Selbstständig und Arbeitslosengeld II

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Selbstständig und Arbeitslosengeld II
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Selbstständig und Arbeitslosengeld II
Das Anfang 2005 als Ersatz für die frühere Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe für Arbeitsfähige
eingeführte Arbeitslosengeld II soll bedürftigen Menschen das Existenzminimum sichern. Als bedürftig in
diesem Sinne gilt nicht nur, wer weder Arbeit noch Vermögen noch reiche Verwandte hat, sondern auch,
wer trotz Arbeit zu wenig Geld zum Leben hat. Diesen "working poor" soll das Arbeitslosengeld II den
Verdienst auf das Existenzminimum aufstocken. Damit können grundsätzlich auch Selbstständige, die
mit ihrer Arbeit zu wenig zum Leben verdienen, als Ergänzung Arbeitslosengeld II (Alg II) beantragen.
Die wichtigsten Regelungen dazu, insbesondere was die besonderen Probleme von Selbstständigen
angeht, sind im Folgenden genannt. Wer zu den allgemeinen Regeln mehr wissen will, findet weitere
Informationen auf den Erwerbslosenseiten von ver.di und bei der Koordinierungsstelle
gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen; persönliche Beratung gibt es in den örtlichen ver.di-Büros oder
per E-Mail bei der ver.di-Erwerbslosenberatung.
Arbeitslosengeld II: das Prinzip
Damit gar nicht erst falsche Hoffnungen aufkommen, sollte man sich zunächst klarmachen, dass das
Arbeitslosengeld II einem ganz anderen Prinzip folgt als das "normale", das Arbeitslosengeld I:
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Das Arbeitslosengeld (Alg I) ist eine Versicherungsleistung. Wer Beiträge bezahlt hat und
arbeitslos wird, hat für eine bestimmte Zeit Anspruch auf dieses Geld. Je mehr er eingezahlt hat,
umso mehr bekommt er. Ob er nebenbei noch andere Einkünfte oder Vermögen hat, spielt für die
Höhe des Arbeitslosengeldes I keine Rolle.
Das Arbeitslosengeld II dagegen ist eine Sozialleistung. Es wird nur an Leute gezahlt, die
bedürftig im Sinne des Gesetzes sind. Beiträge brauchen sie nicht gezahlt zu haben – dafür wird
aber alles Geld, das ihnen sonst noch zur Verfügung steht, nach bestimmten Regeln
angerechnet. Auch eine Erbschaft, eine Steuerrückzahlung oder die Tantiemen für ein lange vor
dem Alg-II-Antrag geschriebenes Buch.
Wie "bedürftig" muss man für Arbeitslosengeld II sein?
Als monatliche "Regelleistung" (d.h. Höchstleistung) bekommen
im Westen im Osten
Alleinstehende und Alleinerziehende
345 €
331 €
(Ehe-)Partner
311 €
298 €
Kinder unter 14 Jahren
207 €
199 €
Kinder von 14 bis 17 Jahren
276 €
265 €
Hinzu kommen die tatsächlichen Kosten für Miete und Heizung – allerdings nur, sofern sie
"angemessen" sind. Außerdem gibt es Zuschläge für Schwangere, Alleinerziehende sowie unter
bestimmten Voraussetzungen für Behinderte, die aus medizinischen Gründen eine teure Diät
brauchen.
Wer neben dem Alg II noch andere Einkünfte hat, muss sich diese anrechnen lassen. Da es dabei aber
bestimmte Freibeträge gibt, kann man durchaus mehr als die oben genannten Beträge verdienen, bevor
man den Anspruch auf ergänzendes Alg II ganz verliert. Als grobe Orientierung hat erwerbslos.de
folgende Tabelle berechnet:
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Höchsteinkommen (netto) pro Haushalt für Anspruch auf ergänzendes Alg II
im Westen
im Osten
950 €
860 €
(Ehe-)Paar ohne Kind
1.360 €
1.250 €
(Ehe-)Paar mit einem Kind
1.760 €
1.600 €
(Ehe-)Paar mit zwei Kindern
2.010 €
1.860 €
(Ehe-)Paar mit drei Kindern
2.290 €
2.100 €
Alleinstehende
Bei den genannten Zahlen handelt es sich nur um grobe Richtwerte. Wer weniger verdient, sollte sich
seinen Anspruch genau ausrechnen bzw. von ver.di oder einer Arbeitslosenberatungsstelle vor Ort
prüfen lassen. Der genaue Wert richtet sich nach den tatsächlichen Miet- und Heizkosten und den
persönlichen Freibeträgen.
Diese Zahlen gelten sowohl für Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die nebenbei eine selbstständige Arbeit
aufnehmen wollen, als auch für Selbstständige, die ergänzendes Alg II beantragen wollen.
Ob und wie viel Alg II es genau gibt, hängt von drei Faktoren ab:
1. Vermögen:
Wer nichts verdient, aber viel Geld auf der Bank hat, muss dieses Geld zuerst weitgehend
aufbrauchen, bevor es Alg II gibt. Welches Vermögen erlaubt ist und welche Sonderregeln es
dabei für Selbstständige gibt, steht im Kapitel "Arbeitslosengeld II und Vermögen".
2. Einkünfte:
Wer Geld verdient, muss es sich auf den Anspruch auf Alg II anrechnen lassen. Welche
Einkünfte mit welchen Freibeträgen da berücksichtigt werden und wie das maßgebliche
Einkommen von Selbstständigen berechnet wird, steht im Kapitel "Arbeitslosengeld II, Einkünfte
und Freibeträge".
3. Bedarfsgemeinschaft:
Wer mit Partner(in) oder Kindern zusammen lebt, die gut verdienen, bekommt nichts. Für die
Berechnung des Alg II wird nicht nur der Bedarf, sondern auch das Einkommen und das
Vermögen der gesamten "Bedarfsgemeinschaft" zusammengerechnet. Ob es sich dabei um ein
Ehepaar oder eine "eheähnliche Gemeinschaft" handelt, spielt keine Rolle. Leben andere
Verwandte im gemeinsamen Haushalt, gibt es dafür möglicherweise einen Abzug vom Alg II.
Antrag und Auszahlung
Zuständig für das Arbeitslosengeld II sind in den meisten Kommunen "Arbeitsgemeinschaften" aus
Arbeitsagentur und Kommune ("Jobcenter"), manchmal arbeiten beide getrennt, manchmal ist auch nur
Kommune zuständig. Wo man im jeweiligen Ort den Antrag zu stellen hat, erfährt man bei der örtlichen
Arbeitsagentur oder beim Sozialamt.
Wer Arbeitslosengeld II bekommen will, muss zunächst einen irrsinnigen 16-seitigen Fragebogen
ausfüllen, in dem vor allem nach dem Vermögen, eventuellen anderen Mitgliedern der
Bedarfsgemeinschaft, den Einnahmen und der Wohnung gefragt wird.
Bewilligt wird das Arbeitslosengeld II dann jeweils für mehrere Monate – in der Regel für sechs.
Danach muss man einen neuen Antrag stellen. Ändern sich vorher die Lebensverhältnisse oder hat man
unverhoffte Einnahmen, von denen man bei Antragstellung noch nichts wusste, so muss man das der
Stelle, die das Alg II bewilligt hat, sofort mitteilen. Dann wird das Alg II von dem Monat an neu
berechnet, in dem die Änderung eintrat.
Gezahlt wird das Arbeitslosengeld II immer erst von dem Tag an, an dem der Antrag gestellt wird, also
niemals rückwirkend. Wer Probleme mit dem Fragebogen hat oder noch nicht alle Unterlagen
zusammen hat, kann auch erst mal einen formlosen Antrag stellen und den Fragebogen später
nachreichen.
Unter bestimmten Bedingungen – etwa wenn ein Antragesteller eine Wohnung besitzt, die er nicht
selbst bewohnt, deren Verkauf aber unwirtschaftlich wäre – besteht auch die Möglichkeit, dass das
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Arbeitslosengeld II nur als Darlehen gezahlt wird.
Rahmenbedingungen
Wer Arbeitslosengeld II bekommt, für den übernimmt der Leistungsträger die Beiträge zur gesetzlichen
Kranken- und Pflegeversicherung und führt auch Beiträge an die Rentenversicherung ab –
allerdings nur für ein Einkommen von 400 € im Monat. Wer während des Bezugs von Alg II mit einer
rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit, z.B. als Dozentin, mehr als 400 € im Monat verdient, muss
dafür zusätzlich Beiträge an die Rentenversicherung zahlen. Für Künstlerinnen und Publizisten gilt diese
Pflicht schon ab 325 € im Monat – von der Krankenversicherungspflicht über die KSK bleiben sie jedoch
befreit.
Bezüglich der Startformalitäten und der Steuer gelten die allgemeinen Regeln, die in eigenen Kapiteln
beschrieben sind.
Arbeiten darf man während des Bezugs von Alg II so viel, wie man will. Vor allem gibt es hier keine 15Stunden-Grenze wie beim Arbeitslosengeld I. Auch eine Bestimmung, dass man "dem Arbeitsmarkt zur
Verfügung stehen muss", gibt es nicht. Das Wirtschaftsministerium hat ver.di sogar zugesichert, dass
die selbstständige Arbeit von Alg-II-Empfängern gefördert werden soll. Allerdings nur, wenn sie die
Chance bietet, dass sie damit irgendwann wieder halbwegs vernünftig Geld verdienen. Wenn der
persönliche Ansprechpartner im Amt diesen Eindruck nicht hat, kann er verlangen, dass die Betroffenen
ihre selbstständige Tätigkeit aufgeben und einen anderen Job annehmen. Nach dem Gesetz wäre in
diesem Fall praktisch jede andere Tätigkeit zumutbar. Auch ein Ein-Euro-Job.
Wer aus dem Alg-II-Bezug eine selbstständige Tätigkeit neu aufnehmen will, kann als Unterstützung
dafür Einstiegsgeld bekommen.
Grundinformationen zum
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Selbstständig und Rente
Detailinformationen zum Thema
Arbeitslosengeld II und
Vermögen
Arbeitslosengeld II,
Einkommen und Freibeträge
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Quelle: www.mediafon.net//ratgeber_haupttext.php3?si=&view=print&id=434904be2e9df&lang=1&ref=
Druckdatum: 26.10.2005, 01:25:04
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