SYRIEN - Leuphana Universität Lüneburg

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SYRIEN - Leuphana Universität Lüneburg
SYRIEN
Bericht
zur kulturgeografischen
Exkursion 4.-14.3.2010
Leitung: Prof. Dr. Ursula Kirschner und Dr. Bassam Sabour
„Durch Wissen kommt der Mensch zur Menschlichkeit.“
Arabische Weisheit
Vorwort
Filiz Karahan
Im März 2010 machte sich eine bunte Gruppe neugieriger Studenten mit drei ihrer
Professoren auf in den geheimnisvollen Orient und das unbekannte Land Syrien. Viele Fragen
waren in lebhaften Gesprächen im Vorfeld der Reise aufgeworfen worden und man hoffte, nun
eine Antwort zu finden und vielleicht auch das eine oder andere Vorurteil zu bestätigen oder
zu widerlegen. Die meisten der Studenten hatten die Exkursion gewählt, um einen (ersten)
Eindruck in die arabische Welt und die Religion des Islam zu bekommen, welcher nicht durch
eine mediale Manipulation geprägt war, aber auch die Neugier auf einen kulturellen Dialog mit
den syrischen Studentinnen und Studenten der Yarmouk Universität war ein Grund für das
allgemeine Interesse. Sorgen machten sich die wenigsten, dass es nun in das vermeintliche
“Feindgebiet der Achse des Bösen” ging, zumal die Informationen des Auswärtigen Amtes
innenpolitisch ruhige Zeiten verkündeten. Also fokussierten sich die Präventivmaßnahmen
vermehrt auf gesundheitliche und hygienische Bereiche und auf das optimale Foto-Equipment,
so dass dann auch vier Spiegelreflex- und eine Video-Kamera um die besten Bilder
wetteiferten. Ein Teil der Ergebnisse können in diesem Bericht bewundert werden. Im Rahmen
der Rundreise sollte der Wissensdurst der jungen Akademiker besonders in den Bereichen
Architektur und Stadtentwicklung, Bevölkerung, Kultur und Lebensweisen des Landes, der
politischen Situation gestillt und die Zukunftsperspektiven für Umwelt, Nachhaltigkeit und
Tourismus erforscht werden. Im Folgenden erwartet den Leser ein abwechslungsreicher
Querschnitt durch all die Themenfelder, die uns auf unserer Reise durch den Nahen Osten zu
Fuß, per Reise- und Minibus, per Taxi und hoch zu Kamel begleitet und beschäftigt haben,
angereichert mit den persönlichen Erfahrungen der Autorinnen und Autoren.
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Reiseplan Syrien 2010
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4.3.
Abreise: Treffpunkt 15:40 vor der Gepäckaufgabe im Flughafen Hamburg
5.3.
gegen 01:30 Uhr Ankunft in Damaskus, Transfer zum Beit As-Salam
16:00 Uhr Gespräch mit Frau Regina Kahlmeyer, Projektleiterin der GTZ Damaskus, im
Büro in der Altstadt
6.3.
Besichtigung der Omayyaden-Moschee, der Souks, des Azem-Palastes und der Altstadt
7.3.
Aufenthalt in der Yarmouk Universität mit gemeinsamem Mittagessen, Vortrag von
Prof. Dr. Kirschner
zur
HafenCity
Hamburg
(übersetzt
von Dr.
Sabour) sowie
studentischen Vorträgen zu ausgewählten Themen
8.3.
zusammen mit den syrischen Studenten Besichtigung des jüdischen Viertels und
verschiedener Galerien sowie Fahrt auf den Hausberg
9.3.
10:00 Uhr Gespräch mit Herrn Björn Luley, Leiter des Goethe-Instituts in Damaskus.
18:00 Uhr Besuch des syrischen Künstlers Nizam Sabour
10.3. Abfahrt nach Palmyra, Sonnenuntergang bei der Zitadelle, Übernachtung im
Beduinenzelt
11.3. Kamel-Safari zur Ruinenstadt, Besichtigung der Ausgrabungsstätten und des
Museums
12.3. Abfahrt nach Aleppo, Besichtigung der Kreuzritterburg Krak des Chevaliers bei Homs
13.3. 10:00 Uhr Führung durch die Zitadelle und anschließende Besichtigung der Altstadt
19:00
Uhr
gemeinsames
abschließendes
Abendessen
in
einem
traditionellen
Restaurant im christlichen Viertel
14.3. 11:00 Uhr Gruppensitzung zu allgemeinen Organisationsthemen
14:00 Uhr Termin mit Herrn Dr. Kamal Bitar, GTZ Aleppo. danach Besuch des
sanierten Viertels. Abends Abreise
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Leuphana Bachelor (B.A./B.Eng./B.Sc./LL.B.) - Major Betriebswirtschaftslehre
FU Berlin
van der Heijden
Coburger
Koepke
Jothe
Pusch
Wuest
Duge
Bott
Koch
Schönbeck
Backhaus
Keddo
Eger
Kirschner
El-Riz
Saskia
Sandra
Kristin
Falko
Charlotte
Daniela
Franziska
Lisa - Michéle
Sebastian
Julian
Anne
Sina
Jan
Externe
Teilnehmer
Theo
Ihab
Muthesius Universität Kiel
Leuphana Bachelor (B.A./B.Eng./B.Sc./LL.B.) - Major Wirtschaftspsychologie
Lehren und Lernen (B.A.)
Leuphana Bachelor (B.A./B.Eng./B.Sc./LL.B.) - Major Umweltwissenschaften
Leuphana Bachelor (B.A./B.Eng./B.Sc./LL.B.) - Major Umweltwissenschaften
Leuphana Bachelor (B.A./B.Eng./B.Sc./LL.B.) - Major Angewandte Kulturwissenschaften
Leuphana Bachelor (B.A./B.Eng./B.Sc./LL.B.) - Major Angewandte Kulturwissenschaften
Angewandte Kulturwissenschaften (Magister/Magistra Artium)
Leuphana Bachelor (B.A./B.Eng./B.Sc./LL.B.) - Major Angewandte Kulturwissenschaften
Angewandte Kulturwissenschaften (Magister/Magistra Artium)
Angewandte Kulturwissenschaften (Magister/Magistra Artium)
Angewandte Kulturwissenschaften (Magister/Magistra Artium)
Angewandte Kulturwissenschaften (Magister/Magistra Artium)
Angewandte Kulturwissenschaften (Magister/Magistra Artium)
Karahan
Filiz
Studiengang
Nachname
Vorname
Exkursion Damaskus vom 4.3. - 15.3.2010
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Semester
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Die Karawane zieht weiter...
Protokolle und Reiseberichte
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Exkursionsprotokoll: 05. + 06. März 2010
Lisa-Michéle Bott
05. März 2010: Erster Stadtgang + GTZ-Termin
Nachdem wir in der Nacht in unserem Haus in der Altstadt von Damaskus nahe dem Bab as Salam
angekommen und bei Muezzingesängen eingeschlafen waren, ging unsere Exkursion am Freitag,
den 05. März 2010, richtig los. Zunächst gab es zum Frühstück Falaffel. Anschließend haben wir
uns so gegen 12 Uhr auf dem Weg zum Geldwechseln bzw. -abheben durch den Suq al-Hamidiye
begeben. Da der Freitag der heilige Tag im Islam ist, waren fast alle Läden geschlossen. Das
ganze Geldunternehmen dauerte länger als erwartet, da wir erst einmal herausfinden mussten,
welche Bankautomaten überhaupt funktionieren. Als zuverlässig stellten sich die Audibank und die
Saudibank heraus. Nachdem wir alle mit Bargeld ausgestattet waren, trafen wir uns vor der
Umayyaden-Moschee mit unseren Dozenten.
Nach einem entspannten Chai und Shishas in einem Teehaus auf der Rückseite der Moschee,
ging es um 16 Uhr zum Büro der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in
Damaskus, wo wir von der Projektmanagerin Frau Kallmeyer sehr herzlich empfangen wurden.
Das Büro liegt an einem sehr schönen Innenhof ebenfalls in der Altstadt (siehe Abb. 1).
Abbildung 1: Innenhof im Gebäude der GTZ.
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Die GTZ ist ein Bundesunternehmen, welches internationale Zusammenarbeit für nachhaltige
Entwicklung leistet. In der Praxis handelt es sich dabei um Kooperationsprojekte. Die GTZ ist in
130 Entwicklungs- und Schwellenländern weltweit tätig. Sie erfüllt Auftragsarbeiten in den
Bereichen: Wasser, Wirtschaftsreform und Stadtentwicklung. In Syrien ist die GTZ mit Projekten in
Aleppo und Damaskus tätig. In Damaskus handelt es sich dabei um die Sanierung der historischen
Altstadt. Die Stadtentwicklung stellt dabei eine Übergangsmöglichkeit zur Entwicklungshilfe dar.
Die formulierte Zielsetzung lautete „Zuständige Ministerien und ausgewählte Stadtverwaltung
steuern städtische Entwicklungsprozesse nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit“. Das konkrete Ziel
ist die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung, um die Abwanderung in andere
Stadtteile und den folgenden Verfall der Gebäude zu mindern. Das Wirkungsfeld umspannt dabei
die Bereiche Stadtentwicklungspolitik, wirtschaftliche Zusammenarbeit und gute Regierungsführung. Die Arbeit der GTZ bringt die Möglichkeit an Hand technischer Themen schwierigere
politische Themen anzusprechen, was im Interesse der BRD liegt.
Bei der konkreten Arbeit zur Altstadtentwicklung gilt es in erster Linie, den Balanceakt zwischen
Erhalt und Wandel zu meistern. Der aktuelle Entwicklungstrend geht stark Richtung touristische
Nutzung. Viele Hotels und Restaurants werden eröffnet. Für die Bewohner in der Altstadt ist dies zu
eng und zu laut, daher ziehen viele weg. In einigen Ecken wird dieser Trend der Abwanderung
durch das Interesse touristischer Investoren noch verstärkt, da die Immobilienwerte steigen und die
Leute verkaufen. Es gilt daher eine ausgewogene Balance zwischen Wirtschaft und Wohnen zu
schaffen. Die GTZ tritt bei diesem Prozess als Berater der Stadtverwaltung auf. Zudem erstellt die
EU einen Flächennutzungsplan, welcher jedoch noch erwartet wird. Die GTZ fördert anschließend
die Umsetzung.
Ursprünglich arbeitete das Altstadtdezernat im Alleingang unter Ausschluss der betroffenen
Personen. Die Strategie der GTZ war, ihnen den Auftrag zu geben, sich fünf Themen zur
Bearbeitung zu suchen und dann zu sehen, ob sie die Mitarbeit der Bevölkerung und die
Privatwirtschaft nicht doch benötigen. Heute ist die Zusammenarbeit fortgeschritten.
Eine weitere Strategie ist, in viele kleine Locations zu investieren und somit eine flächendeckende
Ausweitung zu initiieren. Zusätzlich hat die GTZ einen Sanierungsfond eingerichtet, in welchen die
Stadtregierung umgerechnet eine Millionen Euro eingezahlt hat. Häufigster Grund für das
Scheitern von Renovierungen ist das Fehlen finanzieller Mittel. Arme Altstadtbewohner können sich
jetzt um Kleinkredite für die Sanierung ihrer Wohnhäuser bewerben. Werden die Gelder sinnvoll
eingesetzt, werden die letzten 10 % erlassen. Die finanzielle Lage ist von vornherein recht
kompliziert da nur 7 % der Altstadtbewohner überhaupt über ein Konto verfügen und das Thema
Zinsen nach islamischem Recht ein sehr kritisches Thema ist.
Zusätzlich
zum
Aufbau
einer
finanziellen
Unterstützung
unterhält
die
GTZ
eine
Bauherrenberatungsstelle, an welche die die Menschen wenden können.
Weiter Projekte sind der Erhalt und die Entwicklung von Nutzungskonzepten für die traditionellen
kleinen Brunnen und die Khane - alte Karawansereien (siehe Abb. 2).
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Abbildung 2: Brunnen und Khan in der Altstadt.
Sehr interessant ist auch die Strategie der GTZ im Problemfeld Wasser. Wasser ist in Damaskus
eine sehr kostbare und knappe Ressource, mit der jedoch immer noch recht verschwenderisch
umgegangen wird. Ziel der GTZ ist es, die Bevölkerung für das Problem zu sensibilisieren. Sie setzt
dabei bei den Jüngsten der Bevölkerung, den Kindern, an. Diese kommen zu Mal- und
Zeichenveranstaltungen zusammen und setzen sich dort künstlerisch mit dem Problem
auseinander.
Im Bereich Energie stellt die GTZ Energiebilanzen auf und entwickelt Aktionspläne. Es gibt eine
Beratungsstelle und die Installation von Solarminianlagen wird gefördert.
Es bleibt jedoch festzuhalten, dass die GTZ Berater, aber nicht Investor ist, dafür ist die finanzielle
Entwicklungszusammenarbeit zuständig. Das Budget der GTZ beträgt vier Millionen Euro für drei
Jahre. Daraus muss jedoch alles finanziert werden, die Gehälter, Fahrtkosten, etc. Insgesamt sind
drei deutsche Mitarbeiter der GTZ in Syrien tätig. Für das Projekt in Damaskus sind 10 syrische
Mitarbeiter/innen sowie ein/e Praktikant/in eingestellt.
Nach dem sehr informativen und interessanten Termin bei der GTZ, wurde es schon langsam
dunkel.
Wir haben uns auf den Weg zum Christenviertel gemacht und dort in einem
Imbissrestaurant zu Abend gegessen. Auffällig sind im Christenviertel sofort die etwas breiteren
Straßen und die gerade Straßenführung (im Gegensatz zum Sackgassensystem der islamischen
Altstadtteile).
Nach einer kurzen Rückkehr zu unserem Haus sind wir abends noch einmal als Gruppe
losgezogen und im Christenviertel in eine Bar gegangen. Ins Christenviertel daher, da dort Alkohol
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getrunken werden darf. In der Bar haben wir den Abend gemütlich beim Shisharauchen ausklingen
lassen.
06. März 2010: Besichtigung der Altstadt
Der Tag begann um kurz vor 11 Uhr mit dem Treffen auf der Verkehrsinsel am Bab Toma. Zum
Frühstück gab es diesmal verschiedene Backwaren, die wir bei einem Bäcker in der Nähe gekauft
haben. Frau Sabour war etwas pikiert, da wir dabei aus Versehen Abendmahlsbrot gekauft haben.
Um 11 Uhr hatten wir einen Termin bei einem Investor und Gründer einer Privatuniversität
zwischen Hama und Homs. Erst seit 2002 ist es in Syrien überhaupt erlaubt, private Universitäten
zu gründen. Vorher war die gesamte Bildungsinfrastruktur in staatlicher Hand. Allerdings dürfen
Privatuniversitäten nicht innerhalb von Damaskus gegründet werden, weshalb viele Universitäten
heute quasi auf der grünen Wiese bzw. in der Steppe stehen. Zurzeit studieren in Syrien 500.000
Studenten an staatlichen und 30.000 Studenten an privaten Universitäten. An staatlichen
Universitäten kann jährlich nur die Hälfte der Abiturienten (ca. 200.000) aufgenommen werden.
Weitere 15.000 bekommen einen Studienplatz an einer privaten Hochschule. Der Rest versucht,
einen Studienplatz im Ausland zu erhalten.
Die neue Universität soll zwischen Hama und Homs gegründet werden, um Studenten aus beiden
Städten zu akquirieren. In fünf Jahren sollen hier 5000 Studenten studieren. Bisher sind zwei
Fachbereiche genehmigt, weitere sollen folgen. Schwerpunkt ist Architektur. Alles muss in Syrien
durch den Staat genehmigt werden: Standort, Universitätspräsident, Lehrplan, Fächer etc.
Abschlussprüfungen werden nur von staatlicher Seite abgenommen, um ein einheitliches Niveau
zu garantieren. Momentan wird an der neuen Privathochschule begonnen, Lehrkräfte einzustellen.
Laut Aussage des Investors ist das Ziel der Investoren nicht der Gewinn, sondern die Versorgung
der Region mit Hochschulbildung. Allerdings belaufen sich die Studiengebühren auf umgerechnet
2000 – 3000 Euro pro Jahr, die jeweilige Höhe ist abhängig vom Studiengang. Medizin ist in Syrien
generell am teuersten. An den staatlichen Universitäten ist das Studium jedoch gebührenfrei. Zum
jetzigen Zeitpunkt gibt es 15 private Universitäten in Syrien. Die Anzahl steigt jedoch beständig.
Nach dem Gespräch widmeten wir uns dem typischen Touristenprogramm. Als erster Punkt stand
die Besichtigung der Umayyaden-Moschee an. Auf dem Weg dorthin trafen wir zufällig einen
berühmten syrischen Schauspieler, welcher uns sein Altstadthaus gezeigt hat. Er war gerade dabei,
dieses in ein Hotel umzubauen. Bei der Umayyaden-Moschee angekommen, mussten sich alle
weiblichen Exkursionsteilnehmer in graue Kutten hüllen, um diese betreten zu können. Das sah
schon recht lustig aus und es wurde eifrig fotografiert (siehe Abb. 3).
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Abbildung 3: Exkusionsgruppe im Innenhof der Umayaden-Moschee.
Dann ging es in die Moschee (siehe Abb. 4). Zunächst haben wir wie viele Syrer einen Moment im
Innenhof in der Sonne gesessen. Schließlich in der Moschee selbst haben wir einen syrischen
Studenten getroffen, der uns sehr viel über die Moschee und den Islam erzählt hat. Nach einer
individuellen Besichtigung haben wir alle auf dem Boden in Kreis gesessen und Herrn Sabours
Erzählung zu der Moschee gelauscht.
Abbildung 4: Innenhof der Umayyaden-Moschee.
Nach dem Besuch der Umayyaden-Moschee sind wir durch den Suq al-Buzuriya zum Azem-Palast
gegangen und haben die drei wunderschönen Innenhöfe besichtigt (siehe Abb. 5 + 6).
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Abbildung 5: Erster Innenhof im Azem-Palast im Hintergrund die Umayyaden-Moschee.
Abbildung 6: Innenhof im Azem-Palast.
Nach einem weiteren Gang durch den Suq al-Buzuriya (siehe Abb. 7) brauchten wir erst mal eine
Stärkung. Es gab (wieder einmal) Falaffel am Rand der Geraden Straße.
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Abbildung 7: Suq al-Buzuriya.
Anschließend sind wir weiter zum Christenviertel zur Pauluskapelle gegangen (siehe Abb. 8). In
diesem Gebäude soll der Überlieferung nach Saulus zu Paulus geworden sein und sein Augenlicht
zurückbekommen haben.
Abbildung 8: Deckengewölbe in der Pauluskapelle.
Abends ist der noch fitte Teil der Gruppe auf Frau Sabours Einladung zu ihrem Haus gefahren und
hat dort die Referate für den am nächsten Tag anstehenden Besuch der Yarmouk-Privatuniversität,
geübt.
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Exkursionsprotokoll: 07. + 08. März 2010
Anne Backhaus
Protokoll vom 7. März 2010 – Besuch der Yarmouk University
Um 8.30h sind wir bei uns am Haus aufgebrochen, haben uns mit den Dozent/innen getroffen
und sind dann gemeinsam mit dem Bus zur Universität gefahren, wo wir um 11.00h ankamen.
Hier wurden wir von Arch. Dr. Maziad Abdullah, dem Dekan der Architektur Fakultät, begrüßt
und in den Hörsaal gebracht. Hier hält er dann eine Ansprache und zeigt und Bilder und Pläne
vom alten Damaskus. Anschließend begrüßt Bassam die 45 syrischen Studenten (aus dem 2.
Semester) und Dozenten. Um viertel vor zwölf beginnt Frau Kirschner mit ihrem Vortrag über
die Hafencity und die Leuphana Universität, diese Präsentation hält sie auf deutsch und
Bassam übersetzt sie. Der Vortrag dauert eine Stunde. Im Anschluss gibt es eine Pause, wo wir
in erster Linie Kontakt mit den syrischen Studenten aufnehmen, sie können wirklich alle sehr
gut englisch, so dass
keine Kommunikationsprobleme auftreten. Es gab interessante
Gespräche und einen guten Austausch über das „Uni-Leben“ in zwei verschiedenen Kulturen,
wir aßen gemeinsam (obwohl das nicht so vorgesehen war) und uns wurde das
Universitätsgelände gezeigt.
Abb. 8: Austausch in der Pause
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Abb. 9:Der Rundgang über das Uni-Gelände
Das Gelände der Yarmouk University liegt außerhalb von Damaskus, mitten im Nirgendwo, die
Studenten werden morgens mit Bussen aus der Stadt hierher gebracht. Der Standort wurde
nicht nur gewählt, weil die Grundstückspreise dort sehr gering sind, sondern die Studenten
hier nicht von ihrem Studium abgelenkt werden können. Das Foto oben zeigt das
Universitätsgebäude, wobei sich der rechte Teil noch im Rohbau befindet.
Eins ist uns noch aufgefallen, das gesamte Gelände innerhalb und außerhalb der Gebäude
wirkt sehr steril, nirgends hingen Poster oder ähnliches.
Um 14.15h kehrten wir in den Hörsaal zurück und starteten mit unseren Vorträgen, in der
Pause hatten wir beschlossen, diese doch spontan auf englisch zu halten.
Zu den Vorträgen habe ich einige Anmerkungen und Gesprächspunkte der Studenten und
Dozenten festgehalten:
„Wir sind eine Islamische Gesellschaft und interessieren uns mehr für das Innere als
für das Äußere.“, so Dr. Abdullah zur Typologie des Damazener Wohnhauses.
Der Vortrag zu den Umweltproblemen in Syrien regte zur Diskussion an:
„Erosion gibt es in Syrien nicht.“, genauso wenig wir Katalysatoren. Da stellten wir
uns die Frage, ob dann nicht besser Autos in der Stadt verboten werden sollten.
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Die syrischen Studenten fanden dies eine gute Idee, sehen das Problem aber bei
der Regierung.
Auch das Referat über den Tourismus fand Anklang, vor allem die Schlussworte von Basti
Koch, der sagte dass wir heute eine Globalzivilisation sind, unserer Generation Grenzen nicht
mehr viel bedeuten und die Touristen nach Syrien kommen werden, um die ganzen
Kulturschätze des Landes zu sehen.
Am Abend haben wir die Studenten zu uns nach Hause eingeladen.
Protokoll vom 8. März 2010 – Besuch im jüdischen Viertel und auf dem
Hausberg
Zuerst besuchten wir verschiedene Galerien und Ateliers und trafen zum Teil sogar die
Künstler bei der Arbeit:
Fadi Yazigis neuestes Projekt, er malt auf Brote Motive, die er mit Krieg verbindet. Verkaufspreis
für ein Brot 1.000 US Dollar.
Mustafa Ali hat Bildhauerei in Italien studiert, er war der erste Künstler im Viertel. Sein Haus
nutzt er für künstlerische Events, als Atelier und für Ausstellungen.
Abschließend besuchten wir noch das Art Café des Viertels, es ist eine frühere
Tischlerwerkstatt und heute die Galerie von Mohamad Dgizmali. Das Haus wurde 1922
gebaut, heute gibt es hier einmal wöchentlich einen Musikabend für junge Musiker und einmal
im Monat werden Filmklassiker gespielt.
Nach einer Pause fuhren wir auf den Hausberg. Die Fahrt und die ganze Aktion war einmalig.
Ein Mann zeigte uns sein Haus, führte uns anschließend über einen kleinen Weg nach oben
und nach einem kurzen Aufenthalt ging es über die Straße hinunter, wo uns irgendwo ein Taxi
einsammeln sollte. Stattdessen kreuzten wir mit einem kleinen, etwas verrückten syrischen
Dozenten die Autobahn, um mit einem Taxi stadteinwärts zu kommen.
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Protokoll 09.-10. März 2010
Sina Keddo
09. März 2010: Besuch beim Goethe Institut Damaskus
Um 10.00 Uhr wurden wir von Herrn Björn Luley im Goethe-Institut in Damaskus empfangen. Dort
berichtete er aus den Augen eines dort lebenden Ausländer/ Deutschen über Syrien.
Herr Luley war vor einigen Jahren schon einmal für fünf Jahre in Damaskus und ist nun zum
zweiten Mal dort tätig.
Das Goethe-Institut ist ein eingetragener Verein (EV). Sie haben einen Vertrag mit dem
Auswärtigen
Amt, werden vom Auswärtigen Amt finanziert und tragen zur deutschen
Bildungspolitik im Ausland bei. Sie handeln unabhängig von der deutschen Politik und den
deutschen Parteien. Des Weiteren arbeiten sie mit der deutschen Botschaft und dem DAAD
zusammen.
Das Goethe-Institut unterteilt sich in drei Bereiche: Programm-Arbeit, Sprache, Bibliothek.
Dabei versuchen sie in enger Zusammenarbeit mit Lokalen zu arbeiten.
Die angebotenen Veranstaltungen müssen vom Kulturministerium abgesegnet werden. Ggf.
müssen Filme vor dem Zeigen zensiert werden. In den seltensten Fällen werden Veranstaltungen
abgelehnt. Dabei spielt die Namensgebung für bestimmte Programme eine entscheidende Rolle.
In einer Veranstaltung wurde unter anderem über Korruption gesprochen, wobei das Programm
wie folgt bezeichnet wurde: Entwicklungsbehindernde Faktoren in der jungen Volkswirtschaft.
Zu 90% kommen zum Goethe-Institut Frauen. Seit es ein neues Gesetz in Deutschland gibt, dass
syrische Frauen von syrischen Arbeitnehmern in Deutschland auch ein wenig Deutsch sprechen
können müssen, hat sich die Zahl der Frauen erhöht. Sie kommen also zum Goethe-Institut, um
Deutsch zu lernen, weil sie zu ihren Männern nach Deutschland wollen. Dafür gibt es im GoetheInstitut spezielle Kurse.
In den „normalen“ Kursen sind jedoch zu meist Studenten, die einfach so Deutsch lernen wollen.
An diesen Kursen nehmen ca. genau so viele Frauen wie Männer teil.
Als Herr Luley uns über seine Erfahrungen berichtete, versuchte er, uns einen Überblick über
unterschiedliche Themenbereiche zu verschaffen:
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Syrien wird von den westlichen Staaten in der Öffentlichkeit oft als terroristisch und bedrohlich
dargestellt. Als ein Land, das zu der Achse des Bösens gehört. Jedoch ist Syrien eigentlich eines
der Länder, in dem die christliche Kultur u.a. ihren Ursprung fand.
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage hat die Bevölkerung sehr schwere Zeiten durchstehen
müssen. Neben staatlichen Sektoren gab es in Syrien schon immer einen privaten Sektor im
Textilhandel. Die Regierung versucht eine Umstrukturierung hin zu einer privat organisierten
Marktwirtschaft zu erzielen. Dabei werden staatliche Subventionen gemindert. Die staatlichen
Subventionen, die es früher einmal gab, sind nicht mehr tragbar.
Dies kann man gut an der Entwicklung der letzten Jahre beobachten.
In den letzten Jahren wurden zwar mehr und mehr Restaurants und Geschäfte eröffnet, jedoch
schlossen umso mehr staatliche Bäckereien. Mehl wird nicht mehr subventioniert, woraufhin viele
Bäcker schließen mussten.
Die Wasserversorgung ist ein weiteres Problem Syriens. Wasser und auch Strom ist im Vergleich
zu anderen Ländern sehr billig, obwohl Syrien einen enormen Wassermangel zu verzeichnen hat.
Das führt zu einem unnötigen Verbrauch.
Syrien hat ein schwer wiegendes Demokratie-Problem. Nach der Verfassung muss der Präsident
mindestens sein 40stes Lebensjahr erreicht haben. Hafiz al- Assad, der Vater des jetzigen
Präsidenten, änderte die Verfassung, wonach ein amtierender Präsident mindestens das 34ste
Lebensalter erreicht haben muss. Sein 34jähriger Sohn Baschar Hafiz al- Assad kam an die
Macht.
Obwohl Syrien von einem sehr autoritären Regime in politischer Hinsicht determiniert wird, ist es
gegenüber seinen Touristen sehr offen und freundlich.
In und um Damaskus leben ca. fünf Millionen Menschen. Des Weiteren hat Syrien während des
Irak-Krieges geschätzt fünf Millionen irakische Flüchtlinge aufgenommen, wovon ca. eine
Million Flüchtlinge in Syrien geblieben sind. Syrien zeigt eine hohe Hilfsbereitschaft, obwohl die
Syrer selbst nichts haben.
Innerhalb der syrischen Familien herrscht ein sehr starker Familienzusammenhalt, der als soziale
Absicherung notwendig ist. Zusätzlich zu den Flüchtlingen nimmt die Landflucht in Syrien immer
mehr zu, wodurch die Großstädte wie Damaskus und Aleppo immer mehr Bewohner bekommen.
Das universitäre System ist mit der hohen Studentenanzahl überfordert. Die staatlichen
Universitäten sind stark überlaufen, da es 2/3 mehr Studenten gibt, als vorgesehen waren. In
2003/04 entstanden deswegen mehr und mehr private Universitäten. Es wurde ein Gesetz
eingeführt, das besagt, dass private Universitäten nicht innerhalb Damaskus gebaut werden
dürfen, sondern außerhalb der Stadt. Dabei stellt sich die Frage, woher die Gelder für die Bauten
kommen. (Der ehemalige Bürochef des alten Präsidenten war einer der Ersten, der eine private
Universität eröffnete.)
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Die privaten Universitäten brauchen durchschnittlich drei Jahre, um alle Investitionen wieder
auszugleichen. Dies kann zunächst an den niedrigen Preisen für das Land liegen oder an den
hohen Studiengebühren (2.700€-5.000€/Jahr).
Durch die enorme Konkurrenz, die die unterschiedlichen privaten Universitäten gegeneinander
ausüben, bestehen nach wenigen Jahren nur noch ½ bis 1/3 der Universitäten.
Zugleich kommt ein weiteres Problem hinzu, nämlich die Berufsperspektive der syrischen
Akademiker. Die Chancen, in Syrien einen guten Beruf ausüben zu können, sind nicht
vielversprechend. Diese Tatsache ist sehr fatal für das Land, denn die gut ausgebildeten Syrer
wollen aus dem Land raus, um woanders zu arbeiten. Das Potenzial, dass Syrien in Form der
eigenen Landsleute hat, wird also nicht genutzt.
Die Infrastruktur passt sich nicht den heutigen Umständen an. Es gibt über 10.000 MiniBusse in
Damaskus, die schon seit längerer Zeit von größeren Bussen abgelöst werden sollten. Des
Weiteren werden die Studenten, die an privaten Universitäten studieren von Privatbussen der
Universitäten abgeholt und nach Hause gebracht. Die Luftverschmutzung nimmt rapide zu.
Nach der Unterhaltung mit Herrn Luley haben wir uns die ausgestellte Fotostrecke zum Thema
DDR angeschaut. Nach unserem Aufenthalt im Goethe-Institut hatten wir bis 18.00 Uhr Freizeit.
Gruppenfoto vor dem Goethe-Institut
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09. März 2010: Besuch bei dem Künstler Nizar Sabour
Gegen 18.00 Uhr fuhren wir zu Herrn Nizar Sabour, der ein Cousin von Herrn Bassam Sabour ist.
Nizar Sabour ist ein internationaler Künstler, der zum Beispiel in Hannover, Moskau (1990) und
Dubai (Preis: Emaar International Art Symposium 2004) einige Exemplare ausgestellt hatte.
Nizar Sabour
Herr Nizar Sabour hat ein Atelier in Latakia und ein Wohn-Atelier in der Nähe von Damaskus. Sein
Wohn-Atelier bezeichnet er als „Haus der Kunst“.
Er studierte Kunst, weil er sich dazu berufen fühlte. Seine Eltern wollten jedoch lieber, dass er
etwas „vernünftiges“ studiert. Seine Motivation trieb ihn jedoch immer an weiter zu machen. Er
selbst verkauft nur bis zu 20 Bilder pro Jahr.
Hauptsächlich zeichnet er große Bilder, weniger entwirft er Skulpturen. Sein Problem bei seinen
Bildern ist, dass er nicht immer weiß, wo er zeichnen soll und wo er seine großen Bilder (bis zu
2x2Meter) lagern kann.
Bei seinen Gemälden lässt er sich auch gerne von anderen Künstlern wie zum Beispiel Gustav
Klimt inspirieren. Früher war er sehr stark an den Werken von Kandinsky und Moulin Natsch
inspiriert, jedoch war es immer schwer, Informationen über die Künstler zu finden.
Zusätzlich ist er Professor für das Handwerk der Kunst. Zuerst dozierte er an einer staatlichen
Universität und jetzt doziert er an einer privaten Universität. An den staatlichen Universitäten sind
die Studenten jedoch talentierter als an den Privaten, weswegen er die staatliche Universität
präferiert. In seinen Unterrichtsinhalten beschäftigt er sich mit den unterschiedlichen Techniken,
Denkweisen und dem Glauben an die Kunst.
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Persönlich bevorzugt er jedoch das eigenständige Zeichnen. Die Lehre sieht er eher als einen
Ausgleich. Viele seiner Studenten sind in Syrien als Künstler bekannt.
Protokoll 10.März 2010: Palmyra
Um 12.00 Uhr machten wir uns mit unserem gemieteten Bus auf dem Weg nach Palmyra.
Bassam Sabour
Auf Empfehlung machten wir gegen 14.30 Uhr eine Pause beim Bagdad Café, dem Original.
Bagdad Café
Gegen 16.00 Uhr trafen wir dann im Hostel ein. Danach fuhren wir sofort weiter zur Zitadelle, um
den Sonnenuntergang nicht zu verpassen. Diesen konnten wir aufgrund des nebligen und
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sandigen Staubs in der Luft jedoch nicht wirklich sehen. Die Besichtigung der Zitadelle war
jedoch ein voller Erfolg.
Zitadelle von Palmyra
Gegen 19.00 Uhr fuhren wir dann in die Wüste zum Beduinenzelt. Dort wurden wir empfangen,
lecker beköstigt und entertaint. Nach einigen Tänzen und Musikeinlagen konnten wir dann bei
der Röstung von Kaffeebohnen zuschauen und leckeren Kaffee mit Kardamom verzehren. Gegen
Mitternacht wurden uns dann die Matratzen gerichtet und wir wurden liebevoll zu Bett gebracht.
Beduinenzelt
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Protokoll 11. März bis 13. März 2010
Jan B. Eger
11. März
Nach der Nacht im Beduinenzelt mitten in der Wüste erwartete uns nach feldmäßiger Hygiene
ein Beduinenfrühstück unter freiem Himmel: Fladenbrote mit diversen Joghurts und Dips wie
Hommos usw. sowie Marmelade sowie natürlich der obligatorische Tee.
Morgenhygiene in der Wüste
Beduinenfrühstück
Nach und nach trafen auch die Kamele ein, die uns auf beduinische Art ins UNESCO-Welterbe
Palmyra bringen sollten: Es war schon eine interessante Erfahrung etwa 1,5 Stunden auf
diesem Verkehrsmittel zuzubringen... Welche Strapaze war es wohl, tagelang darauf unterwegs
gewesen zu sein? Palmyra, der ursprüngliche arabische Name vor der Umbenennung in
„Hadriana Palmyra“ 129 n. Chr anlässlich eines Besuchs des Kaisers Hadrian war Tadmor, war
eine wichtige Handelsstation an der Seidenstraße für diverse Genussgüter auf dem Weg von
Ost- und Zentralasien nach Rom.
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Ankunft im historischen Palmyra
Im historischen Palmyra
Im mittlerweile immer heißer ersehnten historischen Palmyra angekommen, besichtigten
wir den Bel-Tempel, der zu Ehren Bels (Herr), einer palmyrischen Gottheit, in dem sich die
verschiedenen Gottheiten der Babylonier, Kanaaiten und Griechen vereinten, gebaut wurde
und besuchten das Museum, das in einfachem sozialistischem Stil einige archäologische
Objekte aus Palmyra und Umgebung ausstellt.
Bel-Tempel
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Im Anschluss besuchten wir noch das Tal der Gräber, zuerst den Grabturm des Elahbel, der im
Jahre 106 vollendet wurde -über 2 Stockwerke waren hier die Gräber wie Schubladen in die
Wandnischen eingebaut- , dann das unterirdische Grab der drei Brüder, mit der Attraktion der
vielfarbigen Wandmalereien.
Grabturm
Nach dem Beziehen des Hotels im Zentrum der Stadt, die nahezu ausschließlich vom
Tourismus lebt, versuchten wir – leider machte uns das staubige Wetter einen Strich durch die
Rechnung - den Sonnenuntergang im historischen Palmyra zu erleben.
Am Abend feierten wir den Geburtstag von Charly mit Kamel- und Hühnchenfleisch. Das
Restaurant hatte vorsorglich schon gar keine lokale Speisekarte, Gäste, so der Besitzer, seien
eh nur Ausländer. Wir schenkten Charly eine Ledertasche, über die sie sich sehr freute.
28
Im Restaurant in Palmyra
12. März
Am nächsten Tag hieß es wieder früh raus, denn nach dem traditionellen arabischen
Fladenbrotfrühstück erwartete uns eine längere Fahrt nach Aleppo mit einem
Besichtigungszwischenstopp in Krak de Chevaliers, der wohl schönsten Kreuzritterburg des
Orients, die seit 2006 als Weltkulturerbe auf der UNESCO-Liste steht. Wir parkten etwas
außerhalb der Burg und bewegten uns zu den Rufen des Muezzin zum freitäglichen
Mittagsgebet auf die Kreuzritterburg zu, was sehr eindrucksvoll und bewegend war und den
Wandel der Zeit, der Herrschaften sowie der (Staats-)Religionen überdeutlich machte. Nach
einer sehr ausführlichen Besichtigung der Burg machten wir uns zu unserer letzten Station
unserer Exkursion auf: Aleppo. Die mit wohl 4 Millionen Einwohnern wohl größte Stadt Syriens
ist auch UNESCO Welterbe. Mittlerweile merkt man auch die Veränderung des Klimas: das
trockene Wüstenklima weicht eher einer grünen gemäßigten Klimazone. Nach einem
außerplanmäßigen Stopp, der nötig wurde, da der Busfahrer ein Rad für locker hielt und
diesen Umstand dann kurzerhand selbst behob, erreichten wir Aleppo. Nach dem Beziehen
29
des Hotels blieb noch Zeit, sich einen groben Überblick über die Stadt zu verschaffen und
schließlich syrisch einzukehren.
Krak des Chevaliers
13. März
Am vorletzten Tag unserer Exkursion stand eine Führung durch die Citadelle Aleppos auf dem
Programm. Sie wurde von einem Englisch-Studenten durchgeführt, der uns in feinstem
Oxford-Englisch die Geschichte der Zitadelle näherbrachte: Über 2000 Jahre bauten Menschen
an der Zitadelle. Von dort aus hat man einen beeindruckenden Blick über die gesamte Stadt.
Im Anschluss tranken wir einen Tee mit Blick auf die Zitadelle, um dann die riesigen Souks
der Stadt zu erkunden. Auch besichtigten einige Exkursionsteilnehmer die hiesige Omajiad
Moschee, die im Gegensatz zur „Schwester“-Moschee“ in Damaskus einen weniger touristisch
geprägteren, familiäreren Eindruck machte. Der Moschee-Innenhof glich einem großen
Spielplatz. Die Familien verbringen hier ihre Freizeit in lockerer Atmosphäre.
Am Abend wurden wir von Frau Kirschner zum Essen in einem traditionellen Restaurant im
christlichen Teil der Altstadt eingeladen. Dort verabschiedeten wir unsere syrischen Dozenten
30
Bassam Sabour und Salam jeweils mit einem gerahmten Gruppenbild, das wir auf der
Ziadelle am Vormittag gemacht hatten.
Während der Führung durch die Zitadelle
Feinplanung des weiteren Ablaufs
31
Protokoll von Sonntag, Aleppo den 14.3.2010
Theo Kirschner
14.03.2010
Der Termin um 12 Uhr (Besuch der GTZ) wurde aufgrund organisatorischer Probleme des
Vortragenden auf 14 Uhr verschoben.
Der Tag begann mit einer Diskussion über die Akkreditierung und Nacharbeitung der
Exkursion um 11 Uhr in der Hotellobby.
Nach dieser etwa eineinhalbstündigen Unterredung machten wir uns auf in die Altstadt
Aleppos, um das Büro der GTZ zu finden. Ohne größere Probleme fanden wir das gesuchte
Gebäude, hatten jedoch aufgrund dieses ungewöhnlichen Umstandes noch eine Stunde Zeit
bis zu dem besagten Termin. Die Wartezeit verbrachten wir in einem nahegelegenen Café,
welches jedoch mit unserer ausufernden Bestellung etwas überfordert zu sein schien.
Die einschläfernd monoton vorgetragene Präsentation eines unmotivierten GTZ-Mitarbeiters,
der ebenso gut durch ein Tonband hätte ersetzt werden können, brachte uns das Thema der
Rehabilitation der Altstadt Aleppos näher.
Die Altstadt Aleppos ist seit 1986 Weltkulturerbe und wird seit 1993 in Kooperation mit der
GTZ – Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit saniert. Derzeit befindet sich die
Sanierung in der 6. Phase.
Die Altstadt umfasst 360 ha Land, es wohnen ca. 120 000
Einwohner dort und es gibt ca. 12 ha überdachte Souks. Für die Altstadt Aleppo wurde ein
eigener Masterplan entwickelt, der erst später in den allgemeinen integriert wird. Die Altstadt
wurde in verschiedenen Zonen gemäß den Sanierungsmaßnahmen eingeteilt.
Als übergeordnete Themen wurde die Sanierung einer großen Schule, Parkplatzorganisation
und Platzgestaltung definiert.
Trinkwassersystems
erneuert.
Weiter wurden 95% des Abwassersystems und 80% des
Es
wurde
ein
Verkehrskonzept
nach
empirischen
Untersuchungen entwickelt. Zum Umweltschutz und Müllmanagement wurde eine „local
Agenda 21“ entworfen und um die Stadt nachträglich zu begrünen, soll ein Baum in jedes Haus
gepflanzt werden. Die Maßnahmen werden in Abstimmung mit der Bevölkerung konzipiert.
32
Nach der Präsentation war Dr. Kamal Bitar sehr großzügig in der Bereitstellung von
gedruckten Broschüren („The Rehabilitation of the Old City of Aleppo“) und Büchern („Old City
of Aleppo“, Aleppo/Berlin September 2005, „Kulturelles Erbe lebendig erhalten“, Hersg. GTZ,
Eschborn 2006).
33
Syrien im Blick:
Recherchen und Referate
34
Syrien – Geographie, Wasser & Umwelt
Lisa-Michéle Bott, Sandra Coburger, Franziska Duge
Der Barada in Damaskus (Quelle: eigene Aufnahme 2010).
Gliederung
1
Geographie............................................................................................................................... 36
1.1
Einleitung ............................................................................................................................ 36
1.2
Naturfaktoren ...................................................................................................................... 37
1.2.1
Klima & Wetter ........................................................................................................... 37
1.2.2
Großlandschaften, Böden & Gewässer ..................................................................... 40
1.3
Bevölkerung........................................................................................................................ 42
1.4
Wirtschaft............................................................................................................................ 44
2
Wasser ..................................................................................................................................... 47
3
Umwelt ..................................................................................................................................... 54
3.1
Umweltsituation in Syrien ................................................................................................... 54
3.2
Umweltprobleme................................................................................................................. 54
3.2.1
Luftverschmutzung in Damaskus............................................................................... 55
3.2.2
Lösungsansätze, Stellschrauben und Hindernisse .................................................... 59
3.3
4
Abschließende Bemerkung ................................................................................................ 63
Literaturverzeichnis / Quellenangaben..................................................................................... 64
35
1 Geographie
Lisa-Michéle Bott
1.1 Einleitung
Historisch betrachtet versteht man unter „Syrien“ das vorderasiatische Tafelland, welches die
heutigen Staaten Israel, Libanon, große Teile Syriens und Jordanien, sowie den Westirak
umschließt (2_Auswärtiges Amt; 4_Brunswig-Ibrahim 2009). Dieses historische Großreich
Syrien ist demnach nicht gleichzusetzen mit der heutigen „Arabischen Republik Syrien“. Die
aktuellen Grenzen entstanden erst Anfang des 20sten Jahrhunderts. Nach dem Zerfall des
Osmanischen Großreiches 1922, im Anschluss an den I. Weltkrieg, teilten die Siegermächte
Frankreich und Großbritannien das großsyrische Gebiet in fünf Völkerbundmandate auf
(8_Gresh 2009). Diese waren: Palästina, Transjordanien, Syrien, Irak und der Libanon (siehe
Abb. 1). 1943 wurde Syrien unabhängig. Das heutige syrische Staatsgebiet umfasst
einschließlich der seit 1967 von Israel besetzten Golanhöhen im Südwesten des Landes
185.180 km² und ist damit ca. halb so groß wie Deutschland (356.959 km²). Das Staatsgebiet
Syriens erstreckt sich zwischen 32° und 37° nördlicher Breite und 35° und 42° östlicher
Länge. Die Hauptstadt Damaskus liegt ungefähr auf einer geographischen Breite mit Bagdad,
Tokio und Los Angeles. Im Norden grenzt Syrien an die Türkei, im Osten an den Irak, im
Süden an Jordanien, im Südwesten an Israel und im Westen an den Libanon und das
Mittelmeer. Wie alle Staaten der östlichen Mittelmeerküste, gehört Syrien zu den Staaten der
Levante, was Morgenland oder Sonnenaufgang bedeutet. Verwaltungstechnisch ist Syrien in
13 Provinzen und einen Hauptstadtdistrikt unterteilt. Syrien zählt zu den kulturhistorisch
bedeutendsten Regionen der Welt. Die wechselhafte Geschichte und die vielen verschiedenen
kulturellen Einflüsse prägen bis heute das architektonische Landschaftsbild mit seinen
mittelalterlichen Burgen, byzantinischen Ruinenstädten sowie römischen und frühchristlichen
Bauwerken. Einige der syrischen Siedlungen zählen zu den ältesten der Welt. So gilt
beispielsweise Damaskus als die weltweit älteste durchgehend bewohnte Stadt. Aleppo ist
sogar noch älter, die Siedlung wurde allerdings zwischenzeitlich aufgegeben. Aus Sicht der
Religion heraus ist Syrien sowohl für Christen als auch für Muslime bedeutend. Viele der
ältesten christlichen Kirchen befinden sich in Syrien und blieben auch nach der Ausbreitung
des Islam erhalten.
Die Lage Syriens im Zweistromland und Grenzgebiet zwischen Orient und Europa machte den
Handel zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor. Verschiedenste Waren wurden über das Mittelmeer
36
nach Syrien und weiter durch die Wüste sogar bis nach China transportiert. Auch die wohl
berühmteste Handelsstraße, die Seidenstraße führte durch Syrien.
Obwohl das Land eine große Vielfalt unterschiedlicher Potenziale besitzt, beispielsweise die
Baukultur, hat Syrien aktuell mit vielen Problemen zu kämpfen. An erster Stelle sind hier
außenpolitische Konflikte und Umweltprobleme zu nennen, besonders auf letztere beziehen
sich der zweite und dritte Teil dieser Arbeit. Zunächst wird jedoch die geographische
Landeskunde Syriens dargelegt.
Abbildung 1 Syriens osmanische Vergangenheit (Quelle: 8_Gresh 2009).
1.2 Naturfaktoren
Sowohl in klimatologischer als auch in geomorphologischer Hinsicht befindet sich Syrien in
einer Übergangszone. Klima und Relief ändern sich von West nach Ost sprich von der
Mittelmeerküste ins Landesinnere.
1.2.1 Klima & Wetter
Syrien liegt in den Subtropen. Nach der Klimaeinteilung von Troll und Paffen (siehe Abb. 2)
37
erstreckt es sich über drei verschiedene Klimazonen. Im Bereich der Mittelmeerküste im
Westen des Landes herrscht sommertrockenes Mediterranklima (IV 1). Nach Osten schließen
sich die sommerdürren Steppenklimate an (IV 2). Weiter kontinenteinwärts folgen schließlich
die subtropischen Wüsten- und Wüstensteppenklimate (IV 5). Mit wachsender Distanz zum
Mittelmeer nehmen die Niederschlagsmengen ab und die jahreszeitliche Temperaturamplitude
wächst. In der Küstenregion fallen zwischen 600 - 1000 mm Niederschlag pro Jahr, in den
Steppenklimaten lediglich 400 mm. In der Wüste im Osten und Südosten fallen stellenweise
sogar nur noch 100 mm (2_Auswärtiges Amt). Die mittleren Temperaturmaxima im Juli und
August betragen an der Küste in Latakia 29,5 ° C. In der Wüste in Dair az-Zur steigen die
mittleren Sommertemperaturen auf 40,5° C (16_Scheck/Odenthal 2009).
Abbildung 2 Klimazonen im Mittelmeerraum (Quelle: 7_Westermann 2000).
Die Lage Syriens im Übergangsbereich dreier Klimate schlägt sich auch im Jahresverlauf des
Wetters nieder. Im Sommer liegt Syrien im Einflussgebiet der subtropischen Süd-Ost-Passate,
welche warme und trockene Luft ins Land bringen. Der Sommer ist somit die Trockenperiode,
Regen fällt fast ausschließlich im Gebirge in Form von Steigungsregen. Das Wetter ist in dieser
Zeit beständig sonnig. In ganz Syrien herrscht in den Sommermonaten mehr oder weniger das
gleiche Wetter, nur die Temperaturen nehmen mit steigender Kontinentalität etwas zu. Im
Winter setzen sich kühle und feuchte Westwinde gegenüber dem Passat durch. Die
außertropischen Zyklone bringen auf ihrem Durchzug Niederschlag ins Land. Das Wetter
wechselt zwischen heiter und wolkig und ist daher sehr unbeständig. Im Winter lassen sich die
drei
Klimate
deutlich
stärker
unterscheiden,
da
das
Wettergeschehen
lokal
sehr
unterschiedlich ausfällt.
38
In den Übergangsmonaten im Frühjahr und Herbst wechselt das Wetter mit der jeweiligen
Zirkulation. Auf der Exkursion ließ sich dies in Damaskus besonders gut beobachten. In den
ersten Tagen mit Passatinvasion1 herrschten hohe Temperaturen deutlich über 20 ° C. Der
Himmel war weitestgehend wolkenfrei und es war verhältnismäßig windstill. Da die von oben
absinkenden Luftschichten ein Aufsteigen niedriger Luftschichten verhinderten und somit quasi
wie ein Deckel darüber lagen, blieben die Abgase in der Stadt und es ergab sich eine
Smoginvasion nach dem Los Angeles Typ2 (siehe Abb. 3). Besonders deutlich zeigte sich diese
Situation am 09. März 2010.
Abbildung 3 Damaskus bei Passatwindeinfluss und Smog (Quelle: eigene Aufnahme, 08.03.2010).
Unter dem Einfluss zyklonaler Westwinde, ab dem 15. März 2010, ergab sich eine völlig
andere Situation. Es wurde deutlich windiger. Die Temperatur betrug selbst mittags nur
noch max. 15° C. Der Himmel war bewölkt und es fiel hin und wieder etwas Regen. Die Luft
war auffällig klarer, da der Wind die Abgase aus der Stadt wehte (siehe Abb. 4).
1
Invasion bedeutet Temperaturumkehr mit der Höhe. Diese entsteht, wenn Luftmassen aus höheren
Luftschichten absinken. Dieser Absinkprozess geht mit einer Erwärmung einher, sodass obere
Luftschichten letztendlich höhere Temperaturen aufweisen als bodennahe. Dieser Prozess einer
Absinkinvasion ist charakteristisch für die Passatwinde, welche zum thermischen Äquator strömen.
2
Es gibt zwei verschiedene Smogsituationen: den Londontyp und den Los Angeles Typ, welche durch jeweils
unterschiedliche Luftverhältnisse entstehen. Der Los Angeles Typ entsteht durch eine Absinkinvasion.
39
Abbildung 4 Damaskus bei Westwindeinfluss (Quelle: eigene Aufnahme, 18.03.2010).
1.2.2 Großlandschaften, Böden & Gewässer
Parallel zum 193 km langen Küstenstreifen verläuft im Nordwesten das 120 km lange und 40
km breite teilweise bewaldete Alawiten-Gebirge (Abb. 5). Die höchsten Erhebungen finden
sich im Norden mit bis zu 1754 m Höhe (4_Brunswig-Ibrahim 2009; 16_Scheck/Odenthal
2009). Im Norden und Osten wird das Gebirge vom Orontes umflossen. Dieses besonders
fruchtbare Orontestal erscheint als Kerngebiet Syriens, da sich in der landwirtschaftlich
rentablen Region ein hoher Bevölkerungsanteil konzentriert. Richtung Süden wird das
Küstengebirge auf Höhe der Stadt Homs durch eine Senke unterbrochen, dem sog. HomsDurchlass. Weiter südlich erhebt sich die Karstformation des Anti-Libanon. Dessen Ausläufer
gehen in die Golanhöhen über und fallen zum Yarmuktal hin ab.
Im Norden des Landes östlich der genannten Gebirgszüge befinden sich das nordsyrische
Kalksteinmassiv und südlich davon die mittelsyrischen Ebenen. Im Südwesten befindet sich
das Basaltplateau des Hauran mit dem Drusengebirge, beide vulkanischen Ursprungs. Dieses
Plateau ist durch Lößeintrag und seine Tonminerale recht fruchtbar.
Der Nordosten Syriens ist ebenfalls sehr fruchtbar. Die 400 m hohe Jeziraebene liegt im
Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris und wird zusätzlich von den Flüssen Khabur und
Balikh durchflossen und mit Nährstoffen und Wasser versorgt. Der Osten Syriens wird von der
Stein- und Steppenwüste beherrscht, welche über 60 % der gesamten Staatsfläche einnimmt.
Sie ist ein Ausläufer der Arabischen Wüste. Unterbrochen wird sie nur durch einige Oasen.
40
Im Allgemeinen ist der Boden Syriens verhältnismäßig nährstoffarm. Die Humusschicht ist,
wenn überhaupt vorhanden, sehr dünn. Abhängig vom Ausgangsgestein sind die Böden
unterschiedlich stark verwittert. Generell gilt, je älter ein Boden ist, desto tiefgründiger ist auch
die Verwitterung (Bodenbildung), d. h. desto weniger Minerale und Nährstoffe sind im Boden
enthalten. In den Klimazonen Syriens überwiegen physische Verwitterungsprozesse, da
besonders im Landesinneren die Niederschläge zu gering für eine tiefgründige chemische
Verwitterung sind. Am stärksten wirkt hier die Isolationsverwitterung, welche durch
Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht verursachte Gesteinssprengung bedeutet.
Die Regionen Syriens mit der höchsten Bodengüte befinden sich in Zonen, in denen neue
Gesteinssubstanz und somit neue Mineralien und Nährstoffe in den Bodenbildungsprozess
einbezogen werden – in den Schwemmlandebenen der Flüsse und auf Vulkanböden.
Die größte Wasserader Syriens ist der Euphrat, der das Land auf einer Länge von 675 km
durchfließt. Auf dem Satellitenbild (Abb. 5) ist er deutlich zu erkennen. 80 % der
Wassermenge Syriens stammen aus diesem Fluss. Die größten Euphratzuflüsse sind der Balikh
und der Khabur. Deutlich kleiner, aber fast ebenso wichtig, ist der 500 km lange Orontes, da er
durch
Gebiete
mit
hohem
Bevölkerungsanteil
fließt
und
unzählige
Gräben
und
Bewässerungsanlagen versorgt. Damaskus verdankt seinen Standort dem im Anti-Libanon
entspringenden Barada, welcher ein unterirdisches Wasserareal speist, bevor er in der Wüste
versickert. Das Hauranplateau im Südwesten wird von den Karstquellflüssen des Yarmuk mit
Wasser versorgt. Ausführliche Erläuterungen zu Syriens Wasserversorgung folgen im zweiten
Teil dieser Arbeit.
Abbildung 5 Sattelitenbild von Syrien (Quelle: Google Earth 2010).
41
1.3 Bevölkerung
Die Arabische Republik Syrien zählt zurzeit ca. 20 Mio. Einwohner (2_Auswärtiges Amt;
16_Scheck/Odenthal 2009). Hinzu kommen etwa 1,5 Mio. irakische Flüchtlinge. Das
Bevölkerungswachstum beträgt 2,5 % pro Jahr, eine der höchsten Zuwachsraten weltweit.
Folglich
weist
die
syrische
Altersverteilung
graphisch
dargestellt
eine
klassische
Pyramidenform auf. 2005 waren mehr als 50 % der Bevölkerung unter 15 Jahre alt. Lediglich
4,5 % erreichten ein Alter über 65 Jahre. Das Durchschnittsalter lag 2009 bei 21,7 Jahren.
Zum Vergleich das Durchschnittsalter in Deutschland lag zu diesem Zeitpunkt bei 43,8 Jahren
(5_CIA). Die Lebenserwartung beträgt bei der Geburt gut 74 Jahre. Die Analphabetenrate liegt
bei knapp 20 %. Die Bevölkerungsdichte erscheint auf den ersten Blick mit 72,5 Einwohnern
pro km² ziemlich gering (BRD: 230 Einw./km²), doch diese Angaben täuschen, da sich die
Bevölkerung auf wenige Gebiete im Westen des Landes hauptsächlich auf den Raum von
Damaskus bis Aleppo konzentriert. Die hohe Bevölkerungskonzentration in diesen Gebieten ist
historisch und somit landwirtschaftlich bedingt. Erste Siedlungen und später große Städte
entstanden dort, wo eine entsprechend hohe Bevölkerungsanzahl ernährt und mit Wasser
versorgt werden konnte. Die Wüstengebiete sind mit Ausnahme einiger Oasen fast
menschenleer.
Syrien besitzt verhältnismäßig wenige Städte, es findet jedoch eine zunehmende Landflucht
statt. Die Hauptstadt Damaskus zählt im Kerngebiet ca. 1,7 Mio. Einwohner, im Großbereich 4
Mio. Die größte Stadt des Landes ist Aleppo mit knapp 2 Mio. Einwohnern im Kernbereich. Die
drittgrößte Stadt Homs besitzt mit 750.000 bereits deutlich weniger Einwohner. Allerdings
handelt es sich bei allen Angaben um Schätzungen und Hochrechnungen, da die letzte
Volkszählung 1981 stattfand und viele Menschen in informellen Siedlungen leben und somit
nirgendwo registriert sind. Die syrischen Dörfer zählen im Schnitt 500 Einwohner und
konzentrieren sich auf den Westen des Landes. Vollnomaden (Beduinen) findet man nur noch
sehr selten in Syrien. In den Randgebieten der Wüstensteppe dominiert jedoch nach wie vor
die halbnomadische Lebensweise. Die hier lebenden Schaf- und Ziegenhirten verbringen den
Winter in der Steppe und leben den Sommer über in den Dörfern.
Noch vor der Landflucht hat Syrien mit dem Problem zunehmender Emigration ins Ausland zu
kämpfen. Gravierend ist dabei vor allem die Abwanderung hochqualifizierter Personen, z. B.
Ärzte.
42
Folgende Abbildung zeigt die die syrische Emigration im Jahr 2005.
Abbildung 6 Die syrische Emigration (Quelle: 8_Gresh 2009).
Die Landessprache ist arabisch. In Syrien befindet sich einer der weltweit letzten Orte, in dem
noch aramäisch, die Sprache Christi gesprochen wird. Dieser Ort heißt Maalula und liegt ca. 50
km nördlich von Damaskus. Gebräuchliche Fremdsprachen sind Englisch und an zweiter Stelle
Französisch.
90 % der Syrer sind Araber. Knapp 6 % der Bevölkerung gehören der kurdischen Minderheit
an. Die syrischen Kurden leben hauptsächlich in der Jeziraebene, nordwestlich von Aleppo und
in einigen Stadtvierteln von Damaskus und Aleppo. Im Grenzbereich zur Türkei lebt eine kleine
Minderheit an Türken, zu ihrer genauen Anzahl gibt es jedoch keine statistischen Angaben.
Eine kleine Minderheit bilden die 150.000 christlichen Armenier, welche im Judeida-Viertel in
Aleppo leben. Sie wanderten im I. Weltkrieg als Flüchtlinge vor der osmanischen Verfolgung
ein. Eine weitere altchristliche Ethnie bilden die Assyrer, über deren Anzahl ebenfalls keine
verlässlichen Quellen existieren. Ihr Hauptsiedlungsgebiet liegt am Khabur. Die kleinste
Minderheit sind die muslimischen Tscherkessen. Ihr Siedlungsgebiet war vor der israelischen
Besetzung der Golan-Höhen die Stadt Quneitra. Heute leben ca. 4000 – 5000 Tscherkessen
auf syrischem Territorium.
43
85 % der syrischen Bevölkerung sind muslimischen Glaubens. Mit 72 % an der
Gesamtbevölkerung stellen die sunnitischen Muslime die überwiegende Mehrheit dar. „Die
Sunniten anerkennen im Gegensatz zu den Schiiten (s. u.) die Legitimität der omayyadischen
Kalifen und berufen sich außer auf das heilige Buch, den Koran, auf die Sunna
(Gewohnheiten), die überlieferten Ansprüche Mohammeds, und zwar aus Sinne einer
verbindlichen Glaubens- und Lebenslehre.“ (16_Scheck/Odenthal 2009, 23). Eine Minderheit
von 12 % der Bevölkerung gehört zu den alawitischen Muslimen, welche in Syrien jedoch
große politische Macht innehaben. Der amtierende Präsident Bashar Al-Assad sowie sein vor
ihm amtierender Vater gehören zu den Alawiten. Diese islamische Richtung ist am weitesten
vom orthodoxen Islam entfernt und verbindet altorientalische und christliche Elemente. 10 %
der Bevölkerung sind Christen, welche in Syrien seit jeher stark verwurzelt sind. Es gibt jedoch
kein einheitliches sondern eine Vielzahl verschiedener christlicher Bekenntnisse. Grundsätzlich
lässt sich in Syrien zwischen orthodoxen und katholischen Christen unterscheiden. 4 % der
Bevölkerung
stellen
die
nach
außen
fast
vollständig
abgeschotteten
Drusen.
Die
Glaubensinhalte sind weitgehend geheim, sogar für die Mehrheit der Drusen selbst. Nur sog.
Uqqal (Eingeweihte) kennen diese. Bei den Eingeweihten handelt es sich ausschließlich um
Männer über 40 Jahre. Drusen dürfen nur Drusen heiraten. Ein Übertritt zum drusischen
Glauben ist ausgeschlossen. In Salamiya östlich von Hama und Homs leben Ismaeliten, welche
1 % der Bevölkerung ausmachen. Die Ismaeliten gehören wie die Alawiten zu den
unorthodoxen Strömungen des Islam. „Den Koran verstehen sie als eine Geheimbotschaft, die
sich nur Eingeweihten nach stufenweiser Initiation erschließt.“ (16_Scheck/Odenthal 2009,
25). Die Schiiten bilden in Syrien mit gerade einmal 60.000 Anhängern eine sehr kleine
Minderheit, wohingegen sie im Iran und im Irak die Mehrheit stellen. Was zum Teil auch die
politischen Differenzen zwischen diesen Ländern erklärt. „Den verschiedenen schiitischen
Richtungen […] ist die Ablehnung der Sunna und der `nicht-rechtmäßigen´ Kalifen zu eigen,
die Neigung zu mythischen Vorstellungen, die Verehrung der Imame (Nachfolger Alis) in der
Art eines Heidenkultes und der – mystisch unterlegte – Hang zum Märtyrertum.“
(16_Scheck/Odenthal 2009, 24). Von der ehemals starken Minderheit der Juden leben heute
nur noch ca. 200 Menschen in Syrien. Die Mehrheit der syrischen Juden ist in die USA oder in
deutlich geringerer Anzahl nach Israel ausgewandert.
1.4 Wirtschaft
Historisch war Syrien, wie bereits in der Einleitung erwähnt, eine starke Handelsnation. Viele
der wichtigsten historischen Handelswege, wie etwa die Seidenstraße, führten durch Syrien.
44
Diese Zeiten der wirtschaftlichen Blüte sind jedoch schon lange vorbei. Heute zählt Syrien auf
Grund vielfältiger Probleme zu den Schwellenländern und ist wirtschaftlich betrachtet ein
Agrarland. Größte Probleme für die Entwicklung Syriens stellen die hohe Arbeitslosenzahl von
offiziell 8 % und die ebenfalls hohe Inflationsrate von 10 % dar (4_Brunswig-Ibrahim 2009).
Hinzu kommen immense Militärausgaben durch den andauernden Konflikt mit Israel, welche
den Staatshaushalt belasten. Seit 1967 befinden sich beide Länder im Kriegszustand. In den
letzten
Jahren
lässt
sich
wirtschaftlich
jedoch
ein
positiver
Trend
erkennen.
Der
Industriesektor ist gewachsen und die internationalen Handelsverträge nehmen zu. Wichtigste
Handelspartner sind Deutschland, Frankreich und Italien. Das Wirtschaftswachstum lag 2007
bei über 3 %. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrug 2006 29,3 Mrd. US-$, das Prokopf-BIP
1.465 US-$ (2_Auswärtiges Amt). Zum Vergleich: das BIP Deutschlands betrug 2006 2302,7
Mrd. Euro.
25 % des BIP werden in der Landwirtschaft erwirtschaftet. Über ein Viertel der Beschäftigten
sind im Agrarsektor tätig. Die Hauptanbaugebiete sind, wie aus Kapitel II. 2 hervorgeht, das
Orontestal, die Jeziraebene und das Hauranplateau. Außerhalb dieser fruchtbaren Gebiete
kann jedoch kaum rentabel angebaut werden. Nur gut ein Viertel der Fläche Syriens ist
überhaupt kultivierbar (ca. 5 Mio. ha) und in weiten Teilen muss künstlich bewässert werden
(4_Brunswig-Ibrahim 2009; siehe Abb. 7). Angebaut werden Weizen und Gerste sowie vor
allem Baumwolle, welche Syriens wichtigstes Agrarexportgut ist. Bevor Erdöl exportiert wurde,
war Baumwolle sogar das wichtigste Exportgut insgesamt. Angebaut wird Baumwolle
hauptsächlich in der Jeziraebene. Weizen und Gerste nehmen fast zwei Drittel der kultivierten
Fläche ein. Die Abhängigkeit der Landwirtschaft von den Naturfaktoren zeigt sich besonders
im Getreidehandel. In Jahren mit ausreichendem Niederschlag kann Syrien Getreide
exportieren, in niederschlagsarmen Jahren muss zusätzlich importiert werden. Neben Getreide
und Baumwolle werden Baum- und Strauchkulturen wie Oliven, Pistazien, Trauben,
Granatäpfel, Feigen, Aprikosen und Mandeln angebaut, welche jedoch hauptsächlich der
Eigenversorgung dienen.
Aufgrund der verhältnismäßig schlechten natürlichen Voraussetzungen dominiert in weiten
Gebieten die Viehwirtschaft. Überall dort, wo nicht mehr rentabel angebaut werden kann,
setzt sich die Viehwirtschaft gegenüber dem Feldfruchtanbau durch. In Syrien wird
Viehwirtschaft im Wesentlichen von Halbnomaden betrieben, da viele Weidegebiete in der
Steppe nur saisonal genutzt werden können. Es dominiert die Schaf- und Ziegenzucht, da
diese Tiere auch auf verhältnismäßig kargen Böden noch ausreichend zu fressen finden.
45
Abbildung 7 Die Wirtschaft Syriens (Quelle: 7_Westermann 2000).
Die wichtigsten Exportressourcen Syriens sind Erdöl und Erdgas; sie erbringen ca. 50 % der
Exporterlöse. Gefördert wird Erdöl seit 1968 zwischen Deir az-Zor und Palmyra. Die Raffinerien
stehen in Homs und Banias (siehe Abb. 7). Verschifft wird es über die Häfen von Banias und
Tartus. 2007 wurden 370.000 Barrel pro Tag (1 bbl. = 158,987294928 l) gefördert. Es wird
jedoch davon ausgegangen, dass die Ölreserven in 15 bis 20 Jahren erschöpft sind.
Industrie und produzierendes Gewerbe sind mit 30 % am BIP beteiligt. Wichtigste
Industriezweige
sind
Textilindustrie
Aluminiumgewinnung,
und
Maschinenbau
Hauptindustriestandorte
sind
Damaskus,
nachfolgend
und
Aleppo
Kunststoffverarbeitung,
Nahrungsmittelverarbeitung.
und
Homs.
Neben
den
großen
Industriekonzernen gibt es, seit der langsam erfolgenden wirtschaftlichen Liberalisierung unter
Baschar
al
Assad,
eine
Vielfalt
an
Kleingewerbe
und
Handwerksstätten.
Genaue
Beschäftigungszahlen in Kleinbetrieben und Werkstätten sind nicht bekannt, jedoch dürfte der
Anteil nicht unerheblich sein. In den Seitenstraßen der Suqs und auch in den Vorstädten reiht
sich ein Kleinbetrieb an den anderen.
Im Dienstleistungssektor ist vor allem der Tourismus als wachstumsstärkster Bereich zu
nennen. Noch ist Syrien davon entfernt ein Touristenland zu sein, doch man hat das Potenzial
dieser Branche entdeckt und es wird verstärkt investiert. Auf einer Reise durch Syrien lässt
46
sich in jeder Stadt recht gut feststellen, wie interessant sich diese bisher für die Touristen
darstellt. Palmyra beispielsweise ist heute zu einem festen Bestandteil einer Syrienreise
geworden, dementsprechend ist auch die Infrastruktur vor Ort. Auf der Exkursion wurde in
einem Restaurant sogar festgestellt, dass die Speisekarte nur in Englisch und nicht in Arabisch
zu bekommen war. In Homs dagegen merkt der Reisende schnell, dass die Stadt bisher wenig
im Interesse der Touristen liegt. Es ist hier immer noch recht schwer ein Hotel gemäß
europäischen Ansprüchen zu finden. Insgesamt steigen die Touristenankünfte Syriens. Die
touristische Infrastruktur wird ausgebaut. Die beiden internationalen Flughäfen befinden sich
in Damaskus und Aleppo (16_Scheck/Odenthal 2009). Bezüglich des Binnenverkehrs besitzt
Syrien ein 40.000 km langes, zu drei Vierteln asphaltiertes Straßennetz, sowie eine stündliche
Bahnverbindung Damaskus – Homs – Hama – Aleppo, welche jedoch auf Grund des
komplizierten Ticketerwerbs fast ausschließlich von Einheimischen genutzt wird.
In den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob Syrien den Sprung von einem Agrarland zu einem
Industrie- und Dienstleistungsland schafft. Bis zum Erschöpfen der Erdöl- und Erdgasreserven
müssen der Industrie- und Dienstleistungssektor entsprechend anwachsen, um einen
wirtschaftlichen Zusammenbruch zu verhindern. Der Tourismus könnte dabei ein wichtiger
Baustein sein. Dabei wird es wichtig sein, die Zukunftsentwicklung Syriens nachhaltig zu
gestalten, um Umweltschäden im Zuge des Wirtschaftswachstums möglichst gering zu halten.
2 Wasser
Sandra Coburger
In Deutschland kommt das Wasser sauber und trinkbar aus dem Hahn und wird von einem
Großteil der Bevölkerung als selbstverständliches Konsumgut angesehen. Dennoch zählt
Wasser zu den wichtigsten natürlichen Ressourcen und ist nur in begrenztem Umfang auf der
Erde verfügbar. Während der Bedarf an Wasser weiterhin stark ansteigt und sich in den
vergangenen 50 Jahren fast verdoppelt hat, gehen die weltweiten Vorräte immer weiter
zurück. Eine besondere Verschärfung der Lage ist in vielen von Natur aus wasserarmen
Ländern zu beobachten, da zusätzlich zum Problem Wassermangel oft auch eine starke
Verschmutzung der Ressource sowie schlechte Bewirtschaftung hinzukommen. Die begrenzte
Menge an Süßwasser, die im 18. Jahrhundert noch für ca. 1 Milliarde Menschen ausreichen
musste, muss heutzutage für mehr als 6 Milliarden Menschen reichen.
47
Die schwedische Forscherin Malin Falkenmark führte im Jahr 1989 den sogenannten WaterStress-Index ein. Hierbei definiert sie die Problematik Wassermangel/Wasserknappheit wie
folgt:
Wassermangel (Water stress): Ein Land leidet unter Wassermangel, wenn dessen Bewohner
weniger als 1.700m³ verfügbares, erneuerbares Süßwasser pro Kopf und Jahr zur Verfügung
haben.
Wasserknappheit (Water scarcity): Ein Land leidet unter Wasserknappheit,
wenn dessen
Bewohner weniger als 1.500m³ verfügbares, erneuerbares Süßwasser pro Kopf und Jahr zur
Verfügung haben.
Bei einer Betrachtung der Werte für Syrien wird schnell deutlich, dass die Republik laut
offizieller Definition unter Wassermangel leidet, da den Bewohnern zwischen 1.500m³ und
1.700m³ Wasser pro Kopf und Jahr zur Verfügung stehen (2003). Die folgende Ausarbeitung
beschäftigt sich daher mit den Gründen für den Wassermangel in der Arabischen Republik
Syrien und geht hierbei neben allgemeinen klimatischen Grundlagen sowohl auf die interne
Wasserversorgung des Landes als auch dessen externe Versorgung (im Besonderen auf
politische Konflikte) ein.
2.1 Allgemeine klimatische Grundlagen
Das Klima in Syrien ist im Westen des Landes stark mediterran geprägt, wobei der
mediterrane Einfluss mit zunehmender Entfernung zur Küste nachlässt. Im Winter befindet
sich Syrien im Bereich der Westwindzone und unterliegt somit zyklonalen Einflüssen. Das
Wetter ist wechselhafter, die Ein- und Ausstrahlung aufgrund höherer Bewölkung gering und
die Temperaturen mild. Viele Zyklonen bringen zwar oft nur im Westen und nicht mehr im
Südosten Niederschlag; ihr Durchzug ist aber auch im Bereich der syrischen Wüste mit
Wolkenbildung verbunden. Im Sommer hingegen definiert sich das Klima durch einen
wesentlich kontinentaleren Grundcharakter; durch eine nur gering vorhandene Bewölkung
sind Ein- und Ausstrahlung sowie die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht
verhältnismäßig hoch. Durch den Einfluss der Passatzone sind die syrischen Sommer im
Grundcharakter heiß und trocken. Dennoch unterliegt das Land auch einem west-östlichen
Formenwandel des Klimas: Die durchschnittliche Niederschlagsmenge nimmt im West-OstProfil (Küste – Wüstensteppe) von 1000 mm pro Jahr bis auf 250 mm pro Jahr ab; teilweise
48
gar bis auf 100 mm pro Jahr. Des Weiteren nimmt die Zuverlässigkeit der Niederschläge ab,
d. h. im Westen des Landes sind die Unterschiede der jährlichen Regenmenge in feuchten und
trockenen Jahren geringer als in der Wüstensteppe. Der großräumige west-östliche
Formenwandel des Klimacharakters wird zusätzlich durch eine kleinräumige reliefbedingte
Differenzierung
überlagert:
Je
nach
Höhe
der
Gebirge
im
Westen
ist
die
Niederschlagsdifferenz zwischen Osten und Westen unterschiedlich hoch: durch die
verhältnismäßig geringe Höhe des Alawitengebirges (bis zu 1.200m) können Niederschlag und
Feuchtigkeit in größerem Umfang bis ins Landesinnere vordringen; während östlich des
Antilibanon-Gebirges (bis 2.800m) die Wüstensteppe bis an den Gebirgsrand vordringen kann.
In Syrien sind demnach Wasserhaushalt und Landnutzung stärker von den Niederschlägen als
von den Temperaturen abhängig, da
die Niederschläge einen großen
klimatischen
Unsicherheitsfaktor darstellen. Besonders trockene/feuchte bzw. heiße/kalte Jahre streuen
nicht gleichmäßig, sondern erscheinen häufig in Gruppen mehrerer Jahre zusammengefasst.
Trockenfeldbau (d. h. ohne zusätzliche Bewässerung) kann nur in Bereichen mit mehr als 400
mm Jahresniederschlag ohne großes Dürre-Risiko durchgeführt werden. Problematisch ist
hierbei, dass nur 12 % des syrischen Staatsgebietes derart begünstigt sind; 88 % des
Territoriums erhalten weniger als 400mm Wasser im Jahr. Die Möglichkeit zusätzlicher
Wasserversorgung für die Landwirtschaft Syriens wird somit zur Lebensfrage. Additiv wirkt die
durch
Waldvernichtung
und
Bodenabspülung
verursachte
Beschleunigung
des
Wasserabflusses wie eine zusätzliche ökologische Austrocknung. Siedlungen können sich nur
an Standorten mit gesicherter Wasserversorgung (Flüsse, Quellen, Grundwasser) behaupten.
Diese sind im Land jedoch nur geringfügig vorhanden:
Quellen: Einige verkarstete Bergmassive im Westen Syriens (Alawitengebirge, Antilibanon,
Hermon) nehmen Niederschlags- und Schmelzwasser auf und geben es in Karstquellen wieder
ab.
Flüsse: Der wasserreichste Fluss des Landes ist der Euphrat, welcher für 80% des syrischen
Oberflächenwassers verantwortlich ist. Gemeinsam mit seinen Zuflüssen Khabour und Balikh
liefern die durch Pumpen bewässerten Talauen Wasser für einen intensiven Garten- und
Feldbau.
Grundwasser: Ein lückenloser Grundwasserspiegel ist nur im Norden Syriens vorhanden. Seit
den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts wird dieser Vorrat durch Motorpumpen erschlossen, die
eine bessere Förderung des Wassers ermöglichen.
49
Seen: In Syrien sind keine natürlichen Seen mehr vorhanden (Austrocknung durch
Übernutzung); in der Nähe von Homs gibt es allerdings einen seit der Antike künstlich
aufgestauten See.
Assad-Stausee: Die 1993 eingeweihte Talsperre dient durch ihr Wasserkraftwerk der
Stromerzeugung; angrenzende Felder werden durch ein Kanalsystem bewässert.
2.2 Die Wasserversorgung innerhalb Syriens
Innerhalb des Landes hat die nur unzureichende Abwasserbehandlung Auswirkungen auf die
Qualität von Grund- und Oberflächenwasser. Wasserressourcen in Ballungsräumen werden
oftmals übernutzt und durch veraltete Industriegebiete überlastet, da diese Anlagen ihr
Abwasser häufig ohne hinreichende Umweltschutzmaßnahmen in die Luft leiten bzw.
Schadstoffe in die Luft freisetzen. Somit kommt es durch ungereinigte oder kaum gereinigte
Abwässer zu einer Verseuchung des Trinkwassers und landwirtschaftlicher Produkte; an
Kläranlagen mangelt es im Land. Diese Verseuchungen bedingen neben Krankheiten wie
Cholera und Typhus noch weitere Durchfallerkrankungen.
Abb.1 : Barada in Damaskus
50
Additiv nutzt Syrien einen Großteil seines Wasservorkommens zur Bewässerung von
Agrargebieten, da in großen Teilen der Republik Landwirtschaft nur mit künstlicher
Bewässerung möglich ist. Durch falsche Bewässerungsmethoden und undichte Kanäle und
Rohre wird hier ein nicht unbeachtlicher Anteil des Wassers verschwendet.
Außerhalb der großen Zentren im Land kann es darüber hinaus zu der Situation kommen, dass
die Bevölkerung über einen Zeitraum von mehreren Tagen hinweg kein Wasser über die
normalen Wasserleitungen erhält. Trotz der Wasserspeicher, die in Syrien viele Haushalte
besitzen, muss dann per Tankwagen zusätzlich Wasser eingekauft werden. Dieses wiederum
ist wesentlich teurer als das Wasser der stark subventionierten staatlichen Wasserversorger.
Der Zustand des abgestellten öffentlichen Wassernetzes kann bis zu sechs Tagen andauern.
In der Hauptstadt Damaskus, dessen wichtigste Wasserquelle der Fluss Barada darstellt, wird
das öffentliche Wassernetz generell über Nacht abgestellt. Um dem Problem des
Wassermangels verbessert gegenüberzutreten, betreibt die Bundesrepublik Deutschland seit
dem Jahr 2002 eine Entwicklungszusammenarbeit mit Syrien. Neben den Schwerpunkten
Bildung, Stadtentwicklung und Wirtschaftsreformen nimmt hierbei der Bereich des integrierten
Wassermanagements einen hohen Stellenwert ein. Dazu zählen nicht nur die Ausbildung
syrischer Experten sondern auch Möglichkeiten des Abwassermanagements sowie politische
Reformen. Der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) legt seinen Schwerpunkt auf die
Verbesserung des Trinkwassers sowie die Abwasserentsorgung. Der Fokus der KooperationsProjekte liegt hierbei auf:
•
der Rekonstruktion von Wasserversorgungsnetzen und Abwassersystemen
•
dem Aufbau eines fachlichen Netzwerkes im Wassersektor
•
der Förderung von Qualifizierungs- und Weiterbildungsangeboten, sowie
•
der Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung im Wassersektor
Mittels dieser Projekt-Schwerpunkte soll vor allem der dramatische Wassermangel in den
Großstädten Damaskus und Aleppo reduziert werden.
2.3 Politische Konflikte
Neben der Problematik der Wasserversorgung innerhalb des Landes, leidet Syrien seit vielen
Jahren ebenfalls unter politischen Problemen, die die Wasserversorgung beeinträchtigen.
Hierbei sind besonders der Konflikt im Jordanbecken mit Israel sowie der Konflikt mit der
Türkei im Euphrat- Becken zu erwähnen.
51
2.3.1 Die Golan Höhen
Abb.2 : Jordanbecken
Die
Zuflüsse
des
Jordans,
namentlich
Hasbani,
Dan
und
Banias
entspringen
in
unterschiedlichen Anrainerstaaten: der Hasbani im Südlibanon, der Dan in Israel sowie der
Banias in Syrien auf den Golan-Höhen. Im Zuge des 6-Tage Krieges im Jahr 1967, in dem es
neben weiteren Konfliktpunkten auch um die Wassersituation des Jordan ging, nahm Israel
das Gebiet der Golan Höhen ein und annektierte es später zusätzlich. Ursache für den Streit
um das Wasser in diesem Gebiet waren die Pläne der Länder Israel und Syrien, das Wasser
für verschiedene Projekte umzuleiten. Israel plante eine Umleitung des Jordanwassers,
während Syrien dessen Quellflüsse Banias und Hasbani so umleiten wollte, dass deren Wasser
Israel nicht mehr erreichen konnte. Die Besetzung der Golan Höhen stellt immer noch den
größten
Konfliktpunkt
in
der
syrisch-israelischen
Beziehung
dar.
Mehrere
Friedensverhandlungen zwischen den Ländern scheiterten an einer nicht durchgeführten
Rückgabe des Gebietes; auch die UN erklärte die Annexion der Region in einer Sitzung des
Sicherheitsrates für null und nichtig (1981).
2.3.2 Das Euphrat-Becken
Abb 3: Euphrat-Becken
52
Ein weiterer politischer Konfliktherd in der syrischen Wasserversorgung stellt das Wasser des
Euphrats dar. Die Türkei behält sich als Oberanlieger des Flusses das Recht vor, große Teile
des
Euphratwassers
für
eigene
Projekte
zu
verwenden.
Allein
das
GAP-Projekt
(Südostanatolien-Projekt) beinhaltet den Bau von 22 Staudämmen und 19 Wasserkraftwerken
für die Elektrizitätserzeugung und die Bewässerung von Agrarflächen. Für die Erstbefüllung
des Atatürk-Staudammes im Jahre 1990, staute die Türkei das Wasser des Euphrats für einen
Monat; wodurch Syrien eine riesige Menge Wasser fehlte. Des Weiteren tragen die
Bewässerung durch Kanäle am Euphrat und die erhöhte Verdunstung durch eine größere
Stausee-Verdunstungsoberfläche dazu bei, dass sich die Menge des in Syrien ankommenden
Euphratwassers stark reduziert hat. In einem Protokoll von 1987 sichert die Türkei den Syrern
eine durchschnittliche Versorgung mit Euphratwasser in Höhe von 500m³ pro Sekunde zu.
Problematisch ist hierbei, dass die syrische Regierung 700m³ Wasserdurchfluss pro Sekunde
verlangt. Eine Einigung ist daher schwierig, das Gebiet bleibt ein Konfliktherd. Dennoch ist
positiv zu bemerken, dass sich die Türkei an die zugesicherte Wassermenge hält und
zusätzlich versucht im syrisch-israelischen Konflikt zu vermitteln.
2.4 Fazit
Durch Probleme bei der Wasserversorgung sowohl innerhalb des Landes als auch durch
politische Konflikte mit Nachbarstaaten und schwierigen klimatischen Bedingungen, befindet
sich Syrien in einer äußerst problematischen Lage. Auch in Zukunft wird sich diese Situation
noch weiter verschärfen, da die Wasservorräte durch ein hohes Bevölkerungswachstum im
Land für immer mehr Personen reichen müssen. Dennoch hat Syrien das Problem der
Wasserversorgung erkannt und versucht v. a. durch das Hinzuziehen ausländischer Experten
mit der Situation umzugehen. Es bleibt zu hoffen; dass dieses Bewusstsein alle
Bevölkerungsschichten erreicht und durch eine voranschreitende Implementierung des
integrierten Wassermanagements eine bessere Versorgung der Einwohner des Landes
gewährleistet wird.
53
3 Umwelt
Franziska Duge
3.1 Umweltsituation in Syrien
Die geographischen Gegebenheiten in Syrien und somit die Umwelt sind, wie in Teil 1
beschrieben,
vielfältig
und
bedürfen
daher
unterschiedlichen
Betrachtungs-
und
Herangehensweisen. Die verschiedenen Regionen bieten für den Menschen sowohl
Voraussetzungen für die Landwirtschaft, als auch für die Viehwirtschaft. Dazu gibt es ein
reichliches Ressourcenaufkommen von Erdöl und Erdgas (6_Deutscher Naturschutzring 2010).
Gleichzeitig wächst die inländische Tourismusbranche und touristische Infrastruktur. Der
Tourismus stützt sich auf das große landschaftliche, historische und kulturelle Potenzial
Syriens. Der schnell expandierende Sektor bietet zahlreiche Perspektiven für die Zukunft,
wenn nachhaltig damit umgegangen wird. Ein an die Umwelt angepasstes Wirtschaften der
Bevölkerung ist nämlich in Syrien größten Teils nicht vorausgesetzt. Die Kultur und
Lebensweisen in Syrien waren geschichtlich stets im Wandel. Das Stadtleben ist genauso
landestypisch wie das Leben der Beduinen in der Wüste. Heute gibt es durch nationale und
globale
Vernetzungen
einige
übergreifende
Phänomene
in
der
Umwelt.
Dies
sind
Umweltprobleme, welche vor allem in Städten auftreten und aus dem wachsenden Wohlstand
und der Verwestlichung der Kultur und Lebensweise resultieren.
In und um Damaskus leben heute ca. fünf Millionen Menschen (14_Luley 2010). Die Zahl der
Autos hat sich in den letzten fünf Jahren in Syrien verdreifacht. Mit dem steigenden
Lebensstandard ist es auch aus Prestigegründen für z. B. Familien wichtig, mindestens ein
Auto zu besitzen. Die Infrastruktur ist für die heutigen Umstände unzureichend. Es gibt
mehrere 10.000 Kleinbusse in Damaskus, die schon seit längerer Zeit von größeren,
moderneren Bussen abgelöst werden sollen. Die Luftverschmutzung nimmt als Hauptproblem
rapide zu (1_Abdullah 2010).
3.2 Umweltprobleme
Die Umweltprobleme in Syrien haben sowohl natürlich klimatische als auch menschlich
verursachte Gründe. Zu den Problemfeldern gehört die Luftverschmutzung, vor allem in Form
von Smog über den Städten (13_Carter 2008). Darüber hinaus ist, wie in Teil 2 erwähnt, die
Wasserverschmutzung ein Problem, verursacht vor allem durch Industrie- und Haushaltsmüll.
Weitere
Problematiken
sind
die
Desertifikation,
Krankheiten
durch
Luft-
und
54
Wasserverschmutzung (Cholera, Typhus, Diarrhöe), Erosionen durch Wind und Wasser,
verminderte Biodiversität, Waldrückgang, verminderte Artenvielfalt und Überfischung.
Das bedeutendste Umweltproblem in Syrien, die Luftverschmutzung, wird insbesondere durch
Verkehr, offene Feuer und unkontrollierte Mülldeponien hervorgerufen. Erosionen existieren
nach Meinung des Dekans für Architektur an der Yarmouk Private University (YPU) nicht
(1_Abdullah 2010).
Dies wurde jedoch auf der Exkursion nach Syrien, während des Ausfluges auf den Hausberg in
Damaskus, revidiert. Die Erosionen, welche dort in der Nähe der informellen Wohnviertel
entstehen, sollen durch Tonnenbepflanzung (siehe Abb. 8) vermieden und behoben werden.
Abbildung 8 Tonnen als Befestigung gegen Erosionen am Hausberg in Damaskus (Quelle: eigene
Aufnahme).
Der Vortrag zu Umweltproblematiken am 08. März 2010 an der YPU war demnach
Diskussionsthema. Es wurden einige Ideen genannt, wie mit den Problemen umgegangen
werden kann. Diese sollen im Folgenden besonders für die Luftverschmutzung in Damaskus
erläutert und ausgeführt werden.
3.2.1 Luftverschmutzung in Damaskus
Damaskus weist eine der stärksten Luftverschmutzungen im östlichen Mittelmeerraum auf
(10_GTZ 2010). Der Hauptverursacher für die Luftverschmutzung im Großraum Damaskus ist
der Straßenverkehr mit hohen Immissionen. Besonders stark treten diese an den
Verkehrsknotenpunkten, wie den sieben Stadttoren auf. Zur Rush Hour staut sich der Verkehr
aufgrund der unzureichenden Infrastruktur mit schlecht geplanten Straßenführungen und
einem Mangel an Leitsystemen. So steht an vielen Kreuzungen und Gabelungen Polizei, die
den Verkehr notgedrungen regelt. Besonders zu Zeiten der Rushhour ist die Lärm- und
55
Luftbelastung kritisch. Es kommt vor, dass der Verkehr auf Umwege geleitet wird, um
Entlastungen zu erreichen. Dadurch legen die Fahrzeuge längere Wege zurück und es kommt
zu höheren Verbauchs- und Belastungswerten. Fährt man auf der einen Seite in einen
Kreisverkehr hinein, so bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass man auf der anderen Seite
normal hinausfahren kann. Diese Beobachtungen lassen sich, wie auf der Exkursion am 08.
März 2010, beispielhaft am Stadttor Bab Touma beobachten. Dort legt man eine ca. zwei km
lange Strecke über zwei weitere Kreisverkehre zurück, um von der einen Seite des
Kreisverkehres auf die andere zu gelangen. Die Belastungsstoffe, die dabei ausgestoßen
werden, sind zahlreich. Es handelt sich hierbei um Sulphur-Dioxid, Nitrogen-Monoxid, NitrogenDioxid, Carbon-Monoxid und sonstige frei schwebende Partikel. Diese Daten gehen aus
Messungen des Umweltministeriums in Damaskus mit 15 Luftmessposten seit dem Jahr 1997
hervor (10_GTZ 2010).
Abbildung 9 Luftmessposten auf der sehr befahrenen An Nasr Ave vor dem Justizpalast in
Damaskus (Quelle: eigene Aufnahme).
Abbildung 10 An Nasr Ave - zwischen alter Hijaz Bahnstation und Zitadelle (Quelle: eigene
Aufnahme).
56
Die Anzahl von Luftmessposten ist allerdings im Vergleich zu z. B. Berlin mit einer ähnlich
hohen Einwohneranzahl von 3,2 Mio. (Damaskus um die 3 Mio.) und 600 Messstationen sehr
gering. Durch die Mobilität der Posten wird jedoch versucht, mit relativ geringen Mitteln
möglichst aussagekräftige Messungen durchzuführen. So lässt sich festhalten, dass die
Konzentration von Schadstoffpartikeln in einigen Zonen dreifach über dem deutschen
Grenzwert liegt, obwohl 14-mal weniger Fahrzeuge in Damaskus als z. B. in Berlin fahren. Die
Fahrzeugdichte ist im Vergleich zu anderen europäischen Städten nicht sehr hoch, der
gesamte Benzinverbrauch ist aber auf einem ähnlichen Niveau. Es lässt sich schlussfolgern,
dass
die
Fahrzeuge
und
der
Treibstoff
vergleichsweise
ineffizient
sind
und
hohe
Verbrauchswerte aufweisen. Insbesondere die Dieselqualität ist gering, was sich in Anbetracht
der vielen Dieselfahrzeuge in Damaskus negativ auswirkt. Besonders ausschlaggebend sind
die kleinen Busse, die überall auf den Straßen zu sehen sind und das öffentliche
Hauptverkehrsmittel
darstellen.
Diese
Fahrzeuge
werden
nicht
ohne
Grund
als
„Dreckschleudern“ und „Treibstofffresser“ bezeichnet. Sie besitzen keine Katalysatoren und so
kann auch nicht die oftmals mühsame und liebevolle Dekoration der Betreiber von den
Auswirkungen ablenken. Im Jahr 2003 gab es 17.000 private Kleinbusse in Damaskus
(10_GTZ 2010, 19f.). Diese Zahl steigt jährlich um 25 %, was bedeutet, dass in diesem Jahr
nahezu 80.000 Kleinbusse auf Damaskus Straßen verkehren.
Abbildung 11 Busstation an der Präsidentenbrücke (Quelle: eigene Aufnahme 2010).
Es sind jedoch nicht nur die Kleinbusse zu nennen. Ebenso gibt es zahlreiche Taxen und
Privatfahrzeuge, welche niedrige Standards aufweisen. Viele Fahrzeuge wirken sehr
heruntergekommen und besitzen kaum Sicherheitsvorkehrungen. Wenn man mit dem Taxi in
Damaskus verkehrt, kommt es oft vor, dass es unter anderem keine Sicherheitsgurte gibt und
57
die Fenster nicht hochzukurbeln sind. Der Gestank und die Abgase von den Straßen sammeln
sich im Fahrzeuginnenraum. Viele private Fahrzeuge sind aus dem Westen importiert. So ist
Syrien für Fans von Oldtimern ein geeignetes Reiseziel. Dies bedeutet allerdings auch, dass
die Fahrzeuge unseren Standards, wie z. B. TÜV, nicht genügen oder deren Betriebskosten in
unseren Gefilden unökonomisch hoch wären. Der motorisierte Individualverkehr (MIV) ist
somit neben dem Busnetz ein modernisierbares Feld.
Abbildung 12 Autoschrotthandel am nordöstlichen Autobahnkreuz von Damaskus (Quelle: eigene
Aufnahme 2010).
Der Autoschrotthandel ist im Nordosten Damaskus sehr verbreitet. Es gibt dort eine
weitläufige Straßenmeile mit Autohandelsgeschäften (siehe Abb. 12). Es finden sich jegliche
Einzelteile von Autos aus den verschiedensten Epochen für verschiedenste Automodelle. Sehr
verbreitet sind auch hier Kleinbusse und deren Ersatzteile.
Neben dem Problem des Verkehrs tragen Immissionen durch das Heizen mit Dieselöfen zu der
Luftverschmutzung bei (10_GTZ 2010). Dieselöfen bieten durch die günstigen Dieselpreise
eine günstige Heizmöglichkeit für die Damaszener, weshalb sie sehr beliebt sind. Es gibt nicht
viele Alternativen, so kommt es darüber hinaus dazu, dass mit elektrischen Öfen geheizt wird.
Abbildung
13
Elektronische
Heizung
im
alten
Damaszener
Wohnhaus (Quelle: eigene Aufnahme 2010).
58
Diese Art der Wärmeerzeugung gehört zu den ineffizientesten, da große Mengen an Strom
benötigt werden. Der Strom wird, genauso wie Wasser oder Mehl vom Staat subventioniert,
weshalb die hohen Verbrauchswerte für die Anwohner unwichtig sind. Die vergleichsweise
umfangreichen Subventionen, auch in den Bereichen des Verkehrs und der Müllentsorgung,
sind kritisch und erfordern ein Umdenken (6_Deutscher Naturschutzring 2010).
Abbildung 14 Smog unter der Inversionsschicht über Damaskus (Quelle: eigene Aufnahme).
Der Smog, welcher durch die beschriebenen Faktoren unvermeidlich entsteht, sammelt sich
über der Stadt und lagert sich, wie unter Punkt 1.2.1 beschrieben, unter einer
Inversionsschicht an (siehe Abb. 14). Der Smog nach dem Los Angeles-Typ ist durch eine
hohe Sonneneinstrahlung, v. a. im Sommer mit photochemischer Sekundärschadbildung
(Ozon), besonders gesundheitsschädlich (15_Pez 2009).
Die von der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) beauftragten Luftmessungen
sind daher erforderlich, um aussagekräftige Daten an die politisch Verantwortlichen in Syrien
auszuhändigen. Umweltentscheidungen sollen verantwortungsbewusster getroffen werden.
Das
Bevölkerungs-
und
Wirtschaftswachstum
erhöht
die
Umweltprobleme
und
den
Handlungsdruck.
3.2.2 Lösungsansätze, Stellschrauben und Hindernisse
Die Maßnahmen zur Verdeutlichung der Umweltproblematiken zeigen bereits ihre ersten
Auswirkungen. Bis zum Jahr 2011 stellt Syrien beispielsweise Investitionen im Wert von 1.48
Milliarden US-Dollar, um Wind- und Solarenergie zu fördern (18_Syrian Agriculture 2010).
Diese erneuerbaren Energien sollen das Land 2011 mit einem Anteil von 4 % des
59
Gesamtverbrauchs versorgen. Es sollen 7225 neue Arbeitsplätze entstehen. Denselben Anteil
an Energie hätte man in Syrien zwar mit Energie aus konventionellen Ressourcen, wie Öl zu
einem wesentlich geringeren Herstellungspreis erhalten können. Allerdings rentieren sich die
erneuerbaren Energien auf lange Sicht, da sie geringe Betriebskosten aufweisen. Außerdem
bietet die hohe Anzahl der Sonnenstunden in Syrien ideale Voraussetzungen. Der
Stromverbauch der Syrer lag im Jahr 1999 mit 863 Kilowattstunden pro Person deutlich
niedriger als der Durchschnitt der arabischen Länder mit 1.303 Kilowattstunden pro Person
und den einkommensstarken Ländern der Erde mit 8.431 Kilowattstunden pro Person.
Die Luftverschmutzung hat sowohl für den Menschen als auch für die Natur und die
historischen Bauten in den alten syrischen Städten Folgen. Die Problematik ist allerdings nicht
so einfach anzugehen, wie es bei der Problembeschreibung erscheinen mag. Während der
Vorträge am 08. März 2010 an der YPU gab es bereits Vorschläge, wie z. B. das Verbot von
MIV in der Altstadt Damaskus. Die syrischen Studenten hielten dies für eine sinnvolle
Maßnahme. Sie verwiesen jedoch auf die Regierung, welche oftmals solchen Prozessen ein
Hindernis zu sein scheint. Fortschritte im Feld der Entwicklungszusammenarbeit sind daher
hoch anzurechnen, wenn man bedenkt, was für Wege für einen Erfolg beschritten werden
müssen.
Dazu ist Rücksicht darauf zu nehmen, dass Syrien sich in einem Entwicklungsstadium befindet,
welches umweltschonende Prozesse besonders erschwert.
Wie aus Abbildung 15 schematisch zu erkennen ist, entwickelt sich die Umweltbelastung
abhängig von dem Grad des Wohlstandes in einem Land. Dabei sind im idealtypischen Fall,
eines kontinuierlich wachsenden Wohlstandes, zwei ausschlaggebende Wendepunkte zu
beachten. Der erste Wendepunkt leitet den Steigungsrückgang von umweltbelastenden
Faktoren ein. Am zweiten Wendepunkt hat ein Land einen so großen Wohlstand erreicht, dass
ein weiteres Wirtschaftswachstum eine schonende Wirkung auf die Umwelt hat (3_Braun
2010). Dies ist durch die Entwicklung von Technologien und der Schwerpunktverlagerung in
den Wirtschaftssektoren zu erklären. Ein erhöhter Wohlstand bedeutet, dass ein Land
vermehrt Wert auf Innovationen legt. Umweltschutzmaßnahmen sind dabei auch als Luxus zu
betrachten, da diese nur mit einem hohen Volkseinkommen finanzierbar sind.
60
Abbildung 15 Verhältnis von Wirtschaftswachstum und Umweltbelastung (Quelle: 3_Braun 2010.)
Syrien ist in diesem Kontext vor dem ersten Wendepunkt einzuordnen. Dies ist exemplarisch
am Faktor des MIV zu beobachten. Der Anstieg der Autoanschaffungen (wie unter Punkt 3.1
erläutert) deutet darauf hin, dass es einen Anstieg des Wohlstandes gibt und dieser zu einem
erhöhten Anstieg der Umweltbelastungen führt, wie sich in den Städten beobachten lässt.
Aus diesem Grund sind Entwicklungsorganisationen wie die GTZ darum bemüht, durch
Verkehrsmanagement eine Verkehrsberuhigung, eine Reduzierung des MIV, nachhaltige
Förderung des Öffentlichen Personalverkehrs (ÖPNV) und Sicherheit für Fußgänger zu
erreichen (9_GTZ 2006). Neben dem Schonen der Umwelt soll auch die Lebens- und
Wohnqualität in einer Stadt verbessert werden. Eine bessere Luft und weniger Verkehr
bedeuten
z.
B.
ebenso
eine
geringere
Lärmbelastung
und
die
Bereitstellung
von
Parkmöglichkeiten und deren Erreichbarkeit. Dies wird insbesondere gemeinsam mit den
Einwohnern versucht umzusetzen. Kampagnen für Sauberkeit und Umweltbewusstsein,
Müllsammeln und das Pflanzen von Bäumen auf Innenhöfen und öffentlichen Plätzen führt zur
Bewusstseinssteigerung, indem die angenehmen Vorzüge von Umweltfreundlichkeit vermittelt
werden.
Diese Art der nachhaltigen Stadtentwicklung hat in Aleppo dazu geführt, dass innerhalb von
zehn Jahren, von 1995 bis 2005 die Zahl der Altstadtbewohner um 15.000 Einwohner
gewachsen ist (12_GTZ 2010). Zuvor hatte die Stadt zwischen 1945 und 1995 durch den
Zerfall der Altstadt 50 % der Einwohner eingebüßt. Mittels eines soziokulturellen Ansatzes,
eingebettet in ein Sanierungs- und Entwicklungskonzept, konnte die Stadt wiederbelebt
werden (11_GTZ 2010). Dies gelang mit Hilfe von Kleinkrediten und kostenloser technischer
Beratung für Anwohner. In Damaskus wurde dieses Projekt ebenfalls übernommen. Frau
61
Kahlmeyer berichtete am 05. März 2010 im Büro der GTZ in Damaskus, dass es eine
Beratungsstelle gibt,
in
der
man
sich
bemüht, eine
möglichst
breite
Masse
von
Altstadtanwohnern anzusprechen. Dabei geht es im Weiteren darum, dass die alte Stadt
aufgrund der Abwanderung der Wohlhabenden verfällt. Die reiche Bevölkerung siedelt sich um
die Stadt herum in modernen Wohnungen an, während die ärmere Bevölkerung sich dies nicht
leisten kann und in der Altstadt verharrt. Vergleicht man die Bevölkerung der Altstadt mit der
außerhalb, so fällt dieser Unterschied deutlich auf. In der Altstadt fehlen dementsprechend die
Gelder der Anwohner, um den eigenen Besitz in Stand zu halten. Dies gilt natürlich ebenso für
die Infrastruktur, welche für die Schonung der Ressourcen, vor allem des Wasser, von hoher
Relevanz ist. Viele Wasserleitungen sind aus monetärem Mangel an vielen Stellen nicht dicht,
wodurch diese kostbare Ressource unnötig vergeudet wird.
Weitere Möglichkeiten zum Umweltschutz bieten die Einführung eines Grenzwertkataloges, die
Verbesserung des öffentlichen Verkehrssystems, alternative Heizmöglichkeiten und ein
strengeres Vorgehen gegen die Verursacher von Schadstoffen (10_GTZ 2010). Wie unter
Punkt 3.2.1 beschrieben, ist der Verkehr für die Reduzierung der Luftverschmutzung eine
Hauptstellschraube. Neben Fahrzeugprüfungen in puncto Immissionen und in Bezug zur
Fahrzeugsicherheit, stellen hier die Kleinbusse einen besonders kritischen Punkt dar, da sie die
Einkommensquelle vieler Damaszener Familien sind. Ein Kleinbus wird durchschnittlich von
drei Familien an 24 Stunden, sieben Tage die Woche betrieben. Bei der Anzahl von
Kleinbussen lässt sich überschlagen wie viele Familien an dieses Geschäft gebunden sind. Aus
diesem Grund müssen sowohl Alternativen für den Transport (bzw. dessen Verbesserung), als
auch für die Beschäftigung der Busfahrer gefunden werden. Da die Kleinbusse sehr populär
sind und das bevorzugte Transportmittel darstellen, erscheint es sinnvoll, das Kleinbussystem
auszubessern. Dies würde bedeuten, dass die Busse mit Katalysatoren ausgestattet werden
müssten und dass Busse mit zu hohen Kraftstoffverbrauchswerten aus dem Geschäft gezogen
und ersetzt werden sollten. Ein möglichst geringer Verbrauch ist anzustreben, solange es noch
keine Alternativen in Form von einem Bahnnetz gibt. Die Variante von Elektrobussen ist auch
außer Betracht zu lassen, da der Technologie- und Entwicklungsstand dies realistisch noch
nicht zulässt. Darüber hinaus gibt es noch nicht genügend erneuerbare Energien in Syrien,
sodass dies sinnvoll wäre. Dieses Thema schließt sogleich an alternative Heizmöglichkeiten an,
welche mit Solarenergie zu erschwinglichen Preisen bereitgestellt werden müsste. Die
klimatischen Voraussetzungen in Syrien sprechen besonders für diese Variante. Allerdings ist
es zu beachten, dass Photovoltaikanlagen auf vielen Dächern aus statischen Gründen nicht
installierbar sind. Die alten Gebäude sind ungeeignet, wodurch sich die Option von
62
Photovoltaikanlagen in integrierter Bauweise auf moderne Viertel beschränkt. Auf Freiflächen
(westliche Wüste) könnte jedoch genügend Energie erzeugt werden, um auch die alten Städte
mit Energie zu versorgen. Das oben erwähnte Projekt mit hohen Investitionen lässt auf eine
Zukunft in diesem Sektor hoffen. Genauso gibt es gute Voraussetzungen für Windenergie, die
noch
nicht
ausreichend
genutzt
werden
(6_Deutscher
Naturschutzring
2010).
Die
Wasserenergie ist hingegen mit dem Assad-Staudamm vergleichsweise weit vorangeschritten
(17_Spiegel 1996). Allerdings kommt es in diesem Sektor aufgrund der Wasserkonflikte, wie in
Teil 2 beschrieben, zu Stromausfällen und Komplikationen. Aufgrund der bereits erwähnten
Wasserproblematiken erscheint es sinnvoller, in andere Bereiche der erneuerbaren Energien
einzusteigen.
3.3 Abschließende Bemerkung
Die von der Regierung eingeleiteten Umweltschutzmaßnahmen zeigen bis jetzt noch nicht ihre
gewünschten Auswirkungen. Die Bemühungen der Regierung sind nicht ausreichend, um den
Problemen
entgegenzuwirken.
Die
Bevölkerung
hat
jedoch
stark
unter
den
Umweltbelastungen zu leiden, für welche sie zu großen Teilen auch selbst verantwortlich ist.
Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll, auf die Bevölkerung zu setzen. Durch einen
Bewusstseinswandel hin zum verantwortlichen Umgang mit Ressourcen und der Umwelt
könnten wesentliche Einsparungen erreicht werden, die dem gesamten Land zu Gute kommen
würden. Syrien verfügt über zahlreiche Ressourcen und Möglichkeiten, welche effektiver
genutzt
werden
könnten.
Aus
diesem
Grund
erscheinen,
in
Bezug
auf
Entwicklungszusammenarbeit, besonders Projekte mit einem direkten Bezug zur Bevölkerung
überzeugend. Die Umweltsituation in Syrien muss und wird sich verändern. Mit einem weiter
ansteigenden Wohlstand wird auch der Anstieg der Umweltbelastungen, nach dem Erreichen
des ersten Wendepunktes (siehe Abb. 15), zurückgehen. Die Frage und daraus resultierende
Aufgabe ist es, wie schnell dies geschehen wird und dass auf dem Weg dorthin nachhaltige
Schäden an der Umwelt möglichst zahlreich vermieden werden.
63
4
Literaturverzeichnis / Quellenangaben
1. Abdullah, M. (Dekan der Architektur Fakultät der Yarmouk Private University): Gespräch am 08.03.2010,
Damaskus.
2. Auswärtiges Amt: 2008, Syrien, http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/01 Laender/Syrien.html, Stand: 03.01.2010.
3. Braun, B.: 2010, Welthandel und Umwelt: Konzepte, Befunde und Probleme. In: Geographische
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4. Brunswig-Ibrahim, M.: 2009, Syrien, 3. Aufl., Reise Know-How Verlag, Bielefeld.
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9. Deutscher Naturschutzring (Hrsg.): 2010, Nachhaltigkeit im Morgenland, http://www.dnr.de/publikationen/
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12. GTZ (Hrsg.): 2006, The Rehabilitation of the Old City of Aleppo. Urban Development in a World Cultural
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13. GTZ
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2010,
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Streife
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http://www2.gtz.de/dokumente/AKZ/deu/AKZ_2003_1/syrien.pdf (Stand 04.02.2010).
14. GTZ (Hrsg.): 2010, Nachhaltige Stadtentwicklung,
osten/syrien/26048.htm (Stand 04.02.2010).
in
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12.04.2010).
16. Carter, T. u. a.: 2008, Syria and Lebanon, Lonely Planet, Hong Kong.
17. Luley, B. (Leiter des Goethe Institut): Gespräch am 10.03.2010, Damaskus.
18. Pez, P.: 2010, Vorlesung Klima & Wetter im WS 2009/2010. Lüneburg.
64
19. Scheck, F. R. and Odenthal J.: 2009, Syrien – Hochkultur zwischen Mittelmeer und Arabischer Wüste,
Dumont, Ostfildern.
20. Scinexx (Hrsg.): 1999, Kalter Krieg um Wasserrechte, http://www.g-o.de/dossier-detail-86-6.html
(abgerufen am 08.01.2010).
21. Spiegel (Hrsg.): 1996, Hahn abgedreht, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8921839.html (Stand
12.04.2010).
22. Syrian Agriculture (Hrsg.): 2010, Syrian and wind solar energy, http://www.syrianagriculture.org/ (Stand
09.04.2010).
23. Wirth, E.: 1971, Eine geographische Landeskunde von Eugen Wirth, Wissenschaftliche Buchgesellschaft,
Darmstadt.
65
Syrien aus Sicht der deutschen Bundesregierung
Jan B. Eger
Gliederung
1
Einleitung
66
2
Rahmenbedingungen
67
3
Bilaterale Beziehungen
68
4
3.1
Politische Beziehungen
68
3.2
Wirtschaftliche Beziehungen
69
3.3
Entwicklungszusammenarbeit
69
3.4
Kulturaustausch
70
Probleme
71
4.1
Israel
71
4.2
Rüstung/Internationale Abkommen
72
4.3
Hisbollah
73
4.4
Hamas
74
5
Fazit
75
6
Literaturverzeichnis / Quellenangaben
76
1 Einleitung
Syrien ist weltpolitisch nicht unumstritten. Immer wieder wird das Land im Kontext der „Achse
des Bösen“ in einem Atemzug mit den Ländern Iran und Nordkorea genannt. Doch wie kommt
die internationale Öffentlichkeit zu solch einer Einschätzung? Was sind die Ursachen? Mit
diesen Fragen möchte ich mich in meinem Referat beschäftigen und gleichzeitig die Sicht der
deutschen
Bundesregierung
darstellen
und
daraus
folgend
die
Außenpolitik
der
Bundesrepublik Deutschland diesem Land gegenüber. Ziel des Referates ist nicht eine
66
Wertung abzugeben und Partei zu ergreifen und etwaiges Handeln von Staaten zu verurteilen,
sondern es dient lediglich der nüchternen Aufzählung beziehungsweise Darstellung der
Rahmenbedingungen und Fakten.
2 Rahmenbedingungen
Die Hauptstadt der Präsidialrepublik Syrien ist Damaskus, die nach Aleppo zweitgrößte Stadt.
Syrien ist seit dem 17.04.1946 von Frankreich unabhängig. Das Staatsoberhaupt der etwas
über 20 Millionen Syrer ist Baschar al-Assad, der ebenfalls der Einheitspartei vorsteht. Zum
Vergleich: Deutschland ist eine parlamentarische Bundesrepublik und hat über 81,8 Millionen
Einwohner.
Abbildung 1 Nationalflagge Syrien, Quelle: Auswärtiges Amt
Das Land ist sehr dünn besiedelt: mit 109 Einwohner pro Quadratkilometer hat Syrien nicht
einmal halb so viele Einwohner wie Deutschland mit 230 Einwohnern (03_Auswärtiges Amt,
2010).
Syrien steht mit einem Bruttoinlandsprodukt von 2.757 US$ an Platz 112, während
Deutschland mit 39.979 US$ den 18. Platz belegt. Der weltweite Durchschnitt liegt bei 8.302
US$, wobei dieser bei ökonomisch entwickelten Staaten bei 38.067 US$ liegt und bei
ökonomisch sich entwickelnden Staaten liegt der Durschnitt bei 2.688 US$. Die Weltrangliste
wird von Luxemburg mit 102.145 US$ angeführt, gefolgt von der Schweiz mit 54.936 US$ auf
dem 6. Rang, die Vereinigten Staaten liegen mit 44.594 US$ auf dem 12. Rang. Das
Schlusslicht bildet Burundi mit 110 US$. Syrien lässt sich daher den ökonomisch sich
entwickelnden Staaten zuordnen, nimmt unter diesen jedoch einen überdurchschnittlichen
Platz ein (01_International Monetary Fund, 2010).
67
Deutlich aussagekräftiger ist jedoch der Human Development Index (HDI). Er berücksichtigt
neben dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Einwohner eines Landes (Kaufkraftparität) die
unterschiedlichen Lebenshaltungskosten, ebenso die Lebenserwartung, den Bildungsgrad
mit Hilfe der Alphabetisierungsrate und der Einschulungsrate der Bevölkerung. Der Faktor
Lebenserwartung gilt als Indikator für Gesundheitsfürsorge, Ernährung und Hygiene; das
Bildungsniveau steht, ebenso wie das Einkommen, für erworbene Kenntnisse, sowie
Zukunftsfähigkeit und die Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben für einen
angemessenen Lebensstandard.
Der HDI wird seit 1990 jährlich in Human Development Report des UNDP veröffentlicht. Ein
HDI größer gleich 0,9 steht für Länder mit sehr hoher menschlicher Entwicklung; hohe
menschliche Entwicklung wird bei einem Index größer gleich 0,8 assistiert, während man
zwischen 0,5 und 0,8 noch von mittlerer Entwicklung spricht, haben Länder kleiner 0,5 eine
nur geringe Entwicklung.
Deutschland hat mit einem Index von 0,947 einen 22. Rang, während Syrien mit einem HDI
von 0,726 einen 108. Rang belegt. Vergleicht man dies mit dem 112. Rang beim BIP, so
haben die zusätzlichen Faktoren einen leicht positiven Einfluss auf das Ranking (02_UNDPHomepage, 2010).
3 Bilaterale Beziehungen
Die politische Situation Syriens ist seit Jahren trotz des anhaltenden außenpolitischen Drucks
weitgehend stabil. Seit 2000 befindet sich Präsident Bashar Al-Assad im Amt, der als großer
Hoffnungsträger gilt, Syrien an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen. Zwar ist
die syrische Wirtschaft bislang noch sozialistisch orientiert, doch zeigen die ergriffenen
Maßnahmen zur Reform und Öffnung mit dem Ziel einer sozialen Marktwirtschaft immer mehr
Ergebnisse. Er öffnete das Land, ließ Zugang zum Internet zu und versucht das Land nicht mit
so harter Hand zu regieren wie sein Vater.
3.1 Politische Beziehungen
Das Auswärtige Amt bezeichnet die bilateralen Beziehungen zu Syrien als traditionell eng und
freundschaftlich.
Seit dem Besuch von Außenminister Steinmeier im Dezember 2006, der syrischen Teilnahme
am Nahosttreffen in Annapolis im November 2007 und der Teilnahme von Präsident Assad am
Gipfel der Mittelmeerunion im Juli 2008 in Paris hat sich die Zusammenarbeit mit westlichen
68
Staaten intensiviert. Die hohe Wertschätzung guter Beziehungen zu Deutschland wird in der
syrischen Politik deutlich. Für die deutsche Entwicklungspolitische Zusammenarbeit ist Syrien
seit 2002 Partnerland. Der syrische Vizepremier für Wirtschaftsfragen und Reformen Abdullah
Dardari wurde im Februar 2007 und im Juni 2009 in Berlin empfangen. Seitens der
Bundesregierung besuchten immer wieder Bundesminister Syrien. Das Land wird zudem
regelmäßig von Delegationen aus Bundesländern sowie von Mitgliedern des deutschen
Bundestags bereist (05_Auswärtiges Amt, 2010).
3.2 Wirtschaftliche Beziehungen
Im Jahr 2008 exportierte Deutschland Waren im Wert von 688 Millionen Euro nach Syrien und
importierte aus Syrien Waren für über 1.239 Millionen Euro. Deutschland ist für Syrien eines
der wichtigsten Lieferländer für elektrotechnische Erzeugnisse, Maschinen, chemische
Produkte und Kraftfahrzeuge. Bei den deutschen Einfuhren aus Syrien spielt Erdöl nach wie
vor eine wichtige Rolle. Daraus resultiert auch der Handelsbilanzüberschuss für Syrien von
circa 550 Millionen Euro in 2008 (05_Auswärtiges Amt, 2010).
Deutschland exportierte 2008 Waren im Wert von 985 Milliarden Euro und importierte im
selben Jahr Waren im Wert von 805 Milliarden Euro (04_Deutsche Bundesbank, 2010). Setzt
man die Handelszahlen mit Syrien ins Verhältnis zur gesamten Leistungsbilanz der
Bundesrepublik Deutschland, so wird deutlich, dass Syrien im Handel mit Deutschland eine
eher untergeordnete Rolle spielt.
3.3 Entwicklungszusammenarbeit
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit Syrien wurde seit 2001 stetig ausgebaut. Von
1992 bis 2000 hatte es wegen ungeregelter Schulden Syriens keine Regierungsverhandlungen
über die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit und auch keine Neuzusagen mehr gegeben.
Nach der Lösung der Altschuldenproblematik wurde 2001 die Zusammenarbeit mit
Deutschland
Wassersektor;
wieder
aber
aufgenommen.
Entwicklungspolitisch
auch
Bereichen
in
den
liegt
der
Wirtschaftsreformen,
Schwerpunkt
im
Hochschulbildung,
Stadtentwicklung und erneuerbare Energien ist Deutschland aktiv. Zu nennen ist hier die
Gesellschaft
für
technische
Zusammenarbeit
(GTZ),
die
im
Auftrag
verschiedener
Bundesministerien berät.
Inzwischen beraten in diesen Feldern rund 50 deutsche Langzeitexperten syrische Ministerien
und andere Institutionen(05_Auswärtiges Amt, 2010).
69
3.4 Kulturaustausch
Grundlage für die kulturelle Zusammenarbeit ist das 1959 mit der damaligen Vereinigten
Arabischen Republik (Ägypten und Syrien) abgeschlossene Kulturabkommen. Neben der
Förderung der deutschen Sprache, der archäologischen Zusammenarbeit und dem klassischen
Kulturaustausch
(Konzerte,
Ausstellungen,
Podiumsdiskussionen)
stellt
die
Hochschulkooperation den Schwerpunkt der bilateralen Kulturbeziehungen. Es gibt in Syrien
mehr als 1000 Syrer, die über einen deutschen Universitätsabschluss verfügen. Das Interesse
an einem intensiven Wissenschaftsaustausch ist groß.
Das 1979 wiedereröffnete Goethe-Institut behauptet dank reichhaltiger und vielfältiger
Aktivitäten einen festen Platz im Damaszener Kulturleben. Die Nachfrage nach deutschem
Sprachunterricht steigt ständig. Derzeit nutzen auch viele irakische Staatsangehörige, die sich
in Syrien aufhalten, das Angebot des Goethe-Instituts.
An syrischen Schulen wird kein Deutsch unterrichtet. Es verfügen jedoch alle staatlichen
Universitäten Syriens über ein Deutschkursangebot. An den Universitäten von Damaskus und
Aleppo sind Sprachlektoren des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) tätig. Im
Herbst 2006 wurde mit Hilfe des DAAD an der Damaskus-Universität eine Deutschabteilung
eröffnet.
Deren Absolventen steht der regionale Master-Studiengang in Deutsch als
Fremdsprache an der German Jordanian University offen. Im Juni 2008 hat Syrien zudem ein
Regierungsstipendiatenabkommen unterzeichnet, in dessen Rahmen der DAAD zunächst für
die kommenden fünf Jahre bis zu 60 syrische Regierungsstipendien pro Jahr betreut, die an
syrische
Master-,
Promotions-
und
Medizinstudenten
für
ein
Studium
bzw.
eine
Facharztausbildung in Deutschland vergeben werden.
Die archäologische Zusammenarbeit zwischen Syrien und Deutschland kann auf eine lange
und erfolgreiche Geschichte zurückblicken. Seit 1980 gibt es in Damaskus eine Außenstelle der
Orientabteilung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI). Neben dem DAI sind auch
zahlreiche deutsche Universitäten in Syrien archäologisch aktiv: So hat die Universität
Tübingen bei Grabungen, die mit finanzieller Unterstützung des Auswärtigen Amtes im
Königspalast von Qatna/Tel Mishrifeh bei Homs durchgeführt wurden, ein unberührtes
Königsgrab mit bedeutenden Grabbeigaben entdeckt. Die Funde bilden den Höhepunkt der
Großen Landesausstellung „Schätze des Alten Syrien – Die Entdeckung des Königreichs
Qatna“, die vom 17. Oktober 2009 bis 14. März 2010 im Landesmuseum Württemberg in
Stuttgart zu sehen ist (05_Auswärtiges Amt, 2010).
70
4 Probleme
Zuvor stellte ich die positiven Seiten der deutsch-syrischen Zusammenarbeit dar. Jedoch ist
nicht alles so positiv, wie es das Auswärtige Amt auf den ersten Blick darstellt. Betrachtet man
Regierungserklärungen oder den Abrüstungsbericht, so stellt sich das Bild Syriens aus einem
anderen Blickwinkel dar. Im Folgenden werde ich kurz den Konflikt mit Israel darstellen und
dann auf die Internationalen Abkommen eingehen.
Die Organisationen Hisbollah und Hamas unterhalten in Damaskus Büros und werden von der
syrischen Regierung unterstützt; diese werde ich ebenfalls kurz darstellen.
4.1 Israel
Der Hauptkonflikt mit Israel sind die Golanhöhen, ein Hochland im südwestlichen Syrien,
östlich des Sees Genezareth. Der Golan, fast 20 Jahre lang Ausgangspunkt syrischer
Anschläge auf israelische Grenzdörfer, kam 1967 nach dem Sechstagekrieg unter israelische
Verwaltung. Im 4. arabisch-israelischen Krieg 1973 war der Golan erneut umkämpft; nach
dem Waffenstillstand und einem israelischen Teilrückzug wurden dort UNO-Truppen
stationiert. Israel legte zahlreiche Siedlungen an. Die Vereinten Nationen verurteilten dies und
forderten mit der UN-Resolution 497 vom 17.11.1981 die Rückgabe der Gebiete an Syrien
(14_United Nations, 1981). Am 14. 12. 1981 erließ das israelische Parlament dennoch ein
Gesetz, das den Golan der israelischen Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung
unterstellte; dies kam einer Annexion gleich. Die Israelis ignorieren bis heute die Resolution
497 und argumentieren mit der strategischen Wichtigkeit dieses Gebietes für Israel aus
militärischer beziehungsweise sicherheitspolitischer Sicht, sowie aus ökonomischer Sicht, hier
geht es um den Zugang zum Wasser des Jordan und des Sees Genezareth.
Der Konflikt um den Golan verhinderte bis 2000 einen israelischen Ausgleich mit Syrien im
Rahmen einer Nahost-Friedensregelung.
Abbildung 2, die Golanhöhen, Quelle: Der Spiegel 31/2007
71
Der Nachbar Israel hat die nicht unbegründete Angst einer atomaren Aufrüstung der
Nachbarländer. Dies würde das Machtgefüge in der Region radikal verschieben, sogar die
Existenz des Staates Israel gefährden. Israel griff daher die Anlage El Kibar im Nordosten
Syriens im September 2007 an und zerstörte sie (09_Albright et al, 2008). In den USA wurde
wiederholt der Verdacht geäußert, es könnte sich um eine geheime syrische Atomanlage
gehandelt haben, die mit der Hilfe Nordkoreas errichtet worden sei. Syrien bestritt dies stets
und erklärte, die Anlage werde militärisch nicht mehr genutzt (08_Klüver 2008).
Dem entgegen steht ein Bericht zu vermuteten geheimen Nuklearaktivitäten in Syrien der
Internationalen Atomenergie Organisation (IAEO), den der bisherige IAEO-Generaldirektor El
Baradei Ende 2008 dem IAEO- Gouverneursrat erstmalig vorlegte. Dies wäre ein Verstoß
gegen den nuklearen Nichtverbreitungsvertrag.
Im Jahresabrüstungsbericht der Bundesregierung heißt es: „Syrien hat das Jahr 2009 nicht
genutzt, um mit der IAEO umfassend zu kooperieren und diese Vorwürfe zu entkräften. Die
Bundesregierung
wird
auch
2010
zusammen
mit
den
europäischen
Partnern
mit
Entschlossenheit darauf drängen, dass die unverzichtbaren Untersuchungen der IAEO in
Syrien weitergeführt werden können (10_Jahresabrüstungsbericht 2009, S.8).“
4.2 Rüstung/Internationale Abkommen
Auch Syrien steht weiter im Verdacht, gegen den nuklearen Nichtverbreitungsvertrag
verstoßen zu haben: Darin heißt es, dass „die IAEO Informationen erhalten habe, die
vorgeben, dass die Einrichtung, die Israel in der Syrischen Arabischen Republik im September
2007 zerstört hat, ein Nuklearreaktor war.(10_Jahresabrüstungsbericht 2009, S.12).“
Ungeklärt ist ebenfalls die Herkunft von verarbeitetem Natururan an einen Forschungsreaktor
in Damaskus.
Daher legt die Bundesregierung als besonderen Schwerpunkt für das Jahr 2010 fest, eine
„Aufklärung des Verdachts, dass Syrien mit dem Bau eines geheim gehaltenen Nuklearreaktors
gegen seine Verpflichtungen aus dem nuklearen Nichtverbreitungsvertrages verstoßen hat
(10_Jahresabrüstungsbericht 2009, S.13).“
Syrien verfügt über umfangreiche, jedoch wenig modern ausgerüstete Streitkräfte. Neben der
reinen Landesverteidigung zählen die Absicherung der Souveränität des Regimes und der
Erhalt der regionalen Machtposition zu den Hauptaufgaben der syrischen Streitkräfte. Geplant
sind weniger Neubeschaffungen; vielmehr sollen vorhandene Waffensysteme mit Schwerpunkt
Panzerabwehr modernisiert werden. Lediglich im Bereich der Luftverteidigung sollen
Neubeschaffungen von Flugabwehrlenkflugkörpersystemen kürzerer bis mittlerer Reichweite
72
vorgesehen sein. Ziel aller Maßnahmen ist der Aufbau kleinerer, aber besser ausgerüsteter
Streitkräfte. Diese werden sowohl weitaus beweglicher als auch zunehmend defensiv
ausgerichtet sein.
Angesichts eines begrenzten finanziellen Spielraums muss die syrische Rüstungspolitik
Schwerpunkte setzen. Der Bedarf an Ersatzteilen ist hoch. Die Leistungsfähigkeit der eigenen
Rüstungsindustrie zur Bedarfsdeckung ist unzureichend. Syrien verfolgt nach Meinung von
Beobachtern ein fortgeschrittenes Chemiewaffenprogramm und ist in der Lage, „SCUD-B/C“Raketen zu produzieren. Der Besitz einsatzfähiger Chemiewaffen wird vielfach unterstellt. Im
Bereich biologischer Waffen wird von Forschungsaktivitäten ausgegangen.
Dies wäre ein Verstoß gegen das „Übereinkommen über das Verbot bakteriologischer
(biologischer)
Waffen
und
Toxinwaffen
(BWÜ)“.
Syrien
ist
diesem
Übereinkommen
Signatarstaat, das heißt, es hat den Vertrag zwar unterschrieben, aber noch nicht in
nationales Recht umgesetzt (ratifiziert). Dieses Übereinkommen haben 163 Staaten ratifiziert,
13 sind nur Signatarstaaten und 19 sind Nicht-Vertragsstaaten.
Da Syrien das Übereinkommen über das Verbot Chemischer Waffen (CWÜ) gar nicht
unterschrieben hat, kann es dagegen auch nicht verstoßen, wird aber daher massiv kritisiert.
Dieses Übereinkommen haben weltweit 188 Staaten ratifiziert; Israel und Myanmar haben es
gezeichnet. Syrien ist als Nicht-Vertragsstaat in Gesellschaft der Staaten Ägypten, Angola,
sowie Nordkorea und Somalia (10_Jahresabrüstungsbericht 2009).
4.3 Hisbollah
Der Westen hat seine besonderen Probleme mit "Hisbollah": Von ihrer Ideologie und ihrem
Verhalten her entspricht die Organisation dem Muster einer Terrororganisation und wird von
den USA auch als solche eingestuft. Die EU weigert sich hingegen, dieser Ansicht zu folgen
und argumentiert, dass Hisbollah eine legale Partei sei. Washington unterhält zwar Kontakte
mit der libanesischen Regierung, aber nicht mit Ministern der "Hisbollah". Die Europäer sind
unentschlossener, es mehren sich aber die Stimmen, dass man "Hisbollah" letztlich nicht
ignorieren dürfe. Die Ereignisse im Gazastreifen, der Rechtsrutsch in Israel und das Ausbleiben
von Fortschritten im Friedensprozess könnten durchaus dazu führen, dass die Front gegen
Hamas bröckelt.
73
Abbildung 3 Flagge der Hisbollah, Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung
In Deutschland werden Mitglieder der Hisbollah vom Verfassungsschutz beobachtet. Die
Hisbollah wird im Verfassungsschutzbericht 2005 als islamistische Organisation geführt. Die
USA, Großbritannien, sowie Kanada und Israel stufen die Hisbollah als Terrororganisation ein,
während sie vom Iran, Syrien und Libanon als rechtmäßige Widerstandsorganisation
angesehen wird (12_Philipp 2009).
4.4 Hamas
"Hamas"
(Abkürzung
für
"Harakat
Al-Muqawama
Al-Islamia"
-
"Islamische
Widerstandsbewegung") wurde Ende 1987 bei Ausbruch der "Intifada" bekannt, als die
Gruppe plötzlich im Gazastreifen und in der Westbank öffentlich auftrat und der weltlichen
PLO das Terrain strittig machte.
In Deutschland ist die Hamas, wie in vielen anderen Ländern, verboten. Die Mitgliedschaft in
dieser Organisation ist in Deutschland ein Straftatbestand.
Abbildung 4, Flagge der Hamas, Quelle: www.Flaggenfinder.de
In der Arabischen Welt löst der Gazakrieg breite Solidarisierung der Massen mit "Hamas" aus:
Man verurteilt Israel, mehr aber noch Ägypten, das sich scheinbar auf die Seite Israels gegen
"Hamas" gestellt hat: Ägypten hält die Grenze nach Gaza geschlossen und versucht, den
74
Schmuggel von Waffen dorthin zu unterbinden. Monate nach dem Krieg nehmen die Ägypter
auf der Sinai-Halbinsel Anhänger der libanesischen "Hisbollah" fest, die angeblich zusammen
mit Beduinen und Palästinensern den Waffenschmuggel betrieben. In Beirut gibt "Hisbollah"Chef Hassan Nasrallah die Festnahme wenig später zu. Zum ersten Mal gibt es mehr als nur
Verdächtigungen über die Zusammenarbeit zwischen Hamas, Hisbollah und – wahrscheinlich –
im Hintergrund dem Iran (13_Philipp 2009).
5 Fazit
Während unserer Exkursion haben wir viele Facetten Syriens kennenlernen können. Wir
diskutierten mit syrischen Studenten, lebten inmitten der damaszener Altstadt, besuchten
Investoren und Organisationen wie die GTZ und das Goethe-Institut und reisten an
touristische Orte wie Palmyra. Wir erlebten und genossen die syrische Gastfreundschaft.
Jedoch gestalteten sich politische Diskussionen schwierig beziehungsweise wurden bewusst
vermieden. Der Präsident schien -typisch für totalitäre Regime- allgegenwärtig, sei es als Bild
an jedem großen öffentlichen Platz oder als Name der wichtigsten Brücke. Auch konnte man
die Präsenz der Organisationen Hamas und Hisbollah erkennen. Plakate und Souvenirs mit
dessen Logo hatten insbesondere in der Hauptstadt einen festen Platz.
In diesem Land hat scheinbar keiner Hunger zu leiden, eine große Diskrepanz zwischen Arm
und Reich war jedoch deutlich wahrzunehmen. Plagiate in fast jedem Geschäft und billige
chinesische Nachbauten deutscher Autohersteller zeigten, dass Syrien sich international noch
nicht vollständig integriert hat.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir auf sehr freundliche und hilfsbereite Menschen
gestoßen sind und uns als Ausländer in diesem Land sicher gefühlt haben. Natürlich ist eine
Bewertung der Umsetzung internationaler Abkommen nicht möglich gewesen – dafür fehlte
uns der dafür nötige Einblick.
75
6 Literaturverzeichnis / Quellenangaben
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United
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76
Exkursion Damaskus- Vergleich der Orientalischen und
Mittelalterlichen Stadt
Charlotte Pusch und Kristin Koepke
Gliederung
1. Einleitung
2. Definition Stadt
3. Entstehung von Städten
4. Die Mittelalterliche Stadt - Am Beispiel Lüneburg
5. Die Islamisch-Orientalische Stadt
5.1 Am Beispiel Damaskus Altstadt
6. Stadtmodelle und Charakteristika nach Wirth 2001
7. Vergleich der traditionellen Stadtmodelle
8. Fazit
77
1 Einleitung
Der Orient und der Okzident stehen sich in kultureller, religiöser und architektonischer Form
gegenüber. Zum einen sind die Regionen Europa und Naher Osten klimatisch unterschiedlich und
zum anderen in verschiedenen Epochen besiedelt worden. So haben einst die Römer den
Kulturraum geprägt. Syria war bis 600n.Chr. bedeutender Teil des Römischen Reiches, erlebte
jedoch im Anschluss wesentliche Formung durch die Angliederung an das byzantische und später
an das osmanische Reich. Dabei stehen die Städte als Zentren sozialer und kultureller Entwicklung
im besonderen Fokus der Betrachtung.
Im Rahmen dieser Ausarbeitung wird versucht, die orientalische - speziell die syrische - Stadt dem
mittelalterlich abendländischen Stadtmodell entgegen zu setzen. Dabei wurden gewonnene
Eindrücke und heutige Spuren der städtischen Entwicklung einbezogen.
Nachdem sich jeweils der mittelalterlichen und der orientalischen Stadt modellhaft genähert wird,
wird untersucht, inwiefern sich in den beispielhaften Städten Lüneburg und Damaskus
charakteristische Merkmale wiederfinden.
Abschließend
werden
die
beiden
traditionellen
Stadttypen
in
zusammengefasster
Form
vergleichend gegenübergestellt.
2 Definition Stadt
Der Begriff der Stadt ist mehrdimensional und in verschiedenen Ansätzen zu definieren. Alle
Ansätze haben gemein, dass die Stadt ein zentraler Ort ist.
Der historische Stadtbegriff beruht auf dem mittelalterlichen Stadtrecht, welches mit dem
Markt-, Münz-, Stapel- und Mauerrecht vergeben wurde und in Deutschland erst 1935 offiziell
aufgehoben wurde. Die Stadtgeographie beschreibt eine heutige Stadt als größere Siedlung
oder kompakter Siedlungskörper. Die Stadtbebauung ist dicht und kann im Gegensatz zur
peripheren Besiedlung mehrstöckig sein. Außerdem ist eine Stadt nach Funktionen aufgeteilt,
die
zum
Beispiel
Wohnen,
Arbeiten
und
Erholen
geographisch
unterteilen.
Die
Arbeitsbeschäftigung wird hauptsächlich im sekundären- und tertiären Sektor ausgeübt. Im
Gegensatz dazu wird in der Peripherie hauptsächlich Landwirtschaft betrieben. Eine
notwendige Verkehrswertigkeit ist in einer Stadt gegeben, die Infrastruktur ist auf öffentlichen
und privaten Verkehr ausgeweitet. In Deutschland ist eine Stadt statistisch-administrativ an
einer Einwohnerzahl von 2000 gemessen. Diese Definition ist jedoch nicht allgemeingültig,
78
denn beispielsweise in Island und Dänemark spricht man schon ab 200 Einwohnern von einer
Stadt.
Diese verschiedenen Ansätze beschreiben nur die Städte der „westlichen“ Welt.
(1_Heineberg 2006)
3 Entstehung von Städten - Exkurs
Die Stadtentwicklung in Mitteleuropa ist weit zurückzuführen und verläuft in verschiedenen
Phasen ab. Historisch entstanden Städte an Gunstlagen und Handelswegen. Die Römer (450
v. Chr. bis 500 n. Chr.) prägten den Mittelmeerraum mit quadratischen Stadtgrundrissen, dem
sogenannten
hippodamischen
Straßenschema.
Charakteristisch
waren
außerdem
zwei
Hauptachsen von Nord nach Süd und von Ost nach West. An der Schnittstelle der
Hauptachsen entstand ein großer Platz mit wichtigen Verwaltungsgebäuden. Tempel, Thermen
und Amphitheater befanden sich außerhalb der Wallanlagen und ihrer vier Tore. Typische
römische Städte in Deutschland sind Trier und Regensburg. Das Römische Reich breitete sich
von Rom über Mitteleuropa bis nach Ägypten und Syrien aus. Die Syrische Stadt Palmyra ist
heute eine Ruinenlandschaft, doch der römische Baustil ist durch die archäologischen
Ausgrabungen wiederhergestellt worden. Die großen Hauptstraßen des alten Palmyras, die
zum Tempel führen, sind mit gewaltigen Säulen unterstrichen. Palmyra liegt an der
Seidenstraße, eine Gunstlage, die Palmyra zu einer der wichtigsten Städte des Orients machte.
Die Römer übernahmen die griechische Säulenordnung in ihrer Architektur und gestalteten
mächtige Bauwerke mit Bögen und Gewölben.
Nach der Phase der Römer sind in Europa mittelalterliche Stadttypen zu finden. Ab dem
achten Jahrhundert entstanden frühmittelalterliche Keimzellen, die an Klosterburgen,
Königshöfen oder Bischofsitzen entwickelten. Die sogenannten „Mutterstädte“ wuchsen an
Fürstenpfalzen oder Kirchenburgen bis ca. 1150. Erst im elften Jahrhundert etablierte sich in
Mitteleuropa das gewerbliche Marktwesen und der Marktplatz als zentrales Stadtelement
entstand. Im Vergleich, ist der Marktplatz in der Orientalischen Welt seit dem. Die meisten
Städte gründeten sich im Spätmittelalter.
(2_Heineberg 2006)
79
4 Die Mittelalterliche Stadt – Am Beispiel Lüneburg
Lüneburg wurde bereits 956 n. Chr. urkundlich erwähnt und hat somit ein mittelalterlich
geprägtes Stadtbild, deren Geschichten in ihren Fassaden der Gebäude widergespiegelt
werden. Der heutige Platz „Am Sande“ lag im Mittelalter auf der Achse der Saline, des
Kalkbergs und der Furt. Durch diese Zentralität des Platzes, siedelten sich viele Händler und
Kaufleute an. Als im 13. Jahrhundert das Lüneburger Rathaus gebaut wurde, verlagerte sich
das Hauptmarktgeschehen auf den Rathausplatz. Noch heute bieten regionale Marktleute
zweimal wöchentlich ihre frischen Waren auf dem heutigen „Am Marktplatz“ an. Da Lüneburgs
Altstadt im Zweiten Weltkrieg glücklicherweise nicht zerbombt wurde, findet man noch heute
originale Hausmauern und Häuserfassaden. Das Alter der jeweiligen Fassaden ist zum Beispiel
am Baumaterial zu bestimmen. Vorrangig wurden für den Bau der Häuser rote Ziegelsteine
verwendet.
Abb. 1 Lüneburgs Altstadt vom Wasserturm
Quelle: Charlotte Pusch
Abb. 2 Lüneburgs Altstadt Auf dem Meere
Quelle: Charlotte Pusch
In den Hinterhöfen haben im Mittelalter vorwiegend die Mägde und Knechte auf engstem
Raum gelebt. Sowieso waren die meisten Häuser Zweckbauten. Arbeit und Wohnen fanden in
ein und demselben Gebäude statt - heute nicht mehr vorstellbar, doch früher Alltag. Die
heutige Industrie- und Handelskammer „Am Sande“ ist ein prachtvolles Gebäude des 16.
Jahrhunderts. Der Baustil stammt aus der Renaissance. Im späten Mittelalter war die heutige
IHK ein Brauhaus. Ihre Fassade besteht aus kleinen Backsteinen und den in Lüneburg häufig
vorzufindenden Tausteinen. Gleich zwei Giebel schmücken das alte Gebäude. Die Steine sind
schwarz angemalt und wenn das Gebäude abends angestrahlt wird, leuchten die weißen
Fugen und das Gebäude wirkt prächtig.
80
Die Heiligengeiststraße ist ein Beispiel für die Bewahrung und Restaurierung des Lüneburger
Stadtbildes. Beschädigte oder verwitterte Fassaden wurden dort im Stil des Mittelalters
restauriert. Man erkennt jedoch sofort, welches Gebäude historisch und welches neu ist.
Nichtsdestotrotz behält Lüneburg durch solche Projekte seinen mittelalterlichen Charme. Die
Meinungen gehen weit auseinander, ob Lüneburg moderne Bauten bekommen soll oder neue
Gebäude historisch wiederaufgebaut werden sollen. Auf jeden Fall hat der „Arbeitskreis
Lüneburger Altstadt“ schon vielen restaurationsbedürftigen Gebäuden seinen ursprünglichen
Charakter wiedergegeben. (4_Pries 2001)
Abb. 3 Die Mittelalterliche Stadt
Quelle: http://www.hauptschule-penzberg.de/images/stadt.jpg
1: Rathaus, 2: Kirche 3:Marktplatz 4: Brunnen 5: Gefängnis 6: Stadtmauer mit
Verteidigungsgraben und Verteidigungstürme integriert 7:Stadttor 8:Friedhof außerhalb der
Stadtmauer 9: Galgenberg ebenfalls außerhalb der Stadtmauer
5 Die Islamisch - Orientalische Stadt
Der Orient verfügt über die älteste Stadtgeschichte der Welt. Die Typologie ist durch eine
Vielzahl von Einflüssen geprägt. Seit dem 7. Jahrhundert prägte die Islamische Religion den
Kulturkreis und seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist der Prozess Verwestlichung zu
spüren. Diese Einflussbereiche erläutern die islamischen Bauformen, die durch verschiedene
81
Religionen und kulturelle Unterschiede stark geprägt wurden. Die traditionelle orientalische
Stadt ist heute hauptsächlich in Altstädten sichtbar, wie auch im Beispiel Damaskus.
(4_Heineberg 2006)
Hervorzuheben ist, dass die orientalische Stadt zwar Islamisch-Orientalische Stadt genannt
wird, da der Islam den Kulturraum prägt hat, jedoch beispielsweise das Sackgassensystem in
Damaskus einer früheren Epoche, vor der Entstehung des Islams, zuzuordnen ist und
deswegen nicht als ein typisch islamisches Merkmal zu definieren ist. Mit diesem Thema hat
sich Frau Dr. Ing. Salam al-Abdulla in Ihrer Dissertation intensiv beschäftigt. (5_Abdulla 2006)
5.1 Am Beispiel Damaskus
Abb. 4 Damaskus Diercke Weltatlas 2008
Quelle: http://www.diercke.de/kartenansicht.xtp?artId=978-3-14-100754-1&stichwort=Souk&fs=1
Damaskus ist die älteste durchgehend bewohnte Stadt der Welt.
Das wohl bedeutendste Gebäude der Stadt, die Omayyaden-Moschee ist eines der ältesten
muslimischen Gotteshäuser. Vor der Nutzung als Moschee gab es hier eine christliche Kirche,
davor einen römischen Tempel und noch früher einen aramäischen Tempel. (6_Carter 2008)
In Damaskus ist der klassische Aufbau der islamischen Stadt deutlich erkennbar. Die
Ummauerung umschließt die heutige Altstadt, die Medina, als traditionelles Zentrum. Heute ist
82
sie umgeben von der Neustadt. In Damaskus besitzt vor allem auch arme Bevölkerung
Grundstücke und Immobilien in der Altstadt. Die Nutzung der Grundstücke wird durch die
Splitter-Vererbung unrentabel.
Entsprechend der althergebrachten Stadtstrukturen finden sich immer noch die Stadttore im
Gebiet der ehemals kompletten Ummauerung. Die Zitadelle ist nicht erhöht, aber die
Verteidigungsfunktion, durch Gewehr-Schlitze in den Mauern, erkennbar.
Abb. 5 Stadttor Bab Touma Damaskus
Quelle: Charlotte Pusch
Abb. 6 Zitadelle und Suq Damaskus
Quelle: Charlotte Pusch
6 Stadtmodelle
Die orientalische Stadt ist in einem anderen Stadtschema aufgeteilt als die europäische Stadt.
Die Stadtmodelle von Dettmann und Ehlers stellen den Idealtypus der Orientalischen Stadt
dar. Dettmann entwarf im Rahmen seiner Dissertation über Damaskus/Syrien 1969 „[…]
wesentliche traditionelle Elemente des Aufbaus sowie der funktionalen und sozialräumlichen
Grobgliederung der Altstadtbereiche in den Städten Nordafrikas und Vorderasiens.“ und stellte
seine Ergebnisse in dem Modell dar. (7_Heineberg 2006, S. 288)
83
Abb. 7 Modelle der Orientalischen Stadt nach Dettmann und Ehlers
Quelle: Heineberg 2006
Die orientalische Stadt ist im Gegensatz zu einer römischen Stadt kreisförmig angeordnet und
ebenfalls von einer Stadtmauer umgeben. In der Stadtmauer, die durch Stadttore zu passieren
ist, ist eine Verteidigungsanlage integriert. Innerhalb der Stadtmauer sind die Wohnquartiere
oder Viertel, die nach verschiedenen Religionen getrennt sind. Jedes Viertel hat sein eigenes
Subzentrum und eine Moschee, Kirche oder Synagoge. Die konfessionsbezogenen Friedhöfe
befinden sich außerhalb
der Stadtmauer. Im Stadtinneren befindet sich der zentrifugal
angeordnete Sammelpunkt mit der Hauptmoschee und dem Sûq, dem Handelszentrum der
orientalischen Welt. Ehlers erweiterte 1991das Idealschema von Dettmann. Die strickte
Einteilung in konfessionelle Viertel wird aufgelockert, die Stadtmauer verliert an Bedeutung
und Einkaufs- und Geschäftsstraßen werden hinzugefügt. Der periphere Raum gewinnt an
Bedeutung und wird in das Stadtmodell einbezogen. Ein geometrisches Straßennetz wird
angedeutet, Tankstellen und Reparaturläden befinden sich außerhalb der Altstadt. Der Prozess
der Verwestlichung hat auch in der orientalischen Welt eingesetzt und deswegen bleiben die
Modelle von Dettmann und Ehlers Idealschemata. (8_Heineberg 2006)
84
Der Soziologe E. Wirth hat 2001 einen Katalog von Merkmalen für die Orientalische Stadt
Nordafrikas und Vorderasiens aufgestellt, die den Gegensatz zu Städten der klassischen Antike
und des Mittelalterlichen Europas aufzeigen.
Der
Stadtgrundriss
einer
Orientalischen
Stadt
ist
degenerierend,
also
durch
Wachstumsprozesse überprägt worden. Dieses Phänomen tritt auch im heutigen Damaskus
auf, denn nur die Altstadt entspricht dem klassischen Stadtmodell. Außerdem sind ebenfalls
für Wirth die Sackgassenstruktur, die Quartierstrennung und der Innenhofbau orientalische
Charakteristika. Er fügt jedoch hinzu, dass innerstädtische Unsicherheit die Folge der
Quartierstrennung ist. Die letzten beiden Merkmale sind die zentralen Geschäftsviertel (Sûq)
und vielgliedrige architektonische Großkomplexe, wie religiöse Bauwerke oder Zitadellen.
(9_Heineberg 2006)
7 Vergleich der traditionellen Stadtmodelle
In einem Vergleich gilt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu berücksichtigen.
An dieser Stelle ist es vor allem interessant zu sehen wie sich die traditionellen stereotypen
Stadtmodelle gegenüberstehen.
Vorhergehend lässt sich sagen, dass die Funktionen der Stadt auf drei Hauptsäulen ruhen:
‐
geistiges und religiöses Leben (Kirche/ Moschee, Schule, Kunst)
‐
Wohnen (Gestaltung der Wohnbereiche)
‐
nicht-agrarische Wirtschaft (Markt, gewerbliche Produktion, Dienstleistung)
Diese drei Grundfunktionen findet man quer über alle Städte und Kulturkreise.
Dies gilt auch für die orientalische Stadt im Vergleich zu mittelalterlichen europäischen
Städten.
Vergleichend kann man sowohl bei der mittelalterlichen wie auch bei der klassischen
orientalischen Stadt feststellen, dass beide durch Jahrhunderte verändert und geprägt sind.
Dabei sind sie im Allgemeinen über die Zeit gewachsen und nicht komplett geplant. Diese
Städte sind meist ehemalige Dörfer, die aber wegen ihres Standortes immer bedeutender
wurden (Gunstlage).
Die Wohnquartiere der traditionell orientalischen Stadt sind im größeren Zusammenhang
strukturiert. Sie bilden eigenständige Zellen aus, die nur durch wenige Erschließungswege mit
85
anderen Quartieren verknüpft sind. Diese Zellen bestehen wiederum aus kleineren Einheiten –
den Wohngebäuden der einzelnen Familien. Somit ist die Stadt im Gegensatz zur europäischen
Stadt ein Zusammenschluss einzelner autonomer Einheiten, welche durch die Verknüpfung
untereinander den Stadtkörper bilden. Diese Verknüpfung geschieht durch öffentliche
Haupterschließungswege und wenige von allen genutzte öffentliche Plätze und Einrichtungen.
Die große kulturelle Wertschätzung der Privatsphäre in der orientalischen Stadt wird vor allem
durch den Sackgassengrundriss und die allgemeine Gebäudegliederung versinnbildlicht: relativ
schmucklose Fassade und Orientierung zum Innenhof. Damit steht die traditionelle
orientalische Stadt im direkten Gegensatz zur stilisierten mittelalterlichen Stadtgestaltung.
So hatten die mittelalterlichen Fassaden vor allem Repräsentationscharakter und die
durchgängigen
öffentlichen
Straßen
sowie
die
allgemeine
Zugänglichkeit
auch
von
Hofbereichen wurden in der traditionellen europäischen Stadt als Zeichen von Sicherheit und
Ordnung interpretiert.
In der islamisch geprägten Stadt hingegen sind traditionell viele Straßen nur halböffentlich. Sie
führen in die Quartiere. Die Privatstraßen, die häufig extra verschlossen sind, sind fast immer
Sackgassen. (10_http://www.zentralasien.net/stadt/index.html)
Abb. 8, Abb. 9 Sackgassen mit schmucklosen Fassaden, Aleppo und Damaskus
Quelle: Falko Jothe/ Franziska Duge
Wie bereits erwähnt, waren typische aus dem Mittelalter tradierende europäische Städte durch
die
Einheit
von
Wohn-
und
Arbeitsort
gekennzeichnet.
Häufig
lagen
Läden
oder
Handwerksbetriebe im Erdgeschoß der Häuser und die Wohnungen im Stockwerk darüber.
86
Eine räumliche Differenzierung fand in erster Linie in der Standorttrennung unterschiedlicher
Branchen (Zünfte) statt. Die Trennung von Wohn- und Arbeitsort in den europäischen Städten
wurde erst im Zuge der Industrialisierung zu einem neuen Impuls der Stadtentwicklung. In
den traditionellen orientalischen Städten herrschte dieses Prinzip bereits seit Anbeginn vor.
Das orientalische Haus hat zur Straße keine erdgeschossigen Fenster, der Hauseingang ist
meist verwinkelt , und bei geöffneter Tür ist der Blick direkt ins Innere des Hauses nicht
gegeben. Um den Innenhof sind die einzelnen Räume gruppiert. Wohnbereich und
Arbeitsbereich sind klar voneinander getrennt. Eine solche Trennung gab es im mittelalterlich
abendländischen Haus nicht. Hier ist das Haus Wohn- und Arbeitsraum und Lehrlinge und
Gesellen schliefen nicht selten in der Werkstatt.
(11_http://www.mygeo.info/skripte/skript_bevoelkerung_siedlung/siedl3.htm)
8 Fazit
Gemeinsam ist den hier vorgestellten Modellen, dass sie versuchen, Entstehungs- und
Entwicklungsprozesse
städtischer
Siedlungen
in
den
entsprechenden
Kontexten
allgemeingültig abzubilden. Häufig verleiten diese vereinfachten Modelle zum unmittelbaren
Rückschluss auf die historische Realität, der aufgrund des hohen Abstraktionsniveaus nicht
möglich ist.
Im Rahmen der Exkursion nach Syrien war es den Teilnehmenden allerdings möglich, die
Unterschiede und Gemeinsamkeiten, die verschiedenen Kulturräume nachzuvollziehen. Dabei
konnten die, im Seminar vorbereiteten,
Inhalte über die orientalische Stadt vor Ort in
Damaskus und Aleppo erkannt und ergänzt werden. In den beiden Großstädten offenbart sich
die arabische Welt vielerorts in ihrer authentischen Vielfalt.
Abb. 10 In der Altstadtgasse in Aleppo (Quelle: Kristin Koepke)
87
Literaturverzeichnis / Quellenangaben
1. Book:
Abdulla, S. (ed.): 2006, Damaskus: Die Altstadt Intra Muros: ihre aktuelle Nutzung und Vorschläge zu ihrer
ökologischen Erhaltung, Diss., Hochschule für bildende Künste, Hamburg.
Carter, T. (ed.): 2008, Syria & Lebanon. 2nd edition. Lonely Planet Publications, Chicago.
GTZ (ed.): 2006, The Rehabilitation oft he Old City of Aleppo, 2. Auflage, Aleppo.
Heineberg, H. (ed.): 2006, Stadtgeographie, 3. Auflage, Schöningh Verlag, Paderborn.
Pries, M. (ed.): 2001, Lüneburg…auf neuen Wegen, Lüneburg.
Schäfers, B.(ed.): 2006, Stadtsoziologie : Stadtentwicklung und Theorien Grundlagen und Praxisfelder, VS
Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden.
Schumpp, M. (ed.): 1972, Stadtbau-Utopien und Gesellschaft. Der Bedeutungswandel utopischer Stadtmodelle
unter sozialem Aspekt, Bertelsmann Fachverlag, Gütersloh.
2. Internet:
http://www.hauptschule-penzberg.de/images/stadt.jpg [Stand: 01.03.2010]
http://www.mygeo.info/skripte/skript_bevoelkerung_siedlung/siedl3.htm [Stand: 12.04.2010]
http://www.diercke.de/kartenansicht.xtp?artId=978-3-14-100754-1&stichwort=Souk&fs=1
[Stand: 12.04.2010]
http://www.zentralasien.net/stadt/ursprung.html [Stand: 10.04.2010]
88
Die Typologie des Wohnhauses in der Altstadt von
Damaskus
Daniela Wüst
Gliederung
1. Einführung zu Stadtstruktur
2. Das traditionelle Damaszener Wohnhaus
3. Der Grundriss des Bayt al-Hawraniya
4. Literaturverzeichnis
5. Abbildungsverzeichnis
89
1. Einführung zur Stadtstruktur
Mit dem Wechsel Damaskus` von einer römisch-hellenistischen zur islamischen Stadt änderte
sich das Stadtbild deutlich, was besonders an den Wohnquartieren zu erkennen war: Während
die römisch-hellenistische Stadt noch den Vorrang der Verkehrswege kannte und die
Wohnquartiere nur abgespaltete Inseln im geometrisch angelegten Straßennetz waren, kehrte
sich jetzt das Verhältnis um, und die privaten Territorien der Quartiergemeinschaften
vereinnahmten das Straßennetz. Dies war möglich, weil außer den durch die Lebensform
gegebenen Verhaltensvorbildern so gut wie keine gesetzlichen Regelungen zur Lenkung der
Bautätigkeit bestanden. Dem einzelnen und den Gruppen war es weitgehend überlassen, den
Spielraum zu nutzen, der sich ergab; unter der Bedingung allerdings, dass er die Allgemeinheit
und besonders den Nachbarn nicht durch seine Tätigkeit beeinträchtigte (1_TU Dresden 2007,
S. 19).
Die Zugangswege zu den geschlossenen Quartieren und Hauseinheiten wurden
progressiv der Öffentlichkeit entzogen und in halbprivate „Innengänge“ umgewandelt, die oft
in Sackgassen endeten und ganz der Gewalt der Anlieger unterstanden. Damit bildete sich
eine neue Logik der Verkehrswege heraus, die nicht mehr die ganze Stadt durch einen
gleichmäßigen,
schachbrettartigen
Raster
erschlossen,
sondern
sich
(ähnlich
einem
Bewässerungssystem) in Haupt- und Nebenströme verschiedenen Öffentlichkeitsgrades
verzweigten, die schließlich im Hausinneren versickerten. Dieser neuen Ordnung zuliebe, die
eine klare Identität zwischen sozialen Einheiten und dem von ihnen beanspruchten Territorium
schuf, wurden oft gewundene Zugangswege in Kauf genommen, und nicht selten wurden
früher durchgehende Straßen durch eingesetzte Wohnbauten unterbrochen, welche die
direkte Verbindung zwischen A und B unmöglich machten und als Trenngrat zwischen
verschiedenen Erschließungssystemen dienten (2_ TU Dresden 2007, S. 19 f).
Im Gegensatz zu europäischen Wohnvierteln erfährt der Betrachter beim Anblick der
Wohnhäuser in der Damaszener Altstadt einen ungewohnten Anblick: Dem Betrachter werden
die Gebäude nicht in Form von freistehenden architektonischen Objekten und entsprechenden
Fassaden vorgesetzt, sondern er kann das einzelne Gebäude nur als komplexen, vielfach in
sich gegliederten Hohlraum erfahren, den er sich abschnittweise, Raum für Raum, erschließen
muss (3_TU Dresden 2007, S. 24).
90
Abb. 1: Gasse in der Altstadt von Damaskus
Heute gibt es viele moderne Wohnquartiere europäisch-westlichen Stils in Damaskus, jedoch
sind in der Altstadt die traditionellen Verhältnisse bis heute weitgehend erhalten: Muslime,
Christen und Juden, also Gruppen verschiedenen ethnischen Ursprungs, wohnen weiterhin
deutlich geschieden in jeweils eigenen Quartieren zusammen, in denen sie ihren
unterschiedlichen Lebensgewohnheiten nachkommen können (4_Dettmann 1969, S. 277.).
2
Das traditionelle Damaszener Wohnhaus
Das traditionelle Damaszener Wohnhaus ist das Innenhofhaus, in dem sich das differenzierte
System von Raumabschlüssen fortsetzt. Ähnlich dem Stadtraum wird auch hier darauf
geachtet, ruhende Räume von den Zirkulationsflächen abzutrennen (5_O.V. 2003). Es
gruppieren sich alle relevanten Räume um den zentralen und rechtwinkligen Innenhof. Ein Hof
ist stets vorhanden; zwei oder drei dagegen zeugen von einem großen Wohlstand des
Besitzers. Um die Höfe herum gruppieren sich die Wohnräume über zwei Stockwerke, welche
mit einem Flachdach abschließen. Die Räume orientieren sich zum Hof. An der Außenmauer
entstehen durch diese Geometrisierung des Inneren oft Nebenräume, die das Haus passgenau
in die Umgebung einfügen. Somit ist das Gebäude vom Straßenraum unabhängig, da es Licht
und Luft aus seinem Inneren beziehen kann.
Die traditionellen Innenhofhäuser schließen in der Regel dicht auf und bilden durchgehende
Straßenfronten; nahtlos gehen die unverzierten, oft fensterlosen Außenmauern der
verschiedenen Häuser ineinander über. Das entspricht durchaus ihrer Konzeption: Sie wollen
nicht nach außen wirken, dagegen ein Höchstmaß an Abgeschlossenheit gewähren. Diese
91
Form des Wohnens bietet Ungestörtheit in der Großfamilie und ein Leben vollkommener
Ungestörtheit von der Außenwelt (6_Dettman 1969, S. 284).
Das Außenmaterial der Häuser ähnelt sich von Haus zu Haus, wobei die zweistöckigen Häuser
im unteren Teil oft aus schlichtem Stein bestehen und im oberen Stockwerk aus Fachwerk
gebaut und weiß verputzt sind. Von der Seite der Wohngasse aus betrachtet ist die Größe der
Häuser, welche sich sehr weit hinter der Fassade erstrecken können, nicht erkennbar, so dass
der soziale Status und Reichtum der Familie für Außenstehende nicht erkennbar ist.
Die Hoffassaden hingegen sind jedoch meist aufwendig gestaltet. Oftmals sind das
Erdgeschoss und der in das Obergeschoss hineinragende sogenannte Iwan-Bogen aus Stein
errichtet. Der Innenhof als Mittelpunkt des Anwesens ist mit einem kleinen Springbrunnen
oder mit einem Bäumchen bzw. einem Stock wilden Weins ausgestattet.
Abb. 2: Der Innenhof mit zentral angelegtem Brunnen
Die Winterräume sind auf der Nordseite des Innenhofes gelegen; sie schauen nach Süden.
Nach Norden weist eine zum Hof hin vollkommen offene Halle, in der man vor der intensiven
Sonneneinstrahlung Schutz findet und in der man gerne die milden Sommerabende verbringt.
Diese Halle ist der Iwan, ein sehr charakteristisches Merkmal für das traditionelle Haus
(7_Dettmann 1969, S. 282 f.).
Die Einrichtung der traditionellen damaszener Wohnhäuser ist ganz von der nomadischen und
muslimischen
Lebensweise
erfüllt.
Mit
Sitzkissen,
Matratzen,
Teppichen
und
leicht
verschiebbaren Möbeln werden Räume funktional bestimmt und bleiben wandelbar (8_O.V.
2003).
92
3.
Der Grundriss des Bayt al-Hawraniya
Das Bayt al-Hawraniya ist ein traditionelles damaszener Wohnhaus, das zu den Residenzen
wohlhabender Familien zählt und über verschiedene Wohnhöfe mit unterschiedlichen
Funktionen verfügt. Anhand des Grundrisses werde ich im Folgenden die Architektur und den
Aufbau des Hauses näher erläutern:
Funktional gliedert sich das Wohnhaus in einen `äußeren‘ Teil (al-Barrani), der als semiöffentlich bezeichnet werden kann und einen `inneren‘ Teil (al- Guwwani), der der Familie
vorbehalten ist und nur zu besonderen Anlässen Gästen zugänglich gemacht wird.
Die Wohnhöfe des äußeren Teils (Dar al-Barrani) werden von der Straße durch lange
abgewinkelte Korridore (Dihliz) erschlossen. Beim Bayt al-Hawraniya hatte der große nördliche
Barrani ursprünglich vermutlich die Funktion eines Wirtschaftshofes, mit Stauräumen und
Stellplätzen für Reittiere. Der südliche kleine Barrani fungierte eher als „Schleuse“ oder
Gästehof.
Der innere Teil ist ebenfalls mit einem Wohnhof (Dar al-Guwwani) ausgestattet. An ihn sind
entsprechende Funktionseinheiten wie Nasszellen und Küchentrakt angegliedert. Aber auch
die Qaa, ein prächtiger Empfangsraum und andere repräsentativ gestaltete Räume liegen
grundsätzlich im Guwwani. An der Südseite der Wohnhöfe befindet sich meistens eine
zweigeschossige Halle (Iwan). Deren Fassade ist zum Hof mit dem Iwan-Bogen gestaltet.
In fast allen Damaszener Wohnhäusern sind symmetrisch auf die Mitte des Iwans
ausgerichtete Wasserbecken im Wohnhof zu finden. Durch die Ausrichtung der Fassaden des
Iwans nach Norden und durch die Kühlung der Fontäne des Wasserbeckens wird der Iwan
während des ganzen Jahres als Aufenthaltsort genutzt. Oftmals sind seitlich an den Iwan zwei
Zimmer (Murabba) angelagert. In einigen größeren Residenzen befindet sich in den
Wohnhöfen vor dem Iwan der Riwaq - eine Arkade die als Sonnenschutz für dahinter liegende
Räume dienen sollte. Im Bayt al-Hawraniya wurde er vermutlich als Stellplatz für Tiere
genutzt.
93
Abb. 3: Grundriss eines Innenhofhauses
94
Im Norden des inneren Hofes (Dar al-Guwwani) liegt also die Qaa, der wichtigste
Repräsentationsraum des Hauses. Obwohl die Qaa mit Gegenständen des täglichen Bedarfs
ausgestattet war, sollte sie zugleich durch Teppiche, Porzellan und Möbelstücke mit
Intarsienarbeiten den sozialen Status und guten Geschmack demonstrieren. Die Qaa befindet
sich häufig auf einem höheren Niveau als der Innenhof. Über eine Treppe gelangt man vom
Wohnhof zunächst in die so genannte Ataba (Schwelle). Diese ist oftmals reich verziert und
verfügt über einen mittigen Brunnen und eine erhöhte Decke. An die Ataba schließen sich an
einer oder mehreren Seiten die Tazars an. Der Tazar ist mit Diwanen, Kissen, Truhen,
Wandschränken und niedrigen Bänken eingerichtet. Er ist optisch durch Raumteiler, in Form
von hohen Rundbögen, von der Ataba getrennt.
Abb. 4: Die Qaa
Die meisten Wohnräume eines damaszener Wohnhauses wurden ursprünglich multifunktional
genutzt. Erst im späten 19. Jh. wurden durch die Möblierung, z.B. mit Betten oder
Schreibtischen, Funktionen vorgegeben. Ebenfalls an den inneren Wohnhof angelagert sind
Küche sowie Wirtschafts- und Vorratsräume (Bayt al-Muna). Oftmals wird der Küchentrakt
durch einen weiteren kleinen Hof erschlossen.
Das Obergeschoss ist in der Regel ähnlich angelegt, wie das Erdgeschoss. Lediglich die
Brunnen fehlen.
Während die Straßenfassaden kaum gestaltet sind, sind die Hoffassaden ein Spiegel des
handwerklichen Könnens. Grundelemente der Fassaden sind Fenster, Türen und Bögen. Oft
werden Türen durch zwei große, vergitterte Fenster flankiert. Wichtigstes Gestaltungsmerkmal
der Fassaden ist die Abfolge verschiedenfarbiger Steine in horizontalen Lagen - der
95
sogenannte Ablaq. Im 18. Jahrhundert wurden vorwiegend schwarzer Basalt im Wechsel mit
weißem und rötlichem Kalkstein verwendet. Seit dem 14./ 15. Jh. wurden in Damaskus die
Fassaden der Höfe und Innenräume hauptsächlich mit zwei weiteren Dekortechniken
gestaltet:
1. Ornamentale
oder
geometrische
Steingravuren
sowie
Farbpasten,
die
die
Oberflächenwirkung eines Mosaikes haben. Diese wurden zur Gestaltung von Bändern und
Paneelen über Türen und Fenstern eingesetzt.
2. Bemalte hölzerne Wandvertäfelungen zur Gestaltung von Innenräumen und Decken (9_TU
Dresden 2007, S. 27 ff.).
Abb. 5: Die Fassade des Innenhofes
Traditionelle Baumaterialien für das damaszener Wohnhaus sind luftgetrocknete Ziegel sowie
Pappelbalken. Beide sind leicht zu bekommen, denn die Ghouta liefert sowohl das Rohmaterial
für den Ziegel als auch für das Weichholz der schnellwüchsigen Pappel. So bestimmen die
naturgeographischen Grundlagen des topographischen Standortes in entscheidender Weise
das Baubild des traditionellen Damaskus (10_Dettmann 1969, S. 286).
96
4. Literaturverzeichnis / Quellenangaben
1. Dettmann K. (ed.): 1969, Damaskus, Eine orientalische Stadt zwischen Tradition und Moderne, Fränkische
Geographische Gesellschaft, Erlangen
2. O.V.: 2003, Hauptstadtinszenierungen in Zentralasien. URL: http://www.zentralasien.net/stadt/index.html
3. TU Dresden : 2007, Exkursion Damaskus – Syrien im Rahmen des Masterstudienganges Denkmalpflege und
Stadtentwicklung. URL: http://www.tu-dresden.de/.../ibad/master/studium/rueckblick/syrien/SyrienReader-Druckdatei-A5.pdf
5. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 3:
aus Weber, Stefan: 2006, Zeugnisse Kulturellen Wandels. Stadt, Architektur und Gesellschaft des osmanischen
Damaskus im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Diss. Freie Universität Berlin, Berlin
Abbildung 1, 2, 4, 5:
Fotos von der Damaskus Exkursion 2010, verschiedene FotografInnen
97
Typologie der Architektur der Altstadt von Damaskus
im Vergleich zu deutschen historischen Altstädten
Saskia van der Heijden & Filiz Karahan
Gliederung
1.
Formgebung und Ornamentik in der islamisch-orientalischen Architektur
1.1. Formgebung und Bedeutung
1.2. Ornamentik
1.3. Kalligraphie
2.
Die Architektur der islamisch-orientalischen Stadt erläutert anhand syrischer Bauten im
Vergleich zum historischen Lüneburg
2.1. Prämissen
2.2. Religiöse Bauten in Stichpunkten
2.3. Wirtschaftsgebäude in Stichpunkten
2.4. Öffentliche Einrichtungen in Stichpunkten
2.5. Zitadelle
3.
Literaturverzeichnis
98
1. Formgebung und Ornamentik in der islamisch-orientalischen Architektur
Die architektonische Ausdrucksweise einer Region ist stets als eine Weiterentwicklung der
natürlichen Lebensweise und Spiegel der regionalen Kultur zu verstehen. So wird
beispielsweise das typisch arabische Innenhofhaus als Weiterentwicklung der Nomadenzelte
gesehen. Die folgende Tabelle stellt typische Merkmale der islamisch-orientalischen
Architektur insbesondere in Syrien der norddeutschen historischen Architektur gegenüber.
Islamische Stadt
Norddeutsche Stadt
Tendenziell horizontale Orientierung der
Je nach Epoche, Bauwerke aber
Bauwerke
eher vertikal & horizontal orientiert
Innenorientierung
Außenorientierung
Innenhofhaus
Schmuckfassaden
Architektur
als
Kontrast
zur
kargen
Architektur im Austausch mit der
Landschaft
Landschaft
Materialien (je nach Region): Holz, Stein,
Materialen (je nach Region): Holz,
Lehm, Sand, Bruchstein
Lehm, Bruchstein, später Backstein
Betonung der Oberflächenverschönerung (Fülle als Sinnbild des Reichtums)
Abb. 1: Gegenüberstellung der syrischen und norddeutschen Architektur
1.1. Bedeutung und Formgebung
Die Formgebung und Funktionalität der Gebäude ist dabei vor
allem klimatisch und kulturell bedingt:
•
tendenziell horizontale Orientierung der Bauwerke
gegen Sonne und Sandstürme
•
Innenorientierung,
um
den
Abb. 2: Innenhof des Al-AzemPalastes in Damaskus
Witterungseinflüssen
möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten sowie als
Schutz gegen Sonne und Staub
Abb. 3: Platz am Sande in
Lüneburg
99
•
Architektur
als
Kontrast
zur
kargen
Landschaft
und
damit
Betonung
der
Oberflächenverschönerung und des Gartens (Fülle als Sinnbild des Reichtums)
Zudem haben mit dem Einfluss des Islam ab dem 7. Jahrhundert nach Christus vielfältige
religiöse Einflüsse an Bedeutung gewonnen. Die folgende Tabelle stellt einige Auffälligkeiten in
Abend- und Morgenland gegenüber:
Islamische Stadt
Norddeutsche Stadt
Rhythmus und Geometrie, Fläche und Band
- Die Religion als Bindeglied der kulturellen
Vielfalt
Natur und Gesellschaft als Vorbild der
Gestaltungselemente
– Geometrie
durch
Konstruktion gegeben
Der
Bogen
als
architektonisches Motiv
herausragendes
Bildverbot: Kalligraphie als Stilmittel und
Visualisierung des göttlichen Wortes
Mischung der islamische Stilelemente
Bögen (rund und spitz), Giebel (Dreieck,
Treppe, Schnecke), Säulen, Fassadendekor
Bild/Portrait/Statue = Gestaltungsmerkmal,
(lateinische) Schrift z.B. Baujahr
Mischung europäischer Stilelemente
Abb. 4: Gegenüberstellung der religiös bedingten Gestaltungsmerkmale
Abb. 5: Fassade der IHK Lüneburg sowie eines Hauses der westlichen Altstadt
Im Zuge der Oberflächenverschönerung sind dabei verschiedene, unterschiedlich opulente
Dekor-Techniken zu nennen, welche die islamisch-orientalischen Gebäude prägen:
100
•
Fugenschnitt mit passgenauen Werksteinen
•
Ablaq: Abwechslung heller und dunkler Steinlagen (meist schwarz, weiß, rot) oder Steinund Ziegelschichten im 18. Jh. vor allem schwarzer Basalt im Wechsel mit weißem oder
rötlichem Kalkstein
•
Relief: „ausgraben“ der Oberfläche für z.B. wellige Struktur
Abb. 6: Von Links: Relief, Fugenschnitt, Ablaq
•
Ziegeldekor: herausragende, zurückgesetzte oder anders geformte Ziegel in der
gemauerten Wand lassen Textur entstehen
•
Inkrustation: Verblendung der Mauern mit verschiedenfarbigen Marmorplatten
•
Steinverblendung, einfachere Variante der Inkrustation, zur einfacheren mathematischen
Gliederung der Fläche
•
Mosaik: Zusammenfügung bemalter, teilweise verschieden geformter Stein- oder Glaswürfel
(Tesserae), mit Kalkmörtel fixiert, nicht weit verbreitet, nur kurze Zeit angewandt
•
Stukkatur: sehr fein modellierte Verzierung mit Gips an Mauerwerken, das wichtigste
Element im Islam
•
Fayence: keramische Wandverkleidung, meist blaue Ornamente
Abb. 7: Von Links: Fayence, Stukkatur, Inkrustation
101
Abb. 8: Von Links Steinverblendung, Mosaik
1.2 Ornamentik
Vor dem Hintergrund des Bilderverbots im Islam entwickelten sich Ornamentik und
Kalligraphie bis zur Perfektion weiter. Wie streng das Bilderverbot angewandt wurde, differiert
je nach Region und Epoche. Als die häufigsten Motive können jedoch angesehen werden:
•
Vegetation: verschlungene Arabesken, wie
Rosetten,
Ranken,
Blätter,
Blüten,
Palmwedel
•
Geometrie:
Kreise,
Vielecke,
Quadrate,
sternförmige
Flechtwerke,
Netze
aus
Sechsecken
•
Figuren: Menschen- u. Tierdarstellungen
Bildliche Tierdarstellungen können dabei astrologische/ magische Symbolik haben, z.B. bei
Adlern, Löwen, Schlangen und Drachen.
Die islamische Pflanzenornamentik soll dabei ein Abbild des Paradieses schaffen bzw.
heraufbeschwören. Unter dem Begriff Arabeske werden dabei vor allem Pflanzendekors und
rhythmisch-geometrische Textur mit Ranken- und Blumenmuster zusammengefasst. Das
streng geometrische Dekor wirkt als Gegenpol zu Pflanzenornamenten und erreicht die
Gliederung der Fläche mit mathematisch definierten Formen.
Abb. 9: Von links: Schlangentor, Blumenmuster und Geometrie, Wandmalerei
102
Die Gliederung der Flächen erfolgt im Einzelnen durch die Einteilung in Felder (Diskontinuität)
und Bänder (Zusammenhalt des Ganzen). Die Felder dienen dazu, eine Monotonie großer
Flächen aufzubrechen und eine Grundstruktur zu schaffen, die Bänder sind die gestalterische
Verbindung zwischen verschiedenen Wandflächen-Partien.
1.3 Kalligraphie
Die Kalligraphie oder auch die Kunst der Schrift besticht besonders durch die geschwungenen
Linien der arabischen Schrift. Vor allem bedeutende Texte wie Koranverse, historische
Ereignisse, (Stifter-) Namen und Gedichte wurden in diese kunstvolle Form gebracht. Dabei
diente sie zur Betonung der Aussagefunktion und zur Visualisierung des göttlichen Wortes
sowie zur Manifestation der Gegenwart Gottes im irdischen Umfeld. Auch die Kalligraphie
wurde als Dekor benutzt in Schriftbändern, rechteckigen oder bogenförmigen Feldern oder
Diagonalen. Dabei bezog die Gestaltung der Buchstaben auch pflanzliche und geometrische
Ornamente mit ein.
Abb. 10: Kalligraphie-Bänder Madrasa Al-Attarin, Fes, und Omayyaden-Moschee, Damaskus
103
2. Die Architektur der islamisch-orientalischen Stadt erläutert anhand
syrischer Bauten im Vergleich zur mittelalterlichen Norddeutschland
Nach der geografischen Stadtdefinition zeichnet sich eine Stadt vor allem durch funktionale
und räumliche Gliederung, einen Bedeutungsüberschuss gegenüber dem Umland, hohe
Bebauungsdichte, eine gewisse Größe, hohes Kern-Rand-Gefälle in Bezug auf Arbeits- und
Wohnstättendichte und eine hohe Verkehrswertigkeit aus. Im heutigen Syrien befinden sich
mit Damaskus und Aleppo einige der ältesten Städte der Welt. Die jeweiligen Ausprägungen
und tatsächlichen Strukturen können jedoch zum Teil auf klimatische und kulturelle
Gegebenheiten zurückgeführt werden.
2.1 Prämissen
Islamische Stadt
Norddeutsche Stadt
Ethnische Segregation (Wohnquartiere)
Soziale Gliederung
Soziale Gliederung
Trennung von Wohnen und Arbeiten
Sackgassensystem
Segregation nach Vermögen
keine Trennung von Wohnen und Arbeiten
Hierarchisches Straßennetz
Abb. 11: Gegenüberstellung Stadtstruktur
Abb. 12: Strassengrundrisse der Altstädte Damaskus und Lüneburg
104
Vor dem Hintergrund, dass Kultur und Religion auch immer aus der kulturgeographischen und
soziologischen Perspektive betrachtet werden sollten, werden im Folgenden einige Beispiele
der islamisch-orientalischen Architektur anhand von Kernmerkmalen mit norddeutschen
Bauwerken stichpunktartig verglichen.
2.2.
Religiöse Bauwerke in Stichpunkten
Die Moschee („al-masdjid“)
• Minarett als Ort der Verkündung
• Brunnen im Hof zur Reinigung vor dem Gebet
• Spannung des Gebäudes ausgerichtet auf die „mihrab“ (Gebetsnische, Richtung Mekka)
• „el-minbar“ – „Ort des Wortes“: die Kanzel
• „al-haram“ oder „al-musalla“: der Gebetssaal
• „al-maqsura“: abgetrennter Bereich für den Kalifen
Abb. 13: Grundriss, Innenhof und Kanzel der Omayyaden-Moschee, Damaskus
Die Kirche
•
Glockenturm läutet am Sonntag zum Gebet
•
Spannung des Gebäudes längs ausgerichtet auf den Altar
•
Pastor oder Pfarrer predigt von der Kanzel oder Altar
•
Bänke: Gottesdienst wird größtenteils im Sitzen getan
•
Separate Bereiche für Chor, Messdiener, etc.
105
Abb. 14: Grundriss und Westfassade Dom zu Trier und St. Johannis-Kirche, Lüneburg
Die Mausoleen („al-turbat“)
•
Traditionelle islamische Kuppelgräber
•
Erbauer i.d.R. bedeutende Würdenträger
•
oft in unmittelbarer Nähe der zugehörigen Moschee
•
Quadratischer Grundriss mit ausgesetztem Acht- und / oder
Sechzehneck und Kuppel
Abb. 15: Turba AsSaladin
Die religiösen Bildungseinrichtungen („al-madrasat“)
•
Theologische Schulen u.a. mit den
Disziplinen Theologie, Arabische
Sprache, Recht und Medizin
•
oft
in
Verbindung
mit
einem
Mausoleum
•
Gestiftete Bauwerke
Bestandteile:
•
Gebetssaal
•
Studentenwohnungen
Abb. 16: Madrasa Az-Zahiriya, Damaskus
106
Die Klosterschule
•
Theologische Schule als Internat (zunächst für Jungen in Mönchsorden, später auch
für Mädchen in Nonnenklöstern)
•
Gelehrte
Disziplinen:
Theologie,
Latein,
Pflanzenheilkunde;
ab
17.
Jh.
auch
Mathematik, Französisch, Tanz, Fechten
•
von der Kirche gegründete Bauwerke
•
Bestandteile:
o
Klosterkirche
o
Unterrichtsräume
o
Schlafsäle
Abb. 17: Ehemalige Klosterschule St. Michaelis, Lüneburg, und historische Darstellung des
Klosterunterrichts
2.3. Wirtschaftsgebäude in Stichpunkten
Die Marktgassen (al-suq)
•
Markt besteht aus Ladenreihen und Basarboxen
•
nach Geschäftssparten aufgeteilt
•
Einstöckig und komplett überdacht
•
Beinhalten auch Moscheen, Bäder, Garküchen usw.
•
Spezialisierung der einzelnen Suqs (z.B. Gewürze, Schneider, Zoll)
Beispiel Suq al-Hamidiyya
•
erbaut 1781 von Gouverneur Muhammed Pascha
•
Kein spezialisierter Suq, Versorgung der Neustadtbevölkerung mit allem Notwendigen,
heute eher für Touristen
•
Liegt in der Altstadt, läuft mit ca. 600 m Länge direkt auf Omayyaden- Moschee zu
107
•
1873 modernisiert: Ziegeldach durch Zinkblechdach ersetzt, Verbreiterung der Straße,
Geschäfte auf zwei Stockwerke aufgestockt
•
1925 erlitt er Bombardements und Brände während des Drusen-Aufstandes
Abb. 18: Suq al-Hamidiyya in Damaskus
Der Marktplatz und Zunftgassen
•
Zentraler, dreieckiger / quadratischer Platz
•
Platz mit Brunnenmitte, anbei Bau des Rathauses
•
Freiluftmarkt oder Markthalle, einzelne Verkaufsstände
•
Anfangs Trennung: Hauptmarkt und spezifische Märkte
-> Zentrum städtischen Lebens
(Obst, Milch, Fleisch - Stoffe, Bänder, Felle, Gewürze)
•
Zunftgassen: je Beruf beste Lage (Wasser, Markt, Stadtrand)
Abb. 19: Ehemalige Zunftgasse Gr. Bäckerstrasse & Marktplatz mit Rathaus, Lüneburg
108
Die Karawanserei („al-khan“)
•
ummauerte Herberge an Karawanenstraßen für Reisende
•
Warenlager, Verkaufsräume und Handelsplatz für Im- und Exportwaren
•
Grundriss: Quadrat oder Rechteck, selten Achteck mit Innenhof, um den die
arkadengesäumten Gebäude standen
•
Erdgeschoss: Tier-Ställe und Läden, Obergeschoss: Quartiere für Reisende
•
Netz von Karawansereien im Abstand von ca. 30-40 km
Abb. 20: Grundriss und Innenraum Khan Assad-Pascha, Damaskus
Die Herberge / das Hospiz
•
für Reisende von Städten betrieben
•
Gaststube (beheizter Raum)
•
Stube des Wirtes (private Räume)
•
Kammer (Schlafsaal, oft die Gaststube)
•
Küche (meist in der Gaststube)
•
evt.: Pferdestall, Schuppen, Brauerei, Mälzerei
Abb. 21: alte Herberge, Lüneburg
2.4. Öffentliche Einrichtungen in Stichpunkten
Die Bäder („al-hammamat“)
•
Durch das Reinheitsgebot des Islam bedingt
•
Waschgelegenheiten im traditionellen Wohnviertel waren nicht gegeben
•
Gesellschaftlicher Treffpunkt und „Verhandlungssaal“
•
Ursprünglich Fünfgliederung: Umkleideraum, Kaltbad, Lauwarmbad, Heißbad und
Schwitzbad
109
Abb. 22: Grundriss und Empfangsraum des Hammam al-Buzuriye, Damaskus
Das Badehaus
•
städtische Einrichtung (13. Jh.)
•
Arme gossen sich mit warmem Wasser ab, Reiche ließen sich vom Bader in tiefen,
bottichartigen Wannen mit Lauge abreiben
•
Reinigungsbad und Schwitzbad: Wasserguss auf heiße Steine
•
Spätere Trennung von Männern und Frauen
•
Diente mehr dem Vergnügen (Essen, Trinken, Mädchen, Musik) als der Hygiene
-> ab 17. Jh. geschlossen
Abb. 23: Malerei eines alten Badehauses
Die Hospitäler („al-bimaristanun“)
•
von wohlhabenden Kaufleuten und Würdenträgern unterhaltene Krankenhäuser
•
Chirurgie,
Orthopädie,
Fieberkrankheiten,
Psychiatrie,
fester
Ärztestab
und
Fachbibliothek
•
Diwane als Untersuchungs- und Lehrräume, Liegehallen
110
•
Krankenstationen um den Innenhof
•
Angeschlossene Toilettenanlage
Abb. 24: Grundriss und Innenhof des Bimaristan Nuri, Damaskus
Die christlichen Hospitäler
•
von der Kirche im Mittelalter gegründete Krankenstationen mit Armenhaus und
Pilgerherberge
•
Nonnen und Mönche verrichteten den Dienst im Sinne der christlichen Nächstenliebe
•
Disziplinen: Insbesondere Heilkräuterkunde
•
Bestandteile: Liegehallen, Armensaal und Altar, Kräutergarten
Abb. 25: Das Kloster Lüne aus der Vogelperspektive
2.5. Zitadelle (al-Qala`a)
•
am stärksten ausgebauter Teil einer Festung
•
innerhalb oder am Rande einer Stadt positioniert
111
•
Grundriss eines regelmäßigen Vieleckes
•
Meist auf einem Hügel
•
Schießscharten und Gusserker zur Abwehr
Abb. 26: Haupttor und Grundriss der Zitadelle von Aleppo
Burg
•
Burg: Verteidigung und Sicherung des Landes
•
Bastionen oder Wälle meist auf Hügeln erbaut
•
u.a. Wohnsitz für Ritter, Soldaten und Bürger
Aufbau:
Burgmauer, Zugbrücke, Fallgatter, Außenwerk (Zwinger), Vorburg, Hauptburg, Bergfried
(höchster Turm in einer Burg). Die Eingangstür befindet sich aus Sicherheitsgründen nicht
zu ebener Erde, sondern im ersten Stock. Man gelangt dorthin über eine Einstiegsleiter,
die bei Gefahr hochgezogen oder zerstört wird), Wohnhaus, Rüstkammer, Zisterne, Turm
mit Verlies, Wehrgang (Holzaufbau über der Mauer zur Verteidigung, überdacht), Kapelle,
Burgküche.
Abb. 27: Burg Hohensalzburg & Modell einer mittelalterlichen Burg
112
2.6
Fazit
Nach der ausgiebigen Erkundung der Altstädte von Damaskus und Aleppo konnten wir vor
dem Hintergrund der wissenschaftlichen Modelle eigene Einschätzungen vornehmen.
Demnach ist die islamische-orientalische Stadt der deutschen mittelalterlichen Stadt in vielen
Punkten nicht unähnlich: Sie ist „alt“, organisch gewachsen und daher eher unübersichtlich,
geprägt durch fußläufige Entfernungen, von einer Stadtmauer umgeben, verfügt über
Mischung von Alt- und Neubauten und hat eine eher überschaubare Größe. Unterschiede
ergeben sich vor allem aus dem Verhältnis Öffentlichkeit-Privatheit, der strengen ethnischen
Segregation und der klaren Funktionstrennung. So stellen das Wirtschaften und Handeln im
Suq und das gemeinsame Gebet in der Moschee die eigentliche öffentliche Handlung dar,
während fast alle anderen Bereiche des täglichen Lebens in der islamisch-orientalischen Stadt
vor allem durch die Privatheit geprägt sind. So sind auch nur die großen Durchgangsstraßen der
Stadt als öffentlicher Raum zu verstehen, während die Zugangsstraßen zu Wohnvierteln und die
kleinsten Sackgassen mit Hauseingängen als privat oder semi-privat bezeichnet werden
müssen. Diese Innengekehrtheit findet sich auch in der gedrungenen, kompakten Bauweise
und damit eher bescheidenen Fernwirkung der Altstadt wieder, während die deutschen
mittelalterlichen
Altstädte mit ihren Kirchturmspitzen und weiteren Türmchen über eine
aufstrebende Silhouette verfügen. Auch in den verschiedenen Gestaltungsmitteln finden sich
dieses Privatheits-Verhältnis sowie das zeitgenössische Weltbild des arabischen Kulturraumes
wieder und verströmt den Zauber einer fast vergangenen Epoche, dem auch wir erlagen.
113
3. Literaturverzeichnis
1. Rotter, Gernot: 1999, Syrien, 3. aktual. Auflage, Ed. Temmen (Edition Erde Reiseführer), Bremen.
2. Clévenot, Dominique & Degeorge, Gérard: 2000, Das Ornament in der Baukunst des Islam, Hirmer Verlag,
München.
3. Galli, Max & Mill, Maria: 2009, Reise durch Syrien, Verlagshaus Würzburg GmbH & Co. KG, Stürtz, Leipzig.
4. Scheck, Frank Rainer und Odenthal, Johannes: 2001, Syrien, Hochkulturen zwischen Mittelmeer und
Arabischer Wüste, 2. Auflage, DuMont Buchverlag, Köln.
5. Stierlin, Henri: 2005, Schätze aus dem Morgenland, Orientalische Baukunst von Damaskus bis Granada,
Frederking & Thaler Verlag GmbH, München.
6. Wirth, E.: 2002, Die orientalische Stadt im islamischen Vorderasien und Nordafrika, Von Zabern, Mainz.
7. Abb. 2: http://www.souria.com/syriaphotos/index.asp?oo=280
8. Abb. 3: http://www.lueneburg.de/textonly/Portaldata/1/Resources/stlg_dateien/stlg_bilder/stadtbilder/
hohe_Aufloesung/am_sande_800x600_ha.jpg
9. Abb. 5: http://metropolregion.hamburg.de/image/258806/IHK_Lueneburg.jpg
http://www.lueneburg.de/textonly/Portaldata/1/Resources/lgm_dateien/lgm_bilder/tourismus_stadt/innen
stadt/hohe_Aufloesung/Altstadt_ha.jpg
10. Abb. 6: Rotter, Gernot: 1999, Syrien, 3. aktual. Auflage, Ed. Temmen (Edition Erde Reiseführer), Bremen.
11. Abb. 7-10: Clévenot, Dominique & Degeorge, Gérard: 2000, Das Ornament in der Baukunst des Islam,
Hirmer Verlag, München.
12. Abb. 12: http://www.syriantours.net/Maps/Cities/damascus_big.jpg
http://www.stadtplan.net/niedersachsen/bisher-reg-bez-luneburg/luneburg/luneburg
13. Abb. 13: Rotter, Gernot: 1999, Syrien, 3. aktual. Auflage, Ed. Temmen (Edition Erde Reiseführer),
Bremen.
14. Abb. 14: http://www.treveris.com/picture/dom_grundriss_detail.jpg
http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.treveris.com/picture/dom_westportal_detail.jpg&imgref
url=http://www.treveris.com/dom.htm&h=800&w=990&sz=168&tbnid=nopaOSd_mzR5M:&tbnh=120&tbnw=149&prev=/images%3Fq%3DDom%2Btrier&hl=de&usg=__6sW6e0p18typLqxNhDul
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wBQ
http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.mathiasbrodt.de/de/media/weblog/7m4mxa9e2msg3c6m/2008/129-lueneburg-aussichtwasserturm/11.jpg&imgrefurl=http://www.mathias-brodt.de/de/weblog/2008/05/10/lueneburg-aussichtwasserturm/&usg=__zLtZlUueAhL-oZJsdz5fpf0bS8M=&h=719&w=485&sz=87&hl=de&start=2&sig2=_XAEZX8i1Apiyxn6M2rwg&um=1&itbs=1&tbnid=JGbGsrPGYFAwQM:&tbnh=140&tbnw=94&prev=/images
%3Fq%3DSt.%2BJohannis%2BKirche%2BL%25C3%25BCneburg%2Bturm%26um%3D1%26hl%3Dde%2
6gbv%3D2%26tbs%3Disch:1&ei=8QP3S4vXE9iSsgaHgaGGBg
114
15. Abb. 15: Galli, Max & Mill, Maria: 2009, Reise durch Syrien, VerlagshausWürzburg GmbH & Co. KG, Stürtz,
Leipzig.
16. Abb. 16: http://archnet.org/library/images/one-image-large.jsp?location_id=4168&image_id=12662
http://archnet.org/library/images/one-image.jsp?location_id=4168&image_id=12666
http://archnet.org/library/images/one-image.jsp?location_id=4168&image_id=12664
17. Abb. 17: http://lh4.ggpht.com/meinharderich/Rx0KsHpmJWI/AAAAAAAAC90/n3XPLQp8a8o/s400/
Michaelis-Klosterschule+in+L%C3%BCneburg_IMG_0116.jpg
http://www.deutschland-im-mittelalter.de/bilder/das-kloster/unterricht-klosterschule.jpg
18. Abb. 18: http://www.goruma.de/export/sites/www.goruma.de/Globale_Inhalte/Bilder/Content/S/syrien_
damaskus_souq-al-hamidija.jpg_429653300.jpg
http://www.souria.com/syriaphotos/index.asp?oo=20
19. Abb. 19: http://www.lueneburger-geschichte.de/ansichten/anindex.html
http://www.seminaris.de/files/fotogalerie/Lueneburg_Markt_20_cm.jpg
20. Abb. 20: Scheck, Frank Rainer und Odenthal, Johannes: 2001, Syrien, Hochkulturen zwischen Mittelmeer
und Arabischer Wüste, 2. Auflage, DuMont Buchverlag, Köln.
http://images.cdn.fotopedia.com/flickr-3361952860-image.jpg
21. Abb. 21: http://www.lueneburger-geschichte.de/stadt/stadtindex.html
22. Abb. 22: http://www.worldofstock.com/slides/TME3094.jpg
Rotter, Gernot: 1999, Syrien, 3. aktual. Auflage, Ed. Temmen (Edition Erde Reiseführer), Bremen.
23. Abb. 23: http://www.arsmagica.de/kuriosa/wissenswertes/gasthaus/
24. Abb. 24: Scheck, Frank Rainer und Odenthal, Johannes: 2001, Syrien, Hochkulturen zwischen Mittelmeer
und Arabischer Wüste, 2. Auflage, DuMont Buchverlag, Köln.
http://www.eslam.de/bildergalerien/b/bimaristan_nuri/bimaristan_nuri_bildergalerie.htm
25. Abb. 25: http://www.ballonfahrt.de/img/lueneburg/ballonfahrt_lueneburg_kloster_gross.jpg
26. Abb. 26: http://www.geo-reisecommunity.de/bild/199912/Aleppo-Syrien-Zitadelle-Aleppo
Scheck, Frank Rainer und Odenthal, Johannes: 2001, Syrien, Hochkulturen zwischen Mittelmeer und
Arabischer Wüste, 2. Auflage, DuMont Buchverlag, Köln.
27. Abb.27: http://farm4.static.flickr.com/3217/2959602983_19181e634c_b.jpg
http://www.lehnswesen.de/page/html_burg.html
115
Die Rolle der Frau in Syrien
Anne Backhaus und Sina Keddo
Gliederung
1
Die Frau in der Politik
1.1 Familien- und Bildungspolitik
2
Das Bild der syrischen Frau
3
Die Bedeutung der Ehe in Syrien
3.1 Zwangsehe
3.2 Scheidung
3.3 Polygamie
3.4 Ehrenmord
4
Die Frau in der Arbeitswelt
5
Fazit
6 Literaturverzeichnis / Quellenangaben
116
Einleitung
Grundsätzlich trennt das islamische Recht unterschiedliche Personengruppen. So haben
Frauen und Männer, Freie und Unfreie, Muslime und Nicht-Muslime einen unterschiedlichen
Rechtsstatus. Die dominante und privilegierte Rechtsstellung kommt allerdings dem freien
muslimischen Mann zu. Der Artikel 45 des syrischen Grundgesetzes besagt allerdings, dass die
Frau als vollwertiges Mitglied der arabischen Gesellschaft angesehen werden sollte.
Article 45 [Women]
The state guarantees women all opportunities enabling them to fully and
effectively participate in the political, social, cultural, and economic life. The state
removes the restrictions that prevent women's development and participation in
building the socialist Arab society. (1 Grundgesetz)
Mit unserer Ausarbeitung möchten wir untersuchen, ob dies in Syrien gewährleistet wird.
Dazu betrachten wir die Frau in der Politik, in der Öffentlichkeit, der Arbeitswelt und in der
Ehe. Ebenso befassen wir uns mit der Familien- und Bildungspolitik.
Wir versuchen einen Überblick über die unterschiedlichen, kontroversen, gesellschaftlichen
Themen zu erfassen. Die Schwierigkeit bestand darin zuverlässige Quellen zu finden, die
verallgemeinernd die Rolle der Frau beschreiben.
Dabei ist es schwer nicht von der Meinung des Autors beeinflusst zu werden. Des Weiteren
erscheint es so, als ob viele Quellen bezüglich dieses Themas sehr veraltet sind, weswegen
wir auch auf Internetquellen zurückgreifen mussten. Unserer Meinung nach weicht die Theorie
etwas von der Realität ab. In dieser Ausarbeitung haben wir versucht, einen Zusammenhang
zu den Eindrücken zu schaffen, die wir vor Ort gewinnen konnten.
Je nach Schicht, Traditionalität und Region innerhalb Syriens gibt es sehr viele Unterschiede
bezüglich der Rolle der Frau, die nicht außer Acht gelassen werden dürfen.
117
1 Die Frau in der Politik
Die Gleichberechtigung der syrischen Frau ist in der sozialistischen Volksrepublik durch die
Verfassung gewährleistet. Im gegenwärtigen Kabinett sind zwei Frauen vertreten und im
Parlament 30 Abgeordnete. Insgesamt sitzen 250 Abgeordnete in der Volksversammlung,
demnach bilden die Frauen immerhin 1/8 der Stimmbeteiligten. (2 Auswärtigesamt)
1.1 Familien- und Bildungspolitik
Kinderreichtum bedeutet in Syrien gesellschaftliches Ansehen,
Fortpflanzung gilt als
muslimische Lebenspflicht. Leider hat nicht jede Familien genug Zeit und Geld sich
angemessen um ihre Kinder zu kümmern und sie zu versorgen. Für viele Kinder, die noch
nicht schulpflichtig sind, ist die Straße der einzige Kinderhort. Aus diesen Gründen möchte die
Regierung das rasante Bevölkerungswachstum durch eine Drei-Kind-Politik eindämmen. Die
Geburtenrate liegt bei 3,5. Knapp 40 Prozent der Syrer sind unter 14 Jahre alt. Doch der
lahmende Arbeitsmarkt kann die Massen junger Leute schon heute nicht mehr aufnehmen.
Die Arbeitslosenquote wird auf über 20 Prozent geschätzt.
Der Staat zahlt heute ein gestaffeltes Kindergeld: Für das erste Kind gibt es 300 syrische
Pfund im Monat (etwa 4,60 Euro), für das zweite 200 und fürs dritte noch 100. Auch verlieren
Beamtinnen ab dem vierten Kind ihren Anspruch auf Mutterschaftsurlaub. Tatsächlich ist die
Geburtenrate bereits gesunken – von 31,11% pro 1000 Einwohner im Jahr 2000 auf 25,9%
im Jahr 2009. (3 Spiegel-Online)
Während unseres Aufenthalts in Syrien ist uns der enorme Kinderreichtum des Landes
tatsächlich aufgefallen. In den Straßen und Moscheen tummelten sich die Kinder, man sah
kaum ein junges Paar ohne Kinderwagen. Die folgenden zwei Fotos sollen unseren Eindruck
verstärken und zeigen spielende Kinder in der Omayyaden-Moschee und Kinder die vor einem
Atelier auf der Straße malen.
118
Spielende Kinder in der Moschee
Malen auf der Straße
119
Die Bereiche Erziehung und Wissenschaft sind für Syrien von zentraler Bedeutung.
Regierungsziel ist es, das Niveau in der Schul- und Hochschulbildung zu verbessern. Im
Folgenden zitiere ich den Artikel 23 des syrischen Grundgesetzes, dieser belegt die Wichtigkeit
der Bildung für die arabische Gesellschaft:
Article 23 [Socialist Education, Arts, Sports]
(1) The nationalist socialist education is the basis for building the unified socialist
Arab society. It seeks to strengthen moral values, to achieve the higher ideals of
the Arab nation, to develop the society, and to serve the causes of humanity. The
state undertakes to encourage and to protect this education.
(2) The encouragement of artistic talents and abilities is one of the bases of the
progress and development of society, artistic creation is based on close contact
with the people's life. The state fosters the artistic talents and abilities of all
citizens.
(3) Physical education is a foundation for the building of society. The state
encourages physical education to form a physically, mentally, and morally strong
generation. (4 Grundgesetz)
Bildung ist frei und deshalb besteht allgemeine Schulpflicht, die inzwischen für alle Kinder im
Alter von 6 bis 15 Jahren gilt (Schulpflicht bis zur 9. Klasse). Auch diese ist im Grundgesetz
verankert:
Article 37 [Free Education]
Education is a right guaranteed by the state. Elementary education is compulsory
and all education is free. The state undertakes to extend compulsory education
to other levels and to supervise and guide education in a manner consistent with
the requirements of society and of production. (5 Grundgesetz)
Im folgenden Abschnitt möchte ich das syrische Bildungssystem vorstellen. Eine schulische
Grundausbildung ist nicht nur für Mädchen von enormer Bedeutung, sondern eine ganze
Gesellschaft hängt von der Bildung seiner Kinder ab. Deshalb scheint mir dieser Exkurs
notwendig, um das Leben einer syrischen Frau nachzuvollziehen.
120
Das syrische Schulsystem baut sich wie folgt auf: Zuerst besucht man im Alter von 6-14
Jahren die Elementarschule, sie beinhaltet zwei Phasen: die erste Phase dauert vier Jahre, hier
lernen die Kinder nach einem Lehrplan und beginnen mit der ersten Fremdsprache: Englisch.
Die zweite Phase beginnt in der fünften Klasse, hier können Jungen und Mädchen getrennt
voneinander unterrichtet werden. Der Unterricht wird weiterhin durch einen Lehrplan des
Ministeriums bestimmt. Eine Prüfung am Ende des neunten Schuljahres entscheidet, ob das
Kind die folgende Sekundarschule besuchen darf. Diese dauert drei Jahre und entscheidet, ob
ein/e Schüler/in studieren darf. So wie in Deutschland bestimmt die Note des Abiturs über
die Auswahl der Fächer und des Ortes, wo und was studiert werden kann. (6 Bildungssystem)
Die Gesamtzahl der Schüler beträgt über 4 Mio. (davon über 40 % Mädchen), die
Zahl der Schulen über 16.000 (davon fast 15.000 gemischte), die der Lehrer knapp 255.000.
Hinzu kommen ca. 120 Berufsfachschulen mit ca. 33.000 Schülern. (7 Auswärtigesamt) Die
syrischen Studenten, mit denen wir Kontakt hatten, haben allerdings meine Vermutung
bestätigt, dass nicht alle Eltern auf einen regelmäßigen Schulbesuch ihrer Kinder achten.
Immerhin ist die Analphabetenrate auf 17% gesunken, wobei sie bei Mädchen weiter
verbreitet ist.
Das Land verfügt über vier staatliche Universitäten (Damaskus, Aleppo, Homs und Lattakia),
an denen über 200.000 syrische (davon knapp 50 % Frauen) und über 8.000 ausländische
Studenten (überwiegend aus arabischen Ländern) immatrikuliert sind, hier ist das Studium
gebührenfrei. Inzwischen gibt es eine Vielzahl privater Universitäten, die zum Teil mit
deutschen
und
anderen
europäischen
und
amerikanischen
Universitäten
Kooperationsabkommen geschlossen haben. Seit Oktober 2005 hat die deutsch-syrische Wadi
Universität bei Homs den Lehrbetrieb aufgenommen, deren Absolventen sowohl einen
syrischen als auch einen deutschen Universitätsabschluss erhalten. (8 Auswärtigesamt)
Während unseres Aufenthalts in Syrien haben wir nicht nur eine Private Universität besucht,
sondern auch ein Gespräch mit einem Investor einer anderen Privaten geführt. Mit den
Studenten der Yarmouk University tauschten wir uns über die Möglichkeiten des Studiums
aus. Die meisten der 17 – 19 Jährigen studieren Architektur, Ingenieurwesen oder
Betriebswirtschaftslehre. Neunzig Prozent ihrer Veranstaltungen hören die jungen Syrer und
Syrerinnen
(ca.50%)
auf
Englisch
und
ihre
Eltern
zahlen
rund
5000
US-Dollar
Studiengebühren im Jahr. Die Studenten erhoffen sich neben einer guten Ausbildung spätere
121
Jobchancen in bedeutenden Positionen im In- und Ausland. Interessant scheint im Hinblick
auf die Bildung der National Human Development Index (HDI). Dieser ermittelt unter anderem
die Analphabetenrate, ebenso vergleicht er Länder bezüglich der Lebenserwartung, des
Bildungsgrads und der Einschulungsrate der Bevölkerung. Im Juli 2005 stellte die syrische
Regierung in Zusammenarbeit mit der UN-Entwicklungsorganisation UNDP den National
Human Development Report zum syrischen Bildungssystem vor, in dem eine Verbesserung der
Schul- und Hochschulbildung deutlich angemahnt wurde. Allerdings konnte diese bis heute
nicht erreicht werden. Die folgende Graphik zeigt die Entwicklung der Jahre von 1990 bis
2005, mit diesem Verlauf liegt Syrien auf Platz 107 von 182 und zählt zu den Ländern mit
mittlerem Entwicklungsstand. Deutschland zählt zu den OECD Staaten und liegt somit unter
den ersten 10. Auffällig ist auch, dass der HDI von Syrien im Gegensatz zu den anderen
Ländern schwankt und nicht exponentiell wächst. (9 HDI)
2. Das Bild der syrischen Frau
Kaum etwas prägt unser gesellschaftliches Leben mehr als die Differenzierung zwischen Mann
und Frau, in der orientalischen Welt noch viel extremer als in der Westlichen. Im Internet
habe ich eine Umfrage zu dem Thema „Das Bild der Frau in Syrien“ (10 li lak) entdeckt und
möchte hier einige Ergebnisse vorstellen.
Die Männer von Damaskus sehen eine Frau, laut der Umfrage, so:
122
Sind von anderen abhängig – reden gerne und viel – denken nur an Heirat und daran, alles
ohne Anstrengung zu erreichen – geben gerne Geld aus und helfen nie ihrem Ehemann, auch
wenn sie arbeiten – sie ist nur Hausfrau – nicht stark – gastfreundlich – großzügig – sie ist das
Symbol der Weiblichkeit – nett und freundlich – zärtlich im Gegensatz zum Mann – geben viel
Zuwendung – gute Charaktereigenschaften allgemein – loyal in der Gesellschaft
Frauen beschreiben sich selbst so:
Hinterhältig – emotional – neidisch – sie sind gute Köchinnen – selbstsüchtig – sie ändern
schnell ihre Meinung – intolerant und konservativ – sie regeln den Haushalt – sie können
auch außerhalb des Hauses arbeiten – sorgen sich um ihre Kinder und helfen ihrem Ehemann
– weich – schüchtern – höflich
Verschiedene und gegensätzliche Beschreibungen werden hier dargestellt, diese weisen auf
unterschiedlichste Einschätzungen der Lage der Frau hin, welche man im Internet finden
konnte. Während unseres Aufenthaltes in Syrien hatten wir die Möglichkeit, eigene Eindrücke
zum Bild der Frau sammeln zu können. In den Städten Damaskus und Aleppo sahen wir
tagsüber viele Frauen, die meist in Gruppen unterwegs waren. Manche waren verschleiert,
andere, vor allem jüngere Frauen, pflegten den westlichen Kleidungsstil. Abends ab ca. 20.00
Uhr änderte sich das Bild. In Kaffees und Restaurants traf man häufig nur noch auf Männer
und in Palmyra, einem „Dorf“ sah man kaum eine Frau auf der Straße. Auch die jungen
Mädchen, die wir kennen gelernt haben, durften uns abends nicht in unserem Haus in
Damaskus besuchen. Die männlichen Studenten erklärten uns, dass junge Frauen frühzeitig
bei ihren Eltern um Erlaubnis fragen müssen, um abends das Haus zu verlassen und sich mit
Freunden/innen zu treffen. Für uns Europäer scheint dies als eine konservative Einstellung der
Eltern, westliche Jugendliche würden rebellieren! Die syrischen Mädchen akzeptieren diese
Regel jedoch und schienen darüber nicht frustriert.
Partys werden in Syrien auch gefeiert, sie beginnen mittags und enden am frühen Abend. So
können Jungen und Mädchen zusammen feiern ohne die Wertvorstellungen der Eltern zu
brechen. Natürlich gibt es auch eine andere Seite, die Mädchen, die es sich nicht nehmen
lassen, in der Öffentlichkeit mit ihrem Freund Händchen zu halten und die auch nach zehn Uhr
in den Gassen von Damaskus anzutreffen waren. Festzuhalten bleibt, dass die Frauen in der
Öffentlichkeit, so wie sie sich verhielten, nicht unglücklich erschienen.
123
3
Die Bedeutung der Ehe in Syrien
3.1
Zwangsehe
Unter Zwangsehe versteht man eine Eheschließung, die ohne das Einverständnis der beiden
mündigen Ehepartner vollzogen wird und grenzt sich damit zur arrangierten Ehe ab. Bei der
Zwangsehe werden Braut oder Bräutigam oder beide durch die Androhung oder Anwendung
von physischer oder psychischer Gewalt zur Eingehung der Ehe gezwungen.
Die Zwangsehe ist in der islamischen Welt weit verbreitet, weil sie durch das islamische Recht
legalisiert wird. Häufig werden Zwangsehen jedoch vollzogen, um die Ehre der Familie zu
retten.
Bezüglich des Themas Zwangsehe gibt es mehrere Überlieferungen, die unterschiedliche
Interpretationsfreiräume bieten.
Einige Überlieferungen sagen aus, dass die vor- und frühislamische Praxis davon ausging,
dass der Ehevormund, meistens der Vater, seine jungfräuliche unmündige Tochter gegen
ihren Willen verheiraten darf, dass erwachsene Frauen jedoch keinen Ehevormund brauchen.
Anderen Überlieferungen zu folge hat der Prophet allerdings den Jungfrauen auch das Recht
eingeräumt, eine Eheschließung abzulehnen, denn eine Zustimmung besteht lediglich im
Schweigen der Jungfrau.
„Der Prophet (...) sagte: »Eine ältere Frau darf nur verheiratet werden, wenn
dies mit ihr besprochen wurde. Und eine Jungfrau darf nur verheiratet werden,
wenn sie der Heirat zustimmt.« Jemand fragte ihn: »O Gesandter Gottes, wie
äußert eine Jungfrau ihre Zustimmung?« Er erwiderte: »Sie gibt dadurch ihr
Jawort, daß sie
schweigt.«“(10 Wikipedia 2010)
Bei der Eheschließung ist die Anwesenheit des Ehevormundes notwendig, da der Ehevertrag
zwischen dem Ehevormund der Braut und dem Bräutigam geschlossen wird. (11 Wikipedia
2010)
Wieder andere Überlieferungen sagen aus, dass im Islam die Eheschließung ein freier Prozess
ist, indem sowohl der Mann als auch die Frau sich frei für ihren zukünftigen Ehepartner
entscheiden kann.
124
Der Vater einer Frau, die erstmals heiratet, hat jedoch ein sogenanntes Veto-Recht. Dieses
Veto- Recht soll als „Hürde“ für den Zukünftigen dienen, darf jedoch nur angewandt werden,
wenn es gravierende islamische Gründe gibt wie zum Beispiel eine Alkoholabhängigkeit des
zukünftigen Mannes.
Heiratet die Tochter gegen den Willen des Vaters, verliert sie höchstens die Zustimmung ihres
Vaters.
Das
Veto-
Recht
kann
also
nicht
zu
einer
Zwangsehe
führen.
(12
Islamicrevolutionservice 2010)
Durch die verschiedenen Interpretationen, wann eine Zwangsehe vollzogen wurde und wann
nicht, ist es sehr schwer zu erfassen, wie viele Zwangsehen heute noch in Syrien geschlossen
werden. Die Dunkelziffern sind enorm.
Die Menschenrechtsorganisation „Terre des Femmes“ registrierte bundesweit jährlich über
1000
Zwangsverheiratungen.
2008
wurden
bundesweit
alleine
50
Fälle
von
„Ferienverschleppungen“ registriert. (13 Sarsura-Syrien 2009)
3.2 Scheidung
Wenn sich einer der Ehepartner scheiden lassen will, gibt es unterschiedliche rechtliche
Grundlagen, abhängig vom Geschlecht des Ehepartners.
Die islamische Frau hat drei Möglichkeiten, um sich eigenwillig scheiden zu lassen:
Zum einen besteht die Möglichkeit, dass die Frau von Anfang an im Ehevertrag Bedingungen
festlegt, unter denen sie sich scheiden lassen kann. Eine Bedingung könnte zum Beispiel sein,
dass der Ehegatte keine zweite Ehe eingehen darf. Würde er dies trotzdem tun, könnte die
Ehefrau sich scheiden lassen, da der Ehegatte gegen den Ehevertrag verstoßen hat.
Zum anderen besteht eine Möglichkeit der Chul’a- Scheidung. Darin bittet die Ehegattin ihren
Ehemann um die Aussprache der Scheidung. Als Gegenleistung muss sie ihrem Ehemann die
Mitgift und andere materielle Werte überlassen.
Die letzte Möglichkeit der Scheidung besteht in der gerichtlichen Scheidung. Die Ehefrau hat
jedoch eine Beweispflicht einzuhalten. Dabei muss sie Scheidungsgründe, wie zum Beispiel die
Impotenz oder eine langjährige Verletzung der Unterhaltspflicht des Mannes, nachweisen.
125
Für die islamische Frau ist es also am sinnvollsten, Scheidungsgründe im Ehevertrag
festzuhalten. Im Unterschied zu den komplizierten Auflagen, die eine Frau erfüllen muss, um
sich scheiden zu lassen, ist der Prozess der Scheidung für den Ehegatten nicht so kompliziert.
Wenn sich der Ehemann scheiden lassen möchte, muss er dies lediglich aussprechen. Dies
darf jedoch nicht zum Menstruationszeitpunkt der Frau geschehen, in dem der Beischlaf mit
ihr verboten ist.
Der Prophet hatte erklärt, dass Allah von allen erlaubten Handlungen die Scheidung am
verhasstesten ist. (14 Frauen in islamischen Welten 1999)
3.3 Polygamie
In der Polygamie ist die Schließung mehrerer Ehen legal. Das islamische Recht beschränkt die
Polygamie jedoch mit bis zu vier Frauen in der Verbindung mit der Versorgung von Witwen
und Waisen:
Vers 3 Sure 4:
„ Und wenn ihr fürchtet, den Waisen nicht gerecht werden zu können, nehmt
euch als Frauen, was euch gut erscheint, zwei oder drei oder vier. Doch wenn
ihr fürchtet, ihnen nicht gerecht werden zu können, heiratet nur eine…“ (15
Wikipedia 2010)
Deswegen wird vom Koran aus die Polygamie eher in Ausnahmefällen, wie zum Beispiel in
Kriegszeiten und bei einem Frauenüberschuss, akzeptiert.
Im Vers 128 wird weiter darauf eingegangen:
„ Und ihr könnt zwischen den Frauen keine Gerechtigkeit üben, so sehr ihr es
auch wünschen möget.“(16 Wikipedia 2010)
Aus diesem Vers kann entnommen werden, dass ein Ehemann es nicht schafft alle Frauen
gleich zu behandeln, weswegen es ihm untersagt ist, mehrere Ehen zu schließen.
Dieser Vers kann zum einen als Aufforderung, dass alle Ehefrauen gleich behandelt werden
müssen, zum anderen jedoch auch als indirektes Verbot der Polygamie verstanden werden.
(16 Frauen in islamischen Welten 1999)
3.3 Ehrenmorde
Ehrenmord ist ein Begriff, der die vorsätzliche Tötung eines Menschen bezeichnet. Die
Tatbestandsgründe resultieren aus der Sicht des Täters aus der vermeintlichen Verletzung der
126
Ehre der Familie, welche durch den Mord wiederhergestellt wird. In diesem Fall ist der Begriff
Ehre mit einer traditionellen Vorstellung behaftet und hat nichts mit der Achtung gegenüber
einander im Sinne der Aufklärung zu tun. Die gesellschaftliche Ehre der Männer in einer
Familie hängt auch von dem normgerechten Verhalten der weiblichen Angehörigen ab. Das
normgerechte Verhalten der Frau wird an den ihrem Geschlecht auferlegten Regeln und
Normen bemessen.
Bei der Recherche nach Quellen zu diesem Thema ist es sehr auffällig, wie schwer es ist,
zuverlässige, aktuelle Statistiken zu finden. Der Weltbevölkerungsbericht der UNO verkündete,
dass alljährlich weltweit mindestens 5.000 Mädchen oder Frauen in Form von Ehrenmorden
hingerichtet werden. Die Schätzungen liegen jedoch bei 10.000 bis 100.000 Fällen pro Jahr.
Syrien zählt neben der Türkei, Jordanien, Libanon und Pakistan zu den Ländern, die am
meisten Ehrenmorde zu verzeichnen haben. (17 Politik-lernen 2006)
In vielen Ländern gehen Täter von Ehrenmorden straffrei aus. Auch in Syrien war das lange
Zeit der Fall. Im syrischen Strafgesetzbuch wurde die Straffreiheit für Ehrenmorde legitimiert.
Langjährige Bemühungen von unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen führten dazu, dass der
syrische Präsident, Baschar Al-Assad, die Abschaffung der Straffreiheit veranlasste. Durch den
Anstieg der Ehrenmorde in Syrien wurde im Jahre 2008 ein neues Gesetz geschaffen, dass
Täter von Ehrenmorden mit einer Mindeststrafe von zwei Jahren bestraft. (18 NZZ online
2009)
Alleine im ersten Halbjahr des Jahres 2008 wurden 29 Ehrenmorde registriert, die Dunkelziffer
darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden. (19 Dw-world 2009)
4. Die Frau in der Arbeitswelt
Nach dem Koran ist es für die Frau möglich, einer legalen Arbeit nachzugehen. Dabei muss
jedoch ihre Würde bewahrt bleiben und sie sollte die Möglichkeit haben, der islamischen
Bekleidungsvorschrift und Verhaltensweisen nachkommen zu können. Dabei ist es jedoch
wichtig, dass sie trotz der Arbeit ihren häuslichen Pflichten nachkommen kann, da diese den
persönlichen Wünschen nach Karriere übergeordnet sind.
127
Zur Ausübung eines Berufs, Fortführung einer Ausbildung oder eines Studiums braucht sie die
Einwilligung ihres Ehemanns bzw. muss diese Kriterien in ihrem Ehevertrag garantieren
lassen. Muslimischen Frauen steht das Recht zu, bei gleicher Arbeit wie ein Mann entlohnt zu
werden und alleine darüber zu verfügen.
Nach dem Koran kann die muslimische Frau sowohl Führungspositionen in Behörden,
Unternehmen und in der Politik als auch höhere Ämter in der Regierung ausführen.
Was jedoch stets zu beachten ist, ist die Bekleidung. Da außer der ehelichen Sexualbeziehung
jede andere Sexualbeziehung zwischen Männern und Frauen verboten ist, muss durch das
Verhalten in der Öffentlichkeit auf modische Besonderheiten verzichtet werden, da diese zu
einer verbotenen Sexualbeziehung führen könnten. Männer und Frauen, die nicht miteinander
verheiratet oder eng verwandt sind, so dass eine Ehe ausgeschlossen werden kann, dürfen
nicht miteinander alleine sein. Für die Arbeitswelt bedeutet dies, dass sie sich zum Beispiel
keinen Büroraum teilen dürfen. Des Weiteren sollen sie Blicke voreinander senken und ihre
Reize nicht zur Schau stellen. (20 Frauen in islamischen Welten 1999)
Seit den 60er Jahren wurde ihm Rahmen des Sozialismus die Expansion der Bildungs- und
außerhäuslichen
Beschäftigungsmöglichkeiten
für
Frauen
vorangetrieben.
Die
Zugangsbedingungen haben sich für arbeitswillige Frauen verbessert. Dies wurde unter
anderem durch die Gründung der syrischen Frauenunion (1969: Al Ittihad al Amman Nisaiy),
als auch durch die Frauenvereinigung der a´th Partei herbeigeführt.
27% der syrischen Frauen arbeiten, doch nur wenige gehen auch einer bezahlten Tätigkeit
nach, viele engagieren sich ehrenamtlich.
Die allgemeine Schulpflicht hat dazu geführt, dass wenigstens ein Großteil der weiblichen
Bevölkerung die sechste Klasse absolviert. Durch die allgemeine Schulpflicht wird den
syrischen Frauen jedoch die Möglichkeit geboten, einen Einstieg in das universitäre System zu
finden. 1998 waren 39% der Studierenden Frauen, was einen enormen Zuwachs darstellt.
Viele der Frauen studieren jedoch nur, um ihr Selbstwertgefühl zu verbessern, da vielen schon
zu Beginn des Studiums klar ist, dass sie auf Grund von einer Eheschließung dieses frühzeitig
beenden müssen.
128
Denjenigen Frauen, die ihr Studium absolvieren, ist jedoch nicht der Berufseinstieg
gewährleistet. Momentan besteht noch eine starke normative moralische Barriere der
Arbeitgeber, Väter und Ehemänner durch die der Berufseinstieg zusätzlich zu den schlechten
wirtschaftlichen Zeiten für Frauen erschwert wird.
Väter und Ehemänner haben Angst vor der potenziellen Gefahr vor Belästigungen der Töchter
oder Ehefrauen am Arbeitsplatz.
Des Weiteren geht eine berufstätige Tochter oder Ehefrau in den meisten Fällen mit einer
Beschmutzung der Familienehre einher. Längere Arbeitszeiten oder Büroteilungen mit
männlichen Arbeitskollegen können zu übler Nachrede führen.
Berufstätige Frauen bekommen meistens gesellschaftlich nur wenig bzw. gar keine
Anerkennung für ihren beruflichen Erfolg. Gesellschaftlich werden die Ehemänner der
berufstätigen Frauen kritisiert, da sie ihren Familien mit ihren finanziellen und sozialen
Verpflichtungen nicht nachzukommen scheinen.
Die muslimische Frau muss sich also entscheiden, ob sie Erfolg anstrebt und somit eine
Gefährdung des Rufes in Kauf nimmt oder ob sie ihre Erfüllung in der Versorgung der Familie
und des Haushalts sieht.
In den letzten Jahren ist jedoch eine Lockerung der normativen weiblichen Rollenmuster zu
beobachten. (21 „Frauenwelt“ in Damaskus 2002)
Auch mir schien es vor Ort so, dass sich die normative Rolle der Frau, besonders der Frauen in
den jüngeren Generationen, gelockert hat. Im alltäglichen Leben hingegen sieht man immer
noch selten Frauen arbeiten. Dies kann auch an der Tatsache liegen, dass die berufstätigen
Frauen zu meist akademischen Berufen nachgehen, jedoch nur selten repräsentative Rollen
einnehmen.
5. Fazit
Durch unsere Hausarbeit hatten wir persönlich die Möglichkeit, uns intensiv mit sehr kritischen
Themen, die teilweise sehr vorurteilbehaftet aus westlicher Sicht betrachtet werden, zu
beschäftigen.
Durch unsere Recherchen hatten wir bereits einen Einblick in die syrische Welt gewinnen
können.
129
Die zusätzliche Exkursion hat uns die Möglichkeit geboten, dass wir zusätzlich das reale Syrien
mit all seinen Fassaden kennen lernen durften. Dadurch konnten wir einen direkten Vergleich
ziehen, zwischen dem Eindruck, der über die Literatur und das Internet über Syrien vermittelt
wird und der Realität.
Syrien ist nicht nur auf kultureller Ebene beeindruckend, sondern auch hinsichtlich dem
gesellschaftlichen Miteinander, von dem sich der Westen einiges abgucken könnte.
Zugleich ist es ein Land, das kontroverser nicht sein könnte. Für die meisten Europäer, die
weitestgehend nicht mit der Kultur und der Religion des Landes vertraut sind, ist es teilweise
sehr schwer, die orientalische Welt zu verstehen.
130
6. Literaturverzeichnis/ Quellenangaben
Literatur:
21 „Frauenwelt“ in Damaskus: 7. Band: Roggenthin, H.: 2002, „Frauenwelt“ in Damaskus in
Konfrontation und Kooperation im Vorderen Orient, Lit., Hamburg, ff. 49-51
14, 16, 20 Frauen in islamischen Welten: Vauti, A. und Sulzbacher M.: 1999, Frauen in islamischen
Welten, Brandes & Apsel/Südwind, Frankfurt.
Internetquellen:
2,7,8 Auswärtiges Amt: http://www.auswaertigesamt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Syrien/Kultur-UndBildungspolitik.html
6 Bildungssystem: www.kadamosdialog.net/.../die_Darstellung_des_syrischen_Bildungssystems_und_dessen_Aufbau.doc
19 http://www.dw-world.de/dw/article/0,,4469019,00.html 10.07.2009
1,4,5 Grundgesetz: http://www.servat.unibe.ch/law/icl/sy00000_.html
9 HDI: http://hdrstats.undp.org/en/countries/country_fact_sheets/cty_fs_SYR.html
12: http://islamicrevolutionservice.wordpress.com/2007/09/06/was-sagt-der-islam-zurzwangsheirat/ Stand: Sept. 2007
10 li lak: http://www.goethe.de/ins/eg/prj/jgd/the/ges/de2263307.htm
18 NZZ online: http://www.nzz.ch/nachrichten/international/syrien_ehrenmord_1.2879673.html
02.07.2009
17 Politik lernen: http://www.politiklernen.at/politiklernen/resources/oldbin/_data/pdf/Glossar_Langfassung.pdf
März 2006 Langfassung des Glossars zum Heft polis aktuell No.1 - Zwangsheirat Hrsg. Zentrum
polis
13: http://www.sarsura-syrien.de/2009/allgemeines/zwangsheiraten-und-verschleppungennehmen-zu_1840.html Stand: März 2009
3 Spiegel-Online: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,423171,00.html
10, 11 Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Zwangsheirat Stand: Februar 2010
15, 16 Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Polygamie Stand: Februar 2010
131
Tourismus in Syrien – Potentiale und Entwicklungen
Sebastian Koch und Julian Schönbeck
Gliederung
1.
Einleitung ............................................................................................................................... 133
2.
Potentiale des Tourismus in Syrien ....................................................................................... 135
3.
Potentialnutzung .................................................................................................................... 136
4.
Die Entwicklung des Tourismus in Syrien ............................................................................. 137
5.
Politik und Probleme.............................................................................................................. 142
6.
Fazit ....................................................................................................................................... 142
7.
Literaturverzeichnis / Quellenangaben .................................................................................. 144
8.
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................... 144
132
1. Einleitung
Vom 04.März bis zum 15.März 2010 nahmen 14 Studenten der Lüneburger Leuphana
Universität an einer Exkursion in die Republik Syrien teil. Im Rahmen dieser Exkursion wurden
Vorträge an der syrischen Yarmouk - Privatuniversität gehalten. Die vorliegende Arbeit stellt
die Ausarbeitung des Referats zum Thema „Tourismus in Syrien“ dar.
Im Rahmen der Exkursion erhielten die Studenten Einblicke in unterschiedlichste Schichten,
soziale Rangordnungen und die geographische als auch kulturgeographische Vielfalt des
Landes. Nach einem sechstätigen Aufenthalt in der schon sehr westlich orientierten
Hauptstadt Damaskus, mit einer Unterbringung in einem Wohnhaus der Altstadt, führte die
Exkursion die Studenten in die weltbekannte Ruinenstadt Palmyra, welche, mitten in der
Wüste gelegen, eine völlig andere Bevölkerung und Lebensweise an den Tag legt. Das ganze
Stadtbild ist von den Touristen geprägt und ganz auf diese ausgerichtet. Die Stadt wirkt wie
eine nur auf Geld ausgerichtete Touristenabfertigungsmaschinerie. In Verbindung mit einem
Aufenthalt bei Beduinen lernten die Studenten noch eine weitere grundverschiedene Kultur
kennen, deren besonderes Merkmal wohl die Tatsache war, dass die Studenten nicht eine
einzige Frau zu Gesicht bekamen.
Exkursionsgruppe auf dem Dschabal Qasyun, Damaskus; S. Koch
Von der Ödnis der Wüste ging es per Bus weiter in den dünnen Küstenstreifen entlang des
Mittelmeeres, um die mächtige Festung Krak des Chevaliers zu erkunden, welche von den
133
Kreuzrittern zur Sicherung der „Pforte von Homs“ gebaut wurde. Hier eröffnete sich den
Studenten eine Landschaft, welche von unzähligen Olivenhainen geprägt wurde und die mit
ihrem satten Grün einen starken Kontrast zu der kargen Wüstenlandschaft im Osten Syriens
darstellte. Nach einer ausgiebigen Erkundung der Kreuzritterburg ging die Fahrt weiter in den
Norden des Landes in die Millionenstadt Aleppo, die die Studenten mit seinem pulsierenden
Leben und den deutlich authentischeren Märkten überwältigte. Weniger international und
westlich orientiert verspürt man in Aleppo noch eher den Charme von „Tausend und einer
Nacht“ mit seinen verwinkelten Gassen, Souks und den unzähligen Kleinsthändlern an den
Straßen, die frischen Granatapfelsaft oder Teigwaren zum Kauf anbieten. Innerhalb von 11
Tagen lernten die Studenten das volle touristische Potential eines Landes kennen, das selbst
vom Staat Syrien erst langsam erkannt und durch finanzielle Mittel unterstützt und durch die
Wirtschaft nach und nach systematisch erschlossen wird.
Gruppenfoto vor der Zitadelle von Aleppo; S. Koch
Diese Ausarbeitung wird versuchen, das touristische Potential des Landes aufzuzeigen und
einen Einblick zu gewähren in den aktuellen Entwicklungsstand und seine Chancen, den
Tourismus in Zukunft zu einem wichtigen wirtschaftlichen Faktor für das Land Syrien zu
entwickeln, gerade in Anbetracht der stagnierenden beziehungsweise sogar zurückgehenden
Ölförderung.
134
2. Potentiale des Tourismus in Syrien
Syrien ist ein Land, dessen Städte viele Jahrtausende überdauerten und welches seit jeher
eine bedeutende Rolle in der Geschichte spielt. Hier liegen die Ursprünge unseres Glaubens,
hier wird die Sprache des Sohns Gottes gesprochen und hier verlief die Seidenstraße die uns
mit China und dem Orient verband. Jahrhunderte lang schickten die Westeuropäischen Länder
in den Kreuzzügen immer wieder riesige Armeen in dieses Land und versuchten es sich
vergeblich Untertan zu machen. Die deutsche Entwicklungshilfe stellt jedes Jahr viele Millionen
Euro zur Verfügung um die einzigartigen Kulturgüter und das Vermächtnis von vielen
Jahrtausenden durchgehender Besiedelung zu bewahren und zu restaurieren. Und dennoch
erscheint Syrien vielen Deutschen oder wohl allen Bewohnern westlicher Staaten so fern und
auch das Wissen über dieses Land hält sich in Grenzen. Für viele Deutsche ist Syrien ein
unbeschriebenes Blatt, es erscheint weit weg und eine Reise dorthin wirkt nicht
begehrenswert.
Dieses Desinteresse ist womöglich auf die Unkenntnis über die Vielfalt des kulturellen und
geographischen Erbes des Landes zurückzuführen. Mit 185.180 km² ist Syrien gerade einmal
halb so groß wie Deutschland, vereint aber auf dieser Fläche enorm unterschiedliche
geographische Gegebenheiten. Die Mittelmeerküste lädt zu wundervollen Strandurlauben ein,
im Südwesten erhebt sich über 150 km Länge der Antilibanon, dessen höchster Berg Hermon
allerdings von Israel besetzt wird und das einzige israelische Skigebiet beherbergt. An den
Ausläufern des Antilibanons gelegen liegt die Oasenstadt Damaskus, welche von den
Schmelzwassern des Gebirges mit Wasser versorgt wird. Im Osten schließt sich dann die
große Syrische Wüste an, welche bis über die irakische Grenze hinausreicht und lediglich vom
grünen Euphrattal durchschnitten wird. Der Euphrat wird immer mehr auch touristisch
erschlossen
und
für
Kreuzfahrten
genutzt
(1_Brockschmidt
2010).
Auch
die
kulturgeographischen Sehenswürdigkeiten sind zahllos. Die beiden seit knapp 8000 Jahren
besiedelten Städte Damaskus und Aleppo bilden die am längsten durchgängig besiedelten
Gebiete der Welt. In dieser Zeit haben unzählige Völker ihre Spuren hinterlassen und ein
enormes kulturelles Erbe geschaffen. Von den Ägyptern über die Aramäer und Römer bis zu
den Christen und Moslems sind in den Gebäuden, der Infrastruktur und der Religion
Puzzleteile vertreten, die zusammen ein buntes Mosaik bilden, welches Syrien ausmacht. Doch
nicht
nur
Aleppo
und
Damaskus
mit
ihren
riesigen
überdachten
Märkten
und
Omayyadenmoscheen sind äußerst sehenswerte touristische Anziehungspunkte, auch die
135
Ruinenstadt Palmyra, das christliche Simeonskloster, die Wasserräder von Hama, der Krak des
Chevaliers oder das Theater von Bosra sind nur ein Teil der unzähligen Sehenswürdigkeiten.
In Folge der schier endlosen Zahl an sehenswerten Orten und attraktiven Aktivitäten liegt es
nahe, einen relativ stark ausgebauten Tourismus in Syrien zu erwarten. Aber das Gegenteil ist
der Fall.
3. Potentialnutzung
Obwohl Syrien, wie schon detailliert dargelegt, eine nennenswerte Anzahl an touristischen
Anziehungspunkten besitzt, ist der Tourismus allenfalls als „vorhanden“ zu bezeichnen. Dies
hat unterschiedlichste Gründe. Der erste und wichtigste ist wohl in der Wirtschaft zu suchen.
Nach
einer jahrelangen
Stagnation
aufgrund
von
sozialistischer
Planwirtschaft
und
mangelnder breiter Aufstellung in der Wirtschaft findet, von westlichen Medien weitgehend
unbeachtet, ein straffer Wandel in der wirtschaftlichen Entwicklung statt (2_Döring 2008).
Wurde in der Vergangenheit das Hauptaugenmerk nur auf die Ölproduktion gelegt
(8_Wagenknecht 2007), so wird neuerdings in unterschiedlichsten Bereichen eine enge
Zusammenarbeit mit den westlichen Industrieländern, insbesondere Deutschland, angestrebt.
Trotz eines amerikanischen Boykotts und der Abstempelung zum Schurkenstaat zieht Syrien
immer mehr auch europäische Investoren ins Land (5_Hopfinger 2004). Seit 2004 treibt die
Führung unter Präsident Assad umfangreiche Reformen voran, um die sozialistische
Planwirtschaft allmählich in eine Marktwirtschaft umzuwandeln. Neue Gesetze erleichtern
ausländische Investitionen und Beteiligungen, den Transfer von Gewinnen und schützen
ausländisches Kapital. Schritt für Schritt werden Subventionen abgebaut. Trotz des Zustroms
hunderttausender Flüchtlinge aus dem Irak, anhaltender Dürre sowie bürokratischer Hürden
lag das Wirtschaftswachstum, wie schon im Jahr zuvor, bei fast sieben Prozent. Und auch
die Tourismusbranche bekommt starken Auftrieb.
Laut einer Studie des „World Travel and Tourism Council“ (WTTC) von März 2009 wird der
Tourismus in Syrien über die nächsten zehn Jahre zur Hauptwirtschaftseinnahmequelle
werden. Für 2009 wird die Branche voraussichtlich bereits 11,2% zum Haushalt beitragen, für
2019 prognostiziert die Studie 13%. Seitdem ausländische Unternehmen Zugang zur syrischen
Wirtschaft haben, sind vor allem aus der Golfregion steigende Investitionen in Tourismus- und
Immobilienprojekte festzustellen. Im Folgenden wird in einer kurzen Zusammenfassung die
Entwicklung des Tourismus in Syrien dargestellt.
136
4. Die Entwicklung des Tourismus in Syrien
Der Tourismus hat in Syrien zwar gerade wegen der kulturellen Reichtümer des Landes eine
große Tradition, seine zahlenmäßige Bedeutung war bis in die 70er Jahre des letzten
Jahrhunderts allerdings eher gering, was auch eine Folge der wenig tourismusfreundlichen
Politik war. 1975 verabschiedete die Regierung den ersten Masterplan zur Entwicklung des
Tourismus. In der Folge wurden erste größere Hotels von privaten Investoren gebaut, an
denen allerdings der Staat sich immer eine Beteiligung von 25% der Anteile sicherte. Wohl
nicht nur aus wirtschaftlichem Interesse, sondern auch um die Kontrolle über die Vorgänge
dort zu wahren. Dieses Maß an staatlicher Kontrolle wurde merklich erst nach der
Wirtschaftskrise der Jahre 1986 und 1987 gelockert. Ein Beispiel für die privatwirtschaftliche
Initiative, die die neuen Möglichkeiten nutzte, sind die direkt nach den Gesetzesänderungen
zahlreich entstandenen Rent-A-Car-Unternehmen, man spricht von 1000 Unternehmen
(5_Hopfinger 2004).
Infolge der relativen Öffnung des Landes als Reaktion auf den Zerfall des Ost-Blocks stiegen
die Zahlen der Touristenankünfte deutlich an, gerade Reisende aus den Golfstaaten und dem
Libanon entdeckten vermehrt Syrien als Destination. Während die westlichen Touristen, wohl
abgeschreckt durch den Golfkrieg, noch einige Jahre auf sich warten ließen. Hier offenbart
sich ein Hauptproblem des syrischen Tourismus, seine geographische Lage in einer der
politisch unruhigsten Gebiete der Erde schreckt viele westliche Besucher ab (vgl.
7_Semmelroth 2008).
137
Abbildung 1: Entwicklung der Touristenzahlen in Syrien
Die Herkunft der Syrienreisenden ist dennoch durchaus diversifiziert, obschon in den letzten
Jahren die Gruppe der arabischen Touristen eine immer stärkere Dominanz bekommen hat
(siehe Abb. 1), nicht weil die westlichen Touristen ausblieben, sondern weil immer mehr
Araber Syrien bereisen, während die westlichen Touristen nur langsam zunahmen. Infolge der
Anschläge vom 11. September 2001 hat es allerdings auch einige Jahre einen gewissen
Einbruch der Zahlen für westliche Touristen gegeben (siehe Abb. 2).
138
Abbildung 2: Entwicklung und Verteilung der Touristen aus OECD-Ländern
Neuere Zahlen weisen mittlerweile aber wieder zweistellige Zuwachsraten auf. So stieg die
Zahl der Touristen nicht arabischer Herkunft von 1,16 Mio. in 2008 auf 1,44 Mio., was einer
Zuwachsrate von 24% entspricht. Das Wachstum der westlichen Touristen ist überproportional
gegenüber dem Wachstum der gesamten Touristen, welche in 2009 12% gegenüber 2008
zulegte und nun bei 6,09 Mio. liegt. Eine große Gruppe bilden auch die syrischen Auswanderer
auf z.B. Familienbesuch, ihre Zahl lag in 2009 bei ca. 1 Mio..
Der Tourismus hat mittlerweile auch eine große Bedeutung für den Staatshaushalt Syriens,
2008 wurden 13,4% des Bruttosozialproduktes im Tourismussektor erwirtschaftet. 2009 stieg
der Betrag abermals um 12% von 200 Mrd. Syrischer Pfund (S.P.) auf 242 Mrd. S.P.
(6_Ministry of Tourism Syria 2010).
Die großen Erfolge der letzten Jahre haben sicherlich viele Ursachen, eine Auswahl möchte ich
hier kurz nennen. Seit dem Jahr 2000 ist der Tourismusminister Dr. Saadalla Agha Al Kalaa im
Amt, nicht zuletzt ihm ist es zu verdanken, dass Syrien eine deutlichere Präsenz auf
internationalen Tourismusbörsen und in den Medien der wichtigen Tourismusmärkte zeigt. Die
Ausgaben für das Tourismusmarketing wurden deutlich erhöht. Außerdem gibt es mittlerweile
Entwicklungspläne für den Tourismus. Dieser „Planungseifer“ zeigt noch die sozialistischen
139
Strukturen, obwohl sich Syrien mit vielen Reformen immer mehr einer sozialen Marktwirtschaft
annähert.
Die Wirtschaftsreformen, die durch schwindende Erdölvorkommen nötig geworden waren,
sehen u.a. auch dringend benötigte Investitionen in die Infrastruktur des Landes vor. Der
stellvertretende syrische Ministerpräsident für Wirtschaftsangelegenheiten, Dr. Abdullah AlDardari, sprach auf dem Deutsch-Arabischen Wirtschaftsforum 2009 von 100 Mrd. Euro, die
Syrien in die Entwicklung seiner Wirtschaft investieren wolle. 50 Mrd. US-Dollar sollen allein in
den Ausbau der Infrastruktur fließen (4_Gorfa 2010).
Mittlerweile findet alljährlich die arabische Tourismusbörse in Damaskus statt, die den
Tourismus in der Region fördern soll, auch ein Beleg dafür, dass Syrien einen festen Platz
unter den Destinationen in der arabischen Welt eingenommen hat.
Abbildung 3: Motive der Syrienreisenden
Die Regierung hat die Touristengruppen in fünf Prioritäten eingeteilt, denen sie unterschiedlich
viel Aufmerksamkeit schenkt. An erster Stelle stehen bei den Verantwortlichen die westlichen
Kulturtouristen, sie geben während ihres Aufenthalts viel Geld aus. An zweiter Stelle stehen
die arabischen Urlauber, die besonders die Küstenregion und die weniger strikten Gesetze im
Vergleich
zu
anderen
arabischen
Staaten
schätzen.
Die
anderen
Gruppen
sind
Geschäftsreisende vor Pilgern und Auswanderern auf Familienbesuch.
140
Betrachtet man Abbildung 3, ist unschwer zu erkennen, dass zumindest zahlenmäßig die
Planungen der Verantwortlichen im Gegensatz zur Realität stehen. Abbildung 3 zeigt die
Touristen eingeteilt nach Reisemotiven, die kleinste Gruppe bilden dabei die präferierten
westlichen Kulturtouristen. Die mit Abstand größte Gruppe von fast zwei Millionen in 2003
bilden
Sonstige,
worunter
Geschäftsreisende,
Transitverkehr,
Einkaufende
und
auch
Ausgewanderte auf Familienbesuch zusammengefasst wurden. Handelt Syrien gemäß seiner
Planung, dann werden diese Reisenden zu wenig berücksichtigt. Die Folgen sind schwer
abzuschätzen, aber es ist sicherlich nicht nützlich, wenn man sich nur auf eine kleine
Minderheit der Reisenden fokussiert und sich nicht um die Bedürfnisse der Mehrheit kümmert.
Schaut man sich die Routen, auf denen sich Reisende in Syrien bewegen, an, kann man eine
Hauptachse ausmachen. Sie erstreckt sich zwischen Aleppo und Damaskus, den beiden
größten und bedeutendsten Städten des Landes, vorbei an Homs und Hama. Die
zweitwichtigste Strecke ist jene zwischen Damaskus und Palmyra. Nach Palmyra lockt die
Touristen ein beeindruckendes Ruinenfeld aus der Römerzeit. Weiter nach Osten verirren sich
hingegen nur noch wenige Touristen. An die Küste reisen unterdessen sehr viele Touristen
über Homs.
Abbildung 4: Hauptreiserouten in Syrien
141
5. Politik und Probleme
Obwohl das arabische Land die Umwandlung von der sozialistischen Planwirtschaft in eine
Marktwirtschaft vorantreibt, wird es darin vom Westen nicht großartig unterstützt: Wie bereits
erwähnt, gehört es zu den Staaten, die die USA auf die Liste der Schurkenstaaten gesetzt
haben und boykottieren (3_ElKaoutit 2009). Ein weiterer Problempunkt ist, dass die Wirtschaft
trotz der anhaltenden Liberalisierung weitgehend unter dem wachsamen Blick der Regierung
steht, die sich überall ihr Mitsprache- und Vetorecht vorbehält (8_Wagenknecht 2007). Diese
„Kontrolle von oben“ schreckt noch viele Investoren davor ab, große Summen in Syrien zu
investieren.
Ein ebenfalls schon angesprochenes Problem ist das Bild, das außenstehende Nationen und
gerade deren Bürger von Syrien haben. Jahrelang auf sich gestellt, von den USA boykottiert
und durch die Beziehungen zum Iran und die Kriege im Schulterschluss mit Ägypten und
Jordanien gegen Israel abgestempelt, ist die Meinung hinsichtlich Syrien eine weitverbreitet
schlechte. Durch die krisengeschüttelten Nachbarländer (Kriege im Libanon und Irak) wird
auch der Sicherheitsstatus in Syrien automatisch als gefährlich eingestuft, obwohl dies in
keinster Weise der Fall ist. Nach den Anschlägen vom 11. September wurde die Gesamtheit
der arabischen Staaten als Schurkenstaaten oder zumindest Unterstützer des Terrorismus
abgestempelt und so für Investoren gebrandmarkt. Dadurch, dass eine zu geringe
Informationspolitik hinsichtlich der sicherheitspolitischen Lage in Syrien stattfindet, bleibt dem
Rest der Welt verborgen, dass es in Syrien ganz im Kontrast zu den Annahmen sehr sicher ist.
6. Fazit
Die Entwicklung des Tourismus in Syrien ist in den letzten Jahren zu einer Erfolgsgeschichte
geworden, aber das Land sollte sich nicht auf dem Erreichten ausruhen, sondern versuchen,
seine Attraktivität für Touristen noch weiter auszubauen. In einigen Projekten ist der Wille für
einen
zielstrebigen
und
nachhaltigen
Neuaufbau
zu
erkennen,
wie
z.B.
bei
den
Altstadtsanierungsprojekten in den UNESCO-Weltkulturerbe-Städten Damaskus und Aleppo. In
Damaskus ist eines der Hauptprobleme die schlechte finanzielle Lage, in der sich die meisten
Bewohner der Altstadt befinden. Das nicht mangelnde Vermögen der Bewohner führt zum
Verfall der Gebäude. Hier versucht man, mit speziellen Mikrokrediten und anderen Maßnahmen
die Bewohner zur Sanierung zu befähigen. Ziel ist es die Altstadt nicht zu einer Art Museum
142
für die Touristen zu machen, sondern eine lebendige, orientalische Stadt zu erhalten und die
Lebensbedingungen der Bewohner zu verbessern.
Gleiches versucht man auch in Aleppo, hier ist man auch bereits mit Hilfe der Stadtverwaltung
in Verbindung mit der GTZ sehr weit gekommen. Der Stadtbereich um die Zitadelle ist autofrei
gestaltet worden und Cafés, Läden und Wohnhäuser mischen sich zu einem bunten Treiben.
Nur wenn dieser Weg fortgeführt wird, kann man mit Hinblick auf die erwarteten westlichen
Touristen, die das Geld ins Land bringen sollen, eine gesicherte, nachhaltige Investition in die
Zukunft tätigen und gleichzeitig die wundervollen Kulturstätten und Denkmäler vergangener
Zeiten erhalten.
Nach unserem Vortrag an der Yarmouk-Universität sind wir gefragt worden, warum das
Potential
Syriens
so
wenig
von
westlichen
Ländern
angenommen
wird
und
die
Touristenströme gerade aus dem westlichen Ausland zu wünschen übrig lassen. Des Weiteren
wurden wir gefragt, wer dieser Entwicklung Einhalt gebieten soll oder was man an diesem
Zustand ändern kann. Und wohl wissend, dass der Professor auf die Diskrepanz und Angst
der westlichen Staaten vor dem Islam und besonders dem islamischen Terrorismus ansprach,
antworteten wir, dass es gerade die jungen Menschen sind, die durch einen Austausch und
Freundschaften eine neue Brücke schlagen müssen zwischen den Ländern und Kulturen, um
die alteingesessenen Strukturen und Ängste aufzubrechen und eine neue Partnerschaft
anzustreben.
Es bleibt zu hoffen, dass die Zahl derer, die Syrien erleben wollen durch unsere Berichte,
Filme und Bilder, vor allem aber auch unsere Erzählungen weiter zunimmt und dem Land und
vor allem seiner Bevölkerung ein steigendes Einkommen in Form eines nachhaltigen
Tourismus gewährt.
143
7. Literaturverzeichnis / Quellenangaben
1.
Brockschmidt,
R.:
2010,
Luxusliegen
am
http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/reise/luxusliegen-am-assad-stausee/1660442.html,
10.04.2010.
Assad-Stausee,
Stand:
2.
Döring,
M.:
2008,
Mittelständler
erkunden
Syrien,
http://www.berlinonline.de/berlinerzeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2008/0707/wirtschaft/0012/index.html, Stand: 10.04.2010.
3.
ElKaoutit, K.:
10.04.2010.
2009,
Syrien
kompakt,
http://www.dw-world.de/dw/article/0,,4778816,00.html,
Stand:
4.
Gorfa-Arab-German Chamber of Commerce and Industry: 2010, 12. Deutsch-Arabisches Wirtschaftsforum mit
erneuter Rekordbeteiligung, http://www.ghorfa.de/?page=home&menu=searchword&id=1599, Stand:
10.4.2010.
5.
Hopfinger, H.: 2004, Ein touristisches Potenzial wie aus Tausendundeiner Nacht – doch als Reiseland ist
Syrien im Westen weitgehend unbekannt, in Meyer, G. (Hrsg.), Die Arabische Welt im Spiegel der
Kulturgeographie, Universität Mainz Geogr. Inst.Mainz, S. 354-362.
6.
Ministry
of
Tourism
Syria:
2010,
The
Tourism
Arrival
Movement
during
2009,
http://www.syriatourism.org/index.php?module=subjects&func=viewpage&pageid=2848, Stand: 10.4.2010.
7.
Semmelroth,
D.:
2008,
10.
Deutsch-Arabisches
Tourismusforum
http://www.ghorfa.de/?page=konfrenzen&menu=&id=1424, Stand: 10.4.2010.
–
8.
Wagenknecht,
E.:
2007,
Syrien
entwickelt
mit
deutscher
Hilfe
http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/?artikelID=20070205, Stand: 10.04.2010.
Partnerland
die
Syrien,
Marktwirtschaft,
8. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1-4:
Hopfinger, H.: 2004, Ein touristisches Potenzial wie aus Tausendundeiner Nacht – doch als Reiseland ist
Syrien im Westen weitgehend unbekannt, in Meyer, G. (Hrsg.), Die Arabische Welt im Spiegel der
Kulturgeographie, Universität Mainz Geogr. Inst.Mainz, S. 354-362.
144
145
Inhaltsverzeichnis
Vorwort (Filiz Karahan)
2
Reiseplan Syrien 2010
3
Teilnehmerliste
5
Die Karawane zieht weiter... Protokolle und Reiseberichte
8
05. und 06. März (Lisa-Michèle Bott)
10
07. und 08. März (Anne Backhaus)
17
09. und 10. März (Sina Keddo)
20
11. bis 13. März (Jan Eger)
26
14. März (Theodor Kirschner)
32
Syrien im Blick: Recherchen und Referate
34
Syrien – Geografie, Wasser & Umwelt (Lisa-Michèle Bott,
Sandra Coburger & Franziska Duge)
35
Syrien aus Sicht der deutschen Bundesregierung (Jan Eger)
66
Exkursion Damaskus - Vergleich der Orientalischen und der
Mittelalterlichen Stadt (Charlotte Pusch & Kristin Koepke)
77
Die Typologie des Wohnhauses in der Altstadt von Damaskus
(Daniela Wüst)
89
Typologie der Architektur der Altstadt von Damaskus im
Vergleich zu deutschen historischen Altstädten
(Saskia van der Heijden & Filiz Karahan)
98
Die Rolle der Frau in Syrien (Anne Backhaus & Sina Keddo)
116
Tourismus in Syrien (Sebastian Koch & Julian Schönbeck)
132
Inhaltsverzeichnis
146
146
IMPRESSUM:
Leitung der Exkursion und Korrektur: Prof. Ursula Kirschner, Dr. Bassam Sabour
Redaktionelle Bearbeitung: Filiz Karahan
Grafik: Ihab Hafez El-Riz (Muthesius Kunsthochschule Kiel)