Hamburg – die kühle Schöne
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Hamburg – die kühle Schöne
1 Hamburg – die kühle Schöne Hamburg ist eigentlich (wieso eigentlich eigentlich?) meine deutsche Lieblingsstadt. Nicht so sauber und aufgeräumt wie die grosse Konkurrentin München (das a bisserl provinziell ist, halt), nein, hier weht ein leiser Hauch von Melancholie. Die Elbe bringt die Weltstadtluft, aber auch eine sehr reizvolle Tristesse mit ihren teils vernachlässigten städtebaulichen Situationen. Die versprayten S-Bahnzüge tun ihr übriges. Aber auch hier gibt es wunderbare heile Welten. Unten in Blankenese oder dicht am Zentrum in Harvestehude oder Uhlenhorst, also in der Nähe des anderen Gewässers, der Aussenalster sieht alles wunderbar geputzt und wertigst renoviert aus, mit schönen Läden, feinen Restaurants und alten Häusern in denen man gern wohnen würde. Apropos wohnen. Fahren Sie nicht morgens hin und abends wieder zurück, das geht ganz gut, macht aber keinen Spass. Investieren Sie mindestens eine, besser mehrere Nächte, besuchen Sie die Oper und eine Ausstellung und leisten Sie sich ein feines Hotel, denn auch hier ist es so, dass der Spezialpreis eines führenden Stadthotels gar nicht sehr viel höher als der Normalpreis einen Durchschnittshotels ist. Hier einige persönliche Empfehlungen: Im Zentrum Hotels Hotel Vier Jahreszeiten Das alte Schlachtschiff hat viele Besitzerwechsel erlebt, ist aber immer noch das Tophotel der Stadt. Sehr gute Restaurants im Haus, vor allem das Haerlin. Oft günstige Specials, unbedingt ein schönes Zimmer verlangen, es gibt auch hier echte Katzenzimmer. Stimmungsvoller Frühstücksraum. Kleine, edle Bar, wunderbarer Tearoom. Alles in allem ein perfekter Ort direkt an direkt Binnenalster und Innenstadt. Side Side hotel . Das optische Gegenteil. Da lacht das Architektenherz. Durchgestylt sind Bar, Resto, Zimmer und Empfang, selbst der Besuch der Örtlichkeiten jagt einem kalte Schauer über den Rücken. Wie sagte kürzlich ein dort wohnender Freund? „Keine Socken liegen lassen, das stört den Gesamteindruck!“ Sehenswert. Und es liegt direkt gegenüber der Staatsoper. Restaurants und Bars Die beiden vorgenannten Restaurants und auch die Bars sind immer zu empfehlen. Meine Lieblingskneipe aber ist das Cafe Paris an der Rathausstrasse Tel. 32 52 77 77 , geöffnet tägl. von 10.00 bis 24.00. In dem authentisch wirkenden Lokal mit seinen Jugendstilfliesen kann man eigentlich den ganzen Tag verbringen. Guter Wein gutes Essen, gutes Frühstück, sehr zentral. Aber doch irgendwie versteckt. Weinhexe im berühmten Chilehaus befindet sich dieses kleine über mehrere Etagen verteilte Restaurant. Sehr gute und abwechslungsreiche Vorspeisenauswahl. Gute Weine. Etwas abgelegen, besuchenswert. Teatime im Renaissance-Hotel am Ende der vielen Passagen, die auch zu Hamburgs Ruhm beigetragen haben, denn hier kann man auch beim gar nicht so seltenen Nieselregen perfekt bummeln, am Ende also der Hanse-Passage liegt das würdige Renaissance-Hotel und hier kann man ganz englisch sich ein paar Gurkensandwiches und Scones mit Clotted Cream zum Earl Grey servieren lassen. Und recht neu: Die Bank. Nicht weit vom Renaissance wurde auf den Hohen Bleichen eine Gründerzeit-Kassenhalle der Hypobank sehr geschmackvoll zu einer Brasserie umgestaltet. Zum Essen oder Drinnehmen ab 11.30 Uhr, Sonntags zu. In 2006 superangesagt, deshalb unbedingt reservieren. Tel. 2380030. an der Alster Hotels Das Hotel Interconti ist vor kurzem renoviert worden, hat den Vorteil dicht am Bahnhof Dammtor, an der Alster und in Pöseldorf einem trendigen kleinen Alsterstadtteil zu liegen. Sehr ruhig und doch zentral. Zur Staatsoper 10 Minuten. Der Alsterspaziergang kann praktisch vor der Tür beginnen. Wellnessbereich. Einige Zimmer haben Alsterblick. Spielcasino und recht gutes Restaurant oben im Haus. Hotel Abtei ein sehr kleines, sehr feines Hotel (das gilt auch für das Sternerestaurant im Haus) in Harvestehude, nahe der Alster und der herrlichen Shoppingsituation rund um den ebenfalls wunderbaren Isemarkt (Di.+Fr. 8.00-13.00, einer der besten Märkte der Stadt, fast so wettersicher wie die Passagen unter dem Dach der Hochbahn). Restaurants + Bars Frattoria aufdekorierter Edelstehimbiss am sehenswerten Isemarkt (Di. + Fr. Vormittag), kleine edle, gut gekochte Gerichte. Man kann hier nett, aber auch recht zickig sein. (www.lafattoria-hamburg.de) Restaurant Paolino, Alsterufer 2, Di - So 12 - 15 Uhr u. 18 - 24 Uhr, Sommeradresse. Am westlichen Anfang der Aussenalster gibt es gleich das beste Restaurant mit Steg. Italienisch futtern und Enten füttern. Bobby Reich, Fernsicht 2 Telefon 48 78 24 am Ende der Aussenalster , hier geht man nicht der guten Küche wegen hin, aber der Blick auf die Türme der Stadt ist wahnsinnig, hier trinkt man ein Bier oder isst ein Eis oder mietet sich ein Boot und erforscht die Alsterkanäle. Urlaub. Literaturhaus auf der westlichen Alsterseite ein supersympathisches Ambiente in wunderbaren alten Räumen, welhes beruhigt und ein Essen das mundet. Gleich gegenüber die Alsterperle eine Stehbude zum Seelebaumeln und Gucken, einfach nur Gucken. In Blankenese Blankenese ist ziemlich weit draussen, 20 Minuten fährt man mit der S-Bahn schon und mit dem Auto vielleicht länger. Aber dann ist man auch in einer anderen Welt. Idylle pur im Treppenviertel mit den Kapitänshäusern und den verwinkelten Gärten. Und den Elbstrom immer zu Füssen. In dieser Gegend gibt es nur eine Adresse und das ist hochdroben der Süllberg ! Feines Essen, romantischer Lindengarten mit prachtvoller Fernsicht, grosszügige Zimmer usw. usw.. Das einzig störende können bisweilen die Familienfeste sein, die hier die zahlungsfähige hanseatische Gesellschaft abhält. Tipp: Sonntags In der kalten Jahreszeit gibt´s im Haus einen vorzüglichen Jazzbrunch. Es gibt übrigens einen kleinen Pendelbus, der vom S-Bahnhof durch Blankenese bis zum Strand knattert. Ganz praktisch für kletterfaule Zeitgenossen. Wenn Sie mit der S1 wieder in die Stadt zum Jungfernstieg gefahren sind und sich ihre Hamburg-Melancholie doch nicht durch hippiges Shoppinggehabe zerstören möchten, fahren Sie weiter bis zum Ohlsdorfer Friedhof. Direkt gegenüber der S-Bahnstation erwartet sie eine der schönsten Friedhöfe der Welt. Kontemplativer geht es nimmer. Einer meiner Lieblingsorte. Sie können aber auch zufuss immer an der Elbe entlang nach Hamburg laufen, genauer zu den Landungsbrücken. Oder machen wir es umgekehrt. Fangen wir bei den Landungsbrücken an. Hafen Auch gibt es ein Hotel, nicht ganz so schnieke, wie die vorgenannten, aber mit Zimmern von denen Sie gleich in die grosse, weite Welt hineinsehen können, das Hotel Hafen Hamburg . Am besten Sie verlangen hier Zimmer mit Hafenblick in der – renovierten - 4.Etage, Vorsicht, es gibt nämlich auch ein paar Notunterkünfte über der S-Bahnkurve mit Oropax auf dem Nachttisch (kein Witz!). Wenn Sie das Musical „König der Löwen“ besuchen wollen, wohnen Sie gleich über dem Anleger. Von hier geht es nämlich mit dem Schiff hinüber zum Festivalzelt. 4 Die Landungsbrücken selbst haben einen vernachlässigten Charme, der manchen anzieht (mich z.B.), kulinarisch erwarten Sie hier bitte gar nichts. Aber das ändert sich wenn man die Elbe abwärts geht. Hier sind etliche Tempel mit Flussblick entstanden, manche erfolgreich, manche weniger. Bevor ich hier meine Lieblingsorte nenne, noch ein Tipp für Familien. Die beiden Museumsschiffe Cap San Diego und Rickmer Rickmers liegen hier in Sichtweite vertäut und lohnen sicher einen Besuch. Das letztere ist ein Segelfrachter, das erster ein Stückgutfrachter, dennoch vielleicht noch interessanter, weil zeitnäher. Die Websites geben einen guten Überblick. Doch gehen wir weiter die Elbe hinab. Am frühen Sonntagmorgen (5.00 – 12.00) findet immer noch der Fischmarkt statt, über dessen Qualität ich nichts sagen kann, da ich zulange nicht mehr dort war. Bald kommen links am Ufer die neuen Komplexe, die fast alle eine gastronomische Zelle haben. Aber auch auf der rechten Seite gibt es 2 Adressen: Goedeken mit seinem Frischeparadies ist inzwischen ein von Oetker geführter Gastrogrosshändler, der aber auch Privatkunden zu günstigen Preisen bedient. Hier können Sie nicht nur Fisch kaufen, sondern auch ein Glas Wein trinken oder eine Pastete, Gemüse und frische Pasta mitnehmen. Ein Stück weiter auf der gleichen Strassenseite finden Sie Henssler + Henssler. Der einzige ohne Elbblick, aber auch eine der ambitioniertesten Küchen der Stadt. Die Jungs sind auf dem Tokyotrip, wenn man auch nicht immer weiss wieso, schmecken tut´s. Die Einrichtung ist klassisch, Holztische mit weissen Decken, ohne Desig-Schnickschnack. Etwas weiter aber nun am Wasser gelegen mit sehr schöner Lounge und überhaupt gut gestylter Einrichtung das Indochine , neben den vielen anderen Adressen gefällt hier der Blick, Ambiente und Singapure-Kitchen. Weniger das Buddha.Monument. Das Tafelhaus ganz in der Nähe kocht sicher kunstvoller, hat aber keine Lounge und auch nicht ganztägig geöffnet wie das Indochine. Der hohe Küchenanspruch spiegelt sich in den Preisen wieder. Beide Orte sind von Lage und Ambiente top. Nun gibt es ja noch andere Adressen gerade in dieser Ecke Hamburgs. Adressen ,die früher ob ihrer Ausstattung beeindruckt haben. Aber man sieht auch hier, dass eine bestimmte kühle Designorientierung relativ schnell altert, ohne dass man feststellen könnte, woran genau es liegt. Vielleicht auch an der Stimmung der Betreiber, die nicht mehr ganz so stolzgeschwellt und hochnäsig daherschreiten. 5 Deshalb noch schnell eine Adresse, die sich um ihr Alter keine Gedanken machen muss: Etwas weiter am Ende der Autostrasse kommt Övelgönne, ein paar hübsche alte Häuser mit Museumshafen und hier beginnt auch der autofreie Elbweg nach Blankenese. Und bald steht im Elbsand die Hamburger Institution, die Strandperle. Hamburg-Chill in Reinkultur. Würstchen, Kuchen, Flaschenbier, Sandstrand und dazu noch die Elbefluten, die kürzlich schon mal die ganze Bude unter Wasser setzten, als sich 2 Schiffe überholten. Und 50 Gäste noch dazu. Na, ja, vielleicht schraube ich Ihre Erwartungen jetzt doch zu hoch. Geöffnet im Sommer von 11.00 bis 23.00. Kultur Sehr gut und übersichtlich ist www.hamburg.de , hier kann man sich durch die aktuellen Veranstaltungen klicken und inspirieren lassen. Staatsoper, Thalia und Kampnagelfabrik, dazu die (Jazz)-Fabrik und die vielen Musical-Locations werden auch hier gut wiedergegeben. Neben den klassischen Museen, wie Deichtorhallen und Kunsthalle sind auch die neueren Museen in der Speicherstadt interessant. Auch Hagenbecks Tierpark ist einen Besuch wert. Schiffstouren Auf der Alster gibt es einen Linienverkehr, den es immer Spass macht, zu nutzen, vor allem mit den alten Dampfern mit dem rückwärtigen Balkon. Schön sind auch die speziellen Kanalfahrten, die einem Blicke in Villengärten und versteckte Winkel bescheren. Hafenrundfahrten gehen von den Landungsbrücken ab. Dort kann man aber auch mit den Linienschiffen die Elbe hoch fahren. Bis nach Blankenese geht’s nur mit Umsteigen über Finkenwerder, aber warum nicht. Fahrräder können Sie mitnehmen und von Finkenwerder aus ins alte Land fahren. Oder Sie nehmen den Katamaran und fahren ins alte Stade. Dort ist´s gemütlich und puschelig. Sofern Sie sich von der Weltstadt erholen wollen.