Lesen Sie hier die ganze Rede als PDF

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Abiturrede 2014
Liebe Abiturientinnen, liebe Abiturienten,
gestatten Sie nun, dass ich im Namen des Lehrerkollegiums das Wort ergreife. In kurzer
Zeit werden Sie Ihr Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife in den Händen halten, das
Ihnen Ihre grundsätzliche Studierfähigkeit bescheinigt. Hierzu möchte ich Ihnen zunächst
einmal ganz herzlich gratulieren.
Gratulieren möchte ich aber auch Ihnen,
liebe Eltern,
ohne deren Beistand, tatkräftige Mithilfe und finanzielle Unterstützung dieses Ziel
wahrscheinlich niemals erreicht worden wäre.
Bevor Sie nun, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, dieses Zeugnis feierlich überreicht
bekommen, will es die Tradition, dass ich stellvertretend für alle anderen Lehrerinnen und
Lehrer dieser Schule eine letzte Lehr-Gelegenheit ergreife und Ihnen ein paar erbauliche
Gedanken zum Geleit mit auf den Weg gebe.
Meine Aufgabe gleicht hierbei der Zusammenstellung eines Lunchpakets vor einer großen
Reise. Wir stellen uns das einmal kurz bildlich vor: Die Koffer sind gepackt. Alle für die
Abreise notwendigen Papiere liegen bereit. Und während draußen bereits das Taxi zum
Flughafen steht und der Taxameter läuft, eilt das für Ihre Nahrungsversorgung bis dahin
zuständige Familienmitglied noch einmal hektisch durchs Haus und greift hier ein Stück
frisches Obst, dort eine abgelaufene Packung Kekse oder eine verbeulte Konservendose,
damit Sie auf der vor Ihnen liegenden Reise keinen Hunger leiden müssen.
Ungefähr dies ist den kommenden zwanzig Minuten auch meine Aufgabe. Da es uns aber
im Rahmen dieser Veranstaltung leider, leider an einem richtigen Buffet mangelt, von dem
ich Ihnen dann irgendwelche Häppchen zusammensuchen könnte, und da auch die
Haltbarkeit wirklicher Lebensmittel natürlich zu beschränkt ist, um Sie für die vorliegende
„Reise ins Leben“ wirklich zu rüsten - aus all diesen Gründen möchte ich meine
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Wegzehrung lieber aus jenen Bildungsgütern auswählen, mit denen wir Sie in den
vergangenen Jahren ohnehin schon genährt haben und die Sie jeweils mehr oder weniger
bereitwillig angenommen haben.
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Nun muss – um noch einmal im Bilde zu bleiben - ein solches Lunch-Paket natürlich auch
zu demjenigen passen, der es bekommt. Kein überzeugter Vegetarier freut sich, wenn er zu
Mittag das Butterbrotpapier zurück klappt und zart rosa gebratenes Roastbeef auf seinem
Sandwich findet. Und ebenso wenig wird kein leidenschaftlicher Fleischesser in Jubel
ausbrechen, wenn sein Pausenbrot mit Rettichstücken belegt ist. Mögen sie auch noch so
liebevoll zurechtgeschnitten sein.
Insofern müssen wir, liebe Abiturientinnen und Abiturenten, zunächst einmal klären, wer
Sie eigentlich sind und welche Fragen, Ängste und Hoffnungen Sie angesichts Ihres
Schulabgangs beschäftigen - und erst dann die passende Wegzehrung für Sie auswählen.
Nun kenne ich viele von Ihnen, seit ich vor nunmehr 5 Jahren an diese Schule gekommen
bin. Um jedoch Ihren ganzen Jahrgang in den Blick zu bekommen und hier hinreichend
repräsentative Ergebnisse formulieren zu können, bedarf einer weitaus kollektiveren
Äußerung.
Eine solche findet sich – Gott sei Dank! - in Form jenes Brauchs, der unter dem Titel
„Mottowoche“ seit einigen Jahren an Berliner und Brandenburger Gymnasien heimisch
geworden ist (und damit auch an unserer Schule).
Für alle Anwesenden, die mit dem Begriff nichts anfangen können: Es ist üblich geworden,
dass die Schülerinnen und Schüler des jeweiligen Abiturjahrgangs an ihren letzten fünf
Unterrichtstagen kostümiert in der Schule erscheinen, wobei jeder Tag unter einem
anderen „Motto“ steht.
Wie uns nun der große russische Literaturwissenschaftler und Philosoph Michail Bachtin
gelehrt hat, lässt jeder Karneval (und seien wir ehrlich, die Motto-Woche ist ein Karneval)
einen tiefen Einblick in die Ängste und Leiden, Wünsche und Hoffnungen der jeweils
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feiernden Gruppe zu. Diese Ängste und Wünsche würden, so Bachtin, bei solchen karnevalesken Festen in grotesker Weise dargestellt und können dann in dieser verkleinerten
Form leichter „weggelacht“ werden.
Das sei bereits im alten Rom so gewesen, wenn im Rahmen der sogenannten Luperkalien,
einem Fest zu Ehren des Gottes Faunus Mitte Februar (also gar nicht so weit weg von den
Osterferien) nach der Auskunft einiger Quellen die Herren zum Spaß aller Anwesenden
nämlich gezwungen worden seien, einen Tag lang ihre Sklaven zu bedienen.
Ebenso sei bei den karnevalesken Festen des Mittelalters ein „Narr“ (also nach heutiger
Terminologie ein Mensch mit psychischen oder physischen Kompetenzdefizit) für einen
Tag als sogenannter „Gegen-König“ gewählt worden. Dessen Befehlen habe man zwar
einerseits folgen müssen. Anderseits sei diesem Menschen zur allgemeinen Belustigung
allerlei verbaler und tatsächlicher Unrat um die Ohren gehauen worden – stellvertretend
für alle wirklich Mächtigen, die jedoch unerreichbar und unantastbar gewesen seien. Selbst
wenn es noch so schön gewesen wäre.
(Angesichts dessen muss man sich, wie ich aus aktuellem Anlass hinzufügen möchte, fast
freuen, nur mit Wasserbomben beworfen zu werden. Aber zurück zum Thema.)
Ich möchte nun Bachtins, wie ich finde, sehr fruchtbarem Interpretationsansatz folgen und
aus der diesjährigen „Motto-Woche“ gewisse Rückschlüsse auf Ihre gegenwärtige kollektivpsychologische Verfassung ziehen, um eben dann (wie wir nicht vergessen wollen) am
Ende die für Sie passende geistige Nahrung auszuwählen.
Dass der besagte Interpretationsansatz auch in diesem Fall grundsätzlich fruchtbar ist,
zeigt bereits das Motto des ersten Tages. Hierbei sind Sie uns und ihren feixenden
Mitschülern in Schlafanzügen und Nachthemden, mit Kissen, Kuscheltieren und
Nachtlichtern bewaffnet, als „Träumer“ erschienen.
Natürlich, das will ich gar nicht leugnen, spielte dabei vordergründig auch eine Rolle, dass
Sie uns endlich zeigen wollten, als wie „einschläfernd“ Sie unsere Bemühungen um ihre
Bildung empfunden haben.
Gleichzeitig hätte man diese Kritik aber auch mit anderen Kostümen formulieren können.
Daher muss der aufmerksame Beobachter zu dem Schluss kommen, dass Sie durch die
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Wahl des Träumer-Kostüms unbewusst selbst angekündigt haben:
Wir treten nun in den folgenden fünf Tagen in die Welt des Traums ein – einen Bereich
also, der nach den Worten eines anderen höchst einflussreichen Denkers – nämlich
Sigmund Freud – von den Lustgefühlen erfüllter Wünsche ebenso bestimmt ist wie von
den Unlustgefühlen empfundener Bedrohungen und Zwänge. (Durch das Motto des ersten
Tages haben Sie also selbst den Schlüssel zur Deutung der Mottowoche geliefert.)
Wie sehr es bei Ihrem Karneval tatsächlich um existenzielle Themen gegangen ist, zeigt
denn auch das Motto des Mittwochs der besagten Woche, bei dem Sie als „Kinder
und Rentner“ die Spanne eines ganzen Lebens ausgemessen haben. Hierbei ist
insbesondere interessant, dass der Bereich zwischen der Kindheit (die sie nun
wahrscheinlich endgültig verlassen haben) und dem in ferner Zukunft liegenden
Lebensabend gerade nicht thematisiert wird, also offenbar noch ein Bereich ist, der, wie
wir gleich sehen werden, zwar Hoffnungen und Ängste erzeugt, letztlich in Ihrer
Vorstellung aber noch ein unbeschriebenes Blatt ist.
Flankiert wurde dies von zweierlei Lebensperspektiven, die Sie meinem Eindruck nach mit
besonders viel Hingabe ausgespielt haben. Dies kann man als klaren Hinweis darauf
deuten, dass hier eine besondere große (gewünschte oder befürchtete) Differenz zu ihren
tatsächlichen Lebenswünschen besteht, eine Differenz, angesichts derer es besonders viele
Gelegenheit gab „abzulachen“.
Beginnen wir mit dem Dienstag, der unter der Überschrift der „Hippies“ gestanden hat.
Natürlich dürfte keineR von Ihnen ernsthaft daran denken, den rosa Träumen jener
jungen Menschen zu folgen, die in den späten 1960er Jahren Konsumverzicht, drogeninduzierte Selbsterfahrung und freie Liebe propagierten. (Obwohl die letzte Woche ja
gezeigt hat, dass die Farbe Rosa Ihren Jahrgang offenbar eine ganz erhebliche Bedeutung
hat.) Und doch: Die Begeisterung, mit der Sie sich vor den Osterferien Blumenkränze ins
Haar geflochten haben, Räucherkerzen entzündet haben und zu „California Dreaming“
gegen dreiviertel neun dann doch einmal im Unterricht vorbei geschaut haben, all das
scheint zu verraten, dass die Abkehr von Zweckrationalität und Leistungsdenken
zumindest eine gewisse Attraktivität für Sie hat – was vielleicht gar kein Wunder ist
angesichts eines stets gehetzten G8-Abiturs, eines ebenso gehetzten Credit-Point-Systems,
das Sie im Studium erwarten wird, der (zumindest noch) zweifelhaften Verwertbarkeit des
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Bachelor-Abschlusses sowie einer nach wie vor begrenzten Anzahl an MasterStudienplätzen.
Dass Sie diesem Ruf nach Ausstieg, Drogen und freier Liebe wahrscheinlich nicht folgen
werden (was Sie, liebe Eltern, sicherlich zutiefst beruhigt), davor steht weniger die
Tatsache, dass es am Strand von Goa wahrscheinlich kein WLAN gibt. Vielmehr dürfte der
Grund in den ebenfalls in der Mottowoche von Ihnen lachend ausagierten Ängsten zu
suchen sein, z.B. den Ängsten vor einem sozialen Abstieg.
Auf der anderen Seite steht nämlich das Motto des Donnerstags, der „Asi“. Auch hier
bedarf es zunächst der terminologischen Klärung. „Asi“ steht natürlich – fast möchte man
sagen: liebevoll - für den „Asozialen“, also jenen Begriff, mit dem in den finstersten Zeiten
der deutschen Geschichte jene Menschen ausgegrenzt wurden, die den herrschenden
ideologischen Vorstellungen von „Anstand und guten Sitten“ widersprachen (also ledige
Mütter, Obdachlose, Homosexuelle, Sucht- oder psychisch Kranke etc. pp.). Auch heute
noch bezeichnet der „Asi“ - zumindest im Lichte Ihrer Darstellungen mit dickem Bauch,
Trainingsanzügen, fettigen Haaren, ALDI-Tüten und der unvermeidlichen Bierpulle offenbar jene Menschen, die in Kleidung und Körperpflege, Gesundheitsbewusstsein, Verhalten und finanziellen Erfolg nicht dem gesellschaftlich anerkannten Bild entsprechen.
Gemäß einer Logik des Markterfolgs, der das eigene bildungsmäßige, gesellschaftliche,
berufliche und finanzielle Fortkommen lediglich als Zeichen des eigenen Könnens deutet
und nicht – zumindest auch – als Ergebnis einer günstigen Ausgangsposition (liebevoller
und sorgender Eltern zum Beispiel, frühkindlicher Förderung oder, wo es nötig ist, auch
ausführlichen Nachhilfeunterrichts), nach dieser Logik also muss der „Asi“
notwendigerweise an seiner Situation selbst schuld sein. Und dies gibt dann, da man sich
ja offenbar deutlich vom „Asi“ unterscheidet und somit zu den Gewinnern zählt,
hinreichenden Anlass zu ausführlichem Triumph-Gelächter.
Und doch: Die große „Freude“ am „Asi“-Spielen , den zumindest eine Reihe von Ihnen an
jenem Donnerstag vor den Osterferien hatte, lässt sich mit „Triumph“ allein nicht erklären.
Vielmehr scheint es, als spiele hierbei auch eine gewisse Form von Erleichterung eine
Rolle.
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Über diese Erleichterung sagt Freud im Rahmen seiner Theorie des Witzes, dass sie
entsteht, wenn bestehende Ängste (also ein gewisser mentaler Druck) zumindest zeitweise
außer Kraft gesetzt werden. Die hierbei freiwerdende mentale Energie werde dann (in
Form von Gelächter) nach außen „abgeführt“. Das heißt, indem Sie den „Asi“ spielen,
können Sie sich zumindest für den Moment sicher sein, keine oder keiner zu sein, und das
kann man im beschriebenen Sinne „zum Lachen“ finden.
Insofern verrät aber Ihr Lachen im Umkehrschluss, dass die Möglichkeit, selbst ein „Asi“
zu werden, also den vielfältigen beschriebenen Anforderungen nicht gerecht zu werden,
zumindest als kleine Angst in den Tiefen Ihrer Seele ruht.
Das ist keineswegs so weit hergeholt. Angesichts einer globalisierten Wirtschaft und damit
einhergehender, immer aggressiver werdender Verteilungskämpfen um Arbeitsplätze und
Ressourcen, eines schrittweisen Verschwindens der Mittelschicht, schließlich eines
hypertrophen Finanzsystems, dass uns bereits 2007 schon einmal um die Ohren geflogen
ist, ist die Gefahr, von heute auf morgen wirtschaftlich abzusteigen und zum „Asi“ zu
werden, durchaus gegeben.
(Von der Zuspitzung der ökologischen Situation, deren Ausläufer wir bereits jetzt in Form
regelmäßiger sommerlichen Flutkatastrophen erleben müssen, will ich an dieser Stelle gar
nicht ausführlich sprechen.)
Dass Sie wahrscheinlich um die latente Gefahr eines solchen Absturzes wissen, zeigt auch
die Wahl des letzten Mottos. Dieses lautete: „Die Zwanziger Jahre“. Natürlich kann
man auch für die Wahl dieses Mottos und die damit verbundenen Kostüme (Abendkleider
und Federn im Haar für die Damen, Anzug und Fliege für die Herren) vordergründige
Anlässe ausmachen.
Auf der Betrachtungsebene der Ästhetik zum Beispiel könnte man das Motto auch als den
Versuch begreifen, die eigene Vorstellung möglichst optisch gefällig zu beenden. Das ist
dann ungefähr so wie in der Zeichentrick-Serie „Bugs Bunny“, an deren Ende der
titelgebende Hase und sein Freund Daffy Duck noch einmal im Frack auf die Bühne treten,
um zu singen, wie wundervoll doch das Publikum gewesen sei.
Allerdings wissen wir spätestens seit der Fernsehserie „Mad Men“, dass auch die 1960er
Jahre cool und elegant sein konnten. Es hätte also keineswegs unbedingt der Wahl einer
Zeit bedurft, die – wie Sie sicherlich noch aus Ihren Geschichtskursen wissen - durch eine
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erhebliche Zerbrechlichkeit gekennzeichnet ist und deren unzweifelhafte kulturelle Blüte
vor dem Absturz in die anschließende Barbarei des Nationalsozialismus besonders gülden
leuchtet.
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Nachdem wir nun also ein hinreichend deutliches Bild davon gewonnen haben, was Ihren
Abiturjahrgang zumindest zu einem großen Teil bewusst oder unbewusst bewegt, können
wir nun zum eigentlich „nahrhaften“ Teil dieser Rede übergeben. Tatsächlich stellt sich die
Frage: Wie reagieren Sie angemessen auf diese vor Ihnen liegende Situation?
Bei genauerer Betrachtung offenbaren sich zwei unterschiedliche Ansätze. Diese möchte
ich nun abschließend kurz umreißen. Eine endgültige Beurteilung wird dann natürlich Ihre
Sache sein, wobei ich Ihnen die Urteilskriterien „Nachhaltigkeit“ und „Glücksempfinden“
empfehlen möchte.
Den ersten dieser Lebensentwürfe möchte ich gerne mit dem Begriff des „affirmativen
Lebens“ bezeichnen. Er beinhaltet zumindest eine vordergründige Unterwerfung unter die
Anforderungen der Leistungsgesellschaft – eine Unterwerfung, die freilich nur so weit
geht, wie es den eigenen Zielen nützt – beispielsweise den erfolgreichen Abschluss eines
Grundkurses mit der von Ihnen bereits im Vorfeld errechneten, notwendigen Punktsumme
oder auch - in Zukunft – dem Erreichen eines Studienabschlusses, der maximale
finanzielle Verwertbarkeit garantiert.
Natürlich kann sich dieser Ansatz des Wohlwollens der Leistungsgesellschaft sicher sein
und begründete Hoffnung darauf erheben, im Ausgleich für die vollzogene Unterwerfung
die versprochenen Belohnungen zu erhalten (ein Abiturzeugnis, einen Studienabschluss,
einen sogenannten „guten Job“, ein Haus, ein Boot, einen Wunschpartner, eine private
Rentenversicherung, ein profitables Aktienportfolio – alles eben, worüber ein „Asi“
wahrscheinlich nicht verfügt.)
Gleichzeitig bleibt die Frage, welcher Preis hierfür zu zahlen ist, und wenn Sie nun in einer
halben Stunde mit Ihrem Zeugnis in der Hand diese Schule verlassen, möchte ich Sie
bitten, sich zu fragen, in welchen Momenten Ihrer Schulzeit Sie sich tatsächlich „ganz“ und
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„glücklich“ gefühlt haben:
a) in jenen Phasen nach dem Notenschluss oder nach einer Klausur, wenn die
vorangegangene Anspannung der Lethargie und nicht selten sogar einer gewissen
Aggressivität gewichen ist,
b) oder in jenen (eher seltenen) Momenten, in denen Sie die vordergründigen Ziele
vielleicht einmal aus den Augen verloren haben, um ganz in Ihrer Tätigkeit aufzugehen,
zum Beispiel beim Zeichnen eines Bildes, dem Proben an einem DS-Stück oder dem
Verfassen einer Seminarkursarbeit.
Dieses „Einlassen auf einen gegenwärtigen Zustand“ – und nicht der Hippie-mäßige
Ausstieg – ist denn auch das zweite Modell, das ich Ihnen zur Beurteilung vorlegen
möchte. Zwar wird man als negatives Argument einwenden können, dass man viele der
Ziele, auf die es heute ankommt, auch mit geringer Mühe (und vielleicht sogar schneller)
erreichen kann.
Auf der anderen Seite steht die Frage, ob diese „Mühe“, dieses Gefühl, seine Aufgabe so gut
wie nur möglich gemacht zu haben, nicht letztlich auch einen eigenen Wert haben kann.
Einen Wert, der, wie ich ergänzen möchte, einen zwar nicht zwangsläufig vor
wirtschaftlichen oder sonstigen Wechselfällen des Lebens bewahrt, der Sie aber vielleicht
so stärkt, dass Sie diesem etwas gelassener begegnen können.
Hiermit habe ich mein „Lunchpaket“ fertig eingewickelt. Egal, für welches Modell Sie sich
nun in Zukunft „begründend gewichtend“ entscheiden: Ich wünsche ich Ihnen nicht nur
alles Gute auf Ihrem weiteren Lern- und Lebensweg, sondern auch fröhliches Kauen und
guten Appetit!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Matthias Klesse, Juli 2014
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