Momentaufnahme einer Synthese. Eine stilkritische
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Momentaufnahme einer Synthese. Eine stilkritische
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung....................................................................................................3 2. Geschichte einer Synthese.......................................................................... 5 2.1 Migrationsbewegungen und musikalische Berührungspunkte in der kubanischen und nordamerikanischen Geschichte....................................6 2.2 Kubanische Einflüsse auf Ragtime und New Orleans Jazz.................8 2.3 Entwicklungen in den 20er bis 40er Jahren.......................................12 3. Machito & his Afro-Cubans......................................................................18 3.1 Die Gründer: Mario Bauzá und Machito...........................................18 3.2 Die Afro-Cubans in den 40er Jahren: Vorreiter des Latin Jazz..........20 4. Die „Afro-Cuban Jazz Suite“....................................................................24 4.0 Grundlegende Informationen und Überlegungen für die Analyse der „Afro-Cuban Jazz Suite“..........................................................................24 4.0.1 Die Komposition........................................................................ 24 4.0.2 Die Musiker................................................................................26 4.0.2.1 Chico O'Farrill.................................................................... 26 4.0.2.2 Charlie Parker..................................................................... 27 4.0.2.3 Flip Phillips.........................................................................29 4.0.2.4 Buddy Rich......................................................................... 30 4.0.2.5 Die Besetzung der Afro-Cubans......................................... 30 4.0.3 Die Aufnahme............................................................................ 31 4.0.4 Fragen an die Afro-Cuban Jazz Suite......................................... 32 4.1 Introduction - Canción....................................................................... 33 4.2 „Mambo“............................................................................................37 4.2.1 Ein Stil – viele Meinungen.........................................................37 4.2.2 Die clave im „Mambo“.............................................................. 41 4.2.3 Charlie Parker und René Hernández: Zwei Improvisationen im Vergleich..............................................................................................45 4.3 Filmmusik im Latin Jazz: „Transition“..............................................48 4.4 „Introduction to 6/8“.......................................................................... 50 4.5 Zwischen santería und Exotismus: „6/8“........................................... 51 4.6 „Transition and Jazz“......................................................................... 56 1 4.7 „Rhumba Abierta“..............................................................................58 4.8 Coda................................................................................................... 60 5. Soziokulturelle Rahmenbedingungen....................................................... 60 5.1 Die Situation schwarzer Bürger in New York....................................61 5.2 Die Situation in Kuba.........................................................................63 5.3 „Afro“.................................................................................................64 6. Fazit.......................................................................................................... 66 Glossar.......................................................................................................... 69 Literaturverzeichnis...................................................................................... 74 Anhang..........................................................................................................79 2 1. Einleitung Der Gegenstand dieser Arbeit ist eine Aufnahme, die in nahezu jeder wissenschaftlichen Veröffentlichung, die das große Themenfeld „Latin Jazz“ näher beleuchtet, erwähnt wird. Auch die hier vorliegenden Untersuchungen bzgl. dieser am 21.12.1950 eingespielten „Afro-Cuban Jazz Suite“ fußen in diesem Themenfeld. Die Bezeichnung „Latin Jazz“ zu verwenden ist zur Konvention geworden, obwohl er eine nicht von der Hand zu weisende Unschärfe aufweist. Diese Unschärfe besteht darin, dass nicht ohne Weiteres klar ist, welche stilistischen Ausdifferenzierungen der Begriff „Latin Jazz“ im Einzelnen umschließt. Dies hat seinen Ursprung in der ungenauen Verwendung der Bezeichnung „Latin“ im US-amerikanischen Sprachgebrauch. WAXER 1994 weist darauf hin, dass „Latin“ in Bezug auf Musik immer zunächst mit „kubanisch“ gleichgesetzt wird, obwohl i.A. Konsens darüber besteht, dass auch Genres wie tango, bossa nova oder bomba als lateinamerikanische Phänomene unter „Latin“ subsumiert werden können. Die Ursache für diese ungenaue Verwendung liegt darin, dass kubanische Musik eine besonders prominente Rolle in der Musikwelt der USA im Allgemeinen und in der Musikwelt von New York im Besonderen eingenommen hat (vgl. WAXER 1994, 140). In dieser Arbeit wird trotz der erwähnten Unschärfe des Begriffs auf „Latin Jazz“ zurückgegriffen um einerseits dem allgemeinen Sprachgebrauch Rechnung zu tragen und andererseits die in diesem Zusammenhang einzig logische Alternative „Afro-Cuban Jazz“ zu umgehen. Angesichts des Untersuchungsgegenstands, der „Afro-Cuban Jazz Suite“, die von „Machito and his Afro-Cubans“ und Gastsolisten eingespielt wurde, hätte dieser Begriff sicher nicht zu einer übersichtlichen Darstellung beigetragen. Die Afro-Cuban Jazz Suite eignet sich aus verschiedenen Gründen als repräsentative „Momentaufnahme“ der Synthese von afrokubanischer Musik und Jazz. Zum einen ist es das erste Werk diesen Ausmaßes in dem zu diesem Zeitpunkt noch sehr jungen Genre. In der Suite wurden einige der 3 populärsten und aktuellsten Rhythmen dieser Zeit vereint. So kann die Synthese aus vielen verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Zum anderen liefert die Suite die Möglichkeit das Zusammenspiel einiger der Hauptakteure der damaligen Jazzszene – namentlich Charlie Parker, Flip Philipps und Buddy Rich – mit der populärsten Formation des frühen Latin Jazz – Machito and his Afro-Cubans – zu untersuchen. Die Intention des Autors der vorliegenden Arbeit ist es, anhand dieser repräsentativen Einspielung eine Art Bestandsaufnahme dessen zu machen, was auf dem Weg zu einer „organischen Synthese“1 von Jazz und afrokubanischer Musik bis zu dem Zeitpunkt dieser Aufnahme erreicht worden ist. Im Laufe der Recherchen zu dem Thema ist klar geworden, dass sich diese Komposition in eine lange Geschichte des musikalischen Austauschs zwischen Nordamerika und Kuba einordnen lässt. Diese „Vorgeschichte des Latinjazz“ soll in Kapitel 2 umrissen werden. Daran zeitlich anknüpfend wird der Blick dann auf die ersten zehn Jahre der Karriere von „Machito and his Afro-Cubans“ gelenkt. Dieser Big Band wird in vorliegender Arbeit aus zwei Gründen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Zum einen ist es für den Hauptteil der Ausführungen – der Untersuchung der „Afro-Cuban Jazz Suite“ – unabdingbar vorher die Interpreten der Aufnahme ins Blickfeld zu rücken. Zum anderen haben die Afro-Cubans und besonders ihr musikalischer Leiter Mario Bauzá in dieser Zeit eine Pionierrolle in der Entwicklung des Latin Jazz eingenommen. Wie sich diese Pionierrolle im Einzelnen darstellte, soll auch im Rahmen dieses Kapitels erläutert werden. Kapitel 4 bildet den Hauptteil der vorliegenden Arbeit. Nachdem zunächst einige Daten und Hintergründe der vorliegenden Einspielung genannt werden, soll die Afro-Cuban Jazz Suite anhand einiger Fragen genauer untersucht werden. Ziel dieser Untersuchungen ist es musikalische Elemente aufzuzeigen, mit deren Hilfe möglichst präzise Aussagen über die Einflüsse, die diese Aufnahme bedingten, gemacht werden können. So soll die oben angesprochene Bestandsaufnahme nach Möglichkeit 1 Der Begriff „organische Synthese“ geht auf Leonardo Acosta zurück und wird in Kapitel 4.0.4 näher erläutert. 4 so facettenreich wie möglich gelingen. Zum Zweck dieser Untersuchungen ist im Anhang eine komplette Transkription der Bläsersätze zu finden. Außerdem ist ein Tonträger mit der Aufnahme der Afro-Cuban Suite beigefügt. Im Anschluss an den Hauptteil befasst sich das Kapitel 5 mit der Frage, warum gerade afrokubanische Musiker die ersten waren, die in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts in den USA mit der Entscheidung für die Verwendung des Wortes „Afro“ in ihrem Bandnamen mit Nachdruck auf ihre afrikanische Herkunft verwiesen haben. In der Beschreibung afrokubanischer Musik lässt es sich nicht vermeiden einige Fachausdrücke zu benutzen. Um den Argumentationsfluss nicht durch lange Begriffserklärungen stören zu müssen, werden diese im Text kursiv hervorgehobenen Ausdrücke am Ende der Ausführungen in einem ausführlichen Glossar erläutert. Neben einigen Auszügen aus der Transkription der Suite werden an manchen Stellen auch andere Notenbeispiele zur Erläuterung von musikalischen Zusammenhängen verwendet. Diese Beispiele sind ausnahmslos Transkriptionen des Autors. 2. Geschichte einer Synthese Der Titel der vorliegenden Arbeit „Momentaufnahme einer Synthese“ geht von der grundsätzlichen Annahme aus, dass es sich bei der Entstehung des Latin Jazz bzw. Afro-Cuban Jazz nicht um ein plötzlich aufgetretenes Phänomen, das mit Kompositionen wie „Manteca“ oder „Tanga“ in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts mit einem Mal auftaucht2, handelt. Diese Synthese ist vielmehr in einen langen Entwicklungsprozess der gegenseitigen Beeinflussung von kubanischer und nordamerikanischer Musik einzuordnen. Ohne die wegweisenden Errungenschaften der Protagonisten dieser angesprochenen Zeit wie Dizzy Gillespie, Mario Bauzá oder Chano Pozo, die zweifelsohne entscheidende Entwicklungsstufen hin 2 Zu dieser Ansicht kann man durch verschiedene Äußerungen u.a. von Dizzy Gillespie (vgl. GILLESPIE/FRASER 1985, 261: „Das war der wirkliche Beginn der Fusion zwischen afrokubanischer Musik und Jazz“) gelangen. 5 zu einer „organischen Synthese“3 erklommen haben, schmälern zu wollen, muss darauf hingewiesen werden, dass es schon vorher zahllose Hinweise auf Einflüsse auf den Jazz durch afrokubanische bzw. -karibische Musik gibt. Die Anfänge des musikalischen Austauschs zwischen Kuba und Nordamerika, die weit vor den Anfängen des New Orleans Jazz stattfanden, liegen jedoch noch im Dunkeln und werden wohl nie geklärt werden können, da hierzu Quellen in Form von verschriftlichter Musik fehlen. ACOSTA 2004 liefert in einer Darstellung der größeren Migrationswellen von Kubanern nach Nordamerika seit dem 18. Jahrhundert und den jeweiligen Ursachen einige geschichtliche Hintergründe, die im Folgenden zusammen gefasst werden. 2.1 Migrationsbewegungen und musikalische Berührungspunkte in der kubanischen und nordamerikanischen Geschichte Zwischen 1764 und und 1800 stand Louisiana, das ein weitaus größeres Gebiet umfasste als der heutige US-Bundesstaat, unter spanischer Herrschaft. In dieser Zeit lebten besonders in New Orleans viele schwarze und weiße Kubaner, die nach der Rückgabe Louisianas an Frankreich das Land im Jahr 1800 größtenteils wieder verließen. In diese Zeit fällt auch der amerikanische Unabhängigkeitskrieg, bei dem kubanische Truppen auf der Seite Frankreichs gegen Großbritannien eingesetzt wurden. Dabei sind besonders die „Batallones de Pardos y Morenos“ (Einheiten von Mulatten und Schwarzen) zu nennen, aus denen später in Kuba die ersten schwarzen Brassbands hervor gingen. Diese spielten hauptsächlich kubanische Tänze wie z.B. contradanzas und danzónes. Die nächste größere Migrationswelle fand während der Auseinandersetzungen um die Autonomie- bzw. Unabhängigkeitsbestrebungen Kubas im Vorfeld und während der Unabhängigkeitskriege, die 1868 ausbrachen, statt4. Unter den politischen 3 Der Begriff „organische Synthese“ geht auf Leonardo Acosta zurück und wird in Kapitel 4.0.4 näher erläutert. 4 ZEUSKE/ZEUSKE 1998 liefert einen umfassenden Überblick über die wechselvolle und vielschichtige Geschichte Kubas im 19. Jhd. 6 Flüchtlingen befanden sich auch zahlreiche Musiker, u.a. der Pianist und Komponist Ignacio Cervantes. So kam es, dass 1850 in New York erstmals Noten kubanischer Musik veröffentlicht wurden (vgl. A COSTA 2004, 274). Der 1829 als Sohn karibischer Eltern (St. Domingo) in New Orleans geborene Louis Moreau Gottschalk wurde als erster Klaviervirtuose der USA (vgl. ROBERTS 1999, 27) gefeiert und bereiste auf ausgedehnten Tourneen u.a. auch Kuba, Puerto Rico, Haiti und Venezuela. Dabei entstanden einige bemerkenswerte Kompositionen, die von kubanischen Tänzen dieser Zeit wie der Habanera beeinflusst waren (vgl. ebd, 29; FERNÁNDEZ 2004, 436). Nach der Abschaffung der Sklaverei in Kuba 1886 verließen viele ehemalige Sklaven aufgrund von Arbeitsplatzmangel in den Städten die Insel, meist in Richtung New Orleans, Veracruz oder Zentralamerika. Mit der US-amerikanischen Intervention am Ende des spanisch-kubanischen Krieges (1898-1902) kehrten viele Exilkubaner zurück. Außerdem wählten einige afroamerikanische Soldaten Kuba als neue Heimat, so auch Musiker wie der Bluesbanjospieler „Santiago“ Smood, der später auch sones und boleros in seinem Repertoire hatte. Seit dieser Zeit kamen viele US-amerikanische Jazzmusiker als Touristen oder zu Gastspielen nach Kuba, unter ihnen W.C. Handy und Jelly Roll Morton. Mit dem Beginn des Staatsterrors des kubanischen Diktators Gerardo Machado Morales Ende der 20er Jahre, bei dem sich Afrokubaner einer noch unverhohlener rassistischen Gesetzgebung konfrontiert sahen (vgl. ZEUSKE 2004), begann die für die vorliegende Untersuchung entscheidende Migrationswelle von Kubanern in die USA. Mit dieser Welle und der zeitgleichen massenhaften Immigration von Puertoricanern erreichten auch die meisten der Akteure, die die Entwicklungen des Latin Jazz der 40er Jahre prägen sollten, New York, das sich von da an neben Havana in Kuba und San Juan in Puerto Rico zum dritten Zentrum lateinamerikanischer Musik entwickelte. 7 2.2 Kubanische Einflüsse auf Ragtime und New Orleans Jazz Es stellt sich nun die Frage, welche Einflüsse kubanische Musik auf die Frühformen des Jazz gehabt hat. H ENDLER 2008 weist darauf hin, dass sich sowohl formelle als auch vor allem rhythmische Elemente im Cakewalk bzw. Ragtime wiederfinden lassen, die auf Ursprünge in der Habanera oder dem Danzón zurückführbar sind (vgl S.184 ff.). Die habanera gilt gemeinhin als wichtiger Vorläufer des argentinischen tango. Sie ist eine besondere Form der kubanischen contradanza oder kurz danza. Dieser Tanz hatte sich als Weiterentwicklung des contredanse, der nach dem erfolgreichen Sklavenaufstand Ende des 18. Jahrhunderts in Haiti durch französischstämmige Flüchtlinge nach Kuba kam, im 19. Jahrhundert etabliert5. Auch der danzón geht letztlich auf den contredanse zurück. Er entwickelte sich im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Modetanz wohlhabender weißer Kubaner und wurde erst in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts vom son verdrängt. Der danzón hatte eine identitätsstiftende Funktion im Unabhängigkeitskampf gegen die Spanier (vgl. FERNANDEZ 2006, 10). Dass die habanera und der danzón Ende des 19. Jahrhunderts in New Orleans bekannt waren steht außer Frage. Bereits 1881 ist hier der erste danzón in Notenform in den Musikgeschäften erhältlich (vgl. ebd.). Besonders zwischen danzón und Ragtime sieht HENDLER 2008 viele Gemeinsamkeiten. So weist er auf formelle Gemeinsamkeiten hin: Sowohl im danzón als auch im Ragtime sind häufig 16-taktike thematische Einheiten – so genannte „Strains“ - zu finden. Mit dem Cakewalk hat der danzón die Rondoform gemeinsam (vgl. HENDLER 2008, 181). Für die Argumentation bezüglich der Gemeinsamkeiten auf rhythmischer Ebene wird von HENDLER 2008 der Versuch unternommen die rhythmische Grundstruktur der genannten kubanischen Tänze in einen auf mathematische Vollständigkeit ausgerichteten algebraischen Gesamtkontext einzuordnen6, um dann einen musikimmanenten Nachweis eines Einflusses 5 Neben dem dem haitianischen Sklavenaufstand folgenden Exodus von französischen Grundbesitzern, Sklaven und teilweise auch freien Schwarzen in Richtung Kuba, Puerto Rico, New Orleans Mexiko etc. gibt es noch weitere Migrationsbewegungen innerhalb des karibischen Raums, die einen regen kulturellen Austausch begünstigten. FERNANDEZ 2006 gibt hier einen guten Überblick. 6 Dieser Versuch ist in mehrerer Hinsicht problematisch. Schon die Grundannahme, dass es sich bei Danzón und Habanera um eine „additive Rhythmik“ handelt, kann durchaus 8 auf den Cakewalk bzw. Ragtime zu liefern. Ich beschränke mich hier jedoch auf eine Argumentation auf Basis von Notenmaterial. Die grundlegenden Erkenntnisse werden auch so sichtbar. Drei eintaktige Grundmuster sind in kubanischen Tänzen des 19. Jahrhunderts häufig anzutreffen. Das im spanischsprachigen Raum aufgrund seiner drei Schläge tresillo genannte Muster: Der typische Rhythmus der Bassfigur der Habanera ist dem tresillo sehr ähnlich. Diese Figur ist durch die habanera in Bizets „Carmen“ bekannt. Mit dem tresillo eng verwandt ist auch das cinquillo genannte Muster mit fünf Schlägen: In der klassischen Danzónbesetzung, dem orquesta típica, spielten die Pauken oft ein zweitaktiges Begleitmotiv, das in den späteren Charangaensembles die timbales übernahmen und heute unter dem Namen baqueteo bekannt ist. Das zugrundeliegende rhythmische Muster heißt cinquillo cubano (vgl. HENDLER 2008, 187). Den ersten Takt bildet dabei der eintaktige cinquillo: bezweifelt werden. Die mathematische Herleitung von rhythmischen „Leitformeln“ mag in rhythmustheoretischen Abhandlungen erkenntnisfördernd sein, in dem beschriebenen Zusammenhang erscheint sie aber überambitioniert und sperrig. 9 Den cinquillo cubano findet man vereinzelt auch im sogenannten „segundo tiempo“: Dieser cinquillo cubano im secundo tiempo wird auch in einigen Ragtimes der Jahrhundertwende verwendet. Er bestimmt in der Regel nicht das gesamte Geschehen eines Stückes, sondern ist meist nur „in irgendeinem Abschnitt markant vertreten“ (ebd.). Ein gutes Beispiel ist der Rag „A Breeze From Alabama“ von Scott Joplin aus dem Jahr 1902. Hier findet man den cinquillo cubano im ersten Strain7: 7 Eine Klavierrollenaufnahme findet man unter http://www.youtube.com/watch? v=I5SNXkRmez8 10 Dass lateinamerikanische Jazzkompositionen Elemente eingebaut durchaus wurden, bewusst zeigen in Äußerungen frühe von Komponisten dieser Zeit wie Jelly Roll Morton. 1938 führte der Musikethnologe Alan Lomax in mehreren Sitzungen lange Interviews mit Morton und ließ diese aufzeichnen. Die Interviews fanden in der Library of Congress in Washington statt und sind die Grundlage von Mortons Autobiographie, die in Deutschland unter dem Titel „Doctor Jazz“ erschienen ist (MORTON/LOMAX 1992). Auf der Homepage http://www.doctorjazz.co.uk findet man eine genaue Transkription der gesamten „Library of Congress Recordings“ in der seine viel zitierte Äußerung, zum „Spanish tinge“ im „New Orleans Blues“ und allgemein im Jazz fällt. „Spanish“ kann hier mit einiger Sicherheit als „Latin“ verstanden8: This tune was wrote [sic.] about 1902. […] Of course, you may notice the Spanish tinge in it. […] this has so much to do with the typical jazz idea. If one can't […] manage to put these tinges of Spanish in these tunes, they'll never be able to get the right season, I may call it for jazz music. (http://www.doctorjazz.co.uk/locspeech4.html#locaafs4) Nach Morton war die „kubanische Färbung“ also geradezu stilprägend für den frühen Jazz. Auch andere Musiker dieser Zeit haben dieses Mittel bewusst eingesetzt. So hat W.C. Handy in einigen seiner Kompositionen die Bassfigur der habanera verwendet. Als Grund dafür nannte er seine Erfahrung während eines Konzertes als Leiter eines Tanzorchesters in Memphis im Jahr 1909: I noticed something that struck me as a racial trait, and I immediately tucked it away for future use. It was the odd response of the dancers to Will H. Tyler's ‚Maori‘ [a habanera, despite its exotic name]. When we played this number and came 8 An einer anderen Stelle des Interviews demonstriert Morton den Spanish tinge anhand seiner Komposition „Creepy Feeling“. Dabei verwendet er als Begleitung in der Linken Hand den Tresillo variiert mit der Bassfigur der Habanera (vgl. http://www.youtube.com/watch?v=c64vTN-MjhI). 11 to the Habanera rhythm, containing the beat of the tango, I observed that there was a sudden, proud and graceful reaction to the rhythm. Was it an accident or could the response be traced to a real but hidden cause? I wondered. White dancers, as I had observed them, took the number in stride. I began to suspect that perhaps there was something Negroid in that beat, something that quickened the blood of the Dixie Park dancers. Well, there was a way to test it. If my suspicions were grounded, the same reaction should be manifest during the playing of ‚La Paloma‘. We used that piece, and sure enough, there it was, that same calm yet ecstatic movement. I felt convinced. Later, because of this conviction, I introduced the rhythm to my own compositions. It may be noted in the introduction to the ‚St. Louis Blues‘, the instrumental copy of ‚Memphis Blues‘, the chorus of ‚Beale Street Blues‘ and other compositions. (W.C. Handy zitiert nach HENDLER 2008, 107) 2.3 Entwicklungen in den 20er bis 40er Jahren Generell ist festzustellen, dass nach der Zeit des New Orleans Jazz eher die kubanischen Musiker den Jazz adaptierten als umgekehrt (vgl. LEYMARIE 2002, 85). Ein Blick auf Kuba lässt vor allem politische Gründe erkennen. Die Abhängigkeit Kubas von den Vereinigten Staaten spiegelte sich auch sehr im kulturellen Vergnügungsinsel der Leben wider. Amerikaner. Kuba Die entwickelte wohlhabenden sich zur weißen Gesellschaftsschichten Kubas der 20er Jahre verachteten afrokubanische Rhythmen und wandten sich lieber den amerikanischen Modetänzen dieser Zeit wie dem Tango, dem Black Bottom und dem Charleston zu (vgl. ebd., 46). Sogar das öffentliche Spielen des zu dieser Zeit in Havana aufkommenden son wurde während des zweiten Mandats von Gerardo Machado (1928-1933) ebenso verboten wie die Verwendung von bongos und congas. Diese Instrumente galten als zu afrikanisch. Jazz hingegen war als Musik der reichen Touristen in den vielen amerikanischen Clubs in Havana sehr gefragt. Dort spielten vor allem viele amerikanische Bands. Es gründeten sich aber schon bald auch einige Jazzbands kubanischer Musiker, wie z.B. die „Cuban Jazz Band“ des Multiinstrumentalisten Jaime Prats oder die „Krazy Cats“ des tresistas „Caney“ (vgl. ebd. 79). Diese Bands hatten zwar häufig eine Jazzbesetzung, spielten aber hauptsächlich Foxtrotts und Walzer anstelle von Jazz. Über die Qualität damaliger Jazzbands äußert 12 sich Chico O'Farrill in einem Interview mit Isabelle Leymarie: „Jazz was played badly. What were then called „jazz bands“ […] were smaller than American big bands. Their brass section usually included only one trumpet, and they used stock arrangements9. There weren't any real jazz arrangers.“ (LEYMARIE 2002, 348) Zumindest ein kubanischer Musiker soll in den dreißiger Jahren jedoch die Sprache des Jazz beherrscht haben, nämlich Armando Romeu, der später über 25 Jahre lang die Showband des berühmten Kabaretts „Tropicana“ in Havana leitete. Während der 20er und 30er Jahre erfuhr der kubanische und puertoricanische Einfluss auf die Musikwelt der USA und besonders auf New York eine deutliche Verstärkung. Der Anteil der Puerto-Ricaner auf die Entwicklung des Latin Jazz ist dabei nicht zu unterschätzen. Genuin puertoricanische Rhythmen wie die bomba fanden erst ab den 50er Jahren den Weg in den Latin Jazz, der spätestens ab da nicht mehr Afro-Cuban Jazz genannt werden kann, und später besonders in die Salsa. Puerto-Ricaner waren aber als ausführende Musiker praktisch in jeder Band dieser Zeit vertreten und waren so an den Entwicklungen der 20er bis 40er Jahre entscheidend beteiligt. In New York waren und sind sie den Kubanern zahlenmäßig weit überlegen. Im Jahr 1917 wurde allen Puerto-Ricanern die amerikanische Staatsbürgerschaft zugesprochen. In den folgenden Jahren strömten Zehntausende nach New York, um dort ihr Glück zu versuchen. Die Angaben über die tatsächliche Zahl puertoricanisch stämmiger Bürger New Yorks gehen stark auseinander, da sie bei Erhebungen durch ihre amerikanische Staatsbürgerschaft nicht unter die Kategorie „im Ausland geboren“ fielen. Schätzungen schwanken für 1930 zwischen 45.000 und 100.000 (vgl. GLASSER 1995, 94). LEYMARIE 2002 spricht von 61000 Puerto-Ricanern in New York für das Jahr 1940. Davon sollen fast 5000 Musiker gewesen sein (ebd. 157). Und trotzdem bestimmten in den 20er bis 40er Jahren fast ausschließlich kubanische Rhythmen den „Latin craze“ dieser Zeit. Der Grund dafür waren der enge wirtschaftliche Kontakt zu 9 Kommerziell vertriebene Notensätze bekannter Jazzstandards, oftmals vereinfacht. 13 Kuba und die Nutzung Kubas als „Vergnügungsinsel“, besonders während der Zeit der Prohibition. Die Entwicklungen auf dem Gebiet der Aufnahme- und Radiotechnik machten eine schnelle Verbreitung neuer Musikrichtungen möglich. Amerikanische Plattenfirmen waren in den 20er Jahren nach dem großen Erfolg der Tangowelle im vorherigen Jahrzehnt10 gezielt auf der Suche nach neuen Tanzmoden und wurden in Kuba fündig. Sie machten Aufnahmen von sonensembles wie dem Trio Matamoros, dem Sexteto Nacional und dem Sexteto Habanero und luden ganze Orchester wie das orquesta típica von Antonio Maria Romeu in die USA in ihre Studios ein (vgl. W AXER 1994, 153). Die Zielgruppe dieser Veröffentlichungen waren zunächst aber vor allem Kubaner und Lateinamerikaner, die in den Staaten lebten. Überhaupt muss erwähnt werden, dass authentische lateinamerikanische Musik innerhalb der hauptsächlich von Puerto-Ricanern und Kubanern bewohnten Viertel von amerikanischen Großstädten, wie beispielsweise East Harlem immer gepflegt wurde. Zahllose lateinamerikanische Musiker verdienten ihr Geld auf Festen im „Barrio“ oder in den Clubs des Viertels (vgl. GLASSER 1995). Das Ziel der Plattenfirmen wie RCA Victor war es einen Hit bei der wohlhabenden weißen Bevölkerung zu landen. Dies gelang im Jahr 1930 mit dem Stück „El Manisero“ interpretiert von Antonio Machín mit der Band von Don Azpiazu. Es war der Auftakt der „Rhumba Craze“. „Rhumba“ wurde von da an für einige Jahre alles genannt, was irgendwie karibisch klang. Meistens handelte es sich um weichgespülten son. Mit „Rhumba“, das hier nur zur klaren Unterscheidung mit „h“ geschrieben wird (damals wurden beide Schreibweisen verwendet), war also nicht die eigentliche rumba (ohne „h“) Kubas gemeint. Die Welle erfasste die ganze USA. Ihre Vertreter waren Bandleader wie Don Azpiazu und Noro Morales und Entertainer wie Xavier Cugat. Während Azpiazus Version von „El Manisero“ noch ein – zumindest von musikalischer Seite her - recht authentisches Bild kubanischer Musik lieferte, waren die meisten der folgenden „Rhumbahits“ sehr einfältig und oberflächlich. 10 Der „Tango craze“ als erste große lateinamerikanische Modewelle wird in ROBERTS 2 1999 dargestellt 14 „Mit ihren kosmetischen und oft stereotypen Arrangements und opulenten Streichern machten Bands der lateinamerikanischen Community wie die von Carlos Molina, Eddi Le Baron, Chewey Reyes und Enrique Madriguera […] den Amerikanern die komplizierten lateinamerikanischen Rhythmen genießbar. Für so manchen Laien verkörperte ihr so schmeichelnd und schwülstig wie irgend möglicher Sound authentische Latinomusik. Diese Bands präsentierten aber auch ein atemberaubendes Spektakel mit attraktiven Sängern und Sängerinnen (mit oft dümmlichen Texten) und nett angezogenen Musikern mit Rüschenhemden, die an Flamencotänzer erinnern.“ (LEYMARIE 2002, 96/97, Übersetzung d. Autors) Die Rhumba-Craze wurde in der zweiten Hälfte der 30er Jahre nahtlos von der Conga-Welle abgelöst. Hierfür wurden Rhythmen des kubanischen Karnevals, wie der comparsa noch mehr vereinfacht als der son für die Rhumba vereinfacht wurde. Neben Xavier Cugat, der sich auch in den folgenden Jahrzehnten als ein äußerst geschickter Selbstvermarkter herausstellen sollte und laut ROBERTS 1999 auch dank zahlreicher Filmauftritte der wohl bekannteste Latino seiner Zeit gewesen ist, hatte vor allem der Schauspieler Dezi Arnaz mit einer Version von „Babalú Ayé 11“ von Miguelito Valdés durchschlagenden Erfolg. Im Zuge des Erfolgs der Rhumba und Conga gab es auch einige Jazzbands, die mit lateinamerikanischen Rhythmen experimentierten. Neben Cab Calloway ist vor allem die Bigband von Duke Ellington zu nennen, der der puertoricanische Ventilposaunist Juan Tizol mit Kompositionen wie „Conga Bravo“ und „Caravan“ große Hits verschaffte. Von diesen Bands wurden lateinamerikanische Anklänge aber lediglich als Exotismen verwendet. Viele lateinamerikanische Musiker bewegten sich neben der „Rhumba-“ auch in der Jazzszene, so z.B. der Flötist Alberto Socarrás. Er hatte von Beginn seiner Karriere 1920 an in Kuba Jazz gespielt und wanderte bereits 1928 als Achtzehnjähriger nach New York aus (vgl. W AXER 1994, 153). Dort gründete er Anfang der 30er Jahre eine Big Band, die bei ihren Shows lateinamerikanische Musiker wie Augusto Coen, Noro Morales und José 11 Dass Babalú Ayé der Name eines ranghohen Heiligen der kubanischen Santeria ist, wird damals wohl kaum einem Konsumenten dieses äußerst simplen Songs bewusst gewesen sein. 15 Curbelo begleitete. Außerdem machte Socarrás beispielsweise bereits im Februar 1929 Aufnahmen mit dem Jazzpianisten Clarence Williams. Sein Solo über „Have You Ever Felt That Way“ gilt als das erste Flötensolo der Jazzgeschichte (vgl. SALAZAR 2002, 52). Später trat er u.a. mit Duke Ellington und Cab Calloway auf. Seine eigene Band „The Orchestra Socarrás and His Magic Flute“ zählte zeitweilig den jungen Dizzy Gillespie zu seinen Mitgliedern (vgl. ebd., 57). Nach eigener Aussage war Gillespie von Socarrás und seiner Band so beeindruckt, dass er später selber Congas in seine Bigband integrierte (vgl. G ILLESPIE/FRASER 1985, 94). In seinem „Orchestra Socarrás“ hat dieser Ende der 30er Jahre wichtige Schritte hin zu einer Integrierung kubanischer Rhythmen in den Jazz geliefert, eine wirkliche Synthese entwickelte er jedoch nicht. Oft spielte er Jazzstandards, die er mit kubanischen Rhythmen versah: „One veteran recalls that, ‚in one show I saw Maestro Socarrás took an American tune - I believe it was „I Can't Give You Anything But Love“ - and transcribed it in a Latin way, though of course it had the jazz idiom in it.‘“ (R OBERTS 21999, 89). Der Trompeter und Saxofonist Mario Bauzá ging in den 30er Jahren einen ähnlichen Weg wie Socarrás. Er spielte u.a. auch in der Band von Cab Calloway. Er lieferte ab 1941 als musikalischer Leiter von „Machito and his Afro-Cubans“ entscheidende Impulse für das, was später Latin Jazz genannt werden sollte. Im folgenden Kapitel werde ich ausführlich auf die Gründungsphase und das erste Jahrzehnt des Bestehens des Afro-Cuban Orchestras eingehen. Die Band muss hier aber schon erwähnt werden, da die eigentliche Geburt von Latin Jazz oft mit Mario Bauzás Komposition „Tanga“ in Verbindung gebracht wird. Max Salazar wählt für seine Schilderung des Entstehens von „Tanga“ große Worte: „[…] he [Mario Bauzá] had already gained 10 years of jazz experience. On Monday evening, May 29, 1943 Mario Bauzá made music history when he created Afro-Cuban jazz, which is now called Latin Jazz. The day before, Sunday, May 28, 1943 the Machito Orchestra was performing La Conga Club at 52 nd Street near Broadway in New York City. When the band finished playing a tune and were enjoying a short break, all of a sudden pianist Luis Varona began playing the introduction of a tune called „El Botellero“ wich in English means the 16 bottlemaker. He was joined by the bass player Julio Andino. Seconds later, they stopped in order to get ready to play another tune.The following evening when the band held its weekly rehearsal, Dr. Bauzá leaned over the piano and instructed Luis Varona to play the piano version of „El Botellero“. When Bauzá pointed his finger at Andino, he joined in on bass. Dr. Bauzá then proceeded to sing what he wanted the saxes to play, then the trumpeters. The result was a sound of broken chords. A repetition of the broken chords soon began to take shape into Afro-Cuban jazzed-up rumba. Gene Johnson's alto sax then emmited Oriental-like jazz phrases. Two hours later, AfroCuban Jazz was created in the form of „Tanga“, the title Dr. Bauzá gave the tune. This version of „Tanga“ was recorded in February 1949.“ (Max Salazar in BOGGS 1992, S. 254) Interessanterweise war Mario Bauza die Tragweite der in dieser Komposition entwickelten Neuerungen offensichtlich nicht bewusst: „He had been playing jazz since 1930, and after he composed Tanga, he did not realize he had blended it succesfully with a Cuban rhythm. To him, ‚Tanga‘ was just another good jazz tune.“ (ebd.) Aber Tanga ist tatsächlich mehr als das. Dieses Stück ist weder eine kubanische Komposition, die „verjazzt“, noch ein Jazzstück, das mit kubanischen Rhythmen versehen wurde, sondern es ist der erste Vertreter eines „Hybridstils“. Tanga wurde in den kommenden Jahren zwar eine Art Erkennungsmelodie der Afro-Cubans, dass mit ihm aber die Tür für eine neue Stilrichtung des Jazz aufgestoßen wurde, war jedoch kaum jemandem bewusst. Erst die Kollaboration von Dizzy Gillespie und dem kubanischen conguero Chano Pozo machte die Jazzgemeinde auf die Neuerungen Mario Bauzás aufmerksam. Dizzy Gillespie war wie oben erwähnt schon früh durch Alberto Socarrás und Mario Bauzá während seiner Zeit bei Cab Calloway mit kubanischen Rhythmen in Berührung gekommen. Doch erst Jahre später, im Jahr 1947, formierte er eine Band, in der er auch Congas integrieren wollte. Auf eine Empfehlung Bauzás engagierte er Chano Pozó, einen laut Zeitzeugen leicht aufbrausenden Kubaner, der gerade erst in New York angekommen war. In Kuba war er bereits ein hochgeachteter Komponist und Spezialist der kubanischen Rumba. Gillespie war tief beeindruckt von dem umfangreichen Wissen Pozos. Nach Gillespies Aussage war die entscheidende Bereicherung 17 für den Jazz die polyrhythmische Anlage kubanischer Musik. In Nordamerika sei dieses afrikanische Erbe durch die Verbote der traditionellen Rhythmen durch Sklavenhalter verloren gegangen. Erstaunlicherweise funktionierte die Zusammenarbeit der beiden sehr gut, obwohl Chano Pozo weder Noten lesen, noch wirklich Englisch sprechen konnte. Innerhalb eines Jahres entstanden sehr erfolgreiche Kompositionen wie „Cubano Be Cubano Bop“ und „Manteca“ 12. Der Stil, den die beiden populär machten, bekam schon bald den sehr eingängigen Namen Cubob, eine Mischung aus „Cuba“ und „Bebop“. Doch schon nach einem Jahr endete die vielversprechende Kollaboration von Pozo und Gillespie zwangsläufig. Pozo wurde nach einem Streit mit einem Drogendealer in einer Bar erschossen. 3. Machito & his Afro-Cubans 3.1 Die Gründer: Mario Bauzá und Machito Im Zentrum von „Machito & his Afro-Cubans“, die ich im folgenden oft einfach Afro-Cubans nennen werde, stehen der Sänger Frank Grillo Gutiérrez, genannt Machito, und der Trompeter und musikalische Leiter Mario Bauzá. Wie oben bereits erwähnt wurde die musikalische Ausrichtung der Afro-Cubans sehr von Bauzá geprägt. Machito gibt bei einem Interview der Zeitschrift Jazzpodium offen zu: „Er war der Architekt meiner Musik, ich war nur der Maurer .“ (vgl. S TOCK 1982) Ähnlich äußert sich auch die Tänzerin Millie Doney in dem Dokumentarfilm „Notes From The Mambo Inn. The Story Of Mario Bauza“: „Machito and Graciela [Sängerin und Machitos Schwester, Anm. d. Autors] were the front power of the band, […] but the real power was behind them. And that was Mario Bauzá.“ 12 In GILLESPIE/FRAZER 1985 schildert Walter Gilbert Fuller sehr eindrucksvoll, wie Chano Pozo den A Teil von Manteca „diktierte“ indem er alle Parts vorsang. Innerhalb einer Nacht hatten Gillespie und Fuller alles zu Papier gebracht. 18 Mario Bauzá wurde 1911 in Havana geboren. Er wuchs bei seinen weißen Pateneltern auf, die seine musikalische Begabung früh erkannten und ihn förderten. Er spielte zunächst Klarinette. Schon im Kindesalter lernte er Chano Pozo und seinen späteren Schwager Machito kennen 13. Mit 15 Jahren galt er als Wunderkind, war als Klarinettist Mitglied des Philharmonischen Orchesters Havana und spielte in einigen der namhaftesten orquestas típicas und charangas (vgl. LEYMARIE 2002, 166), darunter auch mit dem Orchester von Antonio María Romeu, der als einer der wichtigsten Innovatoren des danzón galt (vgl. MAULEÓN 1993, 181). Mit diesem Orchester besuchte Bauzá 1926 zum ersten Mal New York um dort Aufnahmen für das amerikanische Label RCA Victor zu machen. Während dieses Aufenthalts besuchte er u.a. ein Konzert des Paul Whiteman Orchestras, was ihn nachhaltig beeindruckte (vgl. LEYMARIE 2002, 166). Seit diesem Besuch hatte Bauzá das Ziel Kuba zu verlassen. Im Jahr 1930 war er volljährig, setzte seinen Plan in die Tat um und wanderte nach New York aus14. Dort angekommen verdiente er zunächst als freier Musiker sein Geld. Es ist erwähnenswert, dass er im gleichen Jahr für eine Aufnahmesession mit dem Sänger Antonio Machín, dem kurz danach mit „El Manisero“ (später auch unter dem englischen Titel "The Peanut Vendor" bekannt) der bis dahin größte Erfolg eines kubanischen Musikers in den USA gelingen sollte, nach eigenen Angaben innerhalb von fünfzehn Tagen das Trompetenspiel erlernte (vgl. Dokumentarfilm „Notes From The Mambo Inn. The Story Of Mario Bauza“). Nachdem er kurz in der Band des Sängers Noble Sissle Saxophon gespielte hatte, machte sich ab da vor allem als Trompeter einen Namen. 1933 wurde er Leadtrompeter bei der renommierten Bigband von Chick Webb, wo er ein Jahr später auch die musikalische Leitung übernahm (vgl. ROBERTS 1999, S.93). Während Bauzás Zeit bei Chick Webb wurde die noch unbekannte Ella Fitzgerald die Sängerin der Band und schaffte mit ihr den Durchbruch. 1938 verließ Bauzá das Chick Webb Orchestra um 1939 13 Mario sollte im Jahr 1937 Machitos Schwester Estela heiraten, nicht wie in manchen Veröffentlichungen die spätere Sängerin der Afro-Cubans Graciela (vgl. L EYMARIE S. 166). 14 Neben musikalischen hatte Bauzá vor allem auch soziale Beweggründe auszuwandern. Siehe Kapitel „Soziokulturelle Rahmenbedingungen“ 19 bei Cab Calloway einzusteigen. Das war in dieser Zeit laut Dizzy Gillespie die finanziell lukrativste Anstellung, die man als schwarzer Musiker bekommen konnte (Interview Gillespie in „Notes From The Mambo Inn. The Story Of Mario Bauza“). Bauzá verschaffte auch Gillespie, den er aus der Zeit bei Chick Webb kannte und mit dem ihn bis zum Lebensende eine enge Freundschaft verband, einen Platz in Calloways Band 15. Sechs Jahre nachdem Bauzá bei den Afro-Cubans als musikalischer Leiter angefangen hatte, war er es auch, der Gillespie mit seinem alten Bekannten Chano Pozo bekannt machte. Machito kam erst 1938 nach New York. Nachdem er sich in Kuba als sonero u.a. mit dem Sexteto Habanero und dem Sexteto Occidente einen Namen gemacht hatte, ließ er sich von seinem Schwager Mario Bauzá überzeugen ihm nach New York zu folgen. „It was a gamble, Machito often recalled, but he wanted to try it out, and Bauzá was convincing.“ (Machito zitiert nach CONZO 2011, 67) Dort spielte er mit dem Cuarteto Caney, machte Aufnahmen mit Xavier Cugat und wurde festes Mitglied von Alberto Iznagas Orquesta Siboney. Während eines Engagements dieses Orchesters im Club Conga gab ihm der Clubbesitzer seinen Spitznamen, unter dem er später bekannt werden sollte: „Machito“ („kleiner Macho“). Schon im Jahr 1940 verließ er das Orquesta Siboney um eine eigene Bigband zu gründen, die Afro-Cubans. 3.2 Die Afro-Cubans in den 40er Jahren: Vorreiter des Latin Jazz Nachdem Machito die Band 1940 gegründet hatte, stieß Bauzá 1941 als musikalischer Leiter hinzu. Er hatte schon zwei Jahre zuvor in der Band von Cab Calloway bei „After-Work-Jams“ mit Dizzy Gillespie und dem Schlagzeuger William "Cozy" Cole nach neuen Möglichkeiten gesucht, kubanische Musik und Jazz zu „fusionieren“ (vgl. LEYMARIE 2002, 168). 15 Die Vermittlung an Cab Calloway lief recht abenteuerlich ab. Bauza, der wusste, dass ein Solotrompeter gesucht wird, schickte eines Abends einfach den noch recht unbekannten Gillespie an seiner Stelle in den Cotton Club. Dieser spielte tatsächlich so gut, dass er direkt eingestellt wurde (vgl. GILLESPIE/FRAZER 1985, S.80). 20 Mit Machito zusammen entschied er sich nun eine Musik anzustreben, die kubanische Rhythmen und Stile mit einem Big Band Sound und den neuesten Entwicklungen im Jazz, dem aufkommenden Bebop, kombiniert. Um diesem Ziel näher zu kommen, beauftragte Bauzá einige Arrangeure der Calloway Bigband seine Stücke zu orchestrieren (vgl. „Notes From The Mambo Inn. The Story Of Mario Bauza“). Die Band setzte sich von Anfang an aus Musikern mit unterschiedlichen kulturellen Backgrounds zusammen. So gehörte der US-amerikanische Trompeter Bobby Woodlen ebenso zu den ersten Mitgliedern, wie der kubanische Saxofonist José ("Pin") Madera oder der Puerto-Ricanische bongosero José Mangual. Wie bei den meisten langlebigen Bigbands gab es auch bei den Afro-Cubans über die Jahre einige Umbesetzungen. Unter den zeitweise beschäftigten Musikern findet man illustre Namen wie Tito Puente, "Chocolate“ Armenteros, Stan Getz und den unter Mitmusikern sehr geschätzten Pianisten und Arrangeur René Hernández, der laut Machito später für den Stil Eddi Palmieris verantwortlich war (vgl. STOCK 1982, 17). WAXER 1994 weist darauf hin, dass die Afro-Cubans keineswegs, wie oft dargestellt wird, über Nacht Berühmtheit erlangten, sondern dass sie in den ersten drei Monaten durchaus Probleme hatten ein Publikum für ihre „komplizierte“ Musik zu finden (vgl. ebd. 154). Nach diesen Anlaufschwierigkeiten wurden sie unter jungen Latinos jedoch bald zum Geheimtipp und traten schließlich innerhalb eines Jahres auch vor größerem Publikum in verschiedenen Clubs in Harlem auf. Ihnen gelang es sogar nach kurzer Zeit auch in Downtown Manhattan bei weißem Publikum Beliebtheit zu erlangen. Ab Ende des Jahres 1941 spielten sie dort regelmäßig im „La Conga Club“, von wo aus sie sogar einmal im Monat im Rundfunk gesendet wurden. Der schnelle Aufstieg der Afro-Cubans wurde durch den Streik der American Society of Composers and Performers (ASCAP) erleichtert. Die ASCAP versagte im Jahr 1941 den Radiostationen die Rechte zur Sendung ihrer Werke, um von den Rundfunkanstalten höhere Tantiemen einzustreichen. Die lateinamerikanischen Musiker waren fast ausschließlich in der Broadcast Music Corporation organisiert, die für diese Zeit die durch 21 den ASCAP-Streik entstandene Lücke füllte und damit der lateinamerikanischen Musik eine Gelegenheit gab ihre Bekanntheit zu steigern (vgl. ROBERTS S. 111). In ihren Texten spielten die Afro-Cubans von Anfang an mit Doppeldeutigkeiten, die nur von Eingeweihten und Latinos verstanden werden konnten. So lautete der Titel eines sehr beliebten Stückes ihrer Anfangszeit „Sopa de Pichón“, was wörtlich übersetzt „Taubensuppe“ heißt. Laut Machito war „pichón“ aber auch ein Wort für Joint und mit „sopa“ (Suppe) konnte auch Marihuana gemeint sein (vgl. STOCK 1982, 15). In einigen Texten sind auch Grüße an Anhänger der santeria versteckt. Darauf weist Chris Washburn am Beispiel von „Tanga“16 hin: „It's almost like a double performance: performing a piece, that was translating to a general audience as a swinging dance peace, but at the same time there would be coded messages for those people in the know.“ (Dokumentarfilm „Latin USA“, Episode 1) Im „La Conga Club“ fanden ihre Konzerte so regen Zulauf, dass die Afro-Cubans dort für drei Jahre regelmäßig als Hausband auftraten. Im Jahr 1943 wurde Machito in die Armee eingezogen. Er wurde zeitweilig von seiner Schwester Graciela vertreten, die vorher die Sängerin des ausschließlich mit Frauen besetzten „Orquesta Anacaona“ war. Sie blieb auch nach der Rückkehr Machitos in der Band. Neben dem Conga Club spielten die Afro-Cubans auch in einigen anderen Downtownclubs. Schließlich war es Tommy Martin, der Manager des Palladium Ballrooms und frühere Roadmanager von Chick Webb, der im Jahr 1947 auf Mario Bauzá zuging und ihm vorschlug, mit Machito im Palladium zu spielen. Das Paladium war bis dahin ein Club ausschließlich für Weiße (vgl. BOGGS, S.128). Cesar Miguel Rondon berichtet über damalige Beratungen mit dem Promoter lateinamerikanischer Musik Federico Pagani: „[…] the risk continued that the rabble […] would now be the one that would come to dance. Pagani, understanding that this 16 Tanga ist nebenbei bemerkt auch ein kubanischer Slangbegriff für Marihuana (vgl. LEYMARIE 2002, 171) 22 would be the big strike for Latin music, suggests moving carefully and taking rigorous precautions. He then suggests the idea of a special club.; a club that would be in charge of organizing some dance matinees every Sunday for the Hispanic colony. And Mario Bauzá gives it a name: „The Blen Blen Club. […] The name Blen Blen came from a composition of Chano Pozo […]. There [,] in a brief and significant name, the best of jazz and the best of Cuba was reunited. […] The first matinee was held and its success exceeded all estimates: the Palladium was filled to maximum capacity. For the first time, the Latin orchestras were acting like stars, not as the uncomfortable fillin that they had been reduced to by the American promoters of the time; The dancers understood perfectly well the […] authentic Caribean dance and the musicians could finally get loose at will. In a few weeks, the promoters recognized the insufficiency of the Sunday matinee and decided [to hold] a new weekly dance on Wednesday evenings. And before a year would pass, the Palladium was dedicated exclusivly to Afro-Cuban music.“ (Rondon zitiert nach BOGGS 1992, S.128) Das Palladium sollte besonders in den 50er Jahren durch die Konzerte der „big three“ des mambo (Tito Puente, Tito Rodriguez und Machito) sagenhaften Ruhm erlangen. Während das Repertoire in den ersten beiden Jahren hauptsächlich aus sones, guarachas und boleros bestand, die durch den jazzigen Bigbandsound für damalige Ohren schon revolutionär neu klangen, betraten die Afro-Cubans dann mit Kompositionen wie dem im vorigen Kapitel beschriebenen „Tanga“ endgültig stilistisches Neuland. Sie beeinflussten in dieser Zeit viele Jazzmusiker, die ihrerseits mit kubanischer Musik experimentierten. Neben James Moody und Tadd Dameron ist hier vor allem Stan Kenton zu nennen. Im Januar 1947 spielte dieser ein Doppelkonzert mit den Afro-Cubans. Kenton war von den Rhythmen der Afro-Cubans so beeindruckt, dass er selber später einige Aufnahmen mit der Rhythmusgruppe von Machito machte. Er schrieb sogar ein Stück mit dem Titel „Machito“. Spätestens ab diesem Jahr waren die Afro-Cubans in aller Munde. Neben den regelmäßigen Konzerten im Palladium spielten sie im Royal Roost und im Ebony Club und begleiteten Stargäste wie Olga Guillot (eine der bekanntesten Vertreterinnen des bolero) und Dexter Gordon (vgl. LEYMARIE 2002, 172). Außerdem schlug die neue Bigband von Dizzy 23 Gillespie mit Chano Pozo an den congas hohe Wellen und der Latin Jazz wurde unter dem Modebegriff cubob weltbekannt. Im folgenden Jahr entstanden einige bemerkenswerte Aufnahmen der Afro-Cubans mit Howard McGhee, Brew Moore und - Dank der Vermittlung des Impressarios Norman Granz - im Dezember des Jahres 1948 mit Flip Philipps und Charlie Parker. Granz, der vor allem als Erfinder und Organisator der legendären „Jazz at the Philharmonic“ (JATP) Konzerte und Gründer von Verve-Records bekannt ist, war es auch, der für den 11. Februar 1949 ein spektakuläres Konzert in der Carnegie Hall organisierte. Neben den Afro-Cubans spielten dort Charlie Parker, Duke Ellington, Lester Young, Bud Powell, Coleman Hawkins und Neal Hefti alle auf der gleichen Bühne (vgl. LEYMARIE 2002, 173). Außerdem ist es Granz‘ Initiative zu verdanken, dass am 21. Dezember 1950 das bis dahin ambitionierteste Werk des noch jungen Latin Jazz, die „Afro-Cuban Jazz Suite“, aufgenommen werden konnte. 4. Die „Afro-Cuban Jazz Suite“ 4.0 Grundlegende Informationen und Überlegungen für die Analyse der „Afro-Cuban Jazz Suite“17 4.0.1 Die Komposition In diesem Kapitel soll nun ein genauer Blick auf diese „Momentaufnahme“ des Latin Jazz geworfen werden. Es ist die bis dahin umfangreichste Komposition dieses noch jungen Genres. In den 50er Jahren sollten ihr noch weitere Suiten des Latin Jazz folgen, die ähnliche Ausmaße aufweisen. Eine davon stammt auch von O'Farrill. Diese „Manteca-Suite“ schrieb war eine Auftragskomposition für Dizzy Gillespie. Außerdem ist die pompöse „Cuban Fire Suite“ von Stan Kenton aus dem Jahr 1956 erwähnenswert. Der ersten Afro-Cuban Jazz Suite von O'Farrill kommt aber als frühester 17 Um die Kapitelnummerierung bei der Analyse der Teile der Suite analog zur Nummerierung der Teile in der Suite zu halten wurde dieses Kapitel mit 4.0 bezeichnet. 24 Vertreterin die größere musikhistorische Bedeutung zu. Mit der Afro-Cuban Jazz Suite knüpft O'Farrill an Ellington an, der sich bereits seit den 30er Jahren mit Kompositionen wie „Creole Rhapsody“ (1931) und „Black Brown & Beige“ (1943) dieser „Erscheinungsform zyklischer Instrumentalmusik“ (vgl. BEER 1998, 2067) gewidmet hat. Die Bezeichnung der acht Teile lassen sich den Liner Notes der Wiederveröffentlichung von Verve aus dem Jahre 1995 entnehmen 18: I. Introduction-Canción (Solopart von Mario Bauzá) II. Mambo (mit einem Solo von Charlie Parker) III. Transition (Kadenz von Flip Phillips) IV. Introduction to 6/8 V. 6/8 VI. Transition and Jazz (mit Soli von Charlie Parker, Flip Phillips und Buddy Rich) VII. Rhumba Abierta VIII. Coda19 Es stellt sich die Frage was überhaupt der Auslöser war, diese Suite zu schreiben und aufzunehmen. Offensichtlich ist es ein Zusammenspiel der Experimentierfreudigkeit von Norman Granz und seinem großen Vertrauen in O'Farrills Arrangierfähigkeiten. Ersichtlich wird dies anhand des folgenden Zitates: „He [Norman Granz, Anm. d. Aut.] would tell me, ‘Chico, let's do a jazz date or a mambo date, […] You do what you want. You fall on your ass, I'll pay.‘ […] I have never worked for a producer who was more amenable, who let you do whatever you wanted. […] I don't think he made any kind of big money with these recordings. He did it because he was a gambler“ (Chico O'Farrill, zitiert nach HERSHORN 2011, 129/130) 18 In früheren Veröffentlichungen und Compilations wurden die fehlerhaften Angaben der ersten Veröffentlichung übernommen. O'Farrill korrigiert diese erst in oben genannter Neuauflage. 19 Vgl. Liner Notes von Charlie Parker: „South of the Boarder“, Verve 527779 25 Bevor genauere musikalische Untersuchungen der einzelnen Teile der Suite ab Kapitel 4.1 beginnen, sollen zunächst einige Voraussetzungen für die Einspielung geklärt werden. Dafür wird der Blick auf die in die Aufnahme involvierten Musiker (in Kapitel 4.0.2) und die medientechnischen Voraussetzungen der Aufnahme (in Kapitel 4.0.3) gerichtet. 4.0.2 Die Musiker In diesem Unterkapitel werden die Protagonisten der Aufnahme vorgestellt. Neben dem Komponisten und Arrangeur Chico O'Farrill werden die Biographien der Solisten Charlie Parker, Flip Phillips und Buddy Rich in der Reihenfolge ihres Auftretens in der Suite kurz vorgestellt. 4.0.2.1 Chico O'Farrill Komponist und Arrangeur der Suite ist der zum Zeitpunkt der Aufnahme 29jährige Chico O'Farrill. Er wurde 1921 als Sohn einer deutschstämmigen Mutter und eines irischen Vaters in Havana geboren. Seine Eltern ermöglichten ihm ab 1936 eine Ausbildung an der Militärakademie in Georgia. Dort sammelte er als Trompeter in der Schulband erste Jazzerfahrung. Zurück in Havana nahm er während seines anschließenden Jurastudiums Kompositionsunterricht und schrieb Arrangements u.a. für René Touzet und Armando Romeu, der in dieser Zeit, wie bereits erwähnt, als einer der wenigen wirklich jazzbewanderten kubanischen Musiker gilt. O'Farrill, der sich immer sehr intensiv mit den aktuellen Entwicklungen des Bebop auseinandersetzte, schrieb außerdem für den Gitarristen Isidro Pérez. In dieser Band hatte er nach eigenen Angaben die Möglichkeit viel zu experimentieren. Außerdem gründete er noch in Kuba ein Bebop Quintett, das unter Kritikern zwar Beifall fand, sich aber schlecht verkaufen ließ (vgl. LEYMARIE 2002, 137). Die ersten Aufnahmen von Dizzy Gillespie und Chano Pozo, die er hörte, veranlassten ihn Kuba in Richtung New York zu verlassen (vgl. ROBERTS 21999 138). Dort konnte er schnell als Arrangeur 26 Fuß fassen und schrieb zunächst Arrangements für Noro Morales, Dizzy Gillespie und Bennie Goodman und machte u.a. die Bekanntschaft mit Norman Granz (vgl. ebd.). Nach einer Aussage Mario Bauzás war es O'Farrill, der Norman Granz auf die Afro-Cubans aufmerksam machte. Granz war Ende des Jahres 1948 wegen eines JATP Konzerts in New York und besuchte dort mit O'Farrill ein Konzert der Afro-Cubans im Birdland: „Norman Granz was connected with Chico O'Farrill, because Chico already had a name as an arranger. […] That particular week, Norman came to New York, hit Birdland and flipped!“ (Mario Bauza zitiert nach HERSHORN 2011, 129). Granz war so begeistert, dass er die Afro-Cubans sofort für eine erste Aufnahmesession mit Flip Phillips und Charlie Parker engagierte. Dass zwei Jahre später die Aufnahme der "Afro-Cuban Jazz Suite" in fast gleicher Besetzung gemacht wurde, war eher Zufall. Ursprünglich waren als Solisten neben Buddy Rich und Flip Phillips die Trompeter Fats Navarro und Harry „Sweets“ Edison vorgesehen. Von diesen vieren sind aber nur Flip Phillips und Buddy Rich als Solisten zu hören. Fats Navarro erschien erst gar nicht zum Aufnahmetermin und Harry „Sweets“ Edison fühlte sich mit seinem Part so unwohl, dass dieser von Mario Bauzá übernommen wurde (vgl. LEYMARIE 2002, 173). Edison wird zwar in den Liner Notes als Teil des Trompetensatzes angeführt, der Neuveröffentlichung aus dem Jahr 1995 ist aber zu entnehmen, dass er den Aufnahmen nur im dritten Teil einige „screams“ (hohe Töne) beisteuerte. Für Fats Navarro wurde kurzfristig Charlie Parker engagiert. 4.0.2.2 Charlie Parker Über Charlie Parker ist schon sehr viel geschrieben worden. Er ist eine der prägendsten Figuren der Jazzgeschichte. Seine damals völlig neue Art der Improvisation beschäftigt bis heute alle Musikergenerationen nach ihm. Parker wurde 1920 in Kansas City geboren. Nachdem sich der Anfang seiner musikalischen Karriere alles andere als einfach darstellte, konnte er 1940 bei Rundfunkaufnahmen mit Jay McShann als Solist erstmals auf sich 27 aufmerksam machen. Seine neue Art der Improvisation, die sehr virtuos war und völlig neue Wege im Umgang mit Rhythmus und Harmonie eröffnete, brachte ihn 1943 mit revolutionären Musikern, die in Harlemer Clubs wie dem Monroe's Uptown House und Minton's Playhouse schon seit einiger Zeit an neuen Konzepten gearbeitet hatten, in Verbindung. Zu diesen Musikern gehörten Kenny Clark, Dizzy Gillespie und Thelonious Monk. Charlie Parker profilierte sich als Sideman und in eigenen Besetzungen als Lichtgestalt dieser neuen Bewegung, die bald unter dem Namen „Bebop“ bekannt wurde. Ab 1946 trat er häufig als JATP-Solist auf. Schon seit seiner Jugend legte sich Parkers Drogenabhängigkeit wie ein Schatten über sein Leben. Ab der zweiten Hälfte der 40er Jahre begann der langsame Abstieg. Er geriet immer wieder in Geldnot und hatte mit privaten Problemen zu kämpfen. Die Drogenabhängigkeit ließ ihn auch sehr unzuverlässig werden, was sich darin manifestierte, dass er oft nicht zu Gigs erschien. Anfang der 50er Jahre verpfändete er immer wieder sein Saxophon, um an Geld zu kommen. Nach dem Tod seine Tochter Pree und einem Selbstmordversuch begann der endgültige Abstieg des in wechselnden Gastrollen – 1954 bei Stan Kenton – präsentierten Ausnahmemusikers. Seinen letzten Auftritt in dem nach ihm benannten Birdland brach er nach einem offen auf der Bühne ausgetragenen Streit mit dem Pianisten Bud Powell ab. Er starb einige Tage später an den Folgen seines langjährigen Drogenkonsums. Parker wurde nur vierundreißig Jahre alt (vgl. KUNZLER 22002, Lemma „Parker, Charles Christopher Jr., 979). Laut Machito und Bauzá war Charlie Parker bei den Aufnahmen mit den Afro-Cubans stets zuverlässig (vgl. HERSHORN 2011, 129). Ihr Urteil über die musikalische Zusammenarbeit ist jedoch zwiegespalten. Bauzá war sehr von Parker Memorierungsvermögen beeindruckt. Parker brauchte auch schon bei dem ersten Aufeinandertreffen keine Noten, sondern ließ sich die Stücke einfach einmal vorspielen. Dann sagte er, Mario brauche ihm lediglich zu sagen wann er spielen solle. Nach einem Probedurchlauf konnten die Stücke aufgenommen werden (vgl. BIRNBAUM 1993, 19). Bei der Aufnahmesession der Afro-Cuban Jazz Suite soll es laut O'Farrill 28 genauso abgelaufen sein (vgl. Liner Notes von „Charlie Parker – South of the Border“). Dem widerspricht Machito jedoch vehement. Sein Urteil fällt ungleich schlechter aus: „Charlie konnte unsere Musik nicht spielen, er hatte einfach kein Gefühl für diese Art von Musik. Er kam und spielte ein paar Takte vor. Es entsprach aber nicht unserer Intention und ich sagte, nein Hombre, nein, nicht corny. Ich ließ dann einen meiner Saxophonisten ihm etwas vorspielen. Ich sagte, spiel das nur nach. Aber er brachte es nicht. Wir haben es dutzendemale [sic] probiert, es kam aber nichts dabei heraus. Es fehlte ihm an Gefühl.“ (Machito in: STOCK 1982, 16) In Kapitel 4.2.3 soll versucht werden anhand eines Vergleichs mit dem solistischen Spiel von René Hernández die Frage nach der stilgerechten Improvisation Charlie Parkers näher zu beleuchten. 4.0.2.3 Flip Phillips Flip Phillips wurde 1915 in Brooklyn geboren. Nachdem er u.a. in den Bands von Frankie Newton und Benny Goodman gespielt hatte, gelang ihm in Woody Hermans Herd als Tenorsaxophonist der Durchbruch. Er gehörte von 1946 bis 1957 zur Stammbesetzung der JATP Tourneen. Mit dieser Zeit ist sein Name bis heute eng verbunden. Dies mag auch daran liegen, dass Phillips sich nach einer Tour mit Benny Goodman 1959 für fast zwei Jahrzehnte von dem intensiven Konzertbetrieb verabschiedete. Erst ab dem Ende der 70er Jahre trat er wieder als Fulltime-Musiker in Erscheinung. Er starb im Jahr 2001 in Florida. Sein Stil wird aufgrund seines warmen Tones oft als Mischung zwischen Coleman Hawkins und Ben Webster beschrieben (vgl. KUNZLER 22002, Lemma „Phillips, Flip“, 1013/1014). In der Afro-Cuban Jazz Suite tritt er zweimal solistisch in Erscheinung. Zunächst nimmt er im Anschluss an den „Mambo“ nach einer kleinen Kadenz das Thema des „Canción“ wieder auf. In „Jazz“ wechselt er sich im Solo mit Charlie Parker ab. 29 4.0.2.4 Buddy Rich Buddy Rich ist bis heute einer der bekanntesten Jazzschlagzeuger. Er wird einerseits für seine beeindruckenden technischen Fähigkeiten bewundert. Andererseits gibt es durchaus auch kritische Stimmen, die bemängeln, dass die Musik bei Rich gelegentlich unter der Show litt. Er wurde 1917 in New York geboren und trat schon im Kindesalter als „Traps, the Drum Wonder“ auf. Er erlangte Anfang der 40er Jahre in der Band von Tommy Dorsey internationale Bekanntheit und gründete dann eine eigene Bigband, die er aber bald aus finanziellen Gründen wieder auflösen musste. Auch er gehörte ab 1946 zu dem JATP-Musikerpool. Ab Mitte der 50er Jahre ging Rich wieder eigene Wege. Besonders erfolgreich war seine 1966 gegründete Bigband, die auch nach seinem Tod 1987 weiter fortbestand (vgl. KUNZLER 2 2002, Lemma „Rich, Bernhard („Buddy“)“, 1082/1083). In der Afro-Cuban Jazz Suite ist er nicht durchgängig aktiv. Sein Part beschränkt sich auf den „Jazz“ Part des sechsten Teils. Im Anschluss an diesen Teil übernimmt er noch ein etwa einminütiges Schlagzeugsolo. 4.0.2.5 Die Besetzung der Afro-Cubans Für die Aufnahmen waren die Afro-Cubans wie folgt besetzt: Altsaophon: Gene Johnson, Fred Skerritt; Tenorsaxophon: Jose Madera, Sol Robinowitz Baritonsaxophon: Leslie Johnakins; Trompeten: Mario Bauzá, Paquito Davila, Al Steward, Bobby Woodlen; Klavier: René Hernández; Bass: Roberto Rodriguez; Congas: Luis Miranda, Chino Pozo 20, bongos: Jose Mangual; timbales: Umbaldo Nieto und maracas: Machito. Mario Bauzá steuerte außerdem noch einen Klarinettenpart bei. An dieser Besetzung lässt sich schon die Konzeption der Band erkennen. Es handelt sich um einen klassischen Bigbandbläsersatz, mit dem Unterschied, dass es keine Posaunensection gibt. Wie später gezeigt wird, instrumentiert O'Farrill den Trompeten- und Saxophonsatz oft wie in klassischen Jazzbandbesetzungen. Dem gegenüber steht aber eine (mit Buddy Rich) siebenköpfige Rhythmusgruppe, die mit congas, bongos und timbales die 20 Die Namensverwandtschaft mit Chano Pozo ist zufällig. 30 nötigen Instrumente in sich vereint um kubanische Rhythmen authentisch umsetzen zu können. 4.0.3 Die Aufnahme Zum Zeitpunkt der Aufnahme der Suite waren die medientechnischen Voraussetzungen um ein Werk dieser Länge aufzunehmen und massenweise zu reproduzieren noch nicht lange gegeben. Die Langspielplatte fand erst im Jahr 1948 durch Columbia Records Verbreitung. Die seit 1931 von RCA Victor hergestellte Schallplattenformat mit 33 1/3 UpM und ca. 15 Minuten Spieldauer konnte sich bis dahin gegenüber den preisgünstigeren kleineren Formaten nicht entscheidend durchsetzen. Die LP war also erst seit zwei Jahren auf dem Markt (vgl. ELSTE 2007, 150). Eine weitere wichtige Neuerung der Studiotechnik der damaligen Zeit war die Erfindung des Magnettonbandes, das zwar bereits 1935 auf der Berliner Funkausstellung vorgeführt wurde, aber erst einige Zeit später als Aufnahmegerät standardmäßig genutzt wurde. So wurde es beispielsweise von der Deutschen Grammophon GmbH erst 1946 eingeführt, von EMI gar erst 1948 (vgl. ebd. 149). Die Bedeutung dieser Neuerung ist nicht zu unterschätzen, da so zum ersten Mal die Möglichkeit des „Cuttens“ zur Verfügung stand und Aufnahmen in mehreren Etappen produziert werden konnten. Diese Technik wurde offensichtlich auch bei der Aufnahme der Suite angewendet. Es fallen recht schnell akustische Unterschiede der einzelnen Teile auf. So klingt z.B. die „Transition“ nach dem „Mambo“ sehr viel dumpfer und intimer21. Auch einige unsaubere „Cuts“ sind zu finden. So wurde beispielsweise der Auftakt zu „Mambo“ abgeschnitten (Min. 2:55/Takt 60) Anhand dieser unsauberen Cuts lassen sich vereinzelt auch vertuschte Fehler vermuten. So ist in Minute 10:30/Takt 400 lediglich ein kurzer Trompetenton in einem verkürzten ersten Takt des kurzen „Transition“ nach „6/8“ zu hören. Vermutlich gehört dieser zu einem Tuttiakkord als Abschluss des 6/8-Teils. Solche Fehler sind nicht verwunderlich. Die Aufnahmen mussten nämlich 21 Der Übergang ist bei Minute 6:03 bzw. Takt 241/242 zu finden. 31 ohne wirkliche Proben stattfinden, da Granz so die Kosten minimieren wollte (vgl. HERSHORN 2012, 129). 4.0.4 Fragen an die Afro-Cuban Jazz Suite Nachdem in den Kapiteln 2 und 3 ein Überblick über die Entwicklungen des Latin Jazz vor der Aufnahme der Suite aufgezeigt wurde, soll nun analysiert werden, wie weit die Synthese zu diesem Zeitpunkt vorangeschritten ist. Als Orientierungshilfe kann dazu ein Katalog von Elementen einer „organischen Synthese“ (vgl. ACOSTA 2004, 277) herangezogen werden, den Leonardo Acosta vorschlägt: – Nutzung der afrokubanischen Percussion im Jazz. [1] – Spiel mit kubanischen (oder lateinamerikanischen) Musikthemen in Jazzform. [2] – Existenz von Jazz- und Bluesthemen sowie nordamerikanischen Liedern mit „lateinamerikanisierten Rhythmen. [3] – Nutzung des Jazz-Formats in der afrolateinamerikanischen Musik und hierdurch Einfluss des Jazz auf die Harmonie, die Stimmsetzung und die Orchestrierung. [4] – Integration einer aus drei Perkussionisten, Klavier und Bass bestehenden Rhythmusgruppe. [5] – Graduelle Fusion der Phrasierung des Jazz und des Afrokubanischen bei den verschiedenen Soloinstrumenten. [6] – Adaption der Taktarten – wie dem 6/8 Takt – und afrokubanischer Rhythmusmuster bei der Komposition von Jazzstücken. [7] – Existenz von Kompositionen und Arrangements, die extra in einer „Fusionssprache“ konzipiert wurden, in beiden Genres. [8] – Stilistische Einheit zwischen den Arrangements und den improvisierten Soli [9] (ACOSTA 2004, 277) 32 Diese Aufzählung ist laut Acosta grob hierarchisch geordnet. Als Ordnungsprinzip liegt zugrunde „vom einfachsten zum schwersten zu gelangen“ (vgl. ACOSTA 2004, 278). Viele dieser Elemente lassen sich direkt in der Afro-Cuban Jazz Suite nachweisen. So wird aus den vorangegangen Erläuterungen bereits klar, dass Punkt [1],[4],[5],[7] und [8] erfüllt sind. Über Punkt [2] und [3] lassen sich in diesem Zusammenhang keine Aussagen machen, da in der Suite kein bereits existierendes thematisches Material verwendet wird22. Ein wesentliches Teilziel der folgenden Ausführungen ist es zu klären, ob Punkt [6] und [9] erfüllt sind. Deshalb wird dem „Mambo“, in dem Charlie Parker sich vor einem afrokubanischen Hintergrund solistisch äußert, in Kapitel 4.2 besondere Beachtung geschenkt. Die folgenden Unterkapitel befassen sich jeweils mit einem Teil der Suite. Es ist nicht das Ziel dieser Untersuchungen eine möglichst vollständige Analyse der einzelnen Teile in klassischem Sinn anzufertigen. Vielmehr sollen bestimmte Merkmale der Suite herausgestellt werden, die geeignet sind Antworten auf folgende Fragen zu liefern: – Welche musikalischen Elemente des Jazz bzw. der afrokubanischen Musiktradition lassen sich finden? – Wie lassen sich diese Elemente in die Entwicklungsgeschichte der jeweiligen Tradition einordnen? – Gibt es Elemente, die weder der einen, noch der anderen Seite zuzuordnen sind? 4.1 Introduction - Canción Dem sehr klaren und harmonischen Thema des ersten Hauptteils „Canción“ stellt O'Farrill zunächst einen in jeder Hinsicht kontrastierenden einleitenden Teil voran. Der sehr laute und reibungsvolle Tuttiakkord taucht 22 Als kleine Einschränkung sei jedoch auf Kapitel 4.3 verwiesen. 33 auch später in Verbindung mit dem Thema des Canción auf 23. Besonders dissonant tritt hier die kleine None zwischen dem zweiten Altsaxophon und der zweiten Trompete (in Takt 1) hervor. Dieser fanfarenartige Einwurf wirkt wie ein Weckruf und ist neben dem Thema des Canción ein verbindendes Element der Suite. Der erste Hauptteil trägt den Titel „Canción“, das spanische Wort für Lied. In der kubanischen Musik werden vor allem politische und Liebeslieder, die sich ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus dem spanischen und italienischen Lied entwickelt haben, canción genannt (vgl. SUBLETTE 2004, 236). Das Thema, das im Laufe des Stückes immer wieder auftaucht, wird hier vorgestellt. Es handelt ich um eine sehr einfache achttaktige Melodie in G-Dur (Minute 0:26/Takt 7 -14). Diese Melodie wird zunächst von Mario Bauzá an der Trompete gespielt. Die Saxophone legen dazu flächige Akkorde, die an die lyrische Begleitung eines Streichorchesters erinnern. Dieses Mittel ist ein fester Bestandteil des 23 In Takt 17-22 und 255-258. In der Partitur sind diese Teile mit „Interlude“ bezeichnet. 34 Vokabulars damaliger Bigbandarrangeure. Es lässt sich beispielsweise auch in einer Version des Standards „Loverman“, arrangiert von Pete Rugolo finden. Nachdem die Rollen getauscht wurden und nun die Saxophone die Melodie übernehmen und von den Trompeten begleitet werden, setzt der B-Teil (Min.1:43/T.33) einen Kontrast zum A-Teil. Diese Passage erinnert harmonisch und arrangiertechnisch an den „Bolero“ von Maurice Ravel. O'Farrill benutzt Orgelpunkte und einen plötzlichen Tonartwechsel. Außerdem setzt eine Mixturbegleitung in den Trompeten ein. Die Begleitfiguren der Rhythmusgruppe im A-Teil lassen eindeutig einen kubanischen bolero erkennen. Zur Veranschaulichung können hier Takt 7 und 8 dienen. In der Percussionsection hat José Mangual an den Bongos die Freiheit nach Belieben Akzente zu setzen während Maracas, Congas und Timbales streng an ihre Stimmen gebunden sind. Der bolero ist nach wie vor ein sehr beliebter Rhythmus und wurde bis heute einigen Änderungen unterzogen. Vergleicht man die obige Transkription aber mit damals aktuellen Instrumentalschulen wie beispielsweise MORALES 1954, so lässt sich erkennen, dass sich die AfroCubans hier stilistisch auf der Höhe der Zeit bewegten. Das zeigt sich auch 35 im B-Teil. Um die Dramatik dynamisch zu unterstützen, nutzt die Rhythmusgruppe die etwas akzentuierteren Begleitpatterns des heute kaum noch bekannten ritmo afro, vereinzelt auch einfach „Afro-Cuban“ genannt (vgl. MORALES 1954, 90). Charakteristisch sind die Betonungen der Zählzeiten „3“, „3 und“ und „4“. Das ist hier in den Takten 33-34 besonders in der conga- und der Bassstimme zu erkennen: Der ritmo afro wurde seit den 30er Jahren zur Unterstützung einiger boleros benutzt (vgl. LEYMARIE 2002, 35), kam während der 50er Jahre aber aus der Mode. Der bolero hingegen stellt sich als einer der langlebigsten und populärsten Stile Kubas heraus. Er geht auf das Erbe des spanischen Liedes zurück und hat seinen Ursprung in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Santiago de Cuba (vgl. MARTÍNEZ RODRÍGUEZ 2002, 229). Bei boleros steht vor allem der Gesang im Vordergrund. Die Texte handeln von Liebe und Sehnsucht und werden in langsamem Tempo oft sehr leidenschaftlich und pathetisch vorgetragen. Zunächst wurde der Gesang dabei nur von ein bis zwei Gitarren begleitet. Die erste überlieferte Komposition ist der bolero “Tristeza“ von José „Pepe“ 36 Sanchez (1856-1918). Das Lied wurde 1883 komponiert und legte laut MARTÍNEZ RODRÍGUEZ die „endgültige Struktur“ für dieses Genre fest (vgl. ebd. 231). Sanchez ist nicht nur durch seine Lieder, sondern auch durch seine Funktion als „Lehrer und Vorbild“ ein wichtiger Vertreter dieses noch jungen Stils. Zu seinen Schülern zählte u.a. auch Miguel Matamoros, der ab 1925 mit seinem „Trio Matamoros“ den son international bekannt machte. Der bolero erfreute sich um die Jahrhundertwende großer Beliebtheit, was beispielsweise die 1906 aufgeführte musikalische Revue mit dem Titel „El triunfo del bolero“ zeigt. Er verbreitete sich in dieser Zeit auch in umliegenden spanischsprachigen Ländern wie Puerto Rico und Mexiko. Patricio Ballagas (1879-1920) war der erste, der boleros nicht mehr im 2/4, sondern im 4/4 Takt notierte. Außerdem geht der zweistimmige Gesang vieler späterer boleros auf seine Kompositionen wie beispielsweise „la timidez“ zurück. Boleros wurden zunehmend nicht mehr nur mit Gitarre begleitet. Das Lied „Aquellos ojos verdes“ des Pianisten und Komponisten Nilo Menéndez erfreute sich in den 30er Jahren großer Beliebtheit. Auch die son-Formationen, die ab den 20er Jahren auch außerhalb von Kuba bekannt wurden, nahmen sich des bolero an. Dabei entstand die Begleitung mit Percussioninstrumenten, die auch in der Suite zu hören ist und mit leichten Veränderungen bis heute besteht. In dieser Form fand der bolero während der Rhumba-craze auch in den USA Verbreitung. Die Suite ist zwar ohne Gesang konzipiert, man kann jedoch erkennen, dass sich dieser „Canción“ in die Tradition der kubanischen Liebeslieder einreiht. Mario Bauzá trägt durch seine lyrische Spielweise sehr dazu bei. Er interpretiert die Melodie rhythmisch frei und spielt mit viel Vibrato. 4.2 „Mambo“ 4.2.1 Ein Stil – viele Meinungen Der zweite Teil der Suite trägt den Titel „Mambo“. Der mambo ist mittlerweile zu einem der bekanntesten Rhythmen bzw. Tänze der 37 kubanischen Musik geworden. Das verdankt er vor allem den frühen 50er Jahren, wo er kurz vor Fidel Castros Revolution zum Inbegriff der kubanischen Lebensfreude wurde. Bemerkenswert ist, dass die Verbreitung des mambo vor allem von den USA ausgeht. Zum Zeitpunkt des Höhepunktes des Mambofiebers befanden sich nämlich mit Tito Rodriguez, Tito Puente und Machito & his Afro-Cubans fast alle Hauptakteure in New York. Bevor einige Aspekte des „Mambo“ der Suite aufgegriffen werden, sollen zunächst die verschiedenen wissenschaftlichen Positionen bzgl. dieses um 1950 noch sehr jungen Rhythmus vorgestellt werden. Den mambo von anderen Stilrichtungen abzugrenzen stellt sich als äußerst schwierig heraus. „Der mambo ist das vielleicht umstrittenste Genre in der Geschichte der kubanischen Populärmusik.“ (GIRO 2004, S.248) Fast jeder Autor hat seine eigene Definition, Entstehungsgeschichte und etymologische Erklärung. So sieht beispielsweise WAXER 1994 die Ursprünge des mambo im danzón. Sie stellt zwei Musiker des Charangaensembles „Arcaño y sus Maravillas“ als Pioniere heraus: die beiden Brüder Orestes und Cachao López. Besonders der Cellist Orestes Lopéz veränderte Mitte er 30er Jahre in seinen Kompositionen den traditionellen Aufbau des danzón und verlängerte den Codateil, den schon immer ein bewegterer Rhythmus kennzeichnete. „The first section of the danzón was the clarinet, the second, the violin, and, at the end, the mambo. I introduced the rhythm with the intent of enriching musical ensembles, because before they used to play the final part real short, and didn't give any instrument the chance to shine, nor the dancers any chance to enjoy themselves. Now with the mambo, a different spirit began among the dancers: they waited for this part, content that it would be long, and pulled out all these steps […]. That was the origin of the mambo.“ (Orestes López zitiert nach WAXER 1994, 150) An Beispielen wie „Nace una Estrella“ kann man die Neuerungen nachvollziehen24. Die Coda nimmt hier fast die Hälfte der Aufnahme ein. In 24 Eine Einspielung der Maravillas findet man unter http://www.youtube.com/watch? v=h1fbcqY9Xtc (22.11.2012). 38 späteren Kompositionen verselbstständigt sich die Coda so weit, dass von dem ursprünglichen ersten Teil des danzón nur wenige Takte übrig bleiben. Als Beispiel hierfür ist Orestes López Stück „Mambo“ aus dem Jahr 1938 zu nennen25. Die neue Art den danzón zu spielen wurde damals meist schlicht danzón-mambo oder danzón de nuevo ritmo genannt. Der Leiter des Orchesters Antonio Arcanió beschrieb die Veränderungen in der Instrumentierung und des Tanzes wie folgt: „Now with the mambos of Orestes López, the charanga made a change: at the end of the danzón, Jesús [who in spite of his great technique was very soulful] did a piano solo and „handed it over“ to the orchestra with those beats so that I could come in improvising on flute, doing „flourishes“. With the mambo, the timbal-player only hit the downbeat on the cowbell – he didn't play cinquillo but rather a rhythmic movement, so I introduced the tumbadora, wich provided what was previously called „the baquateo“ of the timbal, that is, the accompaniment. These innovations were called the „new rhythm“. From that point the dancers would do these fancy moves. […] It was all a show.“ (Antonio Arcaño zitiert nach WAXER 1994, 151) Es gibt jedoch auch die wissenschaftliche Position, die hier keinen Vorläufer des späteren mambo sehen. Radamés Giro bezieht sich auf die kubanische Musikwissenschaftlerin Teresa Linares mit der Feststellung, dass sich „weder cha-cha-chá noch mambo, wie behauptet wurde, aus dem danzón de nuevo ritmo“ entwickelt habe (GIRO 2004, 250). Seiner Meinung nach entwickelte der kubanische Pianist Damaso Pérez Prado den mambo in den 40er Jahren. Zu der Zeit war Prado Pianist in dem damals sehr bekannten „Orquesta Casino de la Playa“. Prado soll sich für seine Ideen hauptsächlich bei der Musik des großen Innovators des son, dem blinden tresista Arsenio Rodríguez bedient haben. Dieser hatte eine Besetzung geschaffen, die die kubanische Musik bis heute prägt: das conjunto. Die entscheidenden Neuerung gegenüber den vorher überwiegenden Besetzungen des son, den sextetos und septetos, waren die Hinzufügung von congas, Piano und mehreren (meist drei) Trompeten (vgl. 25 Eine Einspielung der Maravillas findet man unter http://www.youtube.com/watch? v=9k4uDfvHTXI (22.11.2012). 39 LEYMARIE 2002, 121). Diese spielten im montuno von Rodriguez Rhythmuskreation namens „diablo“ Figuren, die masacotes genannt wurden. Prado benutzte genau diese Figuren in seinen ersten Kompositionen für das Orquesta Casino de la Playa. Im Jahr 1949 verließ er Kuba in Richtung Mexiko, wo er mit seinen Kompositionen schnell großen Erfolg hatte. Im gleichen Jahr nahm er „Mambo No. 5“ und „Mambo, que rico el mambo“ auf. Diese Stücke machten ihn endgültig zum Star in Mexiko. Er gründete ein eigenes Orchester, mit dem er Anfang der 50er Jahre auch in den USA als „el rey del mambo“ („Der König des Mambo“) gefeiert wurde. In New York war ihm der Weg bereits u.a. durch Tito Puente, Tito Rodriguez und den AfroCubans geebnet worden. Diese „big three“ des mambo hatten inzwischen alle eine eigene Version des mambo entwickelt (vgl. GIRO 2004, 254). Ein wichtiger Impulsgeber dieser parallenen Entwicklung in New York war der Pianist und Arrangeur der Afro-Cubans René Hernández. Dieser hat laut SUBLETTE 2004 schon in Kuba als Pianist und Arrangeur der Band von Julio Cueva im Jahre 1944 eine neue Behandlung des Saxophonsatzes eingeführt. Er machte ihn unabhängig vom Rest des Bläsersatzes indem er ihn mehr an die Rhythmusgruppe band. Das erreichte er, indem er den ganzen Saxophonsatz rhythmische montuno-Figuren spielen ließ (vgl SUBLETTE 2004, 508). Auch die Herkunft der Bezeichnung „mambo“ ist wie oben erwähnt umstritten. Schon bevor der Begriff für den neuen Stil Verwendung fand, hatte er laut GIRO 2004 verschiedene Bedeutungen in verschiedenen kulturellen Gruppierungen. Er bezieht sich auf Odilio Urfé, der darauf hinweist, dass mambo der Name für die Priesterinnen in haitianischen Voodoo-Zeremonien war. Außerdem sei es ein gängiger Ausdruck unter Tänzern des rumba columbia gewesen (vgl. ebd., 248). Besondere Bedeutung misst er einer Äußerung von Arsenio Rodríguez bei: „Die Nachfahren der congo-Sklaven spielen eine Musik, die tambor de yuka genannt wird. Der dem Rhythmus der 40 Trommeln folgende Wettstreit der Sänger hat mich inspiriert – das ist die wahre Basis des mambo. Das Wort mambo ist afrikanisch, aus dem Dialekt der Congo. Ein Sänger sagt zu dem anderen ‚aprete cuto güiro mambo‘, was soviel heißt wie ‚öffne deine Ohren und höre, was ich dir sagen werde‘. Ich dachte, dass ich, wenn ich diese Sachen vereinte, eine außergewöhnliche Tanzmusik erhalten würde. Das erste Stück, das ich in diesem Stil komponierte war ‚Yo soy ganga‘ [1938], der erste diablo bzw. mambo auf einer Schallplatte war ‚Soy caballo“. (Arsenio Rodríguez zitiert nach GIRO 2004, 248) Implizit preist sich hier also ein weiterer „Erfinder“ des Mambo an. Es bleibt festzuhalten, dass dieser offensichtliche Dissens bezüglich der Entwicklung des mambo in dieser Arbeit nicht geklärt werden kann. Jedoch erscheint die Annahme am naheliegendsten, dass es sich hier nicht um eine Kreation eines Einzelnen handelt, sondern dass sich im mambo die Ideen zahlreicher verschiedener Musiker vereint haben. 4.2.2 Die clave im „Mambo“ Auf rhythmischer Ebene ist die clave als Bezugsmuster eine sehr zentrale, wenn nicht sogar alles bestimmende Figur des mambo. Um Chico O'Farrills unkonventionelle und für damalige Verhältnisse sehr moderne Umgangsweise mit der clave an einem Beispiel zu zeigen, lohnt es sich dieses Phänomen zunächst etwas genauer zu untersuchen. Es gibt viele verschiedene rhythmische Muster, die man als clave bezeichnet. „clave“ ist das spanische Wort für „Schlüssel“. Genau diese Funktion hat eine clave-Figur in der kubanischen Musik. Sie „erschließt“ die rhythmische Orientierung einer zweitaktigen Einheit. In dieser Arbeit sind besonders die son clave und die rumba clave von Bedeutung. Während die rumba clave in Kapitel 4.4 vorgestellt wird, gehe ich hier zunächst auf die son clave ein. Sie ist eine – in der gängigen Notationsweise zweitaktige Figur, die einige Gemeinsamkeiten mit dem cinquillo cubano aufweist. 41 Obwohl die Übereinstimmungen sofort ins Auge fallen, ist die zunächst naheliegende Vermutung, dass die son clave aus dem cinquillo cubano entstanden ist, falsch. Vielmehr weist Rebecca Mauleon darauf hin, dass beide Figuren auf ein rhythmisches Muster, das aus der Tradition afrikanischer Stämme wie der Abakwa und Yoruba stammt, zurückgeht (vgl. MAULEON, 50 ff.). Ich nutze hier für dieses Muster den Begriff „7 stroke pattern“, weise aber darauf hin, dass diese Bezeichnung weitaus weniger verbreitet und akzeptiert ist als beispielsweise der Begriff son clave. Auch die Bezeichnung „6/8 son clave“ wird hier lediglich verwendet um die Parallelen zur son clave (in 4/4) zu verdeutlichen. Es gilt als erwiesen, dass sich die heutigen binären claven im Laufe des 19. Jahrhunderts aus ternären Patterns wie den obigen entwickelt haben. „As these timelines became integrated into the popular dance musics of the day, they were transformed from their ternarybased structure into the binary structures common to the popular styles.“ (NOVOTNEY 1998, 237) Die son clave wird genau wie der cinquillo cubano auch im „segundo tiempo“ verwendet. Es hat sich allerdings eingebürgert die Reihenfolge der Takte nach der Anzahl der Schläge im Takt zu benennen. Man unterscheidet 42 also zwischen der „3-2 son clave“ und der „2-3 son clave“ Sowohl Melodien als auch Begleitfiguren des mambo richten sich immer nach der clave. In eher traditionellen kubanischen Ensembles, wie den sextetos und septetos findet man so gut wie nie Wechsel von einer 2-3 clave zu einer 3-2 clave oder umgekehrt. Im „Mambo“ der Suite kommen jedoch beide Varianten der son clave vor. Die clave wechselt also innerhalb des Stückes. Das ist im Jahr 1950 durchaus sehr modern. Die Wechsel führt Chico O'Farrill durch den sehr geschickten Einsatz von Teilen mit ungeraden Taktzahlen herbei26. Die clave wird dabei gar nicht explizit gespielt, ist aber als ordnende rhythmische Kraft immer deutlich zu erkennen. Als Beispiel einer Figur in 3-2 clave kann hier das Riff der Trompeten in Takt 9 bis 12 des „Mambo“ (Takt 69 bis 72 der Suite) betrachtet werden: 26 Anders als durch ungerade Taktzahlen ist ein „Wechsel der clave“ auch nicht zu bewerkstelligen, da das zweitaktige Schema der clave in authentischer kubanischer Musik NIE unterbrochen wird (vgl. hierzu M AULEON 1993, 53 ff.). 43 Das zweitaktige Riff der Trompeten deckt sich mit drei Schlägen der clave und fällt somit sehr gut in das Raster der 3-2 Version. Besonders die „2 und“ im ersten Takt ist dabei zu nennen. Dieser Schlag ist sehr charakteristisch und wird bombo genannt (vgl. MAULEON 1993, 64). Wird in einem zweitaktigen Pattern – egal welchen Instruments – in einem der beiden Takte die „2 und“ besonders betont, ist dieser Takt in der Regel auf der Dreierseite der clave. In den Saxophonen ist später häufig ein Riff zu hören, das rhythmisch mit dem der Trompeten in Takt 69-72 deckungsgleich ist27. Ein wichtiger Unterschied ist jedoch, dass das Riff der Saxophone in 2-3 Ausrichtung steht. Es taucht zum ersten Mal ab Takt 86 auf. Der Bezug des mambo zur clave hat sich in der Zwischenzeit also gedreht. O'Farrill benutzt hierzu den Abschnitt B1 (Takt 77 bis 85). 27 Dieses Riff ist übrigens ein gutes Beispiel eines letztlich auf René Hernandez zurückgehenden Saxophonmontunos (siehe Kap. 4.2.1) 44 Während die Kicks der Bläser in Takt 77 bis 80 noch sehr gut in das Raster der 3-2 clave fallen, brechen sie in den folgenden drei Takten durch eine rhythmische Verschiebung aus dem zweitaktigen Schema aus. So wird der Wechsel der clave erreicht und der folgende Abschnitt steht in 2-3. 4.2.3 Charlie Parker und René Hernández: Zwei Improvisationen im Vergleich „Music is an international language. You don't speak english like I do, but I understand what you say. That's the same thing you do with my music. I've got to teach you how to phrase my music. You read well, you've got a got intonation, good interpretation but your phrasing … it gets too latin at times.“ (Chick Webb zitiert von Mario Bauzá in: Notes From The Mambo Inn. The Story Of Mario Bauza) 45 Diese Äußerung Chick Webbs aus der Zeit ihrer Zusammenarbeit Mitte der 30er Jahre hat sich Mario Bauzá offensichtlich zu Herzen genommen. Sonst hätte er später nicht auch in den Bigbands von Don Redman und Cab Calloway bestehen können. In „Mambo“ melden sich sowohl Charlie Parker als auch der Pianist Rene Hernández solistisch zu Wort28. Im Vergleich der Improvisationen sieht man schnell, dass es Charlie Parker genau an der von Webb angesprochenen stilgerechten Phrasierung mangelt. Nur, dass hier umgekehrt ein stilprägender Hauptakteur des Bebop in einem kubanischen Kontext zu „jazzy“ phrasiert. Es wird sogar sehr schnell deutlich, dass Parker überhaupt nicht erst versucht hat, sich dem Idiom des mambo in irgendeiner Weise solistisch anzupassen. Das lässt sich an kurzen Ausschnitten verdeutlichen. Bei beiden Ausschnitten handelt es sich jeweils um mehrtaktige Strecken, in denen nur über einen Akkord (in beiden Fällen C7) improvisiert wird. Insofern sind die Ausschnitte durchaus vergleichbar. Bei Rene Hernández lässt sich gut erkennen, dass er nicht außer Acht lässt, dass es sich bei einem mambo primär um Tanzmusik handelt. Folgender Ausschnitt zeigt, dass er großes Gewicht auf den Rhythmus legt: 28 Das „Solo“ von Hernández ist zwar sehr viel kürzer, eignet sich aber trotzdem um exemplarisch die Unterschiede bzgl. der Phrasierung und Melodiebildung aufzuzeigen. 46 Man sieht, dass er seine Phrasen klar viertaktig anlegt. Er bewegt sich streckenweise ausschließlich im Offbeat (wie beispielsweise in Takt 205207). Dabei nutzt er immer das gleiche rhythmische Motiv um seine Phrasen zu beenden (im Notentext mit + gekennzeichnet). Mit diesem Element der Wiederholung strukturiert er das rhythmische Geschehen zusätzlich und unterstützt so den Rest der Rhythmusgruppe. Bei Charlie Parker sind solche rhythmischen Elemente nicht zu finden. Er bedient sich ausschließlich aus seinem überreichen „Bebopvokabular“. Sein Solo ist von langen Lines geprägt. Man findet in den langen Achtelketten viele chromatic approaches, die er sonst auch in seinen Improvisationen im reinen Jazzkontext genutzt hat. Ein Bezug zur clave wird nicht deutlich. Als Beispiel können hier die ersten Takte seines Solos dienen: 47 Außerdem ist zu beobachten, dass Parker sich auch im Mikrotimingbereich nicht wirklich von der Jazzphrasierung löst. Es sind fast durchgehend latent swingende Achtel zu erkennen. Dabei ist besonders im Mambo eine „gerade“ Achtelinterpretierung stilgerecht. Es kann hier also bereits gesagt werden, dass in der Afro-Cuban Jazz Suite die „organische Synthese“ zwischen afrokubanischer Musik und Jazz noch nicht vollständig geglückt ist, da gezeigt werden konnte, dass Charlie Parker in diesem afrokubanischen Kontext die Forderung nach einer stilistischen Einheit zwischen dem Arrangement und den improvisierten Soli nicht erfüllen konnte. Somit ist Punkt [9] aus Acostas Katalog (siehe Kapitel 4.0.4) hier nicht gegeben. Ob man hier wenigstens von einer graduellen Fusion der Phrasierungen des Jazz und des Afrokubanischen, die von Acosta in Punkt [6] gefordert wird, sprechen kann bleibt jedoch Interpretationssache. 4.3 Filmmusik im Latin Jazz: „Transition“ Der sich nun anschließende Abschnitt der Suite setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Nach einer Kadenz, die von Flip Phillips ausgeführt, kommt ein 48 Rückgriff auf die „Canción“. Diesmal wird der Bolero nicht mit Elementen des Ritmo Afro vermischt. Flip Phillips übernimmt am Tenorsaxophon die Melodie. Sein sanfter Tonfall erinnert mit einem leichten Vibrato dabei stark an Balladeneinspielungen von Coleman Hawkins. Mit diesem Ton bettet sich sein Solo klanglich gut in die lyrische Begleitung der Bläser ein. Eine besondere Beobachtung kann in den Takten 263 bis 266 in den Trompeten gemacht werden: Diese Passage erinnert stark an die ersten Takte des Stückes „On Green Dolphin Street“ aus dem gleichnamigen Film 29: Diese Komposition von Bronislau Kaper wurde erst einige Jahre später von Miles Davis in den Kanon der Jazzstandards eingeführt (vgl. SCHAAL 2001, 372). Der Film selbst kam aber bereits 1947 in die amerikanischen Kinos. Es sind einige Gemeinsamkeiten zu erkennen. Bei beiden Beispielen findet das Geschehen über einem Orgelpunkt statt. Ausgangs- und Endpunkt ist jeweils die Tonika. Auch der zweite Akkord stimmt überein (Gm7). In beiden Fällen tritt dann im dritten Takt ein halbtaktiger Akkordwechsel auf. Auch die Melodik ist sehr ähnlich. Beide Fälle basieren auf folgendem melodischen Grundgedanken: 29 Das Notenbeispiel wurde zur Veranschaulichung transponiert. Das Original steht in CDur 49 Angesichts dieser Gemeinsamkeiten kann man davon ausgehen, dass sich O'Farrill hier von „On Green Dolphin Street“ hat inspirieren lassen. 4.4 „Introduction to 6/8“ Dieser Teil ist aus kompositorischer Sicht recht bemerkenswert. Er hebt sich klanglich deutlich von allen anderen Abschnitten der Suite ab. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen wird hier eine besondere Instrumentierung benutzt. Es ist der einzige Abschnitt, in dem die Klarinetten zum Einsatz kommen. Sie übernehmen zunächst auch die Melodieführung. Abgesehen vom Kontrabass werden hier zudem keine Rhythmusinstrumente verwendet. Zum anderen benutzt O'Farrill eine besondere Kompositionstechnik in welcher die einzelnen Stimmen sehr viel eigenständiger sind. Man kann zwar noch nicht von einer polyphonen Technik sprechen, da besonders die erste Klarinette noch melodieführend in Erscheinung tritt, die horizontale Ausrichtung der Stimmführung gewinnt jedoch gegenüber der vertikalen Ausrichtung deutlich an Gewicht. 50 Hier lässt sich das Prinzip gut erkennen. Die Melodie der ersten Klarinette wird nach dem Auftakt in Takt 278 ausschließlich von dem rhythmischen Motiv hq qgebildet. Dabei zeigt ihre melische Entwicklung nach oben. Die Unterstimmen werden vor allem durch chromatische Fortschreitung geprägt. Sie sind dabei rhythmisch so gut wie nicht an die Oberstimme gebunden. Nach Bill Dobbins kann man von einem „linear approach“ sprechen. Dobbins nutzt diesen Begriff für eine Arrangiertechnik die der horizontalen Ausrichtung besonderes Gewicht verleiht. Im Jazz ist zu dieser Zeit vor allem ein Komponist für diese Arrangiertechnik bekannt: Duke Ellington (vgl. DOBBINS 1986, 8). Als Resultat erklingt ein harmonisch ungemein spannender und in seiner Wirkung sehr geheimnisvoller Teil, der einen großen Kontrast zum Rest der Suite bildet, in dem rhythmische Aspekte fast immer im Vordergrund stehen. 4.5 Zwischen santería und Exotismus: „6/8“ Der Abschnitt mit dem Titel „6/8“ ist in mehrerlei Hinsicht interessant. Einerseits werden Rhythmen verwendet, die tief in der afrokubanischen Tradition verwurzelt sind, andererseits kann man klar erkennen, dass diese Rhythmen hier nur sehr modifiziert auftreten, um der kompositorischen Anlage gerecht zu werden. Letzteres ist sicher der Hauptgrund dafür, dass „6/8“ nicht wie einige andere Teile der Suite – z.B. „Mambo“ oder „Rhumba Abierta“ - nach dem tatsächlich zugrunde liegenden Rhythmus benannt ist, sondern nur nach seiner Taktart. „6/8“ ist durchkomponiert, d.h. es gibt keine Soli. Zunächst wird von der Rhythmusgruppe ein Groove etabliert: 51 Hier sind einige Elemente zu finden, die aus der rituellen Musik von Kulten mit afrikanischem Ursprung stammen. So spielen die bongos eine Figur, die in vielen batá-Rhythmen der santería vorkommt. Die santería ist ein synkretischer Kult, in dem einigen Heiligen, die aus dem Pantheon des westafrikanischen yoruba-Volkes überliefert worden sind, gehuldigt wird. Die santería ist in Kuba sehr verbreitet, da im 19. Jahrhundert zur Zeit der Massensklaverei besonders viele Sklaven aus dem Gebiet des ehemaligen Oyo-Staates im heutigen Nigeria deportiert wurden. In diesem Staat war das Volk der yoruba stark vertreten. Die yoruba – in Kuba seit der Zeit der Sklaverei auch lucumí genannt – konnten ihre Religion unter dem Deckmantel des Katholizismus weiterführen, indem sie die katholischen Heiligen mit ihren Gottheiten identifizierten. In den Kulthandlungen der santería spielt Musik in Form von Gesängen, Trommelrhythmen und Tanz eine zentrale Rolle. Ziel der Kulthandlungen ist es oft, dass einzelne Beteiligte in Trance fallen um dann einem Heiligen als Medium zu dienen. Für die Figur, die in der obigen Transkription die bongos spielen, ist der lautmalerische Name „Kilá“ sehr verbreitet. Diese Stimme übernimmt in batá-Ensembles immer die höchste Trommel, die okónkolo. So z. B. auch in einem Rhythmus, der für Eleggua, den Heiligen der sich kreuzenden Wege 52 bestimmt ist30. Der Name dieses Rhythmus ist „La Lubanché“: Wenn man hier das Zusammenspiel der itótele und der okónkolo betrachtet, erkennt man ein „2:3 Muster“ („2 gegen 3“). Die okónkolo markiert die punktierten Viertel (und damit die 2er Seite) während die itótele mit durchgehenden Viertel die 3er Seite vertritt. Dieses 2:3 Muster spielt eine zentrale Rolle in der Musik mit westafrikanischem Ursprung31. Auch im Rhythmus des „6/8“ der AfroCuban Jazz Suite ist dieses Prinzip vertreten. In obiger Transkription wird die 3er Seite von der tiefen Conga übernommen. Dazu spielt die cencerro eine Figur, die sowohl in Rhythmen der yoruba als auch in Rhythmen des Geheimbunds der abakwa vorkommt. Es handelt sich hier bei etwas genauerer Betrachtung um eine Transposition des in Kapitel 4.2.2 vorgestellten „7 stroke patterns“. Der Spieler der hohen conga hat einige Freiheiten in seiner rhythmischen Gestaltung. Im obigen Ausschnitt baut er mit einer rhythmischen Verschiebung auf den Takt 308 hin Spannung auf. In diesem Takt setzendie Saxophone ein. Diese spielen das Thema des „6/8“. Dieses Thema erinnert sehr an „exotische Melodien“ mancher Bigbands der 30er Jahre. Der wohl bekannteste Vertreter hierfür ist wohl „Caravan“. Bei diesem Standard aus der Feder von Juan Tizol wird die exotische Stimmung durch die 30 Eleggua ist in den Kulthandlungen der Santería immer der erste und letzte, dem gehuldigt wird, da er derjenige ist, der die Türen zur Welt der Heiligen öffnet und schließt. Es gibt zahlreiche andere Rhythmen, die ihm gewidmet sind (vgl. V INUEZA 2004, 89). 31 Eugene Domenec Novotney zeigt das in seiner Dissertation sehr eindrucksvoll (vgl. NOVOTNEY 1998). 53 Verwendung eines Tonmaterials erzeugt, das das Publikum der damaligen Zeit und auch heute noch mit orientalischer Musik assoziiert (vgl. S CHAAL 2001, 88). Im Falle von „Caravan“ handelt es sich beim A-Teil, abgesehen von chromatischen Umspielungen, um das Tonmaterial von F harmonisch Moll. Dazu bleibt die Harmonik sehr statisch. Die ersten zwölf Takte über erklingt nur die Dominante C7. Erst in Takt 13 wird mit Fm6 die Tonika gebracht: In „6/8“ spielt O'Farrill mit ähnlichen Elementen. In folgendem Auszug ist das zugrunde liegende Tonmaterial der Melodie in den Saxophonen E melodisch Moll, bzw. nach einer Rückung in Takt 316 F melodisch Moll. 54 Auch hier bleibt das harmonische Geschehen statisch, in diesem Fall auf Em6 bzw. Fm6. Im Zusammenhang der Fragestellungen der Arbeit ist interessant, dass in dieser Suite ein kubanischer Komponist und Arrangeur Stilmittel der amerikanischen Bigbandliteratur verwendet, die sich im Lauf der „RhumbaCraze“ der 30er Jahre (siehe Kapitel 2) entwickelt haben und keineswegs authentisch sind. Offensichtlich haben sich diese Stilmittel bis 1950 so weit verselbstständigt, dass sie O'Farrill bedenkenlos in seine ambitionierte Komposition aufgenommen hat. Anhand dieses Ausschnitts wird außerdem ersichtlich, dass O'Farrill das 2:3 Muster auch außerhalb der Percussionsection kompositorisch umsetzt. Der Bass betont durchgängig die 3er Seite. Dagegen wird die 2er Seite in der Melodie der Saxophone und noch deutlicher in Takt 312-316 von den Trompeten betont. Abgesehen von diesem Muster bleibt jedoch nicht viel 55 von den afrokubanischen Elementen übrig. Die Rhythmusgruppe der AfroCubans geht offensichtlich einen Kompromiss ein. Sie verlassen teilweise ihre Begleitrhythmen, die sie noch in den Takten 300-307 gespielt haben, um mit der Melodie der Bläser nicht zu kollidieren. So beschränkt sich beispielsweise die cencerro ab Takt 329 durch die Betonung der punktierten Viertel auf die Rolle als Timekeeper. Auch die hohe conga variiert ihre Rhythmen immer weniger. Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass in „6/8“ gar nicht erst versucht wird einen authentischen afrokubanischen Rhythmus umzusetzen, sondern dass im Gegenteil sogar bewusst Exotismen der Jazzliteratur verwendet wurden, die ursprünglich nur als Nachahmung kubanischer Musik entwickelt wurden. Es muss offen bleiben ob O'Farrill diese Mittel eingesetzt hat um im Genre des Afro-Cuban Jazz dem Jazz mehr „entgegen zu kommen“ indem die afrokubanische Seite nicht zu stark gewichtet wird, oder ob er bei der Verwendung auch das Rezeptionsverhalten des Zielpublikums – dem amerikanischen Jazzpublikum – nicht aus den Augen verlieren wollte. 4.6 „Transition and Jazz“ Als Verbindung zwischen den Teilen „6/8“ und „Jazz“ setzte O'Farrill einen achttaktigen Ruhepol, den er wieder mit „Transition“ betitelte. Dieser Teil kann einerseits als Reprise des „6/8“ gesehen werden, da Phillips noch einmal die Melodie der Saxophone im „6/8“ andeutet. Er ist aber gleichzeitig der Auftakt des in „Jazz“ folgenden battles zwischen Philipps und Parker. Die Rhythmusgruppe spielt einen klar erkennbaren ritmo afro. Nach nur acht Takten folgt ein harter Schnitt und Buddy Rich versetzt den Hörer mit einer achttaktigen Einleitung mitten in das Geschehen des Uptempoteils mit dem Titel „Jazz“. Die Percussionsection setzt in diesem Teil aus. Die solistischen Beiträge von Flip Phillips und Charlie Parker in „Jazz“ genauer zu untersuchen würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Für die zugrunde 56 liegende Fragestellung der Ausführungen ist die Untersuchung des Geschehens in den backgrounds der Bläser darüber hinaus ungleich ergiebiger. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass sich Charlie Parker in diesem Kontext offensichtlich sehr viel wohler fühlte als im „Mambo“, da er sich hier in bekanntem Kontext bewegen konnte. O'Farrill formuliert die backgrounds streckenweise jazztypisch. So sind Passagen wie diese in vielen anderen zeitgenössischen Bigbands zu finden: In diesen vier Takten, die später wieder aufgegriffen werden (z.B. in Takt 444-447 und 454-457) verwendet O'Farrill zwei typische Satztechniken der Jazztradition. In Takt 428 bis 430 setzt er die Oberstimme in enger Lage aus und lässt sie durch das Baritonsaxophon doppeln. Diese Technik weist Fred Sturm u.a. in einem Benny Carters Arrangement von „All Of Me“ aus dem Jahr 1940 nach (vgl. STURM 1995, 67). In Takt 431 wurde schlicht die „Drop 2“-Technik angewendet. Diese Standardsatztechnik lässt sich auch schon bei Arrangements von Fletcher Henderson nachweisen (vgl. S TURM 1995, 62). Es lassen sich jedoch nicht alle backgrounds in die Jazztradition einordnen. Als Beispiel können hier die Takte 490-493 dienen: 57 Klarer könnte man die 3-2 son clave kaum markieren. O'Farrill setzt kurz darauf sogar eine mambotypische montuno-Figur in die Saxophone: Es ist bemerkenswert, wie sich diese Einwürfe in den Uptempo-Swing der Rhythmusgruppe einfügen. Es bleibt festzuhalten, dass die Mitglieder der Afro-Cubans, die ja größtenteils aus einem lateinamerikanischen Umfeld stammen, diesen Teil bravourös meistern. Eine Bigband die derartig swingt und gleichzeitig authentische kubanische Musik auf höchstem Niveau umsetzen konnte, war in dieser Zeit sicher einzigartig. Nach einem Übergang in Form eines Schlagzeugsolos von Buddy Rich folgt „Rhumba Abierta“. Richs Solo ist sehr virtuos. Es lässt sich eine herausragende Snaretechnik erkennen. Warum in dieser Suite überhaupt ein Schlagzeugsolo integriert wurde, lässt sich nur spekulieren. Man könnte vermuten, dass angesichts der Übermacht der Percussionsection in den anderen Abschnitten auch die nordamerikanischen Errungenschaften auf dem Gebiet der Perkussion aufgezeigt werden sollten. Es ist aber auch davon auszugehen, dass diese Entscheidung eng mit der Person Buddy Richs zusammenhängt, der zu dieser Zeit zusammen mit Gene Krupa als die Lichtgestalt am Schlagzeug gefeiert wurde. 4.7 „Rhumba Abierta“ Zunächst beteiligt sich Rich auch an der in Takt 559 einsetzenden „Rhumba Abierta“ indem er den Rhythmus mit der Hi Hat unterstützt. Doch im zweiten Abschnitt (ab Takt 599) setzt er aus. 58 Dieser Teil, der mit einer Art Reprise des Cancíons durchaus als Finale gesehen werden kann, trägt den Titel „Rhumba Abierta“ („Offene Rhumba“). Diese Rhumba erweist sich vor allen Dingen als „offen“ gegenüber anderer Stilistiken. Man kann Elemente verschiedener Rhythmen entdecken. Zum einen taucht eine conga-Figur des guaguanco auf. Der guaguanco ist die meist verbreitetste Form der kubanischen rumba. Die rumba wiederum ist seit dem 19. Jahrhundert die beliebteste Form weltlicher afrokubanischer Folklore. Sie setzt sich immer aus Trommeln Gesang und Tanz zusammen. Außer dem guaguanco gibt es noch den langsamen yambu, und die schnelle und hochvirtuose colombia. Im guaguanco gibt es einen Paartanz, der sehr körperlich ist. Fernando Ortiz liefert eine gute Beschreibung des Ziels beim Tanzpart des Mannes, dem „vacuano“: „The first part is simply the courtship of the woman by the man; he persists […] and she avoids him with stimulating flirtation. In the second part […] the woman excits the man with her movements, but each time she escapes causing him to chase with the object of conquering her. The skill of the dance consists in his ability to remain close and directly opposite her when the music, propelled by the rhythm, gives a loud beat. In this exact moment, the male gives a thrust with his abdomen trying to touch the belly of the female. This moment in Cuba is known as the vacuano.“ (Fernando Ortiz, zitiert nach CROOK 1992, 32) Die Stimmen der congas beim guanguanco werden oft variiert. Die höchste der drei Stimmen (die quinto) ist die Solostimme. Die mittlere (tres golpes) und die tiefe (salidor) conga legen dazu zusammen mit den claves und der katá einen einen Rhythmischen Teppich. Sie spielen dabei folgende Figuren: 59 Die Melodie, die zwischen salidor und tres golpes entsteht, ist auch in „Rhumba Abierta“ zu hören. Diese wird ab Takt 599 mit einer Glockenfigur kombiniert, die aus Rhythmen des kubanischen Karnevals wie der conga de comparsa stammt. 4.8 Coda Aus dem Abschluss der Suite können keine grundlegend neuen Erkenntnisse gezogen werden. Mario Bauzá lässt noch einmal Fragmente der „Canción“ erklingen. Dazu spielen die Saxophone eine sehr getragene Begleitung und formulieren dabei abwechselnd einen Gmaj7 und Gm7 Akkord. Machito, der sonst als Sänger der Afro-Cubans meist im Vordergrund stand, kommt erst hier an den maracas etwas exponierter zur Geltung. 5. Soziokulturelle Rahmenbedingungen Im Anschluss an die musikalischen Untersuchungen soll nun noch einer außermusikalischen Frage nachgegangen werden. Den Afro-Cubans kam nämlich allein schon durch ihren Namen eine besondere Bedeutung im soziokulturellen Umfeld des New Yorks der 40er Jahre zu. Warum entschieden sich gerade Musiker mit afrokubanischem Background als erste für demonstrative Verwendung des Wortes „Afro“ in ihrem Bandnamen? Wie im Folgenden gezeigt wird, stellt sich New York zum Zeitpunkt der Gründung des Afro-Cuban Orchestras 1940/41 zwar im Vergleich zu anderen Großstädten der USA wie Chicago oder Los Angeles als eine relativ tolerante Stadt dar, Rassendiskriminierung ist aber nach wie vor fast allgegenwärtig. Besonders die Situation farbiger Musiker ist angesichts einer de facto bestehenden Monopolstellung von weißen Swingorchestern für Studioaufnahmen (vgl. GLASSER 60 S.71) sehr problematisch. Afrikanische Elemente der kubanischen Musik werden von vielen als minderwertig angesehen. Umso bemerkenswerter ist daher die Wahl des Namens „Machito & his Afro-Cuban Orchestra“ in dieser Zeit. Die bewusste Verwendung des Begriffes „Afro“ ist in einer Zeit, in der von einer „Black Power“ Bewegung noch lange keine Rede war, wirklich bemerkenswert. Was hat diese Namenswahl für Beweggründe? Wie waren die Reaktionen des Publikums auf diese bewusste Hinwendung zu den afrikanischen Wurzeln? Um diese Fragen zu beantworten muss zunächst ein Blick auf das soziokulturelle Umfeld und die Geschichte der Afroamerikaner, -kubaner und Puerto Ricaner in New York geworfen werden. 5.1 Die Situation schwarzer Bürger in New York In ABU-LUGHOD 2007 findet man im Rahmen einer Analyse der historischen Aufstände von und gegen Afroamerikaner in den Städten Chicago, Los Angeles und New York eine detaillierte Beschreibung der Situation der Afroamerikaner in New York vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Auf seine Darstellungen beziehe ich mich in diesem Unterkapitel hauptsächlich. New York hatte unter Niederländischer Verwaltung vergleichsweise moderate Sklavengesetze. Freie Schwarze waren klar gekennzeichnet ("clearly identified") und den als Sklaven klassifizierten Schwarzen war es sogar erlaubt, in ihrer "Freizeit" etwas auf eigene Rechnung dazu zu verdienen. Während der britischen Hoheit gewann zwar wieder eine etwas harschere Handhabung der Sklaverei die Oberhand, die Zahl der freien Schwarzen stieg jedoch besonders nach dem Unabhängigkeitskrieg deutlich, da Sklaven, die gegen die Briten gekämpft hatten, die Freiheit erlangen durften. Der Staat New York war 1827 einer der ersten Staaten der USA, der die Sklaverei abschaffte. Die rechtliche Stellung der freigelassenen Sklaven war jedoch unklar und so blieb ihnen die offizielle rechtliche Gleichstellung zunächst verwehrt (vgl. ABU-LUGHOD 2007, 130). Aus diesem Grund 61 wurden Schwarze Bürger New Yorks während des Bürgerkrieges auch nicht eingezogen. Dies war der Auslöser für Rassenunruhen im Juli 1863. Die Gewalt ging besonders von gerade eingewanderten Iren und Deutschen aus, die von der Einberufung nicht befreit waren. Der Unmut über die Ungleichbehandlung wurde an den schwarzen Mitbürgern ausgelassen. Die Unruhen dauerten fünf Tage und kosteten 105 Menschen das Leben (vgl. ebd., 131). Laut ABU-LUGHOD war das Einberufungsproblem jedoch nur der unmittelbare Auslöser. Das eigentliche gesellschaftliche Problem war, dass Afroamerikaner immer als billige Arbeitskräfte in unmittelbarer Konkurrenz zu armen Immigranten standen. Die daraus resultierenden Spannungen führten auch im Jahr 1900 zu einem weiteren Aufstand gegen Schwarze. Auslöser war hier die Tötung eines weißen Polizisten durch einen Afroamerikaner, der in Notwehr gehandelt hatte. Nach der Beisetzung ließ der aufgebrachte Mob Rachegelüsten freien Lauf, zog in vorwiegend von Afroamerikanern bewohnte Viertel und übte eine förmliche Hetzjagd auf schwarze Mitbürger aus (vgl. ABU-LUGHOD 2007, 134). Die Polizei spielte dabei laut James Weldon Johnson als Mittäter eine unrühmliche Rolle: „[…] Men and woman were dragged from street-cars and assaulted. When Negroes ran to policemen for protection, even to be locked up for safety, they were thrown back to the mob. The policemen themselves beat many Negroes as cruely as did the mob. […]“ (James Weldon Johnson zit. nach A BU-LUGHOD 2007, 134) Diese beiden Rassenunruhen fanden statt bevor sich Harlem in den 20er Jahren zur "weltberühmten Metropole der Afroamerikaner" (ebd. S.135) entwickeln sollte. Diese Entwicklung begann während des Ersten Weltkrieges, bei der gezielt Farbige Arbeiter aus den Südstaaten angeworben und in Harlem angesiedelt wurden um der Arbeiterknappheit in New York entgegen zu wirken. Von da an wirkte Harlem "wie ein Magnet" (ebd. S.136) auf Afroamerikaner und wuchs explosionsartig an. Harlem stellte sich am Ende der 20er für Zeitgenossen als ein Ort dar, der im Gegensatz zu mehrheitlich von Schwarzen bewohnten Vierteln anderer 62 Großstädte seit 1900 nahezu gewaltfrei geblieben ist. Das war laut James Weldon Johnson ein Resultat der guten Wohn- und Arbeitsverhältnisse in Harlem und der liberalen Einstellung der meisten New Yorker gegenüber ihren farbigen Mitbürgern. Er zieht 1930 ein überaus positives Zischenfazit: […] more than two hundred thousand Negroes live in the heart of Manhattan […] and do so without race friction. […] They have achieved political indipendence and without fear vote for either Republicans, Democrats, Socialists, or Communists. […] Politically they have begun to fill important government posts and their artistic achievements have smashed stereotypes. […] The Negro in New York […] still meets with discrimination and disadvantages. But New York guarantees her Negro citizens the fundamental rights of citizenship and protects them in the exercise of those rights. Possessing the basic rights, the Negro in New York ought to be able to work through the discriminations and disadvantages. (James Weldon Johnson zit. nach ABU-LUGHOD 2007, 138) Zu diesem Zeitpunkt zeigten sich die Auswirkungen des Börsencrashs von 1929 jedoch noch nicht voll. Diese trafen besonders die schwarze Bevölkerung, die in der ersten Hälfte der 30er Jahre mehr und mehr unter Armut zu leiden hatte. Gleichzeitig profitierten oft nur Weiße von Programmen zur Bekämpfung von Armut. So sollten die „Williamsburg Houses“, die in einem Programm für sozialen Wohnungsbau in Brooklyn geplant wurden, nur von Weißen bewohnt werden können (vgl. A BULUGHOD 2007, 139). 1935 entlud sich der angestaute Ärger der schwarzen Bevölkerung in einem ersten Aufstand, der schon nach 24 Stunden niedergeschlagen wurde. 5.2 Die Situation in Kuba Mario Bauzá besuchte, wie bereits in Kapitel 3.1 erwähnt, 1926 zum ersten Mal New York und lernte dabei auch Harlem kennen. Seine Eindrücke lassen sich anhand einiger Zitate belegen. Besonders die künstlerische Vielfalt hatten ihn sehr beeindruckt. „Here a big black race, they had 63 everything, they had shows, they had good orchestras, good artists.“ (Bauzá zitiert nach GLASSER 1995, 75). Schnell reifte in ihm der Gedanke nach New York auszuwandern. Er erklärte seinen Eltern: „I only got one plan. I want to be with the people like me, [to] know what it is to be a black man in a black country. My roots have got to be there (ebd.).“ Doch es war nicht nur eine Entscheidung für New York sondern auch eine Entscheidung gegen Kuba. Schwarze Kubaner waren zwar laut Verfassung vollwertige Bürger, der Zugang zu politischem Leben, zu den Hauptvergnügungszentren und zu einigen Privatschulen blieb ihnen aber verwehrt. In manchen Orten war es Schwarzen sogar verboten bestimmte Straßen oder Bereiche in Parks zu betreten (vgl. L EYMARIE 2002, 45). Seit der Präsidentschaft von José Manuel Goméz (1909-1913) waren Afrokubaner auch immer wieder staatlicher Gewalt ausgesetzt. 1912 beendete dieser einen Aufstand von Schwarzen im Gebiet Oriente mit einem Massaker an der Zivilbevölkerung (vgl. vgl. Zeuske 2 2004). Für afrokubanische Musiker kam erschwerend hinzu, dass systematisch versucht wurde afrikanische Kulturelemente aus Kuba auszumerzen. Während der zweiten amerikanischen Okkupation von 1906 bis 1909 waren Trommeln jeder Art verboten. Sie wurden zwar unter dem folgenden Präsidenten Goméz wieder erlaubt, dafür wurde aber Volksreligionen wie dem Palo Monte der Kampf angesagt (vgl. Zeuske 22004, 103). Während der Präsidentschaft von Albert Zayas (1921-1925) wurde die rumba, unter Gerardo Machado (1928-1933) sogar die comparsas des afrokubanischen Karneval und öffentliche Darbietungen des son verboten (vgl. LEYMARIE 2002, 44). 5.3 „Afro“ Angesichts solcher Repressionen muss New York Bauzá wie ein Paradies vorgekommen sein. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass gerade er und Machito sich vor dem Hintergrund der großen Diskriminierung in Kuba einerseits und der subjektiv wahrgenommenen Freiheit in New York 64 andererseits mit der Namensgebung „Afro-Cubans“ so eindeutig zu ihren afrikanischen Wurzeln bekannt haben. Mit dieser Entscheidung waren in ihrem Umfeld zunächst nicht alle einverstanden. So erinnerte sich Bauzá in einem Dokumentarfilm an einige Diskussionen in denen er den Namen seiner Band verteidigen musste: „[…] Machito and the Afro-Cuban Band. They didn't want that name, they told me that. They said we had to take that Afro stuff out. I said: ‚No.‘ They said: ‚Why?‘ I said: ‚Afro-Cuban is the music that I represent and I am an Afro-Cuban myself. My ancestors are from Africa. Every black man comes from Africa.So it's nothing to be ashamed about, all right? So either it remains that way, or I don't work here.‘ He said: ‚All right have your way.‘“ (Mario Bauza in der Dokumentation „Notes From The Mambo Inn. The Story Of Mario Bauza“, http://www.youtube.com/watch?v=rl7wq9KVwEo) Die Einwände gegen den Namen waren durchaus nachvollziehbar angesichts einer nach wir vor alltäglichen Rassendiskriminierung im alltäglichen Leben in New York. Auch Mitglieder der Afro-Cubans blieben davon nicht verschont. Sehr aufschlussreich sind hierzu die Schilderungen der Sängerin Graciela (19152010) in einem Interview aus dem Jahr 2007. Graciela (Pérez Gutiérrez) war die Schwester von Machito, die Schwägerin von Mario Bauzá und galt als "First Lady of Latin Jazz" (vgl. JIMÉNES ROMÁN S.556). Sie kam 1943 nach New York um Machito, der in die Armee eingezogen wurde bei den AfroCubans zu vertreten. Danach war sie jahrelang neben Machito die Sängerin. In besagtem Interview betont auch Graciela, dass sie zu dieser Zeit in New York weniger Rassendiskriminierung erfahren hat, als in Kuba. Trotzdem wurde sie als "Negra" (ebd., 150) oft benachteiligt. So konnte sie ihre erste Wohnung nicht selber mieten, da der irischstämmige Vermieter die Wohnung nicht an Farbige vergeben wollte. Laut GLASSER 1995 waren rassistische Hauseigentümer leider nicht selten. Sie hebt außerdem das Gefühl der Afrokubaner und Afro Puertoricaner angesichts von Schildern mit der Aufschrift "No dogs, no Negroes, no Spanish" an leerstehenden Wohnungen doppelt unerwünscht zu sein hervor (vgl. G LASSER 1995, 72). 65 Graciela konnte die Wohnung trotzdem beziehen. Eine weiße Bekannte mietete die Wohnung zum Schein. Kubanischstämmig und farbig zu sein war aber nicht überall doppelt stigmatisierend. So erzählt Graciela von einer Begebenheit während eines Hotelaufhalts während einer Tour mit den Afro-Cubans: "But one day one of those racist White women went to the owner and asked why he was letting Negroes stay at the hotel and he told her: 'Number one, they are musicians; and number two, they are Cubans.' Can you believe that? Cuban Blacks aren't Black! Boy, did I laugh" (S.153) Letztendlich war die Intention, die hinter der Entscheidung für die Namensgebung steckte, sicherlich die Überwindung von Vorurteilen und Diskriminierung. Zumindest bei den extrem populären Mambotanzveranstaltungen sind Machito, Mario Bauzá und die Afro-Cubans diesem Ziel sehr nahe gekommen. So stellt Chris Washburn fest: What the music did was bringing together a wide variety of cultures: jews, Italians, African American, different Latino cultures. And the dancefloor served as the meeting point that enabled people to coexist peacefully. (Chris Washburn in „Latin USA“) 6. Fazit In den vorangegangen Ausführungen wurde ein Überblick über die frühe Geschichte des Latin Jazz gegeben. Ausgehend von diesem Überblick wurde der Versuch unternommen eine repräsentative Einspielung, nämlich die „Afro-Cuban Jazz Suite“, in die historische Entwicklung des Latin Jazz einzuordnen und an ihr den Stand auf dem Weg zu einer „organischen Synthese“ (nach ACOSTA 2004) von afrokubanischer Musik und Jazz festzustellen. In dieser Arbeit konnte nachgewiesen werden, dass die Synthese 1950 (zur Zeit der „Afro-Cuban Jazz Suite“) noch nicht 66 vollständig abgeschlossen war. Im Zuge der musikalischen Analyse der Suite konnten sowohl Elemente des Jazz als auch Elemente der afrokubanischen Musiktradition nachgewiesen werden. Für die Verwirklichung einer Synthese von Jazz und afrokubanischer Musik in der „Afro-Cuban Jazz Suite“ spricht, dass diese zahlreiche Elemente einer „organischen Synthese“ nach A COSTA 2004 enthält. Die Untersuchungen der einzelnen Teile der Suite lieferten darüber hinaus viele Erkenntnisse für die Einordnung des Suite in ihren zeitgenössischen Kontext: In der Betrachtung der „Canción“ wurde so z.B. zunächst der Begriff „Canción“ erläutert. Dabei wurden sowohl Elemente des Jazz als auch Einflüsse der Klassik auf die Suite aufgezeigt. Die Betrachtung des Mambo zeigte darüber hinaus, dass Chico O'Farrill auch aktuellste Errungenschaften afrokubanischer Musik in seine Kompositionen einfließen ließ. Außerdem konnte gezeigt werden, dass Charlie Parker hier in der Improvisation über einen mambo nicht stilgerecht phrasierte. In „Transition“ konnte des Weiteren das Zitat einer Filmmusikkomposition nachgewiesen werden. Sowohl in „Introduction to 6/8“ als auch in „6/8“ wurden Parallelen zu Arrangiertechniken von Duke Ellington gezogen. Schließlich konnte in „Jazz“ ein organisches Nebeneinander von Arrangiertechniken aus der Bigbandliteratur und des Mambo nachgewiesen werden. Dadurch wird die Synthese von Jazz und afrokubanischer Musik besonders deutlich. Da dies jedoch kein Kriterium „organischer Synthesen“ ist, wäre zu überlegen, den Katalog von ACOSTA um die Symbiose von Bigband-typischen und afrokubanischen Arrangiertechniken zu erweitern. Schließlich wurde in Kapitel 5 untersucht, warum mit Machito und Mario Bauzá zwei Afrokubaner die ersten Musiker in New York waren, die stolz ihre afrikanische Herkunft in ihren Bandnamen integrierten. Um diese Frage näher zu beleuchten wurde die Situation schwarzer Bürger in den ersten vier Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts der Situation der Afrokubaner in Kuba der gleichen Zeit gegenüber gestellt. Dabei konnte aufgezeigt werden, dass sich die Situation der Schwarzen in Kuba in dieser Zeit als sehr viel schlechter dargestellt hat. Aus dieser Erkenntnis heraus wurde die Hypothese aufgestellt, dass sich Afrokubaner in New York – wie Machito und Bauzá – 67 der Errungenschaften der Afroamerikaner auf dem Weg zur Überwindung von Diskriminierung besonders bewusst waren und vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis durch ihre Namenswahl ein Zeichen für die öffentliche Akzeptanz von afrikanischer Herkunft setzen wollten und konnten. Ein Zusammenhang von musikalischer Synthese und sozialer Integration wäre eine Fragestellung für weitere Untersuchungen. 68 Glossar abakwa (andere Bezeichnungen: carabalí und ñáñigos): Geheimbund Kubas, der auf die Tradition von Stämmen aus dem Süd-Osten des heutigen Nigerias zurückgeht. Die abakwa sind ein reiner Männerbund mit vielen geheimen Ritualen in denen Musik eine wichtige Rolle spielen. background: Bezeichnung für die von Bläsern ausgeführte Begleitung in einem Solo im Kontext einer Jazzkomposition. baqueteo: Grundrhythmus des timbalero im danzón. Der baqueteo ist eine Instrumentation des cinqillo cubano. batá: sanduhrförmige Trommeln, die in der rituellen Musik der yoruba eine zentrale Rolle spielen. Ein komplettes Set besteht aus drei batás verschiedener Größen: iyá (tief) itótele (mittel), okónkolo (hoch). battle: im Jazz eine Bezeichnung für ein meist von zwei Bläsern geteiltes Solo. Dabei lösen sich die Solisten häufig nach vier- oder achttaktigen Abschnitten ab und versuchen sich gegenseitig zu übertreffen. bolero Kubanischer Balladenstil mit spanischem Ursprung. Er wurde im späten 19. Jahrhundert entwickelt. bomba: Afro-puertoricanischer Stil, der später in der Salsa eine wichtige Rolle spielen sollte. bombo (Instrument): tiefe Trommel der comparsa, die mit Schlägeln gespielt wird. bombo (rhythmustheoretischer Begriff): Bezeichnung für den Schlag auf die „2 und“ der Dreierseite der clave. bongos: Zwei kleine Handtrommeln, die miteinander verbunden sind. Der Bongospieler, genannt bongosero, spielt die bongos traditionell im Sitzen indem er sie zwischen die Knie klemmt. Bongos gehören zu den klassischen Begleitinstrumenten des son. bossa nova: brasilianischer Stil, der sich in den späten 50er Jahren entwickelt hat. canción (im Kontext kubanischer Musik): kubanisches Lied, das sich aus dem spanischen und italienischen Lied entwickelt hat. Meist mit patriotischen oder romantischen Texten. cencerro: Glocken, die ihren Ursprung in den comparsas haben. Sie haben keinen Klöppel und werden mit einem hölzernen Schlägel oder Stick gespielt. Später wurden sie in das Set des timbalero integriert. cha-cha-chá: Ein von Enrique Jorrin kreierter Rhythmus, der Anfang der 50er Jahre in den USA großen Erfolg hatte. Er ist langsamer und weniger synkopisch als der mambo. Der Name kommt von dem Geräusch der schleifenden Füße während des Tanzes. 69 charanga: Kubanische Bandbesetzung, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts herausbildete. Sie bestand ursprünglich aus einer Rhythmusgruppe (Kontrabass, Timbales, Guiro), Streichern (meist zwei bis vier Violinen und ein Cello) und einer Querflöte (meist aus Holz). In den 40er Jahren kamen Piano und congas dazu. chromatic approach: Terminus im Jazz, chromatische Annäherung an akkord- oder leitereigene Töne in einem Solo. cinquillo: Rhythmisches Grundmuster, elementarer Bestandteil des Danzón. Rhythmus: I.II.II. cinquillo cubano: Erweiterung des Cinquillo um einen Takt. Rhythmus: I.II.II.I.I.I.I. clave: der „Schlüssel“ vieler kubanischer Rhythmen. Es existieren viele Varianten dieses meist zweitaktigen Patterns. Am häufigsten sind die son clave und die rumba clave. comparsa auch conga oder conga de comparsa: Ensemble des kubanischen Karnevals bestehend aus congas (Instrumenten), bombo, cencerros, sartenes, und Blasinstrumenten. conjunto: Eine Besetzung des son, die in den 40er Jahren von dem tresista und sonero Arsenio Rodriguez entwickelt wurde. Dem Gesang, bongos, timbales, tres, und maracas fügte er Klavier, congas und drei Trompeten hinzu. conga (Instrument) Bauchige Fasstrommel, die mit den Händen gespielt wird. Ursprünglich nur in der rumba, comparsa und in rituellen Zusammenkünften verwendet, fand sie durch in dem conjunto von Arsenio Rodriguez erstmals im son Verwendung und ist seitdem in so gut wie jeder Latinbesetzung vertreten. Auf Kuba wird die conga tumbadora genannt. conga (Ensemble): auch conga de comparsa, siehe comparsa congo: kubanische Bezeichnung für Nachfahren von Sklaven, die dem afrikanischen Stamm der Bantu angehörten. Viele kubanische Rhythmen wie z.B. die rumba wurden maßgeblich durch die congos geprägt. contradanza: Ein während des 19. Jahrhunderts entstandener Gesellschaftstanz, der sich aus dem Contredanse, den französische Flüchtlinge nach dem Sklavenaufstand in Haiti nach Kuba gebracht hatten, entwickelte. contredance: französischer Hoftanz, der von dem englischen „country dance“ abstammt. cubob Modebegriff der späten 40er Jahre für den damals neuen Latinjazz. Der Begriff setzt sich aus Cuba und Bebop zusammen. danzón Zunächst ein Gesellschaftstanz der weißen Oberschicht, der sich ca. in den 1870er Jahren aus dem contradanza entwickelte. Er ist Ausgangspunkt für die Entwicklung des mambo und des chachachá. Spätestens ab den 30er Jahren wurde er Gemeingut der gesamten 70 kubanischen Bevölkerung. danzón-mambo/danzón de nuevo ritmo: Eine Weiterentwicklung des danzón, bei dem die Coda erweitert wurde. Als Erfinder gilt Orestes Lopez, Cellist des Charangaensembles „Arcaño y sus Maravillas“. Für manche Musikwissenschaftler ein Vorläufer des mambos und cha-cha-chás. diablo: Von dem blinden sonero Arsenio Rodríguez entwickelter Vorläufer des mambo. estribillo: vom Chor im Wechsel mit den improvisierenden Solisten gesungene Textzeile im montuno eines son (wörtl.: Refrain) . guaracha: kubanische Musikgattungen die sehr mit dem son verwandt ist. Unterschiede bestehen vor allem auf textlicher und formaler Ebene. guiro: Schrapinstrument aus einer ausgehöhlten Wichtiger Bestandteil vieler kubanischer Rhythmen. Gurkenkalebasse. habanera: Vorläufer des danzón und des argentinischen Tango. Die habanera entwickelte sich im 19. Jahrhundert aus dem französischen Contrdanse. itótele: mittlere Trommel in einem batá Set iyá: die tieftste Trommel in einem batá Set. mambo: kubanische Tanzmode, die Ende der 40er/ Anfang der 50er Jahre die Vereinigten Staaten erfasst hat. Sie wurde von Perez Prado verbreitet, mit dessen Bigbandsound der mambo heute meist verbunden wird. maracas: Zwei mit Körnern gefüllte Kalebassen mit Stiel, die paarweise gespielt werden. masacole: Rhythmische Motive der Trompeten im montuno des diablo. montuno: 1. Improvisierter Teil des son, in dem Solosänger oder Soloinstrumentalist ein musikalisches Wechselspiel mit dem chorisch gesungenen estribillo ausführen. 2. Rhythmisches Begleitriff in mit son verwandten Rhythmen, meist ausgeführt von Klavier oder tres. okónkolo: hohe Trommel in einem batá Set orquesta típica: Eine Instrumentalbesetzung, die im 19. Jahrhundert die Contradanza spielte. Sie bestand aus Holz- und Blechbläsern, Streichern, Guiro und Pauke, die Ende des 19. Jahrhunderts durch Timbales ersetzt wurde (vgl. MAULEÓN, 1993, 257). palo monte: Kubanischer Kult, der auf den afrikanischen Stamm der Bantu zurück geht. quinto: höchste conga-Stimme in der kubanischen rumba. ritmo afro: ein besonders im USA der 30er bis 50er Jahre poulärer Rhythmus afrokubanischer Herkunft. Das eintaktige Grundpattern endet mit der charakteristischen Betonung der Zählzeiten „3“, „3 und“ und „4“. 71 rumba: Eine weltliche kubanische Musikform, die aus Trommeln (oder auch Cajones) Gesang und Tanz besteht. Es gibt drei Ausprägungen: den langsamen Yambu, den mittelschnellen Guaguanco und die schnelle Columbia. rumba clave: Vertreter Ausrichtung): ..I.I...I..I...I der clave-Familie. Rhythmus (in 2-3 salidor: tiefste conga-Stimme in der kubanischen rumba. santeria:Auf Kuba sehr verbreiteter synkretischer Kult. Die Santeria entstand während der Zeit der Sklaverei und bot die Möglichkeit, die Heiligen der Glaubensgemeinschaften der Yoruba weiter zu ehren, indem sie die Namen katholischer Heiliger bekamen. Musik spielt eine zentrale Rolle, da mit Hilfe bestimmter Rhythmen und Gesänge Geister und Heilige gerufen werden können. sartenes: Instrumente der comparsas. Ursprünglich waren es Metallpfannen. septeto/sexteto: Frühe Bandbesetzungen des son. Das sexteto umfasst Gitarre, tres, Kontrabass, bongos, maracas und claves. Im septeto kommt noch eine Trompete hinzu. son: Einer der einflussreichsten Musikstile Kubas. Er tauchte Ende des 19. zum ersten Mal in der Provinz Oriente auf und fand Anfang des 20. Jahrhunderts den Weg nach Havana, von wo er weltweit bekannt wurde. Son wurde und wird in vielen verschiedenen Besetzungen gespielt. Als er in Anfang des 20. Jahrhunderts in Havana verbreitete, war das Trio aus Maracas, Gitarre und Sänger (dem sonero) häufig anzutreffen. Später entwickelten größere Besetzungen wie sexteto, septeto und conjunto. son clave: Vertreter der clave-Familie. Rhythmus (in 2-3 Ausrichtung): ..I.I...I..I..I. tango: argentinischer Rhythmus, der sich im 19. Jahrhundert entwickelt hat. Die kubanische habanera ist ein wichtiger Vorläufer. timbales Gestimmte einfellige Trommeln, die vom timbalero mit Palos (Holzschlägeln) gespielt werden. Sie sind eine Weiterentwicklung klassischer Pauken und fanden fanden in den charanga-Besetzungen erstmals Verwendung. Spätestens seit Tito Puente wurden sie auch als Soloinstrument verwendet. tres Kubanisches Saiteninstrument, das sich aus der spanischen Gitarre entwickelt hat. Es ist mit drei Doppelsaiten bespannt und wird vor allem im Son verwendet. Ein wichtiger Innovator des Instruments war der tresista Arsenio Rodríguez. tres golpes: mittlere conga-Stimme in der kubanischen rumba tresillo: Rhythmisches Grundmuster, das in vielen Musikkulturen nachweisbar ist. Rhythmus: I..I..I. tumbadora: siehe conga 72 yoruba (kubanische Bez. lucumí): kubanische Nachkommen des yorubasprachigen Volkes aus dem heutigen Nigeria und Benin. Diese Gruppe hatte und hat prägenden Einfluss auf die kubanische Kultur. 73 Literaturverzeichnis Selbstständige Veröffentlichungen ABU-LUGHOD, JANET L. (2007): Race, Space, and Riots in Chicago, New York, and Los Angeles. New York: Oxford University Press CONZO, JOE/ PÉREZ, DAVID A. (2011): Mambo Diablo. My Journey with Tito Puente. Bloomington: AuthorHouse DEVEAUX, SCOTT (1997): The Birth of Bebop. A Social And Musical History. London: Picador DOBBINS, BILL (1986): Jazz Arranging and Composing. A Linear Approach. Rottenburg a/N: Advance Music FERNÁNDEZ, RAÚL (2006): From Afro-Cuban Rhythms to Latin Jazz. Berkeley: University of California Press GILLESPIE, DIZZY/FRAZER, AL (1985): To Be Or Not To Bop. St. AndräWördern: Hannibal GLASSER, RUTH (1995): My Music Is My Flag. Puerto Rican Musicians and Their New York Communities, 1917-1940. Berkeley: University of California Press HENDLER, MAXIMILIAN (2008): Vorgeschichte des Jazz. Vom Aufbruch der Portugiesen zu Jelly Roll Morton. 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