Glänzende Oberflächen

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Glänzende Oberflächen
Glänzende Oberflächen
Historische Techniken zur Glanzerzeugung mit besonderer
Berücksichtigung von Architekturoberflächen
Matthias Kilchhofer
ETH Zürich, Institut für Denkmalpflege und Bauforschung
Prof. Dr. Ing. Uta Hassler
Masterarbeit im Studiengang Conservation Science
Abb. 1. Wandelhalle im Schweizer Parlamentsgebäude in Bern (Bauzeit1894–1902) mit Stucco LustroWandverkleidungen.
…„das Werk, das herrlich erstrahlet, möge erhellen die Geister“…
Auszug aus einer Inschrift auf dem Westportal der Kapelle von St. Denis bei Paris, Mitte des 12. Jahr[1]
hunderts
Index
Seite
1. Einleitung und Zielsetzung..................................................................................................................................................... 3
2. Optische Grundlagen und Begriffe......................................................................................................................................... 4
2.1. Glanz in der geometrischen Optik.................................................................................................................................. 4
2.2. Glanz in der physikalischen Optik ................................................................................................................................. 6
2.3. Metalle ........................................................................................................................................................................... 6
2.4. Interferenz ...................................................................................................................................................................... 7
2.5. Glanzmessung und Glanzgrade ...................................................................................................................................... 7
2.6. Glanzwahrnehmung und Glanztypen ............................................................................................................................. 9
3. Polierte Natursteine .............................................................................................................................................................. 10
3.1. Die Polierbarkeit von Natursteinen .............................................................................................................................. 10
3.2. Antike........................................................................................................................................................................... 11
3.2.1. Polituren durch Schleifen..................................................................................................................................... 13
3.2.2. Polituren mit Anstrichmittel / glänzende Fassungen auf Natursteinen................................................................. 14
3.3. Mittelalter und Neuzeit ................................................................................................................................................ 15
4. Glänzende Verputze und Wandmalereien ............................................................................................................................ 16
4.1. Antike........................................................................................................................................................................... 16
4.1.1. Zur Technik der römischen Glanzputze ............................................................................................................... 17
4.2.1. stucco lustro ......................................................................................................................................................... 20
4.2.2. stucco marmorino / stucco veneziano .................................................................................................................. 23
4.2.3. Stuckmarmor........................................................................................................................................................ 24
5. Vergoldungen und Metallauflagen ....................................................................................................................................... 26
6. Glänzende Firnisse ............................................................................................................................................................... 28
6.1. Schellack...................................................................................................................................................................... 30
6.2. Sonderformen: Goldfirnisse, Lüster, Streuglanz .......................................................................................................... 30
7. Glasierte Kacheln ................................................................................................................................................................. 31
8. Mosaike................................................................................................................................................................................ 33
9. Zusammenfassung................................................................................................................................................................ 34
10. Schlussfolgerung ................................................................................................................................................................ 35
11. Anhang ............................................................................................................................................................................... 36
11.1. Anmerkungen............................................................................................................................................................. 36
11.2. Literaturverzeichnis.................................................................................................................................................... 38
11.3. Abbildungsverzeichnis............................................................................................................................................... 43
2
1. Einleitung und Zielsetzung
Kulturgeschichtlich hatten glänzende, schimmernde und leuchtende Materialien für die Menschen seit jeher eine besondere Bedeutung. Glänzende Objekte wurden bis zu der Entdeckung
der physikalischen Gesetze von Beugung und Reflexion des Lichtes an Körpern oft nicht als
Licht reflektierende, sondern als von sich aus leuchtende Körper betrachtet [2]. In vielen Kulturen verkörperte Licht das Göttliche. Seit vorgeschichtlicher Zeit glaubten Menschen darum
an einen göttlichen Ursprung von glänzenden, „leuchtenden“ Materialien. Das kalt schimmernde Silber war dem Mond, das warm glänzende Gold der Sonne zugehörig [3]. Die alten
Ägypter verehrten den Heiligen Pillendreher-Käfer unter anderem aufgrund der farbig glänzenden Flügel als göttliche Verkörperung der Sonne und fertigten Amulette (sog. Skarabäen)
als Abbildungen des Käfers aus glänzenden Steinen[4]. Natürlich vorkommende glänzende
Materialien wie Edelsteine, Edelmetalle, seltene Federn und Perlen wurden von allen Kulturen als schön und wertvoll betrachtet und dienten als Schmuck, Währung und Kultgegenstand.
Die seidig glänzende Kaurimuschel wurde während Jahrhunderten bei verschiedenen Völkern
Afrikas und Asiens als Zahlungsmittel benutzt. Zur Zeit der Kolonialisierung Nordamerikas
tauschten viele indigene Völker Felle und andere Waren gegen bunt glänzende Glasperlen
und Muscheln, da sie deren Wert höher schätzten als Münz- oder Papiergeld. Auf der Insel
Vanuatu im Südpazifik waren in früherer Zeit die bunt glänzenden Federn des Paradiesvogels
ein anerkanntes Zahlungsmittel [5].
Abb. 2. Historische „glänzende“ Währung: Kaurimuscheln.
Abb. 3. Skarabäusamulett
aus Holz, Glas und Gold.
Griechisch-römische Zeit.
Die Alten Ägypter begannen als erste Hochkultur, repräsentative und kultische Bauten mit
glänzenden Architekturoberflächen auszustatten. Dabei erfanden die Ägypter bis heute angewendete Kunsttechniken wie die Glasur von Keramikobjekten oder die Blattvergoldung und
erreichten eine Meisterschaft in der Politur von Natursteinen. In der griechisch-römischen
Antike spielten glänzende Architekturoberflächen vor allem bei den Römern als Mittel zur
Demonstration von Reichtum und Macht eine bedeutende Rolle. Die Vorliebe der Römer für
glänzende Oberflächen wird kunsttechnologisch mit der Herstellung von glänzend polierten
Wandmalereien zu einem Höhepunkt gebracht. In der christlich abendländischen Kultur wird
Gott als Schöpfer des Lichts dargestellt („Es werde Licht“, [6]), welcher sich dem Menschen
im Licht offenbart. Dies erklärt, warum sich im christlichen Mittelalter eine erneute besondere
Hochschätzung für alles Glänzende, Leuchtende und Strahlende entwickelte [7]. Die Wieder3
entdeckung antiker Kunsttechniken in der Renaissance führte zu einer erneuten breiten Anwendung und Weiterentwicklung von Methoden zur Glanzerzeugung, welche in der Folge als
breit eingesetzte Stilmittel das ausgeprägte Repräsentationsbedürfnis des Barockzeitalters
nach Pracht und Herrlichkeit befriedigten [8]. Eine letzte Blütezeit erfuhren Glanztechniken
schlussendlich in den Prunkbauten des Historismus der zweiten Jahrhunderthälfte des 19.
Jahrhunderts [9].
Ziel dieser Arbeit ist es, einen zusammenfassenden Überblick von ausgewählten Techniken
zur Glanzerzeugung in ihrer geschichtlichen Entwicklung zu bieten. Dabei werden ausschliesslich Methoden berücksichtigt, welche für die Kunsttechnologie des Europäischen Kulturraumes bis zum Ende des 19. Jahrhunderts eine signifikante Rolle spielen.
2. Optische Grundlagen und Begriffe
Glanz ist eine Wechselwirkung von Licht und Materie und stellt ein Fachgebiet der optischen
Physik dar. Letztere lässt sich in geometrische Optik (Strahlenoptik) und physikalische Optik
(Wellenoptik) unterscheiden, wobei für die Beschreibung aller Arten von Glanzerscheinungen
Phänomene beider Fachgebiete eine Rolle spielen [10].
2.1. Glanz in der geometrischen Optik
Die geometrische Optik beschreibt die Gesetze von Reflexion und Brechung von Licht an
Oberflächen [11]. Der Grad und die Art einer Glanzbildung auf einer Oberfläche werden in der
geometrischen Optik durch den Brechungsindex [n] und die Glattheit der Oberfläche des beleuchteten Materials bestimmt. Der Brechungsindex ist eine Materialkonstante und kann auch
als optische Dichte einer Materie bezeichnet werden. Er beschreibt, um welchen Faktor die
Geschwindigkeit des Lichtes im jeweiligen Material (c material) von der konstanten Lichtgeschwindigkeit in einem Vakuum (c Vakuum) abweicht. Ein Teil des Lichtes tritt in die Materie ein und wird aufgrund des höheren Brechungsindexes verlangsamt und dadurch abgelenkt,
was als Brechung bezeichnet wird. Ein Anteil des auf einer Materie auftreffenden Lichtes
wird als Reflexion zurückgeworfen [12]. Je höher der Brechungsindex eines Materials ist, umso stärker ist die Brechung des Lichtes an der Oberfläche und die Glanz erzeugende Reflexion
[13]
.
Formel 1. Berechnung des Brechungsindexes [14].
n material = c Vakuum : c material
4
Tab. 1. Näherungswerte für Brechungsindizes verschiedener, für die Kunsttechnologie relevanter,
Materialien [15].
Material
Brechungsindex [n]
Vakuum
1
Material
Brechungsindex [n]
Quarz
1,54
Wasser
1,31
Epoxidharz
1,55
Glas
1,45
Polystyrol
1,58
Quarzglas
1,46
Polycarbonat
Celluloseacetat
1,48
Kollophonium rein
Leinöl
Polymethylmetacrylat
PMMA (Plexiglas)
Polyethylen PE
1,48
1,51
Calcit
Bleikristallglas
1,65
1,93
1,51
Diamant
2,42
1,585
1,6
Beim Anteil an reflektiertem Licht wird zwischen direkter- oder Spiegelreflexion und diffuser- oder ungerichteter Reflexion unterschieden [16]. Der Anteil an gespiegelter oder diffuser
Reflexion eines Lichtstrahls wird durch die Glattheit einer Oberfläche bestimmt, wobei sich
die gespiegelte Reflexion mit zunehmender Glattheit erhöht [17]. Zusammengefasst wird nach
MEYERS LEXIKON [18] die physikalische Grösse Glanz als der Quotient aus dem gerichtet und
dem diffus reflektierten Anteil des auf eine Fläche fallenden Lichtstroms definiert. Für einen
Betrachter kommt Glanz als Sinneseindruck zustande, wenn die Beleuchtung eines Objektes
vorwiegend gerichtet und die Reflexion zumindest teilweise gerichtet ist [19]. Gemäss
PIETSCHMANN [20] ist dabei die Glanzwahrnehmung umso ausgeprägter, je gerichteter das
Licht reflektiert wird. Im weiteren Sinne wird Glanz als die Eigenschaft einer Oberfläche verstanden, Licht teilweise oder ganz spiegelnd zu reflektieren und je nach Beleuchtungs- und
Beobachtungsrichtung verschiedene Helligkeitseindrücke hervorzurufen. Die umgekehrte
Eigenschaft einer Oberfläche, Licht nicht zu reflektieren, wird als Mattheit bezeichnet.
Abb. 4. Wechselwirkung von Licht und Materie am Beispiel von Glas.
5
Abb. 5. Schema einer spiegelnden Reflexion bei einer
glatten Oberfläche. Das reflektierte Licht überlagert
sich dank der gleichen Reflexionsrichtung aller
Lichtstrahlen zu einem einzigen definierten Strahl.
Abb. 6. Schema einer diffusen Reflexion bei einer rauhen
Oberfläche. Die Reflexionswinkel der Lichtstrahlen sind
dank gleichem Brechungsindex wie Abb. 1. die gleichen, die
Reflexionsrichtungen aber aufgrund unterschiedlicher Auffallwinkel verschieden.
2.2. Glanz in der physikalischen Optik
Die physikalische Optik beschäftigt sich mit der Wellennatur des Lichtes [21]. In Zusammenhang mit Glanzphänomenen sind die Teilgebiete Abstrahlung, Absorption und Interferenz von
Bedeutung. Dabei könnten vor allem die physikalischen Phänomene der Lumineszenz und
Fluoreszenz Teil von Glanzphänomenen innerhalb der moderneren Kunsttechnologie ab Beginn des 20. Jahrhunderts sein (vor allem moderne synthetische Leuchtpigmente), stellen jedoch für historische Kunsttechniken ein irrelevantes Gebiet dar und sind nicht Teil dieser Arbeit. Zur physikalischen Erklärung der historischen Techniken zur Glanzerzeugung dient
hauptsächlich die geometrische Optik.
2.3. Metalle
Die wesentlichen typischen Merkmale von Metallen lassen sich aus der metallischen Bindung
ableiten. Letztere ist bestimmt durch die freien Elektronen (sog. Elektronengas) zwischen den
Atomrümpfen. Neben der Verformbarkeit, der thermischen und elektrischen Leitfähigkeit ist
der metallische Glanz eine kennzeichnende Eigenschaft aller Metalle [22]. Dieser Glanz beruht
zum Teil auf dem starken Reflexionsvermögen von Metallen. Metalle können aufgrund der
freibeweglichen Elektronen bestimmte Wellenlängen des Lichtspektrums absorbieren. Bei
dieser Lichtabsorption gibt das Licht seine Energie an die Materie ab. Diese Energie reicht
aus, um Elektronen auf ein höheres „Energieniveau“ anzuheben. Bei der Rückkehr der Elektronen in ein niedrigeres Niveau wird die aufgenommene Energie als Lichtemission wieder
reflektiert [23]. Dieser hohe Reflexionsgrad von Metallen wird z.B. in der Herstellung von
Spiegeln genutzt: glatt polierte Oberflächen von Metallen reflektieren beinahe das gesamte
Lichtspektrum in einer gerichteten Reflexion und erzeugen dadurch ein perfektes Abbild
(Spiegelbild). Die Absorption der Lichtstrahlen passiert auf der Oberfläche, deshalb vermag
Licht nicht durch Metalle durchzudringen. Aus diesem Grund behalten Metalle die optischen
Eigenschaften Undurchsichtigkeit und metallischer Glanz auch in dünnsten Schichten bei [24].
Diese physikalischen Eigenschaften von Metallen werden bei Metallauflagen wie Vergoldun-
6
gen und Versilberungen genutzt, wo dünnste Metallfolien auf diverse Materialien aufgebracht
werden und die gleichen optischen Eigenschaften wie massive Metallkörper beibehalten.
2.4. Interferenz
Als Interferenz wird in der geometrischen Optik ein Phänomen bezeichnet, das auftritt, wenn
sich zwei oder mehrere Lichtwellen überlappen oder schneiden [25]. Weil jede Wellenlänge
einem bestimmten Farbton entspricht, werden infolge der Interferenz einige Farben verstärkt
und andere ausgelöscht (konstruktive und destruktive Interferenz) [26]. Durch Überlagerung
von Lichtwellen an dünnen Schichten optisch transparenter Materialien und an unteren Grenzflächen erscheint das reflektierte Licht häufig farbig. Die Interferenzen sind abhängig vom
Blickwinkel des Betrachters, weswegen die durch Interferenz farbig glänzenden Objekte je
nach Änderung dieses Blickwinkels ihre Farbe ändern (sogenanntes Irisieren oder LüsterEffekt). Ein bekanntes natürliches Material mit ausgeprägten Interferenzen ist z.B. Perlmutt,
welches aus feinsten Plättchen von Calciumcarbonat zusammengesetzt ist. Auch die glänzenden Farben vieler Schmetterlinge und die einiger besonders prächtig schillernder Vögel beruhen auf diesem Effekt. Die stärkste in der Natur vorkommende Interferenz hat das Gefieder
des Glanzfasans, dessen Brechungsindex beinahe demjenigen von Diamanten gleichkommt
[27]
.
Abb. 7. Rasterelektronenmikroskopische Abbildung einer Bruchfläche von Perlmutt. Stapel von
Calciumcarboant Plättchen mit
der durchschnittlichen Höhe von 1
μm.
Abb. 8. Interferenzen im Gehäuse der Perlmutt Schnecke.
Abb. 9. Interferenzfarben im Gefieder
des Glanzfasans.
2.5. Glanzmessung und Glanzgrade
Das Glanzvermögen einer Oberfläche ist im Wesentlichen durch deren Reflexionseigenschaften bestimmt. Diesen Anteil, den die Oberfläche aufgrund ihrer Reflexionseigenschaften zur
Entstehung des Glanzeindruckes beiträgt, lässt sich in geeigneter Weise messen [28]. Als Vergleichsmass für die messtechnische Erfassung des Glanzvermögens einer Oberfläche wird
dafür der sogenannte Reflektometer-Wert als optische Kenngrösse nach DIN Norm 67530
ermittelt [29]. Seine Grösse wird vom Anteil bestimmt, den die Oberfläche aufgrund ihrer Reflexionseigenschaften zur Entstehung des Glanzeindrucks beiträgt. Das Prinzip des Reflekto7
meters beruht auf der Messung der gerichteten Reflexion. Dazu wird die Intensität des reflektierenden Lichts in einem schmalen Bereich des Reflexionswinkels gemessen. Die Intensität
des reflektierenden Lichts hängt vom Material und dem Einstrahlwinkel ab. Bei Lack- und
Kunststoffoberflächen wird mit zunehmendem Einstrahlwinkel mehr Licht reflektiert. Der
Rest des eingestrahlten Lichts dringt in das Material ein und wird dort, je nach Farbton, zum
Teil absorbiert oder diffus gestreut. Die Messergebnisse des Reflektometers werden auf einen
schwarzen, polierten Glasstandard mit definiertem Brechungsindex bezogen und nicht auf die
eingestrahlte Lichtmenge. Für diesen Standard wird der Messwert = 100 Glanzeinheiten gesetzt. Da der verwendete Einstrahlwinkel den Reflektionswert stark beeinflusst, wurden zur
Differenzierung von hochglänzenden bis matten Oberflächen drei Geometrien (Messbereiche)
genormt. Je nach Glanzgrad der Probenoberfläche werden diese bei vorgegebenen Beleuchtungs- und Beobachtungswinkeln vermessen:
- 20°- Geometrie: hochglänzende Oberflächen;
- 60°- Geometrie: halbglänzende Oberflächen;
- 85°- Geometrie: matte Oberflächen [30].
Die Glanzmessung ist nicht in jedem Falle eindeutig durchführbar. Es treten z.B. Fehler in der
Messung auf, wenn neben der gerichteten Reflexion auch solche an Oberflächenstrukturen
und an Pigmenten auftreten [31]. Aufgrund der Reflektormeterwerte gilt eine Einteilung der
Glanzgrade nach DIN 53 778 [32]:
Glanzgrad
Beobachtungswinkel
Reflektormeterwert
hochglänzend
20°
64 ± 5
glänzend
60°
62 ± 5
halbglänzend / mittelglänzend / seidenglänzend
60°
31 ± 5
halbmatt / seidenmatt
85°
45 ± 3
matt
85°
7±1
Abb. 10. Prinzip der Messgeometrien.
Abb. 11. Anwendungsbereiche der Messgeometrien nach DIN
67 530.
8
2.6. Glanzwahrnehmung und Glanztypen
Glanz ist als Sinneseindruck keine rein physikalische, sondern auch eine physiologisch und
psychologische bedingte Grösse [33]. Zwischen physikalischer Glanzmessung und visueller
Glanzwahrnehmung besteht nur ungenügende Übereinstimmung [34]. Zusammengefasst können die für einen Glanzeindruck bestimmenden Faktoren in physikalische und subjektive unterschieden werden [35]:
Physikalische Faktoren
- Brechungsindex des beleuchteten Materials;
- Innere Reflexionen (Interferenzen);
- Absorptionsvermögen des beleuchteten Materials;
- Oberflächenglätte;
- Art und räumliche Faktoren des auffallenden Lichtes;
- Einfallswinkel des Lichts.
Subjektive Faktoren
- Blickrichtung des Beobachters auf die Oberfläche;
- Entfernung des Beobachters von der Oberfläche;
- Bewegung des Beobachters bezüglich der Oberfläche.
Infolge der Vielzahl physikalischer und subjektiver Einflüsse ist die Glanzempfindung eine
komplexe Grösse [36]. Eine umfassende, exakt wissenschaftliche Messung und Definition von
Glanzarten ist nicht möglich [37]. In der Umgangssprache haben sich dadurch verschiedene
Begriffe für Glanztypen etabliert, die neben den messtechnisch erfassbaren Reflexionseigenschaften auch subjektive Faktoren zu berücksichtigen versuchen:
- Spiegelglanz: Auf ebenen, völlig platten, polierten Oberflächen können Spiegelbilder
deutlich erkannt werden. Das einfallende Licht wird an der Oberfläche analog zum
Hochglanz hauptsächlich gerichtet reflektiert [38];
- Seidenglanz: Umgangssprachliche Bezeichnung für einen mittelmatten Glanz, der typisch ist für Seidengewebe [39];
- Metallglanz: beschreibt speziell die optischen Eigenschaften von Metallen [40];
- Perlglanz/Perlmuttglanz oder Lüster ist die Bezeichnung für die Mischung aus Oberflächenglanz und opakem Tiefenlicht mit irisierenden Effekten von Interferenzen, wie
er für Perlmutt und Perlen typisch ist [41];
- Glimmer-, Glitter-, Glitzer-, oder Metallisé – Effekt: Bezeichnung für die Phänomene
lokaler hochglänzender kleiner Oberflächenbereiche, wie sie für die vielfältig gelagerten Kristallflächen der Mineralien der Glimmergruppe typisch sind. Mit diesen Bezeichnungen werden auch die Lichtreflexionen auf Eis, auf feinstrukturierten Oberflächen wie Wasser, Metallfolienplättchen (Glitter) oder Metall-Effektpigmenten in einem Beschichtungsmittel beschrieben [42];
- Diamantglanz: mineralogischer Begriff. Durch hohe Brechungsindices entstehen zusammen mit einem speziellen Schliff (Diamantschliff) Totalreflexionen. Im Allgemeinen werden jene Lichteffekte, die durch Totalreflexionen entstehen, auch zum Glanz
9
-
-
gezählt. Man spricht dann von Brillanz als Bezeichnung für die Gesamtlichtwirkung
an einer Steinoberfläche.
Fettglanz: mineralogischer Terminus für glänzende, opake Steine mit fettartiger Oberfläche (z.B. Steinkohle). Im alltäglichen Sprachgebrauch wird der Begriff für die Beschreibung von geölten Oberflächen, z.B. Polituren auf Leinölbasis, benutzt.
Wachsglanz: mineralogischer Terminus für halbglänzende opake Steine mit wachsartiger Oberfläche (z.B. Rosenquarz). Im alltäglichen Sprachgebrauch dient der Begriff
zur Beschreibung von mit Wachs behandelten Oberflächen, z.B. mit Bohnerwachs imprägnierten Holzböden [43].
Abb. 12. Stahlengang in Diamanten: Brillanz durch
Totalreflexionen.
3. Polierte1 Natursteine
3.1. Die Polierbarkeit von Natursteinen
Nach PESCHEL [44] ist die Polierbarkeit von Gesteinen abhängig von Porosität und Mineralbestand. Nach ihren kristallographischen Eigenheiten können die gesteinsbildenden Minerale in
gut, mässig und schlecht polierbar unterteilt werden (Tab. 2.). Aufgrund ihrer mineralischen
Zusammensetzung sind demnach vor allem nichtporöse Kalksteine, Marmore, Granite,
Gabbros und nichtporöse Rhyolithe gut polierbar. Als Prinzip gilt: je höher die Dichte und je
fester die Kristallstrukturen eines Gesteines, umso besser ist dessen Polierbarkeit.
__________________________________________________________________________
Tab. 2. Polierbarkeit wichtiger gesteinsbildender Minerale [45].
___________________________________________________________________________
gut glättbar:
Quarz, Calcit, Aragonit (Feldspäte, Dolomit, Olivin)
mäßig glättbar:
Pyroxene, Amphibole, Serpentin
schlecht glättbar:
Glimmerminerale (Biotit, Muskovit), Limonit
sehr schlecht glättbar:
Tonminerale (Kaolinit), Talk
1
Als Politur wird ein Feinbearbeitungsverfahren zum Herstellen glatter und hochglänzender Oberflächen definiert. Je ebener eine Oberfläche geschliffen werden kann, umso stärker ist die Hochglanz erzeugende direkte
Reflexion des Lichts an der Oberfläche [46].
10
3.2. Antike
Ägypten
Die Alten Ägypter entwickelten als frühe Hochkultur eine religiös fundierte Farb- und Lichtsymbolik. Die Sonne wurde als Gottheit und als Ursprung allen Lebens und auch der Farbwahrnehmung verehrt. Der altägyptische Begriff Hedj bezeichnete nicht nur das Sonnenlicht,
sondern in übertragenem Sinne unabhängig von der Farbigkeit auch alles Glänzende, etwa
Gold, Silber oder polierten Kalkstein. Es ist somit eine der frühesten Bezeichnungen für das
Phänomen „Glanz“ als Lichtreflektor [47]. Glänzende Oberflächen hatten bei den Ägyptern
eine religiöse Bedeutung und symbolisierten als Verherrlichung und Abbild der immer wieder
aufgehenden Sonne die Wiedergeburt. Die Grabstätten der Pharaonen wurden aus dieser Tradition seit der Mitte des 3. Jahrtausend v. Chr. mit polierten Kalksteinen verkleidet. Die Pyramiden von Gizeh, im Zeitalter der 4. Dynastie im ungefähren Zeitraum von 2600-2500 v.
Chr. erbaut, sind nach HAASE [48] die ältesten und zugleich grössten erhaltenen Bauwerke mit
nachweislich ursprünglich polierten Natursteinoberflächen. Die Aussenhüllen der Pyramiden
bestanden ursprünglich ganzflächig aus weissem, glattpolierten und präzise aneinandergefügten Tura Kalksteinen2, zum Teil ergänzt durch polierte Granitverkleidungen im Sockelbereich. Der grösste Teil dieser Kalksteine wurde über die Jahrhunderte vor allem zur Verwendung als neues Baumaterial abgebrochen. Kleine Teile der Verkleidung mit mittlerweile verwitterten Oberflächen sind im oberen Bereich der Chephrem Pyramide in Gizeh erhalten. Die
Alten Ägypter erlangten eine Meisterschaft in der Bearbeitung von Natursteinen, welche ihren
Höhepunkt in den polierten Oberflächen von extrem harten Gesteinen wie Granit oder Diorit
unter anderem für die Herstellung von Sarkophagen oder Statuen fand [49]. Der Ägyptologie
ist es bis heute nicht gelungen, die Oberflächenbearbeitungstechniken der Alten Ägypter für
diese harten Steine vollständig zu rekonstruieren. Da den Ägyptern als härtestes Metall nur
Kupfer zur Verfügung stand, wird trotz fehlenden archäologischen Befunden die Verwendung
von Diamanten als Schneide und Schleifwerkzeuge vermutet [50].
Abb. 13. Chephrem Pyramide in Gizeh. Oberer Teil der
Pyramide mit geglätteter Kalksteinverkleidungen.
Abb. 14. Polierte Granitstatue Ramses
des II. 19. Dynastie, um 1230 v. Chr.
Ägyptisches Museum Turin.
2
Die Tura-Steinbrüche liegen auf dem Ostufer des Nils und südlich von Kairo etwa 13-17km von Gizeh entfernt. Diese Steinbrüche liefern eine sehr gute Kalksteinqualität: weiss, ausserordentlich feinkörnig, wenig porös
und damit gut polierbar. Tura-Kalkstein ist in bruchfrischem Zustand weich und leicht zu bearbeiten. Nach einer
gewissen Zeit härter der Kalkstein an der Luft durch Carbonatisation nach. Die Steinbrüche werden noch heute
genutzt [51].
11
Griechenland und Rom
Nach GRÜNER [52] hatte der Glanz der Baumaterialien bei der klassisch griechischen Materialästhetik im Vergleich zu den Römern einen untergeordneten Wert. Bei den Römern hatte die
Verwendung von glänzend polierten Natursteinen vor allem beim Bau von kultischen und
öffentlichen Monumenten eine grosse Bedeutung. Als polierfähiges Baumaterial kamen für
repräsentative Bauten zu einem überwiegenden Teil Marmore zur Verwendung. Der Begriff
Marmor wird nach MEYERS [53] aus dem griechischen Wort marmaros (Felsbrocken) abgeleitet. Nach DRADOWSKI [54] und PFEIFER [55] entwickelte sich der Begriff Marmor mit der Zeit in
der Antike durch die volksetymologische Anlehnung an den altgriechischen Begriff marmairein (glänzen, strahlen) allgemein zu „glänzender Stein“. Tatsächlich verstanden die Griechen
und Römer im Gegensatz zur modernen petrographischen Definition3 unter dem Begriff marmora alle Steine, welche poliert werden konnten [56]. In der Naturalis historia, Buch 36 über
die Steine, fasst C. Plinius Secundus der Ältere (Plinius der Ältere) [57] auch Gesteine wie
Granit, Porphyr, Basalt, Alabaster, Muschelkalk und Brekzien unter dem Begriff Buntmarmore zusammen. Demnach stellte in der Antike die Polierbarkeit neben der Farbigkeit das wichtigste Qualitätsmerkmal von wertvollen Natursteinen dar.
Im römischen Imperium galt öffentliche Prunkentfaltung als legitimer Ausdruck der Autorität
des Staates und der Religion, wobei die Verwendung von kostbaren Baumaterialien als Notwendigkeit gesehen wurde. Neben der kultischen Verherrlichung des Imperiums hatte die
Verwendung von glänzenden Natursteinen auch eine machtpolitische Bedeutung. Neben dem
italienischen Marmor hatten mehrere Regionen des Römischen Reiches- insbesondere Nordafrika, Griechenland und Kleinasien- verschiedenfarbige Marmore nach Rom zu liefern. Die
Verfügbarkeit der Steinbrüche der Provinzen für den Architekturschmuck der Stadt Rom war
Ausdruck römischer Macht über die unterworfenen Regionen [58]. In den kaiserlichen Palastbauten auf dem Palatin in Rom wurden archäologische Befunde von über 60 verschiedene
Marmorsorten aus allen Teilen des damaligen Römischen Imperiums sichergestellt.
Abb. 15. Verschiedene Marmorsorten, verwendet für die kaiserlichen Palastbauten auf dem Palatin in Rom. Proben von originalen Funden.
3
In der Petrographie wird Marmor als mittel- bis grobkristalliner Kalkstein (seltener Dolomit) definiert, welcher
durch Metamorphose unter Kornvergrösserung umkristallisiert [62].
12
Privater Materialluxus wurde in der griechisch-römischen Antike lange Zeit abgelehnt; bei
den Griechen wohnten auch reiche und einflussreiche Leute privat meist in einfachen Lehmhäusern. In Rom begannen etwa um 100 v. Chr. reiche Bürger, ihre Privathäuser mit Marmorinkrustationen4 auszuschmücken und für Säulen und Böden exotische Marmorsorten zu verwenden. Dies führte zu einem Streit unter Philosophen und Baufachleuten, ob edle Baumaterialien alleinig für kultische und öffentliche Bauten zu verwenden sei [59]. In die gleiche Zeit
fällt der erste Nachweis der Assoziation des Begriffes Glanz mit „Pracht“, „Ruhm“ „glorreich“, „siegreich“, wie sie noch im heutigen Sprachgebrauch existiert5. Der römische Politiker, Philosoph und Anwalt Cicero formuliert als erster im Lateinischen die Vorstellung des
splendor imperii, vom Glanz der Herrschaft des Römischen Reiches [60]. Das Bestreben, durch
den Einsatz kostbarer Baumaterialien vor allem bei Palast- und Kultbauten Pracht- und
Machtentfaltung zu demonstrieren, entwickelte sich bei den Römern zu einer eigenen Ästhetik des Materialluxus, die vor allem für die kaiserzeitliche Architektur einen grossen Stellenwert einnahm und im sogenannten 2. Pompejianischen Stil von ca. 100-20 v. Chr. einen Höhepunkt erfuhr. Nach GRÜNER [61] teilt sich diese Wirkungsästhetik des Baumaterials in Kostbarkeit, Farbigkeit und Glanz auf, wobei vor allem die Bedeutung der Farbigkeit und des
Glanzes ein Teil einer genuin römischen Ästhetik ist. Diese Entwicklung gilt sowohl für die
Bearbeitung von Natursteinen als auch von Wandmalereien, für welche parallel und in enger
Anlehnung an die zunehmenden Beliebtheit von glänzenden Natursteinen ab dem 2. Pompejianischen Stil immer raffiniertere Glättetechniken entwickelt wurden.
3.2.1. Polituren durch Schleifen
Nach Plinius dem Älteren [65] und Vitruv [66] wurden in der griechisch-römischen Antike viele
Marmorwerkstücke, insbesondere Skulpturen als auch repräsentative Architekturelemente wie
Säulen und Bodenplatten in ihrem ursprünglichen Zustand glänzend poliert. Von diesen Polituren haben sich nur kleine Reste erhalten, weshalb in jüngerer Zeit die Politur grosser Marmoroberflächen angezweifelt wird [67]. VON HESBERG [68] vermutet, dass die Römer bei repräsentativen Bauten vor allem die Säulen polierten. Nach SCHOLLMEYER [69] wurden bei den
Römern alle hochwertigen Marmorstatuen nach der steinmetztechnischen Fertigstellung von
spezialisierten Handwerkern, sogenannten politores, einer Politur mit verschiedenen Schleifmitteln unterzogen. Diese Poliertechniken erfuhren besonders im 2. Jahrhundert n. Chr. ihre
technische Vollendung, welche es den Handwerkern erlaubte, Oberflächen von matt schimmernd bis hochglänzend herzustellen. Als Schleifmittel wurden verschiedene Sorten von Sanden mit unterschiedlicher Körnung und Härtegraden benutzt. Plinius der Ältere [70] erwähnt
indische und äthiopische Sande, die bevorzugt zum Schneiden von Marmor Verwendung finden sollten, jedoch nur bedingt zum Glätten und Polieren taugten. Er empfiehlt zum Grobschliff von Marmor Sand und Schleifsteine aus Naxos6, zur Politur thebäischen Sand7 sowie
4
Bei den bei Vitruv als crusta marmorea erwähnten Marmorinkrustationen werden verschiedene Steinplatten
(im besonderen Marmore) an, auf- und ineinander versetzt [63].
5
Im Duden wird Glanz neben einer Materialeigenschaft als „einer Sache innewohnender bewunderter Vorzug,
der in entsprechender Weise nach aussen hin in Erscheinung tritt“ definiert [64].
6
Mit Stein und Sand aus Naxos wird wahrscheinlich ein feinkörniges hartes Korundgestein (ein Aluminiumoxid) gemeint [75].
13
Tuff- und Bimssteinmehl. Die Schleifsteine wurden wohl meist mit Wasser genässt verwendet, die Politursande wurden wohl hauptsächlich mit Öl zusammen zu Schleifpasten vermischt [71]. Vermutet wird, dass die Römer auch natürlich vorkommende Säuren als Zusatz für
Schleifpasten verwendeten. Eine Säure löst die Oberfläche des Marmors an. Zusammen mit
passenden Schleifsanden können dadurch hochglänzende Oberflächen hergestellt werden.
Eine in der modernen Steinbearbeitungsindustrie bekannte Säure als Zusatz zu Polierpasten ist
die Oxalsäure, welche als natürliche Säure in Pflanzen wie Rhabarber und Sauerklee vorkommt. Oxalsäure wird in Form von sogenanntem Kleesalz, einem Gemisch aus Kaliummonooxalat und Kaliumtetraoxalat verwendet [72]. Kleesalz ist schon seit langer Zeit als Politurzusatz bekannt und wurde möglicherweise auch schon bei den Römern verwendet. Plinius der
Ältere erwähnt eine Pflanze „Oxis“, die zur Politur angewendet werden soll. Oxis könnte die
die Pflanze Sauerklee (oxis acetallosa) sein [73]. Neben Stahlwerkzeugen wie Sägen, Meissel,
Bohrer und Feilen nutzten die Griechen und Römer auch Diamantwerkzeuge zur Steinbearbeitung [74].
3.2.2. Polituren mit Anstrichmittel / glänzende Fassungen auf Natursteinen
Öl- und Wachsanstriche für mineralische Baustoffe zum Zweck einer Politur, Hydrophobierung oder als Schutzanstriche sind seit langer Zeit als Behandlungsmethoden bekannt [77][78].
In der griechisch-römischen Antike war eine Schlussbehandlung von Marmorwerkstücken mit
verschiedenen Anstrichstoffen zwecks Politur üblich. Nach RAMPAZZI [79] benutzten die Römer verschiedene organische Anstrichstoffe für Stein zum Zweck der Schlusspolitur und als
Schutzanstriche. Basis für diese Anstriche waren unter anderem Wachse, Ei, Milch, Naturharze, Öle, Gummen8 und tierische Leime. Plinius der Ältere beschreibt als übliches Verfahren
zum Polieren von Marmor die Benutzung von Punischem Wachs9, gemischt mit kleinen Mengen Öl [80]. Vitruv [81] dokumentiert ebenfalls ein Verfahren zur Behandlung von frisch bearbeitetem "nackten" Marmor mit Punischem Wachs. Diese Techniken auf Grundlage des Punischen Wachses nannte man in der Griechischen Antike Ganosis. Dabei wurde das mit wenig
Öl vermischte Punische Wachs erhitzt, mit Borstenpinseln auf den Marmor aufgetragen und
mit Woll- und Filztüchern poliert. Nach BERGER [82] wurde die Ganosis-Technik auf Basis des
Punischen Wachses ebenfalls als polierfähiges Bindemittel oder Überzug für Fassungen auf
Natursteinen verwendet.
7
Mit thebäischem Sand wird wahrscheinlich ein feinkörniger Quarzsand aus Theben in Ägypten gemeint [76].
Als Gummi werden Pflanzensäfte bezeichnet, die beim Eintrocknen durch Polymerisation zu plastischelastischen Feststoffen verhärten. Sie enthalten einen wasserlöslichen Anteil und Gummiharze (Latex). Ein
wichtiger Gummi ist z.B. das Gummi arabicum, der Ausfluss aus einer tropischen Akazienharz, welches heute
noch breite Verwendung in der Kunstindustrie (Bindemittel für Aquarellfarben) oder in der Lebensmittelindustrie findet [88].
9
Punisches Wachs (lat. cera punica) bezeichnet ein in der Antike gebräuchliches Bindemittel auf der Basis
einer Wachsseife, welches vor allem für die Enkaustik-Malerei und als Politurmittel diente. Plinius [XXI, 84]
beschreibt cera punica als ein mit Meerwasser und Natrium verkochtes gelbes Bienenwachs. Diese Verkochung
führte zur teilweisen Umsetzung der Wachssäureanionen mit Magnesium- und Calciumionen zu Magnesiumund Calciumseifen. Der Prozess wurde mehrmals wiederholt; zwischendurch wurde die Seife an der Sonne
gebleicht [89].
8
14
Dass antike Bauten und Skulpturen in der Regel ganzflächig oder teilweise farbig gefasst waren und in ursprünglichem Zustand mit glänzender Oberfläche konzipiert waren, wird heute
als gesichert betrachtet und wird unter anderem von SCHOLLMEYER [83], BERGER [84] , RICHTER
[85]
und CONNOLLY & DODGE [86] dokumentiert. Des weiteren wurden vor allem Marmorskulpturen mit Zutaten aus glänzenden Materialien versehen: Rüstungen wurden mit Vergoldungen, Augen mit bunten Steinen, Glas oder Elfenbein, Locken, Stirnbänder und Kränze mit
Metall gestaltet [87].
Abb. 16. Aegina, spätarchaischer Tempel der Aphaia, Farbmodell der Ostseite, Rekonstruktionsversuch.
Abb. 17. Rekonstruktionsversuch von möglichen originalen Fassungen auf einer griechischen Torso-Skulptur von 470 v. Chr.
3.3. Mittelalter und Neuzeit
Durch den Untergang des Weströmischen Reiches sowie den Wirren der Völkerwanderung
gerieten die hochentwickelten Steinbearbeitungs- und Politurtechniken der antiken Welt in
Vergessenheit. Erst im späten Mittelalter und der beginnenden Renaissance kam es im Zuge
der Rückbesinnung auf antike Kunst- und Bautraditionen zu einer Wiederentdeckung von
Politurtechniken zur Erzielung von hochglänzenden Steinoberflächen [90]. Leon Battista Alberti [91] diskutiert in der Mitte des 15. Jahrhunderts die von Plinius dem Älteren dokumentierten antiken Politurtechniken und macht eigene Versuche mit verschiedenen Schleif- und Poliersanden. Ab der Spätrenaissance kommt das Polieren von Marmor sowohl mit Schleifmethoden als auch mit Anstrichmittel wieder zu einer breiten Anwendung und findet seinen Höhepunkt im Barock und dessen Vollendung, dem Rokoko [92].
15
4. Glänzende Verputze und Wandmalereien
4.1. Antike
Das Bestreben, durch Polituren auf bemalten Wandflächen Glanzeffekte zu erzeugen, ist wohl
so alt wie die Wandmalerei auf Architekturoberflächen selber. Neben der ästhetischen Qualität von glänzenden Oberflächen war wohl auch immer schon die technischen Eigenschaften
polierter Verputze ausschlaggebendes Kriterium für deren Entwicklung und Verbreitung.
Durch das Glätten und Polieren werden die Oberflächen verdichtet und wirken wasserabweisend, was zu einer erhöhten Verwitterungsbeständigkeit solcher Verputzen führt [93].
Die ältesten Malereien auf verputzten Wänden finden sich im mesopotamischen Kulturraum,
von denen vor allem die Malereien auf Kalkputzen oft polierte Oberflächen aufweisen [94].
Bekannt sind die polierten Verputzoberflächen aus dem 7. Jahrtausend v. Chr. aus der neolithischen Siedlung Catal Hüyük im heutigen Anatolien. Für die altägyptische Zeit gibt es keine
Hinweise auf das Polieren von Verputzen. Die Ägypter erzielten gewollte Glanzeffekte auf
Malereien mittels Firnissen [95]. Die Ursprünge der griechisch-römischen Glanzputze liegen in
der hellenistischen Welt des späten 3. Jahrhunderts v. Chr. [96]. Vitruv [97] berichtet von glänzend polierten Verputzen im Palast von Halikarnass in Griechenland und sieht den Ursprung
der römischen Glanzputze in den hellenistischen Marmorimitationen [98]. Während in frühhellenistischer Zeit Glanzputze ausschliesslich zur Imitation von Marmor dienten, wurden in
späterer Zeit ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. polierte Verputze auch als Maluntergrund für repräsentative Wandmalereien mit figürlichen Darstellungen beliebt. Beispiele dieser frühen
ganzflächig polierten Wandmalereien sind zum Beispiel in den Palastbauten von Pergamon,
Antiocha und Alexandria zu finden [99].
Analog zur Entwicklung der hellenistischen Glanzputze werden in der frühen römischen
Wandmalerei im 1. Pompejianischen Stil, auch Inkrustationsstil genannt, Glätte- und Poliertechniken fast ausschliesslich zur Imitation von Marmorinkrustationen angewendet [100]. Dieser Glanzeffekt hat sich parallel zu der ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. einsetzenden besonderen
Wertschätzung von glänzenden und wertvollen Baumaterialien zu einer eigenen Oberflächenästhetik entwickelt, welche bis zum Untergang des Römischen Reiches die Wandmalerei stark
prägte. Im 2. Pompejianischen Stil kommt es zu einer Ausweitung der Glanzputztechnik auf
die gesamte bemalte Wandfläche [101]. Besonders beliebt sind im 2. Pompejianischen Stil die
Imitation von Scheinarchitekturen mit kostbaren polierten Baumaterialien, weshalb dieser Stil
auch Architektur- oder Imitationsstil genannt wird. In der Folge entwickelten sich die glänzend gestalteten Oberflächen von römischen Wandmalereien zu einem unabdingbaren Merkmal vor allem von repräsentativen römischen Wandmalereien.
16
Abb. 18. Römische Wandmalerei im 2. Pompejianischen
Stil. Pompeji, villa dei misteri.
Abb. 19. Glänzende Oberfläche einer römischen
Wandmalerei in Pompeji.
4.1.1. Zur Technik der römischen Glanzputze
Die auch als stucco lucido bezeichnete Glanzputztechnik der römischen Antike wurde in der
Raffinesse und der technischen Vollendung weder in vor- noch in nachrömischer Zeit je wieder erreicht. Der Glanz und die Leuchtkraft der Farben der römischen Wandmalereien erwiesen sich über die Jahrhunderte als derart dauerhaft, dass ein Fachstreit über die genaue technische Herstellung der römischen Putze bis in die jüngste Vergangenheit andauerte [102]. Vitruv
dokumentiert das Vorgehen für die Herstellung von glänzenden polierten Putzoberflächen mit
bis zu sechs verschiedenen Putzen mit zunehmender Feinheit der Granulometrie der Zuschlagsstoffe. Als letzter polierfähiger Intonaco (Deckputz) nennt Vitruv das sogenannte
Marmorweiss, ein nicht näher beschriebener polierfähiger Mörtel auf Basis von Marmormehl,
welcher nach der Endbearbeitung zu einem „schimmerndem Glanz“ führt [103].
Auch die Verwendung von organischen Überzügen als Schutzschicht für gewisse Teile von
Wandmalereien ist in antiken Quellen beschrieben. Vitruv [104] erwähnt den Gebrauch eines
organischen, polierfähigen Schutzüberzuges auf Basis der Ganosis für Wandmalereien, begrenzt jedoch die Anwendung auf Bereiche der Wandmalereien mit Zinnober10. Die Behandlung von römischen Wandmalereien mit Wachsprodukten konnte zwar für gewisse Malereien
archäometrisch belegt werden [105], für viele weitere untersuchte römische Mörtel konnte jedoch kein Nachweis an organischen Bindemitteln erbracht werden [106]. Auch Untersuchungen
von in Deutschland gefundenen provinzialrömischen Wandmalereien ergaben keine Hinweise
auf den Gebrauch von Ganosis-Techniken auf Basis von Kalkseifen [107]. Die von Vitruv beschriebene Verwendung der Ganosis-Überzüge führte im 19. Jahrhundert zu der Auffassung,
der Glanz der römischen Wandmalereien seien allesamt mithilfe von Wachs und Wachsseifen, also in Enkaustiktechnik, hergestellt worden, obwohl schon die antiken Quellen eine
Verwendung von Wachsseifen als Bindemittel für Wandmalereien ausschliessen. Plinius er10
Zinnober ist als Pigment nicht lichtecht. Es neigt zu photoinduzierter Verschwärzung [110].
17
wähnt, dass die Ganosis-Technik für die Wandmalerei nicht geeignet sei [108]. An der GanosisTheorie wird bis heute in gewissen Kreisen festhalten [109], obwohl sie mittlerweile einer wissenschaftlichen Grundlage entbehrt11. Eine weitere in der Fachwelt lange akzeptierte Theorie
postulierte den Gebrauch von Leimwasser und nicht Sumpfkalk als Binde- und Poliermittel
für das von Vitruv erwähnten Marmorweiss [111]. Diese Theorie war bis in die jüngere Vergangenheit analog der Ganosis-Hypothese in der Fachwelt verbreitet und fand Eingang in
Lexika [112], jedoch konnten dafür nach Wissen des Autors nie wissenschaftliche Belege erbracht werden.
Nach aktuellem Wissensstand wurden die römischen Glanzputze auf Basis einer echten Freskotechnik ohne die zusätzliche Beigabe von organischen Bindemitteln hergestellt [113]. Echte
Freskotechnik basiert auf der Verwendung von reinem Luftkalk als Bindemittel, welcher in
einem mehrwöchigen Carbonatisationsprozess mit Kohlendioxid aus der Luft erhärtet. Der
Luftkalk reagiert mit dem Kohlendioxid in Form von im Anmachwasser des Mörtels gelöster
Kohlensäure. Der Erhärtungsprozess von Luftkalkmörteln geschieht demnach über einen
mehrwöchigen Zeitraum in feuchtem Zustand. Die Glätte der römischen Wandmalereien wurde durch eine gut verdichtbare und damit polierbare Deckputz- und Malschicht erreicht [114].
Der von Vitruv beschriebene mehrschichtige Putzaufbau mit immer feiner werdenden Granulometrie führte zu einer hohen Feuchtespeicherfähigkeit des Putzes, welcher für das Verdichten und Polieren der letzen Putzschicht in obgenannter Freskotechnik eine Voraussetzung war
[115]
. Die Polierfähigkeit des Deckputzes oder Intonacos, welcher in den antiken Quellen auch
als tectorium (Tünche) bezeichnet wird, wurde durch die Feinheit und Homogenität sowohl
des Bindemittels Sumpfkalk als auch die feine mehlige Konsistenz der Zuschlagsstoffe erreicht. Zuschlagsstoff war hauptsächlich Marmormehl, es existieren aber auch seltene Nachweise von Alabastergips als polierfähiger Zuschlag [116]. PHILIPPOT [117] erwähnt zudem die
Zugabe von Kaolin in das tectorium zur Steigerung der Polierfähigkeit. Ein weiterer Arbeitsschritt für die Vergütung des Deckputzes war vermutlich das Schlagen und Stampfen des
Mörtels vor der Verarbeitung, was zu einer zusätzlichen Verdichtung des Materials führte [118].
Vitruv [119] erwähnt das Stampfen des Mörtels bei den Griechen, gibt jedoch keine Hinweise
auf eine solche Bearbeitung bei den Römern. RIEDL [120] konnte aufgrund kunsttechnologischer Untersuchungen überzeugend darlegen, dass die Oberflächen von untersuchten provinzialrömischen Wandmalereien ausschliesslich mit einem kellenartigen Werkzeug geglättet
wurden, was eine Schlusspolitur auf Wachsbasis mit Poliertüchern ausschliesst. Vitruv [121]
erwähnt als Politurwerkzeug das liaculum, einer Art Reibebrettchen oder Putzhobel, mit dem
wohl mit beiden Händen grosser Druck auf die Wandoberfläche ausgeübt werden konnte. Die
genaue Machart der liacula ist aktuell noch nicht bekannt. Nach RIEDL [122] existieren weder
archäologische Befunde von liacula, noch kann anhand der antiken Quellen auf deren Gestalt
geschlossen werden. Der Beruf des politiones, des Mauerpolierers, war zu Zeiten der Römer
eine eigene Berufsgattung spezialisierter Handwerker. Die Glätte und der Glanz der Oberfläche von römischen Wandmalereien wurden demnach alleine durch die starke Verdichtung der
Feinputz- und der Farbschicht erreicht. Durch diese Verdichtung werden die Zuschlagsstoffund Anstrichpartikel in eine oberflächenparallele Lage ausgerichtet [123]. KNÖPFLI &
EMMENEGGER [124] unterscheiden zwischen dem Glätten des Verputzes und dem Polieren der
11
Eine ausführliche Darstellung des Enkaustikstreits bieten z.B. KNÖPFLI & EMMENEGGER [128].
18
Malschichten. Durch die mechanische Glättung werden die Mörtelkomponenten Sumpfkalk
und Marmormehl in einer horizontalen Ausrichtung verdichtet. Die Polierbarkeit der Malschicht wird dadurch ermöglicht, dass die meisten verwendeten Pigmente einen gewissen Anteil an Erdalkalisilikaten aufweisen und durch die Parallelausrichtung dieser Schichtsilikate
polierbar werden12 [125]. Die Tonerdeplättchen wirken in der Farbschicht sozusagen als Gleitmittel [126]. Vitruv nennt diese Pigmente gleich wie die Mauerpolierer politiones, was zur allgemeinen römischen Bezeichnung expolitiones für Wandmalerei führte [127]. Die durch das
Polieren entstehende sehr glatte Oberfläche führt zusammen mit dem Brechungsindex der
Zuschlagsstoffe zu direkten Reflexionen und dementsprechenden Hochglanzphänomenen.
Vitruv [130] berichtet von auf Hochglanz polierten Wänden, welche ein klares Spiegelbild zurückwerfen. Durch das Verdichten entstehen kompakte Farbschichten, welche zu der typischen ausgeprägten Farbintensität und Leuchtkraft von römischen Wandmalereien führen [131].
Zusammengefasst können nach PURSCHE [132] die Arbeitsschritte für die Herstellung eines
römischen stucco lucido wie folgt beschrieben werden:
- Auf den noch frischen (nicht abgebundenen) Grundputz wird der Deckputz aufgetragen und geglättet;
- Die Farbschicht wird al fresco auf den Deckputz aufgemalt;
- Anschliessend erfolgt das Glätten und Polieren der Malschicht zusammen mit dem
Deckputz. Bedingt durch die rein freskale Bindung der Pigmente müssen der Farbauftrag und das Glätten am selben Tag erfolgen.
Durch das Polieren der Oberflächen werden die Schrumpfung und die Rissbildung auf den
Wandmalereien vermindert. Die Oberflächen sind derart verdichtet, dass sie wasserabweisend
wirken. Dies führt zu der ausgeprägten Dauerhaftigkeit und Festigkeit von Römischen
Wandmalereien [133]. Diese technische Eigenschaft geglätteter Verputze wurde von den Römern gezielt etwa zur Auskleidung von Zisternen und Aquädukten eingesetzt [134].
Abb. 20. Römische Maurerkellen. Fundstücke am ehemaligen Limes im heutigen Hessen.
Abb. 21. Römischer Mauerpolierer, wahrscheinlich
mit einem liaculum den Verputz glättend. Zeichnung nach einer pompejianischen Wandmalerei.
12
Die von den Römern hauptsächlich verwendeten Pigmente waren Erdpigmente wie Gelber Ocker, Roter Ocker und Grüne
Erde, welche einen natürlichen Anteil an Tonerdesilikaten aufweisen. Anderen Pigmenten wie Blaue Smalte, Rebschwarz
und Zinnober konnte ein kleiner Anteil an Tonerde zugefügt werden um die Polierbarkeit zu ermöglichen [129].
19
4.2. Mittelalter und Neuzeit
4.2.1. stucco lustro
In Mittel- und Westeuropa gingen in nachrömischer Zeit die Kenntnisse der antiken Glanzputztechniken verloren. Im frühen Mittelalter hatte die Verdichtung von Putzoberflächen bis
zum Glanz praktisch keine Bedeutung [135]. Antike Kunsttechniken wurden in der byzantinischen Kunst viel besser erhalten als in der westeuropäischen mittelalterlichen Kultur. Von
Byzanz aus wurden viele Techniken in der Frührenaissance nach Italien weitervermittelt und
in Mitteleuropa wieder verbreitet [136]. Während sich diese vereinfacht dargestellte Entwicklung bei vielen Techniken durch die historischen kunsttechnologischen Quellen belegen lassen, sind die Spuren der Tradition antiker Glanzputztechniken in nachrömischer Zeit nur
schwierig verfolgbar [137]. Die Bewahrer der antiken Kunsttraditionen waren in Byzanz vor
allem Künstler-Mönche. Die historische kunsttechnologische Quelle „Buch vom Berge Athos
des Dionysos“ enthält Rezeptsammlungen vom 6. bis zum 17. Jahrhundert und beinhaltet den
wahrscheinlich ältesten mittelalterlichen Verweis auf Glanzputztechniken für Wandmalereien
[138]
. Ein Rezept aus dem Athos-Buch nennt zur Herstellung von „Glanzfarben“ die Zutaten
Leim, Lauge und Wachs zu gleichen Teilen. Diese Mischung wird erhitzt und stellt vermischt
mit Pigmenten ein polierfähiges Bindemittel auf Basis von Wachsseifen dar, welches als solches klar in der Tradition der antiken Ganosis steht.
Die antiken Enkaustiktechniken auf Basis der Ganosis wurden in Byzanz auch auf den Bereich der Wandmalereien ausgeweitet und dafür weiterentwickelt [139]. In der italienischen
Frührenaissance kam es im Zuge der Wiederentdeckung antiker Wanddekorationstechniken
auch zu einer Wiederbelebung von glänzend gestalteten Architekturoberflächen [140]. Die früheste belegte, systematische Wiederaufnahme einer Glanzputz-Technik ist laut DITTELBACH
[141]
kurz nach 1300 in Giottos Franziskuszyklus in Assisi belegt. Bekannt sind auch die polierten Marmorimitationen von Giotto in der Arena Kapelle in Padua. Analog zur Entwicklung der römischen Glanzputze im 1. Pompejianischen Stil wurden glänzende Verputze von
Giotto ausschliesslich für die Imitation von Marmorverkleidungen angewendet. Figürliche
Darstellungen wurden nicht auf polierte Oberflächen gemalt. Für Marmorimitationen wurde
von Giotto eine Maltechnik angewendet, die Rückschlüsse auf die von Plinius und Vitruv
beschriebene Ganosis-Technik mit Wachsseifen zulässt und vermutlich in der direkten Tradition der byzantinischen Glanzputztechniken auf Basis von Wachsseifen steht. Giotto wendete
eine Secco-Fresko Mischtechnik an, wobei er mit einem verseiften Öl auf den frischen Kalkputz malte und diesen anschliessend mit heissen Kellen glättete. Der durch die Glättung erzeugte Oberflächenglanz dieser Marmorinkrustationen kommt dem Glanz polierter Marmoroberflächen sehr nahe.
20
Abb. 22. Padua, Arena Kapelle. Sockelzone. Gemalte und polierte Marmorimitationen.
Giotto di Bondone, um 1305.
Die von Giotto angewendete Methode kann aus kunsttechnologischer Sicht als Adaption der
in Byzanz bewahrten und weiterentwickelten antiken Ganosis sowie als Vorgänger für die
sich ab dem 15. Jahrhundert in Italien verbreitende und in späterer Zeit als stucco lustro benannte Glanzputz-Technik betrachtet werden. In „De Re Aedificoria“ nennt Giovanni Battista
Alberti 1485 ein Rezept zur Herstellung von Putzoberflächen, die „glänzen wie ein Spiegel“.
Dazu werden auf einem geglätteten Kalkputz Intonaco ein Überzug aus Wachs, Mastix und
wenig Öl aufgebracht und anschliessend mit heissen Eisen geglättet und poliert [142]. Dieses
Rezept stellt in den Grundzügen die Technik des stucco lustro dar. Als stucco lustro wird in
einer aktuellen Definition die geglättete und polierte Freskobemalung von Kalkputzgründen
mit starker Tiefenlichtwirkung bezeichnet [143]. BRACHERT [144] definiert stucco lustro als Putze, die nach antiker Tradition der Ganosis auf Hochglanz gebracht werden. Das dem zu Grunde liegende chemisch physikalische Prinzip ist die Verwendung von Kalk zusammen mit Seife, die zu wasserunlöslichen polierbaren Kalkseifenverbindungen reagieren und Farbpigmente
dauerhaft freskal einbinden. BERGER [145] nennt weiße Seife mit Wachs, die verkocht wird,
und Kalk-Seifenwasser als Bindemittel, mit welchen auf einer feinen KalkMarmormehlschicht gemalt wird. Weiter werden Venezianer Seife13 mit Kalk oder auch
Wachsseife mit Seife als Bindemittel erwähnt. WEHLTE [146] beschreibt die Herstellung von
stucco lustro auf einer nassen Freskooberfläche mittels einer Mischung von Venezianer Seife
und Sumpfkalk, die geglättet und poliert wird. SCHERER nennt 1922 [147] ein Rezept für stucco
lustro bestehend aus einem Feinmörtel aus Sumpfkalk und Marmormehl, welcher mit Kalkseife gebundenen Pigmenten bemalt, anschliessend mit heissen Eisen geglättet und zum
Schluss mit einem Gemisch aus Wachs und Terpentinöl auf Hochglanz poliert wird. Ein frühes Rezept für stucco lustro für das von Karl Friedrich Schinkel erbaute Schloss Tegel in Berlin aus dem Jahr 1828 nennt das Bemalen eines feinen Kalkmörtels mit Kalkfarben und das
anschliessende Einlassen der Oberfläche mit Kalkseife. Dieser Anstrich wird mit einer polierten Kelle ohne Hitzeeinwirkung poliert, dürfte jedoch keinen Hochglanz erzeugt haben, weil
als Schlussbehandlung ein mit dem Handballen zu polierender Anstrich mit einem Wachs/Öl
Gemisch empfohlen wird [148].
13
Venezianer Seife, auch Marseiller Seife genannt, wird aus reinem Olivenöl hergestellt, welches mit schwachen Alkalien
(meist Aschelaugen) verseift wird [154].
21
Ein sicherer und heute für die stucco lustro Technik als unentbehrlich geltender Arbeitsschritt
zur Erzeugung von Hochglanz ist das Glätten der Oberfläche mit erhitzten Glätteeisen, wie
schon bei Alberti vermerkt wird. Traditionell wurden diese Glätteeisen in einem speziellen
Kohleofen erhitzt und mit Schutzaufsätzen aus Holz an die Wand gedrückt. Nach VIERL [149]
ist ein stucco lustro Verputz aufgrund der Wasserunlöslichkeit der Kalkseifen und der wasserabweisenden polierten Oberfläche als einziger Glanzputz auch an Aussenfassaden anwendbar.
Abb. 23. Traditionelle stucco lustro Glätteeisen
im Kohleofen.
Abb. 24. Andrücken der heissen Glätteeisen mit
einem Holzaufsatz.
Stucco lustro- ähnliche Glanzputze wurden im Zuge der Italien Rezeption schon im frühen 16.
Jahrhundert nördlich der Alpen übernommen [150]. Die Technik des stucco lustro bleibt nördlich der Alpen bis in die Mitte der 1830er Jahre die einzige freskale Poliermethode für Architekturoberflächen und erfuhr eine erste Blütezeit während dem Barock und dem prunkverliebten Rokoko. Ein zweiter Höhepunkt für die stucco lustro-Technik passiert im 19. Jahrhundert
vor allem in der Architektur des Klassizismus sowie des Historismus und ist in entscheidendem Masse auf die Entdeckung der römischen Städte Pompeji und Herculaneum in der Mitte
des 18. Jahrhunderts zurückzuführen [151]. Die Bemühungen zur Wiedereinführung der wiederentdeckten und bewunderten antiken Glanzputze in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts führten zu einer breiten Anwendung der Technik des stucco lustro besonders an den
höfischen Zentren der klassizistischen Zeit [152]. Unter dem Eindruck der antiken Malereien
gestalteten bedeutende Vertreter des Klassizismus wie Karl Friedrich Schinkel durchgehende
Bemalungen ganzer Räume im römischen Stil in der Technik des stucco lustro [153]. Eine weitere breite Anwendung findet der stucco lustro in den Prunkbauten des Historismus und um
1900 im Jugendstil [155].
22
Abb. 25. Karl Friedrich Schinkel, 1834. Entwurf zu
einem Palast auf der Akropolis für König Otto von
Griechenland (der grosse Empfangssaal). Die Marmorsäulen und die Wandmalereienn sind mit hochglänzender Oberfläche geplant.
Abb. 26. Oberes Rundfoyer im zweiten Dresdner
Hoftheater von Gottfried Semper. Photographie um
1876. Die Wandfüllungen sind in stucco lustro
Technik ausgeführt.
4.2.2. stucco marmorino / stucco veneziano
Die Wiederaufnahme antiker Putztechniken in der italienischen Renaissance führte auch zu
einem Aufleben von Glanzputz-Techniken mit polierfähigem Intonaco, welche an der Technik des römischen stucco lucido anknüpften und sie weiterentwickeln [156]. Einen besonderen
Stellenwert unter diesen Entwicklungen der Renaissance nimmt nach PURSCHE [157] der stucco
marmorino ein. Diese Putztechnik zeichnet sich durch eine hohe Glätte und Härte aus und
wurde ab der Mitte des 15. Jahrhunderts besonders für die klimatischen Bedingungen und das
Repräsentationsbedürfnis der Stadt Venedig entwickelt, weshalb die Technik auch als stucco
veneziano bekannt geworden ist. Nach RIEDL [158] wird zur Herstellung von stucco veneziano
ein Gemisch aus Sumpfkalk, Marmormehl und Farbpigmenten auf den abgebundenen und
vorgenässten Unterputz aufgetragen. Laut PURSCHE [159] wird dabei das Marmormehl in der
Regel aus Istriamarmor gewonnen und der Unterputz besteht normalerweise aus einem Kalkputz mit einem Ziegelmehl/Ziegelgranulat-Zuschlag. Der Zuschlag kann aber auch in Form
von zerstossenem Glas als sogenanntes granzolo di vetro erfolgen. Der zum Reissen neigende
bindemittelreiche Mörtel wird in dünnen Lagen mehrfach aufgetragen und anschliessend mit
einer Polierkelle geglättet. Als Schlusspolitur und als Oberflächenschutz sind Behandlungen
mit Wachs, Wachsseifen, Wachs/Harz-Gemische, Öl oder Seifenwasser, welches mit dem
Kalk zu einer wasserunlöslichen Kalkseife reagiert, bekannt. Die Technik des stucco marmorino knüpft durch den ausschliesslichen Gebrauch von lufthärtendem Sumpfkalk als Bindemittel im Deckputzmörtel direkt an die Technologie des antiken stucco lucido an, unterschei23
det sich jedoch darin, dass der Deckmörtel als eine mit Pigmenten durchgefärbte Masse aufgetragen wird, während der stucco lucido der Römer freskal bemalt und anschliessend geglättet wurde. Auch die Schlussbehandlung mit polierfähigen organischen Anstrichmitteln zur
Steigerung des Glanzes ist nicht als systematisches Prinzip des stucco lucido zu betrachten,
welcher seinen Hochglanz alleine schon durch die gute Polierbarkeit des Deckputzes erreichte. Ein weiterer technologischer Unterschied zwischen der Renaissance und der antiken Technik ist der Auftrag des Deckputzes auf den Grundputz, welcher für den römischen stucco lucido unbedingt feucht in feucht als buon fresco14 erfolgen muss, um durch die Feuchtespeicherfähigkeit der Unterputze das Glätten des tectoriums zu gewährleisten. Der stucco marmorino kann derweilen auch auf bereits abgebundenen Untergründen aufgebracht werden, die
schlussendliche Behandlung auf Hochglanz passiert durch Anstrichpolituren. Der stucco
marmorino blieb ab der Mitte des 15. Jahrhunderts während vier Jahrhunderten die einzige
echte Glanzputztechnik mit polierfähiger Deckputzschicht und erfuhr während dem 17. und
18. Jahrhundert im Zuge der barocken Materialästhetik, welche zur Befriedigung eines Repräsentationsbedürfnis Pracht und Reichtum verherrlichte, südlich der Alpen vor allem in Italien
seine grösste Anwendungsdichte [160] [161]. Nördlich der Alpen wurde der stucco marmorino
nachweislich erst 1836 durch den österreichischen Architekten Ludwig Förster von Venedig
her eingeführt und unter dem Namen Venezianerstuck oder stucco veneziano propagiert. Zu
einer breiten Anwendung nördlich der Alpen kam der stucco marmorino gleichfalls wie der
stucco lustro in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Prunkbauten des Historismus
[162]
.
4.2.3. Stuckmarmor
Stuckmarmor stellt eine Sonderform der Gipsstucktechnik dar und bezeichnet eine Kunstmarmortechnik aus polierbaren, in der Masse gefärbten Stuckmassen. Hauptbestandteile der
klassischen Stuckmarmortechnik sind Gips, Leimwasser und Pigmente. Verschiedenfarbig
eingefärbte Stuckmarmormassen werden ineinander geknetet, wobei eine marmorimitierende
Oberfläche mit einer Aderung entsteht. Die Oberfläche von Stuckmarmor wird anschliessend
mehrere Male mit Leimwasser bestrichen, fein geschliffen und am Schluss poliert, um eine
hochglänzende Oberfläche herzustellen. Stuckmarmor steht für den technischen Oberbegriff,
während unter scagliola die intarsienähnliche Einlegearbeit von verschieden gefärbten Stuckmassen und unter Poliergips die nicht eingefärbte weisse Stuckmasse verstanden werden [163].
Mit Pigmenten eingefärbte Stuckmassen zur Verkleidung von Architekturoberflächen sind
seit dem 7. Jahrtausend v. Chr. im mesopotamischen Kulturraum belegt [164]. Die Alten Ägypter entwickelten Stucktechniken auf der Basis von Stuckgips und Hochbrandgips. Die Griechen und Römer übernahmen die Gipstechniken der Ägypter nur in unbedeutendem Masse
und arbeiteten fast ausschliesslich mit Kalkstuck. Erst nach der Teilung des Römischen Reiches wurde die Gipsstucktechnik im Oströmischen Reich, dem späteren Byzanz, vom Nahen
Osten her übernommen und weiterentwickelt [165].
14
Als buon fresco, fresco buono oder echtes Fresko wird diejenige Maltechnik bezeichnet, bei welcher die Farben ohne zusätzliches Bindemittel nur mit Wasser oder Kalkwasser angerührt auf einen frischen Kalkmörtel
aufgetragen werden. Die Pigmente werden durch die Carbonatisation des Mörtels dauerhaft mineralisch an die
Oberfläche gebunden [168].
24
Die antiken Stucktechniken wurden generell nicht mit glänzenden Oberflächen hergestellt. In
diesem Zusammenhang kann die Entwicklung des polierten Stuckmarmors im frühen 17.
Jahrhundert als Neuerfindung der Italienischen Renaissance bezeichnet werden. Als Erfinder
der klassischen Stuckmarmortechnik gilt der italienische Maler und Stuckateur Guido Fassi
(Carpi in Modena, 1584-1649), welcher wohl auch unter dem Namen Guido del Conte bekannt war [166]. Nach KOLLER [167] waren vergleichbare Techniken jedoch schon früher bekannt. In Deutschland arbeitete der Bildhauer Hans Daucher in Augsburg nachweislich schon
1530 mit eingefärbten und polierbaren Stuckmassen. Giorgio Vasari erwähnt in dem 1550
erstmals erschienenen Werk „introduzione alle tre arte del disegno“ Marmorintarsien als „intagliate di stucchi“. Rezepturen und technische Angaben zur Herstellung von Stuckmarmor
sind aus der Anfangszeit seiner Verwendung nicht schriftlich überliefert [169]. Stuckmarmor
war zwar zu allen Zeiten teurer als echter Marmor, ermöglichte aber sowohl größere einheitlich gefärbte Werkstücke als auch besonders dramatische künstlerische Effekte der Färbung.
Die Erzielung solcher Effekte und die Möglichkeit zur Politur bis zum Hochglanz machten
den Stuckmarmor zu einer beliebten Technik des Barocks und vor allem seiner Vollendung,
des Rokoko. In der Italien Rezeption des 15. und 16. Jahrhunderts verbreitete sich die Technik
des Stuckmarmors in ganz Europa. Mit dem ausgehenden Rokoko verlor die Stuckmarmorherstellung während des Klassizimus an Bedeutung und kam erst wieder im Historismus der
2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in umfangreichen Gebrauch. Analog zur Technik des stucco
lustro wurde der Stuckmarmor bevorzugt für die Prunkbauten des Historismus verwendet. In
der Fachliteratur des 19. Jahrhunderts wurden die italienischen Rezepturen für Glanzputze
aufgegriffen. Man unterschied aber zum Teil nicht sehr scharf zwischen stucco marmorino,
stucco lucido, stucco lustro oder sogar Stuckmarmor [170].
Abb. 27. Barocke italienische
scagliola-Arbeit.
Abb. 28. Die spätbarocke Stiftsbibliothek des Klosters Altenburg in Österreich mit reicher Stuckmarmorausstattung.
25
5. Vergoldungen und Metallauflagen
Im Bereich der Metallauflagen hatte Gold unter den Edelmetallen zu allen Zeiten eine herausragende Bedeutung. Silber wurde weit seltener verwendet weil es schnell oxidiert und durch
die Verschwärzung seinen metallischen Glanz verliert [171]. Die Verzierung von Architekturoberflächen und Objekten mit Gold setzte ab dem 2. Jahrtausend v. Chr. bei den Alten Ägyptern ein, welche ein chemisches Verfahren zur Herstellung von fast reinem Gold entwickelten
(sogenanntes Scheideverfahren). Mit diesem reinen Material war es den Ägyptern möglich,
dünnste Goldfolien bis zu einer Stärke von 1 Mikrometer herzustellen [172]. Mit der Technik
der Blattvergoldung15 wurden Sarkophage, Kultgegenstände aber auch Architekturoberflächen wie Säulen und Wände überzogen [173]. Zum Beispiel waren die Spitzen der Obelisken
ursprünglich vergoldet [175]. Für Objekte aus Metall war bei den Ägyptern und in der griechisch-römischen Antike allgemein die Feuervergoldung üblich16.
Vergoldungstechniken, bei denen das Blattgold poliert werden kann und welche der Erscheinung des massiven polierten Metalles am nächsten kommen, werden Poliment- oder Glanzvergoldungen genannt. Die Ursprünge der Polimentvergoldung sind ebenfalls im Alten Ägypten zu finden, wo Blattgold mit Eiklar und Leim auf einen polierfähigen Untergrund aufgebracht wurde. Es ist jedoch umstritten, ob die Alten Ägypter diese Blattvergoldung auch auf
Hochglanz polierten [176].
Abb. 29. Vergoldungsarbeiten bei den Alten Ägyptern.
Zeichnung nach einem Flachrelief um 300 v. Chr.
Die Erben der Vergoldertechniken der Alten Ägypter waren die Griechen und Römer. Bei den
Griechen waren Vergoldungen bei der Ausgestaltung privater und öffentlicher Gebäude sowie
bei der Ornamentation von Statuen üblich. Von diesen Vergoldungen haben sich jedoch keine
Spuren erhalten [177]. Der römische Dichter Ovid [178] erwähnt, dass in der Stadt Rom vor allem die Tempel grossflächig vergoldet wurden und preist diese Bauwerke als aurea templa.
Die Römer verwendeten für Sakralbauten unter anderem vergoldete, bronzene Dachziegel,
aber auch andere Architekturteile wurden mit Gold überzogen. Der Eindruck eines „Goldenen
15
Unter Blattvergoldung versteht man das Vergolden mit Hilfe von Blattgold und extrem dünnen Goldfolien, die
unter Verwendung von Klebstoffen, meist auf einer Grundierung als Zwischenschicht mit dem Untergrund verbunden werden [174].
16
Feuervergoldung oder Amalganvergoldung: Oberbegriff für verschiedene Verfahren, bei denen eine Vergoldung unter Verwendung von Quecksilber erfolgte, das mit Gold zu engem Kontakt mit dem Untergrund führendes Amalgan bildet [184].
26
Roms“ wurde durch die von Augustus iniziierte Mode, grosse vergoldete Bronzebuchstaben
für die Bauinschriften auf den Gebälken anzubringen, verstärkt [179]. Die ältesten schriftlichen
Quellen zur Vergoldertechnik in der Antike stammen von Plinius dem Älteren [180]. Plinius
erwähnt, dass Materialien wie Marmor, die nicht erhitzt werden dürfen und deswegen nicht
feuervergoldet werden können, mit Eiweiss und Blattgold vergoldet werden.
Bei der Vergoldung von Holz wird der Untergrund erst mit leukophoron grundiert [181]. Es
handelt sich hierbei um einen leimgebundenen Polimentanstrich aus Sinopie-Erde (Bolus Erde), hellem Berggelb (Ocker) sowie einer griechischen Melos-Erde (Kreide) und stellt demnach die früheste Quelle für ein Rezept einer Polimentvergoldung dar. Plinius gibt die Stärke
von Blattgold umgerechnet mit 0,3-0,4 Mikrometer an. Heutige Blattgoldstärken liegen bei
ca. 0,1 Mikrometer [182]. In der Zeit der frühen Bauforschung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts glaubte Gottfried Semper, anhand der auf antiken Marmorstücken verbreiteten rötlich gelblichen Patina Spuren ehemaliger Vergoldungen zu erkennen. Er deutete diese roten
Farbspuren als Bolusgründe von Glanzvergoldungen und vermutete gar eine „Massenanwendung“ von Vergoldungen in der römischen Antike [183]. Zu einer ersten wissenschaftlichen
Untersuchung von Patina-Schichten auf antikem Marmor kam es 1955 im Rahmen der Restaurierungsarbeiten am Konstantinbogen in Rom. Bis zur Publikation der Untersuchungsergebnisse im Jahr 1958 wurde allgemein die Meinung vertreten, bei der Patina handle es sich
um Überreste antiker Farbfassungen, Vergoldungen oder Schutzanstriche, wie es Semper über
120 Jahre zuvor postuliert hatte. Die Analysen zeigten, dass es sich bei den rötlichen Verfärbungen um natürliche durch Verwitterung entstandene Patina-Schichten handelt, welche in
keinen Zusammenhang mit ehemaligen Vergoldungen gesetzt werden können [185].
Bewitterte vergoldete Flächen wurden in der Antike mit Firnissen und Überzügen hauptsächlich auf Basis der Ganosis geschützt. Plinius der Ältere berichtet, dass Vergoldungen und Metallauflagen bei den Römern auch auf Wandmalereien üblich waren. Im 35. Buch der naturalis
historiae über Farben, Malerei und Plastik wird die Verdrängung von figürlichen Darstellungen auf Wandmalereien zugunsten von Marmorinkrustationen und Goldapplikationen, welche
ganze Wände bedeckten, kritisiert [186]. Dieser quellenkundliche Beleg für Vergoldungen auf
Architekturoberflächen legt die Vermutung nahe, dass die Römer als Vergoldertechniken auf
Wandmalereien bereits zu Zeiten von Plinius (24-79 n. Chr.) die Ölvergoldung kannten und
sich diese Technik nicht, wie von KLINGER [187] behauptet, erst in den frühen Jahrhunderten n.
Chr. entwickelte. Nach KNÖPFLI & EMMENEGGER [188] kam eine Vergoldung auf Bolusgrund
auf der Wand zu keiner Zeit in Frage und fand nur Anwendung in der Tafelmalerei und Objektvergoldung. Nach dem Wissensstand dieser Autoren ist die Ölvergoldung die einzige belegte Vergoldertechnik für Wandmalereien. Bei der Ölvergoldung haften die Blattmetalle auf
dem zu einem wasserunlöslich trocknenden Ölfilm. Basis des Anlegemittels ist meistens
Leinöl. Diese Vergoldungen sind in einem gewissen Masse bewitterungsresistent, können also
für Oberflächen im Aussenbereich verwendet werden und wurden oft auch auf Architekturoberflächen im Innenbereich angewendet. Weil Ölvergoldungen nicht polierbar sind, werden
sie auch Mattvergoldungen genannt [189].
Die ältesten schriftlichen Quellen zu der wahrscheinlich bereits bei den Römern bekannten
Ölvergoldung stammen aus dem Lucca-Manuskript, welches im 7. oder 8. Jahrhundert in der
italienischen Stadt Lucca von einem unbekannten griechischen Autor verfasst wurde. Darin
27
sind vor allem Rezepte für Vergoldungs- und Enkaustiktechniken erwähnt [190]. In die gleiche
Zeit zurück (um ca. 800 n. Chr.) reichen nach EMMENEGGER [191] die für Mitteleuropa frühesten erhaltenen archäologischen Befunde von Gold- oder Metallapplikationen auf Architekturoberflächen. Für Metallauflagen war Gold zu allen Zeiten das bedeutendste Metall. Gold
spielte aufgrund seines theologisch gedeuteten Glanzes die wichtigste Rolle als Edelmetall in
der Kunsttechnologie des Mittelalters [9]. Blattsilber war nicht üblich, da es oxidiert und verschwärzt. Weniger häufig als Gold wurden polierte Blei,- Zinn- oder Kupferfolien verwendet,
die oftmals mit einem Goldlack überzogen wurden, um Gold zu imitieren [192] [193]. In nachrömischer Zeit wurden Vergoldertechniken vor allem in Byzanz gepflegt und weiterentwickelt.
Die Zentren des Kunsthandwerkes waren die Klöster, weshalb die Vergoldertechniken in Byzanz in erster Linie einen christlichen liturgischen Zweck zu erfüllen hatten. Wichtige Errungenschaften der byzantinischen Kunst waren Vergoldertechniken auf Pergament und die Vergoldung von Tafelbildern in verschiedensten Techniken, welche einen Höhepunkt in der Ikonenmalerei erreichte. Da die Künstlermönche auch Wandgemälde fertigten, wurden die neuen
Vergoldertechniken auch auf die Wand übertragen und im Rahmen des Kulturtransfers nach
Italien sowie später in den Norden der Alpen vermittelt [194].
Im Mittelalter waren Metallauflagen und Vergoldungen auf Architekturoberflächen hauptsächlich auf Wandmalereien von der karolingischen Zeit bis zur Renaissance nachweisbar und
dienten vor allem dazu, den Reichtum und die Würde bestimmter Personen zu betonen. Diese
Vergoldungen und Metallauflagen standen in direkter Tradition zu den byzantinischen Errungenschaften des Frühmittelalters und hatten fast ausschliesslich einen liturgischen Zweck als
Zutat zu kirchlichen Wandmalereien. Die reiche Anwendung von Gold und anderen Metallauflagen auf Architekturoberflächen endete mit der Spätrenaissance. Giovanni Battista Alberti
[195]
lehnte als erster in seinem 1435 erschienenen Trattato della Pintura die Anwendung von
Gold in Gemälden ab. Alberti forderte die Überwindung des Eigenglanzes von Gold zugunsten einer farblichen Darstellung von Gold [196]. Im Barock wurden Vergoldungen und Metallauflagen auf Architekturoberflächen nur noch selten, etwa um illusionistische Effekte auf
Architekturelementen zu erzielen, benutzt [197].
6. Glänzende Firnisse
In der Kunsttechnologie steht der Begriff Firnis als Sammelbegriff für transparente filmbildende Überzüge, die neben der optisch-ästhetischen auch eine konservierende Funktion zu
erfüllen haben. Durch die Reflexion des Lichtes und sein eigenes Lichtbrechungsvermögen
soll ein Firnis Glanz und Tiefenlicht auf der Oberfläche erzeugen [198]. Temperafarben verleiht
er eine Intensivierung und Tiefe des Kolorits. Bei Ölfarben wirkt er farblich ausgleichend, indem
er vornehmlich die dunklen Partien vor einem Vergrauen bewahrt. Gleichzeitig soll ein Firnis als
durchgehender dünner Film die Malschicht vor mechanischen Schäden in Form von Kratzern
oder Abrieb sowie vor Staubablagerung schützen [199]. Eine Haupteigenschaft von Firnissen
war zudem seit jeher der Glanz. Nach KRÜNITZ wurden im 18. und 19. Jahrhundert die Eigenschaften Dauerhaftigkeit und schimmernder Glanz als wichtigste Anforderungen an gute Firnisse gestellt [200].
28
Die Alten Ägypter wendeten in der Zeit vom Ende der 18. Dynastie bis zur 26. Dynastie
(1550-525 v. Chr.) parallel zur Behandlung von bemalten Gegenständen wie hölzernen Skulpturen, Möbeln und Sarkophagen Firnisse auch auf Wandmalereien an. Die Firnisbehandlung
auf Wandmalereien erfolgte bei den Ägyptern meist mit natürlichen Harzen von Nadelhölzern
oder mit Mastixharz, es gibt aber auch Belege für die Verwendung von Eiklar als Überzug
[201]
. Plinius [244] berichtet über die Schlussbehandlung der Gemälde des berühmten griechischen Künstlers Apelles (ca. 370 bis 300 v. Chr.), welcher seine Kunstwerke mit einem glänzenden Firnis überzog. Dieser Firnis diente nach Plinius zur Intensivierung der Farbsättigung
und als Schutz vor Staub und Schmutz [245]. Nach STRÄSSER [202] waren Harze der bedeutendste Rohstoff für Firnisse in der Antike. Das Wort Firnis leitet sich von der kyrenischen Hafenund Handelsstadt Berenike (heute Benghasi) ab, von wo aus unter anderem das aus Nord- und
Westafrika stammende und wegen seines würzigen Geruches sowie der Transparenz begehrte
Sandarakharz nach Zentraleuropa geliefert wurde. Dieses Harz wurde in der Antike neben
einer Fülle an Verwendungszwecken als Rohstoff für transparente und glänzende Überzüge
für farbige Oberflächen benutzt. Das Wort Firnis wurde in der Folge die Bezeichnung für
Überzüge aus Sandarakharz und wurde im Mittelalter ebenfalls auf ölhaltige Anstriche übertragen. Ölhaltige Überzüge dürften sich parallel zur Entwicklung von trocknenden Ölen und
zur Ölvergoldung in der Spätantike entwickelt haben. Die wichtigste und früheste Quelle zur
Verarbeitung von Firnissen mit Harz und Öl bietet das Lucca Manuskript [203].
Im Europäischen Kulturraum ist nach KOLLER [204] wenig über die historischen Firnisse bekannt, jedoch steht fest, dass diese zumeist auf der Basis von Ölfirnissen beziehungsweise
Ölharzfirnissen aufgebaut waren. Dabei handelt es sich um voroxidierte Öle und um Öle, die
mit Naturharzen verkocht werden. Die Zugabe von Harzen beschleunigt die Trocknung der
Öle und kann den Firnissen bei entsprechender Verarbeitung Dauerhaftigkeit, Härte und
Hochglanz verleihen. Bei den Harzen wird zwischen rezenten (frisch geernteten) und fossilen
Harzen unterschieden. Die wichtigsten Harze für die Bereitung von Firnissen waren in der
Frühzeit unter anderem Sandarak, später Kolophonium17, Mastix, Bernstein und Dammar18.
Nach HESS [205] können historische Firnisse entsprechend ihrer Zusammensetzung wie folgt
unterschieden werden:
- Ölfirnisse:
trocknende Öle (vor allem Leinöl)
- Öl-Harz-Firnisse :
trocknende Öle mit eingeschmolzenen Harzen (auch als
Öllacke bezeichnet)
- Harz-Essenz-Firnisse:
Harzlösungen in Lösemittel. Gebräuchlich waren ätherische Öle (meist Terpentinöl), Alkohol oder Petroleum.
- Eiklarfirnisse
Eine weite Verbreitung fanden glänzende Firnisse als Gemäldefirnisse mit der in der frühen
Neuzeit aufkommenden Ölmalerei. Im Barock waren vor allem Öl-Harz und Harzessenzfirnisse gebräuchlich. Auf Architekturoberflächen wurden Firnisse vom späten 17. Jahrhundert
bis zum Ende des 18. Jahrhunderts für die malerische Imitation von Stein und insbesondere
Marmor als wesentliches Gestaltungsmittel im profanen und sakralen Innenraum verwendet.
17
Kolophonium bezeichnet ein gelbliches bis braunes Baumharz, welches aus dem Balsam (Ausfluss aus Rindenverletzungen) von Kiefern, Fichten und Tannen gewonnen wird [206].
18
Dammar: Harzausfluss von Pinus Dammara, der molukkischen Fichte. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts etablierte sich Dammar in Europa zu einem beliebten Gemäldefirnis [207].
29
Ölharz und Harzessenzfirnisse müssen, um eine hochglänzende Oberfläche herzustellen,
mehrmals aufgetragen, geschliffen und poliert werden. Diese sehr aufwändige Verarbeitung
von Firnissen bis zum Hochglanz wurde in der Möbelherstellung als Lackarbeit perfektioniert
und aufgrund des Arbeitsaufwandes selten auf grossflächigen Architekturoberflächen angewendet [208]. Nach KOLLER [209] verbreitete sich der in der Mitte des 17. Jahrhunderts durchsetzende Mastixfirnis, eine Lösung von Mastixharz in Terpentinöl, im Verlaufe des 18. Jahrhunderts in ganz Europa und blieb während dem 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des
20. Jahrhunderts der bedeutendste Gemäldefirnis. Als Schutzüberzug für Holz und als Firnis
für Architekturoberflächen verloren die historischen Harzfirnisse ab dem Ende des 18. Jahrhunderts mit dem Aufkommen des Schellacks an Bedeutung.
6.1. Schellack
Bei Schellack handelt es sich um ein tierisches Harz, welches als Sekret von der Schellackschildlaus gewonnen wird. Schellack ist nach STAPPEL [210] seit über 4000 Jahren im indischen
Kulturraum bekannt, wurde ab dem 17. Jahrhundert in Europa als gut in Alkohol lösbarer,
schnelltrocknender Firnis übernommen und etablierte sich während dem 19. Jahrhundert zum
meist verwendeten glänzenden Überzug auf nahezu allen Oberflächen. Der Name der Schellacklaus, vom Hindi-Wort Lakh19 stammend, führte im späten 18. Jahrhundert dazu, dass Firnisse generell als Lacke bezeichnet wurden.
6.2. Sonderformen: Goldfirnisse, Lüster, Streuglanz
Seit der Entwicklung der Öl und Öl- Harz-Firnisse in der späten Antike entwickelten sich
verschiedenste Sondertechniken auf Basis der Glanzfirnisse. Goldfirnisse waren mit Pigmenten oder farbigen Harzen eingefärbte Firnisse, die als goldfarbenen Überzug auf Blattmetall
zur Goldimitation dienten. Die gängigen farbigen Harze waren Gummigutti20 und Drachenblutharz21 [211]. Die gebräuchlichsten Blattmetalle für Goldlacke waren Zinn und Silber, seltener Blei. Goldlacke waren meistens auf der Basis von Alkohol/Harz oder Öl-Harz Firnissen
aufgebaut [212]. Die frühesten Quellen zu Goldlacken stammen aus dem Lucca Manuskript
[213]
. Als Abwandlung des Goldlackes entwickelte sich nach STRAUB [214] im Hochmittelalter
die Lüster-Technik. Dabei werden auf der Basis von Öl- oder Öl-Harzfirnissen lasierende
farbige Anstriche auf Blattmetallfolien aufgestrichen, wodurch sich ein irisierender Glanzeffekt ergibt. Goldlack und Lüstertechniken wurden in erster Linie in der Tafelmalerei und für
die Fassung von Objekten angewendet, es gibt aber auch seltene Belege für die Ausführung
dieser Glanztechniken auf Wandmalereien [215].
19
Lakh bedeutet in Hindi „eine unendlich grosse oder sehr grosse Menge “ und ist eine Anspielung auf die Anzahl Eier, welche die Schellackschildlaus auf Blätter ablegt [216].
20
Gummigutti bezeichnet ein intensiv gelbes Farbharz, welches als Milchsaft von Garcinia Arten in Südindien,
Ceylon und Kambodscha gewonnen wird. Das Farbharz ist in Wasser und Alkohol löstlich [217].
21
Drachenblut bezeichnet ein rotes Farbharz, welches historisch vor allem in West- und Ostindien und auf Sumatra von der Baumart Daemonorops draco gewonnen wurde. Es ist gut in Alkohol löstlich und wurde seit dem
Mittelalter zur Kolorierung von Firnissen benutzt [218].
30
Eine im 17. Jahrhundert entwickelte und im 18. Jahrhundert beliebte Technik zur Glanzerzeugung waren die Streuarbeiten. Dabei werden glänzende und glitzernde Oberflächen durch den
Einsatz reflektierender metallischer oder glasartiger Streupartikel erzielt [219]. SCHIESSL [220]
unterscheidet zwischen ungefirnissten und gefirnissten Streuarbeiten, wobei die gefirnissten
und polierten Streuarbeiten insgesamt von grösserer Bedeutung sind. Dabei wurden nach EIS
[221]
das Streumaterial meist mit einem Sieb auf den farbig grundierten Untergrund auf eine
frische Firnisschicht gestreut und anschliessend mehrere Male überfirnisst, geschliffen und
poliert. Die „Oeconomische Encyclopädie“ von J. G. Krünitz [222] nennt in der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts den Nürnberger Künster Johann Hautsch (1595 bis 1670) als Erfinder
der Streuglanz-Technik. Für die Zubereitung des Streuguts werden feine Feilspäne von verschiedenen Metallen in starker Lauge gewaschen und anschliessend auf glühenden Kupferoder Eisenblechen anlaufen gelassen. Bei diesem Prozess nehmen Messingspäne Goldfarbe
an, Kupfer bekommt einen rötlichen Glanz, Eisen oder Stahl wandeln sich zu violetten und
bläulichen Partikeln und Zinn erhält einen weissen metallischen Glanz.
Abb. 30. Firniskocher zur Zubereitung von Ölharzfirnissen im 17.
Jahrhundert. Im Standgefäss befindet sich das Öl und im Siebeinsatz das Harz, welches sich mit der Zeit im Öl auflöst. Ohne Sieb
ins Öl eingebracht würde das Harz auf den Boden des Gefässes
absinken und verbrennen. Holzschnitt um 1685.
Abb. 31. Gefirnisste Streuglanz- Arbeit auf
einem Feuerzeug von 1810.
7. Glasierte22 Kacheln
Die Ursprünge der Glastechnik und der Herstellung von glasierten Kacheln reichen bis in das
4. Jahrtausend ins Alte Ägypten zurück [223]. Glasierte Kacheln wurden bei den Ägyptern
schon sehr früh für die Verkleidung von Architekturoberflächen verwendet. Einige Räume
des ältesten erhaltenen monumentalen Steinbaus der Menschheit, die Stufenpyramide des
Djoser in Sakkara (um 2650 v. Chr.), waren mit glänzend glasierten Fayence23 Kacheln aus22
Die Glasur ist ein glasartiger Überzug auf keramischen Erzeugnissen. Physikalisch ist sie völlig, chemisch fast
identisch mit Glas. Die Glasur besteht hauptsächlich aus Quarz (SiO2) und verschiedenen Metalloxiden, die den
Quarz leicht schmelzbar machen (Flussmittel). Im Alten Orient sind die Glasuren Natriumalkalisilikat-Glasuren,
die überwiegend aus Quarzsand, Tonerde und Alkalien als Flussmittel (Pottasche, Soda) bestehen [226].
23
Fayence: Diese nach dem italienischen Ort Faenza benannte Glasurtechnik bezeichnet Tonwaren mit poröser
Struktur, die mit einer deckenden farbigen oder weissen Zinnglasur überzogen werden [227].
31
gestattet [224] [225]. Die Glasurtechniken der Alten Ägypter und die Tradition der Verkleidung
von Architekturoberflächen mit glasierten Kacheln wurden ab dem 2. Jahrtausend von verschiedenen Altorientalischen Kulturen übernommen. Vor allem die Assyrer und die Babylonier entwickelten eine technisch hochentwickelte Tradition des Architekturschmucks mit glasieren Kacheln. Wichtige archäologische Befunde für eine lange Tradition von glasierten Architekturverkleidungen bei den Assyrern stammen unter anderem aus dem Fort Salmanassar
in der ehemaligen Hauptstadt des Assyrischen Reiches Nimrud im heutigen Nordirak [228].
Dieses Fort war vor allem während der Blütezeit des Assyrischen Reiches im 9. Jahrhundert
v. Chr. grossflächig mit bunt glasierten Kacheln ausgestattet. Ein berühmtes Zeugnis der babylonischen Kunstfertigkeit in der Herstellung von glasierten Kacheln ist das über 10 Meter
hohe Ischtar Tor, welches 580 v. Chr. als Prunktor in der doppelten Innenmauer der Stadt
Babylon errichtet wurde [229]. Als Beispiel für die breite Anwendung glasierter Kacheln bei
den Babyloniern auch in Profanräumen dokumentiert SPIESER [230] archäologische Befunde
ehemalig mit glasierten Backsteinen verkleideter Wände. Diese vorderasiatische Tradition des
Architekturschmucks mit glasierten Kacheln verbreitete sich in der Folge im gesamten vorderasiatischen und nordafrikanischen Kulturraum und erreichte unter anderem in der Architektur des mittelalterlichen Persiens einen Höhepunkt [231].
Abb. 32. Sakkara, Stufenpyramide des Djoser, um 2650
v. Chr. Fayencekachelwand aus den Blauen Kammern
unter der Stufenpyramide. Teil der Wandverkleidung,
die einen bunten Mattenbehang nachamen. Metropolitan Museum of Art.
Abb. 33. Ischtar Tor von Babylon. 580 v. Chr. Berlin, Pergamonmuseum.
Die griechisch-römische Antike übernahm die Tradition der glasierten Kacheln als Architekturverkleidung vom Vorderen Orients nicht. Gemäss BERENDSEN [232] kommt es in Westeuropa erst ab der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts zu einer ersten Verbreitung ornamentierter glasierter Kacheln. Die Kacheln stammen in dieser Zeit zumeist aus Spanien, wo seit dem 8.
Jahrhundert durch die Landeroberungen der Mauren auf der Iberischen Halbinsel vermehrt
arabische Architekturtraditionen übernommen wurden. Im Spätmittelalter entwickelte sich im
europäischen Kulturraum vor allem in England eine Tradition der glasierten Keramikböden.
In Zentraleuropa wurden im Spätmittelalter glasierte Kacheln in erster Linie als Schmuckziegel an Kaminwänden und Kachelöfen verwendet [233]. Als Zentren der Herstellung von glasierter Keramik entwickelten sich unter anderem die Niederlande (Antwerpen) und Frankreich
(Lyon, Rouen, Montpellier). Eine erste Anwendung von glasierter Keramik als Wandschmuck
32
erfolgte in Italien ab dem 15. Jahrhundert, wo sich die Tradition etablierte, bunte glasierte
Keramikplatten als Hausschilder an den Aussenfassaden der Gebäude anzubringen [234]. Als
eigentliche Wandbilder aus glasierten Kacheln entwickelten sich ab dem 16. Jahrhundert die
Holländischen Fliesenbilder oder Tableaus. Diese Tradition der kleinteiligen Architekturdekoration aus Fliesen bildete sich im Zeitalter des Barock bis zur vollständigen Auskleidung ganzer Räume als sogenannte Fliesenräume für herrschaftliche Repräsentationszwecke sowohl in
sakralen als auch in profanen Räumen heran.
Abb. 34. Holländisches Fliesentableau um 1640.
Julius Cäsar auf dem Pferd. 170x78 cm.. Rotterdam, Historisches Museum.
Abb. 35. Beispiel eines barocken Fliesenraumes. Küche des Jagdschlösschens Amalienburg im Park des
Schlosses Nymphenburg in München. Erbaut 17341739.
8. Mosaike
Die Entwicklung der Mosaiktechniken geht bis ins 5. Jahrtausend im mesopotamischen Kulturraum zurück [235]. Als früheste Materialien für Mosaike dienten Kieselsteine und Tesserae24
aus Natursteinen. Die früheste Verwendung glänzender Materialien zur Herstellung von Mosaiken ist nach MEYER [236] bei den Assyrern um 1300 v. Chr. bezeugt, welche es verstanden,
verschiedenfarbig eingefärbte Glastesserae herzustellen. Die Römer übernahmen die Glastechniken des Vorderen Orients und begannen ca. ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. vor allem in
Zusammenhang mit Grottendekorationen und Architekturschmuck in Thermen und Badehäusern, oft in Zusammenspiel mit Wasserspielen, glänzende Glastesserae in ihren hochentwickelte Mosaiktechniken zu verarbeiten [237] [238]. In der gleichen Zeit liegen wahrscheinlich die
Ursprünge der Entwicklung von Goldtesserae zur Herstellung von Goldmosaiken. Diese sich
in der Spätantike verbreitende Technik wurde ab dem 4. Jahrhundert n. Chr. zur bevorzugten
Mosaiktechnik vor allem im Zusammenhang mit christlichen Bildthemen in Sakralräumen.
Ausschlaggebend war dabei die hohe Symbolik des Goldes in der christlich mittelalterlichen
24
Tessera, Plural Tesserae (Lat. Würfel, Mosaiksteinchen) ist seit der römischen Antike die Bezeichnung für die
meist würfelförmigen Mosaiksteinchen.
33
Ikonographie als Stilmittel zur Darstellung der Herrlichkeit Gottes und der Pracht des Himmelreiches [239]. Die Frühzeit des Goldmosaiks im Altchristentum ist nach JAHN [240] zugleich
der Höhepunkt in der Geschichte der glänzenden Mosaike. Die Leuchtkraft und der Glanz der
Goldmosaike im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr., zum Beispiel in den Gewölbemosaiken von
Santa Maria Maggiore in Rom erhalten, wurden in späterer Zeit nicht mehr erreicht. Die früheste Quelle zur Herstellung von Goldtesserae stammt aus dem Lucca Manuskript aus dem 7.
oder 8. Jahrhundert n. Chr.. Blattgold, seltener Silberfolien wurden danach mit einem Bindemittel auf eine Glasplatte geklebt, mit einer dünnen glasurartigen Glasschicht bedeckt und zu
kleinen Würfelchen zerschnitten [241]. Vor allem in der Frühzeit des Goldmosaiks verstand
man es, mit Hilfe von eingefärbtem Glas als Unterlagsglas (die Deckglasur wurde nie eingefärbt), spezielle Farb- und Glanzeffekte zu erzeugen. Gelbes Unterlagsglas verstärkt den
Goldeffekt während zum Beispiel grünes Glas den Goldtesserae einen glänzenden Schimmer
verleiht [242]. Während des Mittelalters gab es nur in wenigen Metropolen (unter anderem in
Rom, Konstantinopel, Thessaloniki, später Palermo) spezielle Werkstätten, die die Kunst der
Herstellung von Goldtesserae beherrschten. In der byzantinischen Kunst erfuhr die Mosaiktradition bis ca. ins 13. Jahrhundert einen Höhepunkt, indem sie die Aufgabe der Wandmalerei, Darstellung von christlichen Inhalten zu sein, übernahm. Ab der Renaissance verliert das
Mosaik an Bedeutung, indem die Wandmalerei die darstellerischen Aufgaben des Mosaiks
wieder übernahm [243].
Abb. 36. Höhepunkt in der Goldmosaiktradition in der frühchristlichen Kunst. Santa Maria Maggiore, Rom. 4./5. Jahrhundert n. Chr.
Abb. 37. Rom, Santa Prassede, Zeno Kapelle. Goldmosaike aus dem 9. Jahrhundert n. Chr.
9. Zusammenfassung
Die Ursprünge der kunsthandwerklichen Herstellung glänzender Architekturoberflächen können bis in die Anfänge des monumentalen Steinbaus im 3. Jahrtausend v. Chr. im Alten
Ägypten zurückverfolgt werden. Die Ägypter entwickelten verschiedene kunsttechnologischer Methoden zur Glanzerzeugung, welche in ihren Grundzügen bis heute Verwendung
finden. So liegen die Ursprünge von Politurtechniken von Natursteinen, der Herstellung gla34
sierter Keramik, von Techniken zur Glanzvergoldung und der Anwendung glänzender Firnisse im Alten Ägypten. Verschiedene dieser Techniken wurden von der griechisch-römischen
Antike übernommen und weiterentwickelt. Einen Höhepunkt erfuhren Glanztechniken in der
römischen Antike, welche eine ausgesprochene Vorliebe für glänzende Oberflächen vor allem
für repräsentative Zwecke entwickelt. Eine Sonderstellung in der Kunsttechnologie nimmt
hierbei der von den Römern auf dem Vorbild hellenistischer Glanzputztechniken entwickelte
stucco lucido ein. Diese römische Glanzputztechnik ist in ihrer Raffinesse und Dauerhaftigkeit in der nachrömischen Zeit unerreichbar geblieben und führte bis in die jüngste Vergangenheit zu Spekulationen über deren exakte technische Ausführung. Kunsttechnologische
Untersuchungen konnten in jüngerer Zeit die technischen Prinzipien zur Herstellung des römischen stucco lucido zweifelsfrei rekonstruieren.
Das hohe technische Wissen der Antike über die Herstellung von glänzenden Oberflächen
ging im Zuge der Wirren der Völkerwanderung im frühen Mittelalter zum grossen Teil verloren. Im Mittelalter wurde Gold aufgrund der hohen Symbolik zur Darstellung der Herrlichkeit
Gottes hauptsächlich in der Form von glänzenden Blattvergoldungen und als Goldmosaik zum
bestimmenden Material zur Glanzerzeugung.
Zu einem Wiederaufleben kamen Glanztechniken ab der Renaissance im Zuge der Rückbesinnung auf antike Techniken. Dabei wurden vor allem in Italien während dem 14. und 15.
Jahrhundert antike Glanztechniken adaptiert und weiterentwickelt oder auf der Grundlage der
Materialästhetik der Römer neue Techniken entwickelt. Als Haupterrungenschaften der Renaissance auf antiker Grundlage gelten die Glanzputztechniken stucco marmorino oder stucco
veneziano und der stucco lustro. Eine Neuentwicklung der italienischen Renaissance stellt der
Stuckmarmor dar. Diese Techniken werden im 16. und 17. Jahrhundert in der gesamten westlichen Welt verbreitet und finden zusammen mit Weiterentwicklungen anderer Techniken wie
Firnissen und Vergoldertechniken im Rahmen des starken Repräsentationsbedürfnisses des
Barocks und Rokokos zu einer breiten Anwendung in der sakralen und profanen Architektur.
Das glanz- und prunkverliebte Barockzeitalter bildet den Höhepunkt verschiedener Glanztechniken in der Neuzeit. Zu einer letzten breiten Anwendung von Glanztechniken kam es in
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem in den Prunkbauten des Historismus.
10. Schlussfolgerung
Die Ursprünge und technischen Grundlagen der Verkleidung von Architekturen mit glänzenden Oberflächen liegen im Alten Ägypten. Die griechisch-römische Antike übernahm die
ägyptischen Methoden zum grossen Teil und führt sie in der römischen Antike zusammen mit
Neuentwicklungen zu hoher technischer Vollendung. Die besondere Wertschätzung von glänzenden Oberflächen als wesentlicher Teil der römischen Materialästhetik ging im Mittelalter
zum grossen Teil verloren und wurde erst wieder von der italienischen Renaissance aufgenommen. In der Folge entwickelten sich Glanztechniken auf Basis von antiken Techniken und
italienischen Neuentwicklungen zu einem bestimmenden stilistischen Element der repräsentativen Architektur der Neuzeit mit Höhepunkten im Barock des 17. und 18. Jahrhunderts und
im Historismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
35
11. Anhang
11.1. Anmerkungen
[1] Müller [2003, S. 34]
[2] Wandhoff [2007, S. 23]
[3] Samhaber [1964, S. 8.]
[4] Wilkinson [2003, S. 230]
[5] Samhaber [1964, S. 4-6]
[6] Die Bibel, Genesis. 1.3.
[7] Lechtermann; Wandhoff [2007, S. 19]
[8] Gombrich [1995, S. 435-445]
[9] Pursche [1988, S. 18-22]
[10] Hecht [2001, S. 59]
[11] Haferkorn [2003, S. 41]
[12] Wülfert [1999, S. 10]
[13] Schumann [2001, S. 41]
[14] Aus Wülfert [1999, S. 10]
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[190] Berger [1912, S. 8-21]
[191] Emmenegger [1989, S. 151]. Die frühesten
Befunde sind Nagelköpfe im Bereich der Nimben
auf den Wandmalereien in San Salvatore in
Brescia, welche original Metallaplikationen
befestigten
[192] Knöpfli & Emmenegger [1990, S. 110]
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Abb. 2: Aus der Homepage der belgischen Nationalbank. http://www.nbb.be/pub/07.htm?l=de (Stand März
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Abb. 4: Aus Wülfert [1999, S. 8]
Abb. 5: Aus Hecht [2001, S. 156]
Abb. 6: Aus Hecht [2001, S. 156]
Abb. 7: Aus: Microsoft Encarta [2006]
Abb. 8: Aus: www.menzel-hilbersdorf.de/bilder/muscheln (Stand April 2009)
Abb. 9: Aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Himalaya-Glanzfasan. Copyright ©
2004 David Monniaux (Stand April 2009)
Abb. 10: Aus: http://www.warensortiment.de/messtechnik/messgeraete/glanzmessgeraete.htm
Abb. 11: Aus der Homepage des Institutes für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e.V. (IEMB),
Stuttgart. http://www.iemb.de/veroeffentlichungen/schriftenreihen/sanierungsgrundlagen/Pr%FCfv/
pruef v63.htm
Abb. 12: Aus Schumann, Walter [2001, S. 41]
Abb. 13: Aus Haase [1998, S. 109]
Abb. 14: Aus Wilkinson [2003, S. 56]
Abb. 15: Photo: Renate Piechatschek [April 2009]
Abb. 16: Aus Petzet, Ziesemer [2002, S. 233]
Abb. 17: Sogenannter Panzertorso. Athen, Akropolismuseum. Aus: http://www.art-perfect.de/bunte-goetter-diefarbenfrohe-welt-der-alten-griechen.htm (Stand Mai 2009)
Abb. 18: Aus http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/26/Pompeii_-_Villa_dei_Misteri__Cubiculum_1.jpg
Abb. 19: Aus Mielsch [2001, S. 85]
Abb. 20: Aus :www.hessen-limes.de/.../maurerkelle-mad-sb.jpg
Abb. 21: Aus Blümner [1967, S. 183]
Abb. 22: Aus D’Arcais 1995, S. 141]
Abb. 23: Aus Martin Sisi, Garcia Canesa [2002, S. 108]
Abb. 24: Aus Martin Sisi, Garcia Canesa [2002, S. 114]
Abb. 25: Aus Zadow [2003, S. 197]
Abb. 26: Aus Magirius [1979, S. 348]
Abb. 27: Arbeit von Januarius Manelli, 1726 in Salerno. Aus: http://www.lantiquaire.us/scagliola_1.html
Abb. 28: Aus Feuchtmüller [1979, S. 249]
Abb. 29: Aus Hoops et al. [2006, S. 244]
Abb. 30: Aus Koller [2000, S. 537]
Abb. 31: Aus Eis [2007, S. 528]. Feuerzeug in Form eines Tempiettos von Johann Gerzabeck. Münchner
Stadtmuseum.
Abb. 32: Aus Stadelmann [1997, S. 39]
Abb. 33: Aus http://www.epochtimes.de/pics/2008/07/11/xxl/2008-07-11-xxl S07_3sp_IschtarTor_pb_Kopie.jpg
Abb. 34: Aus Berendsen [1977, S. 141]
Abb. 35: Aus Berendsen [1977, S. 164]
Abb. 36. Aus http://www.roma-online.de/besichtigung-lateran.html
Abb. 37: Aus Andaloro [2008, S. 304]
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