DOKUMENTARFILM

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DOKUMENTARFILM
DOKUMENTARFILM
Dr. Uroš Zavodnik
I. Filmkunst / Kinematographie und Dokumentarfilm
Die Filmkunst (Kinematographie) gilt als die jüngste Kunst, da sie erst am Ende des 19.Jahrhundert
entstanden ist. Man nennt sie auch als ‚siebte Kunst‘, da sie all die anderen Künste in sich vereint
(Musik, Literatur, darstellende Kunst, Malerei usw.), vor allem gilt das für das Genre ‚Spielfilm‘. Sie
ist entstanden als die ‚technische Erfindung‘.
Die Erfindung der Brüder Lumière, genannt Cinématographe, diente als Universalgerät und wurde
gleichzeitig Aufnahmekamera, Kopiergerät und Projektor in einem. Am 28. Dezember 1895 fand die
erste öffentliche Filmvorführung der Brüder Lumière unter dem Namen Cinématographe Lumère am
Pariser Boulevard des Capucines, in Souterrain des Grand Café, statt, wo sie eine Varieté-Attraktion in
der Tradition der Café-concerts war. Diese Filmvorführung gilt als die erste öffentliche
Kinovorstellung. Die Brüder Lumière führten dem Publikum mehrere Kurzfilme vor, darunter auch
ihren ersten Film „La Sortie des Usines Lumière à Lyon-Montplaisir “ („Arbeiter beim Verlassen der
Fabrik Lumière in Lyon-Montplasir“), den Louis Jean Lumière bereits im März 1895 mit dem
Cinématograph drehte und sofort danach, am 22. März 1895, in Paris auf einer geschlossenen
Vorführung der Gesellschaft zur Förderung der Nationalen Industrie vorführte.
Die immer komplexe Vision eines Künstlers/Filmemachers (Drehbuchautor; Regisseur) wird durch die
immer neuen technischen Erfindungen möglich gemacht, zuletzt durch die Computeranimation, durch
die künstlich generierte Welten, die jeglicher Realität entsprechen können, auch wenn um die zeitlich
und örtlich weit entfernte Welten geht und darin agierende Charaktere/Protagonisten (z.B. Terminator,
Herr der Ringe; Matrix; Avatar; Inception usw.). Immerhin, das Genre ‚Dokumentarfilm‘ ist noch
immer präsent und entwickelt sich weiter, auch durch die immer neuerer und zugänglicher
Produktionstechnologie (z.B. DSLR mit der Aufnahmefunktion usw.).
- Die Brüder Lumière und die ersten Dokumentarfilmaufnahmen (Aktualitäten)
„La Sortie des Usines Lumière à Lyon-Montplaisir “ (1895)
(„Arbeiter beim Verlassen der Fabrik Lumière in Lyon-Montplasir“)
(http://www.youtube.com/watch?v=DEQeIRLxaM4)
Dieser Film der Brüder Lumière könnte als erster Dokumentarfilm betrachtet werden, genauer gesagt
als einminütige Aktualität („actuality“), d.h. in der Länge von ca. eine Minute, die der Länge der
Filmrolle in der Kamera bzw. ‚Cinématographe‘ entsprach.
„L`Arrivée d`un Train à La Ciotat“ („Die Ankunft eines Zuges in La Ciotat“) (1895)
(http://www.youtube.com/watch?v=as1OWfcsX48)
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- Robert J. Flaherty : Dokumentarfilm in der Spielfilmlänge
Für den ersten Dokumentarfilm in der Spielfilmlänge gilt „Nanook of the North: A Story Of Life and
Love In the Actual Arctic“ (1922) vom Regisseur Robert J. Flaherty.
(http://www.youtube.com/watch?v=XZLROkFqG-k)
Dieser Dokumentarfilm könnte auch als ‘Dokumentardrama’ bezeichnet werden, wobei einige Szenen
gestellt sein sollten. Wie auch immer, Robert J. Flaherty fing das schwere Leben eines Inuk namens
Nanook und seiner Familie in der kanadischen Arktis auf den Zelluloidfilm ein.
(der Begriff/Genre ‚Dokumentarfilm‘ sollte von John Grierson, auch einen ‚Dokumentarist‘, kommen,
als er sich ‚Moana‘ (1926) von Robert J. Flaherty angeschaut hat)
- Dizga Vertov : Kinoauge / Kinoki
In Russland betrachten die Filmemacher die Filmkamera aus einer, für die Dokumentarfilmer
inhaltlich sehr interessanten Perspektive. Dizga Vertov war nämlich darüber überzeugt, dass die
Filmkamera ein Potenzial in sich hat, die Wirklichkeit (‚truth‘) im wahren Sinne dieser Dimension
einzufangen. Die Filmkamera wurde als das technische Gerät betrachtet, das fähig ist, das Geschehen
in unserer Welt ohne den menschlichen Einfluss aufzunehmen.
Vertov led a group of film-makers called “Kinoki” (“cinema-eye”) who stated in their 1923
manifesto: I am the Cine-Eye. I am the mechanical eye. I the machine show you the world as
only I can see it. I emancipate myself henceforth and forever from human immobility. I am in
constant motion. I approach objects and move away from them, I creep up on them, I clamber
over them, I move alongside the muzzle of a running horse, I tear into a crowd at full tilt, I flee
before fleeing solders, I turn over my back, I rise up with aeroplanes, I fall and rise with falling
and rising bodies. (Joyce, 1999, S. 442).
Zusammengefasst ist in diesem Manifest angedeutet, wenn wir die Erklärung von Filmhistoriker
Sadoul nachgehen, dass der Film von „Kinoki“ auf den Schauspieler, das Kostüm, die Schminke, das
Atelier, die Dekoration, die Beleuchtung – kurz auf die ganze Inszenierung verzichten und sich der
Kamera unterwerfen solle, einem Auge, das noch objektiver sei als menschliche Auge (Sadoul, 1982,
S. 180). Eisenstein beschrieb das Manifest von „Kinoki“ als „reducito ad absurdum“ von technischen
Methoden, geeigneten für Chroniken, obwohl Vertov dachte, dass sie für den Aufbau der neuen
Kinematographie genügen (Eisenstein, 1981, S. 49); Dizga Vertov wurde bekannt vor allem durch
seinen Film „Der Mann mit der Kamera“ (1929), wo sich das Manifest von „Kinoki“ auf die
anschaulichste Art und Weise manifestiert. Die Filmgeschichte deutet diesen seinen Film oft auch als
Reflexion über den Film bzw. als die Enthüllung filmischer Verfahren (vgl. Vrdlovec, 1981, S.17);
Dizga Vertov; „Der Mann mit der Kamera“ (1929)
(http://www.youtube.com/watch?v=I8xOP4Yx__w)
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- Leni Riefenstahl (Dokumentarfilm in der Funktion der Propaganda)
Leni Riefenstahl drehte ihre ‚Propagandafilme‘ im Genre des Dokumentarfilms in der Dritten Reich
mit einer enormen ästhetischen Potential, durch die neu erfundenen Kameraperspektiven,
Kamerafahrten usw., wodurch sie die damalige nationalsozialistische Bewegung einer enormen Macht
verleite, die die Menschen ‚blind‘ machte (der Film wurde damals noch immer eine extrem junge,
neue und wirkungsstarke Kunst/Medium). Damals gab das Kino, kein Fernsehen, die Macht der
bewegten Bilder auf der großen Leinwand war desto präsenter. Auch die Propagandafilme von Leni
Riefenstahl verholfen der nationalsozialistischen Parte an die Macht, die Auswirkungen waren
‚katastrophal‘, durch die II. Weltkrieg, die allgemein bekannt sind. Immerhin, obwohl der Einsatz des
Films für die ‚nationalsozialistische Propaganda‘, durch die genannten Auswirkungen, kontrovers
bleiben wird, filmisch betrachtet, erlangte ihr Stil in der Spielfilmgenre, vor allem war in den epischen
Filmen zu spüren.
Triumph des Willens (1935)
(http://www.youtube.com/watch?v=GHs2coAzLJ8)
Olympia – Fest der Völker (1938) / Teil 1
(http://www.youtube.com/watch?v=lLnGqMoNXRI)
- Cinéma vérité / direct cinema (’50-’60 Jahren)
Cinéma vérité (truthful cinema), die am Ende der ’50, am Anfang der ’60 Jahren des 20. Jahrhunderts
auftritt, betrachtet man auch als einen Stil des Genre Dokumentarfilm. Die Kamera ist frei, also ‚handheld‘, von der Schulter, sie ist nicht an das Kamerastativ gefesselt, auch der Ton sollte nur ‚original‘
verwendet werden. So zu sagen, einen ‘live’ Stil. Als Gründer gilt französischer Filmemacher Jean
Rouch, der von Dizga Vertov inspiriert war. Die Kamera hat das Geschehen in der realen Welt
betrachtet und dieser Dokumentarstil wurde dadurch, inhaltlich gesehen, auch als ‚observational
cinema’ (‚Beobachtungskino‘) genannt.
In Amerika und Canada wurde dieser Stil des Dokumentarfilms (cinéma vérité) als ‚direct cinema‘
ausgeübt. Die Filmemacher (Dokumentaristen) treibt das Bedürfnis, die Wirklichkeit möglichst
‚direkt‘ aufzunehmen, sie möglichst real (authentisch) an den Zuschauer zu transportieren. Dadurch
kommt auch zum Konzept der Kameraaufnahme genannt als ‚fly on the wall‘ (die Kamera als die
Fliege auf der Wand).
Wenn die Filmemacher der ‚direct cinema‘ sich dafür bemühen, die ‚unsichtbare Betrachter‘ des
Geschehens zu sein, war Jean Rouch (Cinéma vérité) oftmals präsent, auch als ‚Provokateur‘, um
durch diese Situation/Rolle die verborgte Wahrheit ins Licht herzurufen.
Crônica de um Verão (1961) Edgar Morin & Jean Rouch
(http://www.youtube.com/watch?v=bESrAdqNSiw)
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- Mocumentary
Ein ‚Mockumentary‘ ist eine vorgetäuschte Dokumentation. Dieses 'Subgenre' gilt der Unterhaltung.
Die Zuschauer können dadurch gezielt wachgerüttelt werden, dass sie nicht alles glauben sollten, was
sie zum sehen bekommen.
Dark Side of the Moon (2002)
(A Mockumentary on Stanley Kubrick and the Moon Landing Hoax)
(http://www.youtube.com/watch?v=11nXqMsVLeA)
II. Dokumentarfilm (Tricks & Tipps)
Genrespezifisch reflektiert ‚Dokumentarfilm‘ das nicht fiktionale kinematographische Erlebnis, das
durch die reale Ereignisse oder Charaktere getrieben ist. Die ‚Dokumentaristen‘ (Filmemacher;
Dokumentarfilmer) finden darin eine Geschichte, die sie aus einem bestimmten Sichtpunkt (‚Point of
View‘) erzählen möchten.
Die Authentizität ist gefordert. Es ist äußerst wichtig, mit der authentischen Daten/Informationen zu
arbeiten. Daher ist es anzudeuten, dass die Fakten durch die verschiedenen Quellen zu überprüfen
sind, zumindest durch die zwei Quellen. Immerhin, die Fakten selbst können nicht für die
‚Authentizität‘ sorgen, denn sie müssen in diesem Sinne auch in die Erzählung hineingebracht werden.
Wenn man mit dem Thema oder jenen oder anderen Charakter des Dokumentarfilms sehr anvertraut
ist, benötigt man trotzdem einen hohen Grad der Objektivität. Dies gilt auch im Fall, wenn man aus
‚geschriebenen Dokumenten‘ ausgeht, die bereits aus einem bestimmten Sichtpunkt (‚Point of View‘)
geschrieben wurden.
Die Idee für einen Dokumentarfilm führt den Dokumentaristen zu einem bestimmten Thema, das den
‚Geist‘ der Erzählung, das innere Zentrum des Films darstellt. Immerhin, es ist wichtig, sich selbst zu
fragen, was bewegt Dich als ‚Filmemacher‘, diesen bestimmten Film (Dokumentarfilm) zu machen
(Warum will ich diesen Film machen; will ich ihn tatsächlich machen!?). Erst dann könnte er auch für
den Zuschauer interessant genug werden, vor allem könnte er dadurch genug Anziehungskraft in sich
haben. Die Leidenschaft, die Motivation, die dahinter steckt, die ein Dokumentarist bei den
Dreharbeiten mitträgt, wird zu spüren, denn der Zugang zum Thema wird anders, der Prozess der
Entstehung wird anders verlaufen.
Beispielsweise kann man auch aus einer Synopsis für einen Dokumentarfilm diese bestimmte
‚Bewegungskraft‘ des Dokumentaristen herauslesen, um damit entweder den Produzenten oder später
die Zuschauer für diesen Film zu interessieren.
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Beispiel / Synopsis für den Dokumentarfilm von Hubert Canaval
‚MACHT ENERGIE‘
Atomkatastrophen, Kriege um Öl und Gas, Klimawandel und ein stetig wachsender Energiebedarf: Wir
sind an einem Scheidepunkt angelangt. „Weiter wie bisher“ ist keine Option. Doch wie können wir
unseren Energiebedarf decken, ohne uns dabei selbst zu ruinieren? Gibt es sauberen Strom und effiziente
Technik – und wenn ja, warum verwenden wir sie dann nicht?
----------------------MACHT ENERGIE nimmt den Zuseher auf eine Reise durch den Wahnsinn Energie mit. Aus dem
Blickwinkel von Anrainern, Pionieren und Kritikern erzählt, zeigt der Film die verzweifelten Versuche,
der Erde die letzten Öl- und Gasreserven zu entlocken und die Risiken der Atomenergie zu verschleiern.
Er lenkt den Blick auf die Auswirkungen von gigantischen Wasser- und Sonnenkraftwerksprojekten, die
den Mythos der erneuerbaren Energien entzaubern; und zeigt Lösungen auf, die aber nicht umgesetzt
werden können.
Am Ende geht es nicht darum, was die Menschen brauchen, sondern um Energiekonzepte, an denen
jemand verdienen kann.
(http://www.allegrofilm.at/filme/macht-energie)
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Aus der Synopsis für ‚MACHT ENERGIE‘ reflektiert sich die Idee, wie auch das Thema des
Dokumentarfilms. Was den Regisseur und Drehbuchautor, Hubert Canaval, dazu bewegt hat, einen
solchen Film zu machen und aus welchen ‚Point of View‘ hat er die Erzählung geschafft. Auch die
nötige Neugier ist klar definiert, die den Regisseur dazu bewegt hat, um zu recherchieren, mit den
Experten, die zum Thema des Films die relevanten Daten/Informationen liefern können, zu
kommunizieren usw., wodurch auch die Erwartungen an den Zuschauer klar angebracht sind.
Das Thema ‚Macht Energie‘ ist komplex, umfangreich – der Regisseur hat dadurch bereits im Titel
den Schwerpunkt gelegt, der zweideutig zu lesen, zu verstehen ist, die MACHT, die mit der Energie
gebunden ist und keine Grenzen bei der Umweltzerstörung kennt, wie auch, wie man selbst die
Energie machen kann, ‚MACHE ENERGIE‘, was alles auch im Film vorkommt.
Der Dokumentarfilm ergibt sich nicht von selbst im Prozess der Produktion (Dreharbeiten) oder durch
die Montage. Man schafft bereits in der Vorproduktion eine Geschichte in der Form einer Synopsis
und Treatment, man geht in die Produktion mit einem bestimmten ‚Fokus‘, wie dieser Film aussehen
sollte. Immerhin, bei der Dreharbeiten könnte diesen ‚Fokus‘ bzw. die ‚Struktur des Films‘ in eine
oder andere Richtung getrieben werden, wobei dieser Prozess äußerst produktiv sein könnte, da man
mit einem bestimmten Fokus in die Produktion hineingeht.
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Beispiel / Dokumentarfilm von Uroš Zavodnik
‚Jože Ciuha – A Painter of His Time‘
Wie der Dokumentarfilm/Künstlerportrait vom Regisseur und Drehbuchautor Uroš Zavodnik
durch den Prozess mit dem Produzenten, slowenischen Nationalrundfunk (RTV TV Slowenien),
entstanden ist usw. Wie die Synopsis und der Treatment ausgeschaut sind…
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Die Produktion, die Dreharbeiten, wie haben sie verlaufen, was war anders als in der Synopsis
und im Treatment vorgesehen war usw.
Synopsis (short):
The artistic opus of painter Jože Ciuha, who besides in Ljubljana put down roots on the island
of Šipan and in Paris impressed the French art critic, poet, playwright and essayist Alain
Bosquet, who wrote: »Rare are the painters of our time who live, like we say, in the outer
realms of time.«
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Als Filmemacher (Regisseur) erlebt man dies und jenes bei den Dreharbeiten. Allerdings, durch den
Fokus, die Struktur, die man im Voraus mitbringt, wird die Reise desto kreativer und die Geschichte
stellt sich mosaikartig zusammen. Ohne diesen Fokus kann man bei den Dreharbeiten einigen Wochen
nur dazu verbringen, nach ein Thema und den Sichtpunkt (‚Point of View‘) zu suchen, die dich stark
genug ansprechen, dich einfangen, wobei solche Dreharbeiten später, durch die Menge an Material,
einen großen Zeitaufwand im Prozess der Montage von dir fordern.
Beim Spielfilm stellt man die ‚mise-en-scène‘ zusammen, also die ‚Realität‘, die die Fiktion greifbar
macht. Beim Dokumentarfilm filmt man die ‚Realität‘, die ‚mise-en-scène‘ ist also real, sie existiert
und so wird auch aufgenommen. Immerhin, sie wird aufgenommen durch die Perspektive des
Dokumentaristen (die Bewegungen in der Genre Dokumentarfilm, Kinoauge, Cinéma vérité, direct
cinema, wollten diese Perspektive eliminieren, nicht wahrnehmen; die Kamera als ‚die Fliege auf der
Wand‘ nimmt z.B. die Rolle eines neutralen Beobachters an; es hängt natürlich vom Thema, wann das
funktioniert und wann einen anderen Zugang benötigt ist).
Man beginnt die Dreharbeiten mit den bestimmten Erwartungen, immerhin, man muss flexibel sein,
die ‚Realität‘ kann dich überraschen und als ‚Dokumentarist‘ muss man darin das Potenzial für die
Geschichte, die zu erzählen ist, die Du erzählen willst, heraussehen. Es können sich die Konflikte, das
Drama herausheben, das deinen Dokumentarfilm mit der Spannung bereichern kann, wenn man das
am ‚realen Set‘ wahrnehmen kann. Als Dokumentarist muss man das wahrnehmen.
Wenn man weiß, was die Geschichte des Dokumentarfilms sein kann, in welche Richtung kann dich
die ‚Reise‘, um den Film zu schaffen, führen, kann man erst planen, mit welchen Charaktere
(Protagonisten) man zu tun hat, wo sich die ‚Locations‘ befinden usw. – Also die ‚Grundgeschichte‘,
die man vor der Dreharbeiten auf Grund der Recherche, die Kommunikation mit den Experten, den
Charakteren des Geschehens usw. schafft, ist äußerst wichtig. Denn, wenn bei den Dreharbeiten sich
wenig ergibt oder die Erwartungen in eine komplett andere Richtung geschleudert werden, kann man
durch die ‚Grundgeschichte‘ kreativ ‚mitschwimmen‘, ansonsten kann man sich in der gegebenen
Situation (‚Realität‘) verlieren und kein wertvollen Material, das das Interesse wecken kann und die
Geschichte bilden kann, schaffen.
Durch eine ‚Grundgeschichte‘, die sich durch die ‚neugierige‘ recherchieren ergeben hat, kann man in
der realen Welt vor der Kamera, in der Interaktion mit den Charakteren, ‚aktiv‘ antizipieren, besser
gesagt herausahnen, was für ein Material für den Film zu schaffen wird/ist. Dadurch ist man aktiv im
Prozess der Dreharbeiten beteiligt. Auch wenn bei den Dreharbeiten alles schief gehen wird, kann man
dadurch mit dem gewiesen Material zurückkommen (‚bomb-proof fallback plan‘).
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Wie wird die Geschichte auf der Leinwand funktionieren? Der Film ist ein visuelles Medium! Stellt
die Geschichte was Neues vor? Wie ist sie gegenüber den anderen solchen Geschichten tatsächlich
anders? Was stellt den ‚Überschuss‘ (‚surplus‘) in der Geschichte/Film vor? Hat man den Zugang, um
die Geschichte überhaupt zu erzählen? Ist sie machbar, realisierbar? Kann man den Zuschauer
konsistent in das Geschehen hineinsetzen?
Die Geschichte, die den Zuschauer ins Geschehen hineinziehen kann, das sie z.B. selbst nicht erleben
können, welches mit einer bestimmten Zeit und Ort Dimension gebunden ist, kann beispielsweise
gewisse Wirkung in sich haben.
Die Zugänglichkeit zu den Charakteren des Geschehens, zu den Locations (Drehgenehmigungen),
zum Archivmaterial usw., stellt gewisse Garantie, den Film zu realisieren, sowohl für den
Produzenten, wie auch für dich als Filmemacher. Immerhin, dass die Zugänglichkeit nicht vorhanden
ist (z.B. die gesperrte Archivmaterial, die die Lebenden konfrontieren kann), kann auch teils zum
Thema des Dokumentarfilms werden (beispielsweise in den Dokumentarfilmen von Michael Moore).
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Begrenzte Zugänglichkeit zum Material bzw. zum Charakter/Protagonisten des Geschehens
>Michael Moore / Roger & Me
Trailer : (http://www.youtube.com/watch?v=xPNmHPjkxdk)
Zugänglichkeit / ‚Exclusive‘ Zugänglichkeit (Wahlkampf : George W. Bush)
>Alexandra Pelosi / Journeys with George
Teil des Films : (http://www.youtube.com/watch?v=WEzTn1khVAM)
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Die Idee herauszuarbeiten und diesbezüglich die Zugänglichkeit zu den Charakteren (Protagonisten)
des Geschehens, zu den Informationen, welcher Authentizität man durch die verschiedenen Quellen
überprüfen kann, zu schaffen, ist es wichtig für einen Dokumentarfilm. Praktisch heißt es, dass der
Regisseur eine vertrauensvolle Beziehung zu den Quellen, Experten, Charakteren usw. aufbaut, die in
der Folge garantiert, die vorhabende Geschichte filmisch zu erzählen. Es geht um eine respektvolle
professionelle freundschaftliche Beziehung. Es ist also wichtig, durchgehend treu gegenüber das
Projekt zu sein, denn nur so ist eine respektvolle gegenseitige Beziehung möglich.
Filmisch zu sehen, gewinnt man dadurch auch die Kraft, einer Vision zu folgen, die manchmal weit
über die realistischen Rahmenbedienungen ausgedehnt ist. Man sucht in der Geschichte einen
Überschuss (‚surplus‘), also etwas, was besonders ist und sich dadurch den Film von den anderen
unterscheiden kann, denn viele Filme werden in der Welt produziert und man ist es gefordert, auf der
narrativen oder ästhetischen Ebene anders zu sein, um wahrnehmbar zu werden.
Als Dokumentarist setzt du dich neugierig mit der Idee/Thema auseinander, um das Konzept deiner
filmischen Arbeit herauszuarbeiten. Dadurch gewinnst du an der Leidenschaft gegenüber die
Idee/Thema, du wirst mit einem noch hohen Grad der Neugier geladen und so schleudert dich nichts
aus der Bahn, wenn du dich bei den Dreharbeiten plötzlich in einer Lage befindest, die uninteressant,
langweilig erscheint. Denn, neugierig wie du bist, suchst du darin nach der Relevanz, Aufregung,
Bedeutung, warum diese bestimmte Geschichte doch erzählt werden sollte. Dein Projekt mit der
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Leidenschaft zu präsentieren, hat eine große Bedeutung auch gegenüber den Produzenten, die du dazu
bewegen willst, dass sie dein Projekt finanziell unterstützen.
Die Leidenschaft des Filmemachers stellt sich heraus auch durch die Antwort auf die Frage:
Warum will man diese bestimmte Geschichte zu diesem Zeitpunkt erzählen?
Dadurch enthüllt sich nicht nur die Fähigkeit des Filmemachers, den Film produktionstechnisch
und inhaltlich zu schaffen, sondern auch seine Gebundenheit an das Thema/Material.
Man kann daraus sehen, den Filmemacher zieht das Thema persönlich bzw. emotional an.
Für welche Zielgruppe (Zuschauer) wird der Film überhaupt produziert (Fernsehen; Kino; Festivals;
Bildung; Museen;…). Es ist an der Bedeutung, auch an dies zu denken. – Letztendlich, nach der
Menge Arbeit in der Vorproduktion, Produktion und Postproduktion wird das Bedürfnis entstehen,
dass der Film das breite Publikum erreichen sollte. Wird der Film die Zuschauer ansprechen und
warum?
Wichtiger Fakt, den man beachten sollte: der Film ist ein visuelles Medium! – Ist die Geschichte
‚visuell erzählbar‘? Wenn nicht, könnte visuell erzählt werden?
Beispiel einer visuellen Erzählung:
‚IL CAPO‘ (gedreht in einem Steinbruch)
III. ERZÄHLUNG / STRUKTUR
Wenn du die Geschichte kennst, mit ihr anvertraut bist, kann es passieren, dass die Erzählung
eventuell befangen, einseitig und dadurch uninteressant wird?
Nicht unbedingt! Man muss offen sein, neugierig nach neuen Fakten streben. Man muss sich mit der
Geschichte objektiv weiterentwickeln, weiter forschen. Es ist notwendig, dass man die irgendwelche
Vorurteile, die im Voraus mitbringt, abschafft. – Außerdem, wenn du mit der Geschichte so sehr
anvertraut bist, dass du kein ‚wenn und aber‘ zulässt, warum willst du diese Geschichte überhaupt
erzählen? Warum willst du darin deine Energie verschwenden? Was ist deine Motivation?
Man konfrontiert sich mit den Informationen, man überprüft sie, man geht ihre Authentizität nach. Je
effizienter du deine Geschichte präsentieren kannst, desto besser wird deinen Film am Ende.
Wie erzählt man eine Geschichte?
Ganz am Anfang des Films steht normalerweise der ‚Hook‘ – d.h. ‚Angelhacken‘, der den Zuschauer
‚angeln‘ sollte, ihn aus seinen alltäglichen Gedanken herausreisen sollte, hinein in die Welt des Films.
Der ‚Hoock‘ kann ein Ereignis, eine Situation oder eine Figur/Charakter sein. Er funktioniert, wenn er
etwas Überraschendes zeigt, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu gewinnen, sie an sich zu
ziehen. Das funktioniert sowohl im Dokumentarfilm als im Spielfilm.
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Man muss immer erzählen, mit all den Mitteln, die man dazu hat, ansonsten wird keiner verstehen, um
was es geht (beim Film durch das Bild, den Ton, ‚mise-en-scène‘,…). Wir, die Menschen, sind einfach
so aufgezogen worden. Das ist die Art und Weise unserer Kommunikation, unseres Verständnisses –
uns die Geschichten zu erzählen, unseres Leben, wie auch die Geschichte unserer Zivilisation durch
die narrative-erzählerische Struktur greifbar zu machen.
Wie beim Spielfilm ist auch für den Dokumentarfilm im Vorteil, die Geschichte spannend an den
Zuschauer zu bringen. – Es stellt sich immer die Frage, wie bringt man die Geschichte spanend auf die
Leinwand! Auch der Dokumentarfilm kann die Spannung erzeugen wie einen Spielfilm.
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Beispiel #1:
Man hat das filmische und fotografische Archivmaterial aus einer Zeitepoche, das die damalige
Architektur und die Lebensweise der Menschen zeigt, dokumentiert; auch die alten Briefe; in
der heuteigen Zeit gibt es noch die Architektur, die allerdings größtenteils als die Ruinen da
steht; die Merkmale sind da und das schriftliche Material, das die Zeit vor der Erfindung der
Fotografie und Film darstellt usw.
Wie kann all das der Geschichte beitragen, wie man daraus was machen kann?
Kann man z.B. hier und jetzt noch was finden, was der Grund gibt, um zurück zu blicken, dass
man all das Material narrativ verwenden kann? Wie könnte es an das Interesse/Bedeutung
gewinnen? Was stellt das Material dar, wenn man es narrativ bzw. aus einem bestimmten
Standpunkt (Point of View) betrachtet?
Mann muss sich auch bewusst sein, jeder Dokumentarist wird aus dem gleichen Material einen
etwas anderen Film machen, betrachtet durch seinen Fokus (Point of View), den Stil usw.
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Dass jeder Dokumentarist aus dem gleichen Material einen etwas anderen Film machen wird, heißt es,
jeder geht mit dem Material anders um, jeder hat einen anderen Zugang zum Material/Thema.
Immerhin, jeder stellt sich die gleiche Frage: ‚Wie werde ich die Geschichte auf der Leinwand
darstellen? Wie gehe ich mit dem Material narrativ und ästhetisch um?‘
Für einen guten Dokumentarfilm, wie auch für ein Drama, ist es z.B. zum Vorteil, wenn man bei den
Charakteren (Protagonisten) die innere Spannung füllen kann und ihre Transformation (Änderung)
miterleben kann. Wenn diese ‚Transformation‘ nicht vorhanden ist, wirken die Filme oft ‚statisch‘,
ohne den Grund, warum sie auf der Leinwand gebracht worden.
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Beispiel #2:
Wie könnte ich erzählerisch im Film/Portrait vorgehen? – Beim Dokumentarfilm über den
Maler habe ich nach den Recherchen über ihn, über seine schöpferische Arbeit, durch die
Gespräche mit ihm und den Menschen rund um ihn usw. zum Schluss gekommen, dass ich
keinen Narrator im klassischen ‚V.O.‘ (Voice Over) haben will. Ich wollte, dass der Maler mir
seine Geschichte und zwar hier und jetzt erzählt. Dadurch habe ich einen anderen Zugang zur
Geschichte, zum Protagonisten, zu den Dreharbeiten gehabt, als wenn ich mich entschieden
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habe, die Geschichte des Malers durch den Erzähler in V.O. zu erzählen. Wie auch immer, ich
habe diese ‚Form‘ mit dem Vorwissen über ihn, über seine schöpferische Arbeit usw.
angetreten, mit der gewissen Vorstellung, wie meiner Film aussehen könnte und was ich für die
Produzenten, für das Fernsehen auch in der Form einer Synopsis und des Treatments zur
Kenntnis gegeben habe.
Durch diesen Zugang habe ich gewagt, einen etwas offenen und persönlichen Film zu machen,
denn der Weg war von vorn hinaus viel offener, unvorhersehbar. Ich konnte nicht mehr meine
Worte rüber legen, die ‚Authentizität‘ aus dem Archivmaterial konnte ich nicht durch V.O.
präsentieren, sie war gegeben, durch seine Worte, seine Erzählung. Ich konnte sie grafisch oder
visuelle hineinbringen, wobei ich sie durch die Montage auch in V.O. hineinbringen konnte,
immerhin, mit dem ‚Narrator‘ aus dem Archivmaterial (beispielsweise die Radioankündigung
aus dem Jahr 1945). Der Film wurde durch seine persönliche Note geprägt, welcher ich eine
stilistische und narrative Form gegeben habe, auch dadurch, dass ich neben der Regie auch die
Montage selbst durchgeführt habe.
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Es ist zum Vorteil, zugleich mit der Idee/Thema, die in dich das Interesse weckt, nachzudenken, was
für einen Zugang auf der narrativen und ästhetischen Ebene kann dich in die Welt des filmischen
Geschehens versetzen, wodurch du kreativ unterwegs sein kannst und was besonderes schaffen kannst.
Die Struktur – ohne sie könnte passieren, dass der Film unverständlich wird, nicht funktionieren wird.
Die Struktur ist die Anreihung von Ereignisse, die ‚strategisch‘ zusammen gelegt sind, die die
Emotionen wecken, einen Blickpunkt und die Aussage verschaffen, die eine spannende Geschichte
bilden (sowohl beim Spielfilm, wie auch beim Dokumentarfilm).
Die Ereignisse sind mit einer Änderung gebunden, die z.B. auf den Charakter/Protagonist den Einfluss
nehmen, die somit wahrnehmbar sind,…
Exposition…
Anfang / 1.Akt
[Exposition]
Mitte / 2. Akt
[Konfrontation]
Plot Point [1]
[S./Min. 1 – 30]
Ende / 3.Akt
[Auflösung]
Plot Point [2]
[S./Min. 30 – 90]
[S./Min. 25 – 27]
[S./Min. 90 – 120]
[S./Min. 85 – 90]
Das Paradigma der dramatischen Struktur des Films
(vgl. Field, 1987, S. 12; vgl. dazu auch Hant, 1992, S. 32 u. 75)
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