2010_Auswertung_Kartoffeln - Kompetenzzentrum Ökologischer
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2010_Auswertung_Kartoffeln - Kompetenzzentrum Ökologischer
Ergebnisse des Sortenversuchs Ökokartoffeln in RLP 2010 von Christine Zillger, Jutta Kling (KÖL), Joachim Hofsäß und Manfred Mohr vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück Im dritten Jahr fand der Ökosortenversuch zu Kartoffeln auf einer Fläche des Biolandbetriebs Blaul in Kleinniedesheim bei Worms statt. Dieser Standort ist von Boden und Klima her besonders gut, daher sind die Ergebnisse nicht als typisch für einen durchschnittlichen Ökobetrieb in Rheinland-Pfalz zu bewerten. Auch in 2010 konnte die teilweise sehr regnerische Witterung dem Durchschnittsertrag keinen Abbruch tun. Die besseren Standraumbedingungen innerhalb des Sortenversuchs (Randeffekte) sorgten für gute Erträge. Die 13 zu prüfenden Sorten (siehe Tab. 1) wurden in vierfacher Wiederholung in Kleinparzellen angepflanzt. Das Sortenspektrum umfasste verschiedene Kocheigenschaften und Reifegruppen. Alle Sorten wurden im Frühjahr in Kisten vorgekeimt. Neu hinzu kam die frühe Sorte Sissi, die im Jahr 2007 zugelassen wurde. Ihre rel. geringe Krautfäuleanfälligkeit und sehr gute Speisebewertungen ließen auf eine sehr gute Eignung für den ökologischen Anbau schließen. Das Kartoffeljahr 2010 von Extremen geprägt Das Jahr 2010 war von Extremen in der Witterung geprägt. Die Temperaturen im April und Mai waren niedrig, auch regnete es im Mai überdurchschnittlich viel. Die Kartoffeln liefen schlecht auf. Im Juni und Juli war es überdurchschnittlich heiß. Bei Temperaturen von über 30 Grad wuchsen die angesetzten Knollen nicht. Die frühen Sorten waren ausgereift. Infolge der lang anhaltenden regnerischen Witterung im August wurde die Abreife der restlichen Sorten durch massives Auftreten der Phytophthora gestoppt. Mehlige Kartoffeln als auch Kartoffelraritäten, die eine lange Reifezeit brauchen, wie Bamberger Hörnchen oder Rosa Tannenzapfen, konnten nicht ausreifen und fallen dadurch kleiner und fester als gewöhnlich aus. Viele Knollen wiesen Kindelbildung auf. Am 21. August wurden die Sortenversuchs-Kartoffeln geerntet. Der Boden war nass, so dass die Knollen stark mit Erde behaftet waren. Außerdem gibt es Partien, sortenabhängig, mit vielen faulen Knollen, die öfter ausgelesen werden müssen. Phytophthora und Kartoffelkäfer Die Sorten wurden nicht gegen Phytophthora behandelt. Diese brachte das Kraut im August endgültig zum Absterben. Das ist aber kein außergewöhnlich früher Termin für die überwiegend frühen und mittelfrühen Sorten. Nach dem Prognosemodell Ökosimphyt wäre ein Spritzstart am 28. Mai mit 250 g Reinkupfer notwendig gewesen, mit weiteren Spritzungen im Abstand von 10 Tagen. Mitte Juni bis Mitte Juli herrschte kein Infektionsdruck, danach stieg er wieder rasant an. Ertrag und Qualität Der Ertrag am Versuchsstandort war in etwa gleich hoch wie letztes Jahr. Interessant ist, dass sich im dreijährigen Mittel Sorten herauskristallisierten, die immer im Spitzenfeld des Ertrags lagen ( Agria, Ditta und Allians). Die restlichen 10 Sorten teilen sich in 5 Sorten mit unterdurchschnittlichen Erträgen (Sissi (noch nicht abschließend zu bewerten), Laura, Augusta und Agila) und 5 Sorten, die durchschnittliche Erträge unter ökologischen Bedingungen erwarten lassen ( Lolita, Nicola, Melody und Toscana). Allerdings lässt die Qualität bei den mittelfrühen und mittelspäten Sorten zu wünschen übrig, da die Knollen aufgrund des Wachstumsstopps nicht ausreifen konnten. Drahtwürmer waren am Versuchsstandort kein Problem. Aufgrund der Wetterkapriolen können dieses Jahr die Knollen einer Sorte sehr unterschiedlich ausfallen: in einer Partie gibt es Kartoffeln, die sehr fortgeschritten sind in der Entwicklung, dann solche, die noch unreif und klein sind; manche Knollen springen auf beim Kochen, andere bleiben fest. Es traten keine Probleme mit Schorf, Y-NTN Nekrosen auf dem Erntegut und keine Nabelendfäulen auf. Einstiche durch den Drahtwurm konnten nur vereinzelt gefunden werden. Die Rhizoctonia zeigte sich mit ihren schwarzen Pilzmycel auf einzelnen Sorten. Bisher hilft nur, unbefallenes Pflanzgut einzusetzen. Außerdem traten ebenfalls sortenabhängig nassfaule Knollen auf. Stärkegehalte und Nitratgehalte Die Stärkegehalte lagen bei durchschnittlich 14,6 % (2008 17,0 %, 2009 14,9%) und bewegten sich zwischen min. 12,7 % (Agila) und max. 17 % (Jelly). Die mehligen Sorten Augusta (15,6%) und Melody (13,4%) konnten, bedingt durch die relativ frühe Abreife der Knollen nach dem Befall mit Krautfäule, keinen sortentypischen Stärkegehalt aufbauen. Der durchschnittliche Nitratgehalt lag bei 58 ppm (2009:126 ppm) und damit deutlich unter dem Grenzwert von 250 ppm der Diätverordnung. Die Streuung bewegte sich zwischen 15 ppm ( Agria) und 112 ppm (Agila) und spiegelte die Verhältnisse des Jahres 2009. Wiederum lag Agila in der oberen Gruppe des Nitratgehaltes, anscheinend sortentypisch ebenso wie Nicola (70 ppm). Den niedrigsten Nitratgehalt hatten wiederum Agria, Jelly und Laura. Die neue Sorte Sissi lag mit 34 ppm im unteren Mittelfeld. Tabelle 1: Sortenliste Lfd. Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 K.-Nr. Sorte K 3425 Agila K 3340 Belana K 3642 Sissi K 3358 Augusta K 3566 Allians K 3473 Lolita K 3573 Toscana* K 2821 Ditta K 1836 Nicola K 2539 Agria K 3248 Laura K 3423 Jelly K 3665 Melody *ehemals Olympia Kochtyp Reifezeit Züchter/Vertreter A-B A-B A-B C A-B B B A-B A-B B B B C 3 3 3 3 4 4 4 5 5 5 5 6 6 Norika Europlant Bavaria Saat Europlant Europlant SZ Firlbeck/Norika Saka Ragis Europlant Europlant Europlant Europlant Europlant W. Weuthen GmbH Tabelle2: Standort- u. Anbaudaten Standort- u. Anbaudaten Versuchsort Kreis Höhenlage über NN Mittlere Jahrestemperatur Jahresniederschlag Bodenart Ackerzahl Bodenuntersuchung N-min kg/ha 0-60 cm pH-Wert P2O5 mg/100 g Boden K2O mg/100 g Boden Mg mg/100 g Boden B mg/kg Boden Humus % Vorfrucht Vorvorfrucht Pflanzung Reihenabstand Bioilsa kg N/ha Neem Azal- T/S 2,5 l/ha ? Neem Azal- T/S 2,5l/ha ? Beregnung 2 x Ernte Kleinniedesheim Rhein-Pfalz 105 m 10,3°C 580 mm uL 60 52 7,7 27 D 13 C 14 D 0,6B 1,9 Kohlgemüse Luzernegras 31.03.2010 0,75 Kommentar [d1]: Ausfüllen!! 21.08.2010 Marktware Nitratgehalt 600 120 500 100 400 80 300 60 200 40 100 20 ppm dt /ha Gesamtertrag 2010 el ns M itt Al lia a Je lly 0 Di tt Si ss i La ur Au a gu st a Be la na Ag ila Lo lita Ni co To la sc an a Ag ria M el od y 0 Abb. 1: Knollenertrag, Marktware und Nitratgehalte des Sortenversuchs Ökokartoffeln RLP 2010 140 2008 MW 316 dt/ha 2009 MW 429 dt/ha 2010 MW 425 dt/ha 120 100 % 80 60 40 20 ns Al lia Je lly itt a D Ag ria M el od y na To sc a ico la N Lo lita Ag ila Si ss i La ur a Au gu st a Be la na 0 Abb. 2: Relativerträge des Sortenversuchs Ökokartoffeln RLP 2008 bis 2010 140,0 25,0 Ns 2008 Ns 2009 120,0 Ns 2010 20,0 Temp. 2008 100,0 Temp. 2009 Temp.2010 15,0 °C mm 80,0 60,0 10,0 40,0 5,0 20,0 0,0 0,0 Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Abb. 3: Vergleich der Temperaturen und Niederschläge 2008 bis 2010 in der Vegetationszeit der Kartoffeln Quelle: Agrarmeteorologie RLP Testessen zum Öko-Kartoffelsortenversuch 2010 am 28.10.2010 Jutta Kling, KÖL Der Sortenversuch mit Öko-Kartoffeln in Rheinland-Pfalz fand jetzt im dritten Jahr statt. Dreizehn Sorten wurden angebaut, zwölf davon getestet. Neu dabei war die Sorten Sissi (fest kochend). Sissi - von der Firma Bavaria-Saat wurde 2007 zugelassen. Das Besondere an Sissi ist die tiefgelbe Fleischfarbe, die ansprechende Form, glatte Schale und flache Augen. Beworben wird sie mit frühe Salatsorte mit exzellenter Speisequalität . Geschmacklich kam sie allerdings auf den letzten Platz. Das Testessen, auch Speisewertprüfung genant, ist immer der Abschluss des Sortenversuchs Bei der Begutachtung und Verkostung der als Pellkartoffel gegarten Knolle wurden noch mal alle Sinne des Menschen angesprochen. Lolita ist Testsiegerin, Jelly auf dem zweiten Platz! Die Kartoffeln wurden von zehn Personen getestet. Die diesjährige Testsiegerin heißt Lolita. Lolita ist eine vorwiegend festkochende, langovale, gelbfleischige, ansprechende Sorte. Sie wurde 2003 zugelassen. Der Züchter ist Saatzucht Firlbeck. Sie bekam die Note 2,4 (auf der Skala von 1 bis 9). Im ersten Versuchsjahr war sie unter den ersten drei, letztes Jahr auf einem mittleren Platz (s. u.). Die Allians, die in den beiden letzten Jahren geschmacklich an erster Stelle lag, kam mit der Note 2,9 auf den dritten Platz. Fast punktgleich mit der Note 2,8 schaffte es die Jelly zum Erstaunen der Fachleute sogar auf den zweiten Platz. Jelly hatte bezüglich ihrer geschmacklichen Eigenschaften in allen bisherigen Testessen immer im mittleren bis hinterem Feld gelegen. Jelly ist eine vorwiegend festkochende Sorte, und sie neigt zu Übergrößen. Wie auch die Agria reift sie geschmacklich während der Lagerzeit und schmeckt im allgemeinen im Frühjahr deutlich besser als direkt nach der Ernte. Jelly war dieses Jahr die stärkereichste (17 %) und die zweit ertragreichste Sorte. Die beliebte Belana kam mit der Note 3,3 auf den vierten Platz. Die frühe mehlige Augusta mit ihren roten Augen sowie die Sorten Agria, Toscana und Laura folgten auf den Plätzen fünf und sechs. Toscana hat einen ausgeprägt kräftigen Kartoffelgeschmack. Sie ist sehr beliebt in der Gastronomie. Agila, Melody und Ditta landeten wie bereits auch schon in den beiden Jahren zuvor - auf den hinteren Plätzen. Die neu hinzugekommene Sorte Sissi lag mit der Note 4,8 auf dem letzten Platz. Allerdings war hier die Meinung und der Geschmack der Testpersonen sehr unterschiedlich. Auf der Punkteskala von eins bis neun erhielt sie alle Noten von eins bis acht. Eine nochmalige Verkostung der Sissi erbrachte eine sehr gute Note. Auch in anderen Bundesländern lag diese Sorte in den letzten drei Jahren auf den ersten fünf Plätzen. Für die nächsten Jahre bedeutet das, dass Sissi unter besonderer Beobachtung betrachtet werden soll. Trotz der unterschiedlichen Bewertungen war kein Ausreißer dabei, d. h. keine Sorte hatte regelrecht schlecht geschmeckt. Alle Sorten haben ihre Berechtigung für den jeweiligen Verwendungszweck und die Vorlieben der Verbraucher. Die gekochten Kartoffeln wurden einen Tag abgedeckt mit Frischhaltefolie im Kühlschrank aufbewahrt. Eine auffällige Kochdunklung wurde bei keiner Sorte festgestellt. Die Sorten wurden dann auch noch mal kalt verkostet. Sieben Sorten wiesen einen angenehmen Geruch und Geschmack auf. Besonders gut schmeckten Belana und Laura in kaltem Zustand. Vier Sorten rochen und schmeckten unangenehm, wie alt und aufgewärmt. Da die Verkostung der einen Tag gelagerten Kartoffeln das erste mal stattfand, sollen die Ergebnisse noch nicht veröffentlicht werden. Im Frühjahr 2011 soll mit den bis dahin kühl gelagerten Kartoffelsorten ein weiteres Testessen durchgeführt werden, um die Lagerungseigenschaften zu überprüfen. Bis dahin sind die Knollen gereift und die Stärkegehalte ausgeglichen. Sorte Koch- Rang/ Rang/ Rang/ typ Note Note Note 2008 2009 2010 Lolita 1 vfk 3 7 2,4 3,6 4,6 Jelly 2 vfk 8 5 2,8 5,2 4,3 Allians 3 fk 1 1 2,9 2,9 2,8 Belana 4 fk 2 2 3,3 3,5 2,9 Augusta mk 12 4 5 3,8 5,9 4,1 Agria vfk 7 10 5 3,8 4,1 5,3 Toscana vfk 9 1 6 4,0 5,3 2,8 Laura vfk 4 3 6 4,0 3,7 3,7 Agila fk -8 7 4,3 4,8 Melody 8 mk -7 4,4 4,6 Ditta 8 fk 10 9 4,4 5,4 5,0 Sissi 9 fk 4,8 1 ist die beste Note und 9 ist die schlechteste Note. Die Sorte Nicola wurde angebaut, beim Testessen allerdings vergessen. Kurzer Sortenüberblick (noch überarbeiten) Agila Festkochend und früh, längliche, formschöne Knollen, hohe Ertragserwartung, anfällig für Kraut- und Knollenfäule Agria Vorwiegend festkochend, besitzt gute Lagereigenschaften, konstant hohe Erträge, Neigung zu Übergrößen und Wachstumsrissen, sehr schorfanfällig, vereinzelt Probleme mit Holherzigkeit, Eisenfleckigkeit und Erwinia Allians Mittelfrüh, festkochend, gelbe Fleischfarbe, langovale Form, glatte Schale, im ersten und zweiten Prüfjahr ertraglich und geschmacklich in der Spitzengruppe, gute Lagereignung, Probleme mit Nabelendfäule (im Versuch 2008 10%) und Y-NTN Ringnekrosen Augusta Frühe Reifegruppe, flache rote Augen, rundoval, glatte Schale u. hellgelbe Fleischfarbe, mehligkochend, gute Lagereignung, Ertrag im Versuch nur unterdurchschnittlich > Rhizoctonia Wipfelroller, Schorfstandorte meiden; Belana Frühe Reifegruppe, festkochend, ovale Knollenform, flache Augen und gelbe Fleischfarbe, sehr keimruhig daher lange lagerfähig, langsame Jugendentwicklung, Ertrag im Versuch sehr unterdurchschnittlich, Vorkeimung, kontinuierliche Wasser- und Nährstoffversorgung und ein warmes Frühjahr können den Ertrag stabilisieren, geschmacklich bundesweit positiv Ditta Alte, mittelfrühe festkochende Sorte, langovale und glattschalige Knolle mit flachen Augen, im Versuch guter Ertrag bei ansprechender Sortierung, lange lagerfähig, Problem mit Y-NTN Ringnekrosen, im Versuch 2008 7%, Nabelendfäule 10%, Ergebnis Testessen Versuch nur 5,4 (2008) bzw. 5,0 (2009) Jelly Mittelspät, vorwiegend festkochend, ovale und genetzte Knolle mit flachen Augen, geringer Knollenansatz, hohes Ertragspotenzial, Neigung zu Übergrößen, sehr gute Blattgesundheit, im Versuch Problem mit Rhizoctonia, Schwarzbeinigkeit muss beachtet werden, geschmacklich im Mittelfeld Laura Mittelfrüh, langovale Knollen, rotschalig, tiefgelbe Fleischfarbe, flache Augen, glatte Schale, gut lagerfähig, mittleres Ertragsniveau, gewisse Neigung zu Übergrößen, im Versuch 17% Rhizoctonia deformierte Knollen, geschmacklich positiv Lolita Mittelfrüh, langovale Knollen, gelbfleischig, flache Augen, genetzte Schale, Ertrag im Versuch über dem Mittel der Verrechnungssorten, geschmacklich in der Spitzengruppe Melody Mittelfrühe, mehlige Sorte aus den Niederlanden, mit ovalen Knollen, hohem Ertrag, Lagersorte, wegen Glattschaligkeit vom Handel nachgefragt Nicola Alte, mittelfrühe festkochende Sorte, langovale Knollen, gelbe Fleischfarbe, überdurchschnittliche Erträge möglich, im Versuch 6% der Knollen mit Y-NTNRingnekrosen, anfällig gegenüber Eisenfleckigkeit, geschmacklich im Mittelfeld Sissi Früh, festkochend, langovale Knollen, tiefgelbe Fleischfarbe, flache Augen, glatte Schale, im Versuch sehr unterdurchschnittlicher Ertrag, geschmackliche Bewertung laut Vertrieb sehr gut, in RLP 2010 keine einheitliche Note Toscana Mittefrüh, vorwiegend festkochend, runde Knollenform, gelbe Fleischfarbe, flache Augen, Ertrag im Mittelfeld, ausgeglichene Sortierung, gute Lagereignung, Note Testessen 5,3 (2008) ; 2,8 (2009)