V Geschlechterverhältnisse im Bildungssystem – Eine Zwischenbilanz

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V Geschlechterverhältnisse im Bildungssystem – Eine Zwischenbilanz
In: Rolff, H.-G./ Bauer, K.-O./ Klemm, K./ Pfeiffer, H. (Hg.): Jahrbuch der Schulentwicklung Bd. 10, Weinheim 1998, 163-199.
Hannelore Faulstich-Wieland, Elke Nyssen
V
Geschlechterverhältnisse im Bildungssystem – Eine Zwischenbilanz
1 Einleitung
2
2 Zur Situation von jungen Frauen und Männern im allgemeinbildenden und beruflichen Bildungssystem
- statistische Daten
3
2.1 Bildungswege von jungen Frauen und Männern am Ende der Sekundarstufe I
3
2.2 Geschlechterdifferenzen in der Sekundarstufe II
5
2.3 Junge Frauen und Männer in der beruflichen Ausbildung
8
2.4 Studium und Geschlecht
10
2.5 Fazit zur statistischen Zwischenbilanz
12
3. Schulische Modellversuche zur Förderung der Chancengleichheit von Mädchen und Jungen
14
3.1 "Mehr Mädchen in Naturwissenschaften und Technik" - Einfluß der Lehrkraft auf Erfolg oder Mißerfolg19
3.2 "Ohne Jungs ganz anders?" - Bedeutung des "Umfeldes"
20
3.3 Koedukation im Physikunterricht - "mädchengerechte" Didaktik als Lösung
22
3.4 Mathematik und Technikunterricht – Wichtigkeit von Schulkultur, Monoedukation und Vorbildfunktion 23
3.5 Zwischenfazit
25
4. Schule und Berufsorientierung
26
4.1 "Zur Förderung von Selbstfindungs- und Berufsfindungsprozessen von Mädchen in der Sekundarstufe I"27
4.2 "Berufsorientierung und Lebensplanung von Mädchen und Jungen"
29
4.3 Fazit
30
1
5. Perspektiven
31
Literatur
32
1
Einleitung
Vor nahezu 15 Jahren haben wir an eben dieser Stelle, nämlich im Jahrbuch der
Schulentwicklung Band 3, eine Bilanz über damals 20 Jahre Bildungsentwicklung gezogen
(Faulstich-Wieland/ Horstkemper/ Tillmann/ Weißbach 1984). Wir haben gefragt, wie sich die
geschlechtsspezifische Bildungsbeteiligung in der Bundesrepublik entwickelte und in welchem
Maße die Benachteiligungen der Mädchen aufgehoben wurden. Die damalige Bilanz fassten wir
im Titel "Erfolgreich in der Schule, diskriminiert im Beruf" zusammen. Die Benachteiligung der
Mädchen konnten wir auf drei Ebenen festmachen:
"Zum ersten sind (den Mädchen) weite Felder der beruflichen Ausbildung - vor allem im gewerblichtechnischen Bereich - praktisch verschlossen. Zum zweiten ist das Feld traditionell-weiblicher
Ausbildung quantitativ beschränkt und führt teilweise nur zu minderqualifizierenden Abschlüssen auf
der Basis zweijähriger Kurzausbildungen. Zum dritten schließlich geraten die Mädchen in dem
verhältnismäßig kleinen Bereich, der für beide Geschlechter zugänglich ist, in harte Konkurrenz zu
den Jungen, die selbst bei schlechteren Schulnoten gelegentlich vorgezogen werden" (ebd., S. 132).
Die neue Frauenbewegung hat mit ihrem Engagement den Ansprüchen der Frauen auf Berufsund Erwerbschancen zu einer breiten Öffentlichkeit verholfen. Dabei wurde die Verantwortung
der allgemeinbildenden Schule keineswegs außen vor gelassen: Die Tatsache, daß Schülerinnen
zwar die besseren Abschlüsse machten, dann aber ihre Vorteile nicht in anschließenden
Berufsausbildungen und Studien verwerten konnten, ließ engagierte Wissenschaftlerinnen und
Lehrerinnen fragen, ob nicht bereits in der Schule subtile Benachteiligungen vorlägen. Ein
Schwerpunkt solcher Diskriminierungen wurde in der geringen Teilhabe der Mädchen und
jungen Frauen an naturwissenschaftlichen und technischen Qualifizierungen gesehen. Wann
immer Wahlmöglichkeiten existierten, tauchten die Schülerinnen entweder in entsprechenden
Angeboten nicht mehr auf oder sie verschwanden allmählich aus ihnen. Dabei wurde von einem
engen Zusammenhang zwischen der Abwahl naturwissenschaftlich-technischer Kurse und dem
Berufswahlverhalten der Mädchen ausgegangen.
Die Kritik an diesen Mißständen führte dazu, in Modellversuchen zu erproben, wie hier Abhilfe
zu schaffen sei. Die Modellversuche konzentrierten sich entsprechend der vorgenommenen
Kritik vor allem auf zwei Bereiche:
• Zum einen ging es darum, mehr Schülerinnen für mathematisch-naturwissenschaftlich-technische
Fächer zu interessieren.
• Zum anderen sollten sie in ihren Berufswahlprozessen unterstützt werden mit dem Ziel, ein breiteres
Berufswahlspektrum zu entwickeln.
Die Bemühungen der neuen Frauenbewegung nehmen wir zum Anlaß,
•
in einer erneuten Zwischenbilanz zunächst einmal zu prüfen, ob sich seit unserer Analyse der
Bildungs- und Ausbildungssituation von jungen Frauen von 1984 grundlegende Änderungen ergeben
haben und
•
die durchgeführten Modellversuche aus den o.g. Bereichen daraufhin zu sichten, ob und wie sie ihre
Zielsetzungen, die naturwissenschaftlich-technischen Interessen und Potentiale der Mädchen zu
erweitern und die Schülerinnen in ihrer Berufsfindung zu unterstützen, realisiert haben.
Zwar besteht keine unmittelbare Verbindung zwischen den Daten der allgemeinen
Bildungsstatistik und den Ergebnissen von Modellversuchen, die Modellversuche lassen sich
jedoch indirekt als Reaktion der Schule auf die statistischen Daten zu den Leistungs-, Studien-,
und Berufs"wahlen" der jungen Frauen interpretieren. Wir fragen deshalb danach, welche
2
Möglichkeiten die Schule hat, um geschlechterbezogenen Ungleichheiten entgegenzusteuern,
wie tragfähig die schulischen Anstrengungen sind und welche zukünftigen Perspektiven für
Mädchen- und Jungenförderung erkennbar/wünschenswert/notwendig sind.
2
Zur Situation von jungen Frauen und Männern im allgemeinbildenden und
beruflichen Bildungssystem - statistische Daten
Wir knüpfen an den Jahrbuch-Beitrag von 1984 an und erweitern die damalige Analyse um die
verfügbaren neuen Statistiken. Dabei wird einerseits die Expansion der allgemeinen Bildung
eindrucksvoll deutlich werden, von der insbesondere die jungen Frauen profitiert haben. Ein
genauerer Blick auf die inhaltlichen Schwerpunktsetzungen wie auch auf die berufliche Bildung
bringt andererseits aber auch nach wie vor bestehende Ungleichheiten zu Tage. Diese zeigen
sich trotz zahlenmäßiger Angleichung der Geschlechter und trotz einiger inhaltlicher
Annäherungen auch bei der Umsetzung der Hochschulzugangsberechtigung in
Hochschulstudien.
2.1
Bildungswege von jungen Frauen und Männern am Ende der Sekundarstufe I
Beide Geschlechter befinden sich mit 16 Jahren zum überwiegenden Teil noch im
allgemeinbildenden Schulwesen. Dieser Anteil ist von 1960 bis 1995 dramatisch von einem
Fünftel auf nunmehr Zweidrittel gestiegen. Während junge Frauen 1960 und 1970 im
allgemeinbildenden Schulsystem noch deutlich unterrepräsentiert waren, sind sie seit 1980
stärker vertreten als junge Männer, wobei dieser Abstand sich nach der Wiedervereinigung der
beiden deutschen Staaten zugunsten der jungen Frauen vergrößert hat. Dies geht vor allem auf
den Gymnasialbesuch zurück. Fast ein Drittel der jungen Frauen gegenüber nur einem knappen
Viertel der jungen Männer besuchen ein Gymnasium - der Abstand zwischen den Geschlechtern
hat sich damit von 3,6 Prozentpunkten 1990 auf 7,4 Prozentpunkte 1995 mehr als verdoppelt.
Auch in der Realschule sind die jungen Frauen etwas stärker vertreten als die jungen Männer mit
17,3% gegenüber 16,6%. In der Hauptschule dagegen finden wir 16% der 16jährigen jungen
Männer und nur 13,1% der jungen Frauen. Bei beiden Geschlechtern ist allerdings der Anteil
derjenigen, die eine Hauptschule besuchen, von 1990 bis 1995 - also nach der
Wiedervereinigung - gestiegen. 2,0% der 16jährigen jungen Frauen befinden sich 1995 in
Sonderschulen gegenüber 3,2% der 16jährigen jungen Männer.1
Komplementär zu den Anteilen im allgemeinbildenden Schulsystem sind die Anteile im
beruflichen Bereich ebenso dramatisch von fast Dreiviertel auf ein knappes Drittel
zurückgegangen. 1995 waren etwa ein Drittel der jungen Männer, aber nur 28,3% der jungen
Frauen in beruflicher Bildung. Auch hier hat sich der Abstand zwischen den Geschlechtern nach
der Wiedervereinigung von 2 Prozentpunkten auf fast 5 Prozentpunkte zuungunsten der
Mädchen vergrößert.
1
Die Tabelle zur Bildungsbeteiligung differenziert nicht nach Schulen für Lernbehinderte und für sonstige Behinderte. Die Daten über die Zahl
der Schülerinnen und der Schüler in den verschiedenen Schularten weist für 1995 für die BRD folgende Relationen aus: Insgesamt besuchen
391.100 Sonderschulen, davon 221.000 Schulen für Lernbehinderte, davon wiederum sind 83.400 weiblich. An Schulen für sonstige
Behinderungen sind insgesamt 170.100, davon 58.800 weiblich. Der Anteil von Mädchen und jungen Frauen beträgt also an Sonderschulen
insgesamt 36,4%, an den Sonderschulen für Lernbehinderte 37,7%, an den anderen Sonderschulen 34,6%. Anders gesagt: Knapp 2/3 derjenigen,
die in Sonderschulen unterrichtet werden, sind männlich.
3
Tabelle V/1: Die Verteilung der 16-jährigen Schülerinnen und Schüler auf die Bildungswege im allgemein- und berufsbildenden Schulsystem 1960 - 1995
Jahr
Gymnasium Realschule
Hauptschule Gesamt *
Gesamt
BerufsFachgymBerufsschul fachsch.
nasium
e
w.
m.
w.
m.
w.
m.
w.
m.
w.
m.
w.
m.
w.
m.
w.
m.
1960
10,9 15,1 7,2
7,0
0,5
0,6
18,7 22,8
71,3 73,3 64,9 70,5 6,4 2,8 1970
14,7 18,0 6,8
8,4
1,2
1,8
23,0 28,7
67,7 69,7 57,9 61,6 8,9 5,4 0,9 2,7
1980
22,8 21,0 14,4 13,2 7,0
8,3
47,7 46,7
48,4 50,5 32,4 42,6 14,6 6,6 1,4 1,3
1990
27,6 24,0 18,0 16,7 11,4 13,9 62,4 61,5
33,6 35,7 21,4 28,0 10,5 6,2 1,7 1,5
1995
31,6
24,2
17,3
16,6
13,1
16,0
69,5
66,2
28,3
33,1
weiter im allgemeinbildenden System
16,4
26,1 9,1
4,8
2,8
2,2
Übergang ins berufsbildenden System
alle Sechzehnjährigen
* Gesamt umfasst Gymnasium, Realschule, Hauptschule und außerdem Freie Waldorfschule, Gesamtschule und Sonderschule
1990 bezieht sich auf die alten Bundesländer, 1995 auf alle 16 Bundesländer
Quelle: Grund- und Strukturdaten 1982/83, S. 36ff. für die Jahre 1960 bis 1980; 1992/93 für 1990, S. 28/29; 1996/97 für 1995
4
2.2
Junge Frauen und Männer in der Sekundarstufe II
1960 befanden sich Dreiviertel der 18-jährigen Frauen und Zweidrittel der jungen Männer weder
im allgemeinbildenden noch im berufsbildenden Schulsystem. Auch 1970 waren Zweidrittel der
jungen Frauen mit 18 Jahren nicht mehr in Bildungsgängen zu finden, während bei den jungen
Männern bereits mehr als die Hälfte noch in schulischer oder beruflicher Bildung war. Ab 1980
allerdings ist die Mehrheit bei beiden Geschlechtern noch in allgemeinbildenden oder
berufsbildenden Einrichtungen. 1995 befinden sich dort 85,1% der jungen Frauen und 87,7% der
jungen Männer. Insgesamt sind damit die 18jährigen Frauen etwas weniger im Bildungssystem
vertreten als die 18jährigen Männer - wenn auch der Abstand gegenüber der Spitzendifferenz
von 22,1 Prozentpunkten 1970 deutlich geringer geworden ist und 1995 nur noch 2,6
Prozentpunkte beträgt. Die Hauptunterschiede der Bildungsbeteiligung der beiden Geschlechter
liegen weiterhin in der größeren Teilhabe junger Frauen an gymnasialer Bildung (28,2% zu
22,7%) und ihrer geringeren Präsenz in der Berufsschule (35,1% zu 50,3%).
5
Tabelle V/2: Die Verteilung der 18-jährigen Schülerinnen und Schüler auf die Bildungswege im allgemein- und berufsbildenden Schulsystem 1960 - 1995
Jahr
im allgemeinbildenden
im berufsbildenden Schulwesen
im
Schulwesen
Bildungssystem 4
Gymnasium
Gesamt 1
Gesamt
Berufsschule 2 BerufsFachgymGesamt
fachsch. 2,3
nasium2
w.
m.
w.
m.
w.
m.
w.
m.
w.
m.
w.
m.
w.
m.
1960
6,3
10,4 6,5
11,0
19,5 26,6 14,3 23,9 5,2
2,7 26,0 37,6
1970
8,9
12,7 9,1
13,3
26,4 44,3 18,2 37,9 8,2
6,4 35,5 57,6
1980
18,8
18,3 19,2 18,9
46,2 55,8 33,5 48,2 12,7 7,6 65,4 74,7
1990
24,7
22,4 25,4 23,3
53,1 61,0 38,6 50,4 11,0 6,5 3,5
4,1
78,7 84,7
1995
28,2
22,7 29,5 24,1
53,9 62,1 35,1 50,3 12,1 5,0 6,7
6,8
85,1 87,7
1) für 1995 einschl. Haupt-, Real- und Gesamtschule; 2) für die Jahre 1960, 1970 und 1980 weisen die Zahlen für Berufsschulen nur die Anteile im dualen System aus,
diejenigen für die Berufsfachschulen beinhalten außerdem Berufsaufbauschuen, Fachoberschulen und das Berufsgrundbildungsjahr, weshalb Fachgymnasien nicht
gesondert ausgewiesen sind; 3) einschl. Schulen des Gesundheitswesens; 4) einschl. Sonderschule und Hochschule
1990 alte Bundesländer, 1995 Bundesrepublik Deutschland
Quelle: Grund- und Strukturdaten 1982/83, S. 36ff. für 1960, 1970 und 1980; 1992/93 für 1990, S. 30/31; 1996/97 für 1995
6
Mit der massiv gestiegenen Bildungsbeteiligung beider Geschlechter und insbesondere der von
jungen Frauen korrespondiert entsprechend ein Ansteigen höherer Bildungsabschlüsse. Dabei
verlassen deutlich mehr junge Männer als junge Frauen die Schule ohne Abschluß oder mit
einem Hauptschulabschluß, d.h. umgekehrt mehr junge Frauen als junge Männer verfügen über
einen Realschulabschluß bzw. über die Fachhochschul- oder Hochschulreife. Die Schule war
also hinsichtlich der formalen Qualifizierung außerordentlich erfolgreich. Ein zentraler
Kritikpunkt der neuen Frauenbewegung richtete sich jedoch auf die "subtile Diskriminierung"
von Frauen, die in der Konzentration von Schülerinnen auf den sprachlichen Bereich, von
Schülern auf den mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich liegt. Wir werfen deshalb
zunächst einen Blick auf die Leistungskurswahlen in der gymnasialen Oberstufe, um zu prüfen,
wie stark diese Ungleichverteilung ist.
Die Leistungskurswahlen in der gymnasialen Oberstufe werden nicht bundesweit veröffentlicht
und auch die einzelnen Bundesländer differenzieren ihre Leistungskursdaten in der Regel nicht
nach Geschlecht. Wir greifen deshalb zunächst auf die neuesten verfügbaren Daten zurück.
Diese erhielten wir von der Hamburger Schulbehörde.
Dort liegen bei den jungen Frauen im letzten Jahr vor dem Abitur Deutsch, Biologie, Englisch,
Bildende Kunst und Mathematik auf den ersten fünf Plätzen. Bei den jungen Männern finden wir
Biologie auf Platz 1, gefolgt von Englisch, Mathematik, Erdkunde und Deutsch. Die
gravierenden Prozentunterschiede lassen sich der Abbildung V/1 entnehmen. Doppelt soviele
junge Frauen wählen Deutsch (39,5% zu 18,4%) und doppelt soviele junge Männer Mathematik
(23,1% zu 12,1%). Weitere gravierende Unterschiede finden sich dann bei der bildenden Kunst
und den anderen Fremdsprachen, die beide in der Gunst der Frauen hoch liegen, sowie in
Gemeinschaftskunde und Physik. Diese beiden Fächer liegen bei den Männern auf Rangplatz 6
und 7 ihrer Leistungskurswahlen und werden bei Gemeinschaftskunde von fast dreimal (14,5%
zu 5,7%) bzw. bei Physik sogar von fast sechsmal (15,4% zu 2,7%) soviel jungen Männern wie
jungen Frauen gewählt.
Abbildung V/1: Leistungskurswahlen im 3. Halbjahr der gymnasialen Oberstufe in Hamburg
1996/97
50%
40%
30%
weiblich
männlich
20%
10%
ik
ys
e
ns
ch
af
Ph
nd
ie
ts
ku
he
m
de
C
ht
un
dk
ic
ch
G
es
ra
Sp
re
ei
em
G
an
de
Er
ch
at
e
en
ik
t
he
at
M
de
en
ld
Bi
m
Ku
is
ns
ch
ie
og
gl
En
ol
ts
eu
D
Bi
ch
0%
Quelle: eigene Berechnungen nach BSJB V 532
Solche Unterschiede sind weder eine Hamburger Besonderheit noch eine des Schuljahres
7
1995/96. Sie finden sich vielmehr über die Jahre hinweg in Hamburg wie auch in anderen
Bundesländern (vgl. Roeder/ Gruehn 1997). Die Prozentzahlen differieren dabei je nach
Regelung der Wahlen bzw. je nach Berechnungsart, die Verteilungen und die Unterschiede
zwischen den Geschlechtern finden sich jedoch in ähnlicher Form in allen bisher
veröffentlichten Statistiken (vgl. die Zusammenstellung in Faulstich-Wieland 1991 für
Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hamburg S. 76, 77, 79, vgl. Horstkemper 1995 für
Rheinland-Pfalz). Die rechtlichen Regelungen, die für einen Ausgleich dieser Diskrepanzen
sorgen sollen, indem durch die Wahl von Grundkursen gegengesteuert wird, greifen für
Sozialkunde und Mathematik bei den jungen Frauen, für Deutsch und Englisch bei den jungen
Männern. Bei Biologie, Französisch, Theater und Spanisch einerseits und bei Physik und
Informatik andererseits wird der Geschlechterbias dagegen sogar noch verstärkt (Roeder/
Gruehn 1997 S. 882).
Anders als bei der Bildungsbeteiligung junger Frauen insgesamt haben wir es also bei den
Fächerwahlen keineswegs mit Veränderungen über die Jahre hinweg zu tun, sondern mit einer
ziemlich stabilen Schwerpunktsetzung bei beiden Geschlechtern.
2.3
Junge Frauen und Männer in der beruflichen Ausbildung
Neben der Kritik an Lehrplänen und Curricula, an den Interaktionsstrukturen im Unterricht und
vor allem an der Wahl der Leistungskurse in der gymnasialen Oberstufe, die Ausgangspunkt der
Koedukationsdebatte waren, stand von Anfang an die Diskussion um die Berufswahlen (wenn
denn von Wahlen überhaupt die Rede sein kann) der Mädchen im Mittelpunkt der Analyse, kam
doch in diesen "Wahlen" - trotz aller öffentlich propagierten und gesetzlich fixierten
Gleichheitspostulate - zweierlei zum Ausdruck:
• der geschlechtsspezifisch segmentierte Arbeitsmarkt, der durch die Berufswahlen der Mädchen und
Jungen jeweils reproduziert wird, und
• die unterschiedliche Berufs- und Lebensplanung der Geschlechter.
Die Trennlinie zwischen den Geschlechtern wird manifest im Übergang vom allgemeinbildenden
zum berufsbildenden Ausbildungssystem bzw. im Übergang zur Hochschule, wie folgende
Befunde deutlich machen:
• Junge Frauen sind in den schulischen Berufsausbildungen und im qualifizierenden Moratorium
überrepräsentiert. Das entspricht ihrer Unterrepräsentanz in der dualen Ausbildung.
• Die geschlechtsabhängige Segmentierung des dualen Ausbildungsmarktes entwickelt sich fort. Junge
Frauen sind in gewerblich-technischen Berufen nach wie vor unterrepräsentiert.
Mit 70% sind die weiblichen Jugendlichen in den schulischen Berufsausbildungen
überrepräsentiert. In diesen Schulen absolvieren sie außerhalb des dualen Systems liegende
vollzeitschulische Ausbildungen. Dazu gehören z.B. die Ausbildungen in Berufen wie
Erzieherin, Kinderkrankenschwester oder Kinderpflegerin (vgl. Gewerkschaftliche
Bildungspolitik H. 1/2-98, S. 18). Die schulischen Berufsausbildungen bedeuten in der Regel
höhere Allgemeinbildungsvoraussetzungen, finanzielle Einbußen und ein stärkeres
Arbeitsplatzrisiko. Es entfällt nicht nur die Ausbildungsvergütung, sondern es müssen z. T. hohe
Schulgelder bezahlt werden. Dabei lassen sich die schulischen Berufsausbildungen nicht in
entsprechende Verdienste auf dem Arbeitsmarkt umsetzen. So liegt z.B. der tarifliche Verdienst
von Erzieherinnen (Realschulabschluß) unter denen des Schlossers (Hauptschulabschluß) (vgl.
Krüger 1995, S. 140).
Das Arbeitslosigkeitsrisiko ist nach vollzeitschulischen Ausbildungen deutlich größer für die
8
jungen Frauen. So betrug 1995 der Anteil der jungen Frauen mit einer in einer Berufsfachschule/
Fachschule abgeschlossenen Berufsausbildung an den Arbeitslosen 54,7%, unter jenen mit einer
betrieblichen Ausbildung dagegen 41,3%. Noch problematischer stellt sich die Situation in den
neuen Bundesländern dar: 63,7% aller Arbeitslosen sind Frauen, 68% der Arbeitslosen mit einer
schulischen Berufsausbildung und 65,4% der Arbeitslosen mit einer betrieblichen
Berufsausbildung sind weiblich – d.h. hier sind insgesamt Frauen in allen Bereichen deutlich
stärker von Arbeitslosigkeit betroffen (BMBW: Grund- und Strukturdaten 1997/98, Tab. 9.2.1).
Obwohl in den alten Bundesländern 49%, in den neuen gut 51% der BewerberInnen um einen
Ausbildungsplatz weiblich sind (Berufsberatung 1996/97, (1998) S.68, 69), stellen die jungen
Frauen nur 39,8% (alte Länder 40,4%, neue Länder 37,5%) der Auszubildenden in der dualen
Ausbildung. Ihr Anteil ist zudem in den letzten Jahren gesunken, 1990 betrug er in den alten
Ländern noch 42,6% (vgl. Berufsbildungsbericht 1997, S. 61ff.).
Innerhalb der dualen Ausbildung gibt es immer noch klare geschlechterdifferenzierende
Schwerpunkte: Frauen sind überproportional im Dienstleistungsbereich, Männer
überproportional in Fertigungsberufen zu finden (vgl. Bildung im Zahlenspiegel 1997, S. 79).
Unter den von den jungen Frauen am stärksten besetzten 20 Ausbildungsberufen, in denen sich
immerhin 74,3% aller jungen Frauen in der dualen Ausbildung befinden, gehört nur der von
1,5% gewählte Beruf der Bauzeichnerin zum gewerblich-technischen Bereich. Bei den jungen
Männern dagegen dominiert der gewerblich-technische Bereich (vgl. Bildung im Zahlenspiegel
1997, S. 97).
Diese Segmentierung und die Anteile der jungen Frauen bzw. der jungen Männer an den
einzelnen Segmenten lassen sich zusammenfassend noch einmal anders deutlich machen: Ordnet
man die Ausbildungsberufe nach solchen, in denen sich vor allem Männer befinden, nach
solchen, in denen vor allem Frauen ausgebildet werden, und schließlich nach solchen, die etwa
gleichermaßen Frauen wie Männer in Ausbildungsverhältnissen haben, dann zeigt sich zwar ein
Anstieg der "Frauenberufe", d.h. vor allem des Dienstleistungsbereichs gegenüber 1980, aber
immer noch eine deutliche Männerdominanz im dualen System. Knapp die Hälfte aller
Ausbildungsverhältnisse werden in "Männerberufen" abgeschlossen, an denen Frauen einen
Anteil von 8,7% haben - eine Steigerung gegenüber 1980 um 1,5 Prozentpunkte. Der Anteil von
"Frauenberufen" beträgt 30,7% - innerhalb dieser besetzen junge Männer 19,4% der Stellen
(1980 waren dies 16,1%). Der Anteil von Ausbildungsberufen, in denen beide Geschlechter etwa
gleich vertreten sind, ist insgesamt gesunken, nämlich auf 21,5%, wobei die Männer hier ihre
Zahl steigern konnten, nämlich auf 45,7% - gegenüber 39,4% 1980. Die Überschneidungen, d.h.
die bei beiden Geschlechtern "beliebten" Berufe, sind vor allem die kaufmännischen Berufe außer der Kauffrau für Bürokommunikation.
Die Angleichung bei den kaufmännischen Berufen erweist sich allerdings nur auf den ersten
Blick als Angleichung. Sie "beschränkt sich (...) auf den attraktiveren Teil der Bank-,
Großhandels- und Industriekaufleute; die wenig perspektivreichen Verkaufstätigkeiten im
Einzelhandel oder im Nahrungsmittelhandwerk sind in der männlichen Hitliste der
Ausbildungsberufe nicht enthalten" (Horstkemper 1995, S. 197).
Junge Frauen sind nicht nur in den schulischen Berufsausbildungen über- und in der dualen
Ausbildung unterrepräsentiert sind, sie haben auch weniger Chancen, einen Ausbildungsplatz zu
bekommen. Nimmt man die Relation von Ausbildungsplatzsuchenden zu noch nicht vermittelten
Bewerberinnen und Bewerbern, so zeigt sich, daß es für junge Frauen immer noch schwieriger
ist, einen Ausbildungsplatz zu erhalten: Ende September 1997 waren 6,5% der Bewerberinnen
9
um einen Ausbildungsplatz gegenüber 5,8% der Bewerber noch nicht vermittelt (Bundesanstalt
für Arbeit 1998, S. 64). Dies gilt vor allem in den männlichen Domänen (vgl. ebd.).
Die Berufseinmündungen der jungen Frauen haben deutlich negative Folgen für ihre gesamte
Berufsbiographie. Indem sich die Ausbildung der jungen Frauen auf wenige Berufe konzentriert,
sind sie stärker als die jungen Männer von demographischen, konjunkturellen und
wirtschaftsstrukturellen Entwicklungen abhängig. Sie finden schwieriger einen
Erwerbsarbeitsplatz nach der Ausbildung und haben ein höheres Arbeitsplatzrisiko, von den
Aufstiegschancen ganz zu schweigen.
2.4
Studium und Geschlecht
Im Wintersemester 1996/97 waren 42,5% der Studierenden in Deutschland weiblich, bei den
StudienanfängerInnen waren es 47,9% (Bildung im Zahlenspiegel 1997, S. 120). Der Anteil ist
steigend: Im Wintersemester 1997/98 waren 52,2% der Studienanfänger weiblich (zitiert in
Lehnert u.a. 1998, S. 5). Damit waren erstmals mehr Studentinnen als Studenten an deutschen
Universitäten im ersten Semester.
Deutliche Unterschiede, aber auch Angleichungen zwischen den Geschlechtern finden sich in
den Studienfachwahlen, wie die folgende Tabelle über die zehn von allen Studierenden an
Universitäten am häufigsten gewählten Studiengänge zeigt.
10
Tabelle V/3:
Studierende (inklusive Studienanfänger/ Studienanfängerinnen) im WS 1995/96 in
den 10 am stärksten besetzten Studienfächern – Deutsche und AusländerInnen
weiblich
Studienfächer
männlich
%Rang- Studienfächer
Anteil platz
Germanistik/Deutsch
7,6
1
Betriebswirtschaftslehre
Betriebswirtschaftslehre
6,5
2
Maschinenbau/-wesen
Rechtswissenschaft
6,2
3
Elektrotechnik/Elektronik
Medizin (Allgemeinmedizin)
5,2
4
Rechtswissenschaft
Erziehungswissenschaft (Pädagogik) 4,8
5
Wirtschaftswissenschaften
Anglistik/Englisch
3,4
6
Bauingenieurwesen/Ingenieurbau
Wirtschaftswissenschaften
3,3
7
Medizin (Allgemeine Medizin)
Biologie
3,1
8
Informatik
Psychologie
2,7
9
Physik
Architektur
2,7
10
Architektur
zusammen
44,5
zusammen
%Anteil
8,2
6,5
6,1
5,8
5,0
4,5
4,2
4,0
2,9
2,6
47,8
Rangplatz
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Quelle: Bildung im Zahlenspiegel 1997, S. 123
In den Bereichen Wirtschafts- und Rechtswissenschaften sowie Architektur haben sich die
Geschlechter angenähert, die Unterschiede bleiben jedoch gravierend: Während bei den jungen
Frauen die Sprach- und Kulturwissenschaften in den 10 am häufigsten gewählten Studienfächern
deutlich überwiegen, fehlen die Natur- (mit Ausnahme der Biologie), Technik- und
Ingenieurwissenschaften hier völlig. Nahezu umgekehrt stellt sich das Bild bei den männlichen
Studierenden dar.
Als weiteres Indiz für nach wie vor bestehende Unterschiede zwischen den Geschlechtern
können die Abschlüsse am Ende des Studiums angesehen werden. So finden wir immer noch
Diskrepanzen zwischen den Geschlechtern bei den Promotionen zugunsten der Männer und beim
Lehramt zugunsten der Frauen (vgl. Tab. V/4). Dies gilt ungeachtet der Frage, ob Frauen in einer
Disziplin in der Mehrheit oder in der Minderheit sind.
11
Tabelle V/4: Prüfungen nach Abschluß des Studiums 1995
Insgesamt
Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Sprach- und Kulturwissenschaften
Mathematik, Naturwissenschaften
Ingenieurwissenschaften
Humanmedizin
Quelle: Bildung im Zahlenspiegel 1997, S. 136/137
12
weiblich
männlich
weiblich
männlich
weiblich
männlich
weiblich
männlich
weiblich
männlich
weiblich
männlich
Diplom u.ä.
43,9%
47,4%
38,6%
49,3%
39,8%
52,1%
50,9%
56,7%
35,0%
35,1%
64,5%
61,4%
Promotion
7,5%
11,2%
1,8%
4,7%
3,8%
12,6%
13,8%
22,4%
2,0%
5,3%
35,5%
38,7%
Lehramt
20,9%
5,3%
3,8%
1,3%
53,1%
32,8%
28,6%
8,2%
2,6%
1,3%
Fachhochschule
27,6%
36,1%
55,8%
44,7%
3,3%
2,5%
6,8%
12,8%
60,4%
59,0%
2.5
Fazit zur statistischen Zwischenbilanz
Die Auswertung der vorliegenden Statistiken zur Bildungssituation von beiden Geschlechtern
zeigt zum einen das beeindruckende Aufholen der jungen Frauen beim Erwerb
weiterführender Bildungsabschlüsse. Erstmals in der Geschichte sind Frauen im
allgemeinbildenden Schulsystem formal besser qualifiziert als die jungen Männer. Dennoch
stellt sich die Situation für die jungen Frauen immer noch ambivalent dar. Auch 1998 können
die jungen Frauen noch immer nicht ihre "Vorteile" im allgemeinbildenden Schulsystem in
entsprechende berufliche Qualifizierungen umsetzen. Hier bestätigen sich nach wie vor die
schon 1984 herausgearbeiteteten Benachteiligungen – schwierigerer Zugang zum gewerblichtechnischen Bereich, stärkere Präsenz im traditionell-weiblichen Feld vollzeitschulischer
Ausbildungen, starke Konkurrenz im Feld der begehrten Ausbildungen zu Warenkaufleuten.
Dies gilt auch für Studentinnen, die – selbst bei dem gleichen Studienfach – (mit Ausnahme
des öffentlichen Dienstes) häufig weniger verdienen, stärker von Arbeitslosigkeit betroffen
sind bzw. eine Position einnehmen, die unter ihren formalen Voraussetzungen liegt (vgl.
Hoose/Vorholt 1997, S. 28f; Zweiwochendienst Frauen und Politik Nr. 111/1996, S. 8). Die
formal bessere Ausbildung der jungen Frauen schlägt sich zwar insgesamt in einer höheren
Erwerbstätigkeit nieder - je besser junge Frauen formal qualifiziert sind, desto höher ist ihre
Erwerbsquote (vgl. Block/ Klemm 1997, S. 86) - diese Daten sagen aber weder etwas aus
über die Berufe, die Frauen ausüben, noch über die Hierarchieposition, die sie einnehmen,
noch über die Art des Beschäftigungsverhältnisses, ob Teilzeit oder Vollzeit, noch über den
Verdienst usw. usw. (vgl. Hoose/ Vorholt 1997, S. 28ff und 148ff; Lemmermöhle/ Nyssen
1998).
Erst nachdem die Frauen hinsichtlich der formalen schulischen Qualifikation mit den jungen
Männern gleichgezogen hatten bzw. diese überholt hatten, wurde der Widerspruch zwischen
erreichter Allgemeinbildung und beruflicher Positionierung als schulisches Problem
thematisiert. In diesem Zusammenhang wurden die strukturellen Begrenzungen, die es für
Frauen (immer noch) gibt – der geschlechtsspezifisch segmentierte Ausbildungs- und
Arbeitsmarkt und die Zuständigkeit von Frauen für den Reproduktionsbereich und die mit
beiden verbundene Problematik von Frauenerwerbstätigkeit – weiterhin analysiert, der Blick
wurde jedoch auch auf die innerschulischen Mechanismen, die zu den genannten
Widersprüchen führen, gelenkt.
Die Schule ist zwar nicht die Verursacherin des geschlechtsabhängig segmentierten
Arbeitsmarktes, sie wirkt aber offensichtlich nicht der Einengung des inhaltlichen Spektrums
der Kurswahlen der Mädchen (und Jungen) und in deren Folge auch der Einengung der
Berufs- und Studienwahlen entgegen. Über Prozesse des heimlichen Lehrplans, so scheint es,
werden die strukturellen Benachteiligungen von Frauen eher verstärkt als abgebaut. Dabei
unterstellen wir nicht einen linearen Zusammenhang zwischen Kurs- und Studien- bzw.
Berufswahlen.
Dieser
vermittelt
sich
vielmehr
über
Prozesse
von
Geschlechterstereotypisierungen,
Entwicklung
von
Selbstbewußtsein
und
Geschlechtsidentität, die wiederum Einfluß auf die Interessenentwicklung nehmen. Wie die
Schule versucht, diesem komplexen Zusammenhang gerecht zu werden und Mädchen in
Naturwissenschaften, Informatik, Technik und Mathematik zu stärken sowie die
Berufsfindung und Lebensplanung der jungen Frauen zu unterstützen, wollen wir im
folgenden analysieren.
13
3.
Schulische Modellversuche zur Förderung der Chancengleichheit von Mädchen
und Jungen
Der Beitrag, den Schule zur sublimen Ungleichheitsbehandlung der Geschlechter leistet, ist
von der feministischen Schulforschung breit diskutiert worden (vgl. zusammfassend u.a.
Faulstich-Wieland 1991, 1995; Nyssen 1990, Nyssen/ Schön 1992, 1994). Als
Verursachungsfaktoren für diese Ungleichbehandlung wurden sowohl curriculare und
didaktische wie auch interaktionelle Prozesse identifiziert. Schulbuchanalysen zeigten, daß
Schülerinnen weit weniger Identifikationsmöglichkeiten in den gebotenen Beiträgen finden
konnten als Schüler. Interessenuntersuchungen zum naturwissenschaftlichen Unterricht
spürten auf, daß Schülerinnen an anderen Inhalten wie an anderen didaktischen
Vorgehensweisen interessiert waren als Schüler. Interaktionsstudien konnten dominantes
Verhalten von Schülern und ungleiche Aufmerksamkeitsverteilungen durch Lehrerinnen und
Lehrer nachweisen.
Konsequenterweise haben Lehrerinnen und Lehrer, Schulministerien, WissenschaftlerInnen
und Eltern eine Vielzahl von Schul- bzw. Modellversuchen initiiert, um vor allem
Schülerinnen zu unterstützen. In den letzten Jahren ist die Zahl der LehrerInnen, denen das
Geschlechterverhältnis im Klassenzimmer zum Problem geworden ist und die sich gezielt um
Gleichbehandlung der Geschlechter bemühen, deutlich angestiegen: Immer mehr Projekte
entstehen, mit denen LehrerInnen vor Ort Mädchen und Jungen fördern (wollen). Die alle
zwei Jahre stattfindenden "Frauen-und-Schule-Kongresse" stoßen nach wie vor auf große
Resonanz (vgl. u.a. die Dokumentationen: Kaiser 1996; Lutzau von 1998). LehrerInnen
überprüfen Curricula und entwickeln sie neu, sie experimentieren mit geschlechtshomogenen
Gruppen, sie widmen der Berufsorientierung der Mädchen mehr Aufmerksamkeit und sie
wollen die Naturwissenschafts- und Technikkompetenz der Mädchen ebenso erweitern wie
die sozialen Kompetenzen der Jungen entwickeln. Auf Fachtagungen werden Wege diskutiert,
die koedukative Praxis zu verbessern und Mädchen- und Jungenförderung zum Inhalt von
Schulentwicklung und Schulprogramm zu machen (vgl. Dokumentation der Fachtagung Neue
Wege zur Gestaltung der koedukativen Schule 1998).
Es gibt keine umfassende Übersicht über die Ansätze, eine Reihe von ihnen - vor allem
diejenigen, die durch Länderministerien oder zur Mädchenförderung durch die Bund-LänderKommission für Bildungsforschung finanziert wurden - sind jedoch publiziert worden.
Abbildung V/2 gibt eine Zusammenstellung der uns bekannten Modellversuche zur
Berufsorientierung und Lebensplanung sowie zur Förderung der Mathematik-, Technik- und
Naturwissenschaftskompetenz von Mädchen wieder. Die Ungleichheit der Geschlechter in
der Schule manifestiert sich, wie wir gezeigt haben, in der Präferenz der sprachlichkünstlerischen Fächer durch die Mädchen und ihrer Distanz zu den naturwissenschaftlichen,
mathematischen und technischen Fächern. Konsequent beziehen sich deshalb die meisten der
schulischen Modellversuche zur Mädchenförderung auf die Fächer Physik, Chemie,
Mathematik, Technik und Informatik. Modellversuche, die die Distanz der Jungen gegenüber
den sprachlichen und künstlerischen Fächern abbauen wollen, sind uns nicht bekannt. Einzig
der rheinland-pfälzische Versuch "Mädchen und Jungen in der Schule - Kompetenzen
entwickeln - die eigene Rolle finden" bezieht auch die Fächer Deutsch, Geschichte und
Sozialkunde mit ein. Ein zweiter Schwerpunkt der Modellversuche betrifft die
Berufsorientierung, deren Wichtigkeit die Analyse der Berufsbildungssituation gezeigt hat.
Darüberhinaus setzen einige Versuche allgemeiner an der Stärkung des Selbstbewußtseins der
14
Mädchen und der Entwickung sozialer Kompetenzen von Jungen an. So fördert
beispielsweise das Land Nordrhein-Westfalen an 600 Schulen Selbstbehauptungstrainings für
Mädchen (vgl. WR vom 4.4.1998). Schließlich beziehen sich viele Ansätze auf den
Sportunterricht, der in der Koedukationsdebatte schon immer eine Sonderrolle gespielt hat
(vgl. Faulstich-Wieland 1991, Henkel/ Pfister 1998). Allerdings sind die Versuche aus dem
Sportunterricht eher selten dokumentiert und veröffentlicht worden.
15
Abbildung V/2: Modellversuche zur Chancengleichheit von Mädchen und Jungen in Naturwissenschaft, Mathematik und Technik in der Sekundarstufe
I und II (Eine Auswahl)
Bezeichnung und Publikationen
Ort, Zeit, Schulform und
Zielsetzungen/
Maßnahmen
Jahrgänge
Schwerpunkte
"Mädchen und neue Technologien"
Frankfurt/Main
Entwicklung auch an den Interessen Curriculumentwicklung mit den
Faulstich-Wieland/Dick, 1988, 1989
1985 – 1988
von Mädchen orienterte GrundLehrkräften, Monoedukation im 8.
Gesamtschule,
bildung
Jg., monoedukative AG, Computer im
8./9. Jahrgang
9. Jg.
"Mehr Mädchen in Naturwissenschaften Berlin, Hamburg, NRW, BadenStärkung des schulischen und beruf- Curriculumrevision, Bildung monound Technik"
Württemberg
lichen Engagemens von Mädchen in edukativer Gruppen
Hannover/Bettge 1993
1988 – 1989
Naturwissenschaften, Mathematik
Gymnasium, 9. Jahrgang
und Technik
Förderung naturwissenschaftlichNRW
Förderung der physikalischVeränderung des Physikcurriculums,
technischer Bildung für Mädchen in der 1990 – 1992
technischen Potentiale der Mädchen, Einrichtung von Mädchengruppen,
Realschule, 7./8. Jahrgang
Realschule in NRW, Beinke/Richter
Erweiterung des
Informationen zur Berufsorientierung
1993
Berufswahlspektrums
Hessen, Thüringen, Sachsen
1990 – 1993
1993 – 1995
"Geschlecht und Naturwissenschaften" Göttingen
Mehr Chancen für Mädchen in
Curriculumrevision, Bildung monoSchefer-Vietor u.a. 1994
1989 – 1992
Physik, Verbesserung des Zugangs edukativer Gruppen
Gymnasium 8./9. und 11./12.
von Mädchen zur Physik,
Jahrgang
Verbesserung des Physikunterrichts
"Mädchen in Naturwissenschaften und
Hessen
Physik/Chemie,
Seminar mit Lehrkräften, Projekttage,
1994 – 1995
Schwerpunkt: Mathematik
Technik"
Schnupperkurse an der TH Darmstadt,
Diegelmann 1995
Gymnasium Jahrgang 9 – 13
Elternarbeit
Schwerpunkt 11./12. Jahrgang
"Mädchen und Informatik"
Bremen
Gleichwertige Chancen für Mädchen Monoedukative Gruppen
Volmerg u.a. 1996
1990 – 1995
und Jungen in der Aneignung des
Gymnasium, Sek II
Faches Informatik
16
"Schulversuch Physik"
Frank/ Jung 1997
Baden-Württemberg
1992 – 1996
Gymnasium 10./11. Jahrgang
Verbesserung des Physikunterrichts
für Mädchen und Jungen
Chancengleichheit – Veränderung des
Anfangsunterrichts Physik/Chemie unter
besonderer Berücksichtigung der
Kompetenzen und Interessen von
Mädchen
Hoffmann u.a. 1997
"Koedukation im Physikunterricht"
Herzog u.a. 1997
Schleswig-Holstein
1991 – 1994
Gymnasium, 7. und 9. Jahrgang
Erweiterung des Interesses von
Mädchen an Physik/Chemie
Bern/Schweiz
1994 – 1997
Gymnasium, Sek II
Seminare
Entwicklung von
Unterrichtseinheiten, Sensibilisierung
von Lehrerinnen und Lehrern
"Mädchen und Jungen in der Schule –
Kompetenzen entwickeln – die eigene
Rolle finden"
Horstkemper 1995
Horstkemper/Kraul 1995
Rheinland-Pfalz
1992 – 1998
6 Gymnasien, 2 Integrierte Gesamtschulen, 9. – 13. Jahrgang
6 koedukative Schulen, 1 Mädchengymnasium, 1 Jungengymnasium
Hagen
1991 – 1994
Gesamtschulen
Sekundarstufe I
Verbesserung des koedukativen
Physikunterrichts, Erkenntnisse über
Methoden zur Gestaltung eines
mädchengerechten Unterrichts, der
die Jungen miteinbezieht
Unterstützung bei Kompetenzerwerb
und Identitätsfindung von
Jugendlichen - Förderung von
Vielfalt
Unterstützung von Lebensplanung
und Berufsorientierung, Stärkung
des Selbstbewußtseins, Eröffnung
geschlechtsuntypischer Berufe,
Förderung der Technik- und
Mathematikkompetenz von
Mädchen
Curriculumrevision im Technik- und
Mathematikunterricht, Bildung
monoedukativer Gruppen,
LehrerInnensupervision, MädchenAGs, Selbstbehauptungskurse,
Einrichtung von Mädchenräumen,
Lebensplanungsseminare,
berufsorientierende Maßnahmen
"Zur Förderung von Selbstfindungsund Berufsfindungesprozessen von
Mädchen in der Sekundarstufe I",
Endbericht der Schulen 1994,
Nyssen 1996
Fortbildung der beteiligten LehrerInnen, Ko- und Monoedukation,
Veränderung von Methoden und
Inhalten
Veränderung des Anfangsunterrichts
in Physik, Kombination von
koedukativem und monoedukativem
Unterricht
Entwicklung und Erprobung von
Unterrichtseinheiten in Deutsch,
Geschichte, Sozialkunde, Mathematik, Physik, Chemie; Sensibilisierung von Lehrkräften
17
"Andere Berufe für Mädchen"
Arbeit für Alte e.V.
Abschlußbericht 1992
Bonnemann-Böhler, Adelheid/
Welpe, Ingeborg (Hrsg.)
"Mädchen in technischen Berufen"
Bredemeier de Diego, Inge/Fischer,
Jutta/Krieger, Wolfgang 1995
Kiel/Rendsburg-Eckernförde
1989 – 1992
Haupt-, Real- und Gesamtschulen
1111 Schülerinnen
8./9. Jahrgang
Kaiserslautern, 1993
Hauptschule
8. Klasse
"Berufsorientierung und Lebensplanung Brandenburg
Beginn Schuljahr 1994/95 bis
von Mädchen und Jungen"
Lemmermöhle u.a. 1997
Ende Schuljahr 1996/97
Haupt-, Real- und Gesamtschulen
Sek I
Erweiterung des
Berufswahlspektrums, Stärkung des
Selbstvertrauens in die eigenen
handwerklichen und technischen
Fähigkeiten
Thematisierung und Reflexion von
(geschlechtsspezifischen) Lebensentwürfen, Informationen über
gewerblich-technische Berufe
Unterstützung von Lebensplanung
und Berufsorientierung von
Mädchen und Jungen.
Erstellung didaktischer Materialien
durch Erweiterung, Modifizierung,
Erprobung von "Wir werden, was
wir wollen."
Stärkere Berücksichtigung der
Jungensozialisation, Einbeziehung
des historisch anderen Erfahrungshintergrundes von Jugendlichen in
den neuen Bundesländern
Erstellung einer Broschüre zur
mädchenspezifischen Berufsorientierung, Durchführung berufsbezogener Projekte, Fortbildung für
LehrerInnen
Schnupperkurs in einem gewerblichtechnischen Betrieb, Vor- und
Nachbereitung in der Schule unter
dem Aspekt Lebensplanung
Fortbildung von LehrerInnen,
Umsetzung der Materialien an den
beteiligten Schulen
18
Es kann in diesem Beitrag nicht darum gehen, alle Versuche vorzustellen. Wir wollen
jedoch versuchen, wichtige Ergebnisse über die verschiedenen Projekte hinweg
herauszuarbeiten. Dabei lassen sich folgende Aspekte festhalten:
• Zu Beginn standen "kompensatorische" Ansätze im Vordergrund, die an tatsächlichen oder
vermeintlichen Defiziten der Schülerinnen ansetzten und diese ausgleichen wollten.
Leistungsüberprüfungen fanden dabei in der Regel jedoch nicht statt. Nachdem deutlich wurde,
daß der Defizitansatz eine Abwertung von Mädchen und Frauen implizierte, kamen die
Differenzen der Geschlechter stärker in den Blick. Der Differenzansatz fand in curricularen
Überlegungen Ausdruck, die an den Interessenunterschieden, aber auch an vermeintlich anderen
Zugangsweisen von Mädchen und Jungen anknüpften: Damit richtete sich der Blick nicht mehr
nur auf die Schülerinnen, sondern auch auf die Schüler. Erst seit kurzem wird empirisch
untersucht, wie Geschlecht in Interaktionen konstruiert wird. Damit rückt das Verhältnis
zwischen den Geschlechtern in den Mittelpunkt der Analyse.
• In fast allen Versuchen wurden inhaltlich-curricular-didaktische Veränderungen des Unterrichts
gekoppelt mit organisatorischen Maßnahmen, die unterschiedliche Formen von Trennungen der
Geschlechter beinhalteten. Die Interferenzen wurden jedoch selten systematisch kontrolliert.
• Die Versuche wurden in den meisten Fällen "von unten" getragen, d.h. sie wurden durchgeführt
von LehrerInnen, die engagiert um Chancengleichheit bemüht und stark sensibilisiert für
Geschlechterungleichheiten waren. Diese "Personenvariable" wurde allerdings ebenfalls nicht
systematisch "kontrolliert".
Alle drei Aspekte erschweren die Herausarbeitung von eindeutigen Ergebnissen.
Allerdings ist dies kein Spezifikum der Koedukationsdebatte oder der feministischen
Schulforschung, sondern ein generelles Problem wissenschaftlichen Handelns im sozialen
Feld. Insofern gehen wir davon aus, daß eine Nachzeichnung von Modellprojekten, die
versuchen, der Komplexität der Situation methodisch gerecht zu werden, am ehesten
geeignet ist, Erkenntnisse zu verallgemeinern. Wir greifen deshalb vier Projekte heraus,
um an ihnen exemplarisch die schulischen Sozialisationsbedingungen aufzuzeigen, die an
der Produktion bzw. an der Aufhebung von Geschlechterungleichheiten beteiligt sind. Es
handelt sich hierbei um jene Projekte, die umfassend dokumentiert und wissenschaftlich
begleitet waren und in denen eine kritische Reflexion der Maßnahmen erfolgte.
3.1 "Mehr Mädchen in Naturwissenschaften und Technik" - Einfluß der Lehrkraft
auf Erfolg oder Mißerfolg
Das Projekt "Mehr Mädchen in Naturwissenschaften und Technik" wurde 1988 und 1989
vom Institut für Psychologie der TU Berlin durchgeführt, die Initiative dazu ging von der
Stiftung "Jugend forscht" aus, finanziert wurde das Vorhaben vom BMBW und der TUB
(vgl. Hannover/Bettge 1993).
Ziel war die "Entwicklung eines Interventionsprogrammes, durch das Mädchen für ein
schulisches und berufliches Engagement im naturwissenschaftlich-technischen Bereich
gewonnen werden können" (ebd., S. V). Der Zusammenhang zwischen Schule und
Berufswahl wird explizit thematisiert. Die zentrale Maßnahme des Modellversuchs bestand
in einer Curriculumveränderung. Gemessen an seiner Zielsetzung kann der Versuch
insgesamt als erfolgreich gelten. Zugleich macht er deutlich, welche Rolle das Engagement
und die Einstellung der Lehrkräfte spielt.
19
An den Interventionen des Modellversuchs waren 16 Schulklassen im 9. Jahrgang an acht
Gymnasien aus vier Bundesländern (Hamburg, Berlin, Nordrhein-Westfalen, BadenWürttemberg beteiligt, 16 weitere Klassen dienten als Kontrollgruppe.
Als Interventionen wurden folgende Maßnahmen erprobt:
• Die Jugendlichen erhielten Experimentierkästen zum Thema Ökologie.
• Im Mathematikunterricht wurde eine sechstündige Unterrichtseinheit durchgeführt, die speziell
auf die Interessen der Schülerinnen und Schüler zugeschnitten war.
• Betriebe aus dem naturwissenschaftlich-technischen Bereich wurden besichtigt.
• Die Schülerinnen und Schüler nahmen an einem technischen Leistungswettbewerb, bei dem
kleine technische Geräte montiert wurden, und
• an zweitägigen Wochenendkursen teil, bei denen Mädchen einen Computerkurs erhielten,
Jungen einen Film über die Schwierigkeiten von Mädchen in Männerberufen sahen; weiterhin
wurde ein physikalisches Experiment mit Alltagsbezug durchgeführt, der Umgang mit der
Videokamera vermittelt und ein Film über die inhaltlichen Schwerpunkte des Wochenendes
gedreht (ebd.).
Als Ergebnisse der Interventionen werden herausgestellt, daß sich die Schülerinnen der
Experimentalgruppe von denen der Kontrollgruppe unterscheiden,
"indem sie 1. mehr Erfahrungen im praktischen Umgang mit alltäglichen technischen
Problemen haben; 2. ihrer Ausbildung und ihrem zukünftigen Beruf relativ zu einer eigenen
Familie ein höheres Gewicht beimessen; 3. weniger Angst vor Mißerfolg haben und
leistungsbezogenen Herausforderungen aufgeschlossener gegenüberstehen; 4. positivere
Vorstellungen über naturwissenschaftliche Berufe haben, mehr soziale Anerkennung bei der
Wahl eines 'mädchenuntypischen' Berufes erwarten und eher beabsichtigen, einen Beruf im
naturwissenschaftlich-technischen Bereich zu ergreifen" (ebd., S. Vf.).
In Bezug auf die Einstellungen zur Mathematik haben sich keine positiven Veränderungen
gezeigt (ebd., S. 158).
In der Hamburger Stichprobe hat eine Lehrerin offensichtlich den beteiligten Schülerinnen
und Schülern vermittelt, daß sie das Vorhaben für unsinnig hält. Im Ergebnis haben die
beteiligten Jugendlichen sowohl destruktive Videofilme erstellt wie in den Befragungen
Antworten gegeben, die Mißerfolg der Intervention signalisieren sollten. Aufgrund dessen
wurde die Hamburger Stichprobe aus der Auswertung ausgeschlossen. Zugleich
interpretieren die Wissenschaftlerinnen dies als deutlichen Beleg für die Wichtigkeit der
LehrerInnen:
"Inhaltlich belegt die negative Wirkung der Interventionen auf die Hamburger Jugendlichen den
enormen Einfluß, den Lehrkräfte auf die Entwicklung der ihnen anvertrauten Schülerinnen und
Schüler haben. Lehrerinnen und Lehrer stellen eine entscheidende moderierende Instanz dar:
welche Wirkung ein Lernangebot auf Schülerinnen und Schüler hat, wird eindeutig durch die
Einstellung der Lehrkraft zu diesem Lernangebot vermittelt" (S. 145).
3.2
"Ohne Jungs ganz anders?" - Bedeutung des "Umfeldes"
Das Projekt "Geschlechtersozialisation und soziale Herkunft in ihrer Bedeutung für
Lernchancen und Lernhindernisse im Informatikunterricht der gymnasialen Oberstufe" lief
in der Sekundarstufe II eines Bremer Oberstufenzentrums (Volmerg/ Creutz/ Reinhardt/
20
Einselen 1996). Die Initiative zu diesem Versuch ging von Mitgliedern des Kollegiums
aus. Beteiligt waren zwei Kursleiterinnen und zwei Kursleiter von Informatikkursen. Die
wissenschaftliche Begleitung wurde von zwei Lehrerinnen sowie zwei
Wissenschaftlerinnen der Universität Bremen durchgeführt. Finanziert wurde das Projekt
vom Senator für Bildung und Wissenschaft sowie der Universität Bremen und dem
Schulzentrum Am Rübekamp.
Ziel des Projektes war die Förderung von Schülerinnen in Informatik. Rekonstruiert
werden sollte, "was sich im Informatikunterricht zwischen Schülerinnen und Schülern,
Lehrerinnen und Lehrern in der Vermittlung des Fachs und im Umgang mit dem Computer
abspielt" (S. 13).
Begleitet wurden fünf Informatikkurse in der gymnasialen Oberstufe, und zwar
• ein Mädcheninformatikkurs im 11. Jahrgang, der von einem Lehrer betreut wurde (Pionierkurs,
Beginn: 1989)
• ein Mädcheninformatikkurs und ein gemischter Kurs im 11. Jahrgang, die jeweils von einer
Lehrerin betreut wurden (Beginn 1990)
• ein gemischter Kurs, der von einem Lehrer betreut wurde (Beginn 1990) und
• ein Mädcheninformatikkurs, betreut von einem Lehrer (Beginn 1991).
Zum Einsatz kamen vielfältige Methoden, von Fragebogenerhebung über
Unterrichtsbeobachtungen, Gruppendiskussionen, Einzelinterviews bis zu Projekttagen
und Evaluationsrunden. Ein zentraler Aspekt war der Vergleich der Mädchenkurse mit den
koedukativen Kursen. Folgende Ergebnisse lassen sich aus dem Modellversuch festhalten:
• Die Mädchen des ersten Mädchenkurses verstanden sich als Pionierinnen und als aktive
Gestalterinnen des Schulversuchs. Ihre Identifikation mit dem Mädchenkurs war groß.
• Die Mädchen der beiden folgenden Kurse nahmen dagegen ein schulisches Angebot wahr, ihre
Basis war also keine kämpferische Mädchensolidarität. Insofern gab es bei Teilen von ihnen
auch keine Identifikation mit dem Mädchenkurs, sondern Aussagen, daß sie lieber einen
gemischten Kurs belegt hätten, was aber stundenplantechnisch nicht ging.
• Die Orientierung der Mädchen an den Jungen wurde im Mädchenkurs nicht aufgehoben. Die
Projektgruppe schreibt: "Die Eigengruppe der Mädchen stärkt sich durch die Schwächung der
Fremdgruppe der Jungen. Damit rekrutiert sich das Selbstbild der Mädchen aus dem Fremdbild
der Jungen" (Volmerg u.a. 1996, S. 138).
• Ein Transfer der Erfolge im Mädchenunterricht in den anschließenden koedukativen Unterricht
gelang nicht. "Der Erfolg im Mädchenkurs hat es den Mädchen offenkundig nicht ermöglicht,
ein souveränes positives Selbstbild aufzubauen" (ebd., S. 141).
• Gestärkt wurde aber offensichtlich die Wahrnehmungsfähigkeit für mädchenbenachteiligende
Formen des koedukativen Kurses. Die Mädchen registrierten die Orientierung des Unterrichts
an den Jungen und die größere Aufmerksamkeit, die diese erhielten, und übten hieran deutliche
Kritik.
Als Fazit aus dem Schulversuch resümieren die Autorinnen:
"Geschlechtergetrennter (Informatik-)Unterricht in der gymnasialen Oberstufe macht ... dann für
Mädchen Sinn, wenn die Schülerinnen und ihre Lehrkräfte in der Lage sind, den Raum jenseits
21
der Geschlechterrolle sinnvoll zu füllen" (ebd., S. 143).
Dies geht jedoch nicht allein und nicht primär im getrennten Unterricht, wenn die
Geschlechterverhältnisse ansonsten an der Schule unverändert sind, d.h wenn vor allem
Lehrer im mathematisch-naturwissenschaftlichen, vor allem Lehrerinnen im sprachlichmusischen Bereich unterrichten, wenn Männer im allgemeinen Vollzeit-, Frauen zu großen
Teilen Teilzeitstellen haben, wenn die Leitung ausschließlich aus Männern besteht.
"Solange die Schulöffentlichkeit diesen heimlichen Lehrplan als alltägliche Realität nimmt,
solange lernen Jungen und Mädchen die Nachrangigkeit des weiblichen Geschlechts in der
gymnasialen Oberstufe. Und sie lernen ebenfalls polarisierte Geschlechtsrollenzuschreibungen.
- All dies lernen auch Mädchen in Mädchenkursen" (ebd., S. 144).
3.3
Koedukation im Physikunterricht - "mädchengerechte" Didaktik als Lösung
Dieses Projekt aus der Schweiz verstand sich als Interventionsstudie, in der es darum ging,
den koedukativen Fachuntericht an schweizerischen Gymnasien und Seminaren zu
verbessern (Herzog/ Labbude/ Neuenschwander/ Violi/ Gerber 1997). Die Besonderheit
dieses Projekts liegt also darin, daß der koedukative Unterricht verbessert werden sollte.
Das Projekt bildet einen Teil des Nationalprogramms 35 "Frauen in Recht und
Gesellschaft". Es wurde von 1994 bis 1997 durchgeführt und von der Universität Bern
wissenschaftlich untersucht. Für das Projekt wurden spezielle Unterrichtseinheiten zur
Optik und Kinematik entwickelt und drei LehrerInnen-Experimentalgruppen gebildet, die
sich darin unterschieden, inwieweit sie an der Entwicklung dieser Unterrichtseinheiten
sowie an einer Sensibilisierung für das Projekt beteiligt waren, die Unterrichtseinheiten
wurden jedoch von allen drei Gruppen unterrichtet. Eine Kontrollgruppe unterrichtete
Optik und Kinematik nach ihrem gewohnten didaktischen Vorgehen (ebd., S. 22).
Auf Seiten der Schülerinnen und Schüler nahmen 31 Klassen mit insgesamt 408
Schülerinnen und 206 Schülern teil. Der Jungenanteil in den Klassen schwankte zwischen
0 und 71,4%, er lag jedoch im Durchschnitt bei den Experimentalgruppen unter einem
Drittel, bei der Kontrollgruppe bei knapp der Hälfte. Die Schülerinnen und Schüler wurden
mit standardisierten Befragungen und Wissenstests befragt. Mit den Lehrkräften der
Experimentalgruppen I und II wurden Interviews sowie Unterrichtsbeobachtungen in
ihrem Unterricht durchgeführt.
Die Auswertung der Ergebnisse ergab zunächst einmal keine Zusammenhänge zwischen
dem experimentellen Design und der Ausprägung von Interessen und Wissen bei den
Schülerinnen. Vielmehr zeigte sich, daß die Unterschiede innerhalb der
Experimentalgruppen größer waren als diejenigen zwischen den Experimentalgruppen und
den Vergleichsgruppen, und daß die Schulzugehörigkeit (Gymnasium versus Seminar)
wichtiger war und keine zufällige Verteilung der Klassen auf die Gruppen erfolgt war. Das
wissenschaftliche Begleitteam gruppierte daraufhin die Schülerinnen und Schüler um
(ebd., S. 125f.). Diese Neugruppierung zeigte dann die erwünschten Ergebnisse. Die
Projektgruppe leitet daraus didaktische Hinweise ab. Sie betont darüber hinaus die
Notwendigkeit, die "reflexive Kompetenz der Lehrkräfte" zu stärken (ebd., S. 213). Ein
"mädchengerechter" Unterricht, der - wie ja Martin Wagenschein schon vor langem
feststellte (Wagenschein 1989, 1990) - auch Jungen nutzt, sollte sich an folgenden
Aspekten orientieren:
22
• "Der Unterricht ist so zu gestalten, daß auf die unterschiedlichen Vorerfahrungen der
Schülerinnen und Schüler in den Bereichen Physik und Technik Rücksicht genommen wird. ...
• Der Unterricht ist sprachlich so zu gestalten, daß er für beide Geschlechter verständlich ist. Es
ist darauf zu achten, daß nicht unreflektiert Ausdrücke verwendet werden, die nur dem einen
Geschlecht geläufig sind. ...
• Der Unterricht ist hinsichtlich der Lehrstoffe kontextuell zu gestalten. Themen und Inhalte
werden nicht abstrakt dargeboten, sondern in bezug auf deren Bedeutung für den Alltag oder für
andere Disziplinen. ...
• Der Unterricht hat auf den besonderen Lern- und Arbeitsstil von Mädchen Rücksicht zu
nehmen. Dieser ist eher kooperativ als kompetitiv. Den Mädchen ist ausreichend Zeit für das
Lösen von Aufgaben einzuräumen. Gruppenarbeiten sind geschlechtshomogen durchzuführen.
Es ist darauf zu achten, daß der expansive Umgang von Knaben mit technischen Geräten den
aufgabenorientierten Lernstil von Mädchen nicht stört. ...
• Der Unterricht ist kommunikativ und argumentativ zu gestalten. Die Sprache ist als Medium
einzusetzen, um physikalische Alltagsvorstellungen aufzudecken und zur Diskussion zu stellen.
...
• Der Unterricht hat unvorteilhaften Leistungsattribuierungen entgegenzuwirken. Die Lehrkraft
soll vermeiden, die bei Mädchen verbreitete Neigung, Misserfolge auf fehlende Begabung und
Erfolge auf günstige äußere Umstände zurückzuführen, zu verstärken. ...
• Der Unterricht ist so zu gestalten, daß der Eindruck vermieden wird, Physik sei eine
Männerdomäne. Die aktive Teilnahme am Physikunterricht darf für die Mädchen nicht in
Widerspruch zur Entwicklung ihrer weiblichen Geschlechtsidentität geraten. ..." (ebd, S. 20/21).
3.4
Mathematik und Technikunterricht – Wichtigkeit von Schulkultur,
Vorbildfunktion und Monoedukation
Mädchenförderung im Mathematik- und Technikunterricht waren Schwerpunkte im BLKModellversuch "Zur Förderung von Selbstfindungs- und Berufsfindungsprozessen von
Mädchen in der Sekundarstufe I". Dieser Modellversuch wurde zwischen 1991 und 1994
an den drei Hagener Gesamtschulen durchgeführt. Der Modellversuch wurde finanziert
von der BLK und dem Land Nordrhein-Westfalen. Die Mädchenförderung im
Mathematik- und Technikunterricht war eingebettet in eine Vielzahl flankierender
Maßnahmen wie Computer-AGs für Mädchen, Einrichtung von Mädchenräumen und
Selbstbehauptungstrainings usw. (vgl. Nyssen u.a. 1996). Der Modellversuch wurde von
Lehrerinnen aus allen drei Gesamtschulen initiiert und konzipiert. Im Mathematik- und
Technikunterricht wurden die in den zuvor beschriebenen Modellversuchen
herausgearbeiteten Maßnahmen zur Mädchenförderung gleichsam gebündelt:
Curriculumrevision, Einrichtung monoedukativer Gruppen, positive Bedeutung der
Lehrperson und die Relevanz des "sozialen Umfeldes", speziell die Atmosphäre in den
LehrerInnenkollegien.
Ziel der Mädchenförderung im Mathematikunterricht war es, ihren Anteil am
Mathematikleistungskurs in der gymnasialen Oberstufe zu erhöhen und ihr
Selbstbewußtsein hinsichtlich ihrer mathematischen Kompetenzen zu fördern.
Im Mathematikunterricht der siebten, achten und neunten Klasse wurden im E-Kurs
jeweils zwei monoedukative Gruppen für Mädchen und Jungen eingerichtet. Daneben gab
23
es noch zwei geschlechtsheterogene G-Kurse. Die leistungsmäßig besseren Schülerinnen
und Schüler wurden also homogen unterrichtet. Der Mathematikunterricht wurde von zwei
Lehrerinnen erteilt. Im zehnten Schuljahr wurden alle Kurse wieder koedukativ
unterrichtet. Von der wissenschaftlichen Begleitung wurde der monoedukative Unterricht
im 9. Jahrgang und der koedukative Unterricht im 10. Jahrgang beobachtet mit dem Ziel
festzustellen, inwieweit sich der monoedukative Mathematikunterricht der Mädchen auf
den koedukativen Unterricht und auf die Motivation und die Leistungen der Mädchen
auswirkt. Außerdem wurden die Mädchen nach ihrem Wahlverhalten in der gymnasialen
Oberstufe und ihrer Zufriedenheit mit der Monoedukation befragt.
Hinsichtlich der Zielsetzungen
• Entwicklung eines auf Mathematik
Geschlechterstereotypisierungen
bezogenen
Selbstbewußtseins
und
Abbau
von
• Entwicklung von sozialer Kompetenz und
• Förderung des Interesses an Mathematik und Entwicklung von Mathematikkompetenz
muß das Projekt insgesamt als sehr erfolgreich bezeichnet werden. Nicht nur die Mädchen
können von einem ihnen zugestandenen Freiraum im monoedukativen Unterricht
profitieren, auch die Jungen fallen nach dieser Zeit durch ein zunehmend positives
Unterrichtsverhalten auf, was Konzentration, Engagement und Hilfsbereitschaft betrifft.
Die Mädchen und Jungen zeigen alle ein vergleichsweise großes inhaltliches Interesse am
Fach Mathematik. Die Mädchen sind, was ihre faktischen Leistungen in diesem Fach und
ihre Beteiligung am Unterricht betrifft, als überdurchschnittlich zu bewerten. Überzeugend
ist auch die Selbstsicherheit und das Selbstbewußtsein, das die Mädchen den Jungen
gegenüber an den Tag legen. Durch das Verhalten von Hilfsbereitschaft, Interesse und
Solidarität statt Konkurrenzorientierung, das die Mädchen offensichtlich in der Phase des
monoedukativen Mathematikunterrichts eingeübt haben, beeinflussen sie auch im
koedukativen Unterricht die Jungen dahingehend positiv, daß die Konkurrenz zwischen
den Geschlechtern und Geschlechterstereotypisierungen abgebaut, zumindest abgemildert
werden. Dieses Ergebnis darf nicht mit der häufig gemachten Beobachtung und Aussage
verwechselt werden, daß Mädchen durch ihr ausgeprägtes Sozialverhalten den Unterricht
erst möglich machten. In solchen Äußerungen werden Mädchen zur ‘Sozialschmiere’
degradiert. In dem hier beschriebenen Mathematikunterricht handelt es sich - im Gegensatz
zum traditionellen Unterricht - um Prozesse intendierter Mädchenförderung, die von den
Lehrerinnen mit dem Ziel vorbereitet und durchgeführt wurden, daß Mädchen ihre
Leistungspotentiale entwickeln und stärker als sonst entfalten können. Die Mädchen
werden nicht - gleichsam unbewußt - dazu benützt, ‘die Jungen in Schach zu halten’,
sondern sie sollen um ihrer selbst Willen und nicht in bezug auf die Jungen gefordert und
gefördert werden.
Die Mädchen sind in der siebten und neunten Klasse von den beiden
Mathematiklehrerinnen nach ihrer Einschätzung der Monoedukation befragt worden. Es
überwog bei weitem die positive Einschätzung mit den Begründungen, daß in
monoedukativen Gruppen die Mädchen von den Jungen nicht abwertend kommentiert und
ausgelacht wurden, daß die Mädchen mehr Mut hatten, Fragen zu stellen, und daß in den
24
monoedukativen Kursen ein gutes und ruhiges Arbeitsklima herrschte (vgl. Endbericht des
Projektes 1994, S. 73f.).
Auch drei Jahre später, kurz vor dem Abitur, überwiegt die positive Einschätzung. Sieben
Mädchen lehnen die Monoedukation im Nachhinein ab ("fand ich nicht so gut,
überflüssig"), 17 Mädchen dagegen betonen auch nach drei Jahren noch die positiven
Auswirkungen ("war gut, man hatte mehr Mut, etwas zu sagen", "Ich finde die Teilung gut,
da vor allem die Mädchen dann unter sich sind und sie nicht untergebuttert werden, so
kommen die meisten aus sich heraus", "Diese Gruppierung finde ich auch heute noch gut",
"Gut, weil sich viele Mädchen mehr getraut und sich mehr zugetraut haben"). Die
Antworten der Jungen sind ambivalenter: entweder antworten sie gar nicht oder sie haben
keine Erfahrung mit dem monoedukativen Mathematikunterricht, weil sie im G-Kurs
waren bzw. von einer anderen Schule gekommen sind. Die anderen Antworten reichen von
"super" bis "nutzlos" oder es wird der Stellenwert der Klassengemeinschaft unterstrichen.
Neben der Verbesserung des sozialen Klimas zwischen den Geschlechtern und dem Abbau
von Geschlechterstereotypisierungen sind als weitere Ergebnisse die Erhöhung der
mathematischen Leistungen bei den Mädchen, aber auch bei den Jungen, und die
Erweiterung des Interessenspektrums zu nennen. Am Ende des 10. Schuljahres sind die
Mädchen und Jungen nach ihrer Wahl der Leistungskurse in der gymnasialen Oberstufe
befragt worden.
"Von 25 Mädchen wollen neun den Schwerpunkt Mathe (LK), Technik (GK) wählen, bei den
Jungen sind es 15 von 29 Schülern. Zehn Mädchen, aber nur ein Junge, würden Mathematik als
zweiten Leistungskurs wählen" (Endbericht des Projektes 1994, S. 76)2.
Erwähnt werden muß das positive Vorbild der beiden Mathematiklehrerinnen, da sie
einerseits allein durch die Tatsache, daß sie als Frauen Mathematik unterrichten, für die
Geschlechtsidentifikation der Mädchen von Bedeutung sind, und weil sie andererseits
durch ihren ermutigenden und motivierenden Unterricht Hemmungen und Unsicherheiten
der Mädchen aus dem Weg räumen konnten (vgl. Nyssen u.a. 1996, S. 93ff). Die
Ergebnisse zum Technikunterricht sind vergleichbar. Auch hier zeigten sich die Bedeutung
monoedukativer Gruppen, von Curriculumrevision und die Wichtigkeit des
LehrerInnenverhaltens – neben der gesamten Atmosphäre in der Schule und im
Lehrerkollegium – als die wesentlichen Variablen für den Erfolg der Mädchenförderung
(vgl. Nyssen u.a. 1996, S. 29ff).
3.5 Zwischenfazit
Betrachtet man die vorgestellten Modellversuche noch einmal zusammenfassend, so liegt
ihr Verdienst weniger darin, durch einzelne Maßnahmen ihre Ziele erreicht zu haben ohne dieses Ergebnis damit etwa gering schätzen zu wollen -, sondern darin, gerade in der
Analyse auch der Schwierigkeiten und Probleme die Bedeutung des Zusammenspiels
verschiedener Faktoren aufgewiesen zu haben.
• Als zentral wichtige Variable ergab sich - dies läßt sich durchgängig konstatieren - die
Bedeutung der Einstellung der beteiligten Lehrkräfte. Ihre Sensibilität und ihr Wille,
2
In dieser Schule werden in der gymnasialen Oberstufe jeweils zwei Fächer zu Schwerpunkten zusammengefaßt, hier Mathematik und
Technik. Mathematik als 2. Leistungskurs wurde nicht angeboten.
25
Geschlechterverhältnisse zu verändern, junge Frauen zu stärken, ohne junge Männer zu
benachteiligen, waren ausschlaggebend für die Akzeptanz von Maßnahmen wie für ihren
Erfolg.
• Ein zweites wesentliches Moment verweist auf die Rolle der Schülerinnen und Schüler an
solchen Versuchen: Nur wenn sie als mitgestaltende Subjekte eingebunden sind - und nicht als
zu behandelnde Objekte - kommt es zu veränderten Umgangsweisen und nicht zum
"Geschlechterkampf".
• Als weitere wichtige Faktoren sind die Entwicklung eines beiden Geschlechtern gerecht
werdenden Curriculums und die reflektierte und flexible Veränderung der
Unterrichtsorganisation zu nennen, die nicht schematisch angewandt werden, sondern
eingebettet sein müssen in ein umfassendes Konzept von Mädchen- und Jungenförderung.
4.
Schule und Berufsorientierung
Berufsorientierung und Beratung bei Schullaufbahnen und Berufswahlentscheidungen ist
in den letzten Jahren immer stärker als Aufgabe von Schule gefordert worden. In der
jüngsten Umfrage des IFS stimmen 80% der Befragten in den neuen und 64% in den alten
Bundesländern dem Statement zu, Schule solle sich mehr als bisher um die Vorbereitung
auf das Berufsleben kümmern. Zu keinem anderen Statement ist die Zustimmung so hoch
(vgl. S. in diesem Band). Die Notwendigkeit schulischer Berufsorientierung ist also
unbestritten und wird auch von den Schülerinnen und Schülern gewünscht.
Schülerinnen und Schüler stellen der Schule allerdings ein schlechtes Zeugnis aus: Sie
erfüllt ihre Hausaufgaben hinsichtlich der Berufsorientierung nur recht mangelhaft, so das
Ergebnis einer repräsentativen Befragung Flensburger AbiturientInnen von 1990. Die
Mehrheit der Abiturientinnen (68,7%) und Abiturienten (59%) wünschen sich von der
Schule mehr Orientierungshilfen bei der Berufswahl (vgl. Glumpler 1992, S. 248).
Nicht positiver äußern sich die im Rahmen des Modellprojekts "Andere Berufe für
Mädchen" befragten 889 Haupt-, Real- und Gesamtschülerinnen. 56% von ihnen wünschen
sich von der Schule eine bessere Berufsorientierung (vgl. Freimuth 1994, S. 45).
Die Bedeutung der Schule für die Berufsorientierung liegt nicht nur in der Berufsberatung
im engeren Sinne, d.h. in der Informationsvermittlung über bestimmte Berufe, sondern
auch darin, Mädchen (und Jungen) eine möglichst breite Interessensentwicklung zu
ermöglichen. In Bezug auf die Berufsorientierung stellen sich der Schule – neben der
Vermittlung von Informationen – weitere Aufgaben, die sich auf ihre
Sozialisationsfunktion beziehen: die Stärkung des Selbstvertrauens von Mädchen und
Jungen, auch für ihr Geschlecht untypische Berufe in Erwägung zu ziehen und ein breites
Interessenspektrum zu entwickeln. Damit einher geht der Abbau geschlechtsstereotyper
Zuschreibungen bestimmter Berufe als besonders für Frauen/ Männer geeignet.
Angesichts der vorliegenden Daten und der gesellschaftlichen Bedeutung der Berufswahl
der Mädchen stehen die Berufswahlorientierung und das Berufswahlverhalten von
Mädchen in den letzten Jahren im Mittelpunkt vieler Maßnahmen zur Mädchenförderung.
Seit den 80er Jahren starteten eine Vielzahl von Organisationen wie die
Gleichstellungsbeauftragten der Kommunen, Gewerkschaften, Länder, einzelne
Ministerien usw. Initiativen zur Erweiterung des Berufswahlspektrums der Mädchen (vgl.
26
Nyssen 1996, S. 138f).
Diese Projekte "Mädchen in Männerberufe, Mädchen in die gewerblich-technischen
Berufe" konzentrierten sich auf die Erweiterung der traditionellen Berufseinmündung von
jungen Frauen und auf die Phase der Berufsausbildung und den Berufsverlauf in einem
gewerblich-technischen Beruf (vgl. zusammenfassend Hoose/ Vorholt 19972, S. 132ff.).
Schulische Modellversuche zur Förderung/ Erweiterung des Berufswahlspektrums von
jungen Frauen sind uns aus dieser Zeit nicht bekannt bzw. sind nicht dokumentiert. Einen
Überblick darüber, ob und wie Schule ihrer Aufgabe der Berufsorientierung – außer dem
obligatorischen Betriebspraktikum in der Sek I in der Haupt-, Real- und Gesamtschule
(vgl. Faulstich-Wieland 1996) – nachkommt, existiert u.W. nicht. Ebenso wenig haben wir
Kenntnis davon, mit welchen Formen der Berufsorientierung wie Schnupperkurse, gezielte
Betriebspraktika, Vorträge von ExpertInnen (beispielsweise im Rahmen von Öffnung von
Schule) wieviele Schulen experimentiert bzw. was sie installiert haben. Die Bedeutung
schulischer Berufsorientierung insbesondere für Mädchen wurde erst mit einer breiteren
Rezeption der Ergebnisse der feministischen Schulforschung evident. Während den älteren
Versuchen zur Mädchenförderung die Auffassung zugrunde lag, Mädchenförderung müsse
als Kompensation für technische Defizite begriffen werden und es bedürfe einer
Angleichung der jungen Frauen an die jungen Männer, berücksichtigen die neueren
schulischen Modellversuche die spezifische Situation der Mädchen, die sich in ihrer
doppelten Vergesellschaftung und ihrer doppelten Lebensplanung auf Beruf und Familie
ausdrückt. Die heutigen Versuche zur Förderung der Berufs- und Lebensorientierung von
Mädchen machen den Versuch, stärker an die gegenwärtigen Bedürfnisse und Interessen
der Mädchen anzuknüpfen. Sie begreifen die Widersprüche und Ambivalenzen von
Mädchen in ihrer doppelten Zukunftsorientierung auf Beruf und Familie als Ausdruck ihrer
gesellschaftlich bedingten Lebenssituation. Sie haben das Ziel, Mädchen mehr
Kompetenzen und Selbstbewußtsein für ihre berufliche und ‘private’ Zukunft zu
vermitteln, ohne ihnen konkrete Vorschriften für richtige Lebensführung und
Berufsentscheidungen zu machen. Dies beinhaltet die Erweiterung des Arbeitsbegriffs und
die Grundannahme, Berufsorientierung als Lebensplanung zu begreifen.
Ein solches Verständnis von Berufsorientierung liegt auch den BLK-Modellversuchen zur
Berufsorientierung, auf die wir hier näher eingehen wollen, zugrunde.
4.1
"Zur Förderung von Selbstfindungs- und Berufsfindungsprozessen von
Mädchen in der Sekundarstufe I"
Hinsichtlich der Berufsorientierung verfolgt der bereits erwähnte Hagener Modellversuch
die generellen Ziele, das Berufswahlspektrum der Mädchen zu erweitern, ihre
Selbsfindungsprozeß zu unterstützen und eine selbstbewußte Berufswahl zu ermöglichen.
Im achten Jahrgang liegt der Schwerpunkt der berufsorientierenden Förderung im
gewerblich-technischen Bereich. Dabei ist die Berufsorientierung eingebettet in die
gesamte Lebensplanung. Vorbereitet auf die berufsorientierenden Maßnahmen werden die
Mädchen und Jungen in jeweils geschlechtshomogenen Gruppen in einem dreitägigen
außerschulischen Lebensplanungsseminar. Danach nehmen die Mädchen und Jungen an
einem einwöchigen Schnupperpraktikum in einer überbetrieblichen gewerblichtechnischen Ausbildungsstätte der Industrie- und Handelskammer (IHK) teil. Es folgen
27
Stadtteilprojekte in gewerblich-technischen Lehrwerkstätten, die sich über ein halbes Jahr
erstrecken und einmal pro Woche an einem Nachmittag stattfinden.
Im neunten Schuljahr steht das obligatorische Betriebspraktikum im Mittelpunkt der
berufsfördernden Maßnahmen. Dieses wird in der Schule vor- und nachbereitet. Die
Nachbereitung wird in Zusammenarbeit mit dem DGB in einem einwöchigen Seminar
durchgeführt.
Im zehnten Schuljahr findet dann zum Abschluß des Modellversuchs eine Projektwoche
zur weiteren Berufsorientierung statt, in der die Schülerinnen - je nach Schulabschluß - in
einzelnen Gruppen gezielt Informationen über berufliche Möglichkeiten und Studiengänge
erhalten. Während der Projektwoche besuchen die Mädchen, die auf die gymnasiale
Oberstufe wechseln werden, die naturwissenschaftlich-technischen Fachbereiche der
Universität Dortmund und der Universität GH Wuppertal.
Die Ergebnisse der berufsorientierenden Maßnahmen müssen vor dem Hintergrund der
sozialen Voraussetzungen der Schülerinnen gesehen werden. Die Mädchen kommen zum
überwiegenden Teil aus der Arbeiter- oder unteren Mittelschicht. Nur wenige Schülerinnen
leben in einer Familie mit höherem Bildungsniveau. In den meisten Familien sind die
Mütter und Väter berufstätig. 35 % der Mädchen leben in Einelternfamilien. 10 % der
Schülerinnen sind zu Beginn des Modellversuchs Sozialhilfeempfängerinnen (vgl. Antrag
der Schulen 1990, S. 11). Anfang 1996 sind es nach Auskunft einer Lehrerin bereits 18 %.
Die Ergebnisse sind auch einzuordnen in die gesamte Mädchenarbeit, die in dieser Schule
organisiert wird, wie ein Mädchenraum, Arbeitsgemeinschaften nur für Mädchen und
Selbstbehauptungskurse.
Der Modellversuch hat die Möglichkeiten von Schule, Selbstfindungsprozesse der
Mädchen zu unterstützen und ihnen so eine selbstbewußte Berufswahl zu ermöglichen,
ebenso deutlich gemacht wie die Grenzen schulischer Berufsorientierung. Die Ergebnisse
sind ambivalent einzuschätzen.
Als positive Auswirkungen lassen sich folgende Ergebnisse nennen:
• Die Berufsmotivation der Mädchen ist ebenso hoch wie die der Jungen. Daß sie berufstätig sein
wollen, ist für die Mädchen selbstverständlich.
• Die Berufsmotivation der Mädchen ist in der zehnten Klasse im Vergleich zum achten Jahrgang
deutlich gestiegen. Sie ist höher als diejenige der Mädchen, die nicht an gezielten Maßnahmen
zur Erweiterung des Berufswahlspektrums teilgenommen haben.
• Das Berufswahlspektrum der Mädchen ist erheblich erweitert worden. Sie haben neue, bislang
für sie unbekannte Berufe kennengelernt, wenn auch für sich nicht angenommen. Dabei wird
die Ablehnung, in den technisch-gewerblichen Berufen eine Lehre zu beginnen, von den
Mädchen rational und argumentativ begründet.
• Das Selbstbewußtsein der Mädchen hinsichtlich ihrer Kompetenzen in gewerblich-technischen
Berufsbereichen ist gestiegen. Die Mädchen haben in ihr Selbstbild integriert, daß sie als Frauen
genauso kompetent in technischen Berufen sein können wie Männer.
• Ebenso hat eine intensive Auseinandersetzung mit der gesamten Lebensplanung, die sich auf
Beruf und Familie, auf Produktion und Reproduktion bezieht, stattgefunden. Die Mädchen
fordern zu Ende des Modellversuchs deutlich häufiger und eindringlicher die Mitwirkung des
Partners im Reproduktionsbereich ein.
28
Die vorliegenden Ergebnisse legen die Vermutung nahe, daß der durch die Schule initiierte
Berufswahlprozeß bei Schülerinnen, die einen hohen Schulabschluß wie das Abitur
anstreben, eher dazu führen, das Berufswahlspektrum zu erweitern, als bei den
Schülerinnen, die nach der zehnten Klasse die Schule verlassen.
Zwar können sich weniger Mädchen als Jungen vorstellen, nach dem Abitur zu studieren,
aber wenn sie studieren wollen, schließen sie die Wahl eines Studienfaches aus dem
mathematisch-technisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen keineswegs aus. Ganz
offensichtlich hat der Besuch an der Universität Dortmund einige Mädchen motiviert, über
ein Studium nachzudenken, was sie vorher für sich ausgeschlossen hatten.
Deutliche Grenzen zeigt der Modellversuch bei den Mädchen, die die Schule nach der
zehnten Klasse verlassen und eine Lehrstelle suchen. Diese Mädchen verbleiben in den
traditionell weiblichen Berufsbereichen. Deutlich geworden ist bei diesen Schülerinnen,
daß der geschlechtsspezifisch segmentierte Arbeitsmarkt mit seinen Segmenten ohne
Frauen das Berufswahlspektrum ebenso begrenzt wie geschlechtsabhängige Vorlieben der
Mädchen für den ‘Umgang mit Menschen’, die gesellschaftlichen Einschränkungen durch
die doppelte Orientierung auf Beruf und Familie und die nahezu ausschließliche
Zuständigkeit von Frauen für den Reproduktionsbereich, die von einigen Mädchen
verinnerlicht ist. Gleichzeitig zeigen die Mädchen aber auch ein ausgeprägtes
Selbstbewußtsein, indem sie an ihrem einmal gewählten Beruf festhalten. Sie lassen sich
nicht in Berufe drängen, die sie nicht als die ihren akzeptieren und begründen ihre
Ablehnung argumentativ.
In Bezug auf die Jungen muß folgender Aspekt hervorgehoben werden: Die Jungen sind
mit der Berufsorientierung mehrheitlich zufrieden. Hier zeigt sich deutlich, daß
Maßnahmen zur Mädchenförderung auch den Jungen nutzen. Auch die Jungen haben mehr
und ausführlicher über Berufe erfahren. Mädchenförderung bedeutet also, was die
berufsorientierenden Maßnahmen betrifft, implizit auch Jungenförderung (vgl. Nyssen u.a.
1996, S. 133ff).
4.2
"Berufsorientierung und Lebensplanung von Mädchen und Jungen"
Der Modellversuch fand von 1994/95 bis 1996/97 in Zusammenarbeit mit 21 Lehrerinnen
und Lehrern aus sieben Gesamtschulen, zwei Realschulen und einem Gymnasium in
Brandenburg statt. Er wurde von der BLK und dem Land Brandenburg finanziert und unter
Leitung von Doris Lemmermöhle wissenschaftlich begleitet.
"Der Modellversuch setzte an einer engen Verbindung von Berufs- und Lebensplanung
bzw. –gestaltung und einem auf die gesamte gesellschaftlich notwendige Arbeit bezogenen
Arbeitsbegriff an und versuchte sowohl das persönliche Interesse der Jugendlichen an
subjektiver befriedigender Arbeit als auch die tiefgreifenden Probleme und
Herausforderungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt aufeinander zu beziehen"
(Lemmermöhle u.a. 1997, S. XXIX).
Ziel des Modellversuchs war die Erweiterung, Überprüfung und Erprobung des
"Bielefelder Konzepts einer arbeitsorientierten und geschlechterbewußten Bildung für die
Sekundarstufe I". Das Bielefelder Konzept beinhaltet didaktische Materialien für den
Arbeitslehre-, Gesellschaftskunde-, Geschichts- und Deutschunterricht, die Ende der
29
80er/Anfang der 90er Jahre am Bielefelder Zentrum für Lehrerbildung unter Leitung von
Doris Lemmermöhle erarbeitet und seitdem vielfach in Schulen eingesetzt und in
LehrerInnenfortbildungen diskutiert wurden (vgl. Lemmermöhle 1990 ff.). Neu gegenüber
dem ursprünglichen Konzept ist eine stärkere Berücksichtigung von Jungensozialisation,
eine Aktualisierung auf die besonderen Entwicklungstendenzen in den neuen
Bundesländern und die Anpassung an die unterrichtlichen Voraussetzungen in
Brandenburg. Hauptmaßnahme waren Fortbildungsveranstaltungen mit den beteiligten
LehrerInnen, die die Überarbeitung der Materialien vornahmen, sie im Unterricht
erprobten und ihre Erfahrungen austauschten. Als ein wesentliches Ergebnis des
Modellversuchs ist hervorzuheben, daß die Mehrheit der beteiligten Schulen Schulpläne
zur Berufsorientierung und Lebensplanung, die von den Fachkonferenzen der Schule und
bei schulinternen Fortbildungen entwickelt wurden, verabschiedet hat (vgl. ebd. S. XXXI).
"An
einzelnen
der
beteiligten
Modellversuchsschulen
sind
inzwischen
Berufebörsen/Berufemärkte in Kooperation mit regionalen Betrieben, Berufsberatungen,
Kammern usw. durchgeführt worden, bei denen die Jugendlichen Informationen erhalten
und mit ausbildenden Betrieben in Kontakt kommen. Auch wenn dies nicht unmittelbar zu
weiteren Ausbildungsplätzen führt, so können diese Aktivitäten helfen, das Thema in die
Öffentlichkeit zu bringen, die Relevanz des Themas deutlich zu machen. Zugleich sind
diese Aktivitäten Handlungsmöglichkeiten für die Jugendlichen, ihr Anliegen selbst zu
vertreten" (ebd. S. XXXI).
Alle teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrer halten es für unverzichtbar, "die
unterschiedlichen Bedingungen und Perspektiven der Mädchen und Jungen im Unterricht
zu berücksichtigen" (ebd. S. XXI), wobei die Reaktion der Schülerinnen und der Kollegien
auf eine "geschlechterbewußte Bildung" in ihrer Mehrheit positiv ist (vgl. ebd. S. XXI).
Berufsorientierung muß notwendig Lebensplanung umfassen, gerade in den neuen
Bundesländern, darin waren sich alle beteiligten Lehrerinnen und Lehrer einig. Die
Vertreterinnen des einzigen Gymnasiums verwiesen auf die Notwendigkeit von
Berufsorientierung auch im Gymnasium, sind aber skeptisch hinsichtlich deren
Realisierung (vgl. ebd. S. XXII).
4.3
Fazit
Die Berufswahl der Mädchen stellt einen äußerst komplexen biographischen Prozeß dar, in
dem objektive Bedingungen und subjektive Voraussetzungen ineinandergreifen. Die
generelle Situation auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und die spezifische Situation
in der Region, der Einfluß der Eltern und der peer-groups und gesellschaftliche Ideologien
über die Rolle der Frau sind ebenso zu benennen und zu berücksichtigen wie die familiären
Sozialisationsvoraussetzungen, die Schulausbildung, die Lebensplanung in bezug auf
Partner und Kinder, die möglichen Vorbilder und viele andere Unwägbarkeiten. Vor allem
die Entwicklungen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und der Einfluß der Eltern
begrenzen die Möglichkeiten schulischer Berufsorientierung. Alle diese Variablen können
die gezielte Förderung und Erweiterung des Berufswahlspektrums durch die Schule
unterstützen oder konterkarieren.
Dennoch ist die Notwendigkeit schulischer Berufsorientierung unbestritten und wird auch
von den Schülerinnen und Schülern eingefordert. Schule kommt im Prozeß der
30
Berufsorientierung von Mädchen und Jungen deshalb eine so entscheidende Bedeutung zu,
weil sie die einzige Institution ist, die alle Mädchen und Jungen erfaßt und alle Mädchen
und Jungen - zumindest formal – erreicht. Dabei kann, das haben die Erfahrungen vor
allem in Brandenburg überaus deutlich gemacht, Berufsorientierung sich nicht auf
Informationen über Ausbildungs- und Arbeitsplätze beschränken (zumal wenn es keine
gibt), sondern muß den Prozeß der gesamten Lebensplanung mitumfassen. Die jüngste
Shell-Jugendstudie (1997) belegt eindrucksvoll, daß "wenn die Arbeitsgesellschaft zum
Problem wird, (...) auch die Jugendphase als Phase der biographischen Vorbereitung auf
diese Gesellschaft zum Problem werden (muß)" (Jugendwerk der Deutschen Shell 1997, S.
13). "Schule wird Schülerinnen und Schüler darauf vorbereiten müssen, mit den
Unsicherheiten der in die Krise geratenen Arbeitsgesellschaft und Arbeitsteilungen
umgehen zu können. (...) Schule hat die Aufgabe, die Unsicherheiten der Zukunft
aufzudecken und zugleich – denn sonst würde sie nur Angst vermitteln – Vertrauen auf die
eigenen Fähigkeiten (...) und Aufrechterhaltung des Selbstwertgefühles auch bei
Mißerfolgserlebnissen zu ermöglichen (vgl. Baethge 1995)" (Lemmermöhle/ Nyssen
1998). Dies betonen als Ergebnis auch beide der hier dargestellten Modellversuche, leiser
der Hagener Versuch, ausdrücklicher an die am Modellversuch beteiligten Schulen in
Brandenburg sowohl: die beteiligten Schulen in Brandenburg als auch die Hagener
Gesamtschulen haben "Berufsorientierung und Lebensplanung" entweder bereits in ihr
Schulprogramm aufgenommen oder sie planen dies für die nähere Zukunft (vgl.
Bertelsmann-Stiftung 1996, S. 267f und Lemmermöhle 1997, S. XXXI).
5.
Perspektiven
Modellversuche, die die Geschlechterverhältnisse in der Schule verändern wollen,
befinden sich in einem hochkomplexen Feld, auf das sie letztlich nur unterkomplex
reagieren können: Die gesellschaftlich vorherrschende geschlechtsspezifische
Arbeitsteilung wirkt real wie symbolisch auch auf die Gestaltung von Schule. Dies
widerspiegelt sich nicht zuletzt in den Zahlenverhältnissen von Lehrerinnen und Lehrern
auf den verschiedenen Ebenen des Schulwesens. Die Grundschule als vermeintlich wenig
professionalisierter Umgang mit Kindern ist das Feld von Frauen. Die Sekundarstufe II als
vermeintlich am stärksten fachliche Ansprüche realisierende Bildungseinrichtung ist die
Domäne von Männern. Teilzeitarbeit als Möglichkeit der Verbindung von Familie und
Beruf wird vor allem von Lehrerinnen wahrgenommen. Leitungsaufgaben liegen nach wie
vor primär in der Hand von Männern. Die ungleiche Verteilung der Lehrkräfte im
männlich dominierten naturwissenschaftlich-technischen und weiblich dominierten
sprachlichen Bereich bestärkt die symbolische Bedeutung dieser Bereiche als männlich
bzw. weiblich.
Die Symbolhaftigkeit dieser Ordnung aufzubrechen, erfordert also immer ein
Gegensteuern, einen Verweis auf Ausnahmen und Besonderheiten. Dies schafft notwendig
einen Widerspruch zur Zielsetzung, Gleichheit der Geschlechter zur Normalität und
Selbstverständlichkeit werden zu lassen. Dies betrifft vor allem die selbstverständliche
Vorstellung, daß Mädchen einerseits gleiche Interessen an Mathematik,
Naturwissenschaften und Technik ebenso haben (können) wie andererseits Jungen an
Sprachen und den Künsten.
31
Dabei ist die eigene Person, sind die Lehrerinnen und Lehrer, in diesem Prozeß weit
stärker gefordert als bei anderen schulischen Fragen: Mädchenförderung tangiert und
betrifft nicht nur einzelne Aspekte des LehrerInnenhandelns, sondern berührt die eigene
Geschlechtsidentität und damit die eigene Identität insgesamt. Es entsteht die
Notwendigkeit,
die
eigene
Geschlechtsrollenidentität,
die
eigenen
Geschlechtsrollenstereotypisierungen zu hinterfragen und das LehrerInnenhandeln zu
problematisieren.
"Da die Geschlechterfrage jede Person in ihrer Identität, ihrem Selbstbild und ihrer
Lebensgeschichte, in ihrer Emotionalität und sexuellen Selbstdarstellung berührt, ist es oft
schwierig, die persönlichen und intimen Ebenen dieser Thematik angemessen zu bearbeiten und
der Reflexion zugänglich zu machen" (Sommerkorn 1995, S. 15).
Deutlich wird daran, daß eine Reform von oben, eine Verordnung des Themas kaum zum
Erfolg führen kann. Gilt dies generell für Schulrefomen (vgl. Hänsel/ Huber 1996), so gilt
es erst recht für Modellversuche, die das herrschende Geschlechterverhältnis in Frage
stellen. Die von uns analysierten Projekte zur Mädchenförderung haben gezeigt, daß diese
nur dann erfolgreich waren, wenn sie von denen, die sie durchführen (sollen), auch
mitgetragen bzw. mitentwickelt worden sind. Allerdings ergibt sich hier ein Dilemma:
Viele Schulleitungen und -kollegien nehmen Mädchenförderung erst dann zur Kenntnis
oder erst dann ernst, wenn die Anstöße dazu gleichsam von ‘oben’ kommen, wie aus
Berichten von Lehrerinnen zu entnehmen ist.
Die Analyse der vorgestellten Modellversuche hat neben einer Fülle von didaktischen,
curricularen und organisatorischen Hinweisen sowie neben dem Aufzeigen von
Sensibilisierungsmöglichkeiten vor allem deutlich gemacht, daß es um Schulentwicklung
insgesamt geht, wenn Geschlechterverhältnisse geändert werden sollen. Die Einbettung
einzelner Maßnahmen in eine Veränderung der Schulkultur vermag sichtbare Erfolge zu
erbringen. Ein zentrales Moment dafür ist jedoch der Wille zur Veränderung von
Geschlechterverhältnissen bei den Beteiligten. In Nordrhein-Westfalen sind alle Schulen
aufgefordert, Mädchen- und Jungenförderung in ihr Schulprogramm und –profil
aufzunehmen. Damit ist zunächst einmal die Voraussetzung geschaffen, das Thema ernst
zu nehmen, es als gesellschaftlich relevantes Problem zu sehen. Für die Umsetzung
müssen die Lehrenden und Lernenden gewonnen werden, sie müssen befähigt werden, die
ihnen zugeordneten Gestaltungsräume auszufüllen, sie müssen "ermutigt und in den Stand
gesetzt werden, auf Probleme, die sie wahrnehmen, mit eigenen Entwürfen und Versuchen
zu antworten" (Hänsel/Huber 1996, S. 10). Wie die Bildungskommission NordrheinWestfalen festgestellt hat, sollte den Lehrerinnen und Lehrern Supervision angeboten
werden, um die Differenziertheit und Komplexität der Koedukationspädagogik bearbeiten
zu können. Um reflexive Koedukation in Schule Wirklichkeit werden zu lassen, ist der
erklärte politische Wille nicht zu unterschätzen. Darüberhinaus bedarf es aber
wahrscheinlich eher der gezielten Unterstützung und Begleitung jener Schulen, die diese
Aufgabe "von unten" aufnehmen als einer bürokratischen Durchsetzung an allen Schulen
"von oben".
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32
Berufsfindungsprozessen von Mädchen in der Sekundarstufe I". Hagen 1990
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Schulversuchs. Fit-Schriftenreihe H. 5. Darmstadt 1995
Dokumentation der Fachtagung im Rahmen des Dialog über die Denkschrift der
Bildungskommission in NRW "Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft". Neue Wege zur
Gestaltung der koedukativen Schule. Reflexive Koedukation als Element der Schulentwicklung –
Standortbestimmung, Ziele, Handlungsperspektiven – Ministerium für Schule und Weiterbildung
in Kooperation mit dem Landesinstitut für Schule und Weiterbildung. Soest 1998
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