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Zahnersatz - Härtefallregelung
Normen
§ 55 Abs. 2 und 3 SGB V
Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zu den leistungsrechtlichen
Auswirkungen der Neuregelungen im Zahnersatzbereich ab 01.01.2005 vom 13.12.2004
Kurzinfo
Versicherte erhalten zum Zahnersatz einen zusätzlichen Festzuschuss, höchstens jedoch in Höhe der
tatsächlich entstandenen Kosten, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden. Versicherte, die
ansonsten unzumutbar belastet würden und die beim Zahnersatz ausschließlich die Regelversorgung in
Anspruch nehmen, erhalten von der Krankenkasse auch die ggf. im Einzelfall über den doppelten
Festzuschuss hinausgehenden tatsächlich entstehenden Kosten. Im Klartext heißt das, dass sog. Härtefälle
auch zukünftig 100 % der Kosten der Regelversorgung von der Krankenkasse erhalten. Derzeit wird auf der
Bundesebene darüber diskutiert, ob Versicherte bei nachgewiesener Allergie gegen Nichtedelmetalle bzw.
Nichtedelmetall-Legierungen Anspruch auf eine eigenanteilsfreie Regelversorgung mit einem gesundheitlich
verträglichen Werkstoff haben. Derzeit werden dazu noch unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten.
Wählen als Härtefall anerkannte Versicherte einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleichartigen
oder einen andersartigen Zahnersatz, zahlen die Krankenkassen lediglich den doppelten Festzuschuss.
Information
Inhaltsübersicht
1.
2.
3.
Individuelle Einkommensprüfung
Sonderregelung für bestimmte Personenkreise
Gleitende Härtefallregelung
1. Individuelle Einkommensprüfung
Versicherte, deren monatliche Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt 40 % der monatlichen Bezugsgröße
(2016: 1.162,00 EUR) nicht überschreiten, haben Anspruch auf volle Kostenübernahme im Rahmen der
Regelversorgung. Die Einkommensgrenze erhöht sich für den ersten im gemeinsamen Haushalt lebenden
Angehörigen um 15 % (2016: 435,75 EUR) und für jeden weiteren um 10 % (2016: 290,50 EUR) der
monatlichen Bezugsgröße.
Angehörige i.S.d. Härtefallregelung sind Ehegatten und Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz
sowie familienversicherte Kinder.
Die Prüfung, ob eine unzumutbare Belastung wegen geringer Einnahmen zum Lebensunterhalt vorliegt, ist
grundsätzlich für jeden Versicherten getrennt durchzuführen. Für die im Familienverbund zu
berücksichtigenden Angehörigen sind allerdings die gesamten Einnahmen zum Lebensunterhalt des
Familienverbundes bei Prüfung des Vorliegens einer unzumutbaren Belastung zu berücksichtigen. Das
bedeutet, dass nicht für jeden Versicherten einer im gemeinsamen Haushalt lebenden Familie eine separate
Prüfung der unzumutbaren Belastung durchgeführt werden muss.
Bei der Prüfung, ob eine volle Kostenübernahme im Rahmen der Regelversorgung aufgrund einer
unzumutbaren Belastung in Betracht kommt, ist im Allgemeinen von den Bruttoeinnahmen zum
Lebensunterhalt des Monats auszugehen, der dem Monat vorangeht, in dem der Heil- und Kostenplan zur
Genehmigung vorgelegt wird. Führt die Berücksichtigung nur eines Monats zu Ergebnissen, die nicht den
tatsächlichen Verhältnissen entsprechen (z.B. Teillohnzahlungszeitraum, stark schwankende monatliche
Einkünfte), ist für die Beurteilung ein längerer Zeitraum (z.B. drei Monate) heranzuziehen. Der Anspruch auf
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volle Kostenübernahme besteht nur für den zugrunde liegenden Leistungsfall.
Die getroffene Entscheidung bei Vorlage eines Heil- und Kostenplans bleibt grundsätzlich verbindlich. Dies
schließt jedoch nicht aus, dass bei einer wesentlichen Änderung der Einkommenssituation oder auf Antrag
des Versicherten bei Vorlage der Zahnarztliquidation eine neue Entscheidung getroffen wird.
2. Sonderregelung für bestimmte Personenkreise
Unter anderem bei Sozialhilfebeziehern, Arbeitslosengeld-II-Beziehern und Beziehern von
Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder dem SGB III wird unterstellt, dass sie unzumutbar belastet sind;
eine Einkommensprüfung erfolgt demnach nicht. Das gilt auch für in einem Heim untergebrachte Versicherte,
wenn die Unterbringungskosten ganz oder teilweise von einem Träger der Sozialhilfe oder einem Träger der
Kriegsopferfürsorge aufgebracht werden. Eine Heimunterbringung i.d.S. liegt nur vor, wenn der Versicherte in
dieser Einrichtung regelmäßig übernachtet.
3. Gleitende Härtefallregelung
Die sog. gleitende Härtefallregelung bei Zahnersatz ist an die befundbezogenen Festzuschüsse angepasst.
Danach zahlt die Krankenkasse zum Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen einen weiteren
einkommensabhängigen Betrag.
Versicherte mit einem Einkommen oberhalb der für die vollständige Kostenübernahme der Regelversorgung
festgelegten Grenze erhalten von der Krankenkasse den Betrag, um den die Festzuschüsse (einfacher
Festzuschuss) das Dreifache der Differenz zwischen den monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt
und der zur Erbringung eines zweifachen Festzuschusses maßgebenden Einnahmegrenze übersteigen. Die
Kostenübernahme insgesamt umfasst höchstens einen Betrag in Höhe der zweifachen Festzuschüsse,
jedoch nicht mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten.
Bei der Anwendung der "gleitenden Härtefallregelung" ist es unerheblich, ob der Versicherte den Zahnersatz
als Regelversorgung, als gleichartige oder andersartige Versorgung erhalten hat.
Grundsätzlich ist die gleitende Härtefallregelung auf jeden Heil- und Kostenplan einzeln anzuwenden.
Interimsversorgungen werden jedoch zusammen mit dem bleibenden Zahnersatz bewertet.
Die Feststellung des evtl. zusätzlichen Zuschusses kann wegen der ggf. notwendigen Begrenzung auf die
tatsächlichen Kosten regelmäßig erst nach Vorlage der Rechnung vorgenommen werden. Es sind
grundsätzlich die Bruttoeinnahmen in dem Monat vor Eingliederung des Zahnersatzes maßgebend.
Welche Einkünfte als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt zu berücksichtigen sind, ergibt sich aus dem
Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zu den Einnahmen zum
Lebensunterhalt vom 04.12.2013 .
Beispiel 1 (ohne Bonus):
Der Versicherte ist ledig.
monatliche Bruttoeinnahmen
Grenzbetrag 2016 nach § 55 Abs. 2 Satz 2
Nr. 1 SGB V 40 % der monatlichen Bezugsgröße
Unterschiedsbetrag
Unterschiedsbetrag × 3
(= zumutbare Belastung)
Festzuschuss (ohne Bonus)
Festzuschuss nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V
abzüglich Betrag für zumutbare Belastung
zusätzlicher Zuschuss der Krankenkasse
2
1.243,00 EUR
1.162,00 EUR
81,00 EUR
243,00 EUR
500,00 EUR
500,00 EUR
243,00 EUR
257,00 EUR
+ 257,00 EUR
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Gesamtzuschuss der Krankenkasse
= 757,00 EUR
Beispiel 2 (mit Bonus):
Der Versicherte ist verheiratet und hat zwei Kinder.
monatliche Bruttoeinnahmen
Grenzbetrag 2016 nach § 55 Abs. 2 Satz 2
Nr. 1 SGB V 40 % der monatlichen Bezugsgröße
15 % der monatlichen Bezugsgröße
10 % der monatlichen Bezugsgröße × 2
Gesamtgrenzbetrag
Unterschiedsbetrag
Unterschiedsbetrag × 3
(= zumutbare Belastung)
Festzuschuss (ohne Bonus)
+ Bonus (20 %)
Gesamtbetrag Festzuschuss
Festzuschuss nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V
abzüglich Betrag für zumutbare Belastung
zusätzlicher Zuschuss der Krankenkasse
Gesamtzuschuss der Krankenkasse
2.264,95 EUR
1.164,95 EUR
435,75 EUR
581,00 EUR
2.178,75 EUR
86,20 EUR
258,60 EUR
900,00 EUR
180,00 EUR
1.080,00 EUR
900,00 EUR
258,60 EUR
641,40 EUR
+ 641,40 EUR
= 1.721,40 EUR
Beispiel 3 (mit Bonus):
Der Versicherte ist ledig.
monatliche Bruttoeinnahmen
Grenzbetrag 2016 nach § 55 Abs. 2 Satz 2
Nr. 1 SGB V 40 % der monatlichen Bezugsgröße
Unterschiedsbetrag
Unterschiedsbetrag × 3
(= zumutbare Belastung)
Festzuschuss (ohne Bonus)
+ Bonus (30 %)
Gesamtbetrag Festzuschuss
Festzuschuss nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V
abzüglich Betrag für zumutbare Belastung
zusätzlicher Zuschuss der Krankenkasse
Gesamtzuschuss der Krankenkasse
3
1.208,00 EUR
1.162,00 EUR
46,00 EUR
138,00 EUR
400,00 EUR
120,00 EUR
520,00 EUR
400,00 EUR
138,00 EUR
262,00 EUR
+ 262,00 EUR
= 782,00 EUR
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