Zentralblatt der Bauverwaltung : Nachrichten d. Reichs

Transcription

Zentralblatt der Bauverwaltung : Nachrichten d. Reichs
Zentralblatt der Bauverwaltung.
33
Herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Nr. 7.
Berlin, 20. Januar 1917.
37. Jahrgang.
Enoheirtt Mittwoch und Sonnabend. — ftotirlftlaitung: *W 66 Wilheltnetr. 79a. — GesohäftstBllo untf Annahme dar Anzeigst): W66 WUhelmstr. 90 — BezjiQBprtf«: VIertelj&hriioli
ein«chli«fllioh Abtragen, Post- oder Streifbnjidausendmig- 4 Mark; desgl. für das Ausland 5 Mark.
IHMALTi AffttllofrMr Dienst-Nachrichten, — HltditluntilöbBt! Richtpunkte für das Entwerfen kleinerer Empfangsgebäude in Bayern. (Schluß.) — Allgemeine Formeln
für die Berechnung von Durchbiegungen und Stützendrücfcen bei geraden Balken. — August ßeisBe t- — V e r m i s c h t e s : Auablioke fUP die taaBtteehniaehe Zukunft unseres VolkeB. — Städtebau ala Gegenstand amerikanische a Hocaaohulüntarrlclits.
[Nachdruck verboten.]
Auf dem Felde der Ehre sind gefallen:
Brauer, Walter, Diplomingenieur, Düsseldorf. Inhaber des Eisernen
Kreuzes,
Hauswald. Kurt, Architekt, Kiel,
"Dr.^ng. Helling, Hermann, Dresden,
Schmidt, Haus, Diplomingenieur, Assistent an der Abteilung für
Architektur an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
Seine Majestät der König von Preußen haben Allergnädigst geruht,
nachstehenden Personen das Königlich preußische Ordenszeichen des
Eisernen Kreuzes zu verleihen. Es haben erhalten:
das Eiserne Kreuz erster Klasse:
Fuchslocher, Diplomingenieur, Buer;
das Eiserne Kreuz zweiter Klasse:
Thomas, Rieh., Baumeister bei der Baupolizeibehörde, Hamburg.
Seine Majestät der König von Bayern haben den folgenden Personen daa König-Ludwig-Kreuz verliehen. Es haben das Kreuz erhalten: im Geschäftsbereich der K, Hofverwaltung: die Bauamtmänner
Wilhelm Foertsch in Würzburg- uod W&ldemar Andiug ia Speyer
sowie der stellv. Vorstand des Kulturbauamts Donauwörth Richard
Sachsperger; — im Geschäftskreise des K. Staatsministeriums des
KÖnigL Hauses und des Äußern: der Ingenieur Sebastian Buchner,
der Hofoberbaurat Architekt Eugen Drollinger und der Ingenieur
Fritz v. Tann stein gen. Fl eise hm an n in München, der Obering-enieur
Richard Tröger, AbteilungSvorstand in der Rohstoffabteilung des
K. preuß. Kriegsministeriums in Berlin, der K. preuß. Professor Max
Krahmann, Dozent an der Technischen Hochschule in Berlin, der
Architekt Joseph Rankin München, der Oberingenieur ErnstHeinrich
in Hammerau, der Oberingenieur Johann Schaller in der Maschinenurid Armaturfabrik vorm. Klein, Schanzlin u. Becker in Frankental,
der Diplomingenieur Simon Wallach, Direktor der Alpinen Maschinenfabrik-Gesellschaft Goggingen-Augsburg in Göggingen; — im Geschäftskreise des K. Staatsministeriums des Innern: der Bauamtmann Heinrich
Ullmann, der Regierungs-und Bauassessor Richard Neithardt und
die Bauamtsassessoren Sebastian Gillitzer und Joseph Hoepfl in
München, der Regierungsbaumeister Eugen Kroher in Staudach bei
Marquartstein, der Regierunga- und Baurat Alfred Stamm in München,
der Baurat Jakob Rapp in Rosenheini, der Bauamts&ssessor Ambros
Miller, der städt. Baurat Richard Schachner und der städt. Oberingeirieur Georg Arzberger in München, der Diplomingenieur Gemeinde bevollmächtigte Joseph Angerer in Traunstein, der Regierungsund Baurat Raimund Seh äff er in Landshut, de* Stadtbaurat Kaspar
Mahkorn in Straubing, der Stadtbaumeister Andreas Donhauser
und der Regierungsbaumeister Ludwig Zeiß in Deggendorf, der Stadtarchitekt Emil Gotthold in Ludwigshafen, der Stadtbauamtsassessor
Friedrich Ziegler in PIrmasens, der Oberbaurat Ludwig Boeshenß
in Regenaburg, der Bauamtsassessor Ludwig Baumann in Weiden
und der Bezirksbaumeister Otto Behr in Neunburg v. W.
Der Senat der freien und Hansestadt Hamburg hat dem Diplomingenieur bei der Baudeputation Emil Amsinck und dem Studierenden
der Ingenieurwissenschaften Kurt Heymann in Hamburg das H
seatenkreuz für Verdienst im Krieg, 1Ü14 verliehen.
Amtliche Mitteilungen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem
Regierungs- und Baurat Geheimen Baurat Lehmbeck in Hannover
den Roten Adler-Orden III. Klasse mit der Schleife und dem städtischen Architekten Luaerke in Berlin-Tempelhof den .Königlichen
Kronen-Orden IV, Klasse zu verleihen sowie die Vortragenden Räte
im Ministerium der Öffentlichen Arbeiten Geheimen Regierungsrat
Heinrich Goldkuhle zum Geheimen Oberregierungsrat und Geheimen
liaurat Max Kumbier zum Geheimen Oberbaurat zu ernennen.
Die Staatsprüfung haben bestanden: der Regierungsbauführer
Johannes Bauer (Hochbaufach); — Wilhelm Graas (Eisenbahn-und
Straßenbaufach).
Der Regierungs- und Baurat Gerhard Schürmann, Vorstand de»
Eisenbfihn-Betriebsamts 4 in Magdeburg, und der Regierungsbaumeister.
beim Wasserbauamt Marienburg i. Westpr. Edwin Lange sind gestorben.
Dentsch.es Reich.
Seine Majestät der Kaiser und König haben. AllergTiädia-st geruht,
den lebenslänglichen Reichsrat der Krone Bayerns Königlich bayerischen Geheimen Baurat ©r.»3ng. e, h, Oskar v. Miller zum Mitglied
des Kuratoriums der Physikalisch-Technischen Reicbeanstalt zu berufen.
Bayern.
Seine Majestät der König haben Sich Allerhöchst bewogen gefunden, den mit dem Titel und Rang eines K. Oberbaurats ausgestatteten Regierutigs- und Baurat bei der K. Regierung von Unterfranken uud Aschaffenburg Eduard Fleischmann auf sein Ansuchen
in den dauernden Ruhestand zu versetzen und ihm in Anerkennung
seiner Dienstleistung die III. Klasse des Verdienst-Ordens vom Heiligen
Michael, dem.Schiff baudirektor Braßt Zetzmann und dem Oberingenieur und Prokuristen Hans Techel bei der Fried. Krupp-A.-G.
„Germaniawerft" in Kiel die IV. Klasse mit der Krone des Verdienst' Ordens vom Heiligen Michael sowie dem Schiffbauingenieur Gottbold
Prusse in Kiel die IV. Klasse des Verdienstordens vom Heil. Michael
zu verleihen, ferner den Obermaschineuinspektor der Werkstätteninspektion Augsburg Friedrich Fettinger in gleicher Diensteaeigenschftft an
die Eisenbahndirektion Nürnberg in etatmäßiger Weise zu berufen.
Der Architekt Prof. August Thiersch in München, Ehrenmitglied
der bayerischen Akademie der bildenden Künste, und der Bauamtsassessor bei der Obersten Baubehörde im Staats ministerium des Innern
Friedrich Leipoldinger in München sind gestorben.
Sachsen.
Der Geheime Hofrat Georg Christoph Mehrtens, früher Professor
an der Technischen Hochschule in Dresden, ist gestorben.
Württemberg.
Seine Majestät der Körig haben AJlergnädigst geruht, den Baurat
Glück, Vorstand des Maschißentechnischen Bureaus der Generaldirektion der Staatseiaenbahnen, seinem Ansuchen gemäß in den
Ruhestand zu versetzen und ihm aus diesem Anlaß den Titel und
Rang eines Oberbaurats zu verleihen.
Baden.
Der Bauinspektor Ludwig Walz in Freiburg ist nach Offenburg
versetzt und der Diplomingenieur Hermann Schaaf in Freiburg zum
Eisenbahningenieur ernannt worden.
Hessen*
Der Privatdozent an der Technischen Hochschule Dannstadt Professor Dr. Greim ist zum Vorstand des Hydrographischen Bureaus
bestellt worden.
Bt-Htitischrreig,
Der ordentliche Professor Dr. Heinrich Timerding ist für die
Zeit vom 1. August 1916 bis 81, Juli 1918 zum Rektor der Technischen
Hochschule in Braunschweig gewählt worden.
ElsaB-Lothrlugreii*
Seine Majestät der Kaiser haben Allergnädigat geruht, dem Kreisbauinspektor Regierungs- und Baurat Jung m Zabern die nachgesurhte Entlassung aus dem Dienste unter Verleihung des Charakters
als Geheimer Baurat zu erteilenDer Kreisbauinspektor Richter ist von Saar-Buckenhelm in
gleicher Eigenschaft nach Zabern versetzt und der Regierungsbauführer Johannes Birckel zum Regierungsbaumeister in der elsaß*
lothringischen Landesverwaltung ernannt worden.
20. Januar
der f?auverwaltun£.
[ALe Rechte vorbehalten.]
Nichtamtlicher Teil.
Schriftleiter: Friedrich Schnitze und Gustav Meyer.
Richtpunkte für das Entwerfen kleinerer EmpfangsgebäuAe in Bayern.
(Schluß aus Nr. ').)
Aufgab« dea Architekten iat es, unter Berücksichtigung dieser
Elsenblechdachung mit schmalen' Bahnen und kräftigen Stehfalmi
betriebstechnischen Forderungen die ästhetisch günstigste und wirtvorteilhaft und entspricht auch schönheitlichen Anforderungen vollschaftlich einfachste Erscheinungsform für das Gebäude zu finden.
ständig (Abb. 5(5).
Abb. 48. Ansicht gegen die Bahn.
Abb. 50. Ansicht gegen die Bahn.
'!•• •! 1 ! [ 1 I 1 I I I 1 I
Abb. 49. Erdgeschoß.
Abb. 48 u. 49. Entwurf '/u einem Betriebsgebäude einer Nebenbahn.
Die Architektur soll schon von außen erkennen lassen, daß man
es mit einem Bahnhof zu tun hat. Auch bei kleinen Anlagen ist ein
gewisser Ernst, eine einfache, fiber strenge Architektur am Platze. Die
Lösung der besonderen, eigenartigen Aufgabe wird auch der Architektur ein freies selbständiges Gepräge aufdrücken müssen. Allzu
ängstliche Anklammerung an die Umgebung ist also nicht erforderlich,
wenn auch diese, sowie vorhandene gute Bauwerke und Naturschönheiten gebührend berücksichtigt werden müssen und ein Anschluß an
die beimische Bauweise gesucht werden soll.
Die zu verwendenden liaustoft'e sollen wegen der ständigen
Inanspruchnahme und der dadurch hervorgerufenen Abnutzung dauerhaft und möglichst am Platze erhältlich sein. Haustein ist auf Strecken
mit Dampfbetrieb wegen der starken Verrußung- und der schädlichen
Einflüsse der Rauchgase weniger geeignet Ein Putzbau, etwa unter
Sparsamer Verwendung von Haustein für Sockel und Umrahmungen.
behält auch bei längerem Bestand durch die Möglichkeit der übertttnehung stets ein freundliches Aussehen. Durch Ehi- und Aufbau von
Wohnungen in ein Etnpfangsgebäude kann bei kleineren Anlagen die
äußere Erscheinung gehoben werden (Abb. 48 u. 50). Eine Verbilligung
tritt zwar hierbei wegen der schwierigeren Einfügung des Wohnungsgrundrisses über dem ErdgescboUgrundrili mit den größeren Warteund Diensträumen gegenüber der Erbauung eines eigenen Wohnhauses
in derllegel nicht ein, doch wird zumal im Gebirge und in anderen rauhen
Gegenden die Gebäude Unterhaltung durch Zusammenlegung der Betriebs-, Verkehrs-, Wohn- und Nebenräume in einem (Sebäudu wesentlich
verbilligt. Ein Einbau von Wohnungen in daa Empl'nngsgebäude
empfiehlt sich wegen der Beeinträchtigung durch Lärm und Hauch natürlich nur da, wo Nachtbetrieb und ein zu regei" Zugverkehr ausgeschlossen sinUDie Wetterverhältnisse müssen bei der Bauart besonders berücksichtigt werden. Die Mauerstärken müssen in rauhen und gebirgigen
Gegenden ganz andere sein als in milden Gegenden. Vor allem ist
bei rauhem Wetter und reichen Niederschlügen auf einfache Dachausmittlung (womöglich ohne Kehlen) ein Hauptaugenmerk zu richten
(Abb. 55). Bei den im Gebirge Üblichen flachen Dächern hat sich
JSiberschwanzdoppeldeckung wegen des zur Zeit der Schneeschmelze
vor allem an den Kehlen eindringenden Schneewassers nicht bewahrt.
Hier ist. wenn man Schindeldach wegen der erhöhten Feuersgefahr
durch Funkentlug vermeiden will, rot oder grthi gestrichene, verzinkte
Abb. 51. Erdgeschoß.
Abb. 50 u. 51. Betriebsgebäude einer Nebenbahn.
Abb. 52. Ansicht der Bahnseite.
Abb. 53. Ansicht, der Ortseite.
'Wartraum
uf.t.T,i
• .;;/.-.• : :,..•
A b b . 54. E r d g e s c h o ß .
jt-jr & ' A b b . 52 bis 54. B e t r i e b s g e b ä u d e in den S t a t i o n e n Riß,
"•'•'«P*1
Schmolz, G r a i n a u u n d K a i n z e n b a d .
Zentralblatt der Bauverwaltung.
Nr. 7.
Nach diesen allgemeinen Gesichtspunkten
wollen wir noch auf die Uetraclitnng verschiedener Arten kleinerer Betriebsgebäude
eingehen.
Bei Haltepunkten an Lokal- und Nebenbahnen, die, wie schon der Name sagt, nur
untergeordnete Bedeutung für den Orts- und
Naheverkehr haben, genügt in der Regel ein
offener oder geschlossener Warteraum aus
Hol» (Abb. (U bis 66). oder Stein (Abb. 57
bis fiO), mit oder ohne Abortanbau. Findet
der Fahrkarteiiverkauf nicht im Zuge oder
in einer dem Haltepunkte nächstgelegenen
Wirtschaft statt, so kann noch ein Fahrkartenverkaufsruum an- oder eingebaut seinAn Haltestellen tritt zum Warterauiu
noch ein Dienstraum hinzu, in dem auch
die r'ahrkurtenausgabe (gegen den Warteraum
zu) untergebracht ist. Ist mit der Haltestelle
Güterverkehr verbunden, so ist die Errichtung einer Güterhalle erforderlich, die wegen
der einfacheren Bedienung zweckmäßig mit
dem Dienstraum in unmittelbarer Verbindung
Abb. 5-'). ltiessersoc.
Abb. Gl. Hückseitp.
Abb. G2. Hahuseite.
'M 1 1 1 1 ' ! I J...T.J
Abb. 57. Südseite.
Abb. 58. Westseite.
Abb. 59. Grundriß.
Abb. 57 bis 60. Unterstand halle in der Station Hanegg.
Abb. 63.
L
Erdgeschoß.
Abb. Gl bis 63. Betriebsgebäude in Station
Achenmühle.
Abb. 04. Südseite.
Abb. 65. Westseite.
r f f 1 vf rt T r
Abb 64 bis 66.
Unterstand halle '
aus Hola.
Abb. ÜO. Planegg.
Abb. GG. Grundriß,
36
Zentralblatt der Bauverwaltung.
20. Januar 1917.
Abb. G8. Ansicht gegen die Bahn
Abb. 6!). Erdgeschoß.
Abb. 70. Ansicht gegen Süden.
i I Ll i l i I • h h 1i h I i [
Abb. 71. Ansicht gegen Norden.
Abb. 67 bis 71. Betriebsgebäude
in Station Schellenberg.
^..^^v-^--^--^|
U.U.L
Maßstab zu Abb. 74 bis 77.
Abb. 7ä, Lugeplan
der Haltestelle Lochham.
M . 1 : 1500,
Abb. 74.
Querschnitt.
Abb. 7(j. Ansicht gegen die Bahn.
Abb, 73. Lageplan
der Haltestelle
Stabsdorf.
M. 1 : 1500.
Abb. 77. Erdgeschoß.
Abb. 74 bis 77. Betriebsgebäude einer Nebenbahn.
Mr. 7.
Zentralblatt der Bauverwaltung.
37
spielen. In diesem Fall ist die
Anordnung größerer geschlossener
Hallen unerläßlich, die dann auch
den Warteraum ersetzen können.
Bei ausgesprochenem Fremdenverkehr
(Sommerfrischenoder
'Wintersportverkehr) empfiehlt sich
die Anlage einer eigenen Halle für
den erhöhten Verkehr, um die
eigentlichen Warteräume zu entlasten und deren Ausmaße nach
dem regelmäßigen Verkehr bemessen
zu können (Abb. 10. 43 u. 54),
Abb. 78. Bahnseite.
Endlich wollen wir roch der
Betrachtung einiger Grenz- oder
Zollhalinhöfe kleineren Unifanges
unser Augenmerk zuwenden. Empfangsgebäude in Zollbahnhofen
unterscheiden sicli von den gewöhnlichen Empfangsgebäuden dadurch,
daß bei ihnen eigene Räume für
die Untersuchung des Reisegepäcks
und gegebenenfalls auch für die
Reisenden selbst und Diensträume
für die Zollbeamten und für die
Erhebung von Gebühren erforderlich sind- Den Haupträum bildet
die Zolluntersuchungshalie, die mit
dem Bahnsteig und womöglich mit
der Schalterhalle in unmittelbarer
Verbindung stellen soll, um so
die Reisenden auf dem kürzesten
Wege von und zu den Zügen
befördern zu können und ihnen
nach vollendeter Untersuchimg das
Betreten der Bahnsteige, Warteräume und den Weg ins Freie zu
ermöglichen. Die Verzollung kann
sich nur auf die Reiseoden vom
Ausland erstrecken, wobei dann
lediglich die Zollverwaltung des
eigenen Landes tätig sein muß
(Abb. 69 u. 80), während die Verzollung ins Ausland an der dieser
Grenzstation arn nächsten gelegenen
Auslandstation durch die ZollverAbb. 80. Erdgeschoß.
waltung des Auslandes vorgenommen wird. Oder aber es erstreckt
Abb. 78 bis 80. Empfangsgebäude in Station Griesen.
sich die ZollbehandUing auf Gepäck
steht (Abb. 61 bis 63.) Ist ein größerer Personenverkehr zu erwarten,
und Personen vom und ins Ausland, in welchem Falle die Zollverso kann auch eine offene oder geschlossene Halle, von der aus wowaltungen des eigenen und des Nachbarlandes in ein und demselben
möglich ein oder mehrere Warferäumo, Fahrkarten- und GepäckEmpfangsgebäude tätig sein müssen. Bei kleinen Anlagen werden in
sebülter und die Aborte erreichbar sind (Abb. 81), gegebenenfalls
letzterem Falle mit Ausnahme der Diensträume, die für jede Verwaltung
auch ein eigener Gepäckraurn neben dem Betriebsruum vorhanden
eigens angelegt werden müssen, die für die Verzollung notwendigen
sein (Abb. 87).
Anlagen, wie Kevisioushalle, Leibesuntersiiehungsraum usw. nur einfach
angeordnet, während sie bei größeren Anlagen wegen des erhöhten
An gowerbereichen Orten kann der Arheiterverkehr, in landschaftZug- and Personenverkehrs doppelt vorhanden sein müssen.
lich schönen oder großen Städten naheliegenden Gegenden kann der
Ausflugverkehr: an manchen Orten der Wallfahrerverkehr eine Rolle
Was die Lage der Empfiingsgebaude zu den Gleisen betrifft, so
wird bei geringem Zug- und Personenverkehr
und beim Vorhandensein nur weniger Zuggleise wegen der kostspieligen Untertunnen ,,
lungcn oder UberbrUckungen auch bei Neu... •
anlagen sehLenengleiche Überalterung, also
Glcichlage der Gleise die Regel bilden, es sei
denn, daß die Hoch- oder Tief läge der Gleise
gegenüber dem umgebenden Gelände ohnedies TruppeiiiXiilugen notwendig machen
würde. Bei großem Personenverkehr und
rascher Zugfolge dagegen darf der Zugang
zu den Zügen nie in Seh jenen gleiche über die
Gleise weg erfolgen. Sind in der Käho der
zu errichtenden Haltestelle ohnedies Straßenunterführungen oder -Überführungen vorhanden, so werden diese für den Zugang zu
dem zwischen den Richtungsgleiseii liegenden
Bahnsteig, der dann auch eine geschlossene
oder offene Halle mit Dienstraum und gegebenenfalls Abort enthalt, zweckmäßig mitbenutzt (Abb. 72 ix. 73),
München.
Poeverlein,
Abb. 81. Griesen.
K. Eisenbahnassessor.
Zentralblatt der Bauverwaltung.
38
SO, Januar 1917.
Allgemeine Formeln für die Berechnung ron Durchbiegungen nnd Stützend nicken
bei geraden Balken.
Vom Ingenieur Hauptmann Strand in Drontheitn.
Die Dnrchbiegungsgleichung für eine Stelle unendlich wenig
Formeln für die Berechnung von Durchbiegungen und Stützeninnerhalb 'J\ gibt:
drticken bei geraden Balken für alle möglichen BelastungsfUUe und
4
beliebige Auflagerung des Kaikens sind, soweit mir bekannt, nicht
0 = - Tv • 2 2 (3 • 5 — 2) + JlOOOdx- x*(ß
vorhanden. In jedem einzelnen Falle vermittels der elastischen Linie
oder auf andere Weise die genannten Größen auszurechnen, erfordert
— &> • T2 (3 • ö — 5) + 52. 1C00 (3 • G — 5),
ersteng viel Zeit und überdies zum Gelingen große Rechenfertigkeit.
Die üblichen zeichnerischen Verfahren verlangen außer Zeit auch
woraus:
b) »2 7\ -f 250 T a = 545 000,
Zeich enge rät, das nicht immer vorhanden sein wird.
Aus 01. a) und b) Jindet man: Tx — 1275, T2
1915 kg.
Ich habe deshalb nachfolgende Formeln aufgestellt, woraus man
Durchbiegung in Punkte:
bei beliebiger Einsetzung der Belastung die Durchbiegung an jeder
- l» • [ 1275 (3
( • 2 — 1) - 1915 ( 3 . 5 —1)
Stelle oder den Stützendruck an einer Stelle, wo die Durchbiegung
bekannt ist, finden kann. Bei durchlaufenden Trägern werden die
+ 1000 (3-6 1) +JlQOQdx (ßx 1)] = - 185 kgcbm
Stützendrücke erst ausgerechnet und danach die Durchbiegung an
der gewünschten Stelle.
— 185 • 106 kgebem
6
Die Formeln sind aufgestellt für:
185-1O c m
a) Balken an einem Ende eingespannt,
(aufwärts).
b) frei aufliegenden Balken und
Aufg. 2). Die Durchbiegung
c) Balken an beiden Enden eingespannt.
13000
•4000
unter der Last 4000 wird gesucht
In den nachstehenden Ausführungen sind zuerst die Formeln
(Abb. 5). Lösung durch Formel 2).
aufgestellt, dann ihre Anwendung an einigen Beispielen gezeigt und
f
Die Durchbiegungsstelle wähle
endlich kurz ihre Herleitung angegeben.
I--M-H
man unendlich wenig links der
Abb. 5,
Die Formeln.
Last 4000:
a) Balten an einen) Ende eingespannt (Abb, 1),
2
2 2
Jy -ÜEJ- 7 - 2 - 3 0 O O - l ( 7 - 2 - l )
1) //y • 6 EJ=. 2 Pp2 (3a — p) + a*2Q{Zq — a),
wo Jy ist die Durchbiegung an der Stelle a, P eine Last innerhalb.
Q eine Last außerhalb der Durchbiegungsstelle. E = Elastizitätszahl
und «f=das Trägheitsmoment des Querschnitts.
-j-5-4000 2(7t-b* — 22)- 5-2-(2000.1 + 1000-2) 12
584 000 kgm 4 _ _ 584_-109
42 EJ cm.
,1000
Mb
Abb. 6.
Abb. 2.
Aufg. 3). Man berechne
?\ und T% (Abb. 6), Lösung durch Formel 2). Hier
ist £=1000(1—#).
Die Durch biegungsstelle
Unendlich wenig rechts
'A, d.h.:
b) Frei aufliegender Balken (Abb. 2).
2)
s
f
y
p
--ab[M f l Q + *>) + Mb{l + a)\
Hier bezeichnet Ma das Moment über dem linken, Mb das Moment
über dem rechten Auflager. Ist der Balken nicht außerhalb der
Auflager belastet, so wird Ma = Mb — 0, und das letzte Glied fällt
weg. P bezeichnet eine Last links, Q eine Last rechts der Durchbiegungsstelle, p und q den. Abstand der Last, a und & den Abstand
der Durchbiegungsstelle vom linken oder rechten Auflager.
h
woraus:
- ^ ( 7 2 - 2 2 — x2)]
—2-5-1000-1 -9,
a) 200T, + 164 % =z 109 750.
Die Durchbiegungsstelle unendlich wenig links T3:
c) Balken an beiden Enden eingespannt (Abb. 3).
Bei der Anwendung der Formeln ist zu beobachten:
1. Wird die Durchbiegung unter einer Einzellast gesucht, so wähle
man die Durchbiegangastelle gleich neben der Einzellast, so daß
diese berücksichtigt wird (entweder zur linken oder recbten Seite),
2. Kommen Strecken mit verteilter Last q pr. Längeneinheit vor,
so setze man q dx statt F oder Q, x etatt p oder q, J statt S, Die
Integration wird zwischen den Endpunkten dar verteilten Belastung
vorgenommen.
Beispiele. (E und J in kg und cm.)
0
— 2 . 5 - 1 0 0 0 -1-12,
woraus:
b) \UTX + 200 T s — 114900.
Aus Gl. a) und b): Tx — 236, T* = 380 kg.
Jetzt kann die Durchbiegung an irgend einer Stelle zwischen
den äußeren Auflagern gefunden
werden.
Aufg. 4).
a) Berechne den. Sttttzendruck T ((Abb. 1). Lösung durch
Abb. 7,
Formel 3). Die
stelle unendlich wenig rechts T.
2
0 = 4 [1000 • 1* (3 • 2 - 5 — 4 -1) — T - 5!» (8 • 2 - 4 — 4 • 2)]
3
Abb. 4.
Aufg. 1). Man berechne die Stutzendrücke Tj und T3 sowie die
Durchbiegung in Punkt A (Abb. 4). Lösung durch Formel 1). Die
Durchbiegungsgleichung für etne-Ütelle unendlich wenig innerhalb Tx
lautet (d. h. keine Last innerhalb der Durchbiegungsstelle);
- n") oder:
— Tt (3 - 2 - 2) - T2 (3 .5 - 2) 4- /lOOO
dx
/
woraus:
a) 47,4- 1BT3
-
+ 22/2000rfa; • x2 (3 • 4* [6 — x] i
woraus
T~ 3090 kg.
b) Die Durchbiegung unter der Last 1000; Durchbiege ngs~
stelle links 1000:
»)] = —115000 kgm«
2)
+ 1000 ( 3 - 6 - 2 ) = 0,
30000,
fi
115000 kgm
_
115 -10 9
1296 EJ
cm (.aufwärts).
Zentralblatt dar Kauvorwaltung.
Nr. 7.
b) Frei aufliegender Balken (Abb. 10),
Zuerst wird die Verschiebung Jy1 an der Stelle (a, b) durch eine
Last P. links wirkend, gesucht. Aus den Kräften links vom Schnitt:
Die H e r l e i t u n g der Formeln,
Ich bin von folgender Gründformel ausgegangen:
-
1) Jy
wo Ay die relative senkrechte Verschiebung zwischen einem Anfangsquerschnitt (x = 0) und
dem Schnitt im Abstand
a?9 bezeichnet. M bedeutet
das laufende Moment
/.wischen den Schnitten xx
und ffs; <f> die Winkelandcrung
des
Querschnitts, gegen den man
A = AD f an gsquer schnitt.
geht. Xi mag gleich oder
B — Querschnitt, gugüo dun man geht.
verschieden
von Null
Abb. 8.
sein.
a) Balken an einem Ende eingespannt (Abb. 9). Die Verschiebung Jt/i an der Stelle a infolge der Last F:
I
woraus:
' P{x — a -\-p) x dx
fil
p
CP(x —p) x dx
EJ
~
l-EJ
-¥a-
Aus den Kräften rechts vom Schnitt:
b
y
1
Vpxx dx ,
* ..
Die erste Gleichung wird durch a, die zweite durch b geteilt,
danach Addition:
P(l—p) a2
3
l
V«
1
v
4
a
Jrp a
a_
pi
--\
pp
r
I
a3 - p3
1
a
-.
L
3
fji
.,- woraus su-h ergibt
A
^ t / ! • 6 EJ l — o rp (l" — bi — pJ)
Bei einer Last Q r e c h t s der Durchbicgungsstelle («, b) ist:
-^y a • 6 i s J l — a y ? ( r — «^ — ^"'j
Durch gleichartiges Verfahren rindet man die Durchbiegung Jy?i
infolge Mu und Mi,:
1
Jyx • 6 EJ — Pp (3 a — p).
Ay% • 6 EJl = - ff & [Ma (i + h) + il/fi 0 + o)].
Wirken mehrere Lasten links und rechts der Stelle (a, 6), so erhält man durch Addition von jyv, Jy2 und jy% die Formel 2).
c) Balken an beiden Enden eingespannt. Wird in Formet 2)
und Mh
Wegen der Gegenseitigkeit der Verschiebungen erhält man für eine
Last Q eine Verschiebung Jy$ an der Stelle a:
Jy2 -GEJ— Qa2 (ßq — d).
Wirken mehrere Lasten innerhalb und außerhalb der Durchbiegungsstelle, erhalt man Formel 1).
P
2Pa9b
eingeführt {a und h der Abstand der Last P von bessw. linkem und
rechtem Auflager) oder umgeformt (Abb. 3):
Ma = ±-[2Ppr* + 5QKq*\u*AMb = -jf[2PP*r + 2Q8*q\
so erhält man leicht durch t-infauhu Rechnung die Formel 3),
August Reisse tAm 30. Dezember entschlief in Bad Blankenburg i. Thür. nach
kurzem Leiden der Vortragende Rat im Ministerium der öffentlichen Arbeiten Geheime Oberbaurat August
Reisso.
In Hofgeismar im Hessenlande am 13. Mai
1854 geboren und auf den Schulen seiner
Vaterstadt und der Realschule I in Köln
vorgebildet, entschloß er sich, angeregt
durch den Beruf des Vaters wie auch aus
eigener Neigung, zum Studium des Baufaches
und zwar erledigte er die damals unerläßliche erste Staffel des noch nicht nach Fachrichtungen getrennten Studiums, das Bauelevenjahv, bei der Königl SehloßbaudirektLon
Cassel in vorwiegender Hochbautätigkeit unter
Professor v. Dehn-Kotfelser. Nach dreijährigem Besuch der Bauakademie in Berlin
wurde im März 1877 die erste Staatsprüfung,
ebenfalls nach beiden Fachrichtungen, abgelegt. Aber schon die erste Tätigkeit des
jungen Bauführers führte ihn zur Kaiserl.
Werft in Danaig und somit zum Seebau und
in das engere Gebiet des Wasserbaues, dem
er mit kurzen Unterbrechungen fast 40 Jahre
bis an sein Lebensende treu blieb.
Nach Erledigung seiner Dienstpflicht, bei
den „Alexandern" in Berlin und nach gründlicher Vorbereitung bestand Reisse im März
18S4 die Baumeisterprüfung als „einseitiger"
Bauingenieur und trat dann sofort in rein
wasserbauliche Tätigkeit ein, für kurze Zeit
im Ebbe- und Flutgebiet bei der Regulierung
der Pinnaii, dann im August 1884 an der
ihm schon vertrauten westpreußischen Küste hei der Hafeubauinspektion Neufabrwasser unter Leitung des damaligen Hafenbauinspektors, späteren Öberbaudirektors Kummer. Bei den mannig-
fachen Aufgaben des See-, Hafen- und Dünenbaues, die der weite
Dienstbereich der Hafenbau Inspektion bot, und unter den Anregungen
des bewährten Vorgesetzten und Meisters
vertiefte sich bei Keisse die ihm angeborene
Gabe der scharfen Beobachtung, hier eröffneten sich aber auch der Schaffensfreude
des jungen Ingenieurs die besonderen Reize
und Geheimnisse des Seebaues, hier bildete
er sich die für dun Seebau besonders wichtige Regel: nicht gegen die Naturgewalten,
sondern mit ihrer Hilfe zu hauen. Mit lebhaftem Bedauern folgte er nach 5'/ 4 Jahren
in Neufahrwasser einem Auftrag, der ihn
nach Magdeburg berief; doch hier fand er
die treue Lebensgefährtin, die er dann, inzwischen auf seinen Wunsch, um seinen bejahrten Eltern näher zu sein, zur FuldaKanalisierung versetzt; im Oktober 1891 nach
('assel heimführte.
Die ihm übertragenen Arbeiten an der
Fulda, die Staustufen Spiekershausen und
Wolfsangel", näherten sich ihrer Vollendung,
als es sich im Juli 1S94 darum handelte, die
Hafenbauinspektion I'illau mit einem im Seebau besonders erfahrenen Beamten zu besetzen.
Die Wahl fiel auf Reisse, und in sechsjähriger
Tätigkeit hat er hier Großes geschaffen. In
erster Linie ist hier der neue seetiefe Zuweg
nach Königsberg, der Königaberger Seekanul,
au nennen, dessen stets durch die Naturgewalten
bedrohte Ausführung einschließlich der BeBoieee.
feuerungganlagen er mit voller Sachkenntnis
und nie ermüdender Tatkraft erfolgreich bis
fast zum Abschluß leitete; die schwierige Festlegung des Südermolenkopfes in Pillau ist wesentlich sein Werk, der Anlage von
Fischereihäfen im Kurischen Haff wandte er seine besondere Fürsorge
40
Zentralblatt der Bauverwaltung.
zu, auf dem für die oatpreußische Küste besonders -wichtigen Einzelgebiet des Dtinenbaues trat er mit Erfolg in die Faßtapfen seines
einstigen Amts Vorgängers, des Altmeisters Gotthilf Hagen bei Ausbildung der Vordllnen. Als es sich darum handelte, für die Offenhaltung der Häfen an der sandigen Ostseeküste geeignete seetüchtige
Bagger zu schaffen., entstand unter seiner wesentlichen Mitwirkung
der erste preußische Saugebagger mit eigenem Laderaum (sog, Hopperbagger), um dessen Einarbeitung in den Betrieb er sich dann noch
besondere Verdienste erwarb. Mehrfache in dieser Zeit ausgeführte
Reisen zum Besuch der Küsten Englands, Frankreichs, Belgiens und
Hollands und ihrer Bauten erweiterten seinen Blick und boten manche
fruchtbare Anregung. Diese seine Pillauer Jahre mit ihrer an Verantwortung wie Erfolgen gleich reichen Tätigkeit als Leiter eines der
schwierigsten Wasserbaubezirke Preußens, mit ihrer behaglichen, auch
den zahlreichen jüngeren Kollegen stets offenstehenden Häuslichkeit
im -weiträumigen, garten- und wasserumgebenen diensteigenen Gebäude, mit der ihm von allen Seiten gezollten Anerkennung seiner
Leistungen, sie blieben für Keisse bis zuletzt die Glanzzeit seines
Lebens, bei ihrer Erwähnung leuchteten seine Augen. Doch auch ihn
traf das Los gerade der tüchtigsten Beamten, mit der Beförderung
die Trennung von liebgewordener Stätte: am 1, Juli 1900 wurde er
als Regierungs- und Baurat nach Stralsund versetzt; hier warteten
seiner in den ausgedehnten Gewässern Vorpommerns und Rügens
neue Aufgaben, bei deren Durchführung wiederum seine große Begabung, Zuverlässigkeit und Arbeitskraft, namentlich bei schweren
Sturmflutschäden, besonders anerkannt wurden. Noch größere Aufgaben galt es zu übernehmen, als er im April 1905 zur Regierung
nach Aurich versetzt wurde, nämlich die Vorbereitung uud Leitung
der umfangreichen Bauten zur Erweiterung des Seehafens Emden.
Doch die Durchführung dieses Unternehmen!* blieb ihm versagt:
nach wenig mehr als zwei Jahren, im Juni 1907, wurde er ins
Ministerium der Öffentlichen Arbeiten berufen. Hier wurde ihm als
einem der besten Kenner unserer Ostseeküsten die Bearbeitung der
Wasserbauten in Ost- und Westpreußen und im Regierungsbezirk
Köslin übertragen. Im Oktober 1907 zum Geheimen Baurat und
Vortragenden Rat, im Januar 1913 zum Geheimen Oberbaurat ernannt, hat er diesen Provinzen und ihren weitgehenden Aufgaben
und Bedürfnissen auf wasserbaulichem Gebiet seine volle Liebe und
Arbeitskraft zugewandt und in f'/ajähriger Tätigkeit manches große
20. Januar 1917.
Werk reifen sehen, das er begonnen; manches, besonders der Bau
des masurisohen Kanals, wurde dureh den Ausbruch des Weltkrieges
in seinem Fortgang" gehemmt, sehr zum Kummer von ßeisses lebhafter und vorwärtstreibender Natur. Anderseits brachte der Krieg
aber auch neue Aufgaben, namentlich in der Wiederherstellung der
beim Russeneinfall zerstörten wasserbaulichen Anlagen Ostpreußens
und in denjenigen Plänen, die unter den durch den Krieg veränderten
politischen Verhältnissen den großzügigen Ausbau der ost- und westpreußischen Seehäfen zum Ziel hatten.
Anerkennung für sein Wirken wurde ihm, auch durch Verleihung
von Ordensauszeichnungen, in reichem Maße zu Teil; besonders wurde,
als man im Jahre 1907 für große Hafenbaitten an der Westküste Südamerikas einen Leiter suchte, der anfragenden fremden Regierung
neben einem anderen preußischen Fachgenossen auch Reisse genannt,
„als hervorragender, auf dem Gebiet des Seebaues besonders erfahrener
Ingenieur, der nach seiner technischen Befähigung für die in Rede
stehende Aufgabe nur empfohlen werden kann". Die Sache zerschlug
sich, weil damals auf seine Dienste in der Heimat schwer verzichtet
werden konnte
Reisse war trotz manchmal sprudelnden Wesens ein ruhig und
scharf beobachtender und klar seine Entschlüsse fassender Kopf, 'das
als richtig Erkannte festhaltend, ohne doshalb doch in Starrheit zu
verfallen. In seinem glücklichen Heim liebte er einfache Geselligkeit,
für Musik und darstellende Kunst hatte er offenen Sinn und liebevolles Verständnis, Seine Erholung fand, er, der Mann der flachen
norddeutschen Küsten, schon seit Jahren in den savoyischen Alpen
und an den Felsklippen der Bretagne; nur einem glücklichen Zufall
verdankte er es, daß ihn nebst Gattin der Ausbruch des Weltkrieges
nicht in der Normtmdie antraf und festhielt.
Anscheinend noch in voller Rüstigkeit konnte er am Ende seines
Urlaubs im Herbst 1916 mit seiner Gattin die silberne Hochzeit in der
Stille des lieblichen Friedrichsroda begehen; doch bald nach Wiederaufnahme seiner Amtstätigkeit machte sich ein bisher kaum beachtetes Leiden fühlbar, das zu neuem Urlauh zwang, um Weihnachten
bedrohlicher wurde und nach wenigen Tagen zu einem stillen und
schmerzlosen Ende führte.
Wir alle, die wir ihn kannten, schätzten und liebten, wir trauern
um den hervorragenden Fachgenossen, den aufrechten Mann und den
treuen Freund.
Brandt.
Vermischtes.
Ausblicke für die kunstteclmische Zukunft inneres Yolkes ist
der Titel einer soeben*) erschienenen beachtenswerten Flugschrift von
Professor Fritz Schumacher, dem Hamburger Baudirektor für Hochbau. Sie behandelt die Ziele der Baukunst und der ihr verwandten
Künste nach dem Kriege. Mit treffender Schärfe umschreibt der
Verfasser das, was naturgeboten kommen muß, erkennt er in dem
Einklang der sozialen, wirtschaftlichen und künstlerischen Bestrebungen diu einzig mögliche Grundlage des künftigen Schaffens, fordert
er eine gewaltige Sammlung zur Einheitlichkeit des Wollene und die
von der Sparsamkeit bedingte äußerste Schlichtheit, die sich zu
Großem: herber Strenge und echter Monumentalität durchkämpfen
muti und wird. Das sei nur durch Unterordnung des Individualismus
unter die Gesichtspunkte des Gemeinsamen, Schönen möglich. Man
liest diese in wundervoller Sprache gehaltenen Leitsätze, denn das
sind sie, mit Spannung. Weiß man doch, dali es sich um das
Glaubensbekenntnis eines Künstlers handelt, der selbst den Schritt
vom freien Schaffen in den Dienst der Allgemeinheit getan hat, dessen
zahlreiche und bedeutende Hamburger Werke bereits jene Schlichtheit und monumentale Einheitlichkeit widerspiegeln, die uns nottut.
Geistvolle Gedanken entwickelt der Verfasser, wenn er die Frage
aufwirft, welche Form unsere Kunst haben werde, wenn er warnt,
irgendwelche Gestaltungen als besonders „deutsch*- oder „germanisch"
zu bevorzugen und solchem irrtümlichen Beginnen gegenüber betont:
«Es ist nicht die Gesinnung, die man seinem Volke gegenüber hat,
was im Werke zum Ausdruck kommt, — sondern die Gesinnung, die
man seinem Werke, seinem Tun und Wirken gegenüber hat, kommt
im Volkstum zum Ausdruck". Von den einzelnen praktischen Forderungen zur Erreichung des Gewollten sei nur einer der wichtigsten
Grundsätze hervorgehoben: „Eine Verbreiterung des Bodens, auf dem
geschmackliche Werte Verständnis finden, ist für alles weitere die
Vorbedingung, hier liegt das grundlegende Stück Arbeit, das es zu
leisten gilt*.
Die Schrift wird die Aufmerksamkeit nicht nur der Fachgenossen,
sondern aller gebildeten Kreise erregen, denn sie gehört zu dem
Besten, was während des Krieges geschrieben wurde,
P. ß.
*) Ausblicke für die kunsttechniache Zukunft unseres Volkes. Von
Fritz Schumacher, Weimar 1916. Gustav Kiepenheuer Verlag. 39 S.
in 8*. Geh. IJC.
Städtebau als Gegenstand amerikanischen Hoch sehntuuterlchts.
Nach den vorliegenden Verzeichnissen der Vorlesungen in der Architekturabteilung (Faculty of Architecture) der Harvard-Universität
für die Jahre 1815/16 und 1816/17 bildet der Städtebau (City planning)
einen Teil der Gartenkunstschule (School of Landscape Architekture).
Es wird gelehrt der Städtebau als Kunst, als Wissenschaft und als
Bemf, seine Ziele und seine Beziehungen zu anderen Gegenständen;
die Städtebaubewegung; die städtebauliche Gesetzgebung; die grundlegenden Erwägungen für die praktische Planung einer modernen Stadt
(Topographie, Klima, soziale, gesundheitliche und ästhetische Gesichtspunkte); Beispiele; die Zusammensetzung des Stadtplans nach Baubezirken, Verkehrsflächen und Blockgruppeu; die Bestandteile der
Stadt (Baublöcke, Baustellen. Wohn- und Geschäftshäuser, Fahrstraßen und Fußwege, Straßenkreuzungen, Eisenbahnen und Wasserwege, Ufer für Handels- und für Erholungsanlagen, Freiflächen für
Parke und Spielplätze, Prachtstraßen, Architekturplätze, bürgerliche
und monumentale Baukunst, Baumpflanzungen usw.). Was die reine
Architektur betrifft, so werden die Städtebau-Studierenden in der
technischen und geschichtlichen Entwicklung der mittelalterlichen und
klassischen, der Renaissance und modernen Baukunst unterrichtet.
Unter den empfohlenen Handbüchern befinden sich Cadbury: Town
planning, London 1914; Olmsted: City planning, American Civic
Association 1910; Pray und Kirnball: City planning, Cambridge
Harward-Universität 1913; Robinson: Iraprovement of towns and
eitles, Neuyork 1913; Stubben: Der Städtban, Stuttgart 1907; Triggs:
Town planning past, present and possible, London 1909; Unwin:
Town planning in practice London. Ferner Bond: Gothic Architecture in England; Dehio u. v. Bezold: Kirchliche Baukunst des
Abendlandes; Durm: Die Baukunst der Griechen, der Etrusker und
Körner; Lübke: Geschichte der deutschen Renaissance und Die Renaissance in Frankreich; Viollet-W-Duc, Dictionnaire raisonnee de
Parchiteeture franvaise. Die Kenntnis des Deutschen und Französiachen wird soweit verlangt, als es nötig ist, um Werke in diesen
Sprachen lesen zu können. Unter den Professoren sind zu nennen:
James Sturgis Pray; Frederick Law Olmsted (bekannt durch seine
Arbeiten für Boston), James Ford (Wohnhausbau) und Frank Backus
Williams, Verfasser eines Reiseberichts über deutsche Staffelbauordnungen, der auf die neueste Batigesetzgebung Neuyorks von wesentlichem Einfluß war.
J. St.
Verlaf Ton Wilhelm E i n s t & Sohn, Berlin. — Für den nichtamtlichen Teil verantwortlich; Fr. Sofaultse. Berlin. — DruoJt der Buchdrucker«! Gebrüder Erugt, Berlin*
Nr. 7.