bremer uni-schlüssel

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bremer uni-schlüssel
B RE MER U NI -SCHLÜSSEL
Die interne Zeitung der Universität Bremen
Nr. 74 · Juli 2003
Dozenten mit Mut und Weitsicht geehrt
Im Festsaal des Schütting
wurde am 12. Juni 2003 von den
unifreunden der „BerninghausenPreis für ausgezeichnete Lehre
und ihre Innovation“ verliehen.
Für ihr außergewöhnliches
Engagement und besondere Kreativität in der Lehre wurden Regina Keuchel und Horst Schecker
ausgezeichnet.
„Gute Lehre hört in dem Moment auf, gut zu sein, in dem sie
zur Routine wird. Das beste, was
Studierenden passieren kann, ist,
wenn die Dozenten sie motivieren, sich die Lehrinhalte zu eigen
zu machen. Wichtig ist dabei die
Fähigkeit, den Studierenden begründetes Vertrauen in die eigene
Kompetenz zu vermitteln, sie als
selbstbewusste, reife Persönlichkeiten auf die Berufswelt vorzubereiten.“ Mit diesen Worten brachte
Konrektor Professor Peter Richter
bei der Preisverleihung die Gründe
auf den Punkt, die für die Vergabe
des Berninghausen-Preises 2003
entscheidend waren. Hochschullehrer müssen, so Richter, Mut,
Kraft und Weitsicht aufbringen,
um Perspektiven für die Zukunft
zu entwickeln. Genau hier haben
die Preisträger, die von Studierenden für den Berninghausen-Preis
vorgeschlagen worden wurden,
wertvolle Arbeit geleistet.
Regina Keuchel erhält den Lehrpreis im Fachgebiet Pflegewissenschaft, weil sie es versteht, Theorie
und Praxis der Pflegewissenschaft
durch eine beeindruckende Vielfalt
von Unterrichtsformen zu vermitteln. Mit Hilfe ihres erfahrungsorientierten didaktischen Konzepts
vermag die Dozentin die LehramtsStudierenden so zu motivieren,
dass sie eigenständig Theorien auf
Fragen der Praxis beziehen. Die
Studierenden loben an Regina Keuchel neben der Dialogbereitschaft
ihre Fähigkeit zuzuhören und auf
die Bedürfnisse der Studierenden
sensibel einzugehen.
Professor Horst Schecker, Fachgebiet Didaktik der Physik, wird
der Preis zugesprochen, weil er
ebenfalls durch hohe Qualität der
Lehre in Inhalt und Form überzeugt. Die Bearbeitung aktueller
Die ausgezeichneten Dozenten Regina Keuchel und Horst Schecker mit Preisstifter Friedo Berninghausen (Mitte).
Themen und die sinnvolle Ausgestaltung des Unterrichts mit Multimedia gehören zu seiner „ausgezeichneten“ Lehre. Als Organisator
der sehr erfolgreichen Reihe „Sa-
Mit BUS-Freikarten in ferne Galaxien
Mit der Ausstellung „Von Bremen in ferne Galaxien. Raumfahrt
und die Mission Erde“ entführt
das Übersee-Museum seine Besucher vom 21. Juni bis 12. Oktober
2003 in die Welt der Schwerelosigkeit. In fünf Themenbereichen
spannt die Ausstellung einen Bo-
Start einer ARIANE-Rakete.
gen von der Geschichte der Raumfahrt, über nationale und Bremer
Raumfahrtindustrie, das Leben im
All und heutige und zukünftige
Nutzungspotenziale der Raumfahrt. Der Uni-Fachbereich Produktionstechnik ist mit einem interaktiven Minifallturm vertreten.
Auf der Reise durch die Ausstellung blicken die Besucher mittels
Film-, Foto- und Archivmaterial
hinter die Kulissen der Bremer
Unternehmen: Firmen wie Astrium GmbH (jetzt EADS Space
Transportation), OHB-System AG
oder das Zentrum für angewandte
Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) an der Universität Bremen haben ihren Sitz in
der Hansestadt. In dem 146 Meter
hohen Fallturm des ZARM führen
Wissenschaftler Experimente in
der Schwerelosigkeit durch.
Am Minifallturm kann der Ausstellungsbesucher Experimente in
der Schwerelosigkeit selbst ausprobieren. Dieser Minifallturm wurde
im Rahmen eines im Fachbereich
Produktionstechnik initiierten
Nachwuchsförderprojektes konzipiert und im Wettbewerb „Jugend
forscht 2002“ prämiert. Die Anlage
ist inzwischen zu einem interaktiven Wissenschaftsexponat weiter
entwickelt worden.
Der Bremer Uni-Schlüssel verlost
für die Ausstellung „Von Bremen
in ferne Galaxien“ zweimal drei
Eintrittskarten. Wer sich bis zum
25. Juli 2003 per E-Mail oder per
Postkarte mit dem Stichwort
– „Minifallturm – Von Bremen in
ferne Galaxien“ an die Pressestelle
der Universität wendet, nimmt an
der Verlosung teil. Alle Uni-Angehörigen können mitmachen, der
Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die
Anschrift: Uni Bremen, Pressestelle, Bremer Uni-Schlüssel“, Postfach
330 440, 28334 Bremen oder per
E-Mail: [email protected]. SC
turday Morning Physics“ stellt er
seine Fähigkeiten, auch ein junges
Publikum zu fesseln, unter Beweis.
Der Hochschullehrer genießt auch
überregional hohes Ansehen,
ausgewiesen durch eingeworbene
Drittmittel und als Initiator und
Sprecher des Nordverbund-Projekts „physik multimedial“ für
Physik als Nebenfach.“
RO
Zu viele offene Türen?
Alle zwei Jahre öffnet die Universität Bremen ihre Türen, um
der Stadtöffentlichkeit Einblicke
in Forschung, Lehre und Uni-Leben zu gewähren. Eine gute Tradition, die jedes Mal Tausende
interessierter Bürgerinnen und
Bürger anlockt. So auch am 10.
Mai. Dennoch blieb ein ungutes
Gefühl zurück. Das Konzept, die
dezentralen Bereiche verstärkt
einzubeziehen und Türen zu
öffnen, die bisher verschlossen
waren, hat sich so nicht bewährt.
Viele Besucher irrten im UniLabyrinth umher, ohne das zu
finden, was sie suchten. Gäste
mit allgemeinem, aber nicht
spezifischem Interesse an universitärer Forschung wurden nicht
zufrieden
gestellt. Viele
engagierte
Wissenschaftler, die sich
mit viel Zeit
und Energie
auf den Tag
der offenen
Tür vorbereitet hatten, fanden
wenig Beachtung - zurück blieben
viel Frust und Enttäuschung.
Sicherlich, es muss auch einmal
etwas Neues ausprobiert werden
und hinterher ist man immer
schlauer. Nach den Erfahrungen
am 10. Mai ist eine Rückkehr
zum zentralen Veranstaltungskonzept sinnvoll, meint
Eberhard Scholz
Aus dem Inhalt
Drei neue Ehrenbürger der Universität
Seite 2
Impressionen aus drei Informationstagen
Seite 3
Bewerbung zur Kulturhauptstadt: Beitrag der Uni
Seite 4
Neue Besoldung für Professoren
Seite 5
Besuch vom Dickinson College
Seite 5
Erfolgreiches Semester des Uniorchesters
Seite 6
Neue Filme aus der Uni
Seite 7
Aus dem Uniarchiv: Lebenslauf eines Protokolls
Seite 8
Umweltmanagement zertifiziert
Seite 8
Pilotprojekt: Naturwissenschaften für Kinder
Seite 10
Funkhaus Europa: Das Radio für die globale Welt
Seite 11
Afrikatag
Seite 12
Personalia
Seite 13
Wenn Studierende an Forschungsmikroskope dürfen
Seite 14
Jura-Studierende in internationalem Wettbewerb vorn
Seite 15
23. September: 1. Uni-Gesundheitstag
Seite 16
B REMER UNI -SCHLÜSSEL
Seite 2
Nr. 74 · Juli 2003
Drei neue Ehrenbürger der Universität Bremen
In einer akademischen Feierstunde wurden Prof. Dr. Bengt
Beutler, Dr. Eberhard Haas und
Carlos A.C. Landmark geehrt und
Rektor Wilfried Müller verlieh
ihnen jeweils die Auszeichnung
„Ehrenbürger und Förderer der
Universität Bremen“.
Professor Dr. Bengt Beutler hat
1978 an der juristischen Ausbildungskonzeption der Universität
Bremen im Bereich Völkerrecht/
Europarecht mitgewirkt und
wurde, aufgrund seiner hohen
wissenschaftlichen Reputation
und seines inneruniversitären
Engagements im Fachbereich
Rechtswissenschaft, 1999 zum
Honorarprofessor für Europäisches
Recht und Verfassungsrecht ernannt. Professor Beutler engagiert
sich seit vielen Jahren und ganz
herausragend in der Gesellschaft
der Freunde der Universität Bremen (heute unifreunde), deren
langjähriger Vorstandsvorsitzender
er ist. Als Vorsitzender des Fördervereins sorgt er zudem dafür, dass
sich die Zahl der Sponsoren für die
Universität kontinuierlich erhöht.
Bengt Beutler hat 1961 in Bremen
Abitur gemacht, in Köln und Heidelberg Philosophie und Kunst,
in Heidelberg und Berlin Rechts-
wissenschaften studiert. Seit 1975
arbeitet er als Richter in Bremen.
1996 erfolgte die Ernennung zum
Honorarprofessor für Europäische
Integration an der Uni Hamburg.
Er ist Vorsitzender der Philosophischen Gesellschaft, Bremen.
Dr. Eberhard Haas hat sich seit
Gründung der Universität Bremen
im Jahr 1971 als Mitglied des Ausbildungs- und Prüfungsausschusses in der Juristenausbildung und
als langjähriges Vorstandsmitglied
der Gesellschaft der Freunde der
Universität Bremen engagiert. Seit
1995 ist Herr Haas Vorsitzender
des Kuratoriums der unifreunde,
in dem 18 namhafte Bremer Firmen und Stiftungen als Sponsoren
zukunftsweisende Projekte in der
Universität fördern. Er hat durch
sein Werben im Namen der unifreunde ganz wesentlich zur Verankerung der Universität Bremen
in der Stadt beigetragen.
Eberhard Haas hat 1953 in Bremen Abitur gemacht, in London,
Freiburg und Bonn Rechts- und
Staatswissenschaften studiert.
Er arbeitet als Rechtsanwalt und
Notar in Bremen. Von 1980-92 war
er Präsident der Hanseatischen
Rechtsanwaltskammer, von 19911999 Präsident der Bundesanwaltskammer.
Engagierte Freunde und Förderer der Universität: v. l. Eberhard Haas, Carlos Landmark und Bengt Beutler.
Carlos A.C. Landmark hat sich
als Geschäftsführer der Hanseatischen Veranstaltungsgesellschaft
und seit 1995 als Vorsitzender der
Wolfgang-Ritter-Stiftung um die Belange der Universität Bremen verdient gemacht. „Die Wissenschaften und ihre Einrichtungen sowie
den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern“ ist der Zweck
der Wolfgang Ritter Stiftung. Die
Grundstein für Haus der Meeresforschung
Freude bei den Bremer Meeresforschern. Am 5. Mai 2003 legten
der Bremer Wissenschaftssenator Willi Lemke und Professor
Gerold Wefer, Leiter des DFG„Forschungszentrums Ozeanränder“, in der Leobener Straße den
Grundstein für ein neues Gebäude der Meeresforschung. Voraussichtlich Ende 2004 werden hier
die Wissenschaftler und Techniker vom Forschungszentrum und
von MARUM einziehen.
Vor knapp zwei Jahren hat die
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) das hoch dotierte
„Forschungszentrum Ozeanränder“ nach Bremen vergeben. Als
„Center of Excellence“ auf dem
Gebiet der Meeresforschung umfasst es gut 100 Personalstellen.
Inzwischen sind neue Professuren
besetzt, Juniorprofessoren an das
Zentrum berufen sowie etliche
Nachwuchswissenschaftler und
Techniker eingestellt worden. Sie
alle werden im neuen Gebäude
Platz finden.
Auf einer Nutzfläche von gut
6.000 Quadratmetern, die sich auf
drei Stockwerke verteilen, werden Büros, Werkstätten, Labors,
Unterrichtsräume sowie eine 750
Quadratmeter große Gerätehalle
und eine 1.000 Quadratmeter
große Kühlhalle für das bislang im
Europahafen untergebrachte Sedimentkernlager des internationalen
Ocean Drilling Program (Ozeanbohr-Programm) untergebracht.
Zudem ist im Eingangsbereich eine
Ausstellungsfläche von etwa 200
Quadratmetern vorgesehen. Gekrönt wird das Gebäude von einer
Metalleindeckung in Form einer
Welle. Dieses architektonisch markante Zeichen symbolisiert den
Forschungsgegenstand der dort
arbeitenden Wissenschaftler und
Techniker: das Meer.
SC
Unter fachlicher Aufsicht bei der Grundsteinlegung: v.l. Professor Gerold Wefer (Geowissenschaften), Senator Willi
Lemke, Dieter Husemann (Architekt) und im Hintergrund Ingo Juncker (Bauunternehmung Prien).
Universität profitiert davon durch
die Ausrichtung der „Bremer Universitätsgespräche“, die seit 1988
stattfinden und ein Forum sind,
um gesellschaftlich relevante Themen in die Öffentlichkeit zu tragen. Des weiteren unterstützt die
Stiftung an der Universität Projekte zur Einführung moderner Managementmethoden, engagiert sich
beim Existenzgründerprogramm
und stellt Mittel für Notebooks
bereit, die Studentinnen und Studenten zur Ausleihe zur Verfügung
stehen. Carlos Landmark hat 1953
in Kiel das Abitur gemacht, war
Generalbevollmächtigter und Vorstandsmitglied der Martin Brinkmann AG, Bremen und bis 1998
Geschäftsführer der Hanseatischen
Veranstaltungsgesellschaft mbH.
AB
Sabine Broeck wiedergewählt
Der Akademische Senat hat
am 17. Mai 2003 die Konrektorin für Internationale Beziehungen Professor Sabine Broeck mit
14 Stimmen (von 17) in ihrem
Amt bestätigt. Die Amerikanistin
gehört seit Oktober 2000 dem
Rektorat an und wird das Amt
bis zum 30. September 2005
ausüben. Angesichts gesetzter
finanzieller und politischer
Prioritäten wird die Uni auf internationaler Ebene besonders
konzentriert um wissenschaftlichen Nachwuchs für die Bremer
Ausbildungsangebote auf der
Postgraduate- und Doktorandenebene werben. Für die Studierenden der Uni sollen bestehende Partnerschaften so ausgebaut
werden, dass sich ein breites Angebot an Auslandsstudienplätzen entwickeln lässt und attraktive Study Abroad Programme
die Mobilität der jungen Leute
fördern. Zu einer erfolgreichen
Internationalisierungsstrategie
gehört für Sabine Broeck auch
die Zusammenarbeit auf lokaler
und regionaler Ebene.
AB
BREMER UNI-SCHLÜSSEL
Nr. 74 · Juli 2003
Besuch in der Uni - bunte
Impressionen aus drei Tagen
Girls' Day, Tag der offenen Tür,
Schülerinformationstag: dreimal
ist Bremer Recht und dreimal lud
die Universität im Mai die Stadtöffentlichkeit ein - und Tausende
von Interessierten kamen. 260
Mädchen nahmen allein am Girls'
Day an zahlreichen Veranstaltungen
teil, wie auf dem Bild rechts oben bei
einer Veranstaltung in der Produktionstechnik. Die Mädchen waren mit
der Visite in der Uni sehr zufrieden,
das ergab jedenfalls die Auswertung
der Fragebögen am Ende des Girls'
Day. Auf gute Resonanz stieß auch
der Tag der offenen Tür. Mehrere
tausend Besucherinnen und Besucher schauten den Uni-Wissenschaftlern über die Schulter (Foto
links oben). Auch Politprominenz
war vor Ort: Bundesbildungsministerin Edelgard Bulman, (2. Foto
rechts) beim Besuch des Instituts für
Festkörperphysik, im Gespräch mit
den Professoren Detlef Hommel und
Jürgen Gutowski, sowie der Bremer
Bildungssenator Willi Lemke gemeinsam mit Rektor Wilfried Müller (2. Foto links) bei der Eröffnung
des Tages der offenen Tür. Mehr als
2300 Schülerinnen und Schüler aus
Bremen und Niedersachsen nutzten
den Schülerinfotag, um sich über
alle Fragen rund um Studium und
Uni-Leben zu informieren (Foto
rechts) - und nicht nur die Uni BigBand (Foto unten) sorgte gekonnt für
musikalische Untermalung.
SC
Seite 3
B REMER UNI -SCHLÜSSEL
Seite 4
... towards the
European higher education area
Die Universität Bremen hatte
ihre europäischen Kooperationspartner zu einem Empfang
in Graz eingeladen. „Eine tolle
Idee“, befanden abschließend die
Gäste, denn ein Kennenlernen
beim gemeinsamen Essen ist
trotz E-Mail und Internet noch
immer die angenehmere Form
des Kontaktes.
Gelegenheit, um viele Kooperationspartner an einem Ort zu versammeln, bot die Konferenz der
EUA (European Universities Association), die Ende Mai 2003 in der
Kulturhautstadt Graz stattfand und
zu der 300 Rektoren und 300 Experten aus ganz Europa anreisten,
um sich über die Rolle der Universität in einem neuen Europa des
Wissens zu verständigen. Rektor
Wilfried Müller lud dabei die europäischen Partnerhochschulen
der Bremer Uni zum gegenseitigen
Kennenlernen ein.
„Die Universitäten sind aufgefordert, den neu entstehenden
europäischen Hochschulraum aktiv mit zu gestalten, dazu gehören
der Austausch von Studierenden,
die Zusammenarbeit in interdisziplinären Forschungsprojekten und
die Herstellung von Kompatibilität
der unterschiedlichen Hochschulsysteme in den verschiedenen
europäischen Ländern“, so be-
grüßte der Rektor seine Kollegen
und Kolleginnen. 30 Rektoren aus
zehn Ländern waren zum Empfang
gekommen, um den neuen Rektor
und die vielfältigen europäischen
Aktivitäten der Universität Bremen
kennen zu lernen, sowie mit Barbara Hasenmüller vom International Office über weitere Kooperationsmöglichkeiten im Rahmen der
europäischen Studienprogramme
ins Gespräch zu kommen.
Zur Diskussion um die Rolle der
Universitäten im Europa des Wissens, die als interne Mitteilung der
Europäischen Kommission (EK)
über die Hochschulrektorenkonferenz zur Stellungnahme an die
Universitäten geschickt worden ist,
hat das Rektorat der Universität
Bremen die nach ihrer Ansicht notwendigen Ergänzungen in einer
Stellungnahme deutlich gemacht.
So befasst sich das Papier der
Kommission nicht mit der Frage,
in welchem Maße die Profilbildung und die Leistungsfähigkeit
von Universitäten vom Grad ihrer
Autonomie von staatlicher Politik
abhängig ist. Es fehlt eine angemessene Bewertung der großen
Bedeutung der Verbindung von
Forschung und Lehre für die gesellschaftliche Kompetenz- und
Qualifikationsentwicklung und
damit für eine nachhaltige Innovationspolitik in Europa. Bei der sys-
tematischen Chancengleichheitspolitik vermisst das Rektorat einen
Hinweis auf die Notwendigkeit
eines breiten gesellschaftlichen
Angebots vorschulischer Betreuungsformen für kleine Kinder.
Für die Abwanderung exzellenter
Wissenschaftler nach Amerika
wird nicht nur der Grund in der
unzureichenden Förderung an europäischen Universitäten gesehen,
sondern auch in der restriktiven
Einwanderungspolitik der Europäischen Union (EU). Regionale Disparitäten werden sich nach dem
Beitritt neuer EU-Staaten noch
verstärken. Hierzu und zum Ziel,
diese Disparitäten zu überwinden,
die weitgehende Konsequenzen
für eine europäische Forschungsund Technologiepolitik hätten,
fehlen Aussagen.
Beim Thema „gesellschaftliche
Öffnung“, konzentriert sich die
EK auf die Notwendigkeit, enge
Kooperationen zwischen Universitäten und wirtschaftlichen Unternehmen zu schaffen. Dieser engen
Auslegung widerspricht das Rektorat, weist auf die Bedeutung der
Universitäten für die kulturelle,
politische und soziale Entwicklung
der EU hin und plädiert für die
Wahrnehmung der Universitäten
als Orte der gesellschaftlichen
Meinungsbildung und der Generierung neuer kultureller Normen. AB
Umweltpreis für Bernd Jastorff
und Hans-Dietrich Haasis
Die Liste der Umweltkatastrophen ist lang. Dem Umweltschutz
und Nachhaltigen Wirtschaften
kommt weltweit eine immer
wichtigere Bedeutung zu. Der
Bundesdeutsche Arbeitskreis für
Umweltbewusstes Management
(B.A.U.M.) vergibt seit zehn Jahren
einen Umweltpreis, mit dem Personen geehrt werden, die sich in
besonderer Weise um den Umweltschutz verdient gemacht haben.
Den Umweltpreis 2003 im Bereich
Wissenschaft erhielten die Bremer
Hochschullehrer Bernd Jastorff
und Hans-Dietrich Haasis. In der
Begründung wird betont, dass sich
beide Wissenschaftler in ihren
jeweiligen Fachgebieten engagiert
für den Umweltschutz einsetzen.
Bernd Jastorff, seit 1973 Professor für Organische Chemie,
beschäftigt sich in seinen Forschungsprojekten mit Fragen, wie
schon im Vorfeld Strategien entwickelt werden können, die Umweltschäden vermeiden. Seit neun
Jahren ist Jastorff auch Umweltbeauftragter der Uni, verantwortlich
für den Umweltbericht.
Hans-Dietrich Haasis wurde
1994 auf den Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre,
Produktionswirtschaft und Industriebetriebslehre berufen. Er
beschäftigt sich mit Projekten zur
Luftreinhaltung und allgemeinen
Emissionsreduzierung. Haasis
entwickelte Produktionssysteme
und Umweltmanagementsysteme
für nachhaltiges und ökologisches
Wirtschaften. Gemeinsam mit
Jastorff ist er für die Einführung
eines Umweltmanagementsystems
an der Uni mitverantwortlich. RO
Nr. 74 · Juli 2003
Kulturhauptstadt:
Ideen aus der Wissenschaft
Blick vom Cafe M 1 auf die Kulturhauptstadt Graz.
Kunst und Wissenschaft sind
aufgefordert, Ideen und Projekte
für die Bewerbung Bremens zur
Kulturhauptstadt 2010 zu entwickeln, beide Bereiche haben
die Chance zur Annäherung und
Vernetzung. Professor Michael
Müller ist vom Rektorat als Sprecher der Universität für den hochschulübergreifenden Arbeitskreis
benannt worden.
BUS: Der Abgabetermin für die
Vorschläge der Universität ist Mitte Juli. Wie gewinnen Sie unsere
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für dieses Projekt?
Michael Müller: Um es gleich
vorweg zu sagen: Ich bedaure es,
meine Kolleginnen und Kollegen
nicht so für das Kulturhauptstadtprojekt gewinnen zu können, wie
ich es mir gewünscht hätte: Nämlich in die Fachbereiche, Studiengänge und Institute zu gehen, um
dort über mögliche Projekte und
deren Vernetzung zu sprechen.
Dazu fehlt mir schlichtweg die
Zeit. So bleibt es bei der in meinem Rundschreiben geäußerten
Aufforderung, die ich hier - gerichtet vor allem auch an die jüngeren Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler und in gleicher
Weise auch an die Studierenden
unserer Universität - gerne wiederhole: Lassen Sie Ihrer Phantasie
und Ihren Wünschen freien Lauf
und schlagen Sie Projekte vor, die
entweder erst in 2010 realisiert
werden sollen, oder fortlaufend
bis 2010 in ihren Entwicklungsschritten der Öffentlichkeit bereits
vorgestellt werden können wie
Vorträge, Tagungen, Ausstellungen
und bis zur Entscheidung in Brüssel 2005 besonders geeignet sind,
das Bewerbungskonzept zu veranschaulichen.
BUS: Welche Themen, welche
Formen, welche Kooperationen
passen zu dem vom Intendanten
Martin Heller noch ganz vorsichtig
skizzierten Bewerbungskonzept?
Michael Müller: Hier mache
ich nur ungern Vorgaben. Ganz
im Gegenteil: Thematisch ist das
Feld der Projektideen völlig offen.
Wobei ich gleich ein mögliches
Missverständnis ausräumen möchte. Wenn wir uns z.B. nur leiten
ließen von der von der EG zusammengestellten „Liste mit Planungsund Evaluierungskriterien“ für die
Programme der zur Kulturhauptstadt erklärten Städte, dann wären
so gut wie alle natur- und ingeni-
eurswissenschaftlichen Fachbereiche und Studiengänge nicht mit
im Boot. Es gibt Spannenderes
und nicht minder Brisanteres, als
sich mit der kulturellen Bedeutung
naturwissenschaftlicher Forschung
und ihrer Ergebnisse auseinanderzusetzen. Sie sichtbar zu machen,
wie es das Universum bisher mit
so großem Erfolg unternimmt?
Welchen Einfluss hat die Informatik auf die zukünftige Nutzung
und damit auch die Kultur unserer
Städte? Welche Auskunft kann
uns die Kognitionswissenschaft
über die Wahrnehmung und Aneignungsformen urbaner Räume
geben? Das sind einige Fragen,
die ich als Kulturwissenschaftler
habe und schon gar nicht ohne die
Naturwissenschaften bearbeiten
könnte.
BUS: Gibt es bereits Vorschläge?
Finden Vernetzungen – auch mit
nichtuniversitären Institutionen
der Stadt - statt? Können sich die
grenzüberschreitenden Projekte,
die das neue Europa symbolisieren, aus vorhandenen Kooperationen mit unseren Wissenschaftspartnerschaften in Gdansk und
Riga entwickeln?
Michael Müller: Ja, es gibt bereits Vorschläge. Solche, die sich
für uns im Koordinationsgremium
bereits vernetzen lassen oder
selber bereits auf Vernetzung hinweisen. Hier sind es einmal stark
audiovisuell und multimedial
grundierte Projekte, an denen neben Wissenschaftlern auch Künstler und Kultureinrichtungen der
Stadt beteiligt sind. Dabei spielt
der Aspekt der digitalen Speicherung und der Sichtbarmachung des
Unsichtbaren eine verschiedene
Gegenstandesbereiche verbindende Rolle. Auch gibt es Kooperationen der Uni und der Hochschulen
mit Verbänden und Behörden, den
hiesigen Museen und Architekten.
Was es noch nicht gibt, das sind
zu zentralen Themen zusammengefasste Projekte, wenngleich sich
einige bereits abzeichnen.
Zu den Kooperationen mit
Gdansk und Riga kann ich nur soviel sagen. Hier sollten unbedingt
Gesprächen von den Kolleginnen
und Kollegen angeregt werden, die
in beiden Städten bereits Kooperationspartner haben. Unabhängig
davon werden wir Projekte entwickeln müssen, die sich unter dem
Aspekt der „Förderung des Dialogs
zwischen den europäischen Kulturen“ um eine Integration der beiden Partnerstädte bemühen.
BREMER UNI-SCHLÜSSEL
Nr. 74 · Juli 2003
Neues aus dem Akademischen Senat
Am 18. Juni tagte der 19.
Akademische Senat (AS) zum
letzten Mal. Nach Gremienwahlen Ende Juni wird sich für
die Sitzung am 16. Juli der 20.
Akademische Senat mit neuer
Besetzung zusammenfinden.
Bei Sekt oder auch Orangensaft
bedankte sich Rektor Wilfried
Müller für die geleistete Arbeit.
Zustimmend zur Kenntnis genommen hat der AS den Rechenschaftsbericht des Rektorates
2002 und den Tätigkeitsbericht
des Zentrums für feministische
Studien. Für das Konzept eines
Studienkontenmodells hat der
AS mehrheitlich (12:3:4) Grundprinzipien zugestimmt, nach
denen der Studienfortschritt
mit Creditpoints bewertet, der
gebührenfreie Zeitraum mit der
1,5-fachen Zeitspanne der jeweiligen Regelstudienzeit festgelegt
wird und eine Verlängerung um
1 – 2 Semester unter besonderen Umständen gewährt werden
kann. Ein Studienwechsel im
ersten Studienjahr wird nicht
auf die Gesamtdauer angerechnet, und wer vor Ablauf der maximal gebührenfreien Studiendauer sein Examen ablegt, erhält
pro gespartem Semester ein Cre-
ditpoint-Guthaben, das – nach
erfolgreichem ersten Examen
– für Weiterbildungsangebote
oder Zweitstudien eingesetzt
werden kann. Das Leistungsangebot des Fremdsprachenzentrums der Hochschulen im Lande
Bremen (FZHB) wird nach Beschluss des AS ab Wintersemester 2003/2004 verändert: Das
FZHB zieht sich aus der sprachlichen Ausbildung der Fächer
zurück, soweit sie dort Teil des
fachlichen Curriculums ist. Die
Fachbereiche 8, 9 und 10 sind
von dieser Änderung besonders
betroffen. Kostenfreie Sprachangebote im Gesamtumfang von
maximal acht Semesterwochenstunden werden für folgende
Studierende vorgehalten: Outgoings (Studierende, die einen
Antrag auf ein Erasmus- oder ein
anderes Auslandsstipendium
gestellt haben bzw., einen individuellen Studienaufenthalt im
Ausland oder einen Praktikumsplatz im Ausland nachweisen).
Bei Incomings und Outgoings
handelt es sich um ausländische
Programmstudierende und Studierende der internationalen
Studiengänge sowie Studierende
des Zweiten Bildungswegs. Mehr
unter www.as.uni-bremen.de. AB
Seite 5
Besuch vom Dickinson College:
Alte Kontakte neu belebt
Freuen sich bereits heute auf ein gemeinsame Fest 2005: William G. Durden, Präsident vom Dickinson College,
Sabine Broeck, Konrektorin für Internationales, und Uni-Rektor Wilfried Müller.
Von C nach W – neue
Besoldung für Professoren
Neue C 2 bis hin zu den begehrten C 4- Professuren wird
es ab 1. Juni 2003 nicht mehr
geben, alle neuen Professorinnen
und Professoren der Universität
werden nach W 1, W 2 oder W 3
eingestuft.
Die Änderung im Bundesbesoldungsgesetz ist wesentlicher Teil
der Gesamtreform des deutschen
Hochschulwesens, zu der auch die
Neugestaltung der Studienstruktur, die Einführung leistungsorientierter Hochschulfinanzierung, die
Evaluation der Leistungen in Forschung und Lehre, ein modernes
Hochschulmanagement und die
Vergabe international kompatibler
Abschlussgrade gehört.
Eine wesentliche Neuregelung
in der Bezahlung für die Professoren und Professorinnen beinhaltet,
daß die Gehaltssteigerungen nun
stärker durch Kriterien bestimmt
werden, die die Leistungen und
das Engagement innerhalb der Institution bewerten.
Mit der deutlich leistungsorientierteren und wettbewerbsbezogenen W-Besoldung sollen – so der
Gesetzgeber - Gehaltssteigerungen
unabhängig von Berufungs- oder
Bleibeverhandlungen möglich
werden. Eine gerechtere Bezahlung, ein Reagieren auf den
vorhandenen Wettbewerb mit
ausländischen Universitäten und
der Industrie bei der Gewinnung
von Nachwuchswissenschaftler/
innen und Professoren/innen sind
die Vorteile, die mit dem neuen
System verbunden sein sollen. Ob
dies tatsächlich so eintritt, muss
die Praxis noch beweisen.
Mit jedem Wechsel an eine andere Hochschule wechseln Wissenschaftler spätestens ab 1. Januar
2005 bundesweit von der C- in die
W-Besoldung. In der eigenen Uni
haben sie die Option, sich weiterhin nach altem Muster bezahlen
zu lassen, aber sie besitzen nicht
mehr die Möglichkeit, Gehaltszulagen - zum Beispiel bei Bleibeverhandlungen - zu erreichen.
Die Besoldungsgruppe W 1 orientiert sich an C 1 und C 2 und ist
Juniorprofessor/innen vorbehalten. Die Besoldungsgruppe W 2
orientiert sich an C 2 und C 3 und
W 3 an der bisherigen C 4 Besoldung. In beiden Gruppen setzt sich
das Gehalt aus einem Mindestbetrag und variablen Bestandteilen
zusammen. Das Mindestgehalt,
unabhängig vom Alter, ist ein fixer
Betrag, während die zusätzlichen
Komponenten eine nicht genau zu
beziffernde Bandbreite bieten.
Die Festlegung der universitätsinternen Kriterien für die
variablen Gehaltsbestandteile, die
befristet und unbefristet vergeben
werden, bewegen sich in den Bereichen Leistungen in Lehre und
Forschung, Studienbetreuung,
Förderung des wissenschaftlichen
Nachwuchses und Übernahme von
besonderen Funktionen. Kanzler
Kück informierte den Akademischen Senat darüber, dass zur
Zeit in einer Arbeitsgruppe von
Mitgliedern des Rektorats und des
AS - gemeinsam mit dem CHE - ein
Entwurf für eine entsprechende
eigenständige Verordnung der Vergaberegelungen erarbeitet und in
der Juli-Sitzung dem neuen Akademischen Senat vorgestellt wird. AB
Neue Ideen, die den Kooperationsvertrag zwischen der Universität Bremen und dem Dickinson
College erweitern und vertiefen,
wurden während eines zweitägigen Besuchs des Präsidenten
William G. Durden in Bremen
diskutiert. 18 Jahre erfolgreiche
Partnerschaft, darüber waren sich
der amerikanische Gast, Rektor
Wilfried Müller und die Konrektorin für Internationales Sabine
Broeck einig, sollen fortgesetzt
und ausgebaut werden. Das International Office hat dieses Jahr
eigens Mittel ausgeschrieben, um
neue Initiativen der Fachbereiche
für die Weiterentwicklung der
Dickínson Kooperation zu unterstützen. Gefördert wird daraus im
nächsten Jahr ein gemeinsames
Seminar in Carlisle im Bereich Woman Studies. Über 300 Dickinson
Studierende haben sich in den
vergangenen Jahren im Rahmen
der verschiedenen Austauschprogramme an der Universität Bremen
aufgehalten. Dafür dürfen jedes
Jahr zwei Bremer Studierende am
Dickinson College studieren. Das
sind begehrte Plätze. Für 2005
haben die Präsidenten der Universitäten verabredet, die fruchtbare
Kooperation mit einem großen
Fest in Bremen zu würdigen.
Dr. Renate Schönhagen (I0)
Wyoming: Schülerinnen gewinnen
mit „Samizdat“ den 1. Preis
Zwei amerikanische Schülerinnen aus dem Bundesstaat Wyoming gewannen in ihrer Heimat
einen Schülerwettbewerb - mit
Hilfe der Ausstellung "Samizdat"
von der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen.
Danielle Brown und Macy Carman, beide zwölf Jahre alt, gehen
in Casper, Wyoming zur Schule.
Den Staats-Geschichtswettbewerb wollten sie gewinnen – so
ihr ehrgeiziges Ziel. Im Internet
recherchierten sie nach einem
spannenden Thema und landeten
zufällig auf den Internet-Seiten der
Forschungsstelle Osteuropa der
Uni Bremen. Hier wurden sie auch
schnell fündig: Die Ausstellung
über geheime Untergrund-Materialien in ehemals sozialistischen
Ländern (Samizdat), die bereits in
Berlin, Prag und Brüssel gezeigt
wurde, klang spannend.
Danielle und Macy schickten
umgehend eine E-Mail an Wolfgang Schlott, Historiker von der
Forschungsstelle, mit Bitte um
Unterstützung und Zusendung
von Materialien. Nach einigen Telefonaten und E-Mails waren alle
Fragen geklärt und die Mädchen
begannen an ihrer „eigenen Samizdat“ -Ausstellung zu arbeiten.
Ihr Ziel haben sie erreicht: Danielle und Macy haben mit ihrer
Arbeit den 1. Preis des BundesSchulwettbewerbes Wyoming
gewonnen. Zur Belohnung dürfen
sie an der „National Competition“
in Washington teilnehmen – und
auch hier steht schon fest: Den National-Wettbewerb wollen sie ebenfalls gewinnen. Das Thema ihrer
neuen Arbeit: Samizdat - Berichte
von Zeitzeugen!
Samizdat ist ein komplexes
Thema, das zahlreiche Forschungsansätze beinhaltet. Geheime
Literatur, verbotene Bilder und
Theaterstücke – dies alles ist Samizdat. Der Begriff Samizdat kommt
aus dem Russischen und meint
alle literarischen Texte, Dokumente der Menschenrechtsbewegung
und Werke der bildenden Künste, die jenseits der staatlichen
Zensur in den sozialistischen
Ländern verbreitet wurden. Die
Forschungsstelle Osteuropa hat
in den vergangenen Jahren ein
weltweit anerkanntes Archiv an
Samizdat zusammengetragen.
Die Bestände dieser mehr als
100.000 Dokumente umfassenden
Sammlung stammen zum Teil aus
Nachlässen bekannter russischer
Persönlichkeiten wie etwa Lew Kopelew. Danielle und Macy wollen
der Frage nachgehen, warum die
(politischen) Künstler – trotz des
Risikos hoher Gefängnisstrafen
– weiterhin geheime Literatur und
Kunstwerke geschaffen haben und
warum sie von der Wichtigkeit ihres Handelns so überzeugt waren?
Zur Zeit sind die beiden Schülerinnen dabei, mit Dissidenten
Kontakt aufzunehmen - mit Unterstützung der Forschungsstelle:
Wolfgang Schlott nutzt seine guten
Verbindungen, um den Mädchen
bei der Kontaktaufnahmen etwa
mit Vaclav Havel zu helfen. Der
Wettbewerb endet im August 2003.
Der Bremer Wissenschaftler: „Die
beiden Mädchen sind mit ganzem
Herzen dabei. Man darf auf das
RO
Ergebnis gespannt sein“!
B REMER UNI -SCHLÜSSEL
Seite 6
Nr. 74 · Juli 2003
Momente aus einem erfolgreichen Semester des Uniorchesters
30. April 2003: Carl Orff, Carmina Burana. Ein umjubeltes Konzert in der
bis auf den letzten Platz ausverkauften Glocke vom Orchester der Universität
zusammen mit dem erst Ende Februar eigens für dieses Konzert neugegründeten Projektchor unter Leitung der Universitätsmusikdirektorin Susanne
Gläß.
Foto: Axel Schmidt
60 Mitglieder des für Carmina Burana gegründeten Projektchores wollten
auch im Sommersemester weiter zusammenarbeiten und führen in drei Konzerten bereits Anfang Juli J.S.Bachs Motette „Komm, Jesu, komm!“ auf.
Foto: Axel Schmidt.
Das Orchester der Universität
Bremen beschloss die Arbeit des
Sommersemesters mit zwei Konzerten gemeinsam mit dem Orchester der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg. Auf dem Programm standen die Uraufführung
der Komposition „Der Mythos des
Sisyphos“ für großes Orchester
von Johannes W. Schäfer (Bremer
Orchester) und Ouvertüren und
Arien von Weber, Verdi und Mozart (Oldenburger Orchester). Es
sang der Oldenburger Bassist Hans
Werner Bramer. Zum Schluss vereinten sich beide Ensembles zu
einem über hundertköpfigen Orchester und ließen gemeinsam den
Garten des Hauses am Walde mit
Giuseppe Verdis Ouvertüre zu „Die
Macht des Schicksals“ erbeben.
Im Wintersemester wird der
für Carmina Burana gegründete
Projektchor gemeinsam mit dem
Orchester der Universität ein neues großes Projekt in die Tat umsetzen: die Aufführung von Johannes
Brahms’ Deutschem Requiem am
Mittwoch, 4. 2. 2004, in der Glocke. Brahms deutschsprachiges
Requiem hat eine enge Bindung an
Bremen, denn es wurde hier 1868
im Dom uraufgeführt. Brahms hat
die Texte selbst zusammengestellt;
entstanden ist ein undogmatisches
Werk mit überkonfessioneller Tendenz, in dessen Zentrum – bei aller Trauer über die Vergänglichkeit
der Trost steht. Probenbeginn ist
im Oktober - Pläne und Ansprechpartner für Interessenten finden
sich unter www.orchester.unibremen.de.
Frieden hören: mit Dieter Senghaas
Ein weltweit einmaliges Projekt
hat der Bremer Friedensforscher
Professor Dieter Senghaas realisiert: Zum Thema Krieg und
Frieden hat er klassische Musik
mit eigenen Kommentaren verbunden. Entstanden ist die CDRom „Frieden hören! Annäherung
an den Frieden über klassische
Musik“.
In 38 Hörbeispielen hat der renommierte Wissenschaftler Werke
von Komponisten der Vergangenheit und Gegenwart ausgewählt
und systematisiert und das Thema
Frieden in ihren Werken „hörbar“
gemacht. Seit jeher haben sich
Komponisten mit der Brutalität
des Krieges und der Hoffnung auf
Frieden auseinandergesetzt und
dabei zu ganz unterschiedlichen
Klängen des Friedens inspirieren
lassen. Dieter Senghaas stellte
eine außergewöhnliche thematische Breite fest: Sie reicht von der
Vorahnung des Unheils bis hin zu
Friedenssehnsüchten. Die Werke,
so Beethoven über sein „Missa
solemnis“, einem Höhepunkt in
der Friedensmusik, „kommen von
Herzen“ und sollen „wieder zu
Herzen gehen“. So entsteht eine
Seelenverwandtschaft zwischen
Komponisten und Hörern.
Zu jedem Hörbeispiel gibt der
Bremer Friedensforscher erläuternde Kommentare; so zum Thema
„Friedensphantasien“, die er mit
Musik von Georg Muffat, György
Ligeti, Wolfgang Amadeus Mozart
und Anton Bruckner verknüpft.
Andere Themen sind „Frieden als
politisches Projekt“ (Arnold Schönberg, Guillaume Dufay, Kurt Weill,
Georg Muffat, Béla Bartók), „Friedensvorstellungen“ (Johann Sebastian Bach, Jean-Philippe Rameau,
Alban Berg, Peteris Vasks, Frank
Martin, Olivier Messiaen, Richard
Strauss) oder „Kriegsdarstellungen
in realistischer und kritischer
Absicht“ (Ludwig van Beethoven,
Gustav Holst, George Crumb, Anton Webern, Arthur Honegger).
Insgesamt umfasst die CD drei
Stunden Musik, zweieinhalb
Stunden Erläuterungen sowie
Hintergrundmaterialien. Sie ist in
Zusammenarbeit von Uni Bremen,
Radio Bremen, dem Institut für
Friedenspädagogik und der Berghof Stiftung für Konfliktforschung
entstanden. Die CD (15,- Euro) ist
über das Institut für Friedenspädagogik, Corrensstr. 12 in 72076
Tübingen, E-Mail kontakt@frieden
spaedagogik.de zu beziehen.
SC
Johannes W. Schäfer:
Komponist, mehrfach
ausgezeichneter Jazzer, Kontrabassist im
Uniorchester, studiert
Musikwissenschaft
und Philosophie an
der Uni Bremen.
Der erfolgreich gestartete Unichor spielt 2004 mit dem Orchester zusammen
Brahms. Probenbeginn für Chor und Orchester ist im Oktober.
Reklam e (-ation): Die
Wahrheit wirbt zuletzt
Studierende des Studiengangs
Kulturwissenschaft haben eine
Ausstellung über Globalisierung
und Gegenöffentlichkeit zusammengestellt. Sie ist bis
Mitte Juli in
den Räumen der
Evangelischen
Studentengemeinde
zu sehen.
Werbung – täglich
werden die Menschen
mit 2.000 Werbeimpulsen konfrontiert,
einer unglaublichen
Menge suggestiver
Einflüsse, die wir
schon gar nicht mehr
bewusst wahrnehmen
können. Studierende
der Kulturwissenschaften an der Universität
Bremen haben sich in einem zweisemestrigen Projekt zum Thema „Globalisierung und Gegenöffentlichkeit“ mit der künstlerischen Verfremdung von
Werbebotschaften beschäftigt, dem
so genannten „Adbusting“, um
etwas Licht hinter die Fassade des
schönen Scheins zu werfen, der
die wa(h)re Welt verbrämt.
Unter fachlicher Anleitung der
Professoren Rainer Stollmann und
Bernd Bullwinkel entstanden Fotomontagen, Bilder, Toncollagen,
Videos und Objekte, die in
einer Ausstellung in
der Evangelischen
Studentengemeinde, Parkstar. 107
der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht
werden. Die
Ausstellung
ist an
Werktagen von
16:00 bis
19:00 Uhr,
an den Wochenenden
von 14:
00 bis 20:
00 Uhr (mit
Videovorführungen) geöffnet. Der
Eintritt ist
frei. Weitere
Informationen erteilt Holger Pinnow-Locnikar, Tel. 0177/7361736 oder
[email protected].
Bild: Die "Persilfrau" als Werbe-Galeonsfigur der Ausstellung.
BREMER UNI-SCHLÜSSEL
Nr. 74 · Juli 2003
1971 Traumtänze
Im Rahmen des Projekts „Medienästhetik“ im Studiengang
Kulturwissenschaft der Universität Bremen entstand unter
Leitung von Professor Reiner
Matzker eine 80-minütige Videoproduktion mit dem Titel
„1971 – Traumtänze“.
Der Film leistet in einer Zeit, in
der die Bedeutung des experimentellen Films drastisch nachgelassen
hat, auf dem Wege einer filmischen Neuorientierung einen nicht
ganz unerheblichen und bewusst
unkonventionellen Beitrag.
Die kurze Erzählung über Jugendliche im Alter von etwa 20
Jahren ist im Jahre 1971 in einer
westdeutschen Kleinstadt angesiedelt. Die Jugendlichen erleben hier
den Beginn ihrer Adoleszenz. Sie
haben ihre Träume, Wünsche und
Lebensansichten. Und sie müssen
erfahren, dass viele ihrer Perspektiven an den gegebenen Bedingungen scheitern.
Der Film formuliert diese Situation in einer Mischung aus realistischen und romantischen Bildern.
Seine realistischen Momente sind
den tatsächlichen Entwicklungen
der Figuren entnommen, seine
romantischen ihrem Versuch, diese Entwicklungen in irgendeiner
Form zu korrigieren.
Die Geschichte hat im herkömmlichen Sinn keinen Anfang
und kein Ende. Sie beginnt aus einem Lebensabschnitt heraus und
sie endet mit den Veränderungen,
die innerhalb dieses Lebensabschnittes bewirkt werden. Kein
wirklich sensationelles Geschehen
bestimmt das Erzählte, keine großartigen existentiellen Erfahrungen.
Es wird erzählt, was jedermann
kennt. Kein großer Spannungsbogen bestimmt den Verlauf der
Geschehnisse. Am Ende ist viel
passiert, aber nichts Neues.
Gerade aus seinem schlichten
und nichtspektakulären Verlauf
ergibt sich die Qualität des Filmstoffes. Reizvoll sind die abwegigen Phantasien, mit denen der
Hauptprotagonist Ingo versucht,
Marias Liebe zu verfestigen, die
Dialoge, die sich darüber entspinnen und letztlich der Versuch, die
Geschichte historisch um eine
Zeitspanne von dreißig Jahren zurückzuverlegen.
Der Film ist als experimenteller
Videospielfilm zu charakterisieren,
als eine halbdokumentarische,
historisch angelegte und tragischkomische Charakterstudie, die,
obgleich sie keine politischen oder
ernsthaft psychologischen Inhalte
vermittelt, subjektorientiert Aussagen über soziale und politische
Entfremdungsphänomene transportiert.
Er experimentiert mit den
Gefühlen von Individuen der
heutigen Zeit, die sich mit den
Gefühlen der Jugendlichen von
damals konfrontiert sehen. Dokumente aus den frühen siebziger
Jahren, Tagebuchaufzeichnungen und Aufzeichnungen von
Tonbanddialogen sind in die
Erarbeitung des Drehbuchs eingeReiner Matzker
flossen.
Seite 7
Mit einem Kinderfilm Eintauchen ins Korallenriff
Wie es wohl wäre, ein Fisch
zu sein? Der Film "Abenteuer im
Korallenriff", produziert am Zentrum für Marine Tropenökologie,
möchte Kindern die Welt der Korallenriffe näher bringen.
Die Idee entstand in Jordanien,
am Roten Meer. Mark Wunsch,
Ökologe und Filmproduzent,
untersuchte hier das verwinkelte
Höhlensystem der Korallenriffe.
Um die Höhlenbewohner aufzustöbern, entwickelte er eine winzige,
schlauchartige Kamera. Die hätte
er am liebsten einer Muräne auf
den Rücken geschnallt, um in die
hintersten Nischen vorzudringen.
Was real jedoch kaum umzusetzen ist, ermöglicht die Fantasiewelt des Films. Zur Größe eines
Korallenfisches geschrumpft,
tauchen zwei Kinder in eine Welt
der Fangtentakel und feinmaschigen Kiemen, spitzen Scheren
und schillernden Schuppen. Mit
spielerischer Neugier begegnen sie
den skurrilen Lebensformen im
Riff. Doch bald holt sie der Alltag
eines Riffbewohners ein, und der
ist nicht ohne Gefahren. Denn hier
lauern hungrige Muränen, grimmige Skorpionsfische oder Riesenmuscheln, die sich alles einverleiben,
Entsetzen bei Jobena: Denn auch Gefahren bietet die Wunderwelt unter Wasser.
was ihnen zwischen die Kiemen
kommt.
Verschiedene Aufnahmereisen
nach Aqaba in Jordanien lieferten
die Riffaufnahmen. Die Kinder
hingegen tauchten im Hallenbad
von Worpswede. Mit der Blue Box
Methode konnten die Aufnahmen
montiert werden. „Wir mussten
dazu einen Teil des Beckens mit
blauer Plane auslegen - zur großen
Verwunderung der Badegäste“, erinnert sich Mark Wunsch.
Ein Anliegen des ZMT ist es,
seine Forschung in tropischen Küstenregionen für die Allgemeinheit
verständlich darzustellen. Der Film
ist ein weiterer Schritt in diesem
Bemühen. Hauptförderer ist der
Stifterverband für die Deutsche
Wissenschaft, der das Projekt im
Rahmen des PUSH-Programmes
auswählte. Am 10. Mai, Tag der
offenen Tür, feierte der Film am
Zentrum für marine Tropenökologie Premiere - mit großem Erfolg.
Dr. Susanne Eickhoff
Untermeerischer Canyon:
“Wie ein Fluss unter Wasser!“
Auf ihrer Mai-Expedition mit
dem Forschungsschiff „Meteor“
machten Bremer Wissenschaftler
des DFG-Forschungszentrums
Ozeanränder eine sensationelle
Entdeckung: Vor der Küste Mauretaniens stießen sie auf einen
riesigen untermeerischen Canyon
von phantastischer Gestalt. In
vielen Mäandern schlängelt er
sich von der flachen Küste über
eine Distanz von mehr als 200
Kilometern bis weit hinaus Richtung atlantische Tiefsee.
Der nach einem Küstenvorsprung neu benannte „Cap Timiris
Canyon“ wurde gleich zu Beginn
der Expedition auf etwa 19 Grad
nördlicher Breite entdeckt. Dabei
war die Überraschung groß: „Selbst
auf neuesten Karten war dort, wo
wir auf den Canyon stießen, bislang nur großflächig ebener Meeresboden verzeichnet“, berichtet
Prof. Horst Schulz. Der Bremer Geowissenschaftler änderte deshalb
das Forschungsprogramm, um das
Schluchtensystem am Meeresboden kartografisch zu erfassen. Eine
gute Woche später war das Bild
nahezu komplett.
„Der ´Cap Timiris Canyon`
erinnert in vieler Beziehung an
den Rhein“, erläutert Schulz.
„Es sieht auch aus, wie ein Fluss
unter Wasser.“ Am Fuß des Kontinentalhangs, also dort, wo der
afrikanische Kontinent in 3.000
Metern Wassertiefe in die Tiefsee
übergeht, ist er etwa zwei bis drei
Kilometer breit und schneidet
sich etwa 300 Meter tief in seine
Umgebung ein. Ähnlich wie Rhein
oder Mosel weist der Canyon viele
Mäander auf. Diese „Flussschlingen“ sind Teil der Entstehungsgeschichte eines solchen Canyons,
die in vielen grundsätzlichen
Details bisher noch nicht wirklich
verstanden ist.
Seismische Untersuchungen
des tieferen Untergrunds belegen,
dass der Canyon - wie der Rhein
- seit mindestens zehn Millionen
Jahren ortsfest ist. Auf den Bildern vom Meeresboden konnten
die Wissenschaftler des Bremer
Forschungszentrums erstaunliche
Details erkennen: Neben den Mäandern auch abgeschnittene Altarme, vielfältige Verzweigungen, den
Wechsel von steileren zu flacheren
Canyonbereichen, aber auch Uferwälle am Canyonrand. Auch die gesamte Länge ist durchaus mit dem
Rhein vergleichbar, denn zu den
jetzt untersuchten gut 200 Kilometern kommen noch mindestens
500 bis 600 unbekannte Kilometer
(„Luftline“) auf dem Weg bis in die
Tiefsee hinzu.
Die noch an Bord der „Meteor“
vorgenommenen Untersuchungen
deuten darauf hin, dass Ablagerungen am Meeresboden im Bereich
des Kontinentalhangs mobilisiert
und in großen Mengen in die Tiefsee verfrachtet werden. Der „Cap
Timiris Canyon“ spielt bei diesen
Transportprozessen offenbar eine
Schlüsselrolle. Etwa zehn Meter
lange Sedimentkerne, die aus
dem Meeresboden am Grund des
Canyon ausgestochen wurden,
untermauern diese Vermutung.
Sie zeigen, dass immer wieder
Trübeströme - eine Mischung aus
Wasser und Sediment - in Richtung
Tiefsee fließen. An einem der Kerne konnten die Wissenschaftler
erkennen, dass in nur gut neun
Meter Canyonboden 33 dieser
sedimentbeladenen Trübeströme
dokumentiert sind. Die Ströme
wälzten sich im zeitlichen Abstand
von jeweils nur wenigen Jahren
durch den Canyon am Kontinentalhang abwärts.
„Eigentlich ist es kaum zu glauben, dass auf unserem Planeten
noch so große, bislang unentdeckte
Objekte zu finden sind“, resümiert
Prof. Horst Schulz. „Wir sind schon
jetzt gespannt, was die weiteren
Analysen des von der Expedition
mitgebrachten Materials ergeben.“
Albert Gerdes
Vorbereitungen zu den geophysikalischen Untersuchungen auf dem Achterdeck von METEOR (Foto: Albert Gerdes,
DFG-Forschungszentrum Ozeanränder).
B REMER UNI -SCHLÜSSEL
Seite 8
Nr. 74 · Juli 2003
Lebenslauf eines Protokolls
- vom Aktenstück zur Archivalie
Existenzgründer
gesucht…
Vom 9. - 11. Mai 2003 fand in
Bremen zum zweiten mal der „Tag
der Archive“ statt. An ihm stellen
sich Bremer Archive unterschiedlichster Richtung und Ausstattung
der Öffentlichkeit vor, zeigen ihre
Das NETZ Technologiezentrum
– mitten im Herzen des GewerbeParks A27 in Heilshorn – ist durch
seine attraktiven Büroflächen und
kommunikative Infrastruktur für
Existenzgründer und junge, innovative Unternehmen interessant
– auch für kreative Köpfe aus der
Uni Bremen.
Räume, berichten über ihre Arbeit
oder graben ihre Schätze aus. Auch
das Zentrale Archiv der Universität
Bremen hat sich am „Tag der Archive“ beteiligt und am 9. Mai seine
Türen für Interessierte geöffnet.
Eine bildliche Darstellung, die im
folgenden dokumentiert ist, informierte die Besucher über die Arbeitsschritte in einem Archiv und
über den Weg, den ein Dokument
durchläuft. Zentrales Archiv
Die Reden sind gehalten, die Resolutionen beschlossen - ein Dokument
ist geboren. Titelblatt des Protokolls
des Gründungssenats (GS) für die
Universität Bremen vom 22. Oktober 1969 im Rathaus Bremen - zwei
Jahre vor Gründung der Universität.
(1, rechts)
Der Name ist Programm. NETZ:
Das bedeutet vor allem starke
Entwicklungspartner, Beratungen,
Schulungen und Weiterbildungen
vor Ort für alle Existenzgründerinnen, Existenzgründer und
wachstumsorientierte Unternehmen. Das Zentrum dient als Basis
und erstes Zuhause für junge
Unternehmen. Modernste Büroinfrastrukturen und flexible Büroflächen stehen den Mietern zur Verfügung. Der Standort des NETZ im
GewerbePark A 27, Sachsenring 11
in Heilshorn, liegt zentral zu allen
strategisch wichtigen, norddeutschen Wirtschaftsstandorten.
Wichtig sind das starke Netzwerk und Dienstleistungen hinter
dem NETZ. Finanzdienstleister,
regionale Wirtschaftsförderung,
Unternehmensverbände, wissenschaftliche Institute, Universitäten
Die erste Heimstatt: Der Aktenordner. Anlegen eines Aktenordners für
die GS-Protokolle in der Geschäftsstelle des Gründungssenats. (2)
Umzug ins Paradies der bits und
bytes: Aufnahme und Bearbeitung
des Protokolls mittels der Archivsoftware AIDA. Auszug aus dem
Aktentitel. (3)
Auf dem Weg zur Unsterblichkeit:
Entfernung der vergänglichen Elemente. (4)
Der säurefreie Sakropharg. Rip - resquiescat in pacem. (6)
In der Grabkammer: Zugang nicht
nur für Räuber. (7)
Kooperation mit der
Wirtschaft in der Lehre
Wissenschaftliche Weiterbildung für Führungskräfte bietet
der neu eingerichtete Studiengang
„Leadership and Organisational
Development“. Berufsbegleitend,
gebührenpflichtig und nah an der
Praxis im eigenen Unternehmen
werden den bis zu maximal 20
Teilnehmern in vier Semestern
wichtige Kenntnisse und Fähigkeiten zur Führung von Mitarbeitern und zur Entwicklung von
Prozessen, also Kompetenzen in
den sogenannten Soft skills vermittelt. Gemeinsam mit Firmen
der Region haben drei Professoren
aus den Fachbereichen Wirtschaftswissenschaft (Professor
Poddig), Produktionstechnik
(Professor Heeg) und Human- und
Gesundheitswissenschaften (Professorin Volmerg, Arbeits- und
Organisationspsychologie) das
Pilotprojekt entwickelt. Langfristig, das signalisiert schon der
englischsprachige Name, soll der
Studiengang mit dem Abschluss
Master of Leadership and Organisational Development international ausgerichtet werden. Weitere
Informationen gibt es im Internet
unter www.master-leadership.unibremen.de und in der Transferstelle für Management und Organisationsentwicklung, TIPS, Tel.
0421-218-2149; E-Mail: [email protected].
AB
Vorschläge zur Lösung
der Ausbildungskrise
Jazubi: Die Anzeigenkampagne für mehr Ausbildungsstellen
zeigt, der Lehrstellenmarkt in
Deutschland befindet sich in
einer schwierigen Lage. Der
Bildungsexperte Felix Rauner,
Professor am Institut Technik
und Bildung (ITB) der Universität Bremen, hat dazu für die IG
Metall Baden-Württemberg ein
Gutachten erstellt und Lösungsvorschläge unterbreitet.
Die Ingredenzien für die Einbalsamierung: Weizenstärke, Naturwolle
und reine Chinaborsten (5)
DAAD-Preis
Wieder einmal werden hervorragende internationale Studierende
der Universität Bremen gesucht.
Alle Professorinnen und Professorenen sind daher aufgefordert,
ihre Nominierung einzureichen.
Jedes Jahr verleiht der Deutsche
Akademische Austauschdienst
(DAAD) den mit 800,- Euro dotierten DAAD-Preis. Studierende, die
sich durch exzellente Leistungen
oder bemerkenswertes soziales, gesellschaftliches oder hochschulinternes Engagement hervorgetan
haben, können nominiert werden.
Vorschläge sind im International
Office der Universität Bremeneinzureichen. Fragen beantwortet
Beate Heitzhausen, International
Office, Tel. 218 - 4764, E-Mail:
[email protected].
Beate Heitzhausen
und Hochschulen sowie Politik
und Zentrums-Management sollen
den jungen Unternehmen helfen,
sich im Markt zu positionieren.
Ein innovatives Produkt findet
seinen Markt. Das NETZ bietet
den Mietern Unterstützung bei
der Gründung an, aber auch um
sich auf dem Markt zu positionieren und dort zu wachsen. Das
Netzwerk verhilft zu schnellen
Kontakten und ersten Gesprächen,
und sorgt für Weiterqualifikationen auf allen Ebenen. Gute Finanzierungskonzepte sichern zudem
die Grundausstattung zum Erfolg.
Kommunikation und Synergien
werden gefördert.
NETZ ist eine Initiative des
Landkreises Osterholz, der Stadt
Osterholz-Scharmbeck, der Gemeinde Schwanewede, der Kreissparkasse Osterholz, der Volksbank
eG und der ExperConsult.
Wenn Uni-Angehörige Interesse
haben, steht für ein detailliertes
Gespräch sowohl zur Vermietung
als auch zur Unternehmensgründung Lars Koch zur Verfügung. Er
ist zu erreichen unter Tel. 04795
- 957-0, Mobil: 0175 575 96 95 oder
E-Mail: [email protected].
SC
Seither hat Felix Rauner an zahlreichen Tagungen und Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet
teilgenommen und seine Vorstellungen erläutert. BUS stellte ihm
drei Fragen.
BUS:. Wie dramatisch ist die
Lage auf dem Lehrstellenmarkt
tatsächlich?
Rauner: Es fehlen weit über
100.000 Ausbildungsplätze, in
Deutschland werden mehr als zwei
Drittel aller Ausbildungsplätze
staatlich finanziert und subventioniert oder von öffentlichen
Bildungsträgern bereit gestellt. 24
Prozent der Jugendlichen gelten
nach der PISA-Untersuchung als
Risikogruppe, das heißt, sie sind
der Berufsausbildung nicht oder
nur unzureichend gewachsen.
BUS: Welche Vorschläge machen Sie, um die Lehrstellen-Krise
in Deutschland in den Griff zu
bekommen?
Rauner: Ich schlage ein 7-Punkte-Programm zur Lösung der Lehrstellenkrise vor. Dieses Programm
umfasst: 1. Die Einführung offener
dynamischer Kernberufe zur Erhöhung der lokalen Gestaltungsmöglichkeiten bei der Ausschöpfung
betrieblicher Ausbildungspotenziale. 2. Die Reduzierung des Prüfungsaufwandes und Einführung
einer ausbildungsunterstützenden
Prüfungskonzeption. 3. Praxisbezogene Berufsbildungspläne. 4.
Den Abbau und Umbau der Ausbildung in Lehrwerkstätten. 5. Die
Schaffung überbetrieblicher Ausbildungsfunktionen durch Ausbildungspartnerschaften. 6. Die Einführung der Vor-Lehre für einen
verbesserten Übergang von der
Schule in die Arbeitswelt. Und last
but not least 7. Die Verzahnung
der dualen Berufsausbildung mit
einer dualen Fachschulausbildung
BUS: Nehmen wir einen Aspekt
Ihres 7-Punkte-Katalogs heraus.
Warum sollen die Lehrwerkstätten
sich verändern?
Rauner: Lernpotenziale realer
Arbeitsprozesse wurden und werden arbeitspädagogisch weit unterschätzt. Es ist daher zu empfehlen,
das Lernen in inner- und außerbetrieblichen Lehrwerkstätten umzuwandeln in Service-Abteilungen, in
denen unter arbeitspädagogischen
Gesichtspunkten betriebliche
Aufgaben durch die Auszubildenden bearbeitet werden. Durch die
Rücknahme verschulter Formen
der betrieblichen Berufsausbildung
und ihre weitgehende Rückverlagerung in wertschöpfende Arbeit
können die Ausbildungskosten
deutlich gesenkt und zugleich die
Ausbildungsqualität erhöht.
BREMER UNI-SCHLÜSSEL
Nr. 74 · Juli 2003
Umweltmanagement vom
Uni-Baudezernat zertifiziert
Premiere für eine Hochschule:
Die Universität Bremen erhielt
jüngst die Zertifizierung für ihr
Umweltmanagement.
Erstmals ist damit an einer
Universität in der Bundesrepublik das Umweltmanagement des
für Technik und Bau zuständigen
Dezernats begutachtet und zertifiziert worden. Nach der Überprüfung durch einen unabhängigen
Umweltgutachter ist jetzt die
Zertifizierung nach DIN ISO 14001
erteilt worden. Dem Dezernat für
technischen Betrieb und Bauangelegenheiten der Uni Bremen wird
bestätigt, dass das Umweltmanagementsystem internationaler Norm
entspricht und höchsten Ansprüchen an Qualität und Kontinuität
im Umweltschutz genügt.
Mit der Zertifizierung durch Dr.
Hans-Peter Wruk ist ein umfangreiches Projekt abgeschlossen.
Unterstützt durch die HIS Hochschul-Informations-System GmbH
(Hannover) und gefördert vom
Bremer Senator für Bau und Umwelt sind alle umweltrelevanten
Prozesse und Daten im Dezernat
Technik / Bau der Universität sys-
tematisch erfasst, analysiert und
bewertet worden. Auf Grundlage
dieser erfassten Daten hat das
Baudezernat sich jetzt Umweltziele gesetzt, die mit konkreten
Umweltschutzmaßnahmen in
den nächsten drei Jahren erreicht
werden sollen. Weiterhin wurden
die Abläufe in einem Umwelthandbuch beschrieben, so dass
schädliche Umwelteinwirkungen
systematisch verringert werden
können. Beispiele für schon begonnene oder geplante Umweltschutzmaßnahmen im Dezernat Technik
und Bau sind der weitere Ausbau
des Energiemanagements durch
das Erfassen von Verbrauchsdaten,
die energetische Sanierung der
Staats- und Universitätsbibliothek,
die noch stärkere Berücksichtigung
von Umweltschutzaspekten bei
Bauvorhaben sowie die ständige
Weiterentwicklung des Umweltmanagementsystems. Mit der Zertifizierung des Dezernat Technik /
Bau ist dabei ein erster wichtiger
Schritt auf dem Weg zum Aufbau
und zur Zertifizierung eines Umweltmanagementsystems für die
gesamte Universität Bremen erreicht worden.
SC
Der scheidende Baudezernent Klaus Bergmann im Gespräch mit dem Umwelt-Gutachter Dr. Hans-Peter Wurk.
Neuer AS gewählt
Mit einer Wahlbeteiligung von
85,6% haben die Professor/innen
Lorenz Böllinger, Annelie Keil,
Stefan Görres, Manfred Fahle,
Jürgen Gutowski, Bernd ScholzReiter sowie Hans Kloft in den
AS gewählt. Aus der Runde der
amtierenden Dekane werden
weitere fünf Vertreter und Vertreterinnen in den AS geschickt, so
dass insgesamt zwölf Mitglieder
aus der Professorenschaft im
höchsten Uni-Gremium vertreten
sind. Die vier Sitze für Akademische Mitarbeiter/innen wurden
mit einer Wahlbeteiligung von
20,8% an Gerhard Zacharias, Eva
Kammler, Birgitt Lutz-Kunisch
und Jens Lehmann vergeben. Die
studentische Wahlbeteiligung
von 8,4% verhalf Tim Cordßen,
Jan Fries, Stefanie Henneke und
Ann-Kathrin Godt in den AS.
23,7% der Sonstigen Mitarbeiter
wählten als ihre Vertreter erneut
Angela Wendt und Bernd Müller.
AB
Besser sitzen in
der Keksdose
Klagen über das unkomfortable
Sitzen in den beiden Hörsälen der
Keksdose hat es von Anfang an
gegeben. Nicht nur große Menschen mussten sich in die Sitzreihen zwängen. Doch das Ende
der Qual ist in Sicht, im nächsten
Sommer wird eine komplett neue
Bestuhlung in die beiden Hörsäle
eingebaut. Rückenfreundliche
Klappsitze aus lackiertem Buchensperrholz mit Sitzmulde, unterseitiger Akustikperforation und hoher
Rückenlehne werden die Studierenden dann zum Wintersemester
2004/2005 vorfinden. Bis sich
diese Alternative finanzieren ließ,
musste ein Rechtsstreit mit dem
Hersteller der jetzigen Sitzgelegenheiten gewonnen werden. Mit der
Schadensersatzsumme und einer
zusätzlichen Finanzierung aus dem
Universitätshaushalt kann nun die
dreimonatige Umbauzeit für die
Sommersemesterferien 2004 fest
eingeplant werden.
AB
Seite 9
Seit 25 Jahren: Erfolgreiches
Studieren nur mit „Onkel Walter“
Ruth Walter in Ihrem Edeka-Geschäft in der Uni-Glashalle.
Geistige Nahrung ist nicht alles. Zum Überleben benötigt der
Studiosus ebenso dringend Süßes
und Gesundes, Herzhaftes und
Flüssiges. Das alles finden die
Bremer Studierenden im Lebensmittelladen „Onkel Walter“ in der
Glashalle. Bereits seit 1978 sind
Walters vor Ort in der Uni – 25
Jahre Reelles für Akademiker;
aber auch 25 Jahre, in denen manches anders kam als erwartet.
„Wir haben damals unsere
beiden Edeka-Filialen in Walle geschlossen und wollten uns auf ein
Geschäft konzentrieren“, erinnert
sich Ruth Walter. Der ersten Laden
auf dem Uni-Campus wurde gegenüber der Mensa eröffnet, dort wo
heute das Career Center Absolventen und Studierende berät. „Wir
brauchten schon ein bisschen Zeit
um zu begreifen, dass das Uni-Leben anders ist. Und die Studenten
waren damals auch noch ziemlich
wild“. Die vorausgesagten Umsätze
blieben hinter den Erwartungen
zurück – und Helmut Walter wollte bereits aufgeben. Doch da hatte
er nicht mit dem Durchhaltevermögen seiner Frau gerechnet. „Ich
gebe nicht auf!“
Und so gewöhnten sie sich
schließlich aneinander: das Ehepaar Walter, die Studierenden, die
Angestellten und die Hochschullehrer. „Die Professoren sind sehr
zugänglich. Manche haben auch
mal gerne einen Stonsdorfer mit
meinem Mann getrunken. Die sind
da auch nicht abgeneigt“, lacht
Ruth Walter.
Weniger zum Lachen zu Mute
war ihr, als ihr Mann ganz überraschend starb – da schien sie
den Boden unter den Füssen zu
verlieren. Doch sie machte das
Geschäft nur kurze Zeit zu, auch
wenn sie in die alleinige Verantwortung erst hineinwachsen
musste. Mit Hilfe Ihrer jüngsten
Tochter hatte sie nach einiger Zeit
alles im Griff. „Ich habe gut daran
getan, nicht zu Haus in der Ecke zu
sitzen, sondern den Laden weiter
zu führen.“ Zu tun gab es genug.
Der Bau der Glashalle, der Umbau
des Zentralbereichs mit dem Boulevard bedeuteten für Ruth Walter
mit der weißen Schürze und dem
freundlichen Lächeln den zweimaligen Umzug. Einmal als Provisorium vom Boulevard ins GW 2 und
dann, im Jahr 2000, in die Glashalle, dem heutigen Domizil. „Das
war eine teure Angelegenheit. Da
habe ich viel Geld investiert, das
muss auch erst einmal verdient
werden.“
Das scheint zu gelingen, die
Schlangen im kleinen Laden belegen es. So hat „Tante Walter“
Personal eingestellt und kann es
mit ihren 62 Jahren etwas ruhiger
angehen lassen. Doch täglich steht
sie ab der Mittagszeit hinter der
Kasse, und das soll nach ihrem
Willen auch so bleiben. Insgeheim
hofft sie, dass ihre Tochter das Geschäft übernimmt. Bis dahin wird
noch Schokolade in Massen über
den Tresen gehen, Nervennahrung
für die gestressten Studierenden.
Aber das gefällt ihr. „Ich fühle
mich in der Uni richtig wohl“,
bringt Ruth Walter ihre Zufriedenheit auf den Punkt – und ein bisschen stolz ist sie auf 25 Jahre „Onkel Walter“ schon – zu Recht. SC
B REMER UNI -SCHLÜSSEL
Seite 10
Nr. 74 · Juli 2003
Ein Pilot-Projekt: Naturwissenschaften für Kinder
Naturwissenschaftliches Wissen lässt sich bereits im frühen
Kindesalter vermitteln. Im Pilotprojekt „Naturwissenschaften für
Kinder“ soll die Ausbildung von
Lehramtsstudierenden so verändert werden, dass die zukünftigen
Grundschullehrer keine Berührungsängste vor naturwissenschaftlichen Themen haben. Die
Hochschullehrerinnen Brunhilde
Marquardt- Mau und Hannelore
Schwedes, die das Projekt leiten,
stellen es für BUS vor.
Die mit dem Leitbild der Wissensgesellschaft verknüpften
Vorstellungen einer „scientific
literacy for all“ haben die Bedeutung einer naturwissenschaftlichen Grundbildung schon im
frühen Kindesalter herausgestellt.
Neugierde, Experimentierfreude
und das Erstaunen gegenüber
Phänomenen der belebten und
unbelebten Natur bringen Kinder
dafür als wichtige Voraussetzungen bereits mit. Neuere Ergebnisse
der entwicklungspsychologischen
Forschung legen zudem nahe, dass
schon Grundschulkinder in der
Lage sind, anschlussfähige wissenschaftliche (Vor)Konzepte aufzubauen und sich naturwissenschaftliche Sachverhalte verstehend zu
erschließen.
Diese günstigen Ausgangsbedingungen auf Seiten der Kinder
fallen jedoch in der Praxis des
Sachunterrichts vielfach ins
Leere: Themen aus den Natur
wissenschaften(insbesondere
Physik, Chemie) werden von den
Lehrkräften vermieden oder die
Lernprozesse der Kinder auf den
bloßen Nachvollzug vorgegebener
Sachverhalte in Arbeitsbögen reduziert. Befragte Lehrerinnen, Lehrer
und Studierende ordnen naturwissenschaftlichen Inhalten zwar
eine hohe Priorität zu; doch die
eigenen, häufig negativ geprägten
Vorerfahrungen mit dem naturwissenschaftlichen Unterricht und
unzureichende Kenntnisse tun
das ihre, um Naturwissenschaften
im Studium nicht auszuwählen
und auch in der späteren Praxis
zu vermeiden. Auf diesem Wege
besteht jedoch die Gefahr, dass
sich diese „Hemmschwellen“ auch
weiterhin reproduzieren und ein
grundlegender Bildungsauftrag des
Sachunterrichts nur unzureichend
wahrgenommen wird.
An dieser Stelle setzt das PilotProjekt „Naturwissenschaften
für Kinder“ mit seiner Leitfrage
an: Wie lassen sich die „Hemmschwellen“ der Studierenden bearbeiten, damit eine erfolgreiche
Lehrerausbildung für die naturwissenschaftliche Perspektive des
Sachunterrichts möglich wird? Anknüpfend an den Ergebnissen der
Interessenforschung und der scientific literacy Diskussion wurden
Module entwickelt. Diese sollen
die Vorerfahrungen der Studierenden aufgreifen, durch eigenes
Experimentieren und Praxiserfahrungen mit Kindern das Selbstvertrauen stärken und Kompetenzen
vermitteln sowie die individuelle,
kulturelle und gesellschaftliche
Relevanz der Naturwissenschaften
sichtbar werden lassen.
Wie die ersten Auswertungen
des inzwischen abgeschlossenen
Projekts zeigen, wurde von den
befragten vier Studierenden keines der Module als überflüssig
empfunden, einzelne Module in
der Bedeutsamkeit für den eigenen
Lernprozess jedoch unterschiedlich gewichtet: neben den biografischen und geschlechtsspezifischen
Zugängen und dem eigenen Experimentieren der Studierenden
waren vor allen Dingen die in der
"Planetenglibber" - so macht Naturwissenschaft richtig Spaß (Foto: Ilona
Rother).
Arbeit mit Kindern gewonnenen
Erfahrungen bedeutsam. Die anfänglich von den Studierenden
nicht erwartete Begeisterung und
das hohe Interesse der Kinder an
einem naturwissenschaftlichen
Sachunterricht, der das Entdecken
und Experimentieren ermöglicht,
haben offensichtlich nachhaltige
Spuren hinterlassen.
Wie manifest das „Vermeidungsverhalten“ der Studierenden naturwissenschaftlichen Inhalten gegenüber ist, konnten wir aber auch in
unserem Projekt an der Wahl der
Themen für die zu planenden Unterrichtseinheiten und der Begründung dafür ablesen. Ein Student:
„Ich habe Wetter gewählt, weil ich
mir etwas anderes nicht zugetraut
habe. Ich bereue diese Wahl jetzt,
denn ich hätte nicht gedacht, dass
man zu Themen wie „Elektrizität“
oder „Stoffe“ so interessante Unterrichtseinheiten gestalten kann.
Ich kann mir das aber jetzt vorstellen“. Veränderungen benötigen
offensichtlich Zeit.
Das Projekt "Naturwissenschaften für Kinder" wurde von den
Professorinnen Brunhilde Marquardt-Mau und Dr. Hannelore
Schwedes in Zusammenarbeit mit
den Lehrerinnen Angelika TolleHerlyn, Miriam Theiß und Babette
Wöckener durchgeführt.
Prof. Dr.
Brunhilde Marquardt-Mau
Biografisches Lernen: Vorerfahrungen (Kindheit, Schule)
der Studierenden mit Naturwissenschaften und Natur werden
dokumentiert, in Rollenspielen
bearbeitet und in den Kontext
der Forschungen zur geschlechtsspezifischen Sozialisation und
Interessenforschung gestellt.
Naturwissenschaften für Mädchen und Jungen (equity issues):
Modellprojekte haben gezeigt,
dass Mädchen und Jungen ein
unterschiedliches Interesse an
naturwissenschaftlichen Themen
besitzen und Vorwissen mitbringen, die ein erfolgreicher Unterricht berücksichtigen muss.
Was sind Naturwissenschaf
ten(nature of science, science
as inquiry): Das Lernen über
Naturwissenschaften befördert
offensichtlich auch das Erlernen naturwissenschaftlicher
Inhalte. Mit Fotodokumentationen zum Thema „Wo begegnen
uns Naturwissenschaften im
Alltag?“, Analysen von Lexika
und Schulbüchern zum Thema
“Naturwissenschaften“ und dem
Kennenlernen von Biografien
von Nobelpreisträgerinnen wird
die individuelle, kulturelle und
gesellschaftliche Relevanz der Naturwissenschaften greifbar.
Grundlegende naturwissenschaftliche Konzepte (unifying
concepts): Durch die Vermittlung
ausgewählter grundlegender naturwissenschaftlicher Konzepte
und das eigene Experimentieren
der Studierenden sollen das
Selbstvertrauen gestärkt und
Kompetenzen erworben werden.
Praxiserfahrungen - Entwicklung und Erprobung von Unterrichtseinheiten: Für die Planung
der Unterrichtseinheiten stehen
den Studierenden Themen wie
„Wetter“, „Schall“, "Elektrizität“
und „Stoffe und ihre Eigenschaften“ zur Auswahl.
Welche Bilder machen die Wirklichkeit?
Die Frage nach der Funktionsund Wirkungsweise von Repräsentationen stand im Mittelpunkt
der interdisziplinären Tagung
„Leitbilder, Selbstbilder, Optionen.
Konzeptionen soziokultureller Repräsentationen“, die das Zentrum
für feministische Studium Ende
März diesen Jahres veranstaltete.
In zwei jeweils unter gemeinsamer
Fragestellung stehenden Vortragsblöcken und drei Workshops
näherten sich Referentinnen aus
den Sozialwissenschaften und
Kulturwissenschaften der Frage,
wie Repräsentationen innerhalb
struktureller Machtgefüge politische und soziokulturelle Wirklichkeiten darstellen, produzieren
und reproduzieren oder auch
ausgrenzen. Zum Beispiel stellten
sie ihre Sichtweisen darauf vor,
wie bestimmte Formen der Repräsentation von Wirklichkeit durch
Leitbilder hergestellt und beeinflusst werden, wie sich dies auf die
Selbstbilder von Akteurinnen und
Akteuren auswirkt und diese wiederum Leitbilder verändern.
Am Beispiel der Plakataktion
„Familie Deutschland“, die 2001/
Macht dieses Bild die Wirklichkeit? Diskussion beim Workshop.
2002 von der Bundesregierung initiiert wurde, diskutierten Ines Seeger (Bundespresseamt), Marianne
Friese (Universität Lüneburg), Karin Gottschall und Irene Nierhaus
(Universität Bremen) mit mehr als
100 Zuhörerinnen und Zuhörern
auf einer öffentlichen Podiumsdiskussion, welche Leitbilder von
Familie durch die Plakataktion
mit welchen Mitteln transportiert
werden und in welchem Verhältnis
diese Bilder zu gesellschaftlichen
Realitäten stehen. An der Diskussion von offizieller Intention, Motiv-
wahl, Bildaufbau, politischem und
räumlichen Kontext dieser Kampagne ließen sich allgemeine Fragen
integrativer Leitbilder und ihrer
individuellen Aneignung veranschaulichen. Insgesamt wurde auf
der Tagung deutlich, dass Fragen
zu Repräsentationen von Wirklichkeit, gerade auch hinsichtlich des
Fokus auf Dar- und Herstellungen
von Geschlechtern für einen transdisziplinären Diskurs fruchtbar
gemacht werden können.
Astrid Vornmoor
Michaela Kuhnhenne
BREMER UNI-SCHLÜSSEL
Nr. 74 · Juli 2003
Seite 11
Funkhaus Europa: Das Radio für die globale Welt
Funkhaus Europa:
Was ist das?
Seit Mai 1999 sendet „Funkhaus Europa“ auf der Frequenz
UKW 96,7 MHz. Es ist eine Kooperation zwischen dem Westdeutschen Rundfunk und Radio
Bremen. Das Ziel: Ein internationales Programm für die globale
Welt vor Ort. Ein multikulturelles
Redakteursteam berichtet über alles, was Deutsche und Migranten
beschäftigt: kein einseitig nationaler Blick auf das multinationale
Leben im In- und Ausland. In der
Bremer Redaktion arbeiten zahlreiche Absolventen der Bremen
Universität. BUS besuchte drei
von ihnen im Sender von Radio
Bremen.
Menschen aus über 100 Nationen leben in Bremen: EU-Bürger,
Einwanderer aus der Türkei und
Marokko, Deutsche, Flüchtlinge,
Aussiedler, Gäste aus aller Welt.
Unser Alltag ist international, farbig und mehrsprachig geworden.
„Funkhaus Europa“ ist das Radio
für dieses neue Lebensgefühl. Ein
internationales Team aus Redakteuren, Moderatoren und Reportern sorgt jeden Tag für Einblicke
in das Zusammenleben zwischen
Rhein und Weser, zwischen Nordsee und Mittelmeer.
Das aktuelle Morgenmagazin
„Cosmo“ greift Themen auf, über
die Menschen zwischen Helsinki
und Lissabon an den europäischen
Frühstückstischen reden. Im Mittagmagazin „Piazza“ gibt es neben
aktuellen Informationen über das
Tagesgeschehen praktische Hilfen
für Einwanderer. „Verso“ schaut
sich jeden Nachmittag in europäischen Haupt- und Nebenstraßen
um und berichtet über die wichtigsten Ereignisse des politischen
Tagesgeschehens in Deutschland,
in Europa, in der Welt.
Was entsteht, wenn verschiedene Kulturen aufeinandertreffen,
zeigt „Funkhaus Europa“ auch
musikalisch. Gespielt werden
die Songs, die in den Metropolen
der Welt gehört werden: Rap aus
dem Senegal, Rock aus Brasilien,
Afrobeat aus Italien. Neben dieser
einzigartigen Musikfarbe im Tagesprogramm „Mondo Cannibale“
gibt es auch im Nachtprogramm
zahlreiche musikalische Spezialsendungen aus den Hauptstädten
Europas.
Zwischen 19:00 bis 22:00 Uhr
laufen Sendungen in unterschiedlichen Sprachen: Italienisch,
Türkisch, Südslawisch, Spanisch,
Französisch, Englisch (mit BBCNachrichten), Kurdisch, Polnisch,
Griechisch und Russisch.
Das „Funkhaus Europa“, eine
Kooperation zwischen dem Westdeutschen Rundfunk und Radio
Bremen, ist zu empfangen auf
UKW Bremen 96,7 MHz und UKW
SC
Bremerhaven 92,1 MHz.
Sertab Erener ist in der Bundesrepublik mit ihrem Siegerlied
„Everyway That I can“ im Grand
Prix Eurovision bekannt geworden. In den Musiksendungen vom
„Funkhaus Europa“ ist sie allerdings schon seit Jahren präsent.
„Wahrscheinlich haben wir den
Grundstein dafür gelegt, dass sie
den Grand Prix gewonnen hat“,
sagt Gülbahar Kültür augenzwinkernd. Sie ist Musikredakteurin
im Funkhaus und geht viermal
im Monat mit der zweistündigen
Musiksendung „Mondo Cannibale“
auf Sendung. „Wir spielen ethnisch
angehauchten Pop. Jedes Land hat
eine eigene Popkultur. Türkischer
Pop unterscheidet sich vom amerikanischen oder deutschen Pop.“
Im Funkhaus Europa wird die
Musik aufgelegt, die in den großen
Städten der Welt gehört wird. So
war es kein Zufall, dass Sertab
Erener ins Programm genommen
wurde; denn sie ist in der Türkei
schon lange ein Star.
Im „Funkhaus Europa“ wird
eine musikalische Klangfarbe
angemischt, die einmalig ist. Mainstream-Music nach deutscher Art
hat hier keine Chance. „Mondo
Cannibale“ bietet nicht das, was
andere bieten, wir bieten Neues,
aber eigentlich Selbstverständliches“, ist Gülhabar Kültür überzeugt. Seit ihrer Studienzeit an der
Uni Bremen interessiert sie sich
für Musik aus allen Kontinenten.
Als Discjockey auf internationalen
Festen hat Kültür Erfahrungen
gesammelt, die sie heute ins Funkhaus Europa mitnimmt.
Das Konzept des Musikprogramms gilt für alle Sendungen
von „Funkhaus Europa“. „Wir
machen zum einen ein Programm,
in dem sich die Selbstverständlichkeit des Zusammenlebens
wiederfindet und in dem zum
anderen der migrantische Blick
auf Deutschland und das Leben
hier nicht fehlt“, beschreibt Luigi
La Grotta das, was jeden morgen
in den Redaktionssitzungen vom
„Funkhaus Europa“ besprochen
und entschieden wird. Ebenso
wie Kültür ist er Ausländer der
2. Generation, aufgewachsen in
Deutschland mit Wurzeln in Süditalien. Nichts Ungewöhnliches:
ein Leben zwischen zwei Ländern,
zwischen unterschiedlichen Kulturen, so wie es in Deutschland
und ganz Europa millionenfach
vorkommt.
Il Funkhaus Europa a il programma multilingue - Radiomann Luigi La Grotta in seinem Element.
Dieses Lebensgefühl spiegelt
sich im „Funkhaus Europa“ wider.
In der Redaktion arbeiten Deutsche und Ausländer zusammen.
„Aber wir machen kein Ausländerprogramm, in dem wir Ausländer
die Rolle der Exoten spielen. Wir
greifen Themen auf, die uns alle
betreffen, die Gesundheitsreform
oder die Krise der Rentenkasse,
aber unsre Sichten auf diese Themen sind unterschiedlich. Und
genau das wollen wir“, betont
La Grotta, der als Redakteur und
Moderator arbeitet und an der Uni
Bremen Kulturwissenschaften,
Italianistik und Deutsche Literatur
studiert hat.
So kommt ein lebensnaher Programm-Mix zustande, der bisher
in der deutschen Rundfunk-Landschaft so nicht existierte. Auch
heikle Themen werden von der
Multi-Kulti-Redaktion aufgegriffen:
die Kopftuch-Diskussion, gewalttätige Ausländer oder der Einfluss
von Koran-Schulen – kein Thema
wird ausgespart. „Das Schlimmste
ist, Themen zu tabuisieren, denn
dann gibt es keinen gesellschaftlichen Dialog“, unterstreicht Luigi
La Grotta. Ein eng geflochtenes
Korrespondentennetz in aller Welt,
zu dem auch viele freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören,
garantiert aktuelle und hintergründige Berichte aus dem Ausland.
Vier Stunden des täglichen
Funkhaus-Europa-Programms, Vis
à Vis am Samstag sowie die stündlichen Nachrichten werden in
Bremen produziert. Zwischen 16:
00 und 17:00 Uhr läuft jeweils ein
Schwerpunktthema. „Ich bereite
gerade eine Sendung über die Kulturgeschichte des Döner vor“, sagt
Tuncay Özdamar, ebenfalls UniAbsolvent und heute Redakteur
und Autor im Funkhaus Europa.
„Der Siegeszug des türkischen
Fast-Food in deutschen Landen
oder die Vereinigung der DönerProduzenten in Deutschland sind
interessante Aspekte des Themas.“
Özdamar hat an der Uni Bremen
Politikwissenschaften studiert und
sich dabei hauptsächlich mit Internationaler Politik befasst. Dieses
Wissen kommt ihm heute bei der
Arbeit im Hörfunk sehr zugute.
Nebenbei ist er der verantwortliche Redakteur der „Stimme“, die
der Dachverband ausländischer
Kulturvereine in Bremen einmal
im Monat herausgibt. Die Programmmischung scheint zu stimmen. Immer mehr Hörer ziehen
ins Funkhaus Europa ein. „Ein
Tuncay Özdamar, Redakteur
und Autor im „Funkhaus Europa“, Studium der Politikwissenschaft an der Uni Bremen: „Für
mich hat sich das Studium der
Politikwissenschaft in Bremen gelohnt.
Ich habe mich
schon immer
für europäische Themen
und besonders
für das Verhältnis zwischen
der Türkei, Deutschland und der
Europäischen Union interessiert.
Diese Interessen konnte ich im
Studium umsetzen. Bei Radio
Bremen habe ich in der Sendung
„Daheim und in der Fremde“
mitgearbeitet und bin so auch ins
„Funkhaus Europa“ gekommen.
Bei CampusRadio habe ich in der
studentischen Gruppe der Uni
Bremen zahlreiche Beiträge produziert und so gute Hörfunkerfahrungen gemacht. Ein bisschen
Land, das zum Einwanderungsland
geworden ist, braucht einen Sender wie unser „Funkhaus Europa“,
stimmen die drei Uni-Absolventen
selbstbewusst überein.
SC
schade, dass es das Projekt heute
nicht mehr gibt. Studierenden
kann ich nur empfehlen, ganz
früh in die Praxis zu gehen.“
Luigi La Grotta, Redakteur
und Moderator im „Funkhaus
Europa“, Studium der Kulturwissenschaft, Italianistik und
Deutscher Literatur- und Sprachwissenschaften an der Uni Bremen: „Ich habe das Studium an
der Uni als sehr offen erlebt und
das habe ich genutzt, um ganz
unterschiedliche Veranstaltungen
zu besuchen. Dabei war selbständiges Arbeiten erforderlich. Im
Themenschwerpunkt Ethnologie
habe ich gelernt genau hinzuschauen, was mir heute bei meiner Arbeit hilft. Eigentlich merke
ich erst jetzt, dass mir die viel
beschworenen Schlüsselqualifikationen mit auf den Weg gegeben
worden sind. Der Einstieg ins
Radio lief bei mir über CampusRadio, da war ich zum richtigen
Zeitpunkt am richtigen Ort.“
B REMER UNI -SCHLÜSSEL
Seite 12
Frühstück international
International wie die Küche war auch die Schar der Gäste beim AISA-Frühstück in GW 2.
AISA, der Autonome Internationale
Studierenden-Ausschuss, hatte
im Mai zu einem internationalen
Frühstück eingeladen – und über
150 Studierende sowie zahlreiche
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der Universitätsverwaltung
nutzten die Gelegenheit,
afrikanische und asiatische
Köstlichkeiten zu probieren.
Aber nicht Kulinarisches aus den
Küchen der Welt stand im Mittelpunkt. Wichtiger war den Veranstaltern die Kontaktaufnahme
mit den neuen ausländischen
Studierenden an der Uni Bremen.
Diejenigen, die schon länger in
Deutschland sind wissen: Wer
Kontakte hat, Studierende oder
Mitarbeiter der Uni persönlich
kennt, kann seinen Alltag besser
organisieren – das internationale
Frühstück war eine Gelegenheit
dazu. Über 3000 Studierende der
Bremer Uni kommen übrigens aus
dem Ausland. 109 Länder sind
vertreten; am stärksten ist der
Anteil türkischer und chinesischer
Staatsangehöriger. AISA war über
die Resonanz sehr erfreut.
SC
Nr. 74 · Juli 2003
Abdul Munem Alraei (Syrien),
„Environmental Physics“: „Ich
engagiere mich
bei AISA, weil die
ausländischen
Studierenden
eine politische
Vertretung
brauchen.
Außerdem kann
man sein Wissen und seine
Erfahrung weitergeben, bei
Fragen zum Aufenthaltsrecht,
Wohn- oder Arbeitsmöglichkeiten
in Deutschland. Für uns
ausländische Studierende ist
die Kommunikation ein ganz
entscheidender Faktor.“
Saadia Khatoon (Pakistan),
„Development Policy with
Focus on Nongovernmental
Organisations“: „Ich bin jetzt
seit anderthalb
Jahren in Bremen
und habe in dieser
Zeit die Probleme
von ausländischen
Stundenten kennen
gelernt, besonders
auch die von Studentinnen.
Sie möchte ich besonders
unterstützen, da sie oft noch
zusätzliche Probleme haben, um
im Alltag in einer anderen Kultur
zurecht zu kommen. Bei AISA
gefällt mir die Mitarbeit in einem
Team.“
Bingöl: Hilfe für
Erdbebenopfer
In der Nacht zum 1. Mai erschütterte ein Erdbeben der Stärke
6,4 die türkische Provinz Bingöl.
Besonders dramatisch war der Einsturz des staatlichen Internats, bei
dem 84 Kinder ihr Leben verloren.
Der Arbeitskreis Kurdistan der
Universität Bremen ruft zu einer
Spendeaktion auf. Wer den Leidtragenden der Naturkatastrophe
ein bißchen helfen möchte, kann
dies mit einer kleinen Spende
tun. Der AK Kurdistan der Uni Bremen wird sicher stellen, dass die
Spenden auch tatsächlich bei den
Opfern ankommen. Das Spendenkonto läuft über den gemeinnützigen Verein Dachverband ausländischer Kulturvereine Bremen (DAB
e.V.), so dass auf Anfrage hin eine
Spendenbescheinigung ausgestellt
werden kann.
Spendenkonto:
Sparkasse Bremen
Konto: 11 48 32 29
BLZ: 290 501 01
Kennwort: „Bingöl“-Erdbeben
Eine Gruppe kurdischer
Studierender aus Bremen
„....ein bisschen von der Wärme des Lebens in Afrika“
Afrikanische Spezialitäten und
Musik, „Die Stimme Afrikas“
– Lesungen und Gedichte, afrikanische Modenschau, MedizinWissen des Voodoo – alles live
auf dem Campus: Zum afrikanischen Kulturtag am 31. Mai an
der Universität Bremen gab es ein
interessantes Programm. Die UniGlashalle war Schauplatz eines
afrikanischen Kulturspektakels.
An länderspezifischen Infoständen berichteten afrikanische
Studierende aus ihren jeweiligen
Heimatländern: Mit dabei waren
beispielsweise die Elfenbeinküste,
Kamerun, Kenia, Nigeria, Senegal,
Sierra Leone, Gambia, Ghana, Na-
mibia, Sudan und Togo. Dabei gab
es nicht nur politische Informationen über einzelne Nationen - auch
alte Traditionen, Mythen und Riten wurden nachgestellt - sei es in
Dorfplatz-Spielen oder in alten traditionellen Tänzen, Volksliedern
und Komödien. Ein besonderes
Highlight war die „Königs-Zeremonie“ aus Ghana. Über 200 Bremer
Bürgerinnen und Bürger und auch
Uni-Angehörige ließen sich das
Kulturfest nicht entgehen.
Theodore Wandji und Alassane
Coulibaly von der „New African
Student Generation“ (NASGEN),
eine Vereinigung afrikanischer Studierenden im Lande Bremen, haben das Fest organisiert. NASGEN
hat es ich zur Aufgabe gemacht,
die Bremer Öffentlichkeit auf die
unterschiedlichen Facetten afrikanischer Realitäten und Kulturen
aufmerksam zu machen und einen
interkulturellen Dialog zu fördern.
„Wir wollten mit dem Afrika-Fest
allen Interessierten ein bisschen
von der Wärme des Lebens in Afrika vermitteln. Auch für uns ist es
eine schöne Erfahrung gewesen,
sich als ein gemeinsames Afrika
und nicht nur als afrikanische Nation zu präsentieren." NASGEN´s
Ziel ist nicht nur die Vermittlung
von Kultur. "Wir wollen auch eine
aktive Teilnahme an und in Kulturen ermöglichen“, erklärt Theodore Wandji von NASGEN.
RO
Bunt und lebendig ging es am Afrika-Tag in der Uni zu: Auch Kunstgegenstände wechselten den Besitzer.
Mittsommerfest
In Skandinavien und auf dem
Baltikum ist es der Höhepunkt des
Jahres: das Mitsommerfest. Das
International Office der Universität Bremen griff den Termin des
20. Juni auf, um selbst zu einem
Fest einzuladen: einmal als Geste
ihren skandinavischen und baltischen Studierenden gegenüber.
Zum anderen als Gelegenheit,
mit deutschen und ausländischen
Studierenden gemeinsam eine
Sommerparty zu veranstalten. Am
20. Juni 2003 ab 18:00 Uhr zeigten
Studierende aus den nordischen
Ländern, wie dieses wichtige Fest
in ihren Ländern gefeiert. So wurde eine Birke gesetzt, um die herum getanzt und musiziert wurde.
Bier und Käse gab es als typisch
baltisches Essensangebot, ergänzt
mit schwedischem Sill (Matjes)
und Kartoffeln. Schließlich wurde
ein Feuer entzündet und Studierende aus den nordischen Ländern
– an der Uni Bremen immerhin 99
- präsentierten mit wilden Sprüngen den Feuertanz.
SC
Redaktionsschluss:
24. September 2003
Herausgegeben im Auftrag des Rektors der Universität Bremen von
der Pressestelle der Universität,
Telefon 04 21 / 218-27 60.
Anschrift: Bibliothekstraße, VWG,
PF 33 04 40, 28334 Bremen,
[email protected]
Redaktion:
Eberhard Scholz (SC, verantw.)
Kai Uwe Bohn (KUB)
Winnie Abraham (AB)
Angelika Rockel (RO)
Fotos:
Harald Rehling,
Kai Uwe Bohn,
Elea Himmelsbach,
Eberhard Scholz
Anzeigen:
Marlies Gümpel
Tel. 0421/218-4192
Druck: Merlin Druck, Bremen
BREMER UNI-SCHLÜSSEL
Nr. 74 · Juli 2003
Zur Rubrik Personalia in BUS
73 erreichte die BUS-Redaktion
ein Leserbrief aus dem FB
Kulturwissenschaften.
Maschinenschreiberin?
Wie zu jedem Erscheinen haben
wir uns alle erfreut auf die MaiAusgabe des BUS ‚gestürzt’ und die
vielfältigen und umfassenden Informationen mit großem Interesse
aufgenommen.
Bestürzt und verwundert waren
wir alle gleichermaßen über die
in der Ruhestandsmeldung von
Hela Lesemann genannte Berufsbezeichnung „Maschinenschreiberin“. Sicherheitshalber haben wir
erst noch einmal auf die erste Seite geschaut, ob wir uns im selben
Jahrgang befinden. Aber in der Tat,
auch Sie schreiben das Jahr 2003!
Dann aber scheint es uns doch
angebracht, alle Leserinnen und
Leser kurz über das Tätigkeitsfeld
einer Sekretärin, die Bedeutung
und den Stellenwert dieser Position zu informieren. In diesem
Zusammenhang der Hinweis, dass
heute für diesen Bereich der Begriff „wissenschaftsunterstützendes Personal“ allgemein üblich ist.
Die Sekretariate der Fachbereiche sind zentrale Schnittstellen
zu den Studiengängen und den
Fachbereichsverwaltungen. Sekretariate haben heute die Bedeutung
von Kommunikationszentren, in
denen eine Vielfalt von Tätigkeiten
und Aufgaben abgewickelt werden:
Medienschnittstelle, Unterstützung der Lehrenden und Studierenden, Betreuung der Fachkommissionen, Vorgangsbearbeitung,
Koordination, Korrespondenz.
Die Mitarbeiterinnen in diesem
Bereich haben natürlich an dieser
Entwicklung entscheidend und
maßgeblich mitgewirkt. Nur mit
ihrem Wissen, ihrer Erfahrung
und ihrem Engagement war dieser
Prozess möglich. In diesem Zusammenhang eine Kollegin nach 28
Jahren als „Maschinenschreiberin“
in den Ruhestand zu verabschieden ist schlicht realitätsfremd
- oder einfach gedankenlos?
Noch etwas ist uns an der Notiz
aufgefallen; neben der sachlichen
Mitteilung vermissen wir einige
herzliche Worte des Dankes und
einen kurzen Abriss über das Wirken (eventuell in Absprache mit
dem betreffenden Fachbereich)
einer langjährige Mitarbeiterin, die
an dieser Stelle doch gerechtfertigt
wären.
Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und freuen uns neugierig auf den nächsten BUS.
Die Verwaltungsmitarbeiterinnen und Sekretärinnen des FB 9
Redaktion: Natürlich haben
Sie Recht mit Ihrem Hinweis, den
wir im übrigen nicht ganz allein
zu verantworten haben. Aber Ihre
Kritik ist für uns Auftrag, gerade
in der Rubrik "Personalia" mehr
Sorgfalt walten zu lassen. Ein Griff
zum Telefon, das selbst uns bekannt ist, hilft meist schon weiter.
Ansonsten freuen wir uns, dass Sie
sich auf den BUS stürzen.
SC
Klaus Bergmann, dienstältester
Baudezernent Deutschlands, von
Anfang an mit der Bauentwicklung
der Bremer Uni befasst, ist in den
Ruhestand gegangen. Nach dem
VWL-Studium in Göttingen begann
sein berufliche Karriere im Planungsstab für den
Ausbau der dortigen
Hochschule. Diese
Erfahrungen brachte
er 1969 nach Bremen
mit, als er Referent
für Bauangelegenheiten im Planungsstab
des Bremer Bildungssenators
wurde. Ihm wurde in einem Sonderauftrag die Koordination des
Baugeschehens auf dem Campus
übertragen. 1972 übernahm der
die Leitung des Dezernats „Technischer Betrieb und Bauangelegenheiten“. Er war an Konzeption,
Bau und Inbetriebnahme aller
Uni-Gebäude beteiligt: GW 1, Zentralbereich, GW 2, MZH, NW 1 und
2, Sportturm und Bibliothek. Auch
an der Idee und Umsetzung des
Technologieparks Mitte der 80-er
Jahre war er beteiligt. Mit besonderer Genugtuung blickt er auf seine
Tätigkeit an der Uni zurück, nicht
zuletzt weil zahlreiche Gebäude,
gerade der jüngeren Generation,
mit Architektur-Preisen ausgezeichnet worden sind - zuletzt
Glashalle und Hörsaal GW 1.
Als Vertreter im Amt übernimmt
Hans-Joachim Orlok bis auf weiteres die kommissarische Leitung
des Dezernates für den ausgeschiedenen Klaus Bergmann. Absolvent
unserer Universität, übernahm
er nach 13-jähriger erfolgreicher
Tätigkeit in der Industrie 1996
die Sachgebietsleitung des technischen Betriebes an der Uni.
Zusammen mit den Mitarbeitern
im Dezernat 4 sorgt er seitdem für
einen verlässlichen, wirtschaftlichen Gebäudebetrieb. Innovative
Projekte, wie das ‚Performance
Contracting’ zur Energie-Einsparung im Sportkomplex oder die
Einführung eines Umweltmanagementsystems nach ISO 14001 im
Dezernat 4 wurden intensiv von
Orlok vorangetrieben.
Neben Klaus Bergmann wird
mit Karl-Leonhard Reinhold ein
weiteres Urgestein aus der Verwaltung die Uni verlassen. Der Leiter
des Dezernates 1 (Akademische
Angelegenheiten) wird nach fast
32 Arbeitsjahren in der Universität
am 15. Juli in die
Freistellungsphase
seiner Altersteilzeit
„entlassen“. Er gehört zu den Universitätsgründern in
der Verwaltung, da
er im Herbst 1971
als Fachbereichssekretär in einem
naturwissenschaftlichen Studienbereich eingestellt wurde. Viele
Jahre war er Verwaltungsleiter des
Fachbereichs 2 (Biologie/Chemie),
mit dem er 1973 in den Neubau
NW2 eingezogen war. Als Forschungsreferent ging er 1990 in
die Zentralverwaltung und leitete
das Sachgebiet 12 (Forschungs- und
Nachwuchsförderung, Betreuung
der FNK, Studienvergabe, Transfer), bis er 1998 Dezernent wurde.
Reinhold trennt sich schweren
Herzens von „seiner“ Universität,
ist aber zuversichtlich, dass mit
dem Generationswechsel auch die
Verwaltung der Universität noch
effektiver wird.
Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat Professor Winfried Schmähl
vom Zentrum für Sozialpolitik der
Uni Bremen in die Sachverständigenkommission für den „Fünften
Altenbericht“ berufen. Dieser Bericht der Bundesregierung ist dem
Thema „Potenzial des Alters in
Wirtschaft und Gesellschaft – Der
Beitrag älterer Menschen zum
Zusammenhalt der Generationen“
gewidmet. Die Expertenkommission soll bis Juli 2005 wichtige Handlungsempfehlungen entwickeln.
Die langjährige Mitarbeiterin im
Elektronik-Service, Irmgard Beckmann, feierte am 1. Juni 2003 ihr
25jähriges Dienstjubiläum. Gleichzeitig trat sie in den Ruhestand.
Ingrid Beckmann war seit 1. Februar 1988 an der Uni Bremen tätig.
Ihre Aufgabe war die Führung des
Bauelementelagers im Fachbereich
Physik/Elektrotechnik. Zuvor hatte
sie als Raumpflegerin bei der ehe-
Seite 13
Zum Tode von Karl Fruchtmann
Am 10. Juni 2003 ist Karl
Fruchtmann im Alter von 87
Jahren gestorben. Fruchtmann,
Autor und Regisseur herausragender Fernsehfilme, war der
Uni Bremen seit vielen Jahren
verbunden. Der Fachbereich 10
ernannte ihn 1996 zum Honorarprofessor für Filmwissenschaft. In Zusammenarbeit vor
allem mit Radio Bremen waren
Fruchtmanns Filme in der Uni
Ausgangsort von Veranstaltungen über sein Lebensthema: die
Geschichte des Holocaust. „Genug erinnert?“ war Titel einer
Vortragsreihe und lautete die
Frage, die er mit seiner Arbeit
immer wieder gestellt hat.
Fruchtmann wuchs auf in
Thüringen. Nach einem Jahr
Haft im KZ Dachau gelang es
ihm 1937, Deutschland zu
verlassen und nach Palästina
maligen Senatskommission für das
Personalwesen (SKP) gearbeitet.
Nach fast 30jähriger Tätigkeit
wurde Wolfgang Littek, Professor
für Arbeits- und Berufssoziologie
im Aufbaustudiengang Berufliche
Bildung im Fachbereich 11, dem
zu gehen. 1958 kam er nach
Deutschland zurück, um sich,
wie er sagte, mit diesem Land
zu konfrontieren. Zunächst
Kabelträger beim WDR, begann
er bald, Filme zu drehen. Die Kamera wurde für ihn zum Archiv
der Erinnerung, die der trostlosen Wahrheit menschenmöglicher Gewalt in den Geschichten
und Gesichtern beschädigter
Menschen nachgeht, auf die er
seinen behutsamen, forschenden, immer teilnehmenden
Blick richtete. Zu seinen Filmen
gehören „Kaddisch nach einem
Lebenden“, „Zeugen“, „Ein einfacher Mensch“ (ausgezeichnet
1988 mit dem Adolf-GrimmePreis in Gold), Literaturverfilmungen nach Tschechow, Maupassant, ein Film über Heine
und viele andere.
Sabine Offe
Ende 2002 in den Ruhestand entlassen. Seine Arbeit in Lehre und
Forschung war immer interdisziplinär. Er hatte sich als Vertreter der
Uni schon früh auch international
engagiert, etwa im Vorstand für
Arbeitssoziologie in der International Sociological Association.
B REMER UNI -SCHLÜSSEL
Seite 14
Regina Keuchel gewinnt
„Campusideen 2003"
Gesucht wurden gute innovative
Ideen für die berufliche Zukunft.
Unter dem Motto „Ideen von
heute für die Geschäftswelten von
morgen" warb der Wettbewerb
"Campusideen 2003" um
Vorschläge und Visionen für
Geschäftswelten von morgen.
Der Landessiegerpreis ging an die
Pflegewissenschaftlerin Regina
Keuchel aus dem Fachbereich
Human- und Gesundheitswissenschaften der Universität
Bremen. Mit ihrem Konzept
„QUEPS“ (Qualitätsentwicklung
in Pflegeschulen) hatte sie die
Jury restlos überzeugt. Dafür
nahm sie aus den Händen von
Senator Josef Hattig den mit 2.000
Euro dotierten Siegerscheck in
Empfang. Der in diesem Jahr
erstmalig durchgeführte Wettbewerb wurde von der Bremer
Hochschul-Initiative zur Förderung
von Unternehmerischem Denken,
Gründung und Entrepreneurship
(BRIDGE) durchgeführt. Dank der
zahlreichen, hochwertigen Beteiligung der Studierenden und Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern der Universität
Bremen, der Hochschule Bremen,
der Hochschule Bremerhaven
sowie der Hochschule für Künste
Bremen wurde der Wettbewerb
zum vollen Erfolg. Eine Neuauflage
im kommenden Jahr ist schon jetzt
RO
beschlossene Sache.
Nr. 74 · Juli 2003
Studierende analysieren
Feinstrukturen von Böden
Sklerotium, vollständig umgeben von der Bodenmatrix - Lichtmikroskop (Barbara Kück).
Ein Seminar der besonderen
Art fand im vergangenen Wintersemester im Studiengang Geographie statt. Studierende analysierten an hochwertigen Mikroskopen Feinstrukturen von Böden.
In einer Fotoserie im Internet
präsentieren sie die Ergebnisse
ihrer Arbeit.
In der Veranstaltung „Mikropedologie“ des Bodenkundlers
Professor Rolf Tippkötter wurden
Studierende aus den Fächern Geographie, Geologie und Biologie
angeleitet, professionell an Lichtmikroskopen und einem Rasterelektronenmikroskop zu arbeiten.
„Das Institut für Bodenkunde
konnte sich mit Finanzmitteln der
Universität und der Wissenschaftsbehörde technisch auf höchstem
Standard ausstatten und mir ist
sehr daran gelegen, dass diese
hervorragenden Arbeitsgrundlagen
auch in der Lehre zur Verfügung
stehen. So ist forschendes Lernen
im besten Sinne möglich“, erklärt
Rolf Tippkötter seine Bereitschaft,
Studierende an die teuren Geräte
zu lassen. Gesagt, getan: Nach der
Vermittlung der theoretischen
Grundlagen ging es ins Labor.
„Es war für uns schon etwas
Besonderes, nicht an Schülermikroskopen, sondern an hochwertigen Zeiss-Forschungsmikroskopen zu arbeiten“, erinnern sich
Elena Haupt und Barbara Kück,
Quarzreicher Gesteinsbrocken im Boden - Lichtmikroskop (Elena Haupt).
Diplom-Geographie-Studentinnen im 6. Semester. “Wir haben
Bodenproben untersucht, die als
sogenannte Bodendünnschliffe für
das Mikroskop präpariert wurden.
Meine Probe stammte vom Hohen
Meißner im Fulda-Werra Bergland
in Nordosthessen,“ erläutert Elena
Haupt. „Unsere Aufgabe bestand
darin, die mikroskopischen Feinstrukturen der Böden zu analysieren,“ ergänzt Barbara Kück. Beim
Blick durch die Mikroskope sahen
die Studierenden Feldspate und
Quarze, Tonminerale, Eisen- und
Mangananteile und jede Menge
organischer Substanzen.
Nun ging es darum, die Bestandteile und die Zusammensetzung
des Bodens so zu deuten, dass die
jeweilige Bodenbeschaffenheit
herausgefunden wurde. Theoretisches Wissen, modernes Arbeiten
am Mikroskop, Eigeninitiative und
Sachverstand mussten für das richtige Ergebnis zusammenfließen.
Behilflich waren dabei auch
Softwareprogramme, die mit den
Mikroskopen verbunden waren.
Und noch wichtiger: Mit einer digitalen Kamera konnten die Proben
auf den Bildschirm des PC projiziert werden. „Wir haben in der
Veranstaltung auch verschiedene
Beleuchtungsarten kennen gelernt.
Mit jeder Beleuchtungsart wurden
unterschiedliche Teile der Bodenprobe sichtbar gemacht. Aber da
muss man sich erst eingucken“,
berichtet Elena Haupt.
Das „Eingucken“ hat sich gelohnt. Im Internet gibt es die
Ergebnisse der Mikroskoparbeit
zu bewundern. Sie erfreuen das
Auge jedes Betrachters, auch wenn
sich Nicht-Gesteinskundler zwischen Biotiten, Pyriten, geogenen
Tonaggregaten oder verwitterten
Muscoviten etwas verloren fühlen.
Doch der Besuch der Webseite
www.bodenkunde.uni-bremen.de/
mikro_lm.htm lohnt sich!
SC
Elena Haupt: „Im Seminar
„Mikropedologie“ konnten wir
einmal praktisch
mit Mikroskopen
arbeiten. In der
Lehre ist es sonst
üblich, die Theorie mit Bildern zu
ergänzen, aber hier konnten wir
viel selbst ausprobieren.“
Barbara Kück: „Mit Rasterelektronenmikroskopen können wir
als Studierende
normalerweise
nie arbeiten. Für
mich war es sehr
reizvoll, an einem
Gerät zu forschen,
das die Oberfläche bis zu 50.000
mal vergrößert.“
Go East: Die Unis Bremen und Posen
unterzeichnen Kooperationsvertrag
Professor Bronislaw Marciniak,
Vize-Rektor der Adam-MickiewiczUni Posen, besuchte vor kurzem
die beiden Bremer Konrektoren
Peter Richter und Sabine Broeck,
um neue Kooperationsverträge
abzuschließen. Gemeinsame Forschungsprojekte gibt es bereits im
Bereich der Chemie. Diese sollen
künftig ausgebaut und auf Fächer
wie Biologie, langfristig auch geisteswissenschaftliche Disziplinen,
ausgedehnt werden. Die Uni Posen
ist mit 50.000 Studierenden eine
der größten polnischen Universitäten und erreichte beim Ranking
in Polen Platz drei. Für die Bremer
Alma Mater bedeuten die neuen
Kontrakte ein wichtiges Standbein
im Osten. Die Uni Posen ist auch
eng mit der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/O.) vernetzt. RO
. . . . die Zeit läuft für die Zusammenarbeit mit Mittelost-Europa: Beim Austausch der Verträge Bronislaw Marciniak (Posen) und Sabine Broeck.
BREMER UNI-SCHLÜSSEL
Nr. 74 · Juli 2003
Jubiläum: Zehn Jahre
Grundschulwerkstatt
Die Grundschulwerkstatt
(GSW) wurde vor genau zehn
Jahren von engagierten Studierenden ins Leben gerufen und
ist inzwischen eine feste Institution im Studiengang Primarstufe (Fachbereich 12). Sie bietet
Studierenden einen Raum für
den Austausch mit anderen, für
Recherchen, handwerkliche und
kreative Arbeiten - alleine oder
in Gruppen. „Studierende können hier Tutorien anbieten oder
an ihnen teilnehmen, entsprechend des Prinzips des Mit- und
Voneinanderlernens in offenen
Lern- und Lehrsituationen“,
erläutert Anja Oettinger, Lehrerin an der GSW. „Die Werkstatt
ist Kommunikationszentrum,
schafft Raum für selbstgesteuerte
Lernprozesse, ist Ort für Arbeitsgemeinschaften und bietet den
Studierenden Möglichkeiten,
Lehrinhalte selber zu entwickeln
und in Gruppen zu bearbeiten“.
Die GSW ist für alle Interessierten offen: Angeboten werden beispielsweise Beratungsgespräche
für Studierende oder Schülerinnen und Schüler. Darüber hinaus
organisiert die GSW Gastvorträge
mit schulpraktischen Inhalten
und engagiert sich für die Vernetzung der Bremer Lernwerkstätten. Durch die wöchentlich
stattfindenden und studentisch
geleiteten Teamsitzung wird Verantwortung für die Werkstatt als
Studierenden-Zentrum übernommen, Veranstaltungen werden
gemeinsam geplant und Projekte
initiiert.
Anja Oettinger betont dabei die
Selbständigkeit der Studierenden: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Studierende, die hier
längerfristig mitgearbeitet haben,
ein großes Engagement und ein
hohes Maß an Verantwortlichkeit
entwickelt haben. Letztlich wird
hier Projekt- und Organisationsmanagement praktiziert. Durch
die Mitarbeit im Team erwerben
die Studierenden Kompetenzen,
die von Lehrerinnen und Lehrern erwartet werden, aber selten
in Lehrveranstaltungen vermittelt werden.“ Kontakt: GSW, Anja
Oettinger, Tel.: 218-7310, E-Mail:
RO
[email protected].
Ilona Rother, 8. Semester Primarstufe: „Für mich ist die
Grundschulwerkstatt wie
eine Heimat an der Universität. Hier kann ich mich
mit anderen Studierenden
austauschen, bekomme
Tipps und Anregungen
und bin in Lernprozesse
ganz anders eingebunden als in
anonymen Lehrveranstaltungen.
Insbesondere zu Beginn
meines Studiums konnte
ich von den Erfahrungen
höherer Semester profitieren. Jetzt kann ich meine
erworbenen Kompetenzen
wie Managementwissen
und Teamarbeit in der
GSW praktisch ausprobieren.“
Die Grundschulwerkstatt an
der Universität Bremen feiert in
diesem Semester ihr 10-jähriges Bestehen. Ein guter Anlass,
Rückblick auf zehn Jahre selbstorganisiertes Lernen und Lehren unter studentischer Organisation und Leitung zu halten.
Realistische Planspiele: Wie
gründe ich ein Unternehmen?
Aufgrund der positiven Resonanz in den vergangenen beiden
Wintersemestern veranstalten
der Leiter und der Akademische
Rat des Lehrstuhls für Innovation
und Kompetenztransfer Professor Martin G. Möhrle und Dr.
Lothar Walter am Fachbereich
Wirtschaftswissenschaft im kommenden Wintersemester 2003/04
für Gründungsinteressierte die
Lehrveranstaltung „Management
der Unternehmensgründung“. Ziel
ist es, Unternehmensgründungen
aus der Universität zu fördern.
Viele Gründer wünschen sich
schon seit längerem, ein eigenes
Unternehmen aufzubauen und
zu leiten. Die erste Idee ist gefunden, und es werden Pläne für die
Zukunft geschmiedet. Der kreative Prozess ist mit einer neuen
Geschäftsidee bei weitem noch
nicht abgeschlossen. Entscheidend
für die erfolgreiche Umsetzung
ist es, die Idee systematisch zu
durchdenken und zu konkretisieren. Zum Management der
Unternehmensgründung gehört
die Erstellung eines realistischen
Gründungskonzepts mit dem Sinn
und Zweck der Ausformung der
eigenen Gedanken, der Erkundung wichtiger Umfelder und der
Schaffung einer Grundlage für die
notwendige Kapitalbeschaffung.
Die Teilnehmer lernen, einen Business-Plan zu erstellen, wozu ein
Wechselspiel aus Grundlagen und
praktischer Erprobung angeboten
wird. Ziel ist die Erarbeitung von
Strategien zur optimalen Entwicklung eines Unternehmens. Anhand
ausgewählter Gründungen aus
dem Technologie-Zentrum Informatik (TZI) der Universität werden
gewählte Strategien überprüft und
Vorgehensweisen zur Vermeidung
typischer Fehlerquellen erarbeitet.
Die Zielgruppen bilden zum einen Wirtschaftswissenschaftler im
Hauptstudium, die die Veranstaltung als Modul der Allgemeinen
Betriebswirtschaftslehre wahrnehmen können, sowie Studierende
höherer Fachsemester anderer
Fakultäten sowie wissenschaftliche
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.
Die erste Lehrveranstaltung findet
am 27.Oktober in der WilhelmHerbst-Str. 12 statt. Weitere Infos:
www.innovation.uni-bremen.de.
Prof. Dr. Martin Möhrle
Seite 15
Bremer Juristen belegen 1. Platz
im internationalen Wettbewerb
Bremer Studierende des Aufbaustudiums Europäisches und
Internationales Recht haben den
ersten Platz in der europäischen
Vorrunde des „Manfred Lachs
Moot Court“ zum Luft- und
Raumfahrtrecht belegt.
Der Wettbewerb wird jährlich
zu Ehren des polnischen Richters
am Internationalen Gerichtshof,
Manfred Lachs, veranstaltet. Die
europäische Vorentscheidung
dieses Wettbewerbs, die vom
European Center of Space Law
(ECSL) betreut wurde, fand dieses
Jahr in San Ginesio, Italien statt.
Abgerundet wurde der Aufenthalt
in Italien durch ein Symposium
an der Universität Macerata zum
Weltraumrecht.
In der europäischen Vorrunde
traten sieben Teams aus der EU
gegeneinander an. Im „moot court"
- einer simulierten Gerichtsverhandlung vor „echten“ Richtern
des internationalen Gerichtshofes
- müssen die Studierenden einen
fiktiven Fall durch Schriftsätze vorbereiten und als Prozessvertreter
der betroffenen Staaten vor dem
Tribunal in mündlicher Verhandlung vertreten. Diese ohnehin
schon anspruchsvolle Aufgabe
wird noch dadurch verschärft,
dass die Studierenden erst kurz
vor der mündlichen Verhandlung
erfahren, wer gegen wen antritt.
Die Studierenden müssen also
in der Lage sein, aus dem Stand
entweder die Plädoyers für den
Kläger oder die beklagte Partei zu
übernehmen.
Das Bremer Team, dem Deirdre
Ni Chearbhaill (Eire), Kamlesh
Gungaphul (Mauritius), Giorgi
Kavtaradze (Georgien) und Aydan
Bashlinskaya (Aserbeidschan)
angehörten, hatte zwei Monate
Zeit, sich unter Anleitung von
Frau Prof. Dr. Lesley Jane Smith,
LL.M., Hanse Law School, Bremen, auf den vom International
Institute of Space Law gestellten
Fall vorzubereiten und die Klageschriften und Klagerwiderungen
zu verfassen. Der diesjährige Fall
über eine Auseinandersetzung der
Staaten „Vesta“ und „Ceres“ beschäftigte sich mit der friedlichen
Erforschung des Weltraums, der
Rechtsmäßigkeit der Kolonisierung
von Planeten und allgemeinen
Haftungsfragen für Personen- und
Umweltschäden im All.
Die Fallbearbeitung erforderte
nicht nur exzellente Kenntnisse
im Völkerrecht und Raumfahrtrecht, sondern auch ein profundes
Verständnis moderner Kommunikationssysteme. In der Auseinandersetzung mit der gegnerischen
Partei und den gezielten Fragen
des Gerichts waren dann vor allem
Teamgeist, brilliante Rhetorik, ein
gutes Gedächtnis und spontanes
Reaktionsvermögen gefragt.
„Erst durch die Teilnahme an
einem moot court bekommen
die Studierenden ein Gespür für
präzise, situationsbedingte juristische Argumentation und können
abschätzen, ob sie wirklich für den
Beruf des Anwalts geeignet sind.
In moot courts erfahren Studierenden mehr über ihre Fähigkeiten
als in jeder Klausur, da es auch
auf soft skills wie Teamfähigkeit
ankommt. Die Teilnahme an moot
courts ist an den Law schools
in Amerika und Großbritannien
gang und gäbe, und wird auch in
Bremen Pflichtveranstaltung an
der Hanse Law School, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit
unserer Studierenden zu stärken,“
erläutert Professorin Jane Smith.
In der nächsten Runde müssen
die Bremer Studierenden gegen die
Gewinner aus Süd- und Nordamerika und Australasien antreten. Die
Schlussrunde wird dann im Oktober 2003 in Bremen im Rahmen
der jährlichen Tagung der International Astronautical Federation
im Schwurgerichtssaal des Bremer
Landgerichts ausgetragen. Dann
müssen die Bremer gegen eine der
renommiertesten amerikanische
Universität antreten.
L. Jane Smith, Hanse Law School
B REMER UNI -SCHLÜSSEL
Seite 16
23. September 2003:
1.Gesundheitstag der Uni
Am 23. September 2003 findet
der 1. Gesundheitstag der Universität Bremen statt. Alle Beschäftigten der Universität, der Bibliothek und des Studentenwerks
sowie alle Studierenden können
daran teilnehmen.
Der Arbeitskreis "Gesundheit"
hat ein umfangreiches Programm
auf die Beine gestellt. Auf dem
Markt der Möglichkeiten stellen
sich zahlreiche Einrichtungen
der Uni vor, von der Suchtbeauftragten bis zum Betriebsarzt. Wer
will, kann sich und seinen Körper checken lassen. In Vorträgen,
unter anderem von Annelie Keil,
werden unterschiedliche Aspekte
von Gesundheit angesprochen.
Der Hochschulsport hat ein
interessantes Mitmach-Angebot zusammengestellt und das
Studentenwerk informiert rund
um das Thema "Gesunde Ernährung". Das Schnürschuh-Theater
spielt das Stück "Sehn-Sucht".
Die Techniker Krankenkasse
veranstaltet ein Gewinnspiel mit
Preisen. Ein abwechslungsreicher
Tag für alle, die sich mit dem
Thema Gesundheit am Arbeitsplatz auseinander setzen wollen.
Mehr unter www.gesundheit.unibremen.de.SC
Zentrale Veranstaltungen
9:00 - 10:00 Uhr Eröffnung durch die Uni-Leitung
Vortrag von Prof. Annelie Keil "Gesundheit als Anstiftung zum Leben"
10:00 - 11:00 Uhr: "Gesunde Arbeit"?! Vortrag und Diskussion
11:00 - 12:15 Uhr: Das Schnürschuh-Theater präsentiert "Sehn-Sucht"
13:00 - 14:30 Uhr: Forever young? Anmerkungen zum Thema"Arbeit,
Altern und Gesundheit" - Dr. Wolfgang Hien
14:30 - 16:00 Uhr: Arbeitsalltag Universität - Vortrag und Diskussion
ab 16:00 Uhr: "Ein Hausmeisterpaar redet Klartext"
Uwe Seidel und Claudia Böttcher setzen Eindrücke des Tages in einem
Theaterstück um.
Ausblick: Wie geht es in der Uni weiter beim Thema "Gesundheit"?
Un-Leitung und AK Gesundheit
Annelie Keil über
Gesundheit und Leben
Markt der Möglichkeiten
und Sportliches aller Art
Professorin Annelie Keil
spricht am 23. September über
„Gesundheit als Anstiftung zum
Leben“. Gesundheit ist mehr als
die Abwesenheit eines Krankheitsbefundes. Sie reduziert sich
nicht auf Arbeitsfähigkeit und
körperliches Leistungsvermögen,
sondern ist unter Einschluss der
Genuss- und Leidensfähigkeit
eine umfassende Lebenskompetenz, die wir vom ersten bis zum
letzten Atemzug in Auseinandersetzung mit unseren Lebensbedingungen und durch Krisen
hindurch entwickeln müssen.
Insofern ist Gesundheit weniger genetisch bedingt, sondern
erzählt vor allem eine soziale Geschichte. Sie ist die Fähigkeit, das
eigene Leben immer wieder zu
erzeugen, sich körperlich, geistig,
seelisch und sozial zum Leben
anstiften zu lassen und die Kraft,
dem Leben Sinn zu verleihen.
Den ganzen Tag über findet
in der Glashalle der Markt der
Möglichkeiten statt. Mitglieder
der Uni, Interessenvertretungen,
Beschäftigten- und Studierendeninitiativen sowie ausgewählte
externe Einrichtungen in Sachen
Gesundheit präsentieren sich
und halten Informationen bereit.
Es gibt konkrete Angebote: über
die Einrichtung des Computerarbeitsplatzes; Sehtest, über die
Gründung einer Betriebssportgruppe oder Infos über die neue
betriebliche Sozialberatung und
vieles mehr. Der Hochschulsport
an der Uni bietet vielfältige
Sport- und Bewegungsmöglichkeiten für alle an: Quigong, Feldenkrais oder Autogenes Training
empfohlen. Was das ist? Hingehen und ausprobieren. Oder
etwas poppiger? Dann empfiehlt
der Hospo Step-Aerobic, Khai-Bo
oder Circuit-Training . . .
Nr. 74 · Juli 2003
„Mitarbeiter sind Experten
in Sachen eigener Gesundheit“
Vor dem Hintergrund des 1.
Uni-Gesundheitstages am 23. September 2003 sprach BUS mit Dr.
Wolfgang Ritter, Gesundheitsexperte am Zentrum
für Sozialpolitik
und Mitglied im
Zentrum für Public Health sowie
Arbeitskreis „Gesundheit“. Der
Diplomsozialwissenschaftler arbeitete in Bielefeld
viele Jahre an der Fakultät für
Gesundheitswissenschaften und
gilt als Experte zum Thema Gesundheit im Betrieb.
BUS: Was ist eigentlich Gesundheit?
Ritter: Gesundheit ist mehr als
Abwesenheit von Krankheit und
Beschwerden. Stress und psychische Belastungen können auch
außerhalb von Kranksein verminderte Arbeitsleistungen zur Folge
haben. Gesundheit ist kein Zustand, sondern ein Prozess, der die
kontinuierliche Auseinandersetzung zwischen jedem Menschen
und seiner Umwelt umfasst. Dazu
gehören auch psychische und soziale Aspekte.
BUS: Ein Drittel der Lebenszeit
wird am Arbeitsplatz verbracht.
Wer arbeitet, muss Leistung erbringen, dafür wird er bezahlt. Die
Arbeitswelt kann kein Platz ohne
Zwang und Anforderung sein. Ist
Ihr Gesundheitsbegriff nicht sehr
weit weg von der realen Arbeitswelt, in der es um konkrete Ergebnisse geht?
Ritter: Keineswegs. Niemand
darf im Arbeitsleben davon ausgehen, dass es frei von Herausforderungen ist. Herausforderungen
braucht jeder Mensch. Aber wenn
diese als Bedrohung, Kränkung
oder Verlust empfunden werden,
gerät die Gesundheit am Arbeitsplatz in Gefahr. Mangelnde
Information oder schlechte Kommunikation können zur inneren
Kündigung oder zum Gefühl der
Sinnlosigkeit und Hilflosigkeit führen, was so krankheitsauslösend
sein kann. Spätestens hier wird
deutlich, dass Gesundheit nicht
nur für jeden Beschäftigten wichtig, sondern auch ein sehr wichtiger Produktionsfaktor ist. Das ist
natürlich ein Thema, das wir auch
auf dem Uni-Gesundheitstag anpacken werden.
BUS: Macht unsere Uni krank?
Ritter: Das kann man so pauschal sicherlich nicht sagen. Aber
es gibt natürlich in einer
so komplexen Organisation Verhaltensweisen
und Strukturen, die belasten und krank machen
können. Die Universität
Bremen verfügt über große
Gesundheitspotenziale,
die allerdings noch besser ausgeschöpft werden
können. Wenn die persönlichen und sozialen
Potenziale gefördert und
unterstützt werden, wird
damit auch die Gesundheit
jeder Mitarbeiterin und
jedes Mitarbeiters gestärkt.
Die Stichworte gegenseitige Unterstützung, offene
Kommunikation, erweiterte Handlungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten geben den Weg an,
den die Bremer Uni gehen sollte
und auf dem sie auch schon ein
gutes Stück vorangekommen ist.
BUS: Das sind schöne Worte.
Was bedeutet das konkret für den
Arbeitsplatz? Welches Konzept bieten Sie zur Umsetzung an?
Ritter: Es gibt keinen Königsweg. Die Situation vor Ort muss
analysiert werden: Wo gibt es welche Probleme in der Organisation?
Wo ist zum Beispiel die Kommunikation gestört? Das kann durch
eine wissenschaftlich begleitete
Befragung der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter analysiert werden.
Denn sie sind die eigentlichen
Experten in Sachen Gesundheit
am eigenen Arbeitsplatz. Die Führungskräfte sollten Gesundheit bei
Entwicklungsplanungen mitdenken und „ihre“ Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter in persönlichen
und organisationalen Gesundheitspotenzialen unterstützen. Basierend auf der Analyse müssen dann
Maßnahmen ergriffen werden.
In den vergangenen Jahren hat
sich die aktive Einbeziehung von
Mitarbeitern bei den Lösungsstrategien beispielsweise in Gesundheitszirkeln bundesweit bewährt.
Natürlich muss dann auch hier
geprüft werden, ob die Lösungen
erfolgreich waren.
Macht diese Uni krank?
BUS: Wer soll das bezahlen? Die
Uni hat immer weniger Geld.
Ritter: Natürlich gibt es eine
Förderung der betrieblichen Gesundheit nicht zum Nulltarif. Aber
die Uni hat außergewöhnlich viel
Expertise. Langfristig geht es sicherlich darum, weg von einzelnen
Feuerwehrmaßnahmen hin zu
einem integrierten universitären
Gesamtsystem „Gesundheit Uni
Bremen“ zu kommen. Insofern
ist der Gesundheitstag ein wichtiger, aber nur ein erster Schritt in
die richtige Richtung. Auf Dauer
rechnet sich professionelles Gesundheitsmanagement für die Uni.
Der Arbeitskreis „Gesundheit“ mit
seinen vielfältigen und erfahrenen
Expertinnen und Experten bietet
eine sehr gute Ausgangsbasis für
die Steuerung und Koordination
einer nachhaltigen betrieblichen
SC
Gesundheitspolitik.