Geld - Die Fachstelle Glücksspielsucht Steiermark

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Geld - Die Fachstelle Glücksspielsucht Steiermark
Psychologie des Geldes
und therapeutisches Geld- /
Schuldenmanagement
Dr. Jörg Petry
Vortrag am 4. 11. 2010 in Graz
Geld
Geld, Rubel (scherzh.), Money, Knete (Jargon)
Bargeld, Mittel, Kleingeld, Pimperlinge (ugs.), Marie (ugs.),
Asche (ugs.), Heu (ugs.), Flocken (ugs.), Pinkepinke (ugs.),
Pinke (ugs.), Steine (schweiz.), Linsen (ugs.),Kies (salopp),
Zaster (salopp),Moneten (salopp), Moos (salopp), Penunzen
(salopp), Mücken (salopp), Kröten (salopp), Mäuse (salopp),
Flöhe (salopp), Möpse (salopp),Lappen (salopp), Pulver
(salopp), Eier (salopp), Piepen (salopp), Kohle (salopp),
Kohlen (salopp), Emmchen (ugs.), Blech (salopp), Draht
(salopp), Zwirn (salopp), Zunder (salopp), Koks (salopp),
Knöpfe (salopp), Mammon (abwertend), schnöder Mammon
(scherzh.), Maxen (salopp, österr.)
Homo oeconomicus
Nach der der klassischen
Volkswirtschaftslehre handeln Personen
rational
(ökonomisches Prinzip).
Sie versuchen mit geringstem Aufwand ein
optimales Ergebnis bzw. mit vorhandenen
Mitteln den größten Erfolg zu erzielen.
Alle Abweichungen von diesem Modell sind
irrational und Problem der Psychologie
Häuser, K. (1967). Volkswirtschaftslehre. Frankfurt/M.: Fischer.
Geldillusion
Dennoch beschreiben Ökonomen
Abweichungen von dem ökonomischen
Prinzip.
So halten wir trotz steigender Preise an der
Illusion der Wertstabilität unserer Währung
fest.
Die Brötchen werden real immer teurer,
während der nominale Wert des Geldes als
stabil erlebt wird.
Schmölders, G. (1966). Psychologie des Geldes. Reinbek: Rowohlt.
Größenakzentuierung
Bei der Schätzung der metrischen Größe
von Münzen zeigt sich eine individuell sehr
unterschiedliche Überschätzung.
Mit steigenden Wert der Münzen und
ärmerem sozioökonomischem Hintergrund
nimmt die Überschätzung zu.
Holzkamp, K. & Keiler, P. (1967). Seriale und dimensionale Bedingungen
des Lernens der Größenakzentuierung. Z.f. Angew.u.Exp.Psychol., 14,
Metrische
Reizgröße
1
2
3
4
5
Größenakzentuierung
Valenz
1
2
3
4
5
Valenz
plus
Metrische Reizgröße
1
2
3
4
5
Holzkamp, K. & Keiler, P. (1967). Seriale und dimensionale Bedingungen des
Lernens der Größenakzentuierung. Z.f. Angew.u.Exp.Psychol., 14, 407-441.
Verlustabneigung: „Was ich
habe, habe ich“
Szenarien
a) Sie waren einer tödlichen Krankheit ausgesetzt. Ihr
Todesrisiko beträgt 1:1000.
Wie viel Geld würden Sie für ein 100% Heilmittel
ausgeben?
800 $
b) Wir führen Versuche zu einer tödlichen Krankheit durch.
Ihr Todesrisiko wäre bei einer Teilnahme 1 : 1000.
Wie viel müssten wir Ihnen bezahlen, damit Sie an dem
Versuch teilnehmen?
100.000 $
Kahneman, D.; Knetsch,J. & Thaler, R. (1991). The Endowment Effect, Loss Aversion, and Status
Quo Bias. Journal of Economic Perspektives, 5(1), 193-206.
Geldtheorien
Partikularität
Liebe
*
*
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spezifisch
*
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fo
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*
*
universell
*
Geld
abstrakt
konkret
Konkretheit
Foa, U.G. (1993) Interpersonal and Economic Ressources. In: U.G. Foa et al. (Eds.): Ressource
Theory (pp 13-30). San Diego, Calif.: Academic Press.
Multifunktionale Geldtheorie
Geld ist kein reines Austauschmittel, sondern hat
vielfältige symbolische Bedeutungen. Nicht der Besitz an
sich, sondern jeweils spezifische Eigenschaften des
Geldes sind wichtig.
Neben ökonomischen Eigenschaften (wie Stabilität und
Liquidität) bestimmen psychologische Merkmale, die von
der Quelle (z.B. Erbe), den Austauschmöglichkeiten
(z.B. Scheck) oder dem Kontext (Geschenk) abhängen,
unser Alltagshandeln.
Der Gelderwerb entsteht aus individuellen Bedürfnissen
(z.B. Sicherheit) und Bewertungen (z.B. Unmoral).
Lea, S.E.G. et al. (19932). The Individual in the Economy. Cambridge: Univ. Press.
Macht Geld glücklich?*
Geld mach nicht zufrieden, dafür sind andere Faktoren (Gute
Partnerschaft/Freundschaft, befriedigende Arbeit und
Werteorientierung) bedeutsam.
Dies zeigt sich beim Vergleich zwischen armen und reichen
Ländern und bei Lottomillionären, die sich an das
bestehende/veränderte Niveau adaptieren.
Dennoch kann Geld zu größerer Zufriedenheit führen, da es
wichtige Ressourcen erschließt (z. B. vermindertes
Gesundheits- und Sterberisiko in höheren Schichten).
Befragungen von Superreichen im Vergleich zu
Normalbürgern bestätigen dies.
* Geld allein nicht, es sollten auch noch Aktien und Immobilien dabei sein!
Argyle, K. (1992). The Psychology of Happiness. London: Routledge.
Diener, E. et al. (1985). Happiness of the very wealthy. Social Indicators
Research, 16, 263-274).
Geld und Partnerbeziehung
Das finanzielle Verhalten spiegelt die
Machtrelation zwischen den Partnern und ihren
Kindern wieder, da es die Kontrolle des
Alltagsgeschehens bestimmt.
Die Verfügung über gemeinsames und eigenes
Geld zeigt ein typisches Geschlechtergefälle zu
Ungunsten der Frauen.
Kirchler, E. et al. (2000). Liebe, Geld und Alltag. Göttingen: Hogrefe.
Geldsozialisation
Gelderziehung
Da Kinder sehr konsumkompetent sind, aber über ein
altersspezifisch geringes ökonomisches Verständnis
verfügen, besteht die Notwendigkeit zur umfassenden
(über die Taschengeldvorgaben hinaus) Gelderziehung.
Dabei geht es nicht nur um das Erlernen finanzieller
Fähigkeiten, sondern auch um die Formung der
Motivation zum Konsumverhalten.
Schwierigkeiten sind zu erwarten, wenn die Erziehung
einseitig verwöhnend oder restriktiv ist oder wenn
zwischen Zielen und Verhalten der Modellpersonen und
zwischen diesen große Diskrepanzen bestehen.
Rosendorfer, T. (1998). Kinder und Geld. In H. Gräbe (Hrsg.): Vom Umgang
mit Geld. Frankfurt/M.: Campus.
Konsum und Selbstwert
Konsumgüter
Entwicklungsaufgabe
Angst vor...
Wunsch nach ...
Überleben
Schutz
Bindung
Individuation
Zielsetzung
Kontrolle
Leblosigkeit
Hilflosigkeit
Gleichgültigkeit
Abhängigkeit
Versagen
Unterwerfung
Vitalität
Sicherheit
Liebe
Selbständigkeit
Erfolg
Macht
Selbstwert
Haubl, R. (1998). Geld, Geschlecht und Konsum.Gießen: Psychosozial-Verlag.
Werteverschiebung
Sozialisationsbedingt kann das Geld eine
über seine wirtschaftlichen Funktionen
(Austauschmittel) hinausgehende emotionale
Bedeutung erlangen.
Die ist der Fall, wenn Geld als Liebesersatz
fungiert, der Selbstwertstabilisierung dient
oder mit unrealistischen Glückserwartungen
verbunden ist.
Das „Spielgeld“ des
Glücksspielsüchtigen
Methoden und Strategien
• Emotionale Bedeutung des Geldes
Erlebnisaktivierende Übungen
• Problematische Geldstile
Therapeutische Narrative
• Strategien des Geldmanagements
Prinzip des frei verfügbaren Einkommens
• Strategien des Schuldenmanagements
Prinzip der unmittelbaren Rückzahlung
• Soziotherapeutische Methoden
Haushaltsanalyse und Schuldenregulierung
Millionenerbe
Stellen Sie sich vor, dass Sie unverhofft eine
Millionen zur Verfügung hätten.
Was würden Sie mit dem Geld tun?*
* Ein deutscher Industrieller soll auf die Frage geantwortet haben,
dass er sich dann sehr einschränken müsste.
Geldtest
Geldbörse des
geschäftsführenden
Gesellschafters
der Spielbank
Hamburg
Quelle:
ZEITmagazin
Ein Narrativ
Die Tiere des Waldes hatten wieder einmal Probleme mit der Elster. Sie konnte
einfach nicht davon lassen, fremder Leute Schmuck mit in ihr Nest zu nehmen.
Zu sehr war sie fasziniert von dem goldenen und silbernen Glänzen. Es war wie
ein innerer Zwang, dem sie folgte. Sie mußte dann einfach zugreifen. Danach
gab es natürlich immer Ärger. Die Vögel gerieten insgesamt allmählich in Verruf,
so daß die Tiere beratschlagten was zu tun sei.
Da traf sie den Fuchs, den Schlaumeier unter den Tieren.... Er war
klug, lebenslustig und offensichtlich recht vermögend. Sein Pelzmantel
jedenfalls sah nobel aus!.... Der Fuchs hatte ein raffiniertes System, mit dem
er seine Barschaft mehrte. Und alles ganz legal! Von allen Einnahmen, die er
nicht direkt für seinen Lebensunterhalt brauchte, sparte er die Hälfte an. Dabei
wählte er eine Anlageform, die trotz recht guter Verzinsung nur wenig
risikoträchtig war. Auch zur Abtragung der Schulden empfahl er der Elster,
sie solle nicht alles Geld, das sie erübrigen könne, zur Schuldenbegleichung
verwenden, sondern einen Teil ansparen und etwas Geld für Wünsche und
Dinge ausgeben, die man genießen kann ....
W. Bensel: Die stationäre Behandlung von „pathologischen Glücksspielern. Münchwieser
Hefte, 24, 32-44, 2000.
Grundprinzip des Geld- und
Schuldenmanagements
In der Nikomachischen Ethik von Aristoteles
wurde das Grundprinzip der „Suche nach dem
Mittleren“ formuliert, wonach die zu fordernde
Tugend in der Mitte zwischen zwei extremen
Lastern zu finden ist.
Bezogen auf den Umgang mit Geld schreibt er:
„In Hinsicht auf das Geben und Nehmen von
Geld ist Großzügigkeit die Mitte. Das zuviel
und das zu wenig heißt Verschwendungssucht
und kleinliches Knausern“ (a.a.O.: S. 47).
Aristoteles. (1969). Nikomachische Ethik. Stuttgart: Philipp Reclam Jun.
Grundstrategie des
Geldmanagements
Das Ziel des Geldmanagements besteht in der
unmittelbaren und selbstkontrollierten
Veränderung des finanziellen Verhaltens.
Von Yablonsky wurde dazu das „Prinzip des frei
verfügbaren Einkommens“ eingeführt. Danach
steht nach Gegenüberstellung von Einnahmen
und Ausgaben nur der verbleibende Restbetrag
zur unmittelbaren Verfügung.
Yablonsky, L. (1992). Der Charme des Geldes. Köln: Edition Humanistische Psychologie.
Grundstrategie des
Schuldenmanagements
Von den Anonymen Spielern und den Begründern
der Suchttherapie des „zwanghaften
Glücksspielens“ Custer und Milt (1985) wurde das
„Prinzip der unmittelbaren Rückzahlung“
begründet.
Dies bedeutet, dass selbst bei einer durch die
Verschuldung bedingten geringen finanziellen
Beweglichkeit auf jeden Fall auch kleinere
Beträge an private und öffentliche Gläubiger
unmittelbar geleistet werden müssen.
Custer, R. & Milt, H. (1985). When Luck Runs Out. New York: Fact on File
Methoden des Geld-und
Schuldenmangements
• Kostenerfassung (fixe und variable)
• Haushaltsanalyse (Einnahmen/Ausgaben)
• Anpassung des Ausgabeverhaltens
und Festlegung von Sparmassnahmen
• Kontrolle des finanziellen Verhaltens
• Überprüfung persönlicher Ansprüche
Selfmademan Bodo Schäfer
Schäfer, B. (19998). Der Weg zur
finanziellen Freiheit. In sieben Jahren
die erste Million. Frankfurt/M.:
Campus.
Die goldene Gans
• Schaffen Sie sich finanzielle Sicherheit!
• Bezahlen Sie sich selbst!
• Sparen Sie, wo Sie können!
• Folgen Sie der 50/50 Regel!
Schäfer, B. (19998). Der Weg zur finanziellen Freiheit. In sieben Jahren die
erste Million. Frankfurt/M.: Campus.
In Sieben Jahren Millionär?
In sieben Jahren wird man nur zum
Millionär, wenn man monatlich ca.
5000 € zu mindestens 10 % Zinsen
anlegen kann.
Da nach Schäfer 10 % seines
Einkommens anlegt werden sollten,
müsste man ein Monatseinkommen
von 50.000 € haben.
Es ist und bleibt extrem schwer zum
Millionär zu werden!
Zinseszins
Wertentwicklung einer monatlichen Geldanlage von 100 €
(z. B. Ersparnis eines durchschnittlichen Tabakabhängigen)
in Abhängigkeit von der Laufzeit und dem Zinssatz.
Zinssatz
Laufzeit
5 Jahre
3%
5%
7%
12%
6.474
6.810
7.163
8.119
10 Jahre
13.980 15.911 17.666 22.427
20 Jahre
32.768 40.754 51.060 92.083
Holländische Geizbewegung
Hanneke van Veen & Rob van Eeden
Knausern Sie sich reich!
Duschen im Dunkeln
Haben Sie beim Duschen das Licht an?
Duschen im Dunkeln, am besten zu
zweit, spart Wasser und Energie
und ist gut für den Blutdruck!
van Veen, H. & R. van Eeden, R. (1997). Wie werde ich ein echter Geizhals?
So knausern Sie sich reich! Landsberg a. Lech: mvg-verlag.
„Erstaunter Zwerg“
Erstaunen zu simulieren,
das einen Zwerg überfallen
würde, wenn er sähe, was
wir so alles im Haushalt tun.
Muss das Wasser beim
Kochen von Makkaroni
vorher kochen?
van Veen, H. & van Eeden, R. (1996). Knausern Sie sich reich! Geizhälse
haben mehr vom Leben. Landsberg a. Lech: mvg-verlag.
Halbierungsprinzip
Ab sofort von allem nur noch die
Hälfte!
Beim Haarwaschen nehmen Sie das
nächste Mal nur noch die Hälfte ihres
Shampoos!
Wenn Sie zufrieden sind, dann
können Sie weiter reduzieren.
van Veen, H. & R. van Eeden, R. (1997). Wie werde ich ein echter Geizhals?
So knausern Sie sich reich! Landsberg a. Lech: mvg-verlag.
Sparen mit unerwünschten
Nebenfolgen
„ Es ist nicht wirtschaftlich, früh ins Bett
zu gehen, um Kerzen zu sparen,
wenn Zwillinge das Ergebnis sind.“
Chinesisches Sprichwort
Bibliotherapie
Die Millionen-Pfund-Note
von Mark Twain
Hottinger, M. (Hrsg.) (1994). Geldgeschichten von Mark Twain bis W.
Sommerset Maugham. Zürich: Diogenes.
Bibliotherapie
Emile Zola: Das Geld:
Die Geschichte vom Aufstieg, Glanz
und Niedergang eines
hemmungslosen Spekulanten im
Paris des zweiten Kaiserreichs mit
einer Analyse der modernen Welt
von Hochfinanz und Börse, Geld
und Politik.
Bibliotherapie
Heinrich Mann: Im
Schlaraffenland:
Das Eindringen eines
Emporkömmlings in die Welt
des Reichtums und der Macht
im Berlin des Deutschen
Kaiserreichs, der während
seines Aufstiegs und Falls
Einblick bekommt in eine
Gesellschaft, deren einziges
Bindeglied das Geld darstellt.
Vielen Dank fürs Zuhören!