Ergänzung zum Kapitel Messtechnik im Kabelnetz

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Ergänzung zum Kapitel Messtechnik im Kabelnetz
Ergänzung zum Kapitel Messtechnik im Kabelnetz-Handbuch,
5. Auflage von 2009
Das Kapitel 7.3.4 Implusreflektometer im Kabelnetz-Handbuch ist überarbeitet worden und es wird in der nächsten Auflage des Kabelnetz-Handbuchs durch den neuen
Text ersetzt werden.
Den Nutzern der aktuellen 5. Auflage steht dieser überarbeitete Text auf den nachfolgenden Seiten zur Verfügung.
Ergänzung zum KNH Kapitel 7
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7.3.4 Impulsreflektometer
7.3.4.1Grundlagen
Bei einem Impulsreflektometer wird das Echo eines ausgesendeten HF-Impulses gemessen. Aus der
Größe des empfangenen reflektierten Impulses wird der Wert und aus der Zeitspanne zwischen Aussendung und Empfang, der Ort der Fehlanpassung bestimmt.
Messungen mit dem Impulsreflektometer dienen zur Fehlersuche und Störstellenanalyse bei langen
und schlecht zugänglichen Leitungen. Dabei werden die Leitungen auf Abweichungen ihres Wellenwiderstandes Z X vom nominellen Wellenwiderstand Z0 überprüft, und das Ergebnis wird in Bezug auf
die Leitungslänge dargestellt. Physikalisch wirkt jede Abweichung des Wellenwiderstandes Z X von Z0
innerhalb einer Leitung wie eine Stoßstelle, an der sich die Bedingungen für die Energieausbreitung in
der Leitung ändern. Die Folge davon ist die Reflexion eines Teils der sich ausbreitenden Energie. Diese
Reflexionen werden mit einem Impulsreflektometer erfasst und auf die Impulslaufzeit (Kabellänge) bezogen dargestellt. Im Kapitel 4.5 „Koaxialkabel“ sind die Themen Anpassung und Rückflussdämpfung
ausführlich dargestellt und sollen deshalb hier nicht wiederholt werden.
Signalreflexionen in Kabelnetzen erscheinen im analogen Fernsehbild als „Geisterbilder“, stören den
Videotext (falsche oder fehlende Zeichen) und können bei digitaler Übertragung (DVB) den Empfang
eines oder mehrerer Transponder (Programmpaket innerhalb eines Übertragungskanals) vollständig
stören.
Abbildung 7.1: Funktionsschaltbild eines Impulsreflektometers
Die Ursachen für Reflexionen sind meist beschädigte Koaxialkabel, lose oder falsch montierte Kabelarmaturen, nicht normgerechte Komponenten (Stecker, Kabel, Verteiler, Abzweiger, Verstärker) oder
fehlerhafter Netzaufbau bzw. Projektierungsfehler.
Ein Impulsreflektometer erzeugt kurze Spannungsimpulse, die in das zu prüfende Kabel eingespeist
werden. Diese Impulse breiten sich im Kabel aus und werden von Störstellen im Kabel reflektiert. Die
reflektierten Impulse gelangen zum Reflektometer zurück, werden verstärkt und auf einem Display
grafisch dargestellt. Die Laufzeit des Impulses vom Reflektometer zur Störstelle und zurück wird gemessen und liefert eine Aussage über die Entfernung der Störstelle vom Reflektometer. Da die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Impulses abhängig ist vom zu messenden Kabeltyp, muss zur Ermittlung der
korrekten Entfernung ein vom Kabeltyp abhängiger Korrekturwert, der so genannte Verkürzungsfaktor,
in die Berechnung einbezogen werden. Der Verkürzungsfaktor ist das Verhältnis der Impulsausbreitungsgeschwindigkeit im Kabel zur Impulsausbreitungsgeschwindigkeit im Vakuum (Lichtgeschwindigkeit). Der Wert ist immer kleiner als 1.
Folgende Richtwerte können angenommen werden:
‰‰ Elektrokabel
0,49 – 0,57
‰‰ Koaxialkabel mit Volldielektrikum PE
0,66 – 0,68
‰‰ Koaxialkabel mit Schaumdielektrikum PE
0,77 – 0,85
Impulsreflektometer für elektrische Leitungen werden auch als Time Domain Reflectometer (TDR) bezeichnet, weil die Messung im Zeitbereich erfolgt. Impulsreflektometer werden auch zur Messung optischer Übertragungsstrecken eingesetzt. Hier werden jedoch anstelle elektrischer Impulse optische Impulse genutzt. Diese Geräte werden dann als Optical Time Domain Reflectometer (OTDR) bezeichnet.
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7.3.4.2Auswahlkriterien für ein Impulsreflektometer
Obwohl das Funktionsprinzip bei allen TDR gleich ist, wird eine große Typenvielfalt für die unterschiedlichsten Anforderungen angeboten. Hauptunterscheidungsmerkmale sind:
‰‰ Messbereich, Auflösung und Genauigkeit
‰‰ Dynamikbereich
‰‰ Bereich der Verkürzungsfaktoren
‰‰ Impedanz
‰‰ Größe und Gewicht
‰‰ Stromversorgung
Mit dem Reflektometer können nur passive Netzbereiche gemessen werden. Eine Messung über Verstärker hinaus ist nicht möglich. Daraus lässt sich bereits eine Aussage über den Längenmessbereich
ableiten, der in der Regel in Koaxialnetzen 500 m nicht überschreiten dürfte. Die Messgenauigkeit ist
abhängig von der Homogenität des zu messenden Kabels und der Länge des Messimpulses. Kurze Impulse liefern eine höhere Genauigkeit, haben jedoch durch ihre geringere Energie eine kürzere
Reichweite. Deshalb kann bei den meisten Reflektometern die Impulsbreite umgeschaltet werden, kurze Impulse mit hoher Genauigkeit für geringe Kabellängen, längere Impulse mit geringerer Genauigkeit
für große Kabellängen.
In der Regel ist die Impulsspannung kleiner als 10 V bei einer Impulsdauer von 1 ns bis 100 ns. Bei
einfachen Messgeräten wird eine Messgenauigkeit von 0,4 % bis 1 % des Messbereichs erzielt.
Da der Impuls auf seinem Ausbreitungsweg bedämpft, an der Störstelle nur ein Teil der Energie reflektiert und dieser reflektierte Impuls auf seinem Rückweg ebenfalls noch einmal gedämpft wird, muss der
vom Reflektometer empfangene Impuls verstärkt werden. Das maximale Verhältnis der Spannungen
des Sendeimpulses zum Empfangsimpuls wird als Dynamik bezeichnet und liegt bei einfachen Geräten
bei etwa 40 dB. Die mit hochwertigen Reflektometern erreichbare Dynamik liegt bei etwa 50 dB, ist
jedoch für die Fehlersuche nur selten erforderlich. Für Messungen von Rückflussdämpfungen größer
50 dB werden andere Messverfahren eingesetzt. Die Kosten der dafür eingesetzten Messgeräte sind
jedoch sehr hoch.
7.3.4.3Praktischer Einsatz
Die Messung mit dem Impulsreflektometer erfordert das Auftrennen der Übertragungsstrecke und führt
somit zwangsläufig zum Ausfall aller Dienste während der Messung.
Achtung ! Messungen nur an spannungsfreien Kabeln durchführen. Die Eingänge der Reflektometer
sind meist nicht spannungsfest. Eine Überschreitung der zulässigen Fremdspannung am Eingang (z.B. Fernspeisespannung auf dem zu messenden Kabel) führt unweigerlich zur Zerstörung des Messgerätes!
Je nach Messgerät muss vor Beginn der Messung – wegen der von der Kabelkonstruktion abhängigen
Ausbreitungsgeschwindigkeit – der Typ des zu messenden Kabels eingestellt werden. Einige standardisierte Kabelwerte sind bei einigen Messgeräten abgespeichert. Ist der Kabeltyp nicht bekannt, kann
der Verkürzungsfaktor auch direkt eingegeben werden.
Tabelle 7.2: Verkürzungsfaktoren
Tabelle 7.2 enthält Verkürzungsfaktoren von Kabeltypen,
wie sie in der BK-Technik eingesetzt werden.
Kabeltyp
v/2
VOP
Für die Anzeige und Eingabe der Verkürzungsfaktoren
1iKx, 1hKx, 1kKx
99 m/µs
66 %
gibt es zwei Formate. VOP (Velocity of Propagation, dt.
Geschwindigkeit der Ausbreitung) und v/2.
1nKx, 1qKx, 1sKx 132 m/µs
88 %
VOP gibt die relative Geschwindigkeit gegenüber der
Ausbreitungsgeschwindigkeit c0 im Vakuum in Prozent an. Der VOP-Wert für die Impulslaufzeit wird
auch als Verkürzungsfaktor des Kabels bezeichnet.
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Mit v/2 wird die halbe Ausbreitungsgeschwindigkeit des Impuls im Kabel in der Dimension m pro µs
angegeben. Weil der an der Fehlerstelle reflektierte Impulsanteil die Kabelstrecke bis zur Detektion am
Kabelanfang zweimal durchlaufen hat, berücksichtigt v/2 nur die einfache Strecke des Kabels bis zur
Störstelle. In Deutschland wird üblicherweise mit v/2 gearbeitet.
Für die Umrechnung gilt:
v /2 =
c0 ⋅ VOP
2
Eine Beispielrechnung für das Kabel 1iKx aus der Tabelle 7.2:
v /2 =
2,997925 ⋅ 108
2
m
⋅ 66%
m
m
m
s
= 9,893 ⋅ 1013 = 98,93
≈ 99
s
µs
µs
Das Reflektometer wird über ein kurzes Adapterkabel mit dem Prüfling – das ist die zu messende Kabelstrecke – verbunden. Nach dem Einschalten der Messung ist auf dem Display links ein großer positiver Impuls
zu sehen – der Sendeimpuls. Rechts von diesem Impuls erscheinen die Reflexionen,
die durch Fehlanpassungen im Prüfling entstehen.
Abbildung 7.2: Impulsreflektometer-Anzeige
Bei Verringerung des Wellenwiderstandes (bis zum Kurzschluss) entstehen negative Antwortimpulse
, bei Vergrößerung des Wellenwiderstandes (bis zum offenen Kabel) entstehen positive Antwortimpulse
. Die Größe der Impulse ist proportional zur Abweichung vom nominalen Wellenwiderstand.
Bei den meisten Reflektometer-Geräten werden zur Entfernungsmessung zwei Marken verwendet. Die
erste wird links auf den Sendeimpuls gestellt und die zweite Marke auf den Echoimpuls. Der Abstand
von Marke
zur Marke
gibt die Entfernung zur Reflexionsstelle an. Die Kabellänge bis zur Störstelle kann nun direkt im Display
abgelesen werden.
Es ist zu beachten, dass der Sendeimpuls am Ausgang des Messgeräts angezeigt wird. Wird die Entabgelesen ohne das die Marke
verschoben wird, gilt das Messergebnis
fernung an der Marke
einschließlich des Messkabels. Diese Länge muss von der ermittelten Entfernung abgezogen werden.
Die richtigen Einstellungen für die Impulsverstärkung und des Zooms sind notwendig, um interpretierbare Ergebnisse zu erhalten.
In Abhängigkeit vom verwendeten Gerätetyp weisen die Störstellen charakteristische Impulsformen
im Display auf. Ein erfahrener Anwender ist somit in der Lage zu erkennen, ob die Reflexionen durch
Kabelschäden, Kabelverbinder oder passive Komponenten (Verteiler, Abzweiger, TAD o. ä.) hervorgerufen werden. So lassen sich beispielsweise mit einem Reflektometer sehr gut Manipulationen in der
NE4 nachweisen, wenn in Stichleitungen zusätzliche Abzweiger eingebaut wurden.
Die Abbildung 7.3 zeigt die prinzipiellen Verläufe der Impulsantworten bei unterschiedlichen Beschaltungen eines Kabels.
Wenn die Möglichkeit besteht, sollte die Messung zur Lokalisierung von Fehlerstellen von beiden Enden
der Übertragungsstrecke aus erfolgen, um die Genauigkeit der Fehlerlokalisierung zu erhöhen.
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Abbildung 7.3: Prinzipielle Impulsantwort-Verläufe bei unterschiedlichen Beschaltungen
Die Bildschirmdarstellungen in Abbildung 7.4 bis Abbildung 7.9 zeigen verschiedene Messergebnisse,
wie sie in der Praxis auftreten können.
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Abbildung 7.4: Beispielkurve für eine offene Stelle in 54 m Entfernung
Abbildung 7.5: Beispielkurve für einen Kurzschluss in 34 m Entfernung
Abbildung 7.6: Beispielkurve für teilweise offene
Stelle in 26 m Entfernung, Kabelende offen
Abbildung 7.7: Abnehmende Reflexionen durch
Kabeldämpfung, defekter Abzweig am Cursor 2
Abbildung 7.8: Niedrige ImpeAbbildung 7.9: Kabelmuffe mit geringfügig
danz in 28 m, offenes Kabelende
höherer Impedanz im Abstand von 16 m
Die meisten Reflektometer ermitteln zusätzlich die Rückflussdämpfung ar der gemessenen Kabelstrecke,
indem die Spannungsamplitude des eingespeisten Impuls mit der Amplitude des rücklaufenden Impuls
verglichen wird.
ar = −20lg
U0
dB
UR
Wegen der amerikanischen Herkunft vieler Messgeräte, werden die Angaben nicht immer ISO-konform
angegeben, sondern häufig in der Definition und Schreibweise des Heimatmarktes. Für ar findet man
deshalb auch folgende Festlegung:
dBRL = 20lg
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V0
dB
VR
Zu beachten ist, dass der dBRL-Wert am Eingang des Messgeräts bestimmt wird. Für die Rückflussdämpfung der Fehlerstelle muss die zweifache Kabeldämpfung vom Messgeräteausgang bis zur Fehlerstelle abgezogen werden. Wenn zwischen Messgeräteausgang und der gemessenen Fehlerstelle
Abzweiger oder Verteiler eingebaut sind, müssen diese Durchgangsdämpfungen ebenfalls doppelt eingerechnet werden. Der korrigierte Messwerte für die Fehlerstelle ergibt sich somit in folgender Weise:
ar, korrigiert = ar, Messwert − 2 ⋅ aKabel − 2 ⋅ aVerteiler, Abzweiger
Impulsreflektor-Messgeräte erlauben die Messung mit unterschiedlichen Impulsbreiten. Von der Wahl
der Impulsbreite hängt die maximale Messlänge und die Auflösung der Anzeige ab.
Für die Impulsbreite wird die Halbwertsbreite angegeben. Das
ist der Wert für die Differenz zwischen den beiden Argumentwerten, für welche die Funktionswerte auf die Hälfte des Maximums abgesunken sind (Abbildung 7.10). Am Fußpunkt der
Kurve ist der Impuls entsprechend breiter.
Abbildung 7.10: Halbwertsbreite
Um ein Echo am Messeingang registrieren zu können, muss
der Sendeimpuls an der Messstelle abgeklungen sein und das
Echosignal muss das Messgerät vor dem Senden des nachfolgenden Impuls erreicht haben. Aus diesen Forderungen ergeben sich Bedingungen für Impulsbreiten und Messlängen.
In Tabelle 7.3 sind die maximalen Messentfernungen für ein
Koaxialkabel mit einen v/2 von 124 m/µs des Geräts Riser
Bond RB1205CXA angegeben.
Tabelle 7.3: Impulsweite
und Messentfernungen
Entfernung bei
v/2 = 124 m/µs
Bei anderen Verkürzungsfaktoren ergeben sich andere Entfernungen.
0,9 ns
180 m
2 ns
590 m
25 ns
1970 m
100 ns
3940 m
500 ns
5900 m
Je größer die Halbwertsbreite, um so mehr Energie wird übermittelt und um so weiter kann sich der Impuls entlang des Kabels ausbreiten. Um so höher ist auch das empfangene Echo
am Messeingang. Mit steigender Halbwertsbreite wird aber
auch die Auflösung benachbarter Stoßstellen erschwert. Die
Halbwertsbreite eines 2-ns-Impulses belegt in einem Kabel mit
den Daten der Tabelle 7.3 eine Strecke von 49 cm, ein Impuls
mit 500 ns, eine Strecke von 124 m.
Impulsweite
Die Impulsbreite ist auch entscheidend für die Beurteilung aufeinanderfolgender Fehler entlang eines
Kabels. Man spricht hier von toter Zone oder vom Überdeckungsbereich.
Der Überdeckungsbereich gibt den kleinstmöglichen Abstand von Reflexionsstelle an, die mit dem
ausgewählten Impuls noch von einander getrennt angezeigt werden können. Tabelle 7.4 gibt den Mindestabstand für die Betrachtung von zwei Ereignissen bei zwei verschiedenen Verkürzungsfaktoren.
Tabelle 7.4: Überdeckungsbereich
Halbwertsbreite
des Impulses
v/2=100 m/µs
Mindestabstand
zweier Ereignisse
v/2=132 m/µs
Impulslänge
im Kabel
Mindestabstand
zweier Ereignisse
Impulslänge
im Kabel
0,9 ns
9 …. 18 cm
18 cm
12 … 24 cm
23,7 cm
2 ns
20 … 40 cm
40 cm
26 … 52 cm
52,8 cm
25 ns
2,5 … 5 m
5m
3,3 … 6,6 m
6,6 m
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