Von Insel zu Insel im Indischen Ozean
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Von Insel zu Insel im Indischen Ozean
Von Insel zu Insel im Indischen Ozean Der schnittige Katamaran Costa Rica kreuzt mit Passagieren aus aller Welt durch die Gewässer der Seychellen. Geankert wird in idyllischen Buchten, beim Landausflug besuchen die Gäste traumhafte Strände und Naturparks VON HANS-JOACHIM WIMMEROTH Kevin steht lachend auf der Badebrücke eines Katamarans, der im Hafen von Eden Island nahe der Seychellen-Hauptstadt Victoria allein schon durch seine Größe auffällt. Der 32-jährige Kevin ist der Skipper und Herr über 321 Quadratmeter Segelfläche, zwei Rümpfe zu je 25 Meter Länge, 12 Meter Gesamtbreite, zweimal 215 PS, 12 Doppelkabinen, Küche, Pantry, Steuerstand und einen 25 Meter hohen Mast. Das Boot ist ein Mojito 82, heißt Costa Rica und gehört zur Flotte des Reiseveranstalters Dream Yacht Charter. Kevin hat allen Grund zur Freude, denn sein Boot ist die nächsten sieben Tage für den Törn rund um die Seychellen-Inseln ausgebucht. Knapp zwei Dutzend Passagiere aus Italien Österreich, Deutschland und der Schweiz warten auf dem Anlegesteg. Kevin hat gleich klar gemacht, wer Chef an Bord ist – und Gedrängel mag er nicht. Sein Assistent Yannick und Stewardess Djeefa hieven das Gepäck an Bord. Die Passagiere beziehen ihre Kajüten. Wer Glück hat oder richtig gebucht, bekommt eine Sechs-Quadratmeter-Kabine am Oberdeck, davon gibt es vier. Die anderen verziehen sich in die Kabinen in den Rümpfen, die vier Quadratmeter messen. Zügig die Koffer auspacken und unter den Betten verstauen, den winzigen Kleiderschrank befüllen. Das Badezimmer ist eine Nasszelle, der Wasserhahn am Becken besitzt einen Schlauch für die Dusche. Nur noch schnell umziehen: Bermudas, barfuß, T-Shirt, das wird für die nächsten sieben Tage das Outfit sein. Zumindest für die Herren, die Damen wetteifern mit ihren Bikinis im täglichen Wechsel. Schon läutet die Schiffsglocke, die während des Törns den Tagesrhythmus vorgeben wird. Sammeln an den beiden Sitzgruppen im Heck, heißt es. Dort können jeweils 12 Personen Platz nehmen. Koch Terence und Djeefa haben Mangosaft-Drinks vorbereitet, Kevin stellt die Crew vor, erklärt Sicherheitsbestimmungen, Raucherbereiche und Essenszeiten. Die sind klar geregelt: 8 Uhr Frühstück, 13 Uhr Mittagessen, 17 Uhr 5-O'ClockTea, gegen 20 Uhr Dinner. Aufgetakelt: Die Costa Rica in den Gewässern der Seychellen Sonnenuntergang über Praslin: Wegen der Nähe zum Äquator gibt es nur eine kurze Abenddämmerung An den beiden Tischen haben sich flugs Gruppen gebildet. Terence und Djeefa tragen Smoke Fish (heiß geräucherter Sailfisch) und Mangosalat auf, etwas Weißbrot dazu, fertig. Das Inselbier Seybrew, in Dublin gebraut, schmeckt vielen, die Italiener bevorzugen Wein. Mittlerweile haben Kevin und Yannick die Leinen gelöst, die Dieselmotoren brummen, die Costa Rica steuert auf das offene Meer zu. Indischer Ozean, tiefblau, an den sandigen Küstenstreifen türkis, leichter Seegang. Was auch gut ist, denn die meisten Passagiere sind nur wenig seeerfahren. Der erste Törn dauert ohnehin nur knapp 20 Minuten, es geht zur Insel St. Anne östlich der Hauptinsel Mahé. Das dient der Eingewöhnung. Vor einer idyllischen Bucht wird geankert, Yannick bringt per Dingi mit 40-PS-Außenborder zum Strand, wer dort das erste Bad im Ozean nehmen will. Einige spitze Schreie: Ein kleiner Rochen wedelt mit seinen Flügeln an der Wasseroberfläche, er scheint sich über die bleichen Beine in seinem Wasser zu freuen. Zwei italienische Buben wollen den Rochen packen, der aber verschwindet rasch in seinem Element. Einige Passagiere dürfen sogar mal ans Steuer, als die Costa Rica unter Segeln läuft Yannick sammelt die Schwimmer pünktlich wieder ein, die Dinnerzeit nähert sich. Und nach dem Abendessen mit Jobfisch und viel Salat staunt Terence nicht schlecht über den raschen Schwund seiner Biervorräte. Mittlerweile haben sich die meisten Passagiere näher kennen gelernt, das „Du“ wird zum gepflegten Umgangston. Erschöpft von der fast 15-stün- digen Anreise und den ersten Eindrücken verschwinden die Passagiere früh in ihren Kajüten. Zweiter Tag. Nach einem kräftigen Frühstück geht es an La Digue vorbei Richtung Coco Island. Vier Stunden Überfahrt bei Sonnenschein und ruhiger See. Hinter dem Heck tanzen fünf Angelköder über das Wasser, für die sich aber nicht ein Flossenträger interessiert. Das soll übrigens den Rest der Fahrt so bleiben. Einige Passagiere dösen auf den Sonnendecks, andere schauen Kevin und Yannick beim Steuern zu oder staunen über die prall geblähten Segel. Axel und Jörg aus Deutschland haben im Heck ein Rauchereckchen mit Aschenbechern aus Bierdosen eingerichtet, die italienischen Jungs interessieren sich hauptsächlich, aber vergebens für die Schleppangeln. Bis plötzlich ein Ruf über Deck schallt, der alle auf die Beine und nach Backbord bringt: Kaum 100 Meter vom Boot entfernt ziehen fünf Delfine ihre Bahnen. Geschmeidig gleiten sie durchs Wasser, blasen Luft aus, atmen FOTOS: MARION KÜNDGEN neu und tauchen wieder weg. Sechs Minuten später sind sie in den Weiten oder Tiefen des Meeres verschwunden. Im Fahrtwind haben einige Seeleute die starke Sonne nicht wahrgenommen, abends haben sie erste Sonnenbrände. So vergehen die Tage: Essen, Segeln, Faulenzen, Inseln anschauen. Auf La Digue werden Fahrräder gemietet und die Insel erkundet. Schneeweiße Strände, teils mit einer schier unglaublichen Brandung an der Westküste. Und natürlich die Anse Source d'Argent. Die kennt jeder aus dem Fernsehen, weil dort vor Jahren mal Teile der Werbung für einen karibischen Rum gedreht wurden. Der Monsun hat einige Wolken herbei geschoben und lässt die Bucht mit ihren gewaltigen Granitfelsen eher grau und trostlos aussehen. Nächster Tag, Schnorcheln vor der Insel Felicité. Zahllose bunte Fische und einige Rochen begeistern die Schnorchler, einer kann sogar eine Wasserschildkröte ausmachen und sie für einige Fotos festhalten. Mittags geht es weiter zum Heimathafen der Costa Rica auf der Insel Praslin. Großes Hallo, als die Genua – das Vorsegel – munter im Wind knallt, bis sie sich strafft und die Costa Rica mit geschätzten zehn Knoten über die See zischt. In Praslin wird nicht nur das Boot komplett gereinigt und neu bevorratet, es gibt auch einige traurige Gesichter: Zwei Ehepaare gehen von Bord, sie haben nur den Vier-Tage-Törn gebucht und ärgern sich nun, die Gruppe verlassen zu müssen, wo man sich gerade so schön aneinander gewöhnt und viel Spaß hatte. Dafür kommen zwei neue Paare an Bord. Auf Praslin wird das Vallée de Mai besichtigt, seit 1983 Unesco-Weltnaturerbe. Dort wachsen die Coco de Mer, Riesenkokospalmen mit entsprechend großen Früchten. Ins Programm gehört auch ein Besuch der Privatinsel Grand Soeur. Die besitzt ein Künstler, der die Insel von montags bis freitags an Besucher und deren Grillvergnügen vermietet. 100 Seychellen-Rupien pro Person nimmt der Herr, das sind etwa fünf Euro, und bei rund 100 Gästen pro Tag kein schlechtes Geschäft. Gegrillt werden Fische und Hähnchenteile, die überhaupt das Essen auf der Reise bestimmen, hier und da auch mal Kartoffeln, Maniokwurzeln und immer wieder frischer Salat. Terence zaubert dazu leckere Dressings, zu Fisch und Geflügel auch Saucen, die von der indischen Küche beeinflusst, aber nicht so scharf sind. Nach dem Grillen wirft Terence Toastbrot ins Wasser und lockt damit eine Menge lustiger Fische an. Die sehen aus wie Flundern hochkant, lassen sich auch anfassen, und wenn sie nicht am Brot lutschen, saugen sie auch schon mal an dem einen oder anderen Bein. So geht es mal unter Segel, mal mit Motorkraft oder gar beidem um Inseln und Inselchen herum. Stressfrei, denn Platz ist für alle genug. Einige Passagiere dürfen sogar mal ans Steuer, als die Costa Rica unter Segeln läuft. Schwierig für Laien, aber die Skipper haben ihren Spaß dabei. Am Abend des siebten Tages dann eine Art Abschiedsparty. Terence verschwindet fast vollständig in der Kühltruhe, um die letzten Biere und Weine herauszufischen. Allgemeines Bedauern, dass schon Ende ist. Segeltörn im Indischen Ozean Seychellen 454 qkm Landfläche; 390.000 qkm Seefläche. Hauptstadt: Victoria auf der Hauptinsel Mahé. Amtssprachen: Kreolisch, Englisch, Französisch. Einwohner: 86.000. Währung: Seychellen-Rupie (100 SCR = 5 €) Anreise Direktflug mit Condor von Düsseldorf, sonst mit Emirates oder Ethihad über Dubai oder Abu Dhabi Reisezeit Ganzjährig angenehmes Klima, mittags um die 30 Grad, abends und nachts um die 26 Grad. Spitzensaisonzeiten sind Weihnachten, Ostern und Juli/August Segeltour Dream Yacht Charter ca. 900 Euro pro Person in der Nebensaison, rund 1500 Euro in der Hauptsaison, dazu kommen die Flugkosten (diverse Anbieter) sowie Taschengeld. Dose Bier an Bord: 3,50 Euro, Wein zwischen 15 und 25 Euro Weitere Infos www.seychelles.travel/de www.indexmundi.com www.seyco.de Ein Woche unterwegs: Bordleben auf der Costa Rica (links); Begegnung mit einer Schildkröte beim Landausflug (links oben); Küste mit der für die Seychellen typischen Gesteinsformation (rechts)