bezieht, eher gegen die Erzielung von ausreichenden Erlösen. Zusätzliche Einnahmepotenziale sind theoretisch auch aufgrund der Ausweitung des Nutzungsbereichs der angebotenen Informations-, Interaktions- und Kommunikationsangebote bei mobilen Communities denkbar: Da der Zugang der Nutzer zur Community zeit- und ortsunabhängig erfolgen kann und er die erhaltenen Informationen somit auch im Rahmen spontaner Kaufentscheidungen berücksichtigen kann – etwa, wenn ein Community-Mitglied direkt am Point-of-Sale noch die Beurteilungen anderer 67 Vgl. hierzu auch Rutter 2001, S. 6f.; Schubert 2000, S. 2; Schubert/Ginsburg 2000, S. 48-50; Fesenmaier/Wang/Yu 2002, S. 413. 68 Vgl. Rutter (2001), S. 7. Zur Beeinflussung der Kaufentscheidung eines Konsumenten durch Beiträge anderer Community-Mitglieder siehe auch PeopleLink 2000b, S. 1; PeopleLink 2002, S. 5; Rothaermel/Sugiyama 2001, S. 309. Vgl. auch Clarke 1999, o. S. 69 Mit „Off-Platform“-Kommunikation ist die Kommunikation zwischen den Community-Mitgliedern ohne die Inanspruchnahme der vom Betreiber zur Verfügung gestellten Infrastruktur gemeint. Die Analyse der Kommunikationswege innerhalb der virtuellen Community TimeZone.com ergab, dass die Mitglieder auch den direkten Email-Kontakt nutzen sowie auch teilweise direkt miteinander telefonieren oder sich verabreden, vgl. Rothaermel/Sygiyama 2001, S. 302. 20 Mitglieder über die infrage kommenden Produkte einholt70 – besteht die Chance auf eine entsprechende Zunahme der über die Community-Plattform abgewickelten Produktkäufe. Aber auch wenn ein Betreiber mehrere kleine mobile Communities auf seiner Plattform betreiben kann, stellt sich die Frage, ob die Menge der an solchen Angeboten interessierten Nutzer für einen wirtschaftlichen Betrieb der Community ausreichen. Grundsätzlich gilt auch als fraglich, ob gerade für Information, Beratung oder Leistungsvergleich bei komplexen und hochpreisigen Gütern mobile Dienste als Informationsmedium genutzt werden.71 Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass sich durch den Betrieb einer mobilen Community neue Erlöspotenziale aus Produktkäufen und Vermittlungen im Vergleich zu virtuellen Communities ergeben. Da allerdings für sämtliche der genannten Potenziale nach genauerer Betrachtung Einschränkungen für ihre Realisierbarkeit festzustellen waren, muss eher bezweifelt werden, ob die Erlösquellen im Bereich Commerce ausreichende Beiträge zum wirtschaftlichen Erfolg eines Betreibers einer mobilen Community leisten können. . 4.2.2 Erlöse aus Werbung und Sponsoring Zu den weiteren Erlösmöglichkeiten im Bereich „Commerce“ zählen zudem die direkten Umsätze mit community-externen Akteuren: Im Hinblick auf die Erlösquelle „Werbung und Sponsoring“ ergeben sich für den Betreiber einer mobilen Community insbesondere die folgenden Möglichkeiten zur Generierung von Erlösen:72 Erlöse von Werbepartnern, die im Gegenzug die Möglichkeit erhalten, Werbebotschaften an die Community-Mitglieder zu adressieren, etwa in Form von Werbebannern, dem Versand von Mitteilungen (z. B. via SMS) oder der Platzierung von Links innerhalb der CommunityAngebote sowie Erlöse von Sponsoren, die im Gegenzug die Möglichkeit erhalten, ihr Unternehmen auf der Community-Plattform zu präsentieren und somit einen positiven Imagetransfer von der Community zu ihrem Unternehmen zu erzielen können.73 70 Vgl. Albers/Becker 2001, S. 81. Zur Beeinflussung der Kaufentscheidung eines Konsumenten durch Beiträge anderer Community-Mitglieder siehe wiederum PeopleLink 2000b, S. 1; PeopleLink 2002, S. 5; Rothaermel/Sugiyama 2001, S. 309. Vgl. auch Clarke 1999, o. S. 71 So empfiehlt die Media-Richnes-Theorie für komplexe Aufgaben und Kommunikationsinhalte die Kommunikation über sog. „reiche Medien“, vgl. Picot/Reichwald/Wigand 2001, S. 111ff. und die dort angegebene Literatur. 72 Heald/Pickles 2002, S. 8f.; Niemeier 1998, S. 222. 73 Cothrel 2000a, S. 124; Fesenmaier/Wang/Yu 2002, S. 414f. Da die Bereiche „Werbung“ einerseits und „Sponsoring“ andererseits im Hinblick auf die hier vorgenommene Erlösquellenanalyse prinzipiell durch die selben Problemstrukturen gekennzeichnet sind und sich durch eine strenge Differenzierung zwischen diesen beiden Gestaltungsformen somit keine substanziellen Erkenntnisfortschritte ergeben würden, werden „Werbung und Sponsoring“ im Folgenden gemeinsam betrachtet. 21 Für die Beurteilung der beiden Erlösquellen können im Wesentlichen dieselben Argumente angeführt werden, die bereits im Zusammenhang mit dem Verkauf von Produkten und der Vermittlung von Transaktionsgeschäften ausführlich diskutiert wurden. Auch im Hinblick auf die hier realisierbaren Umsätze können sich mobile Communities gegenüber alternativen Geschäftsmodellen unter bestimmten Voraussetzungen als ökonomisch überlegen erweisen. Ähnlich wie beim (direkten oder vermittelten) Verkauf von Produkten ergeben sich auch bei Werbung und Sponsoring spezifische Vorteile durch die Homogenität der adressierten Zielgruppe sowie die schnelle und einfache Identifikation, die zeit- und ortsunabhängige Erreichbarkeit und die Lokalisierbarkeit der einzelnen Mitglieder. Dies ermöglicht insbesondere die Adressierung kontextsensitiver und personalisierter Werbebotschaften, welche auf die spezifischen Präferenzen und die aktuelle Umgebung des Nutzers abgestimmt sind. Weitere Vorteile im Hinblick auf die Minimierung von Streuverlusten ergeben sich darüber hinaus durch die spezifischen Merkmale von „mobilen“ Werbeformen. Während Werbebanner im Internet oftmals kaum mehr die Aufmerksamkeit der Nutzer erregen, kann beispielsweise eine eingegangene SMS kaum ignoriert werden.74 Beschränkt sich der Aktionsradius einer mobilen Community auf einen begrenzten Raum wie bspw. bei einer Jugendclique, dürften Werbung und Sponsoring auch für Produktanbieter interessant sein, die ebenfalls primär lokal agieren und die bei der Kundenansprache über stationäre Communities inakzeptable Streuverluste zu verzeichnen hätten. Ebenso dürfte sich der höhere „Level of Trust“ innerhalb mobiler Communities positiv auf die Werbewirkung auswirken, da die Nutzer in aller Regel gegenüber Werbebotschaften aufgeschlossener sind, die sie nicht direkt von einem kommerziellen Anbieter erhalten, sondern die von einem anderen Community-Mitglied weitergeleitet wurden.75 Ein Negativeffekt bezüglich der Potenziale zur Generierung von Werbeerlösen ergibt sich dagegen u. U. dadurch, dass bei mobilen Communities mit grundlegend anderen Nutzungsmustern zu rechnen ist als bei Internet-Communities. Deren hohe Attraktivität für Werbepartner (und die dementsprechend überdurchschnittlichen Preise für Werbung auf Community-Plattformen) resultieren insbesondere aus der Tatsache, dass die Verweildauer („stickyness“) und Besuchshäufigkeit der einzelnen User wesentlich höher sind als auf „normalen“ Websites und demnach auch die Werbebotschaften auf eine entsprechend höhere Aufmerksamkeit stoßen.76 Stundenlange „Chat“-Sitzungen von Mitgliedern mobiler Communities sind allerdings schon allein aufgrund der wesentlich geringen Usability der Endgeräte sowie der ungleich höheren Kosten für den Netzzugang nur schwer vorstellbar, sodass hier von insgesamt kürzeren Verweildauern ausgegangen werden muss.77 Demgegenüber dürfte sich infolge des schnellen sowie zeit- und ortsunabhängigen Zugangs zu einer mobilen Community zwar 74 Vgl. Albers/Becker 2001, S. 78. Vgl. Cothrel 2000b, S. 21; Feller 2002, S. 23; McWilliam 2001, S. 75; Rutter 2001, S. 7. 76 Vgl. Brown/Tilton/Woodside 2002, S. 1; PeopleLink 2000a, S. 1; PeopleLink 2000b, S. 2; Browder/Elstrom/ Hof 1997, S. 64. 77 Vgl. die analoge Argumentation bei Albers/Becker 2001, S. 78. 75 22 die Häufigkeit der Zugriffe im Vergleich zu stationären Communities nochmals erhöhen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob eine steigende Wahrnehmungshäufigkeit bei gleichzeitig sinkender Wahrnehmungsdauer die Werbewirkung (und damit die erzielbaren Werbeeinnahmen) insgesamt positiv beeinflussen kann. Schließlich sind im Zusammenhang mit der Adressierung von personalisierten und kontextsensitiven Werbebotschaften umfangreiche Datenschutzbestimmungen zu beachten. Da für einen effektiven Einsatz derartiger Werbebotschaften beispielsweise personenbezogene Daten wie das Präferenzenprofil und der aktuelle Aufenthaltsort des Community-Mitglieds benötigt werden, ist die vorherige Einwilligung des betreffenden Nutzers zwingend erforderlich, die dieser allerdings nicht unbedingt erteilen wird.78 Weiterhin ist bei virtuellen Communities zu beobachten, dass zahlreiche Mitglieder aus prinzipiellen Erwägungen kritisch gegenüber Werbung auf der Community-Plattform eingestellt sind, da eine derartige Kommerzialisierung dem Ideal eines freien und unabhängigen, gemeinschaftlichen Meinungsaustauschs entgegensteht und daher vielfach als belästigend empfunden wird.79 Ähnliche Reaktionen – und ein daraus eventuell resultierender negativer Imagetransfer – können auch im Falle mobiler Communities nicht ausgeschlossen werden. Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, dass mobile Communities sowohl im Vergleich zu ihren stationären Pendants als auch gegenüber alternativen Formen des mobile Commerce ökonomische Vorteile im Bereich „Werbung und Sponsoring“ aufweisen. Trotz dieser Vorteile erscheint es aber auch in diesem Fall insgesamt fraglich, ob mit Hilfe dieser Erlösquelle (absolut betrachtet) ausreichende Ergebnisbeiträge zu erwirtschaften sind. 4.3 Erlöspotenziale aus dem Bereich „Content“ für Betreiber von mobilen Communities Der Geschäfts- bzw. Erlösmodellmodelltyp „Content“ umfasst all jene Aktivitäten, die dem Nutzer bestimmte Inhalte „...einfach, bequem, visuell ansprechend aufbereitet und online zugänglich zu machen.“80 In diesem Zusammenhang werden insbesondere die Sammlung, Selektion, Systematisierung, Zusammenfassung und Bereitstellung von Inhalten auf einer eigenen Plattform verstanden.81 Im Hinblick auf die Erlöse, die auf Basis von Inhalten erzielbar sind, bietet sich zunächst eine Differenzierung nach den unterschiedlichen Rezipienten an: Zum einen kann der Betreiber einer mobilen Community von den Mitgliedern für den (technischen) Zugang zu der virtuellen 78 Gemäß § 89 VIII TKG kann ein Nutzer ablehnen, dass seine Daten zum Zwecke der Werbung, Marktforschung oder Kundenberatung verarbeitet oder genutzt werden. Siehe hierzu auch Albers/Becker 2001, S. 78; Clarke 1998. 79 Vgl. Cashel 2002, o. S.; Clarke 1999, o. S.; Cothrel 2000b, S. 17; Futrelle 1998, o. S.; Hagel/Armstrong 1997; o. V. 2001, o. S.; Powazek 2002, o. S.; Zetlin/Pfleging 2002, o. S. 80 Wirtz/Becker 2002, S. 86. 81 Vgl. Wirtz/Becker 2002, S. 86, Wirtz 2001a, S. 209f., Wirtz/Kleineicken 2000, S. 630f. 23 Gemeinschaft – d.h. für die Nutzung der Community-Plattform und der dort erhältlichen Inhalte – Gebühren erheben. Zum anderen verfügt er auch über die Möglichkeit, das von den CommunityMitgliedern generierte Wissen sowie deren Interessenprofile82 aufzubereiten und an interessierte Unternehmen (wie z.B. Einzelhändler, Hersteller oder Werbetreibende) weiter zu vermarkten. 4.3.1 Erlöse aus Gebührenerhebung für die Nutzung der Community-Inhalte durch die Mitglieder Bereits heute entfallen über 20 % der monatlichen Gesamtausgaben für die private Mediennutzung auf das Internet und Online-Dienste83 – den Konsumenten kann also durchaus eine erhebliche Zahlungsbereitschaft für die Nutzung dieser neuen Medien unterstellt werden. Diese prinzipiell bestehende Zahlungsbereitschaft erstreckt sich allerdings größtenteils auf die Inanspruchnahme der Infrastruktur für den (technischen) Zugang zu den einzelnen Diensten und Angeboten und wird von Seiten der Zugangsvermittler (Internet Access Provider (IAP) oder Internet Service Provider (ISP)) auch weitgehend abgeschöpft. Demgegenüber besteht für die Nutzung bestimmter Inhalte, die innerhalb des Mediums „Internet“ angeboten werden, nur eine äußerst geringe Zahlungsbereitschaft.84 Erlösmodelle, die auf Zahlungen von Mitgliedern für die Nutzung der Community-Plattform bzw. der dort angebotenen Inhalte basieren haben sich im Bereich von stationären Communities als noch weniger tragfähig erwiesen als dies bei anderen Inhalteangeboten (wie z.B. Online-Zeitungen und Magazinen, Finanzinformationen, Portalen oder Suchmaschinen) der Fall ist.85 Als entscheidende „Misserfolgsfaktoren“ für diese mangelnde Zahlungsbereitschaft der Community-Mitglieder können insbesondere die folgenden Gründe angeführt werden:86 a) Die Inhalte (Diskussionsbeiträge) und somit der Nutzen einer Community wird primär von anderen Community-Mitgliedern generiert und daher als quasi „Freundschaftsdienst“ aufgefasst. b) Eventuelle Zahlungen würden in aller Regel dem Comunity-Betreiber und nicht den Mitgliedern als den eigentlichen „Nutzenstiftern“ zugute kommen. c) Aus eigenen (unvergüteten) Beiträgen zur Community wird der Anspruch abgeleitet, die Beiträge anderer ebenfalls ohne Vergütung nutzen zu dürfen. d) Eine Rechnungsstellung (Billing) der nutzungsabhängigen Inanspruchnahme ist praktisch nicht durchführbar, da keine geeigneten Abrechnungssysteme existieren und/oder diese von den Nutzern und/oder Betreibern als zu unsicher angesehen werden. 82 Die Auswertung von Verwertung von Kundenprofilen fällt sicherlich nicht unter die Kategorie „Content“, wie Wirtz sie definiert, entspricht dieser aber eher als den anderen (Commerce, Context und Connection). 83 Die durchschnittlichen Ausgaben/Monat für die Nutzung von Internet und Online-Diensten betragen einer aktuellen Studie zufolge ca. 19€, vgl. Jensen 2002, S. 6. 84 Vgl. Cothrel 2000a, S. 124, Clarke 1999, o. S.; Gallaugher/Auger/BarNir 2001, S. 474; Browder/Elstrom/Hof 1997, S. 72. 85 Vgl. Cashel 2002, o. S.; Clarke 1999, o. S.; Futrelle 1998, o. S. 86 Vgl. Cashel 2002, o. S.; Gallaugher/Auger/BarNir 2001, S. 476; Powazek 2002, o.S. 24 e) Viele Inhalte werden im Internet schon seit langem unentgeltlich angeboten, sodass sich unter den Internetnutzern inzwischen eine Einstellung etabliert hat, die häufig mit dem Schlagwort „Kostenlos-Kultur“ charakterisiert wird.87 Während die Argumente (a), (b) und (c) auch im Falle mobiler Communities weiterhin ihre uneingeschränkte Gültigkeit behalten, dürften die beiden letztgenannten Ursachen (d) und (e) an Bedeutung verlieren. Zum einen sind es die Mobilfunknutzer seit jeher gewohnt, für mobil verfügbare Informationen zu bezahlen, selbst wenn die entsprechenden Inhalte im stationären Internet unentgeltlich angeboten werden (z. B. bei der Anforderung von Wetterinformationen oder Börsenkursen via SMS), sodass auch bei den Nutzern mobiler Communities von einer tendenziell höheren Zahlungsbereitschaft für den Abruf derartiger Informationen ausgegangen werden kann.88 Folgerichtig werden auch die heute verfügbaren Dienste im mobilen Internet (z. Β. „i-mode“ von e-plus) nicht kostenlos, sondern ausschließlich gegen – teilweise relativ hohe – Zugangsgebühren offeriert.89 Zum anderen sind die einzelnen Nutzer anhand ihres Endgerätes eindeutig identifizierbar, was sowohl das Risiko von Zahlungsausfällen für die Betreiber reduziert als auch die Sicherheitsbedenken der Nutzer bei Zahlungen via Internet entkräftet. Darüber hinaus existiert mit der Möglichkeit zum Gebührenausweis auf der Telefonrechnung ein effizienter und vergleichsweise kostengünstiger Weg für das Billing der Leistungen.90 Für die Erhebung von Zugangsgebühren stehen dem Betreiber stationärer wie mobiler Communities die folgenden Gestaltungsoptionen offen, wobei zwischen und innerhalb der einzelnen Kategorien fast beliebige Kombinationen denkbar sind:91 Nutzungsabhängige Gebühren werden dem Nutzer nur bei tatsächlicher Inanspruchnahme der Angebote in Rechnung gestellt. Die Höhe der Gebühren kann sich dabei an folgenden Faktoren orientieren: Dauer (z. B. Minutenpreis, differenziert nach unterschiedlichen Taktungen), Volumen (z. B. Preis pro abgerufenem KB), und Häufigkeit (z. B. Festpreis für einen Einwahlvorgang, Pay-perUse oder Pay-per-View).92 Zusätzliche Ansatzpunkte für eine Preisdifferenzierung bestehen im Hinblick auf den Ort (z. B. Ausland, Inland, Homezone) und den Zeitpunkt (z. B. Tag/Nacht-Tarif) der Nutzung sowie der unterschiedlichen Rezipienten (z. B. Geschäfts-/Privatkunden-Tarif). Nutzungsunabhängige Gebühren können entweder zeitraumbezogen (z. B. Monats-/Quartals/Jahresbeitrag), volumenbezogen (z. B. Download von 50 Diskussionsbeiträgen) oder als Mischform 87 Barnatt spricht in diesem Zusammenhang von „free-wheeling anarchy“, Barnatt 1998, S. 164. Vgl. Rheingold 2002, o. S.; Cothrel/Underberg/Warms 2000a, S. 7. 89 Vgl. gate5 2002, S. 2; Baustert 2002, S. 21. 90 Vgl. Baustert 2002, S. 21; Albers/Becker 2001, S. 75. 91 Vgl. zu den folgenden Punkten Heald/Pickles 2002, S. 13; Böning-Spohr/Hess 2000, S. 36f. 92 Einer aktuellen Studie zufolge wird eine Bezahlung pro Nutzung von den Konsumenten präferiert. Vgl. Jensen 2002, S. 10. 88 25 (z. B. Download von 50 Diskussionsbeiträgen pro Quartal) ausgestaltet und additiv nach Art und Umfang der Nutzung(soption) differenziert werden (z. B. „Normal-“ und „Premium-Mitgliedschaft“ oder Zugang zu einer unterschiedlichen Anzahl von Themenbereichen). Den verbesserten Erlösperspektiven des Betreibers einer mobilen Community stehen aber auch entsprechend höhere Kosten gegenüber, da bei Inanspruchnahme mobiler Übertragungswege derzeit noch weitaus höhere Gebühren an den Netzbetreiber zu leisten sind, als dies im Festnetz der Fall ist. Darüber hinaus bieten mobile Communities auch nur in denjenigen Fällen einen Zusatznutzen für das betreffende Mitglied, in denen auch tatsächlich Inhalte vermittelt werden, die durch dezidiert community-spezifische Merkmale gekennzeichnet sind. Demgegenüber weisen andere Angebote (z. B. die Information des Nutzers über das aktuelle Kinoprogramm oder die Abfahrtszeit der nächsten UBahn) zwar auch die Vorteile der Mobilität (wie z. B. ubiquitäre Verfügbarkeit und Lokalisierung) auf, könnten jedoch auf anderem Wege u.U. effizienter bereit gestellt werden als über die Nutzung der Community-Plattform. 4.3.2 Verkauf von Community-generierten Inhalten an Dritte Neben dem Nutzen für die Mitglieder können die innerhalb der Community generierten Inhalte auch für externe Interessenten einen „Zusatznutzen“ darstellen. So lassen sich beispielsweise durch die Analyse der über die Community-Plattform laufenden Interaktions- und Kommunikationsprozesse die Konsumpräferenzen der einzelnen Mitglieder mit vergleichsweise hoher Genauigkeit erkennen.93 Zudem sind aus den unterschiedlichen Diskussionsbeiträgen zahlreiche Einschätzungen bzgl. der eigenen und konkurrierender Produkte und Lösungen sowie etwaige Neuentwicklungswünsche oder Individualisierungs- und Anpassungsvorschläge der Community-Mitglieder ersichtlich.94 Im Bedarfsfall kann dieses Kunden-Feedback u. U. auch auf relativ einfache Art und Weise durch Abstimmungen oder Umfragen unter den Community-Mitgliedern erhoben werden.95 Derartige Informationen sind als hilfreich einzuschätzen, da Kunden im Allgemeinen bei einem Produktanbieter wesentlich mehr und häufiger einkaufen, wenn sie auch Mitglied in der betreffenden Community sind.96 Der Betrieb einer Community kann somit eine effiziente Marktforschungsmethode darstellen, um gerade die Bedürfnisse der bedeutendsten Kundensegmente genauer zu analysieren.97 93 Vgl. Cashel 2002, o. S.; McWilliam 2001, S. 75; PeopleLink 2000a, S. 7 u. 9; PeopleLink 2002, S. 4; Powazek 2001, o. S.; Schubert/Ginsburg 2000, S. 45 u. S. 50f. 94 U. U. werden diese Vorschläge auch gleich von den Nutzern umgesetzt: Wie bereits erwähnt, finden sich auf der Website von AccountingWEB zahlreiche EXCEL-Tools, die von Community-Mitgliedern entwickelt wurden. Heald/Pickles 2002, S. 6. Vgl. auch Barnatt 1998, S. 163; Cashel 2002, o. S.; Fesenmaier/Wang/Yu 2002, S.414; Kozinets 2001, S. 258; Lambrecht/Skiera 2002, S. 818; McWilliam 2001, S. 75; Niemeier 1998, S. 222; PeopleLink 2000a, S. 7 u. 9; PeopleLink 2000b, S. 1; PeopleLink 2002, S. 4.; Powazek 2001, o. S.; Schubert/Ginsburg 2000, S. 50f.; Zetlin/Pfleging 2002, o. S. 95 Vgl. PeopleLink 2000a, S. 7. 96 Vgl. Cothrel 2000a, S. 124; Cothrel 2000b, S. 19; Cothrel/Underberg/Warms 2000a, S. 6; Brown/Tilton/Woodside 2002, S. 1; Bughin/Hagel 2000, S. 239; Bughin/Zeisser 2001, S. 259f.; 26 Unter qualitativen Aspekten dürften mobile Communities den stationären bei der Erstellung von Nutzerprofilen überlegen sein: Zunächst besteht für die Mitglieder die Möglichkeit eines zeit- und ortsunabhängigen Feedbacks. Aufgrund der – jederzeit und überall – relativ einfachen Kontaktaufnahme und der Möglichkeit zur Lokalisierung der Mitglieder ist davon auszugehen, dass das User-Tracking erheblich vereinfacht werden kann. Darüber hinaus werden die einzelnen Nutzer über ihr mobiles Endgerät auch eindeutig identifiziert – die Verwendung mehrfacher virtueller Identitäten und eine entsprechende Zersplitterung der Nutzerinformationen (wie sie in InternetCommunities häufig zu beobachten ist), könnte also ebenfalls reduziert werden. Aufgrund des höheren „Level of Trust“ ist schließlich davon auszugehen, dass die Mitglieder innerhalb Mobiler Communities auch offener miteinander kommunizieren, wodurch ihre Präferenzen ebenfalls exakter identifizierbar sind. Da derartige Auswertungen allerdings einen nicht unerheblichen Eingriff in die Privatsphäre der Nutzer darstellen, erscheint es wiederum fraglich, ob diese ihre Zustimmung zur Erstellung genauerer Nutzerprofile überhaupt erteilen werden.98 Insgesamt zeigen sich im Bereich „Content“ neue Erlöspotenziale durch mobile Communities. Allerdings sind auch hier Einschränkungen ihrer Realisierbarkeit gegeben, so dass ebenfalls noch nicht eindeutig beantwortet werden kann, ob die Erlöse einen ausreichenden Beitrag für den wirtschaftlichen Erfolg des Betreibers leisten können. Dabei müssen auch die vielfältigen Interdependenzen zwischen den einzelnen Erlösquellen berücksichtigt werden. So dürfte sich beispielsweise die Einführung von Zugangsgebühren negativ auf die Anzahl der CommunityMitglieder auswirken, was wiederum die Attraktivität für Anbieter von (Massen)Werbung reduzieren würde.99 4.4 Erlöspotenziale aus dem Bereich „Connection“ für Betreiber von mobilen Communities Der Bereich „Connection“ umfasst alle Leistungen, welche für die Herstellung des Informationsaustausches zwischen Netzwerken erforderlich sind. Die hierfür herzustellenden Verbindungen können dabei nicht nur technischer, sondern auch rein kommunikativer Art sein.100 In diesem Bereich können daher vorwiegend Erlöse für die Inanspruchnahme von Netzwerkverbindungen oder Diensten realisiert werden. Im Kontext der hier vorgenommenen Analyse von Erlöspotenzialen für mobile Communities ist hierunter insbesondere die Möglichkeit zu verstehen, PeopleLink 2000a, S. 6 u. 9; PeopleLink 2000b, S. 1; PeopleLink 2002, S. 3; Rothaermel/Sugiyama 2001, S. 301; Schubert/Ginsburg 2000, S. 51 f. 97 Vgl. Cothrel 2000b, S. 19; Kozinets 2001, S. 255; PeopleLink 2000a, S. 7 u. 9; PeopleLink 2002, S. 3; Reichwald/Fremuth/Ney 2002, S. 533f.; Schubert/Ginsburg 2000, S. 50 f. 98 Vgl.Clarke 1998, o. S.; Lambrecht/Skiera 2002, S. 819; o.V. 2001, o. S.; Schubert/Ginsburg 2000, S. 48. 99 Vgl. Barnatt 1998, S. 164; Cashel 2002, o. S.; Gallaugher/Auger/BarNir 2001, S. 477; vgl. auch Lambrecht/Skiera 2002, S. 818. 100 Vgl. Wirtz/Becker 2002, S. 89f. Insofern fällt der Bereich der Communities direkt in diesen Bereich (s. o.). 27 Erlöse für der Inanspruchnahme des (technischen) Zugriffs der einzelnen Mitglieder auf die Community-Plattform zu generieren. Wie bereits angesprochen, besteht bei den Nutzern des stationären Internets nur eine äußerst geringe Zahlungsbereitschaft für konkrete Inhalte, während sie durchaus bereit sind, für die Inanspruchnahme der Infrastruktur zu bezahlen, mit deren Hilfe ihnen der Zugriff auf diese Inhalte ermöglicht wird. Aus rein theoretischer Sicht könnten die Betreiber mobiler Communities derartige Erlöse zwar direkt in Form von eigenen Verbindungsentgelten generieren – dies würde allerdings den Aufbau eines eigenen Mobilfunknetzes voraussetzen, was bei realistischer Betrachtung schon allein aufgrund der immens hohen Markteintrittsbarrieren des Mobilfunkmarkts nicht in Frage kommt. Außerdem wäre es prinzipiell denkbar, dass der Zugang zur mobilen Community über eine proprietäre und flexibel tarifierbare Rufnummer (analog zu den bekannten 0190er-Diensten) erfolgt und die vom Nutzer zu bezahlenden Verbindungsentgelte zu einem Großteil an den Community-Betreiber durchgereicht werden. Obwohl dieser Ansatz aus Sicht des Betreibers den Vorteil einer effizienten und sicheren Abrechnungsabwicklung aufweist, scheidet auch diese Option praktisch aus, da eine derartige Lösung aufgrund der hohen Kosten für eine permanente Verbindung das herausragende Nutzenargumente der Mobilität – insbesondere das für mobile Communities entscheidende Merkmal der spontanen Interaktions- und Kommunikationsmöglichkeit – zunichte machen würde. Da die auf Nutzerseite bestehende Zahlungsbereitschaft für den (technischen) Zugang zu einer mobilen Communities in aller Regel bereits durch den Mobilfunknetzbetreiber abgeschöpft wird, besteht für den Community-Betreiber eine erfolgversprechende Erlösquelle in der Beteiligung an den Umsätzen des Providers.101 Diese so genannten Revenue-Sharing-Modelle weisen für den Betreiber der Community-Plattform außerdem den Vorteil auf, dass die Abrechnung der in Anspruch genommenen Leistungen im Allgemeinen durch den Mobilfunkprovider erfolgt. Obwohl der Betreiber hierfür wohl entsprechende Kosten bzw. Erlösschmälerungen in Kauf nehmen müsste, ist davon auszugehen, dass dieser Weg in den meisten Fällen ökonomisch effizienter ist als beispielsweise der Aufbau eines eigenen Abrechnungssystems. Bislang zeigen sich im Mobilfunkmarkt allerdings – mit Ausnahme des Dienstangebots von i-mode beim Mobilfunk-Provider E-Plus – noch keine nennenswerten Annäherungen zwischen MobilfunkProvidern und anderen Anbietern, wie z.B. Betreiber von Community-Plattformen oder auch Medienunternehmen, zur Gestaltung von Revenue-Sharing-Modellen. Dies führt dazu, dass für Betreiber von Community-Plattformen keine Anreize bestehen, mobile Dienste für ihre Community aufzusetzen, da sie bislang von der erhöhten Airtime-Nutzung aufgrund der neuen vielseitigen und spontanen Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Mitgliedern nicht profitieren können. Die steigenden Erlöse aus Verbindungsentgelten aufgrund von längerer oder häufigerer Nutzung der Mobilkommunikation werden von den Mobilfunkprovidern vollkommen abgeschöpft. 101 Vgl. Rheingold 2002, o. S.; Baustert 2002, S. 21; Behnke 2002, S. 7; Lehner 2002, S. 36. 28 Sofern sich Revenue-Sharing-Modelle künftig etablieren, könnte sich allerdings der in den letzten Jahren zu beobachtende Trend von zeit- zu volumenorientierten Abrechnungsmodellen im mobilen Internet102 als problematisch herausstellen, da bei typischen Nutzungsformen einer Mobile Community – insbesondere im Vergleich zu anderen derzeit propagierten UMTS-Anwendungen wie VideoDownloads o. ä. – nur relativ geringe Datenübertragungsvolumina (und damit Erlöse) anfallen dürften. Aufgrund dieser Tatsache bleibt es fraglich, ob das durch die Community-Mitglieder generierte Verkehrsvolumen in den Mobilfunknetzen ausreicht, um (absolut betrachtet) ausreichende Erlöse auf Seiten des Betreibers der Community-Plattform zu generieren. Sofern ein Betreiber zahlreiche mobile Communities auf seiner Plattform betreiben kann, dürften sich diese Größennachteile deutlich verringern und somit eine ausreichende Erlösgenerierung möglich werden. Zusammenfassend bleibt für den Bereich „Connection“ festzuhalten, dass bisher kaum Möglichkeiten für Betreiber von Community-Plattformen bestehen, Erlöse aus Verbindungsentgelten für mobile Dienste zu realisieren. Dies wird sich nur dann ändern, wenn sich die Mobilfunknetzbetreiber bereit erklären, den durch die Communities generierten Traffic in einem Revenue Sharing Modell zu teilen. Zumindest für die Mobilfunknetzbetreiber stellt dieser Bereich aber wohl das größte Erlöspotenzial dar.103 5 Zusammenfassung und Ausblick Mobile Communities gelten als die logische Fortsetzung von den bereits etablierten virtuellen InternetCommunities. Ziel dieses Beitrags war es, sowohl ein tieferes Verständnis über virtuelle und mobile Communities zu gewinnen als auch die möglichen Erlöspotenziale von mobilen Communities zu beleuchten. Zur Transparenz der Begriffe wurde das Drei-Ebenen-Modell virtueller Communities entworfen, welches auch für die Analyse von mobilen Communities angewendet werden kann. Auch wenn bisher kaum mobile Communities existieren, konnte gezeigt werden, dass sie sich sowohl in den angebotenen Diensten, ihrer Zusammensetzung als auch in ihren Nutzungsmustern wesentlich von virtuellen Communities unterscheiden werden. Im Gegensatz zu den mitgliedsstarken, globalen und häufig Themen zentrierten Communities im stationären Internet werden mobile Communities wahrscheinlich durch geringere Mitgliederzahlen, einem stärkeren Bezug zum persönlichen Umfeld (Personen-zentriert) sowie direkten und spontanen Kommunikationsabläufen charakterisiert sein. Dementsprechend werden sie sich auch in ihren Erlöspotenzialen für die Betreiber von CommunityPlattformen unterscheiden. Nachdem jedoch für die Betreiber von Community-Plattformen häufig selbst noch unklar ist, aus welchen Aktivitäten bzw. Angeboten sich Umsätze erzielen lassen, wurden 102 103 Vgl. Lehner 2002, S. 35; Roetz 2001, o. S. Dies zeigt ein Vergleich mit dem stationären Internet. Laut Aussage eines Managers von AOL Deutschland verbringen die Mitglieder des Online-Dienstes ca. 2/3 ihrer (abgerechneten) Airtime mit der Nutzung des Community-Bereichs. 29 die typischen Leistungsaktivitäten von Akteuren im Internet („Commerce“, „Content“ und „Connection“) und ihre Erlöspotenziale im Hinblick auf den Betrieb einer Community-Plattform und im Speziellen für mobile Communities beleuchtet. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich mobilen Communities eine große Anzahl von theoretischen Erlösmöglichkeiten bieten, die sich sowohl aus den Charakteristika von mobilen Telekommunikationsdiensten (Ubiquitärer Zugang, Instant Execution, Sicherheit und Kontextsensitivität) als auch aus der speziellen Formation von kleineren (Freundes-) Gruppen ergeben. Diesen Möglichkeiten stehen aber immer auch Hemmfaktoren gegenüber, die sich sowohl aus den etablierten Nutzungsgewohnheiten von Internet-Communities (Kostenlos-Kultur), der (noch) nicht ausgereiften Technik sowie Datenschutz- und Sicherheitsbedenken auf Seiten der Kunden ergeben. Die Frage, inwiefern und mit welchen Angeboten es Betreibern von mobilen Communities gelingen kann, ausreichende Erlöse für ihre Tätigkeiten zu erzielen, kann hier nicht abschließend beurteilt werden. Dies bleibt weiterer empirischer Forschung vorbehalten, wie sie bspw. im Projekt COSMOS104 vorangetrieben wird. Literatur Albers, S./Becker J. U. 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