Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"

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Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Bericht des Expertenbeirates Tourismusstrategie
Österreich Tourismus auf dem
Weg in die Zukunft
Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft
1010 Wien │ Stubenring 1 │ www.bmwfw.gv.at
www.bmwfw.gv.at
Bericht des Expertenbeirats
"Tourismusstrategie"
Österreich Tourismus auf dem
Weg in die Zukunft
Martin Lohmann
Harald Pechlaner
Egon Smeral (Koordination)
Karl Wöber
Wien, Mai 2015
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Inhalt
1
Einleitung
1
2
Zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten im internationalen und österreichischen Tourismus bis 2020
5
2.1
2.1.1
2.1.2
2.2
2.2.1
2.2.2
3
4
5
Makroökonomische Rahmenbedingungen
5
Die kurzfristige Dimension
Die mittelfristige Dimension
5
7
Die touristische Situation in Österreich
11
Die nationale Entwicklung
Internationaler Vergleich
11
18
2.3
Mögliche Wachstumspfade für den österreichischen Tourismus
21
2.4
Zusammenfassung, Schlussfolgerungen und Maßnahmen
24
Destinationen auf dem Vormarsch
30
3.1
Einleitung
30
3.2
Hauptentwicklungstendenzen der letzten Jahre
30
3.3
Wohin geht der Weg?
35
3.4
Fazit
37
Informationstechnologische Werkzeuge im Tourismus – Messung von Angebot und Nachfrage
39
4.1
Informationstechnologische Entwicklung des Tourismus im Zeitraum 2010-2014
39
4.2
Das Informations- und Buchungsverhalten von Reisenden im Zeitalter elektronischer Medien
40
4.3
Bedeutung und Entwicklung der Vertriebskanäle
42
4.4
Die Macht der Online Travel Agencies (OTAs)
44
4.5
Ökonomische Betrachtung des elektronischen Distributionssektors
47
4.6
Handlungsempfehlungen
49
Trends in der deutschen Tourismusnachfrage für Österreich
5.1
5.1.1
5.1.2
5.1.3
5.1.4
5.2
5.2.1
5.2.2
5.2.3
5.2.4
5.2.5
Bisherige Entwicklungstendenzen der Tourismusnachfrage für Österreich am deutschen Markt
Die aktuelle Situation der Nachfrage für Österreich in Deutschland
Trends im Segment Urlaubsreisen
Trends im Segment Kurzurlaubsreisen
Nachfragestruktur (soziodemografisch/psychografisch)
Zukünftige Entwicklungstendenzen der Tourismusnachfrage am deutschen Markt
Allgemeine Entwicklung der Determinanten der touristischen Nachfrage
Präferenzen der Nachfrage im Hinblick auf Urlaub in Österreich (Interessentenpotential für
Österreich)
Trends Urlaubsreisen
Zukunft Kurzurlaubsreisen
Zukunft Nachfragestruktur (soziodemografisch/psychografisch)
I
51
51
51
52
60
62
64
65
67
69
70
71
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
5.3
Fazit
72
Literatur
75
Mitglieder des Expertenbeirates
79
Anhang: Prognosemodell
83
Abbildungen
Abbildung 1: Entwicklung der internationalen Touristenankünfte weltweit und in Europa
Abbildung 2: Realer Aufwand je Übernachtung, 2000-2014
7
14
Abbildung 3: Entwicklung der Aufenthaltsdauer von in- und ausländischen Gästen in Österreich 15
Abbildung 4: Österreichs Einnahmenmarktanteil am internationalen europäischen Tourismus
20
Abbildung 5: Entwicklung des realen Export-Marktanteils Österreichs in der EU-15 (1990-2020)
22
Abbildung 6: Förderung der Vernetzungsqualität
33
Abbildung 7: Trends bei den Urlaubsreisearten
58
Abbildung 8: Ziele von Kurzurlaubsreisen 2014 im In- und Ausland (Marktanteile in %)
61
Abbildung 9: Altersstruktur bei Urlaubsreisen nach Österreich, 2005 und 2014
62
Abbildung 10: Potentialentwicklung für Winterurlaub im Schnee, 2001-2015
69
Übersichten
Übersicht 1:
Wirtschaftswachstum nach Ländergruppen
Übersicht 2:
Übernachtungen und Umsätze im österreichischen Tourismus, 2000-2014
13
Übersicht 3:
Übernachtungen in Österreich nach Entfernung der Herkunftsmärkte, 2005-2014
16
Übersicht 4:
Nächtigungsentwicklung in den österreichischen Bundesländern, 2000-2014
17
Übersicht 5:
Nächtigungsentwicklung in Österreichs Landeshauptstädten, 2000-2014
18
Übersicht 6:
Nominelle Tourismusexporte – Marktanteil an der EU-28
19
Übersicht 7:
Entwicklung des österreichischen Einnahmenmarktanteils im internationalen
europäischen Tourismus nach Quartalen, 2000-2014
21
Marktanteile der Vertriebskanäle in Europa 2013 in % der Nächtigungen in
25 verschiedenen Ländern
43
Wie nehmen Hoteliers in der Schweiz die Online-Buchungsplattformen wahr?
46
Übersicht 8:
Übersicht 9:
II
8
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Übersicht 10: Wirtschaftliche Bedeutung der elektronischen Distributionssysteme in Österreich
48
Übersicht 11: Urlaubsreisen und Kurzurlaubsreisen: Nachfragevolumen Österreich (Ankünfte)
aus Deutschland (2014)
52
Übersicht 12: Eckzahlen der Urlaubsreisen-Nachfrage 2008-2014
53
Übersicht 13: Urlaubsreisen der Deutschen nach Österreich (1985-2014)
53
Übersicht 14: Stellenwert der Urlaubsreisen der Deutschen nach Österreich (2004 und 2014)
54
Übersicht 15: Ausgaben für Urlaubsreisen nach Österreich (2004 bis 2014)
55
Übersicht 16: Ziele von Urlaubsreisen im Sommer und Winter
56
Übersicht 17: Urlaubsreisen der Deutschen nach Österreich im Winter und Sommer
57
Übersicht 18: Dauer von Urlaubsreisen nach Österreich (2010 und 2014)
57
Übersicht 19: Ziele nach Urlaubsreisearten
59
Übersicht 20: Urlaubsreisearten in Österreich
59
Übersicht 21: Marktdimensionen Kurzurlaubsreisen aus Deutschland
60
Übersicht 22: Trendabschätzung – Urlaubsreisevolumen 2025
66
Übersicht 23: Kurzurlaubsreisen, Projektion bis 2025
67
III
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
1
Einleitung1)
Die weltwirtschaftlichen Turbulenzen gemeinsam mit den herrschenden wirtschafts- und geldpolitischen Instabilitäten im internationalen Umfeld, der Klimawandel sowie die massiven Strukturveränderungen im Konsumverhalten stellen für den österreichischen Tourismus immer größer werdende Herausforderungen dar. Die Verlangsamung des mittelfristigen Wirtschaftswachstums, die
hohe Arbeitslosigkeit sowie die zunehmenden wirtschaftlichen Unsicherheiten generieren Zukunftsängste und verschlechtern zusätzlich die Rahmenbedingungen für befriedigende touristische Wachstumsraten. Ein weiteres Hindernis für die Realisierung von stärkerem Wachstum im österreichischen
Tourismus stellt die Kapitalknappheit sowie die Eigenkapitalschwäche der Betriebe dar, wodurch
Investitionen zur Festigung der Wettbewerbsposition erschwert werden.
Obwohl sich in Europa eine leichte Besserung der gesamtwirtschaftlichen Situation abzeichnet, ist die
Lage als labil einzuschätzen, wobei die Gefahren, wieder in eine Rezession zu schlittern, nicht unerheblich sind. Die wirtschaftliche Entwicklung im Jahr 2014 blieb verhalten (um +1,0%), auch in den
Jahren 2015 und 2016 wird sich das Wirtschaftswachstum nicht spürbar beschleunigen.
Obwohl der Entschuldungsprozess anhält, belastet die noch immer hohe Verschuldung der privaten
Haushalte die Konjunkturentwicklung erheblich. Trotz günstiger Finanzierungsbedingungen kommen
die Investitionen nicht in Schwung, da die Unternehmen keine nachhaltigen Nachfrageperspektiven
wahrnehmen können. Eine weitere Abnahme der Inflationserwartungen und/oder ein Nachlassen
des Investitionsvertrauens kann im Euro-Raum eine Rezession mit Deflation auslösen.
Für den Euro-Raum ist es nicht ausgeschlossen, dass die abwärts gerichteten Kräfte durch den
Reformstau sowie durch eine eventuelle Euro-Vertrauenskrise ("Grexit") an Gewicht gewinnen und
erneut einen Abschwung auslösen könnten. Das Konjunkturbild für Kontinentaleuropa ist äußerst
kritisch zu beurteilen, zumal sich die Wirtschaftsleistung im Zeitraum 2008/2014 nur im Kriechtempo
entwickelt hatte; es fehlt die Zuversicht, die Schwung für die Zukunft erbringen könnte (OECD, 2014;
EC, 2015).
Der in letzter Zeit aufkommende Optimismus in Bezug auf die konjunkturelle Entwicklung im EuroRaum ist zum Teil auch institutionell getragen, zumal die EZB für die geplante expansive Geldpolitik
("Quantitative Easing") auch verbale Unterstützung benötigt. Im Rahmen des Programms sollen
Staatsanleihen im Wert von etwas über 1 Bio. Euro angekauft werden. Damit verspricht man sich
eine Ankurbelung der Investitionstätigkeit und eine Verhinderung der Deflation. Experten sind jedoch
der Ansicht, dass diese Geldschwemme eher zu Bilanzverkürzungen führen und auch weitgehend
wirkungslos sein dürfte, da dieses geldpolitische Manöver an keine Investitionsprogramme gebunden
ist. Der durch die expansive Geldpolitik der EZB ausgelöste Anstieg der Aktienkurse dürfte eher
1)
An dieser Stelle richten wir für die wertvolle Unterstützung bei der Textbearbeitung und der Tabellenerstellung ein
herzliches Dankeschön an Frau Mag. Susanne Markytan.
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Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Spekulationen auslösen, wobei stark negativ wirkende Rückwirkungen nicht ausgeschlossen werden
können.
Der österreichische Tourismus ist mit einem starken Strukturwandel konfrontiert: In diesem Zusammenhang müssen die Entwicklungsdiskrepanzen zwischen Städten und tourismusintensiven ländlichen Gebieten betont werden, wobei der Wachstumsvorsprung der städtischen Gebiete – bedingt
durch ihre Vorteile im Angebotsbereich, in der Infrastruktur, der leichteren Erreichbarkeit und der
wachsenden Urbanisierung – immer ausgeprägter wird. Weiters veränderten sich die saisonalen
Wettbewerbsvorteile.
So zeigen Analysen deutlich, dass eines der Flaggschiffe des österreichischen Tourismus – die Wintersaison – trotz der weiterhin hohen Spezialisierung in der Bedeutung abnimmt, wogegen Sommer und
Frühjahr Erholungstendenzen verzeichnen können. Das Nachlassen im Wintersportbereich kann zum
Teil auf das Demografieproblem (steigender Anteil älterer Bevölkerungsgruppen), den Klimawandel
(kürzere Winter, Schneemangel) und das stagnierende Interesse jüngerer Personen am Wintersport
bzw. die zunehmende Vielfalt an anderen Aktivitätsmöglichkeiten zurückgeführt werden.
Es muss auch bereits wiederholt hervorgehoben werden, dass sich die Tourismusangebote – vor
allem der tourismusintensiven ländlichen Regionen – an Kundenschichten mit nur geringer Nachfragedynamik richten und auf den relevanten Märkten eine hohe Preiskonkurrenz vorherrscht. Auch
stellt sich weiters die Frage, ob man die gegebenen Wachstumsmöglichkeiten aufgreifen und ein "ReEngineering" des Angebots durchführen will. Dabei geht es um die Schaffung "postmoderner"
Strukturen in Form von durch den Konsumenten beliebig kombinierbaren Erlebniskomponenten mit
hohem Erinnerungswert. Diese Angebotsformen haben einen hohen Differenzierungsgrad und tragen
damit zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit bei.
Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftszweig der österreichischen Volkswirtschaft. Die Tourismuswirtschaft erzielte im Jahr 2014 direkte und indirekte Wertschöpfungseffekte in der Höhe von
25,4 Mrd. Euro, das entspricht einem BIP-Anteil von etwa 7¾%. Die hohe Wertschöpfungskraft macht
die österreichische Tourismuswirtschaft nicht nur zu einem maßgeblichen Beschäftigungsgenerator,
sondern begünstigt auch als "Querschnittsmaterie" viele Berufszweige und jüngere Personen in
ländlichen Gebieten mit Standortnachteilen. Gegenwärtig beschäftigt der Tourismus nach Einrechnung der direkten und indirekten Effekte rund knapp 350.000 Personen (Basis: Vollzeitäquivalente –
VZÄ), das sind etwa 9½% der Gesamtbeschäftigung in Österreich (Erwerbstätige in VZÄ).
Aufgrund der hohen Bedeutung der Tourismuswirtschaft in Österreich und der Notwendigkeit zur
Setzung von Maßnahmen zur Optimierung der touristischen Entwicklung hat der Bundesminister für
Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft 2010 einen Expertenbeirat "Tourismusstrategie" ins Leben
gerufen. Hauptaufgaben des Expertenbeirats sind die Aufbereitung tourismuspolitisch relevanter
Entscheidungsgrundlagen im Rahmen eines Berichts bzw. touristische Probleme, Entwicklungstrends,
Wachstumschancen und Herausforderung aufzuzeigen sowie entsprechende Maßnahmen vorzuschlagen. Diesem Beirat gehören Wissenschaftler bzw. Tourismusexperten aus Deutschland (1),
2
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Italien (1) und Österreich (2) an (zu den einzelnen Personen siehe den Abschnitt "Mitglieder des
Expertenbeirats").
Der vorliegende 5. Bericht des Expertenbeirats konzentriert sich in erster Linie auf die potentiellen
touristischen Entwicklungsmöglichkeiten auf Basis der gegenwärtigen strukturellen Gegebenheiten
und der bevorstehenden Veränderungen der Rahmenbedingungen. Auf Wunsch der tourismusstrategischen Steuerungsgruppe werden in Sonderkapiteln die Perspektiven von Destinationen und
Organisationen, IT-Entwicklungstrends sowie die Trends in der deutschen Tourismusnachfrage für
Österreich analysiert.
Der vorliegende Bericht des Expertenbeirats wurde am 12. Mai 2015 abgeschlossen.
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Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
2
2.1
Zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten im internationalen und österreichischen Tourismus bis 2020
Makroökonomische Rahmenbedingungen
2.1.1 Die kurzfristige Dimension
Die Weltwirtschaft ist seit Mitte 2014 auf einem mäßigen Expansionskurs, wobei das Wachstum
durch eine Abschwächung des Welthandels im I. Quartal 2015 gedämpft wurde (Schiman, 2015b).
Wegen der Energieverbilligung ist die Inflationsrate in vielen Industrieländern rückläufig. Im EuroRaum gaben die kurzfristigen Geldmarktzinssätze weiter nach und befanden sich zeitweilig auf einem
neuen Tiefststand. Die langfristigen Zinssätze erreichten ebenfalls einen neuen Tiefstwert und
spiegelten damit das schwache Wachstum und die drohende Deflationsgefahr sowie die Erwartungen bezüglich des Ankaufs von Staatsanleihen durch die EZB wider (Glocker, 2015). Die Aktienkurse
im Euro-Raum zogen weiter an. Der Euro wertete sowohl nominell-effektiv als auch bilateral gegenüber dem Dollar erneut ab.
Das reale Bruttoinlandsprodukt der USA nahm in der zweiten Jahreshälfte 2014 weiterhin zu, im
Jahresdurchschnitt 2014 wurde ein Wachstum von 2,4% erzielt. Der Aufschwung in den USA wurde
jedoch zu Jahresbeginn 2015 durch die kräftige Dollar-Aufwertung gebremst. Die Zunahme des
privaten Konsums und der Investitionen schwächten sich ab. Der Rohölpreisverfall drückte die
Inflationsrate in den USA erstmals seit der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise unter 0%. Realeinkommenseffekte und die weitere Besserung der Arbeitsmarktsituation sprechen für eine weitere
rasche Steigerung des privaten Konsums.
Die japanische Wirtschaft kehrte nach dem durch die Mehrwertsteueranhebung ausgelösten Rückgang im ll. und lll. Quartal 2014 auf einen mäßigen Expansionskurs zurück. In den großen Schwellenländern waren die Grundtendenzen zum Jahresende weiterhin recht unterschiedlich: Während die
Expansion in China und Indien – gemessen an früheren Raten – weiterhin gedämpft war, ist diese in
Brasilien kraftlos geblieben; Russland steuert in eine Rezession (Glocker, 2015).
Die Konjunktur hatte im Euro-Raum im IV. Quartal 2014 etwas mehr Schwung als in den Quartalen
davor: Das stärkste Wachstum verzeichneten unter den großen Volkswirtschaften Deutschland und
Spanien, hingegen stieg die Wirtschaftsleistung in Frankreich nur geringfügig. In Italien stagnierte das
reale BIP nach einem seit Ende 2011 anhaltenden Rückgang. Griechenland verzeichnete erstmals seit
drei Quartalen wieder ein deutliches Minus; die Konjunkturschwäche könnte laut vorlaufenden
Indikatoren auch noch 2015 anhalten.
Zu Beginn 2015 ist das Stimmungsbild in der EU getrübt: Die restriktive Fiskalpolitik dämpft die
Binnennachfrage. Die äußert sich auch in der Entwicklung der Kerninflation, die eine Abwärtstendenz
zeigt (Schiman, 2015b); eine breite Erholung der Industrieproduktion zeigte sich in den letzten
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Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Monaten nur in Osteuropa. Insgesamt signalisieren die Stimmungsindikatoren für die EU und auch
den Euro-Raum eine Fortsetzung der mäßigen Expansion an. Die von der Europäischen Kommission
ermittelten Vertrauensindikatoren zeigen eine geringe Aufhellung des Wirtschaftsklimas im EuroRaum an, wobei die positive Entwicklung hauptsächlich von den Unternehmen getragen wurde,
wogegen sich der Vertrauensindex der privaten Haushalte verhalten entwickelte.
Die Zahl der Arbeitslosen war zu Jahresbeginn 2015 niedriger als ein Jahr zuvor. Dazu trug in erster
Linie die Entwicklung in Deutschland, Spanien und einigen kleineren EU-Ländern bei. Dagegen zeigte
die Arbeitslosigkeit vor allem in Italien, aber auch in Frankreich weiter steigende Tendenz. Die
Arbeitslosenquote war im Euro-Raum mit saisonbereinigt 11,2% um 0,6 Prozentpunkte niedriger als
im Jänner 2014 (Glocker, 2015).
In Österreich wuchs das BIP im Jahr 2014 nach einer vorläufigen Einschätzung gegenüber dem
Vorjahr real nur mäßig. Entgegen der Entwicklung im Euro-Raum und in Deutschland verschlechterte
sich die Konjunktur in Österreich in der zweiten Jahreshälfte, wobei die Schwäche des privaten
Konsums sowie die anhaltende Investitionszurückhaltung der Unternehmen das Ergebnis dämpften.
Die Ausfuhren nahmen zwar zu, der Anstieg fiel wegen des ungünstigen Exportklimas jedoch nur
mäßig aus. Die Importnachfrage nahm infolge der inländischen Nachfrageschwäche in der zweiten
Jahreshälfte 2014 deutlich ab.
Trotz der suboptimalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stiegen die internationalen Touristenankünfte 2014 mit +4,7% ähnlich stark an wie im Jahr davor (UNWTO, 2015). Damit reisten 1,14 Mrd.
Touristen grenzüberschreitend, was gegenüber 2013 einen absoluten Zuwachs um 51 Mio. an internationalen Touristenankünften bedeutete. Für Europa beliefen sich die relevanten Vergleichszahlen
auf 566 Mio. (2013) bzw. 588 Mio. (2014: +3,9%; UNWTO, 2015; vgl. Abbildung 1).
Von den im Welttourismus wichtigen Länderblöcken expandierten die internationalen Touristenankünfte am stärksten in Amerika (+7,4%) und Asien (+5,4%; inklusive pazifischem Raum). Alle
anderen Weltregionen wuchsen weniger kräftig als der globale Durchschnitt, wobei die Zuwächse in
Afrika (+2,3%) und Europa (+3,9%) deutlich schwächer ausfielen.
Das Europäische Wachstum ging vor allem auf die kräftige Expansion in Süd- und im mediterranen
Europa (+7%) sowie in Nordeuropa (+7%) zurück; Westeuropa wuchs mit +2% nur relativ schwach.
Zentral- und Osteuropa verzeichneten dagegen eine Stagnation der internationalen Ankünfte und
waren damit die einzigen Welt-Subregionen, die keine Expansion realisieren konnten.
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Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Abbildung 1: Entwicklung der internationalen Touristenankünfte weltweit und in Europa
1.200
1.100
1.000
Welt
Mio Ankünfte.
900
800
700
600
Europa
500
400
300
200
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Quelle: UNWTO.
2.1.2
Die mittelfristige Dimension
Das mittelfristige Wachstumspotential der Tourismusnachfrage von Wirtschaftsräumen oder einzelnen Quellmärkten hängt auf Basis von Ausgaben für Auslands- und Inlandsreisen entscheidend von
den möglichen gesamtwirtschaftlichen Zuwachsraten ab (Smeral, 2012a,b).
Unter den hochentwickelten Wirtschaftsräumen wird die Wirtschaft der USA im Prognosezeitraum
2014/2020 mit 2,8% pro Jahr am stärksten wachsen (Übersicht 1; Schiman, 2015a; OECD, 2014). In
den USA haben sich die Banken rascher erholt als im Euro-Raum, die Schulden der privaten Haushalte
wurden zügig abgebaut. Dieser relativ rasche Abbau der Privatschulden wurde auch durch eine
vergleichsweise schuldnerfreundliche Insolvenzgesetzgebung erleichtert bzw. begünstigt.
Im Prognosezeitraum wird die Fiskalpolitik der USA gemessen an der Neuverschuldung weiterhin expansiv bleiben. Aufgrund der relativ hohen BIP-Wachstumsrate geht die Staatsschuldenquote sogar
etwas zurück, wird jedoch 2020 noch immer rund 120% des BIP betragen.
Für den Euro-Raum wird erwartet, dass mittelfristig die Nachfrageschwäche nicht behoben werden
kann. Auch hat die Nachfrageschwäche mittlerweile die Inflation stark verlangsamt. Diese Entwicklung erschwert den Schuldenabbau, weil die in Schuldverschreibungen verbrieften Geldströme nicht
an Änderungen des Geldwertes angepasst, sondern im Hinblick auf die erwartete Inflationsrate fixiert
werden (Schiman, 2015a). Sind die Inflationserwartungen nun höher als die tatsächliche Inflation,
vergrößert sich der Realwert der Schulden, so dass ihr Abbau eine steigende Konsum- und
Investitionseinschränkung zur Folge hat. Durch die Abnahme der Inflation erhöhen sich die Realzinssätze, wodurch die Opportunitätskosten von Investitionsprojekten ansteigen und so deren
Rentabilität sinkt. Die Verlangsamung der Inflation führt weiters zu einer steigenden Arbeitslosigkeit,
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Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
da die Nominallöhne nach unten nicht flexibel sind, wodurch sich die Reallöhne nicht vollständig an
die gesunkene Arbeitskräftenachfrage anpassen können.
Übersicht 1:
Wirtschaftswachstum nach Ländergruppen
Durchschnittliche jährliche Veränderung in %
Ø 2004/2009
Ø 2009/2014
Ø 2014/2020
+3,8
+3,9
+3,7
Industrieländer
USA
+0,9
+0,9
+1,7
+2,2
+2,1
+2,8
Japan
EU
Euro-Raum
-0,3
+0,9
+0,8
+1,5
+1,0
+0,7
+1,0
+1,6
+1,3
Deutschland
Österreich
Frankreich
+0,6
+1,3
+0,7
+2,0
+1,3
+1,0
+1,3
+1,3
+1,0
Italien
Spanien
Großbritannien
-0,4
+1,6
+0,7
–0,4
-0,4
+1,8
+0,7
+1,7
+1,9
+3,6
+3,6
+3,9
+2,1
+2,7
+2,8
+2,9
+2,4
+2,5
+11,2
+8,6
+4,8
+8,5
+6,4
+3,6
+6,4
+6,2
+4,4
+3,7
+2,3
+3,0
Weltproduktion (BIP)
1)
MOEL-52)
Brasilien
Russland
China
Indien
Afrika
Lateinamerika
Quelle: Oxford Economic Forecasting, WIFO, eigene Berechnungen.
Tschechien, Ungarn.
1)
29 OECD-Länder.
2)
Polen, Slowakei, Slowenien,
Die Konjunktur wird zusätzlich durch Liquiditätsbeschränkungen gedämpft, die durch eine Verschärfung der Fiskalregeln zustande gekommen sind. D.h., in den nächsten Jahren ist eine expansive
Budgetpolitik nicht zu erwarten: Die neue Defizitregel der Euro-Länder schreibt vor, dass das um die
Konjunktur- und Sondereffekte bereinigte Budgetdefizit eines Landes höchsten 0,5% des BIP betragen darf (Schiman, 2015a). Weiters müssen die Schuldenquoten stetig abgebaut werden, auch die
Stagnation der Erwerbsbevölkerung wird das Wachstumspotential dämpfen.
Im Prognosezeitraum bis 2020 wird die durchschnittliche reale Wachstumsrate des BIP im Euro-Raum
etwa 1¼% betragen, so dass auch die Arbeitslosigkeit nicht signifikant gesenkt werden kann, die sich
in vielen Ländern zu verfestigen droht. Die Arbeitslosigkeit wird im Durchschnitt des Prognosezeitraums nur knapp unter 11% sinken, nach rund 11% im Zeitraum davor. Die Inflationsrate beträgt im
Durchschnitt 1,1% pro Jahr und liegt damit deutlich unter dem 2%-Ziel der EZB. Die im März 2015
eingeleitete "Geldschwemme" wird nur geringe realwirtschaftliche Effekte haben, da die Liquiditäts-
8
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
zuflüsse eher zu Bilanzverkürzungen verwendet werden, und gekoppelte Investitionsprogramme
nicht geplant sind.
Die deutsche Wirtschaft wird, im Gegensatz zur Periode davor, mittelfristig mit 1,3% pro Jahr im
Vergleich zum Euro-Raum nur etwa durchschnittlich expandieren. Deutschland produziert deutlich
mehr Waren und Dienstleistungen als im Inland verbraucht werden, wodurch im Laufe der Jahre der
Leistungsbilanzüberschuss merkbar zunahm. Studien zeigten, dass eventuelle Qualitätsvorteile keinen hinreichenden Erklärungsgrund für diese hervorragende Wettbewerbsposition darstellen, vielmehr sind es Lohnzurückhaltungen, die diese Stellung begünstigten (Vandenbussche, 2014). Seit der
Euro-Einführung stagnierten die Lohnstückkosten, wogegen diese in Frankreich um durchschnittlich
2% pro Jahr anstiegen. In den nächsten Jahren werden sich die Löhne in Deutschland (auch bedingt
durch die Einführung eines Mindestlohnes im Jahr 2015) wohl etwas stärker erhöhen als in den
Konkurrenzländern, jedoch wird der Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands weiterhin hoch bleiben,
da eine Währungsaufwertung nicht möglich ist.
Wegen des Rückganges der Nachfrage aus den Schwellenländern fehlt dem deutschen Export trotz
der Euro-Schwäche die Dynamik, wobei durch die Unterbewertung der deutschen Exporte die
Nachfrage nach den Exporten aus den anderen Euro-Ländern schwach ist. Insgesamt betrachtet
dämpft der Währungsverbund in der gegenwärtigen Wachstumsphase die wirtschaftliche Dynamik,
zumal eine Korrektur der Ungleichgewichte nur durch interne Auf-und Abwertungen über Realeinkommensanpassungen möglich erscheint. So gesehen müssten die Gläubigerländer über Realeinkommenserhöhungen aufwerten und die Schuldnerländer über Realeinkommenssenkungen abwerten. Bei den zu erwartenden politischen Wiederständen gegen solche Vorgangsweisen steht damit
der Euro-Verbund vor einer Zerreißprobe.
In Italien wird das reale BIP auch 2015 zurückgehen. Ab 2016 ist nur mit einer schwachen Entwicklung der Wirtschaftsleistung zu rechnen. Im Prognosezeitraum erzielt damit Italien mit +0,7% pro
Jahr das geringste Wachstum von den größeren europäischen Volkswirtschaften. Die mangelnde
ordnungspolitische Qualität bildet ein erhebliches Wachstumshindernis für Italien und beeinträchtigt
damit die Innovations- und Investitionskraft erheblich.
Seit der Existenz des Euro-Verbunds wuchs Österreich rascher als der Euro-Raum (+½ Prozentpunkt
pro Jahr; Breuss, 2013), im Prognosezeitraum bis 2020 ist das aber nicht mehr gegeben. In den
Jahren 2014 bis 2016 expandierte Österreich im Vergleich zum Euro-Raum unterdurchschnittlich, erst
2017 wird die Wachstumsrate Deutschlands und des Euro-Raumes wieder erreicht (Baumgartner,
Kaniovski und Pitlik, 2015). Im Durchschnitt des gesamten Prognosezeitraumes dürfte das durchschnittliche jährliche BIP-Wachstum Österreichs mit etwa 1¼% jenes des Euro-Raums nicht übersteigen: Die Ursachen des Verlusts des "Österreich-Bonus" liegen zum Teil darin, dass die strukturellen
Vorteile Österreichs in Bezug auf die Handelsbeziehungen mit dem ehemaligen "Osteuropa" nicht
mehr gegeben oder deutlich geringer geworden sind.
9
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Weiters wachstumshemmend ist die Reformträgheit, wobei insbesondere die Bereiche
•
Ausgabenseite des Budgets,
•
öffentliche Verwaltung,
•
Föderalismus,
•
Pensionen,
•
Gesundheit
•
sowie Ausbildung in allen Stufen
hervorgehoben werden müssen.
Aufgrund des mäßigen Wachstums der österreichischen Wirtschaft kann die Arbeitslosenquote nicht
gesenkt werden. Im Durchschnitt des Prognosezeitraumes wird sie auf etwas über 9% ansteigen und
damit die Arbeitslosenquote im Zeitraum davor um durchschnittlich etwa 2 Prozentpunkte übersteigen (Baumgartner, Kaniovski und Pitlik, 2015). Auch die Staatsschuld kann nicht deutlich gesenkt
werden und wird 2020 noch immer rund vier Fünftel des BIP betragen. Die Kaufkraft der Arbeitnehmer wird in den nächsten Jahren nicht ansteigen: Im Prognosezeitraum ist zu erwarten, dass die
Lohn- und Gehaltssumme pro Kopf real stagnieren wird, nachdem diese in der Periode davor um
durchschnittlich ½% pro Jahr zurückgegangen ist (Baumgartner, Kaniovski und Pitlik, 2015).
In Europa verzeichnen nur die MOEL-5-Länder (Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn)
befriedigende Wachstumsraten: Diese können nach durchschnittlich 2,1% pro Jahr im Zeitraum
2009/2014 im Prognosezeitraum bis 2020 eine Beschleunigung der mittelfristigen Dynamik auf knapp
3% pro Jahr erwarten und damit ein Wirtschaftswachstum in ähnlicher Größenordnung wie die USA
erzielen.
Die rasante Expansion der chinesischen Wirtschaft in der Vergangenheit brachte massive Umweltbelastungen sowie steigende Fehlallokationen mit sich. Dies wird in Zukunft das BIP-Wachstum Chinas
weiterhin dämpfen, wobei mittelfristig zusätzlich auch die Abnahme der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter eine Rolle spielt. Obwohl sich das Wirtschaftswachstum in China abschwächen wird, ist
die Wachstumsrate weltweit noch immer die höchste: Nach durchschnittlich 8,5% jährlichem
Wachstum in der Periode 2009/2014, wird für die Prognoseperiode bis 2020 nur mehr eine um etwa
2 Prozentpunkte niedrigere durchschnittliche jährliche Wachstumsrate erwartet. Weitere reale
Aufwertungen des Yuan dämpfen die Exportentwicklung. Die reale Aufwertung ist zum Teil auch
durch deutliche Lohnsteigerungen verursacht, die zu einer Stärkung der Mittelschicht und zu einer
Belebung der Binnennachfrage führten. Insgesamt gesehen befindet sich die chinesische Wirtschaft
in einer Übergangsphase von einem export- zu einem binnen-alimentierten Wachstum.
Die zukünftige Entwicklung Indiens ist im Gegensatz zu China durch ein relativ kräftiges Wachstum
der Erwerbsbevölkerung und eine relativ geringe Produktivitätssteigerung gekennzeichnet. Mit 6¼%
pro Jahr im Zeitraum 2014/2020 expandiert die Wirtschaft jedoch nur etwas schwächer als in der
Periode davor. Die Inflation bleibt mit etwas über 6% weiterhin hoch, der Leistungsbilanzsaldo bleibt
10
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
negativ. Die Erwartungen an die neue Regierung bezüglich Handelserleichterungen und Bürokratieabbau wurden bis jetzt nicht erfüllt (Schiman, 2015a).
Nach dem Auslaufen der positiven Mehrwertsteuereffekte wird das Wachstum in Japan, nach einer
Stagnation 2014, im Jahr 2015 mit nur knapp +1% mäßig ausfallen. Im Durchschnitt des Prognosezeitraums bis 2020 wird das Wirtschaftswachstum mit nur etwa durchschnittlich 1% pro Jahr relativ
schwach bleiben und gegenüber der Periode 2009/2014 (1,5% pro Jahr) zurück bleiben. Weiters werden die demografischen Probleme allmählich tragend: Der Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter beträgt weiterhin etwa 1% pro Jahr. Die Brutto-Staatsschuld wird im Durchschnitt des
Prognosezeitraums – ähnlich wie in der Periode davor – deutlich über 200% liegen.
In Russland hat sich die Konjunktur 2013 abgekühlt (+1,3%; OECD, 2014). Das Wachstum hat sich
2014 weiterhin verlangsamt, 2015 wird eine Rezession erwartet. Danach soll das Wachstum wieder
anziehen: Bis 2020 wird mit einem Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 2,5% pro Jahr
gerechnet.
Ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung in Russland ist der Ölpreis: Um ein ausgeglichenes Budget zu ermöglichen, müsste Rohöl etwa 115 US-Dollar je Barrel kosten (NIESR, 2013).
Sollte der Ölpreis länger signifikant unter dieser Grenze liegen, würde dies das Budgetdefizit mehr
oder weniger deutlich erhöhen. Neben den bei weitem noch zu niedrigen Ölpreisen gehen weitere
negative Auswirkungen von den Finanzierungserschwernissen aufgrund der Wirtschaftssanktionen
aus. Dies könnte dann Refinanzierungsprobleme oder sogar Zahlungsverweigerungen durch den
russischen Staat auslösen.
2.2
Die touristische Situation in Österreich
2.2.1 Die nationale Entwicklung
Die quantitative Entwicklung erbrachte im Jahr 2014 zum Teil Rekordwerte: So erreichten die
Touristenankünfte ein Volumen von 37,5 Mio. (+1,9%), wodurch neuerlich eine historische Höchstmarke realisiert wurde. Die Nächtigungszahlen des Jahres 2014 blieben mit 131,8 Mio. (–0,6%) nur
sehr knapp unter dem Rekordjahr 2013 (132,8 Mio., +1,2%). Die Entwicklung der realen Tourismuseinnahmen konnte jedoch mit quantitativen Steigerungen nicht mithalten. Die nominellen Einnahmen aus dem internationalen Reiseverkehr (Tourismusexporte) zeigten 2014 (+1,1%) zwar eine
leichte Steigerung, real sanken sie jedoch um –1,3%. Die Einnahmen im Binnenreiseverkehr stiegen
nominell um 1,1%, real sanken sie jedoch um –1,7% (Übersicht 2).
Grundsätzlich muss hervorgehoben werden, dass das internationale touristische Wachstum sowie
die Entwicklung des Österreich-Tourismus nicht isoliert von der weltwirtschaftlichen Entwicklung
gesehen werden dürfen. Hier muss berücksichtigt werden, dass sich das Wachstum der
Weltwirtschaft mittelfristig verlangsamt hat, wodurch sich die Rahmenbedingungen für die Entwicklung des internationalen Tourismus deutlich verschlechterten. Als Konsequenz kamen signifikante
11
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Rückgänge der touristischen Einkommenselastizitäten 2) zur Wirkung (Gunter und Smeral, 2014).
Anders ausgedrückt schlugen sich Einkommenssteigerungen in geringerem Ausmaß als in den
Perioden davor in Steigerungen der Tourismusnachfrage nieder. Ursachen hierfür waren die ansteigenden wirtschaftlichen Unsicherheiten seit der letzten globalen Finanz- und Wirtschaftskrise (im
Prinzip seit 2007): Es kam zu Urlaubsverzichten, Einsparungen durch Senkung der Aufenthaltsdauer
oder durch die Wahl billigerer Unterkünfte, weiters wurden Urlaubsbudgets zum Teil oder auch zur
Gänze zur Finanzierung notwendiger Konsumgüter sowie eines erhöhten "Vorsichtssparens" verwendet.
Die spezifischen Rahmenbedingungen für die Entwicklung des österreichischen Tourismus waren
damit denkbar ungünstig (BMWFW, 2015): Einerseits war die österreichische Tourismuswirtschaft
damit konfrontiert, das durch "Kaufzurückhaltung" geprägte labile Konsumklima sowie die von der
zögerlichen, schwunglosen und fragilen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ausgehenden negativen
Impulse zu bewältigen und in Geschäftserfolge umzumünzen. Andererseits hatten die Unternehmen
2014 zusätzlich die wetterbedingten Nachteile (Schneemangel im Winter und hohe Zahl an Regentagen im Sommer) zu verkraften.
In einer längerfristigen Betrachtung muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass die gesamten
realen Tourismusumsätze seit 2000 sowie die realen Umsätze im internationalen Reiseverkehr in
etwa stagnieren. Etwas kritischer ist jedoch die Entwicklung des realen Aufwands je Nacht zu
beurteilen. Diese Kennziffer drückt die Entwicklung der qualitativen Zusammensetzung der Nachfrage pro Übernachtung aus. Das bedeutet: Wählt der Gast im Zeitverlauf qualitativ höherwertige
Unterkünfte, entscheidet er sich für bessere Restaurants, sucht exklusivere Shops auf oder bevorzugt
höherwertigere Sport- und Kulturangebote, so wird diese Kennziffer ansteigen. Ein Rückgang dieser
Kennziffer ist zu verzeichnen, wenn sich die qualitative Zusammensetzung der Nachfrage je Nacht
vermindert bzw. im Zeitverlauf weniger anspruchsvolle Angebote nachgefragt werden.
2)
Die touristische Einkommenselastizität wird hier näherungsweise mit folgender Beziehung gleichgesetzt: Touristische Einkommenselastizität = %-Veränderung Tourismunachfrage/%-Veränderung Realeinkommen. Bei einer Elastizität von 0,5 würde z.B. eine Realeinkommenssteigerung um 1% einen Anstieg der Tourismusnachfrage um 0,5% bewirken.
12
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Übersicht 2:
Übernachtungen und Umsätze im österreichischen Tourismus, 2000-2014
Übernachtungen
Umsätze
Binnenreiseverkehr
Inländer
Ausländer
Insgesamt
Internat. Reiseverkehr
Nominell
Real
(Preise 2010)
Nominell
3.727
4.060
4.233
4.207
4.355
4.483
4.742
4.971
5.134
5.382
5.374
5.442
5.621
5.680
5.681
5.742
4.930
5.237
5.317
5.148
5.203
5.200
5.361
5.477
5.467
5.565
5.517
5.446
5.416
5.341
5.195
5.106
11.501
12.201
12.791
13.198
13.528
13.897
14.700
15.144
15.485
16.513
15.375
15.704
16.186
16.662
17.145
17.336
In 1.000
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
30.309
31.153
31.442
31.013
31.619
31.329
31.501
32.130
33.008
33.879
34.443
35.024
35.297
35.964
35.755
35.668
1)
Real
(Preise 2010)
Gesamtreiseverkehr
Nominell
Real
(Preise 2010)
14.837
15.373
15.746
15.864
15.901
15.885
16.366
16.531
16.463
16.997
15.648
15.703
15.510
15.629
15.694
15.496
15.228
16.261
17.024
17.405
17.883
18.380
19.442
20.115
20.619
21.895
20.749
21.146
21.807
22.342
22.826
23.078
19.767
20.610
21.063
21.012
21.104
21.085
21.726
22.008
21.930
22.562
21.164
21.149
20.925
20.970
20.889
20.601
+3,6
+2,4
+0,8
+0,2
–0,1
+3,0
+1,0
–0,4
+3,2
–7,9
+0,4
–1,2
+0,8
+0,4
–1,3
+6,8
+4,7
+2,2
+2,8
+2,8
+5,8
+3,5
+2,5
+6,2
–5,2
+1,9
+3,1
+2,5
+2,2
+1,1
+4,3
+2,2
–0,2
+0,4
–0,1
+3,0
+1,3
–0,4
+2,9
–6,2
–0,1
–1,1
+0,2
–0,4
–1,4
Mio. Euro
82.424
82.534
83.669
85.792
86.348
85.922
87.741
87.274
88.443
92.840
89.864
89.857
90.706
95.052
96.874
96.233
112.733
113.686
115.111
116.804
117.967
117.251
119.242
119.403
121.451
126.719
124.307
124.881
126.003
131.016
132.629
131.901
Veränderung gegen das Vorjahr in %
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
+2,8
+0,9
–1,4
+2,0
–0,9
+0,5
+2,0
+2,7
+2,6
+1,7
+1,7
+0,8
+1,9
–0,6
–0,2
+0,1
+1,4
+2,5
+0,6
–0,5
+2,1
–0,5
+1,3
+5,0
–3,2
–0,0
+0,9
+4,8
+1,9
–0,7
Quelle: Statistik Austria, OeNB.
+0,8
+1,3
+1,5
+1,0
–0,6
+1,7
+0,1
+1,7
+4,3
–1,9
+0,5
+0,9
+4,0
+1,2
–0,5
1)
+8,9
+4,3
–0,6
+3,5
+2,9
+5,8
+4,8
+3,3
+4,8
–0,1
+1,3
+3,3
+1,0
+0,0
+1,1
+6,2
+1,5
–3,2
+1,1
–0,1
+3,1
+2,2
–0,2
+1,8
–0,9
–1,3
–0,6
–1,4
–2,7
–1,7
+6,1
+4,8
+3,2
+2,5
+2,7
+5,8
+3,0
+2,3
+6,6
–6,9
+2,1
+3,1
+2,9
+2,9
+1,1
Einschließlich internationaler Personentransport.
Im Zeitraum 2000/2008 sank der reale Aufwand je Nächtigung nur leicht (um insgesamt knapp 2%),
seither ist er aber relativ stark zurückgegangen (2008/2014: insgesamt –12,3%; Abbildung 2). Diese
Tatsache lässt sich zum Teil auf eine generelle qualitative Verminderung der realisierten touristischen
Nachfrage zurückführen. Dies mag teilweise damit zusammenhängen, dass die Nachfragestrukturen
in vermehrtem Ausmaß massentouristische Züge annahmen bzw. immer mehr "Verbilligungstendenzen" durchschlugen. Dabei wirkten sich bei preisunelastischer Nachfrage kostengünstigere Packages
sowie der Preis-/Qualitätsdruck durch die Transparenz des Internet aus, wobei die ständig wachsende Zahl der Internetnutzer einen weiteren preis-/qualitätsdämpfenden strukturellen Faktor darstellt.
13
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Realer Umsatz je Übernachtung in Euro (Pr. 2010)
Abbildung 2: Realer Aufwand je Übernachtung, 2000-2014
190
181,3
183,0
180
179,9 178,9 179,8
182,2
184,3
180,6
178,0
170,3 169,4
170
166,1
160,1
160
157,5 156,2
150
140
130
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
Quelle: Statistik Austria, OeNB.
Betrachtet man die Entwicklungstendenzen seit dem Jahr 2000, fällt zusätzlich auf, dass die Tourismusnachfrage deutlich hinter der gesamtwirtschaftlichen Dynamik zurück blieb: So wuchs das österreichische reale BIP im Zeitraum 2000/2014 um durchschnittlich 1,4% pro Jahr, wogegen die preisbereinigten Tourismusumsätze stagnierten. Wegen des bereits sehr hohen Niveaus der Tourismuswertschöpfung in Österreich mag dies tolerierbar erscheinen, jedoch erzeugt ein längeres Nachhinken
eines Sektors hinter der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung einen wachsenden Kosten- und Gewinndruck, der sich negativ auf die Investitionskraft der Betriebe auswirkt. Eventuell fehlende Investitionen könnten in der Folge die Wettbewerbsfähigkeit erodieren, Marktanteilsverluste entstehen.
Ein Vergleich der realen Umsatzentwicklung mit der verständlicher kommunizierbaren Nächtigungsentwicklung lässt die Beurteilung der Entwicklungstendenzen günstiger ausfallen (vgl. Übersicht 2).
Seit 2000 konnte auf Basis der Übernachtungen eine Nachfragesteigerung von 1,1% pro Jahr und
2014 ein Nächtigungsvolumen von 131,9 Mio. erzielt werden. Dieses war zwar etwas niedriger
(–0,5%) als 2013, überstieg jedoch den historischen Höchstwert von 1992 immer noch um 1,1%.
Die Messung des Tourismus mithilfe quantitativer Größen wie Ankünften oder Nächtigungen kann
aber nur Teilausschnitte der Tourismuswirtschaft erfassen, da hier im Gegensatz zur Messung in
Umsatzgrößen Faktoren wie Qualität, Preise oder Nebenausgaben unberücksichtigt bleiben. Dieses
Vorgehen führt zu einer verzerrten Darstellung bzw. Unterschätzung des Tourismus in seiner ökonomischen Bedeutung, weil die wirtschaftliche Größenordnung der Tourismusnachfrage und ihre
Entwicklung nicht vollständig erfasst werden können. Hier muss jedoch betont werden, dass in vielen
Fällen Umsatzgrößen nicht verfügbar sind, so dass eben auf Ankünfte und/oder Nächtigungen als
alleinige Messgrößen zurückgegriffen werden muss.
14
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Weiters sind die Ziele der Messung des Tourismus von Bedeutung: So sind für die wirtschaftliche
Beurteilung des Tourismus oder seines Einflusses auf die Regional- oder Gesamtwirtschaft nur
monetäre Größen relevant, während im Hinblick auf die Evaluierung der Effektivität des Marketings
quantitative Maßzahlen wie Nächtigungen oder Ankünfte ebenfalls aussagekräftig sind.
In Bezug auf die Aufenthaltsdauer von in- und ausländischen Gästen ergab das Jahr 2014 einen
weiteren Rückgang um 2,4%, wobei sich die Dynamik gegenüber dem langfristigen Trend seit 2000
(durchschnittlich –1,5% pro Jahr) relativ kräftig erhöht hat (Abbildung 3). Dieses Reiseverhalten passt
zu den Erkenntnissen der Tourismusforschung, die kurz zusammen gefasst besagen, dass in Zeiten
mit relativ hohen wirtschaftlichen Unsicherheiten Einsparungen relativ oft bei der Aufenthaltsdauer
vorgenommen werden.
Abbildung 3: Entwicklung der Aufenthaltsdauer von in- und ausländischen Gästen in Österreich
5,4
5,2
5,0
Zahl der Übernachtungen
4,8
Ausländische Gäste
4,6
4,4
4,2
4,0
3,8
Inländische Gäste
3,6
3,4
3,2
3,0
2,8
Quelle: Statistik Austria, , eigene Berechnungen.
Die Nächtigungsentwicklung nach der Herkunft zeigt, dass im Kalenderjahr 2014 die Nachfrage der
inländischen Touristen leicht um 0,2% zurückging, jene der ausländischen Gäste dagegen etwas
stärker (–0,7%; Übersicht 3). Von den für Österreich wichtigen Herkunftsmärkten nahmen die Übernachtungszahlen aus China (+17,9%), den USA (+9,1%), Polen (+7,0%), der Slowakei (+6,2%), Kroatien
(+6,1%), Spanien (+6,0%) und der Tschechischen Republik (+3,1%) relativ kräftig zu, etwas mäßiger
entwickelte sich die Nachfrage aus Slowenien (+1,9%), Ungarn (+1,8%), Belgien und Luxemburg
(+1,7%), der Schweiz (+1,4%) und Rumänien (+1,1%). Die Nächtigungen von Gästen aus Großbritannien, Italien, Schweden sowie Dänemark stagnierten 2014 mehr oder weniger am Vorjahresniveau. Am niederländischen und französischen Markt waren mit –1,4% bzw. –1,8% leicht rückläufige
15
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Tendenzen zu verzeichnen, kräftiger fielen die Nächtigungseinbußen bei Touristen aus Deutschland
(–2,6%) – Österreichs wichtigstem Herkunftsland –, Japan (–3,4%) und vor allem Russland (–7,9%)
aus.
Übersicht 3:
Übernachtungen in Österreich nach Entfernung der Herkunftsmärkte, 2005-2014
2005
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
Veränderung gegen das Vorjahr in %
Insgesamt (In- und Ausland)
2005/2011 2011/2014
ø Jährliche Veränd. in %
+1,7
+4,3
–1,9
+0,5
+0,9
+4,0
+1,2
–0,5
+0,9
+1,5
Inland und benachbarte Herkunftsmärkte 1)
Inland
+0,9
+3,1
+1,3
+1,4
+2,2
+2,3
–0,1
+0,3
+1,9
+0,8
+0,5
+2,6
+1,7
+1,7
+0,8
+1,9
–0,6
–0,2
+1,9
+0,3
Deutschland gesamt
+0,1
+4,1
–2,6
–1,4
–1,6
+4,7
+2,5
–2,6
–1,2
+1,5
+1,9
Bayern
+0,2
+3,5
–0,3
–0,6
+2,3
+3,6
+1,8
+0,4
+0,1
Schweiz
–1,4
–3,8
+2,2
+4,3
+12,6
+6,6
+0,4
+1,4
+3,3
+2,8
Italien
+2,1
–2,5
+1,2
+0,2
–0,2
–3,2
–4,8
–0,0
–0,6
–2,7
+8,6
+27,9
+9,9
+0,9
+5,4
+2,2
+1,2
+3,1
+10,6
+2,2
+12,7
+8,7
–8,7
+0,7
+5,8
+1,6
–0,1
+1,8
+3,6
+1,1
Tschechien
Ungarn
Slowakei
Slowenien
Nicht benachbarte Herkunftsmärkte
Übriges Deutschland
+5,5
+31,6
+9,1
+9,6
+7,4
+5,2
+6,0
+6,2
+13,6
+5,8
+11,0
+13,6
+1,2
+2,2
+11,9
+5,6
+7,7
+1,9
+6,5
+5,0
+2,3
+5,3
–4,4
–0,3
–0,2
+5,4
+2,3
–1,2
+0,2
+2,1
+0,0
+4,3
–3,2
–1,7
–2,7
+5,0
+2,6
–3,4
–1,6
+1,3
Baden-Württemberg
+0,4
+2,8
+0,3
–0,0
+1,4
+4,2
+3,4
–0,9
+0,0
+2,2
Nordrhein-Westfalen
+4,1
+4,6
–7,0
–1,9
–4,5
+7,5
+0,3
–7,9
–3,3
–0,2
Mitteldeutschland2)
–0,3
+2,3
–1,0
–4,0
–4,3
+2,9
+5,5
–4,1
–2,0
+1,4
Norddeutschland3)
–1,1
+6,3
–5,2
–1,3
–7,3
+7,2
+4,0
–3,6
–2,7
+2,4
Ostdeutschland4)
Berlin
–1,2
+6,5
–2,8
–0,7
+1,1
+3,5
+0,9
–0,0
+0,8
+1,4
–12,7
+3,8
–0,5
–0,2
–2,2
+4,2
+1,8
+0,3
–1,4
+2,1
Niederlande
+2,7
+5,2
–1,2
–4,0
–1,9
+5,5
–2,7
–1,4
+0,4
+0,4
Großbritannien
+5,2
–0,3
–16,7
–0,3
–4,6
+2,5
+5,2
+0,6
–2,4
+2,7
Belgien und Luxemburg
+5,1
+3,3
–1,4
–2,0
+4,3
+0,4
+1,6
+1,7
+1,4
+1,2
Frankreich
–4,1
+1,9
+0,3
+2,7
+2,7
–0,9
–0,6
–1,8
+1,6
–1,1
Dänemark
+12,9
+5,4
–1,4
+0,9
–3,3
–1,2
+0,1
–0,8
+4,0
–0,6
Polen
+7,2
+34,0
–0,2
+2,7
+6,7
–2,6
+1,1
+7,0
+10,8
+1,8
USA
–2,0
–17,8
–7,4
+11,9
–3,2
+6,9
+6,3
+9,1
–2,4
+7,4
.
+40,6
–12,4
+23,3
+25,6
+18,9
+9,5
–7,9
+19,0
+6,2
+570,3
+41,3
–6,4
–2,2
+3,7
–2,6
–3,4
+1,1
+24,4
–1,7
+5,0
+19,1
–18,5
+9,4
–1,1
+5,3
+2,5
–0,7
+1,2
+2,4
Russland
Rumänien5)
Schweden
Spanien
+12,9
+4,8
–13,2
+8,0
+11,3
–4,5
–5,2
+6,0
+2,7
–1,3
Kroatien
+5,2
+15,2
–8,7
–9,4
–5,0
+0,2
–6,0
+6,1
+1,9
+0,0
Japan
+6,6
–10,3
–0,5
+1,3
+6,2
+16,1
–1,2
–3,4
–4,2
+3,4
China
+4,8
–3,5
–6,0
+20,4
+38,2
+37,0
+14,3
+17,9
+6,8
+22,7
Übriges Ausland
+0,5
+10,2
–8,9
+7,1
+10,0
+13,6
+6,6
+5,1
+5,7
+8,4
Ausland insgesamt
+2,1
+5,0
–3,2
–0,0
+0,9
+4,8
+1,9
–0,7
+0,6
+2,0
1)
2)
3)
Quelle: Statistik Austria. Einschließlich benachbartes Deutschland (Bayern). Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland. Nieder4)
sachsen, Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein. Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg, Mecklenburg-Vor5)
pommern. 2005: Schätzung.
In einer mittelfristigen Betrachtung des Zeitraumes 2005/2011 stiegen die Übernachtungen aus dem
Inland und den benachbarten Herkunftsmärkten (durchschnittlich +1,9% pro Jahr) deutlich an,
wogegen die Nachfrage aus den nicht benachbarten Herkunftsmärkten stagnierte (+0,2% jährlich).
Dagegen ergab sich für die Folgeperiode von 2011 bis 2014 eine – wenn auch nur äußerst mäßige –
16
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Tendenz zur Internationalisierung: So expandierten die Übernachtungen aus den nicht benachbarten
Herkunftsmärkten mit durchschnittlich +2,1% pro Jahr deutlich stärker als die Nachfrage von österreichischen Gästen und Touristen aus den benachbarten Herkunftsmärkten (+0,8% pro Jahr). Insgesamt ist jedoch für das Ziel, den Anschluss an den internationalen Wachstumstrend zu wahren und
die Steigerungsraten spürbar zu beschleunigen, das Gewicht der "Nahmärkte" mit 45% als deutlich zu
hoch zu bewerten.
Regional – insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung in den einzelnen Bundesländern – zeigten
sich erhebliche Unterschiede. Am stärksten stiegen die Nächtigungen 2014 in Wien, Niederösterreich
und dem Burgenland (Übersicht 4). Die Steiermark konnte geringfügig zulegen, in den anderen
Bundesländern sank die Nächtigungsnachfrage. Dabei fällt auf, dass sich der Nächtigungsrückgang
vor allem auf die tourismusintensiven Bundesländer konzentriert (Oberösterreich bildet hier eine
Ausnahme) bzw. ein Ost-West-Gefälle entstanden ist.
Übersicht 4:
Burgenland
Nächtigungsentwicklung in den österreichischen Bundesländern, 2000-2014
Kärnten
NiederOberösterreich österreich
Salzburg
Steiermark
Tirol
Vorarlberg
Wien
Österreich
Veränderung gegen das Vorjahr in %
2000
+3,8
–1,8
+1,1
–0,8
–0,5
+0,7
+2,3
+0,9
+2,0
+0,8
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
+0,0
+1,4
+0,1
–3,3
+6,3
+1,4
+4,8
+4,0
+2,1
+1,5
+0,8
+0,2
–2,9
+2,1
+1,4
+2,7
+0,9
–4,3
–1,3
–3,4
+4,0
+1,3
–1,6
–3,7
+1,2
+1,7
–0,9
–3,3
–1,5
–3,7
+3,5
+3,6
+0,3
+4,0
+4,3
+3,1
–1,3
+0,5
+3,2
+0,7
–3,0
+2,9
–1,3
–1,5
+0,4
–0,3
–0,1
+1,3
+1,6
+3,3
–1,2
–1,8
+3,4
+3,9
–2,2
–1,2
+2,8
+2,2
–0,2
+0,9
+2,9
+2,0
+0,7
+4,7
–3,3
+0,6
+0,3
+5,4
+2,2
–1,2
+2,7
+1,3
+1,1
–4,0
+2,1
+0,0
+3,1
+5,3
+0,8
+1,1
+1,8
+1,7
+1,3
+0,9
+1,3
+2,5
+0,9
–1,2
+2,0
–1,5
+0,2
+4,8
–1,9
–0,5
–0,2
+3,8
+1,7
–1,6
+1,0
+0,8
+0,5
–0,3
–0,1
–2,1
+2,6
+4,4
–1,7
+0,1
–2,4
+6,6
+3,0
–3,8
–0,4
–0,6
+4,2
+6,2
+3,9
+6,7
+3,3
+6,0
–3,8
+10,3
+5,0
+7,6
+3,7
+6,3
+1,3
+1,5
+1,0
–0,6
+1,7
+0,1
+1,7
+4,3
–1,9
+0,5
+0,9
+4,0
+1,2
–0,5
Quelle: Statistik Austria.
Deutliche Wachstumsdifferenzen zeigten sich auch in Bezug auf die touristische Entwicklung in den
Landeshauptstädten und den ländlichen Gebieten (Übersicht 5). Während in Wien die Nächtigungen
2014 mit +6,3% kräftig expandierten, war in Gesamtösterreich, ohne Berücksichtigung der Landeshauptstädte, ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen (–1,6%). In den Landeshauptstädten (ohne
Wien) nahmen 2014 die Übernachtungen gegenüber dem Vorjahr um insgesamt 5,2% zu. In
St. Pölten sank die Nächtigungsnachfrage um 2,0%, Linz verzeichnete eine Stagnation. Alle anderen
Landeshauptstädte konnten mehr oder weniger deutliche Zuwächse verbuchen.
17
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Übersicht 5:
Eisenstadt
Nächtigungsentwicklung in Österreichs Landeshauptstädten, 2000-2014
Klagenfurt
Sankt
Pölten
Linz
Salzburg
Graz
Innsbruck
Bregenz
Wien
Landeshauptst.
insgesamt
Österreich
o. Landeshauptst.
Veränderung gegen das Vorjahr in %
2000
+2,0
+2,5
+3,4
+2,3
+3,2
+5,0
+4,3
+13,3
+2,0
+2,8
+0,5
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
+10,8
–7,0
–3,0
–8,3
+17,4
+6,4
+14,1
–6,6
+10,2
–3,0
–0,8
–12,8
–2,5
+17,0
+2,5
–1,7
+3,6
–1,8
+4,8
+1,7
–6,5
+11,3
–7,1
+9,1
+6,1
–4,7
+1,0
+1,8
–2,5
+6,9
+4,1
+3,1
+6,9
+8,5
+8,8
+0,2
+5,7
+6,2
+4,1
+4,3
–7,1
–2,0
+0,6
–0,7
+0,8
+10,9
+6,1
–0,3
–1,4
–0,2
+9,5
–6,2
+7,1
+6,9
–2,3
+0,0
+2,2
–0,8
+3,0
+7,1
+2,3
+18,4
–3,5
–2,2
–2,2
+6,4
+4,6
+8,4
+2,7
+3,2
–0,2
+10,3
+21,8
–13,7
+1,5
+1,3
+5,6
+2,2
–1,0
+4,6
+10,2
+3,9
+4,3
+4,5
–1,7
–2,6
–2,2
+4,6
+2,9
+0,6
+4,9
+2,5
–9,9
+13,4
+0,6
+7,5
–0,1
+3,5
+0,3
+2,9
+2,8
+4,4
–1,0
+2,4
+16,2
–5,7
–0,6
+1,7
+3,1
+1,5
+3,1
+2,3
–0,4
–0,6
+4,2
+6,2
+3,9
+6,7
+3,3
+6,0
–3,8
+10,4
+5,0
+7,6
+3,7
+6,3
–0,0
–0,2
+4,2
+4,8
+3,6
+7,0
+2,4
+3,9
–3,3
+8,7
+4,9
+7,0
+2,9
+5,2
+1,4
+1,6
+0,9
–1,1
+1,5
–0,8
+1,6
+4,4
–1,7
–0,7
+0,3
+3,5
+1,0
–1,6
Quelle: Statistik Austria.
In einem langfristigen Vergleich zeigte sich eine starke Verschiebung zugunsten der Städte, vor allem
Wiens. Ursachen hierfür sind strukturell bedingte Vorteile der Städte, die vor allem im Angebotsbereich, in der leichteren Erreichbarkeit, der Infrastruktur sowie in der wachsenden Urbanisierung
liegen (Smeral, 2014). Diese Vorteile von Städten schlugen insbesondere seit 2003 deutlich durch und
sind nicht nur auf Österreich beschränkt, sondern auch international gegeben. Seit 2003 stiegen die
Nächtigungen in Wien mit +5% pro Jahr deutlich stärker als in den anderen Landeshauptstädten
(+2,9% pro Jahr) und etwa neunmal so stark wie im Bundesdurchschnitt ohne die Landeshauptstädte
(2003/2014: +0,6% pro Jahr).
Nach Saisonen differenziert verzeichnete – anders als in den drei Jahren davor – die Wintersaison
2013/2014 wegen des Schneemangels einen Rückgang (–1,6%), die Nächtigungen in der Sommersaison 2014 stiegen mit +1,1% leicht an. Eine ähnliche Entwicklungsstruktur zeigte sich auch auf Basis
der Umsätze (nominell: –0,6% Winter und +1,7% Sommer; rea:l –2,8% Winter und –1,1% Sommer).
2.2.2 Internationaler Vergleich
Im internationalen Vergleich verlor Österreich 2014 – gemessen an den nominellen Tourismusexporten der EU-15 – weiterhin Marktanteile (Abbildung 4). Während im Zeitraum 2000/2009 noch ein
leichter Ausbau möglich war, mussten seither Einbußen in Kauf genommen werden. Bezogen auf den
internationalen Tourismus in der EU-28 erreichte Österreich 2014 einen Marktanteil von 4,90%
(Übersicht 6). Auch auf dieser Berechnungsbasis waren gegenüber 2013 Verluste von 3,5% zu verzeichnen.
18
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Übersicht 6:
Nominelle Tourismusexporte – Marktanteil an der EU-28
2000
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
in %
EU 28
EU 15
Belgien-Luxemburg
Bulgarien
Dänemark
Deutschland
Estland
Finnland
Frankreich
Griechenland
Großbritannien
Irland
Italien
Kroatien
Lettland
Litauen
Malta
Niederlande
Österreich
Polen
Portugal
Rumänien
Schweden
Slowakei
Slowenien
Spanien
Tschechien
Ungarn
Zypern
100,0
90,15
3,71
0,54
1,82
9,27
0,25
0,70
16,37
4,54
10,82
1,30
13,70
1,38
0,07
0,20
0,39
3,59
4,86
2,84
2,61
0,18
2,00
0,21
0,48
14,85
1,48
1,87
0,67
100,0
89,68
4,50
0,82
1,66
9,81
0,33
0,73
14,81
4,49
10,29
1,61
11,90
2,51
0,12
0,31
0,34
3,52
5,40
2,12
2,59
0,36
2,24
0,41
0,61
16,10
1,63
1,38
0,57
100,0
89,51
4,27
0,80
1,62
10,15
0,31
0,73
14,35
4,44
10,73
1,66
11,81
2,44
0,15
0,32
0,32
3,51
5,13
2,22
2,60
0,40
2,68
0,47
0,60
15,83
1,82
1,31
0,54
100,0
88,67
4,06
0,96
1,59
9,78
0,28
0,77
14,68
4,21
10,47
1,64
11,55
2,50
0,18
0,31
0,36
3,61
5,06
2,86
2,76
0,43
2,86
0,55
0,62
15,64
1,87
1,28
0,53
100,0
87,74
4,12
1,06
1,59
10,09
0,30
0,82
14,46
4,40
9,16
1,61
11,67
2,76
0,20
0,31
0,37
3,37
5,43
2,96
2,77
0,50
2,60
0,68
0,68
15,66
1,97
1,51
0,51
2013/2014
2000/
2014
in %Pkt.
Ø VÄ
in %
in %
100,0
88,08
4,66
1,09
1,68
10,12
0,32
0,81
14,45
4,28
8,87
1,45
11,77
2,58
0,21
0,28
0,36
3,62
5,63
2,61
2,83
0,36
2,37
0,68
0,73
15,55
2,03
1,65
0,47
100,0
87,89
4,83
1,08
1,71
10,27
0,32
0,90
13,81
3,71
9,61
1,21
11,42
2,45
0,19
0,29
0,43
3,82
5,52
2,84
2,97
0,34
2,57
0,66
0,76
15,51
2,12
1,59
0,46
100,0
88,13
4,71
1,04
1,72
10,20
0,33
1,00
14,46
3,88
9,20
1,10
11,34
2,41
0,20
0,34
0,46
3,76
5,20
2,79
2,98
0,37
2,75
0,64
0,72
15,80
2,01
1,47
0,50
100,0
88,17
4,80
1,02
1,71
10,36
0,33
1,05
14,54
3,60
9,86
1,05
11,15
2,40
0,20
0,36
0,47
3,74
5,14
2,98
2,99
0,40
2,93
0,63
0,70
15,24
1,92
1,32
0,51
100,0
88,37
4,59
1,02
1,68
10,36
0,35
1,02
14,21
4,04
10,20
1,11
11,02
2,40
0,22
0,37
0,48
3,92
5,08
2,87
3,09
0,36
2,88
0,63
0,68
15,17
1,77
1,33
0,53
100,0
88,81
4,70
0,99
1,71
10,22
0,35
0,90
13,48
4,31
10,97
1,18
10,99
2,36
0,23
0,37
0,50
4,04
4,90
2,58
3,29
0,41
3,12
0,61
0,65
15,00
1,65
1,40
0,50
Quelle: IMF, OeNB, UNWTO, WIFO, wiiw. Ohne internationalen Personentransport. 2014: Schätzung.
19
+0,5 +0,44
+2,5 +0,11
–2,9 –0,03
+1,9 +0,03
–1,3 –0,14
+0,5 +0,00
–11,7 –0,12
–5,1 –0,73
+6,5 +0,26
+7,6 +0,77
+6,3 +0,07
–0,2 –0,02
–1,7 –0,04
+4,6 +0,01
–0,3 –0,00
+4,5 +0,02
+3,2 +0,13
–3,5 –0,18
–10,0 –0,29
+6,5 +0,20
+14,7 +0,05
+8,0 +0,23
–3,3 –0,02
–4,7 –0,03
–1,2 –0,17
–6,8 –0,12
+4,9 +0,07
–7,0 –0,04
–0,2
+0,1
+4,1
–2,3
+1,0
+2,6
+3,0
–1,1
–0,7
+1,1
–3,3
–1,4
–0,6
+9,2
+3,7
+1,9
+0,6
–0,7
+5,7
+1,4
+7,2
+4,3
+6,0
+2,3
–0,6
+2,1
–2,0
–1,5
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Abbildung 4: Österreichs Einnahmenmarktanteil am internationalen europäischen Tourismus
Gemessen an den nominellen Tourismusexporten der EU-15 ab 2000
5,5
5,02
4,95
5,0
4,82
4,75
4,86
4,66
In %
4,62
4,5
4,90
4,89
4,62
4,60
4,49
4,55
4,50
4,34
4,0
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
Quelle: IMF, OeNB, UNWTO, WIFO, wiiw. Ohne internationalen Personentransport. 2014: Schätzung.
Unter der Berücksichtigung, dass der österreichische Tourismus bis zum Jahr 2000 sehr starken
Strukturanpassungen sowie Redimensionierungen ausgesetzt war, ist eine längerfristige Betrachtung
ab diesem Zeitpunkt sinnvoll: So zeigt eine Analyse seit 2000, dass der österreichische Marktanteil im
europäischen Tourismus relativ stark schwankte bzw. nach Erfolgsphasen Perioden mit Marktanteilsverlusten folgten, jedoch 2014 – trotz der ungünstigen Rahmenbedingungen – der Marktanteil nicht
wesentlich vom Ausgangsniveau 2000 abgewichen ist.
Hinsichtlich der saisonalen Differenzierung der touristischen Wettbewerbsfähigkeit Österreichs kann
die quartalsweise Analyse wertvolle Hinweise liefern, wobei die Relation zwischen dem Quartalsmarktanteil und dem durchschnittlichen Jahresmarktanteil ein Indikator für den Grad der Spezialisierung ist bzw. seine Veränderung eine Maßgröße für den Strukturwandel darstellt (Übersicht 7).
Für das Jahr 2002 zeigt sich deutlich, dass der österreichische Tourismus im Bereich der Wintersaison
spezialisiert ist (die Relation Quartals- zu Jahresmarktanteil lag im I. Quartal deutlich über 1).
Die Entwicklung seit 2002 zeigte, dass Österreich im I. Quartal (die Wintersaison im engeren Sinn) bis
2006 seine Spezialisierung im Wintertourismus etwas steigern konnte, danach setzte auch aufgrund
von Marktanteilsverlusten ein leichter Abwärtstrend ein. In allen anderen Quartalen zeigen sich
keine Spezialisierungstendenzen, obwohl im IV. Quartal "Aufholtendenzen" bemerkbar sind.
20
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Übersicht 7: Entwicklung des österreichischen Einnahmenmarktanteils im internationalen
europäischen Tourismus nach Quartalen, 2000-2014
Gemessen an den nominellen Tourismusexporten der EU 15
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
Anteile in %
I. Quartal
12,08 12,29 12,08 12,74 12,30 11,55 12,84 12,94 13,25 12,48 12,06 12,24 11,44
II. Quartal
3,56
3,94
3,84
3,53
3,57
3,68
3,63
4,13
3,79
3,68
3,72
3,38
3,44
III. Quartal
4,57
4,87
4,70
4,43
4,23
4,16
4,45
4,74
4,71
4,51
4,38
4,39
4,36
IV. Quartal
4,70
4,87
4,61
5,30
5,21
5,47
6,10
6,06
5,60
5,30
5,21
5,18
4,86
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
Verhältnis Quartals-/Jahresmarktanteil
I. Quartal
2,1
2,1
2,1
2,1
2,2
2,0
2,1
2,0
2,1
2,1
2,1
2,1
2,1
II. Quartal
0,6
0,7
0,7
0,6
0,6
0,6
0,6
0,7
0,6
0,6
0,6
0,6
0,6
III. Quartal
0,8
0,8
0,8
0,7
0,7
0,7
0,7
0,7
0,7
0,8
0,7
0,8
0,8
IV. Quartal
0,8
0,8
0,8
0,9
0,9
1,0
1,0
1,0
0,9
0,9
0,9
0,9
0,9
Quelle: IMF, OeNB, UNWTO, eigene Berechnungen. Ohne internationalen Personentransport. 2014: Schätzung.
2.3
Mögliche Wachstumspfade für den österreichischen Tourismus
Im Rahmen des Berichts des Expertenbeirats wurde im Jahr 2012 ein ökonometrisches Prognosemodell entwickelt, das für den vorliegenden Bericht adaptiert und neu geschätzt wurde (Lohmann
et al., 2012, 2013 und 2014).
Bei der Modellbildung für die Tourismusexporte wurde angenommen, dass Österreich am internationalen Tourismuswachstum partizipieren kann. Das ökonometrische Modell (im Anhang befindet sich
eine Modellbeschreibung) erklärt die internationale Tourismusnachfrage in der EU-15 (entspricht den
realen Tourismusexporten der EU-15) in Abhängigkeit vom realen BIP der EU-15 und den relativen
Preisen (Export-/Importpreise). Die daraus resultierenden realen Tourismusexporte der EU-15 gingen
simultan in die Gleichung für Österreich ein, wodurch sich nach der Berücksichtigung der relativen
Preise (Exportpreise Österreich/Exportpreise EU-15) die realen Exporte Österreichs ableiten lassen.
Sonderentwicklungen wie Ostöffnung und 9/11 wurden mit Hilfe von "Dummy"-Variablen erfasst.
Die vorliegende mittelfristige Prognose bis 2020 geht von einer Inangriffnahme und spürbaren Fortschritten bei der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte aus. Staatsbankrotte der Euro-Problemländer sowie ein Zerfall des Euro-Raums werden ausgeschlossen. Weiters wird davon ausgegangen,
dass die politische Krise in der Ukraine friedlich gelöst wird.
Auf Basis der mittelfristigen Wachstumsannahmen ergab die Modellsimulation für die Prognoseperiode 2014/2020 bei den österreichischen realen Tourismusexporten eine Wachstumsrate von ¾%
pro Jahr, wogegen bei den realen Tourismusexporten der EU-15 laut Modell eine Wachstumsrate von
21
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
knapp 3,0% pro Jahr möglich ist. D.h., bei Konstanz der Verhaltensweisen (= Parameterkonstanz) – so
die Grundannahme von Prognosen auf Basis von ökonometrischen Modellen – kann trotz der Berücksichtigung der, wenn auch nur moderaten, internationalen Nachfragebelebung, keine höhere Exportwachstumsrate als +¾% pro Jahr erzielt werden, wodurch weitere Marktanteilsverluste entstehen
würden (siehe nachstehende Abbildung 5). Natürlich würde eine kräftigere gesamtwirtschaftliche
Expansion auch die österreichischen Tourismuswachstumsraten erhöhen, wobei jedoch der Wachstumsrückstand zur ebenso belebten touristischen Entwicklung in der EU-15 nicht verkleinert werden
würde, so dass weiterhin Marktanteilsverluste entstünden. Weiters könnte die österreichische
Exportwachstumsrate auch durch eine (im Vergleich zur EU-15) relative Verbilligung des österreichischen Tourismusangebots erhöht werden. Jedoch wirken sich gerade die Maßnahmen im Zuge der
Steuerreform nicht vorteilhaft auf die internationale preisliche Wettbewerbsfähigkeit aus. In diesem
Zusammenhang lassen sich nur die Auswirkungen der Mehrwertsteuererhöhung für Beherbergung
von 10% auf 13% quantifizieren, alle anderen Maßnahmen entziehen sich in Bezug auf das ausgelöste
Investitions- und Konsumverhalten einer Quantifizierung. Unter der Annahme, dass die durch die
Mehrwertsteuerhöhung ausgelöste Preissteigerung zur Gänze von den Konsumenten getragen wird,
gehen bei einer ökonometrisch gemessenen Preiselastizität der Auslandsnachfrage (= reale Tourismusexporte) von –0,36 die von den ausländischen Gästen insgesamt generierten realen Umsätze im
Jahresdurchschnitt einmalig um etwa 0,3% zurück (die Beherbergungsausgaben stellen nur etwa 30%
der Gesamtausgaben dar). Für die Binnennachfrage wird eine ähnlich geringe einmalige Wirkung
unterstellt. Insgesamt ist also der negative Preiseffekt auf die Gesamtnachfrage bereits auf
Jahresbasis klein und hat mittelfristig nur sehr geringe Auswirkungen auf das Prognoseergebnis.
Abbildung 5: Entwicklung des realen Export-Marktanteils Österreichs in der EU-15 (1990-2020)
Aktuelle bzw. prognostizierte Entwicklung und flexibler Trend
11
10
Realer Marktanteil in %
9
8
flexibler Trend des realen Marktanteils
aktuelle/prognostizierte Entwicklung des realen
Marktanteils
7
6
5
4
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020
Quelle: Eigene Berechnungen. 2015-2020: Prognosen. Der flexible Trend wurde auf Basis der von Hodrick-Prescott entwickelten Methode mit der Software EViews 8.1 ermittelt (Hodrick und Prescott, 1997).
22
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Für die Prognoseperiode wurden die relativen Preise unter Einrechnung der Effekte der Mehrwertsteuererhöhung in Österreich ab 2016 als konstant angenommen und keine Sonderentwicklungen ins
Kalkül gezogen, so dass die Tourismusnachfrage weitgehends nur durch das Wirtschaftswachstum
bestimmt wurde.
Die reale Nachfrage der Österreicher nach Inlandsaufenthalten wird gesondert aus der langfristigen
Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage Österreichs (reales BIP) seit 1995 abgeleitet, wobei eine Wachstumselastizität von rund 0,3 errechnet wurde.
In Bezug auf die Einschätzung der zukünftigen Entwicklung des Binnenreiseverkehrs muss angesichts
des hohen Niveaus und des hohen Sättigungsgrades davon ausgegangen werden, dass für die Periode 2014/2020 günstigstenfalls die Elastizität der Vergangenheit gehalten werden kann. Somit werden
bei einer erwarteten BIP-Wachstumsrate von rund 1,3% pro Jahr die realen Umsätze im Binnenreiseverkehr mit einer Wachstumsrate von ½% pro Jahr ansteigen.
Bei einem Vergleich der aktuellen Prognoseergebnisse mit denen des Vorjahres fällt auf, dass die
Größenordnungen der Resultate in etwa übereinstimmen (Lohmann et al., 2014), die Situation des
österreichischen internationalen Tourismus sich jedoch graduell verbesserte, wobei langsam wirkende strukturelle Verbesserungen schlagend werden.
Natürlich können durch die Forcierung rasch wachsender Auslandsmärkte und durch Qualitätsverbesserungen die Wachstumsraten erhöht werden, jedoch zeigten die in der Vergangenheit gesammelten Erfahrungen, dass eine rasche und effektive Internationalisierung erhebliche Anstrengungen
erfordert und nicht leicht umsetzbar ist. Dennoch haben wir optimistisch voraussehend angenommen, dass durch Internationalisierung und weitere Qualitätsverbesserungen eine Erhöhung der
Wachstumsrate der von der Auslandsnachfrage resultierenden realen Umsätze möglich ist, und eine
jährliche Wachstumsrate in der Größenordnung von 1½-2% pro Jahr eine erreichbare Zielgröße
darstellen sollte. Die Gesamtumsätze in realer Rechnung könnten damit um etwa 1½% pro Jahr
zunehmen.
Im Hinblick auf die Verbindung der quantitativen Indikatoren (Nächtigungen) mit monetären Größen
(realen Umsätzen) müssen Annahmen bezüglich der Entwicklung des realen Aufwands (Umsatzes) je
Nacht bzw. der Güte der qualitativen Entwicklung der Nachfrage je Nacht getätigt werden. Angesichts der seit 2008 stark rückläufigen realen Aufwendungen je Nacht (siehe Abbildung 2) sind wohl
zukünftige starke Qualitätssteigerungen nur schwer vorzustellen. Eher kann erwartet werden, dass
Maßnahmen getroffen werden, die den negativen Trend der Qualitätsverminderung stoppen und
eine leichte Verbesserung erlauben. Demnach sind Strategien, die nur eine mäßige Ausdehnung des
Nächtigungsvolumens anstreben, geeignet, die Umkehr in der Qualitätsentwicklung herbeizuführen.
Anders ausgedrückt heißt das, dass jährliche Nächtigungssteigerungen von signifikant über 1% pro
Jahr das Qualitätsziel konterkarieren würden. Demnach würde ein Nächtigungsvolumen von
140 Mio. Nächtigungen im Jahr 2020 (+1% Jahr) eine durchaus attraktive Zielgröße darstellen, die
außerdem leichte Qualitätsverbesserung erlaubt. Stärkere Nächtigungssteigerungen, die keine Verbesserung des realen Aufwands je Nacht erlauben, sind nicht anzustreben.
23
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
2.4
Zusammenfassung, Schlussfolgerungen und Maßnahmen
Die quantitativen Entwicklungstendenzen stellen Österreich ein gutes Zeugnis aus: So konnten die
Touristenankünfte im Zeitraum 2000/2014 um rund 2½% pro Jahr von 26,3 Mio. (2000) auf 37,6 Mio.
(2014; +11,3 Mio.) gesteigert werden, wobei sich die Entwicklung aufgrund des stärkeren Wachstums
der Ausländernachfrage seit 2010 beschleunigte (2010/2014: Gesamtnachfrage +3% pro Jahr; Ausländer: +3½% pro Jahr). Auf Nächtigungsbasis zeigte sich ein ähnliches Entwicklungsmuster, jedoch
waren die Zuwachsraten (Nächtigungen insgesamt – 2000/2010: +1% pro Jahr; 2010/2014: +1½% pro
Jahr) aufgrund der rückläufigen Aufenthaltsdauer geringer. Die Diskrepanz zwischen der Nächtigungs- und Ankunftsentwicklung bzw. die rückläufige Aufenthaltsdauer erklären auch zum Teil die
potentiellen Einnahmenverluste der österreichischen Tourismuswirtschaft. Dies wird umso deutlicher, wenn man von einer fiktiven Konstanz der Aufenthaltsdauer seit 2000 ausgeht: Eine solche
Rechnung bringt zu Tage, dass im Zeitraum 2000/2014 der Rückgang der Aufenthaltsdauer insgesamt
rund 30 Mio. Nächtigungen "gekostet" hat (das sind etwa 4,5-5 Mrd. Euro ).
Diese potentiellen Einnahmenverluste haben viele Ursachen:
•
Die zunehmende Produktdifferenzierung – auch beschleunigt von der zunehmenden Globalisierung – hat potentiell die zur Verfügung stehende Konsumzeit reduziert, wobei dabei zu
bedenken ist, dass sich auch die Zeitbudgets in den traditionellen Herkunftsmärkten nicht
wesentlich vergrößert haben.
•
Kleine Länder wie Österreich haben natürliche und klimatische Grenzen, die Produktvielfalt
auszudehnen.
•
Die relativen Transportkosten haben sich erheblich verbilligt und die Verkehrslogistik hat sich
stark verbessert, so dass jetzt schneller, günstiger und einfacher noch mehr Aktivitäten konsumiert werden können.
•
Der Zahlungsverkehr (Euro, Kreditkarten) sowie das informationspotential des Internets erleichtert die rasche und einfache Konsumation von verschiedenen Produkten an verschiedenen Orten.
Der österreichische Tourismus ist weiters mit einem starken Strukturwandel konfrontiert:
Der strukturelle Wandel begünstigt vor allem die touristische Entwicklung in den Städten, wogegen
die tourismusintensiven ländlichen Gebiete starke Schwierigkeiten haben, weiter zu wachsen. Die
Vorteile der Städte liegen im Angebotsbereich, in der Infrastruktur, in der leichteren Erreichbarkeit
und in der wachsenden Urbanisierung, wobei insgesamt die städtischen Erlebnisbündel genau in das
Nachfrageprofil der immer größer werdenden Gruppe der postmodernen Konsumenten passen.
Weiters zeigen Analysen deutlich, dass eines der Flaggschiffe des österreichischen Tourismus – die
Wintersaison – trotz der weiterhin hohen Spezialisierung an Bedeutung verliert, Markanteilsverluste
müssen in Kauf genommen werden. Die Einbußen im Wintersportbereich können zum Teil auf das
Demografieproblem (steigender Anteil von Bevölkerungsgruppen mit höherem Alter), den Klimawan-
24
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
del (kürzere Winter, Schneemangel) und das stagnierende Interesse jüngerer Personen am Wintersport bzw. die zunehmende Vielfalt an anderen Aktivitätsmöglichkeiten zurückgeführt werden.
Es muss auch bereits wiederholt hervorgehoben werden, dass sich die Tourismusangebote – vor
allem die der tourismusintensiven ländlichen Regionen – an Kundenschichten mit nur geringer Nachfragedynamik richten und auf den relevanten Märkten eine hohe Preiskonkurrenz vorherrscht. Auch
stellt sich weiters die Frage, ob man die gegebenen Wachstumsmöglichkeiten aufgreifen und ein "ReEngineering" des Angebots durchführen will. Dabei geht es um die Schaffung "postmoderner" Strukturen in Form von durch den Konsumenten beliebig kombinierbaren Erlebniskomponenten mit
hohem Erinnerungswert. Diese Angebotsformen haben einen hohen Differenzierungsgrad und tragen
damit zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit bei.
Die weltwirtschaftlichen Turbulenzen stellen gemeinsam mit den herrschenden wirtschafts- und
geldpolitischen Instabilitäten im internationalen Umfeld immer größer werdende Herausforderungen
für den österreichischen Tourismus dar. Die Verlangsamung des mittelfristigen Wirtschaftswachstums seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, die hohe Arbeitslosigkeit sowie die zunehmenden wirtschaftlichen Unsicherheiten generieren Zukunftsängste und verschlechtern zusätzlich die
Rahmenbedingungen für befriedigende monetäre touristische Wachstumsraten. Ein weiteres Hindernis für die Realisierung von höheren Erträgen im österreichischen Tourismus stellt die Kapitalknappheit sowie die Eigenkapitalschwäche der Betriebe dar, wodurch Investitionen zur Festigung der
Wettbewerbsposition erschwert werden.
Es muss auch berücksichtigt werden, dass sich das Wachstum der Weltwirtschaft mittelfristig verlangsamt hat, wodurch sich die Rahmenbedingungen für die Entwicklung des internationalen Tourismus deutlich verschlechterten. Als Konsequenz kamen signifikante Rückgänge der touristischen
Einkommenselastizitäten zur Wirkung (Gunter und Smeral, 2014). Anders ausgedrückt schlagen sich
Einkommenssteigerungen in geringerem Ausmaß als in den Perioden davor in Steigerungen der
Tourismusnachfrage nieder. Ursachen hierfür sind die ansteigenden wirtschaftlichen Unsicherheiten
seit der letzten globalen Finanz- und Wirtschaftskrise (im Prinzip seit 2007): Es kam zu Urlaubsverzichten und Einsparungen durch Senkung der Aufenthaltsdauer bzw. durch die Wahl billigerer
Unterkünfte. Weiters wurden Urlaubsbudgets zum Teil oder auch zur Gänze zur Finanzierung notwendiger Konsumgüter sowie eines erhöhten "Vorsichtssparens" verwendet.
Die spezifischen Rahmenbedingungen für die Entwicklung des österreichischen Tourismus waren
damit denkbar ungünstig: Einerseits war die österreichische Tourismuswirtschaft damit konfrontiert,
das durch "Kaufzurückhaltung" geprägte labile Konsumklima sowie die von der zögerlichen, schwunglosen und fragilen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ausgehenden negativen Impulse zu bewältigen und in Geschäftserfolge umzumünzen. Andererseits hatten die Unternehmen 2014 zusätzlich die
wetterbedingten Nachteile (Schneemangel im Winter und hohe Zahl an Regentagen im Sommer) zu
verkraften.
Der Blick in die Zukunft zeigt Hoffnung und moderate Wachstumschancen, die durch die geeigneten
Maßnahmen und Kooperation vergrößert werden können:
25
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Auf Basis der mittelfristigen Wachstumsannahmen ergab die Modellsimulation für die Prognoseperiode 2014/2020 bei den österreichischen realen Tourismusexporten eine Wachstumsrate von ¾%
pro Jahr, wogegen bei den realen Tourismusexporten der EU-15 laut Modell eine Wachstumsrate von
knapp 3,0% pro Jahr möglich ist. Es muss nicht betont werden, dass eine kräftigere gesamtwirtschaftliche Expansion in Europa auch die Tourismuswachstumsraten erhöhen würde. Dieses optimistische Szenario können wir zwar nicht ausschließen, halten es aber unter den absehbaren wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten für nicht realistisch.
In Bezug auf die Einschätzung der zukünftigen Entwicklung des Binnenreiseverkehrs muss angesichts
des hohen Niveaus und des hohen Sättigungsgrades davon ausgegangen werden, dass für die Periode 2014/2020 günstigstenfalls die Wachstums-Elastizität der Vergangenheit gehalten werden kann.
Somit werden bei einer erwarteten BIP-Wachstumsrate von rund 1,3% pro Jahr die realen Umsätze
im Binnenreiseverkehr mit ½% pro Jahr ansteigen.
Natürlich können durch die Forcierung rasch wachsender Auslandsmärkte und durch Qualitätsverbesserungen die Wachstumsraten erhöht werden, jedoch zeigten die in der Vergangenheit gesammelten Erfahrungen, dass eine rasche und effektive Internationalisierung erhebliche Anstrengungen
erfordert und nicht leicht umzusetzen ist. Dennoch haben wir optimistisch voraussehend angenommen, dass durch Internationalisierung und weitere Qualitätsverbesserungen eine Erhöhung der
Wachstumsrate der von der Auslandsnachfrage resultierenden realen Umsätze möglich ist und eine
jährliche Wachstumsrate in der Größenordnung von 1½%-2% pro Jahr eine erreichbare Zielgröße
darstellen sollte. Die Gesamtumsätze in realer Rechnung könnten damit um etwa 1½% pro Jahr
zunehmen
Im Hinblick auf die Verbindung der quantitativen Indikatoren (Nächtigungen) mit monetären Größen
(realen Umsätzen) müssen Annahmen bezüglich der Entwicklung des realen Aufwands (Umsatzes) je
Nacht bzw. der Güte der qualitativen Entwicklung der Nachfrage je Nacht getätigt werden. Wir gehen
davon aus, dass Maßnahmen getroffen werden, die den negativen Trend der Qualitätsverminderung
stoppen und eine leichte Verbesserung erlauben. Demnach sind Strategien, die nur eine mäßige
Ausdehnung des Nächtigungsvolumens anstreben, geeignet, die Umkehr in der Qualitätsentwicklung
herbeizuführen. Anders ausgedrückt heißt das, dass jährliche Nächtigungssteigerungen von signifikant über 1% pro Jahr das Qualitätsziel konterkarieren würden. Demnach würde ein Nächtigungsvolumen von 140 Mio. Nächtigungen im Jahr 2020 (+1% pro Jahr) eine durchaus attraktive Zielgröße
darstellen, die außerdem leichte Qualitätsverbesserung erlaubt. Stärkere Nächtigungssteigerungen,
die keine Verbesserung des realen Aufwands je Nacht erlauben, sind nicht anzustreben.
Die Ursachen der Wachstumsschwierigkeiten des österreichischen Tourismus sind nicht neu und
wurden schon mehrmals aufgezeigt. Aus diesen Gründen haben auch einige der vorgeschlagenen
Maßnahmen partiell nur einen eingeschränkten Neuheitswert. Auf Probleme nicht mehr hinzuweisen, weil sie zum Teil nicht mehr neu sind, ist ein nicht befriedigender Lösungsansatz, zumal auch bei
weiter bestehenden Problemen beständig ihre Beseitigung bzw. die spürbare Milderung eingefordert
werden sollte. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die bis jetzt gesetzten
Maßnahmen wegen ihrer strukturellen Wirkungen zum Teil nur schrittweise getroffen wurden, vor
26
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
allem da auch die Trägheit der Angebotsanpassung in Rechnung zu stellen ist. Auch die Breitenwirkung und die Intensität der Maßnahmen fielen noch zu gering aus, so dass die Defizite zwar
teilweise kleiner wurden, aber weiter bestehen blieben.
Einige Vorschläge des letzten Expertenberichts im Bereich der Finanzierung und Förderziele (Lohman
et al., 2014) wurden bereits erfolgreich umgesetzt: So bestanden wesentliche Neuerungen darin, die
Förderungszuschüsse vor allem auf Schwerpunkte wie Saisonverlängerung, Betriebsgrößenoptimierung und Energieeffizienz zu konzentrieren. Die Abwicklung der Förderung wurde wie bisher von der
Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) nach dem "One-Stop-Shop-Prinzip" durchgeführt.
Weiters erfreulich ist, dass aufgrund einer neuen Kooperation mit der Europäischen Investitionsbank
die Finanzierungsschwelle für zinsbegünstigte Kreditmittel auf 700.000 Euro (vorher eine Mio. Euro)
deutlich gesenkt werden konnte.
Mit den geschaffenen neuen Richtlinien wird auch die Innovationsförderung von vorbildlichen
Leuchtturmprojekten im ländlichen Raum erleichtert. Die Förderung erstreckt sich nicht nur auf
Kooperationsprojekte, sondern auch auf einzelne Betriebe im ländlichen Raum.
Generell ist zu betonen, dass die Ansätze zur verstärkten Kooperation bei der Umsetzung einer gemeinsamen Tourismusstrategie deutlich sichtbar sind. Insbesondere hat sich die Zusammenarbeit
zwischen Bund und Ländern in den letzten Jahren bezüglich der Tourismusförderung ("Förderpyramide") stark verbessert bzw. auch verfeinert.
Insgesamt zeigte sich deutlich, dass sich seit den begonnen Anstrengungen des BMWFW (damals
BMWFJ) im Jahre 2010, neue tourismusstrategische Maßnahmen zu setzen, der österreichische Tourismus quantitativ belebte. Zur Weiterverfolgung und Optimierung des Erfolgs sind jedoch weitere
konsequente Vertiefungen und Verbreiterung der Bemühungen unerlässlich.
Für die Weiterentwicklung des österreichischen Tourismus gilt im Allgemeinen, dass die alte Erfolgsstory – der einzelne Betrieb ist das Zentrum der Angebotserstellung – überholt ist, vielmehr geht es
darum, gemeinsam ein integriertes Angebot mit Alleinstellungsmerkmalen und hohen Erinnerungswerten zu schaffen.
Grundsätzlich ergeben sich folgende wesentliche Ansatzpunkte zur Anhebung der touristischen
Wachstumsraten:
•
Die Internationalisierung ist weiterhin voranzutreiben bzw. das Gewicht von rasch
wachsenden Herkunftsmärkten muss erhöht werden: In diesem Zusammenhang ist zu
betonen, dass für eine erfolgreiche Internationalisierung eine signifikante Erhöhung des
Marketingbudgets der Österreich Werbung notwendig ist. Die weitere Internationalisierung
des österreichischen Tourismus bedeutet nicht nur, dass die Betriebe vom stärkeren
Wachstums in Übersee und den Schwellenländern profitieren, sondern sie können auch von
neuen Gästen und deren Informationen Nutzen ziehen, damit ihr Angebot verbessern und so
die Wettbewerbsfähigkeit steigern. In diesem Sinne wirken Internationalisierungsstrategien
wie Innovationen im touristischen Angebot, und die Erhöhung der spezifischen Marketingbudgets ist gleichbedeutend mit einer Innovationsförderung.
27
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
•
•
Die dabei zu bewältigenden Herausforderungen im Zuge einer Internationalisierung
liegen in einer verstärkten Bearbeitung der Märkte in den USA (hier vor allem der
Ostküste), Westeuropas, der MOEL, Australiens sowie der neuen Fernmärkte –
China, Südkorea, Japan, Taiwan, Indien, arabischer Raum und Türkei. Nach der
Entspannung der politischen Situation stellt auch Russland weiterhin ein erhebliches
Wachstumspotential dar.
Eine Internationalisierung muss jedoch beachten, dass auch angebotsseitig Schritte
notwendig sind. Hier ist vor allem an die Entwicklung geeigneter und wettbewerbsfähiger Produkt-Markt-Kombinationen auf Netzwerkbasis zu denken, wobei eine verbesserte Online-Distributionspolitik und eine generell verstärkte Verkaufsorientierung Unterstützung leisten würde.
•
Erhöhung der Effizienz der knappen Werbemittel: Diese Forderung ist alt, kann jedoch nicht
oft genug wiederholt werden. Durch eine bundesländerübergreifende Abstimmung der
Marketingbudgets bzw. der Marketingaktivitäten soll bei ähnlichen Themen (Berge, Wintersport, Flüsse, Seen, Dorfkultur, usw.) in einigen oder mehreren Ländern Vielfachwerbung
vermieden werden, wodurch Mittel für Fernmärkte und/oder spezielle Kampagnen freigesetzt werden könnten. Eine koordinierte Vorgangsweise sollte durch die Schaffung eines
bundesweit integrierten Markendachs unterstützt werden. Das Anstreben einer Eigenständigkeit in Bezug auf die weitere Etablierung einer länderspezifischen – nicht bundesweit
koordinierten – Markenarchitektur bewirkt gesamtwirtschaftlich ebenso suboptimale Ergebnisse.
•
Die Bildung von Destinationen ist weiter voranzutreiben, wobei die Bildung eines
Netzwerkcharakters im Vordergrund stehen sollte: Durch die ganzheitliche Integration
werden großbetriebliche Strukturen simuliert, die aufgrund von internen und externen
Produktivitätsgewinnen Wettbewerbsvorteile erwirtschaften können. Eine erhöhte Investitionskraft und ein verbessertes Humankapital (durch höhere Löhne) wären die positiven
Konsequenzen. Da integrierte Destinationen im Gegensatz zu rein betriebsspezifischen
Angeboten über eine differenziertere Angebotsstruktur verfügen, könnten die postmodernen Nachfragetrends besser genutzt sowie der sinkenden Aufenthaltsdauer entgegen gewirkt werden. Anders ausgedrückt, Konsumenten "kaufen" Erlebnisbündel und sind weniger
am betriebsspezifischen Angebot interessiert – in diesem Sinne ist der Betrieb nur ein
"Lieferant" an das Destinationserlebnis. Destinationen sollten ferner anstreben, Ausbildungsund Forschungs- sowie Design-Zentren oder auch andere Formen der "creative industries"
anzusiedeln und damit versuchen, die städtischen Erfolgsmodelle zu kopieren. Eine Vernetzung der regionalen Kompetenzen mit den Leistungen der geschaffenen Institutionen/Einrichtungen würde eine Basis für Synergien zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit darstellen. Anders formuliert sollte eine strategisch orientierte Tourismusförderung
in Zukunft weniger die Kernbereiche wie Hotellerie und Gastronomie, sondern die tourismusrelevanten begleitenden Dienstleistungen des Angebots im weiteren Sinne bzw. die Verlängerung der Wertschöpfungskette fokussieren.
28
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
•
Nachfragestimulierung durch Produktinnovationen und -differenzierung sowie Qualitätsverbesserung (erstreckt sich auch auf die öffentliche und betriebliche Infrastruktur): Ein
wichtiger Weg in diese Richtung wäre Authentizität zu simulieren bzw. durch radikale
architektonische Neuerungen in Bezug auf die touristischen Kernstrukturen, die Attraktionen
und die tourismusrelevanten Einrichtungen eine "neue Authentizität" zu erreichen, wobei in
Verbindung mit den angebotenen Aktivitätspotentialen regionale Alleinstellungsmerkmale
geschaffen werden können.
•
Berücksichtigung des Klimawandels: Auch wenn durch "wetterbedingte" Zufälle günstige
Winterergebnisse erzielt werden, steht fest – die Winter werden kürzer, milder und die
sogenannten "schneesichern Gebiete" werden weniger. Weiters muss berücksichtigt werden,
dass die Folgen des demografischen Wandels und die steigende Interesselosigkeit jüngerer
Bevölkerungsgruppen, Wintersport auszuüben, ihre Wirkungen zeigen. Die Hoffnungen,
Migrantenpotentiale (inklusive Nachkommen) sowie Wiedereinsteiger für den Wintersport
zu "aktivieren" müssen weitgehend auch als solche angesehen werden und haben nur
bescheidene Realisierungschancen bzw. eröffnen nur geringe Zuwachsmöglichkeiten. Schon
jetzt sollten die Angebotsstrukturen niedriger gelegener Wintersportorte zügig mit
Ganzjahreskomponenten (Tagungen, Wellness, Kultur, schneeungebundenen Sportarten)
bzw. attraktiven, vernetzten Freizeiträumen angereichert werden. Regionalpolitisch gesehen
wird es längerfristig auch zu einer teilweisen Umverteilung der Nachfrage vom alpinen Bereich zugunsten anderer (noch) tourismusextensiver Gebiete und den Städten kommen.
•
Die Tourismusforschung und die touristischen Vertiefungsrichtungen an den Universitäten
müssen gestärkt werden: Die Problembewältigung im österreichischen Tourismus benötigt
sowohl im praktischen als auch im politischen Bereich ein ausgeprägtes Verständnis für das
komplexe touristische System. Gut ausgebildete junge Menschen sind ein wichtiges Zukunftskapital. Wir empfehlen daher, die touristische Lehr- und Forschungstätigkeit an den Universitäten und Fachhochschulen nicht nur zu erhalten, sondern anzureichern und weiter zu stärken. Das Geschäftsfeld der Tourismusbranche wird immer komplexer und erfordert deshalb
eine langfristige Beobachtung der Entwicklungen in dieser Branche. Wir empfehlen folglich
eine nationale Forschungs- und Innovationsoffensive für den Tourismus. Die Umsetzung
dieser wichtigen Maßnahme kann durch die Einrichtung eines Forschungsförderungsfonds
mit einem kompetitiven Forschungsförderungsprogramm in Angriff genommen werden
(Lohmann et al., 2013 und 2014). Dabei sollte aufgrund der Knappheit von Forschungsmitteln
eine bundesweite Koordinierung der Tourismusforschung durchgeführt werden, so dass der
Rahmen von groß angelegten und notwendigen Grundlagenstudien gesichert ist, und Doppelgleisigkeiten bzw. die Zersplitterung der Forschungsbudgets vermieden werden können.
29
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
3
3.1
Destinationen auf dem Vormarsch
Einleitung
Destinationen sind wohl der zentrale Gegenstand der tourismuspolitischen und -managementspezifischen Diskussion in vielen Ländern. Dies gilt auch für Österreich mit einer langen Tradition in
der räumlichen Organisation des touristischen Erlebnisses. Budgetrestriktionen, ein gesellschaftlich
entsprechend legitimiertes Konsum- und Sparverhalten in Krisenzeiten sowie die teilweise radikalen
technologischen Innovationen sind der geeignete Boden für das In-Frage-Stellen des Bewährten und
des Bestehenden insgesamt. Dies gilt nicht zuletzt für das touristische Destinationsmanagement, das
sich im beträchtlichen Wandel befindet – sei es durch die Diskussion um zukunftsträchtige Lösungen,
sei es in der teilweise versuchten Umsetzung neuer oder verbesserter Ansätze. Was hat sich diesbezüglich getan in den letzten Jahren? Ausgangspunkt ist ohne Zweifel die von Privatwirtschaft und
Politik gewünschte Wettbewerbsfähigkeit des Tourismusmanagementsystems. Dabei spielen verschiedene Faktoren zusammen, die in sich zumeist zusammenhängen, allerdings bei entsprechender
Analyse der Strategieumsetzung in unterschiedlichen größeren und kleineren Tourismusregionen
nicht immer den Eindruck von Abstimmung, Koordination und Stimmigkeit bestätigen. Die Querschnittsfunktion des Tourismus erfordert insbesondere in der Gestaltung und Entwicklung von
Räumen und Regionen professionelle Kooperation und Koordination, was wiederum ein Grundverständnis von Kooperation und Qualität bei den entsprechend eingebundenen Akteuren in diesen
raumgebundenen Netzwerken verlangt.
Wenn sich die politischen Rahmenbedingungen ändern, und in der Folge kritische Fragen zur
Finanzierung der Tourismusorganisation gestellt werden, kommt es regelmäßig zu kontroversen
Debatten und häufig auch zu überstürzten Reformvorschlägen. In der Tat verlaufen die Änderungen
von Rahmenbedingungen im wirtschaftlichen, gesellschaftlichen oder technologischen Bereich
teilweise mit sehr hoher Dynamik, was wiederum hohe Flexibilität und Reaktionsvermögen bei den
Tourismusverantwortlichen benötigt. Allzu starre Regelungen zur Finanzierung einer Tourismusorganisation sowie allzu starre Spielregeln des Zusammenspiels von Gremien, Ausschüssen, Vollversammlungen und Strukturen insgesamt verlangsamen die notwendige Anpassung und die erforderliche Innovationsbereitschaft als Grundmotivation des Wandels.
3.2
Hauptentwicklungstendenzen der letzten Jahre
In den letzten Jahren sind in vielen Ländern Reformen eingeleitet oder umgesetzt worden, um
gemäß den veränderten Bedingungen auch die Schlagkraft von touristischen Regionen zu erhöhen. In
erster Linie wurden dabei räumliche Vergrößerungen in Betracht gezogen: der Schritt von einer
Tourismusregion hin zur Destination und von einer Tourismusorganisation hin zu einer Destination
Management Organization (DMO) erforderte dabei (zu) lange Diskussionen unter Beteiligung vieler
verschiedener Akteursgruppen, was die Komplexität der Prozesse und Strategien ersichtlich werden
ließ. Dabei ist es insbesondere die Akteursgruppe der Eigentümer und Betreiber von Beherbergungs-
30
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
und Gastronomieunternehmen, welche die Effektivität und Effizienz des Tourismusmanagementsystems einfordert und dabei nicht selten in Konfrontation zur Politik geht.
Kleinbetriebliche Strukturen aller Beherbergungsklassen spüren dabei im Besonderen die Abhängigkeit von einer professionell geführten Tourismusorganisation und der Notwendigkeit eines kooperativen Marketing- und Kommunikationssystems. Dies führt dazu, dass zwischen den größeren
Betriebseinheiten und deren Unternehmern Konfliktlinien ersichtlich werden und das Management
der Region und/oder Destination erschweren. Dabei kann es vorkommen, dass die Notwendigkeit
von Tourismusorganisationen zum Teil in Frage gestellt oder relativiert wird. Andererseits ist es
möglich, dass andere Marktteilnehmer das Beibehalten jener Strukturen, die auf den gegebenen
kooperativen (und kleinräumigen) Verhältnissen bestehen, in den Vordergrund rücken. Der (gefühlte) Verlust der Kontrolle über die Wertekette insbesondere bei professionell agierenden
Tourismusunternehmern führt letzthin stärker dazu, dass diese sich von der Tourismusorganisation
abwenden, indem sie – sofern möglich– die Mitgliedschaft beenden oder im Falle von Pflichtmitgliedschaften ihr Engagement reduzieren und die Sinnhaftigkeit der Organisation in Frage stellen –
was in einem auf Vertrauen basierenden Kooperationssystem auch keinen Vorteil bringt. Ineffiziente
Organisations- und Finanzierungsarrangements im Destinationsmanagement sowie eine größere
Markttransparenz und die damit einhergehenden Probleme bei der Gestaltung von professionellen
Vertriebssystemen lassen erkennen, dass die Kooperationseinheit Destination aus der Sicht spezifischer Akteursgruppen an Bedeutung verliert. Diese bilden beispielsweise kooperative Formen der
Angebots- und Produktentwicklung sowie des Marketings zwischen den Betrieben, entwickeln
Angebotsgruppen mit spezialisierten Produkterlebnissen, und treten auf diesem Wege zunehmend in
Konkurrenz zur traditionellen Tourismusorganisation. Man konnte damit in den letzten Jahren eine
Hinwendung zu thematischen Kooperationen durchaus feststellen, wobei die zu Tage tretenden
Ineffizienzen in den räumlich angelegten Destinationskooperationen diese Tendenz noch verstärken.
Vielerorts scheint sich diese Erkenntnis durchzusetzen, wobei dies einhergeht mit Überlegungen,
"dass solche überörtlichen, thematisch ausgerichteten Kooperationsformen in Zukunft die lokale
Kooperation in Destinationen (verstärkt) flankieren und damit zu einer steigenden organisationalen
Komplexität der touristischen Dienstleistungsproduktion beitragen" (Volgger, Pechlaner und Pichler,
2013, 70). Die hier dargestellte zunehmende Tendenz zu überörtlichen Kooperationen (insbesondere
zwischen Hoteliers) lässt sich aus der Motivation ableiten, durch die gewonnene Stärke auch
verstärkt auf die Entwicklungen der vertikalen Kooperation mit Attraktionspunkten Einfluss zu
nehmen.
Die Diskussionen und Entwicklungen des Destinationsmanagements der letzten Jahre zeigen, dass
zum Einen immer noch ein allzu starker Fokus auf den Destinationsraum vorhanden ist, der letztlich
einher geht mit räumlichen Abgrenzungen gegenüber anderen Destinationen, und zumeist geprägt
ist von politisch-administrativen Grenzen. Daher war dieser bisher kaum imstande, das zu erreichen,
was eine der Grundannahmen für die Destination war, nämlich aus der Sicht des (potentiellen)
Gastes die Grenzen des Bewegungs- und Erlebnisraumes zu ziehen (Pechlaner, 2003). Mehr noch
befinden sich viele Tourismuspolitiker in der Defensive, wenn es darum geht, bei der Überlegung zur
Einführung eines neuen Finanzierungssystems für die Tourismusorganisation die Vorzüge eines
Tourismusabgabensystems durch gesetzliche Regelungen zu legitimieren. Bei Betrachtung bestehen-
31
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
der Modelle erkennt man allzu sehr die räumliche Logik, welche der themen- und produktspezifischen Entwicklungslogik kaum Entwicklungsspielräume zugesteht, und damit beinahe wie ein
Korsett wirkt. Veränderungen im Tourismusmanagement- und -finanzierungssystem führen eher
dazu, größere Räume zu schaffen, was grundsätzlich sinnvoll ist (siehe Tirol oder Graubünden),
jedoch führen diese Entwicklungen zu beträchtlichen Veränderungen in den traditionellen Hierarchien, weil durch das Entstehen großräumiger Destinationen durch Zusammenlegung mehrerer
örtlich ausgerichteter Tourismusorganisationen neue Rollen bei Landes- und selbst nationalen
Tourismusorganisationen entstehen können.
Tourismusorganisationen auf örtlicher, überörtlicher, Landes- und nationaler Ebene stehen in einem
Zusammenspiel zueinander. Die Verteilung von Rollen und Prozessen und vor allem das Ineinandergreifen der Prozesse zwischen den verschiedenen Ebenen der Tourismusorganisation sind ausschlaggebend für die Destination Governance (Pechlaner, Pichler und Volgger, 2013). In den letzten Jahren
konnte man zunehmend beobachten, dass durch die Veränderungen der Tourismusorganisation auf
einer Ebene ein entsprechender Anpassungsbedarf auf anderen Ebenen notwendig wurde; diese
Einsicht folgt langen und oft kontroversen Diskussionen und verursacht ebenso Ineffizienzen im
Gesamtsystem, die sich dann auch negativ auf die Wahrnehmung der touristischen Akteure auswirken. Die Problematik liegt dabei häufig darin, dass die neu entstandenen Destinationen als Zusammenschluss von Orten einen interessanten Bewegungs- und Erlebnisraum aus Sicht des Gastes bilden
und obendrein auch die Akteure entlang der Wertekette diese Räume als sinnvoll erachten und sich
mit ihnen identifizieren, während landesweit agierende Tourismusorganisationen unter bestimmten
Umständen an Unterstützung verlieren, sofern sie nicht mit massiver Markenbildungs- und Marketingaktivität einen Nutzen stiften können. Dann jedoch treten sie in Konkurrenz zu national
agierenden Organisationen und Agenturen, die als großen Vorteil auf ihre Marktpräsenz und –
kompetenz verweisen können. Kooperationen mit räumlichem Schwerpunkt brauchen zunehmend
einen Themenfokus, um die Voraussetzungen für eine effektive Koordination (wie koordinieren?)
und entsprechenden Nutzen bei den Akteuren (wie kooperieren?) zu schaffen; Kooperationen mit
starkem Themenfokus brauchen aber auch die räumlichen Destinationen, um die Erlebnisse für den
Gast umsetzbar zu machen. Die Verbindung von Raum- und Themenfokus schafft die entsprechende
Vernetzungsqualität.
32
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Abbildung 6: Förderung der Vernetzungsqualität
Arbeitsgruppen_operativ
Ergebnis_dünn
Zufriedenheit
Kontakte_nützlich
Qualität
Know_how_
international
Effizienz_mehr
Greifbare Erfolge
Synergien_ausnutzen
Rotationsprinzip
Mitarbeiter_kompetent
Entscheidung
Vernetzungsqualität
"Clash of
governance
models"
Geld_sparen
Leadership
Heterogenität
Geschwindigkeiten_drei
Leistungsverkauf
Dreiklassengesellschaft
Vertrauen, Transparenz und
Informationsaustausch
Asymmetrie_
Professionalität
Vertrauen
Kontinuität_mehr
Kommunikation_
intern
Erfahrungsaustausch
Transparenz
Rollenverteilung
Quelle: Pechlaner und Volgger, 2014.
Die Digitalisierung führt obendrein dazu, dass sich die Betriebe des Tourismus zunehmend spezialisierten Online-Vertriebsplattformen zuwenden und damit einen weiteren Grund haben, die Effektivität einer Tourismusorganisation in Frage zu stellen. Dies führt innerhalb der Tourismusorganisationen zu einer zunehmenden Trennung von Produkt-Markt-Aufgaben einerseits (Branding, Vertrieb,
Marketing, Produktentwicklung) und den Grundaufgaben (z.B. Information, Lobbying, Gästebetreuung, Management von Infrastrukturen) andererseits. Wenn die unternehmerischen Akteure des
Tourismus die Produkt-Marktaufgaben der Tourismusorganisation zunehmend über andere Organisationen und Agenturen einkaufen, sinkt die Legitimität der Tourismusorganisation. Dies kann allerdings auch dazu führen, dass man beispielsweise über die Schaffung von Innovationspools
Plattformen schafft, welche den Betrieben bei entsprechender finanzieller Beteiligung die Möglichkeit geben, innerhalb der räumlichen Kooperation je nach Interesse und fokussiert auf Themen und
Spezialisierungen, zusammenzuarbeiten. Dabei wird die Mitfinanzierung der Tourismusorganisation
gesichert, die nicht mehr vollständig diese Produkt-Markt-Aufgaben finanziert, sondern sich nur
33
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
mehr anteilig engagiert, die Grundaufgaben hingegen weiterhin vollständig abdeckt (Pechlaner und
Osti, 2002).
Ein weiterer Aspekt, der mit der Professionalisierung der Tourismusorganisation einhergeht, ist –
insbesondere wegen der räumlich gesehen größer werdenden Ferienregionen – die Diskussion rund
um das Thema Markenbildung (siehe auch Lohmann et al., 2014). Länder und Regionen, aber auch
Landschaftsgebiete oder Städte, starten vermehrt Markenbildungsprozesse und entwickeln dabei
Dachmarken für das regionale Tourismusmarketing und die Standortförderung. Markenleitbilder
stellen dabei häufig den Versuch dar, auf der Basis von Kernkompetenzen und -werten jenes zentrale
Dach zu schaffen, das wie eine Klammer einen möglichst effektiven Destinationsraum mit seiner
Akteursdiversität zusammenhält. Marken sind Versprechen an den Markt und basieren auf spezifischen Identifikationen der Akteure mit den der Marke zugrunde liegenden Werten. Insofern sind
Markenbildungsprozesse ein steter Prozess, der immer wieder Impulse braucht. In den letzten Jahren
konnte man beobachten, dass zwar immer mehr Dachmarkenprozesse gestartet wurden, um eine
effektivere Möglichkeit des Marktauftritts zu schaffen, dass die dabei notwendige (interne) Pflege
über die Entwicklung der Marke hinaus aber weniger intensiv betrieben wird. Dazu gehören
beispielsweise die Umsetzung der Markenwerte in den Produkten und Angeboten und damit der
Themen-Fokus. Marken sind ein Versprechen für ein Erlebnis und die dahinter stehenden Kompetenzen, die das Ganze glaubwürdig machen, aber auch dafür, dass eine Region für bestimmte
Angebote und Erlebnisse nicht steht, weil die Kompetenz hierfür nicht gegeben ist – auch das ist
Glaubwürdigkeit. Stattdessen vergrößert sich häufig die Diskrepanz zwischen dem Markenversprechen und dem tatsächlichen "Gemischtwarenladen", den eine Destination im Produkt- und
Angebots-Portfolio enthält.
Ein dritter Aspekt, der in den letzten Jahren beobachtet werden konnte, besteht im Versuch der
Integration von Tourismus- und Standort-Marketing. Dies erkennt man einerseits bei Markenbildungsprozessen, bei denen die Diskussion um die Markenkernwerte geführt wird, andererseits
aber auch, weil im Zuge der Entwicklung von Angeboten der Tourismusregionen der marktseitige
Trend nach lebensnahen und glaubwürdigen Erlebnissen stärker aufgenommen wurde. Im Zusammenspiel derselben ergibt sich ein breiteres Spektrum der Zielgruppen und Projekte, um sowohl
die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit durch Unternehmenswachstum und Standortentwicklung
zu erreichen, als auch die Lebensqualität für Bürger und Gäste im strategischen Fokus zu haben,
indem die touristische Produkt- und Angebotsentwicklung vorangetrieben wird. Die Kooperation
ermöglicht Synergien im Bereich der Innovationsförderung durch gemeinsame Schwerpunktsetzungen und kann durch eine Dachmarkendiskussion ohne Zweifel erleichtert werden, auch wenn
die Umsetzung im Bereich der Forschung und Entwicklung als Basis für die Produkt- und Angebotsentwicklung bis hin zur gemeinsamen Kommunikation viel Disziplin und Erfahrung im Bereich
Koordination und Kooperation erfordert (Pechlaner et al., 2012). Länder wie Vorarlberg (z.B.
Architektur und Tourismus), Wallis (Tourismus, Landwirtschaft, Industrie und Handel), Tirol (Tourismus, Wirtschaft und Wissenschaft) oder Südtirol (Tourismus und regionale Produkte) haben mit
unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen und organisatorischen Regelungen diesen Weg eingeschlagen.
34
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
3.3
Wohin geht der Weg?
Der Begriff Destination kommt somit in die Jahre und wird durch vielschichtige Erfahrungen aufgeladen. Man sieht es auch daran, dass rund um den Themenkomplex Destination immer mehr unterschiedliche Zugänge, Ansätze und nicht zuletzt Theorien diskutiert werden. Die wissenschaftliche und
praxisbezogene Diskussion hat sich mehr als in anderen Bereichen auf die Destination eingelassen.
Das Konstrukt "Destination" hat sich in den letzten Jahren ohne Zweifel zu einem Feld der Möglichkeiten integrativer und zusammenführender Sichtweisen touristischer Ansätze und Wertarchitekturen entwickelt. Ganz nebenbei hat die "Destination" das Potential, multi- und interdisziplinäre
Sichtweisen zu sammeln und zu ordnen. Management- und Planungskategorien ebenso wie Fragen
der Steuerung und Leadership lassen sich am Beispiel der Einheit Destination vortrefflich diskutieren
und anwenden. Destinationsplanung und -management – verstanden als Möglichkeit, Entwicklungsund Gestaltungsprozesse im Raum zu formulieren – werden in der Diskussion eines Destinationsmanagements flankiert von der Sichtweise einer räumlichen Wettbewerbseinheit "Destination", in
welcher unter Anwendung traditioneller Management-, Planungs- und Organisationsmethoden der
Eindruck entsteht, man könne komplexe, selten klar erkennbare Interdependenzen "gemäß den stets
sich ändernden Verhältnissen" (Moltke, 1891-1893) effektiv steuern. Es ist zum einen die zunehmende weltwirtschaftliche und -politische Verflechtung unter Globalisierungsbedingungen zu nennen,
welche das Wirtschaften und Leben in Raum und Gesellschaft dergestalt verändert, so dass auch das
Reisen in Industrie-, aber auch in Entwicklungs- und Schwellenländern eine neue Bedeutung erfährt,
und die Akteure bestehender und tradierter Organisationsverständnisse einer Destination aus einem
teilweise unsanften Schlaf erwachen lassen. Es sind die damit einher gehenden Ikonen im Spannungsfeld universalen Anspruchsdenkens à la UNESCO-Welterbe und veränderte Verhaltensweisen
im (Google-) Informationszeitalter, in welchem jeder eine neue Rolle als Informationskonsument und
-produzent hat. Dies lässt erahnen, dass das Management von touristischen Destinationen zukünftig
weniger von den strategischen Überlegungen einzelner Akteursgruppen mit ähnlichen tourismuspolitischen Interessen beeinflusst wird, sondern mehr von den schwer lenkbaren Touristenströmen,
den "Straßen der Ameisen" (in Anlehnung an Keul und Kühberger, 1996) abhängt. Dies ergibt sich
zunehmend durch die technologischen Möglichkeiten des modernen Konsumenten und seiner
sozialen Netzwerke (Schirrmacher, 2013): Wie "Im Netz lesen und gelesen werden" wird zur zentralen Herausforderung. Modernes Destinationsmanagement ist zukünftig weniger ein erfolgversprechendes Gestalten räumlicher und gesellschaftlicher Entwicklung, es ist vielmehr ein Reagieren
auf sich ständig wandelnde Konsumentenwünsche und -erfahrungen und ein Versuch, MobilitätsGrundmuster zu erkennen, um dann in einem weiteren Schritt Anstrengungen zu unternehmen, die
Motive dieser Besucherströme zu verstehen und auch zu verwalten oder in Ansätzen zu gestalten. Es
geht dann darum, Einfluss zu nehmen auf den potentiellen Touristen, damit er im Netz an den
richtigen Stellen recherchiert (Reiseinspiration und Informationssuche), und ebenso Einfluss zu
nehmen auf den mit einer bestimmten Destination bereits erfahrenen Touristen, damit auch dieser
an den richtigen Stellen im Netz liest (Reisereflexion). Destinationen sind im Vormarsch, allerdings
unter veränderten Rahmenbedingungen mit neuen Herausforderungen. "Smaller destinations are
finding smart ways to market what they are, not what they think others want them to be" (Clampet,
35
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
2015). Die räumliche (und finanzielle) Größe einer Destinationseinheit entspricht einem traditionellen Verständnis von Qualitäts- und Kooperationsansprüchen; zunehmend geht es aber darum, in
einer Komplexität ein System zu erkennen und es zumindest in Ansätzen steuerbar zu machen. Und
diese Steuerbarkeit hängt zunehmend auch davon ab, wie gemachte Erfahrungen von Gästen im
digitalen Kontext formuliert und verbreitet werden, und wie man es schafft, eine entsprechende
Rückkoppelung zu den Akteuren des Angebots zu ermöglichen, damit diese mit ihrer Motivation die
im Netz herangebildeten Erwartungen auch weiter entwickeln können.
"The rise of the boutique destination" (Clampet, 2015) hat ohne Zweifel in den sozialen Medien
seinen Ursprung. Dazu braucht es weniger die großen Marketing- und Kommunikationsbudgets, um
diese zu bewerben, sondern das nötige Verständnis für das Funktionieren der "social media". Entscheidend jedoch ist dann die Fähigkeit, aus den schwer erkennbaren Zusammenhängen von Daten
und Informationen eine Akteurskompetenz im Raum zu entwickeln, die die Herstellung wettbewerbsfähiger Produkte und Angebote ermöglicht. Diese "boutique destinations" sind Ausdruck der
vielfältigen Chancen für Orte und Räume, in denen man als Gast etwas vorfinden kann, das eine
bestimmte Einzigartigkeit darstellt. Diese Destinationen werden nicht dadurch erfolgreich, weil sie
eingebettet sind in ein (hierarchisches) Organisations- und Finanzierungskonzept eines Landes oder
Staates, sondern weil sie sich bewusst von den großen und erfolgreichen Destinationen durch viel
Persönlichkeit und einem Angebot von eigenwilligen Erfahrungsmöglichkeiten abheben. Attraktionspunkte entstehen dabei weniger durch Imitation ähnlicher Infrastrukturen, sondern durch die
Fähigkeit, die konkrete touristische Dienstleistung mit dem Wert der Glaubwürdigkeit zu verknüpfen
und dabei eine stetige Anpassungsfähigkeit unter Beweis zu stellen.
Ein zentrales Grundmuster der Destinationsentwicklung der letzten Jahre geht mit der Erkenntnis
einher, dass die sogenannten Destinationen als Systeme betrachtet werden müssen, deren Steuerung in Kontexten erhöhter Interaktion immer schwerer wird. Destinationsmanagement ist nicht nur
komplexer geworden, sondern offenbart teilweise beträchtliche Grenzen in der Umsetzung dessen,
was Strategie und Organisation bewirken möchten. Die Grenzen des planvollen organisatorischen
Durchstrukturierens von Destinationen werden zunehmend sichtbar, weil die Grenzen der traditionellen Produkt- und Raumentwicklung durch "user-generated content" erkennbar werden und die
Akteure vermehrt in die Rolle des Reagierens statt des Agierens gedrängt werden. Führung bedeutet
in einem solchen Umfeld das stete Bemühen, das Führungspotential unterschiedlicher Akteure zu
erkennen und durch die Vernetzung derselben eine Wirkung und einen Mehrwert zu erzielen.
Führung von Destinationen obliegt damit nicht so sehr einzelnen "Destination Managern", sondern
allen, die sich mit der Destination identifizieren und ihr dadurch einen Bedeutungsinhalt geben
können.
Komplexität bedeutet zuallererst anzuerkennen, dass es sie gibt und davon abzusehen, Management- und Organisationssysteme aufzubauen, die dem Anspruch folgen, Komplexität möglichst vollständig beherrschbar zu machen, was praktisch gesehen nur unvollkommen gelingen kann. Traditionelle Tourismus-Organisationssysteme in reifen Destinationskontexten tendieren dazu, systemerhaltend zu administrieren und dabei ein starkes Raumbewusstsein an den Tag zu legen. Vor diesem
Hintergrund stellt sich die Frage, ob es noch sinnvoll ist, nach politischen Vorgaben eine exakte
36
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
räumliche Abgrenzung von Destinationen vorzunehmen oder ob man nicht stärker ein bewusstes
Über- oder Unterschreiten administrativer und politischer Grenzen in Räumen zulässt, weil contentgetriebenes Gästeverhalten und die Mobilitätsmuster von modernen Zielgruppen immer weniger mit
den tourismusabgaberelevanten Grenzen von politischen Einheiten konform gehen. In Zukunft ist
damit eine (räumliche) Flexibilisierung dieser Finanzierungsformen notwendig und sinnvoll, solange
die Mittel weniger der Systembewahrung als der Systementwicklung und -erneuerung dienen. Ein
klar strukturiertes Tourismusfinanzierungssystem unter besonderer Berücksichtigung der Festlegung
von Steuern und Abgaben zur Finanzierung der Tourismusorganisationen macht vor den oben dargelegten Rahmenbedingungen nur dann Sinn, wenn es eine Intervention in einem komplexen
Destinationssystem ermöglicht, um den eingangs skizzierten Markterfordernissen gerecht zu werden.
Destinationen sind in einem aktuellen Verständnis als Netzwerk von Leistungsträgern zu verstehen,
die sich zusammenfinden, um anlass- oder themenbezogen einen Beitrag zur Erstellung von touristischen Produkten zu schaffen (Pechlaner und Fischer, 2007). Destinationen sind ein raumspezifisches Zusammenspiel von Akteuren auf der Grundlage von Spielregeln, die sich aus Marktentwicklungen genauso wie aus politischen Erfordernissen ergeben. Wenn sich durch Marktentwicklungen
Spielregeln ändern, erfordert dies ein Ingangsetzen von Anpassungsmechanismen einer koordinierenden Instanz: Destinationsmanagement ist dann insofern eher ein Setzen von Impulsen, um die
notwendigen Anpassungen zu ermöglichen (Mack, 2003). Jedenfalls geht es darum, als Koordinationsinstanz die nötige Legitimation zu haben und auch als solche aufzutreten. In den Fokus rücken
demzufolge verschiedene Steuerungsmedien als Unterstützer einer koordinierenden Instanz der
Destination Governance (Raich, 2006).
Macht kann auch ein relevanter Faktor sein, um Einfluss auf ein System zu nehmen. Dabei muss
unterschieden werden zwischen der operativen Macht definierter Spielregeln, beispielsweise eines
Tourismusfinanzierungssystems, und der sogenannten Regelmacht, die auch mit Leadership umschrieben werden kann. Letztere wird gerade vor oben genannten (markt- und gesellschaftsspezifischen) Herausforderungen eine zunehmend wichtige Rolle bekommen, wenn Intuition und Erfahrung
bei der Destinationsentwicklung vielleicht den höheren Stellenwert erlangt als die Verfügbarkeit
finanzieller Mittel, deren Allokation obendrein mit hohen Transaktionskosten verbunden ist. Trotzdem bleiben strukturell zentrale Akteure grundsätzlich in der Lage, durch ihre Position einen guten
Überblick über die verfügbaren Netzwerkressourcen zu haben. Diese entstehen in einer digitalen
Gesellschaft allerdings zunehmend außerhalb des Einflussbereiches dieser Akteure. Notwendig ist in
Destinationssystemen gerade deshalb ein Vertrauen, das sowohl ein persönliches, personenbezogenes Vertrauen darstellt, aber auch jenes Vertrauen, welches auf die Erfahrungen mit
politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen aufbauen kann (Zobolski, 2008).
3.4
Fazit
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass in den letzten Jahren rund um den Themenkomplex
Destination verschiedene Entwicklungen beobachtet werden konnten. Ineffizienzen von kooperativen Systemen der Tourismusorganisation verstärken die Tendenz des Bedeutungsverlustes (räum-
37
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
licher) Destinationseinheiten zugunsten betrieblicher Kooperationen entweder in räumlicher Nähe
oder überregional auf der Grundlage thematischer Spezialisierungen. Damit zusammenhängend wird
die Destination Governance zur zentralen Herausforderung für Politik und Management. Die
Digitalisierung touristischer Dienstleistungen bringt eine stärkere Trennung von Produkt-MarktAufgaben und Grundaufgaben der Tourismusorganisation mit sich, was nur durch ein verstärktes
Betonen von thematischen Schwerpunkten im Kontext von geeigneten Erlebnisräumen gebremst
werden kann; dies wiederum wird zunehmend durch engere Vernetzungen von Standort- und
Destinationsmanagement und der zugrunde liegenden Entwicklung von regionalen Innovationssystemen forciert. Der notwendige Themenfokus als Möglichkeit der marktseitig geforderten
Attraktivität sowie die Möglichkeit der Tourismusorganisation, insbesondere im hierarchischen
Zusammenspiel der Tourismusorganisationen eine neue Rolle einzunehmen, hat damit eine gute
Grundlage. Mit der abnehmenden Bedeutung dieser Hierarchien und der zunehmenden Bedeutung
von flexiblen Netzwerken in Form eines Zusammenspiels von Agenturen und Unternehmen geht die
Erkenntnis einher, dass mehr denn je das Content-Management und die Produktentwicklung zentrale
Aufgaben von Tourismusorganisationen bleiben werden, während Marketing, Branding und nicht
zuletzt das Booking nur in jenen Regionen sinnvoll entwickelt werden können, wo entsprechende
räumliche Größenordnungen mit geeigneten Themen und Produkten vorherrschen sowie professionell geführte Organisationen existieren. Gesellschaftlicher Wertewandel verstärkt das Bedürfnis nach
authentischen und persönlichen Erlebniskomponenten, die im situativen Zusammenspiel einen
Mehrwert bieten. Kompetenz- und Markensysteme stellen vor diesem Hintergrund Lösungsversuche
für die weitere Entwicklung des Destinationsmanagements dar. Die Kunst besteht darin, jene
Kernwerte für die Markenbildung zu betonen, welche ein Potential für die weitere Identitätsbildung
der Akteure aufweisen und zugleich jene Räume umschließen, die für die zukünftigen Herausforderungen bei Marketing und Vertrieb als geeignet erscheinen. Die engeren Verzahnungen von
Standort-, Regional- und Destinationsmanagement mit Blick auf Markenbildung und Themenfokus
sowie den entsprechenden Weichenstellungen bei der Flexibilisierung des Tourismusmanagementsystems stellen somit die Herausforderung für den österreichischen Tourismus der nächsten
Jahre dar.
38
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
4
Informationstechnologische Werkzeuge im Tourismus – Messung von
Angebot und Nachfrage
Die Bedeutung informationstechnologischer Werkzeuge im Tourismus wurde vom Expertenbeirat im
Berichtszeitraum 2010 bis 2014 exakt einmal evaluiert (vgl. Lohmann et al. 2012, 39-44). Dieser
Bericht verwies auf die zunehmende Bedeutung des Online-Marketing und der Online-Distribution
hin und formulierte – auf Basis einer Modellrechnung der wirtschaftlichen Bedeutung elektronischer
Distributionssysteme in Österreich – verschiedene Handlungsempfehlungen für die österreichische
Tourismuspolitik und -wirtschaft.
Im aktuellen Bericht soll nun erörtert werden, inwieweit sich das Internet als zentrales touristisches
Informationsmedium seither entwickelt hat. Zunächst erfolgt eine Zusammenfassung jener nationalen und internationalen Quellen, die sich mit den elektronischen Entwicklungstrends beschäftigt
haben. In diesem Zusammenhang werden internationale Trends analysiert und ihre möglichen Auswirkungen auf die österreichische Tourismuswirtschaft diskutiert. Anschließend wird die erstmalig
für das Jahr 2010 erstellte ökonomische Betrachtung des elektronischen Distributionssektors auf
Basis neuer Erkenntnisse aktualisiert und zu einem Entwicklungsmodell erweitert. Schließlich wird
untersucht, in welchem Ausmaß die im Jahr 2012 geplanten Maßnahmen tatsächlich umgesetzt
wurden, und welche neuen Handlungsempfehlungen daraus resultieren.
4.1
Informationstechnologische Entwicklung des Tourismus im Zeitraum 2010-2014
Im bereits erwähnten Untersuchungszeitraum hat sich das Internet als wichtigstes touristisches
Informationsmedium kontinuierlich weiter entwickelt. Die OECD betrachtet zwischenzeitlich die Ausstattung der Tourismusbetriebe mit informationstechnologischen Werkzeugen zur Unterstützung der
touristischen Wertschöpfungskette als den maßgeblichen Erfolgsfaktor (OECD, 2011). Die strategische Bündelung von betrieblichen Leistungen und die elektronische Aufbereitung und Vermarktung
sind demnach die richtungsweisenden Faktoren für den Erfolg einer Destination. Gezielte Investitionen in die informations- und kommunikationstechnologische Bildung der im Tourismus tätigen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie die Entwicklung von innovativen Technologien bringen den entsprechenden Destinationen die markantesten Wettbewerbsvorteile.
Gleichzeitig bewirkt die verstärkte Nutzung von innovativen Technologien im Tourismus aber auch
unerwünschte Prozesse und zahlreiche Schwierigkeiten und schafft damit neue Herausforderungen
für die Tourismuswirtschaft. Der Suchprozess nach verlässlichen Quellen, die über informations- und
kommunikationstechnologische Ausstattung sowie Verfahrensweisen und Probleme im Tourismus in
Österreich Auskunft geben, gestaltet sich jedoch damit äußerst schwierig. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Ländern mit einer hohen Investitionsbereitschaft in Verfahren zur Analyse der
Entwicklung der für den Tourismus wichtigen Kommunikations- und Distributionsbereiche, liegt
Österreich hier nicht mehr im Spitzenfeld. Die unmittelbaren Auswirkungen werden bei der Suche
nach wichtigen Daten und Fakten zur Entwicklung von informationstechnologischen Werkzeugen im
Tourismus erkennbar. Zuverlässige und regelmäßig durchgeführte Studien zu diesem wichtigen
39
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Thema sind in Österreich nur sporadisch zu finden. Die meisten der nachfolgend diskutierten Erkenntnisse stammen aus Länderstudien mit durchwegs geringerer volkswirtschaftlicher Bedeutung
des Tourismus.
4.2
Das Informations- und Buchungsverhalten von Reisenden im Zeitalter elektronischer
Medien
Eine aktuelle Studie von Google unter insgesamt 5.000 Personen erlaubt aussagekräftige Einblicke in
das veränderte Informations- und Buchungsverhalten von Reisenden im Zeitalter elektronischer
Medien. 3) Befragt wurden Personen, die in den letzten sechs Monaten mindestens einmal aus
persönlichen oder mindestens drei Mal aus beruflichen Gründen verreisten. Die Studie wurde
thematisch in die unterschiedlichen Kaufentscheidungsphasen unterteilt und untersucht somit das
ganze Spektrum des Kaufentscheidungsprozesses – vom frühen Stadium der Inspirationssuche über
die detailliertere Recherche nach Destination und Unterkunft bis hin zur abschließenden Buchung.
Sowohl Business- wie auch Leisure-Reisende recherchieren vor einer Buchung häufig im Internet.
Entscheidende Einflussfaktoren sind hier soziale Netzwerke mit Publikationen von Fotos und Videos
sowie Ergebnisse von Buchungs- und Suchmaschinen. Neben der Suche nach einer adäquaten Reise
erfolgt auch zunehmend die Buchung selbst online. 57% der Nutzer ist eine umfassende und einfach
zu bedienende Webseite wichtig. In diesem Zusammenhang haben "Online Travel Agencies" (OTAs)
aufgrund ihrer anwendungsfreundlicheren, optimierten Werkzeuge einen wesentlichen Vorteil.
Aus der Studie wird ein Trend zu mobilen Anwendungen erkennbar. Mehr als ein Drittel bevorzugt
die Buchung von einem Mobiltelefon. Bemerkenswert ist dabei der begleitende multimodale Einsatz
von Computer, Laptop oder auch Mobiltelefon zu jeder Phase einer Buchung. Darüber hinaus ist eine
große Unzufriedenheit unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Umfrage mit den mobilen
Webseiten von Unterkünften beobachtbar. 84% der Freizeitreisenden aus der Studie gaben an,
bereits schlechte Erfahrungen mit mobilen Hotelwebseiten gemacht zu haben.
Der Trend zu mobilen Reisebuchungen unterliegt weltweit einem kontinuierlichen Wachstum. Jeder
Deutsche besitzt im Schnitt 2,2 internetfähige Geräte. Anfang 2013 lag der Anteil der MultiscreenNutzer bei 42%, das entspricht einem Wachstum von 50% gegenüber dem Vorjahr und von 229%
gegenüber 2011. Reiserecherchen auf Smartphones haben sich 2012 mehr als verdoppelt – ein
weiterer Beleg dafür, dass immer mehr Menschen mobile Geräte auch für die Inspiration vor der
Reise nutzen. 4) Die Gäste buchen von unterwegs und nutzen dazu mehrere Geräte. Aus einer kürzlich
erfolgten Untersuchung des Tourismustechnologieanbieters Criteo (Criteo, 2015), in der mehr als
1.000 Reiseportale analysiert wurden, geht hervor, dass bereits 21% aller Hotelbuchungen per
Smartphone und Tablet getätigt werden. Lediglich rund 12% der mobilen Reisebuchungen werden
mit speziellen Buchungs-Apps getätigt, die meisten mobilen Reisebuchungen beginnen mit einer
3)
Google (2014): "The 2014 Traveler's road to decision", Google Travel Study, June 2014, Ipsos MediaCT.
4)
http://www.travel4news.at/31194/tui-80-prozent-der-buchungen-beginnen-im-web/
40
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
allgemeinen Suchmaschine. Die genannten Durchschnittszahlen gelten nicht für jedes untersuchte
Land. Laut Criteo werden in Deutschland bislang erst 10% aller Hotelbuchungen mobil getätigt.
Dass Hotelreservierungen über mobile Endgeräte im Vertrieb zunehmend an Bedeutung gewinnen,
zeigt auch eine aktuelle Meldung des OTA-Anbieters booking.com, wonach sich der Transaktionswert
der mobilen Buchungen zwischen 2011 und 2014 verdreifacht hat. Dieser überproportionale Anstieg
ist bei der OTA auf eine gestiegene Nachfrage bei den Buchungs-Apps zurückzuführen. 5)
Auch die Marktforscher von GfK haben das Informations- und Buchungsverhalten von Urlaubsreisenden im Jahr 2012 untersucht. 6) Basis dieser Studie war eine Kombination aus der monatlichen
Befragung von Reisenden im Rahmen der GfK Travelscope-Untersuchung und den Daten aus einer
software-basierten Messung des Onlineverhaltens im GfK Media Efficiency Panel. Die Ergebnisse der
Untersuchung sind repräsentativ für die urlaubsreisende deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren mit
Online-Erfahrungen. Das Internet spielt demnach bei fast allen Reisebuchungen eine bedeutende
Rolle: Während 2006 lediglich 41% aller Befragten angaben, dass ihre Buchungen online beeinflusst
waren, ist dies 2013 bereits bei 80% der Fall. Der Anteil an Online-Buchungen ist nur bei Reisen seit
2007 um 57% gestiegen. Jede dritte Urlaubsreise wird heute bereits im Internet gebucht, insbesondere Kurzfristbuchungen werden vorzugsweise online getätigt.
Die meisten Kunden geben im Netz Bewertungen ab, um andere Interessenten zu unterstützen. Dies
geht aus einer Erhebung zu Gästebewertungen hervor, die von Tomorrow Focus AG (u.a.
'Holidaycheck', 'Zoover') unter dem Titel "Die Psychologie des Bewertens" durchgeführt wurde. 7) Die
Studie wurde im Herbst 2014 realisiert und gewährt Einblick in das Bewertungsverhalten der
deutschen Internetbevölkerung im Netz – deren Motive, Einstellungen und Nutzungsgewohnheiten.
In Summe wurden 3.023 Teilnehmer befragt und eine Trendentwicklung erhoben.
Insgesamt haben rund 74% der Befragten schon einmal eine Online-Bewertung abgegeben, knapp
ein Drittel sogar häufiger. Bei rund 78% der Befragten fallen die Bewertungen mehrheitlich positiv
aus. Die Motive dafür sind recht unterschiedlich: 45% der Befragten bewerten mit der Intention,
andere im Entscheidungsprozess zu unterstützen. Für 18% der Befragten liegt das Motiv der
Bewertung in dem unmittelbaren Bedürfnis, dem Bewerteten einen Vorteil zu verschaffen – wie z.B.
die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Rund 17% bewerten mit der Absicht, sich zu bedanken
oder ihrem Ärger Luft zu machen und 11% bewerten, damit auch andere das bewertete Produkt
kaufen bzw. Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Darüber hinaus verweisen die Ergebnisse der
Studie auf das hohe Einflusspotential von Bewertungen auf Einstellungen zu Produkten oder
Dienstleistungen: 91,9% der Befragten führen Online-Bewertungen als Orientierungshilfe an.
Für den Beherbergungssektor verschiebt sich somit die Bedeutung von der traditionellen Hotelklassifikation durch nationale und internationale Ratingagenturen hin zu benutzerdefinierten Hotelbewertungen in Sozialen Medien. Das Vertrauen der Konsumenten in die aktuell zu erwartende Dienstleis5)
http://hottelling.net/2013/04/12/mobile-hotelbuchungen-wachsen-uberproportional-booking-mit-3-mrd-us-dollar-umsatz-in-2012/
6)
http://unternehmen.tui.com/de/newsroom/presseveranstaltungen/Sommerkatalog-2014/jede-zweite-buchung-beginnt-im-internet
7)
http://www.tomorrow-focus.de/newsroom/dokumenten-datenbank/pressemitteilung/studie-zum-bewertungsverhalten-im-internetinternetnutzer-bewerten-um-zu-helfen-reisen-ist-top-thema_aid_1331.html
41
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
tungsqualität ist bei benutzergenerierten Hotelbewertungen wesentlich höher als bei traditionellen
Klassifikationssystemen (Hensens, Struwig und Dayan, 2010).
4.3
Bedeutung und Entwicklung der Vertriebskanäle
Prioritäres Ziel der Hoteliers ist es zwischenzeitlich, im Internet gefunden zu werden. Die Anzahl der
Vertriebskanäle hat sich deutlich erhöht, und in der Online-Welt stehen zahlreiche Vertriebspartner
mit unterschiedlichen Angeboten zur Verfügung.
2012 initiierte die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV), der Hotelverband Deutschland und der
"Hotelleriesuisse" in Zusammenarbeit mit dem Institut für Tourismus der Fachhochschule Westschweiz Wallis in Siders eine Umfrage, an der mehr als 1.400 Hotels teilnahmen. Daraus wird
ersichtlich, dass 27% der Hotelbuchungen online erfolgen. 8) Insbesondere in der Top-Hotellerie und
im Business-Bereich ist der Online-Vertrieb unverzichtbar. 19%, und damit der überwiegende Teil des
Vertriebs, läuft über "Online Travel Agencies" (OTAs). Die am häufigsten frequentierten Online Travel
Agents sind hrs.de mit tiscover.com und hotel.de bzw. booking.com. Angesichts ihrer Marktstärke
nimmt sich die Bedeutung der direkten Konkurrenz bescheiden aus. Der Anteil der Echtzeitbuchungen auf den hoteleigenen Websites liegt in Österreich bei 6,6%. Betrachtet man die in den
drei Ländern über Direktkanäle (Telefon, Fax, E-Mail, Formular/Buchungssystem auf eigener
Webseite sowie Walk-ins) generierten Buchungen, so geht deren Anteil kontinuierlich zurück, liegt in
Österreich aber noch bei 71%. Telefon, Brief, Fax und der Verkauf über Tourismusverbände und
Reisebüros sind deutlich rückläufig, auf den Zeitraum der letzten 10 Jahre bezogen kommt es somit
zu einer Abnahme um mehr als 30%.
Auch HOTREC, der Dachverband der Hotelbetriebe, Restaurants und Cafés in Europa, hat die
substanzielle Bedeutung von Analysen zur Entwicklung von Vertriebskanälen erkannt. So hat
HOTREC, gemeinsam mit 26 nationalen Hotelverbänden in Europa, 2014 eine Studie zu Vertriebsformen durchgeführt (HOTREC, 2014; Schegg, 2014). Erhoben wurde der Marktanteil verschiedener
Vetriebsformen, erstmalig gemessen an der Gesamtanzahl der Nächtigungen. Allerdings sind die
Ergebnisse dieser Studie aufgrund veränderter methodischer Ansätze nur bedingt mit der Studie der
ÖHV und anderen älteren Untersuchungen vergleichbar. Erhoben wurden der Einsatz und die
Optimierung von Vertriebskanälen einerseits und Informations- und Kommunikationstechnologien
andererseits durch Hoteliers. Der entsprechende Fragebogen wurde in 19 Sprachen formuliert und
an alle Mitglieder der verschiedenen nationalen Hotelverbände versendet. Die auf das Jahr 2013
bezogene Datensammlung von 2.298 Betrieben fand zwischen Februar und April 2014 statt. Die
Verlässlichkeit von Aussagen soll durch ein Gewichtungsverfahren auf Basis der nationalen
Beherbergungsstrukturen gewährleistet sein.
Die Anzahl der an der Studie teilgenommenen Betriebe variiert stark über die einzelnen Länder. Für
Deutschland und die Schweiz sind aufgrund der Stichprobengrößen Aussagen auf nationaler Ebene
8)
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20120417_OTS0140/die-macht-der-buchungsportale-nimmt-zu und
https://www.hotelleriesuisse.ch/de/pub/verband/news/die_macht_der_buchungsportale.htm
42
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
möglich, bei 60 teilgenommenen österreichischen Betrieben erschien eine separate Auswertung
nicht zielführend.
Darüber hinaus analysierte Schegg (2014) im Auftrag von HOTREC Vertriebskanäle in Europa. Daraus
wird ersichtlich, dass direkte Buchungskanäle (Telefon, Fax, Walk-ins, E-Mail, Formular oder
Buchungssystem auf der eigenen Website) weiterhin die mit Abstand wichtigsten Verkaufsschienen
sind. Im Jahr 2014 wurden gemäß dieser Erhebung 56% der Buchungen in Europa über direkte
Verkaufskanäle generiert. Die Quote der Echtzeitbuchungen auf hoteleigenen Websites liegt dabei
immer noch im bescheidenen Bereich von 7,7%. Der Marktanteil der Tourismusorganisationen mit
1,4% aller Buchungen deutet auf eine marginale Bedeutung der Buchungsdienstleistungen von nationalen und regionalen Tourismusverbänden hin. Nur mehr 16,5% der Buchungen finden offline über
Reisebüros statt. In Summe werden in Europa 24,8% der Buchungen in Echtzeit über Online-Kanäle
generiert, mit einem Anteil von 22,5% klar dominiert durch die Online-Buchungsportale (OTAs).
Übersicht 8: Marktanteile der Vertriebskanäle in Europa 2013 in % der Nächtigungen in 25
verschiedenen Ländern
Stichprobe: 2.169, gewichtet
Marktanteil
Direkt – Telefon
19,41
Direkt – Mail/Fax
Direkt – Walk-In (ohne Reservierung)
Direkt – Kontakt von eigener Website (ohne Verfügbarkeitscheck)
Direkt – Email
Direkt – Echtzeitbuchung, eigene Website (inkl. Verfügbarkeitscheck)
2,66
5,79
5,50
14,91
7,67
Regionale Marketingorganisation / Interessensvertretung
0,95
Nationale Tourismusorganisation
0,39
Reiseveranstalter / Reisebüro
Hotelketten in Kooperation mit CRS
Wholesaler (z.B. Hotelbeds, Tourico, Gulliver, Transhotel, etc.)
9,59
1,63
3,54
Kongress- und Eventveranstalter
1,74
Elektronische Buchungsplattform (OTA)
Globale Distributionssysteme (GDS)
Soziale Medien
Andere Distributionskanäle
55,94
1,35
16,50
22,50
1,89
0,42
24,81
1,40
1,40
Quelle:Schegg (2014).
In der Stadthotellerie dominieren vor allem jene Online-Buchungsportale (OTAs), die in den letzten
Jahren ihren Marktanteil überproportional steigern konnten, gleichzeitig zeigt sich bei vielen
Betrieben auch ein starkes Abhängigkeitsverhältnis zu diesen Vertriebspartnern. Bemerkenswert sind
die vergleichsweise geringen Anteile der OTAs bei den großen 4- bis 5-Sterne-Betrieben, diese Häuser realisieren aber über Globale Distributionssysteme (GDS) überdurchschnittlich viele Buchungen.
43
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Die höchsten Buchungsanteile über OTAs finden sich hingegen bei Hotels der niedrigeren Kategorien
und bei kleinen Hotels. Die Echtzeitbuchungen auf den hoteleigenen Websites sind bei 4- bis 5Sterne-Betrieben und in der Markenhotellerie deutlich höher, als bei anderen Betriebstypen.
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung der Lebenswelten vergleicht eine Studie von
Ninic und Jarantowski (2014) jährlich die Online-Aktivität der 100 umsatzstärksten Hotels in Deutschland. 9) Dabei untersucht die Studie zum einen die Präsenz und Aktivität der Hotels in Sozialen Medien
sowie ihre digitalen Maßnahmen zur Kundenbindung. Zum anderen verfolgt die Studie die
Auffindbarkeit der Hotel-Webseiten in der Suchmaschine Google (anhand von Traffic, Backlinks,
Sichtbarkeitsindex und Keyword Advertising). Experten erwarten für Google, dem führenden Suchmaschinenbetreiber der Welt, eine zunehmend wichtigere Rolle als Anlaufstelle für Reisesuchende
im Internet. 10)
Die aktuelle Studie zeigt kaum Entwicklung bei der Nutzung von Sozialen Medien wie Facebook,
Google+ und Pinterest auf. 92% der an der Studie teilnehmenden Hotels sind bereits auf Facebook
vertreten. Auch beim Kurznachrichtendienst Twitter, der lediglich von 49% der Hotels genutzt wird,
sind wenig Veränderungen oder Aktivitäten erkennbar. Ebenso schwach fällt die Präsenz auf der erstmalig untersuchten Plattform Xing aus. Nur 42% der Hotels sind in dem Business Netzwerk vertreten,
davon haben lediglich 4% ein kostenpflichtiges Employer Branding Profil. Nach Ansicht der Autoren
verschenken viele Hotels Wachstumschancen, da es an Information ("Content") und Interaktion fehlt.
Die fehlende Content-Strategie findet sich auch im zweiten Teil der Studie, der die einzelnen
Websites und Website-Faktoren der Hotels untersucht. Demnach lassen ca. 70% das ContentPotential eines Corporate Blogs ungenutzt. Nur 9% der Hotels betreiben einen eigenen Blog. Ein
ähnliches Bild präsentiert sich im Bereich Email-Marketing, in dem nur 22% einen eigenen Newsletter
zur Kundenbindung und -gewinnung nutzen.
Der erstmalig erhobene Bereich der Suchmaschinenwerbung zeigt, dass 66% der Hotels in Google
Adwords investieren, 20% erzielen jährlich mehr als 100.000 Anfragen von Suchmaschinen. Mit über
10.000 beworbenen Keywords führen die Hotels der Ketten Hilton und Marriott das Ads Keyword
Ranking an.
4.4
Die Macht der Online Travel Agencies (OTAs)
Im Zuge der rasanten Entwicklungen der letzten Dekade ist das Internet zu einem der wichtigsten
Distributions- und Marketingkanäle geworden. Dies stellt die Hotellerie insbesondere im Bereich der
Preispolitik vor große Herausforderungen. Hotels vermeiden aufgrund der hohen Transparenz im
Internet Preiserhöhungen. Laut einer Studie von Deutsch (2013) kann jedes fünfte Hotel in Deutschland steigende Kosten wegen der hohen Preissensibilität nicht an Gäste weitergeben. Auch diese
Erhebung kommt zu dem Ergebnis, dass Recherchen von Zimmerpreisen im Internet zu mehr Preisbewusstsein bei den Gästen führen. Rund 24% der Hoteliers setzen verstärkt auf Benchmarking. Die
9)
www.eventsofa.de/l/social-media-hotel-online-marketing-studie-2014.html
10)
http://www.ahgz.de/verbaende/wettbewerb-unter-den-vertriebspartnern-verschaerft-sich,200012217166.html
44
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Preissensibilisierung hat bei 14% der befragten Hoteliers zu kurzfristigerem "Yielden" geführt. Insgesamt wurde festgestellt, dass der Markt Maßnahmen zur Senkung der Preistransparenz nicht zulässt.
In Folge dessen versuchen Hoteliers mittels Preisdifferenzierungen die Preisbereitschaft der Kunden
noch effektiver abzuschöpfen und ihre Distributionskosten durch Fokussierung auf den persönlichen
Vertrieb und Verkauf über die eigene Homepage zu senken.
Nach Ansicht von HOTREC verschiebt sich jedoch die Kontrolle über die Distributions-, Preis- und
Produktpolitik zunehmend vom Hotel zum elektronischen Zwischenhändler. Negative Konsequenzen
dieser Machtverschiebung sind unter anderem die ungenehmigte Nutzung von Hotelmarken, verschiedene Formen der Verfügbarkeits- und Preisgarantien und vorab gestellte Forderungen nach
Provisionszahlungen, oft auch bei nicht erbrachten Leistungen (Lohmann et al. 2012, 40).
Online-Buchungsportale sind nicht nur online, sondern auch in traditionellen Medien (z.B. Radio,
Fernsehen, Printmedien) präsent. Ihre Macht nutzen sie auch bei der Vertragsgestaltung, sehr zum
Missfallen der Hoteliers. Das Bundeskartellamt in Deutschland untersagte dem Webportal HRS die
sogenannte "Bestpreisklausel" bei der Gestaltung von Verträgen. 11) Damit wurden die angeschlossenen Hotels verpflichtet, immer den besten Tarif für HRS-Kunden zu garantieren. Bestpreisklauseln bei
Buchungsportalen im Internet behindern einerseits den Wettbewerb zwischen Buchungsportalen,
andererseits wird neuen Anbietern der Marktzutritt erheblich erschwert. Neben dem günstigsten
Preis mussten die angeschlossenen Hoteliers oft auch die höchstmögliche Zimmerverfügbarkeit und
die günstigsten Stornierungskonditionen garantieren. Am 9. Jänner 2015 hat das Oberlandesgericht
Düsseldorf die Beschwerde des Hotelbuchungsportales HRS gegen die Entscheidung des Kartellamts
abgewiesen. 12) Dieses Verbot der HRS-Klausel bezieht sich derzeit jedoch nur auf in Deutschland
betriebene Hotels.
11)
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-dienstleister/buchungsportal-fuer-hotels-kartellamt-untersagt-hrs-diebilligpreisklausel/9247952.html
12)
http://www.ahgz.de/unternehmen/hrs-scheitert-mit-beschwerde-gegen-das-bundeskartellamt,200012218443.html
45
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Übersicht 9:
Wie nehmen Hoteliers in der Schweiz die Online-Buchungsplattformen wahr?
Quelle: Schegg und Fux, 2013.
Eine weitere Strategie der OTAs ist, sich durch höhere Provisionen in der Hotellistung nach oben zu
kaufen, wodurch bei Unternehmern und vor allem aber auch bei den Konsumenten maßgebliche Verärgerung ausgelöst wird (Riemer und Lehrke 2008). 13) Besonders problematisch sind diese Businessmodelle, wenn Zusammenfassungen von Gästebewertungen den Eindruck erwecken, dass die
Reihenfolge der Listung auf Rückmeldungen von ehemaligen Gästen basiert.
Schegg und Fux (2013) haben in der Schweiz untersucht, inwieweit Hoteliers die Online-Vertriebspartner einschätzen. Für drei Viertel der befragten Hotels sind die OTAs unerlässliche Vertriebspartner, gleichzeitig werden sie aber von 60% der Betriebe als teuer wahrgenommen. Während noch
zwei Drittel der Betriebe die Buchungsplattformen als vertrauenswürdige Vertriebspartner
einschätzen, beurteilen mehr als 20% der Hotelbetriebe die Partnerschaft als unfair respektive
konfliktreich. Nach Ansicht der Autoren deutet dies auf ein gewisses Frustrationspotential bei einem
großen Teil der Schweizer Betriebe.
Die Geschäftsbedingungen der Online-Buchungsplattformen werden von der überwiegenden Mehrheit der Hotels vor allem in Bezug auf die Höhe der Kommissionierung, die Möglichkeit zur einseitigen Abänderung der Vertragsbestimmungen sowie der Forderung nach Ratenparität kritisiert. Auch
viele andere Aspekte (z.B. Mindestkontingent oder Verfügbarkeitsparität) der Vertragsbedingungen
werden von 40% der Hotels kritisch beurteilt, während nur etwa 20% diese als angemessen
13)
http://hottelling.net/2012/12/11/
46
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
empfinden. Generell ist die Wahrnehmung nur bei den folgenden drei Punkten etwas besser: die
flexiblen Buchungsbedingungen für Gäste, die Möglichkeiten der Buchungssperre und die Stornierungsbedingungen. Interessanterweise gibt es kaum signifikante Unterschiede in der Wahrnehmung
der Geschäftsbedingungen durch verschiedene Hotelsegmente (Kategorie, Lage, etc.). Die tendenziell
kritische Sicht wird grundsätzlich geteilt.
Dass Empfehlungen zur Direktvermarktung erste Erfolge zeigen, konnte erstmals in einer Studie von
Tudori und Haynes (2012) nachgewiesen werden. Ursache dieser Entwicklung in Richtung Direkt- und
sogar Offline-Vertrieb könnten die Auseinandersetzungen der Hotellerie mit den OTAs sein. Zu einem
ähnlichen Ergebnis kommt der Hotelvertriebsmonitor 2013 der Österreichischen Hoteliervereinigung
(ÖHV), der einen Anstieg der direkten Online-Buchungen in der österreichischen Hotellerie von 50%
auf 60% beobachtet hat. In der Studie wird erstmals von einem Rückgang der Buchungen via Plattformen, Tourismusorganisationen und Social Media in Österreich berichtet. 14) Aus der Befragung
geht hervor, dass E-Mail, die eigene Website und das Telefon die mit Abstand wichtigsten Buchungskanäle darstellen, gefolgt von den OTAs. Wobei Letztere, anders als bei den ländlichen Hotelbetrieben oder den alpinen Hotels, in der Stadthotellerie das Ranking auf den Kopf stellen: Für 97% der
Stadt-Hoteliers sind sie den eigenen Erfahrungen zufolge der wichtigste Buchungskanal, mit
deutlichem Abstand zu den eigenen Websites (88,9%) und den E-Mails (84%). Die Ergebnisse der
Studie sind jedoch aufgrund veränderter methodischer Ansätze mit den Ergebnissen der vergangenen Jahre nur sehr eingeschränkt vergleichbar. 15)
4.5
Ökonomische Betrachtung des elektronischen Distributionssektors
Provisionszahlungen für Kommunikations- und Reservierungsleistungen, Ausgaben für Suchmaschinenmarketing und Werbeeinschaltungen in Sozialen Medien reduzieren in steigendem Maße
die positiven ökonomischen Auswirkungen der Tourismuswirtschaft auf die österreichische Volkswirtschaft, da die Anbieter dieser Systeme überwiegend aus dem Ausland operieren. Schegg und Fux
errechneten für die von Schweizer Hotels insgesamt geleisteten Kommissionszahlungen an Reisemittler einen Betrag von 194 Mio. Schweizer Franken (für das Jahr 2012), davon wurden 124
Mio. Schweizer Franken für Online-Kanäle aufgewendet. Die OTAs haben dabei mit geschätzten
104 Mio. Schweizer Franken den größten Anteil (Schegg und Fux, 2013).
Die im Jahr 2010 erstellte ökonomische Beurteilung des elektronischen Distributionssektors in
Österreich (Lohmann et al., 2012, 40) wurde mit einigen in den letzten Jahren (vorrangig im Ausland)
entstandenen Studien verglichen und unter Berücksichtigung der von Schegg und Fux (2013) durchgeführten Modellrechnung adaptiert. Änderungen bei den Modellannahmen beziehen sich auf die
durchschnittlichen Nächtigungserlöse, die in dem überarbeiteten Model wesentlich höher angesetzt
14)
http://www.oehv.at/Presse/Aktuelle-News/Gaste-buchen-wieder-mehr-online-direkt.aspx
15)
http://www.tai.at/index.php/de/hotel/hotellerie13/5621-ohne-mail-geht-s-nicht-sie-ist-wichtigster-buchungskanal
47
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
werden. Dies vor allem, weil die Nächtigungserlöse bei den von OTAs vertriebenen Zimmern nach
neuesten Erkenntnissen offensichtlich weit über dem österreichischen Durchschnittswert liegen. 16)
Den Ergebnissen verschiedener Studien zufolge (Schegg und Fux, 2013; Schegg, 2014; PhoCusWright,
2014) wird der Anteil der über Online-Buchungsportale abgewickelten Geschäftsfälle in Österreich
auf derzeit knapp über 20% der Nächtigungen geschätzt. 2011 lag dieser Anteil noch bei rund 15%.
Ausgehend von einer auf den Buchungsportalen durchschnittlichen Provisionsrate von 13% und
einem durchschnittlichen Nächtigungserlös bei OTAs vertriebenen Zimmern von rund 91,3 Euro
analog der Schweizer Studie (siehe Übersicht 10), kann auf Basis einer Modellrechnung für das Jahr
2012 die wirtschaftliche Bedeutung der elektronischen Distributionssysteme in Österreich mit rund
181 Mio. Euro bestimmt werden, nach Schätzungen dürfte dieser Betrag bis zum Jahr 2014 auf etwa
212 Mio. Eurogestiegen sein. Gegenüber 2010 sind diese Ausgaben somit um mehr als die Hälfte
(52%) gestiegen.
Übersicht 10: Wirtschaftliche Bedeutung der elektronischen Distributionssysteme in Österreich
2010
2011
2012
2013
2014
Nächtigungen gewerbliche Unterkunftsarten (Mio.)
81,3
82,3
85,1
85,8
85,8
Online Buchungsanteil OTAs (%)
15%
16%
18%
19%
20%
Provisionen online Distributionsdienstleistungen (%)
13%
13%
13%
13%
13%
Durchschnittlicher Nächtigungsnettoerlöse bei OTAs (Mio. Euro)
87,8
89,6
91,3
93,2
95,0
1.071,3
1.214,1
1.394,4 1.550,4
1.630,3
139,3
157,8
Beherbungserlöse von OTA vermittelten Nächtigungen (Mio. Euro)
Provisionen OTA Dienstleistungen (Mio. Euro)
181,3
201,6
211,9
Quelle: Statistik Austria; Schegg und Fux, 2013; Schegg, 2014; PhoCusWright, 2014; eigene Berechnungen.
Unter Berücksichtigung der Herkunft der führenden elektronischen Reservierungs- und Buchungsplattformen (z.B. booking.com, hrs.com/hotel.de, expedia.com/venere.com/hotels.com) muss davon
ausgegangen werden, dass der überwiegende Anteil der Provisionen für Distributionsdienstleistungen auf Importe entfällt, der die Leistungsbilanz der österreichischen Tourismuswirtschaft
zunehmend schmälert.
Im Beobachtungszeitraum 2010-2014 haben die österreichischen Hotelbetriebe vermutlich mehr als
892 Mio. Euro an Provisionen an überwiegend im Ausland ansässige Buchungsplattformen überwiesen. Ähnlich verhält es sich wahrscheinlich auch mit den Ausgaben für das Suchmaschinenmarketing. Auch wenn hier keine absoluten Zahlen verfügbar sind, muss davon ausgegangen werden,
dass die Kostenentwicklung einen ähnlichen Verlauf zeigt (Ninic und Jarantowski, 2014).
16)
Schegg und Fux gehen von 7,3 Mio. OTA-Nächtigungen und einem Umsatz von 800 Mio. Schweizer Franken aus. Im Jahr 2012 kostete
eine durch OTA erzielte Nächtigung 110 Schweizer Franken (ca. 91,3 Euro).
48
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
4.6
Handlungsempfehlungen
Die Bedeutung informationstechnologischer Werkzeuge im Tourismus wird weiter zunehmen. Mobile
Endgeräte, Tablets, Brillen mit integrierter Bildschirmfunktion, intelligente Armbanduhren und ähnliche Geräte liegen im Trend und haben für den Tourismus hohe Relevanz (Schuster und Werthner,
2013, 32f). Insbesonders die Kombination von Realität und Information (Augmented Reality) bietet
für den informationsintensiven Kulturtourismus eine große Chance. Damit Kunden ihre Erlebnisse in
der Destination und im Hotel aber nicht nur besser wahrnehmen, sondern – vor allem online – mit
anderen kommunizieren können, sind exzellente Dienstleistungen und Produkte erforderlich. Um die
Wertschöpfung dieser Dienstleistungen und Produkte in Österreich aufrecht zu erhalten, werden
dringend tourismuspolitische Maßnahmen zur Förderung der Direktvermarktung und der Auffindbarkeit der Betriebe empfohlen. Eine österreichweite Initiative zur Standardisierung der OnlineBuchungsschnittstellen, um die Entwicklung nationaler Netzwerklösungen zu ermöglichen, die potentielle Kunden auf die Webseiten der Anbieter lenken, wurde bereits in Berichten zuvor angeregt
(Lohmann et al., 2011, 35; Lohmann et al., 2012, 41).
Direkte Buchungsmöglichkeiten müssen gefördert werden. Die Direktbuchbarkeit muss auf der Website mit gut sichtbarer, funktioneller und einfacher Buchungsmaske gewährleistet werden. Die
Bestpreis-Garantie muss für Buchungen auf der Website der Unternehmer möglich sein, um Kunden
nicht an andere Vertriebskanäle mit höheren Buchungs- und Vermittlungskosten zu verlieren.
Betriebe müssen über ein aktives Kundenbeziehungsmanagement verfügen und Anfragen rasch und
kompetent bearbeiten, damit Kunden die gewünschten Informationen nicht über andere Kanäle
beschaffen.
Das aktive Management von Online-Kundenbewertungen muss weiter entwickelt bzw. ausgebaut
werden. Mittels Suchmaschinenmarketing soll die Online-Verfügbarkeit österreichischer Destinationen und Betriebe gefördert werden. Nur wer online verfügbar ist und gefunden wird, kann auch
online gebucht werden.
Der technologische Fortschritt bringt bei der Sammlung und Verarbeitung elektronischer Daten viele
neue Herausforderungen – dies gilt auch für die Tourismuspolitik bei der Gestaltung der dafür
notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen. Daraus ergeben sich neue Aufgabenstellungen im
Bereich der touristischen Grundlagenforschung, die wesentliche und nachhaltige Investitionen der
öffentlichen Hand benötigen. Im Bericht des Expertenbeirats 2011 wurde bereits auf den Gründungsbedarf eines für Österreich neuen interdisziplinären Forschungsbereichs der Tourismusinformatik
hingewiesen (eine Liste wichtiger Erhebungstatbestände und Ziele findet man in Lohmann et al.
2011, 42). Geeignete Datenverdichtungs- und Entscheidungsunterstützungsmethoden zur Entwicklung von entscheidungsrelevanten Informationen wurden gefordert. Nur durch eine regelmäßige
Beobachtung und Vorhersage des Einflusses der Informations- und Kommunikationstechnologie auf
das Reiseplanungs- und Buchungsverhalten der Konsumenten sowie die Erfolgsmessung von
Kommunikations- und Distributionsstrategien österreichischer Anbieter im internationalen Vergleich
können Innovationen entstehen, die der österreichischen Tourismuswirtschaft einen nachhaltigen
Konkurrenzvorteil verschaffen.
49
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Mittels touristischer Grundlagenforschung können Entscheidungsträger des österreichischen Tourismus die Möglichkeiten der Neuen Medien richtig nutzen. Um grundlegende Mechanismen der Informationsdiffusion in Medien unterschiedlicher Interaktivität und deren Auswirkung auf öffentliche
Meinungsbildungsprozesse zu erfassen, gibt es erst wenige Arbeiten (Dickinger, 2011; Költringer,
2012; Stangl, 2011; Dickinger und Lalijic, 2015a,b).
Im Beobachtungszeitraum 2010-2014 findet man in der vom BMWFW publizierten österreichischen
Tourismusstrategie keinen Hinweis darauf, wie man in Österreich auf die großen Herausforderungen
der informationstechnologischen Veränderungen im Tourismus reagieren will (BMWFJ, 2011, 2012,
2013; BMWFW, 2014). Die nationale informationstechnologische Innovationsoffensive im Tourismus
hat sich in diesem Zeitraum ausschließlich der Frage gewidmet, inwieweit Österreich eine nationale
Buchungsplattform benötigt (Schuster und Werthner, 2013). Dem Aus- und Weiterbildungsbedarf im
Bereich der Informationstechnologien im Tourismus sowie der Forschungsförderung von touristischer Grundlagenforschung, die der Entwicklung von innovativen und technologischen Anwendungen für die Tourismuswirtschaft dient, wurde in Österreich bisher zu wenig Aufmerksamkeit
geschenkt.
50
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
5
Trends in der deutschen Tourismusnachfrage für Österreich
5.1
Bisherige Entwicklungstendenzen der Tourismusnachfrage für Österreich am
deutschen Markt
Der vorliegende Abschnitt befasst sich mit der Entwicklung der deutschen Tourismusnachfrage
(Urlaubsreisen und Kurzurlaubsreisen) in Österreich in der jüngeren Vergangenheit und den daraus
abschätzbaren Trends für die Zukunft.
Grundlage sind die Daten der deutschen "Reiseanalyse" (RA). Erhoben werden Urlaubsreisen (Fünf
Tage oder mehr) und Kurzurlaubsreisen (zwei bis vier Tage Dauer), wobei der Fokus der Betrachtung
insbesondere auf den Erhebungen 2011 bis 2014 der Reiseanalyse bzw. die Berichtsjahre 2010 bis
2013 liegt. Erste Zahlen der ganz aktuellen Reiseanalyse 2015 wurden ergänzt.
Die Reiseanalyse ist eine jährlich durchgeführte empirische Untersuchung (Befragung) zum Urlaubsreiseverhalten der Deutschen und zu ihren urlaubsbezogenen Einstellungen und Motiven17). Die
Daten der RA werden seit 1970 an einer für die Wohnbevölkerung in Deutschland repräsentativen
Zufallsstichprobe erhoben (ab 14 Jahren, deutschsprachig). Neben jährlich 7.500 persönlichen Interviews ("face-to-face") werden zusätzlich 5.000 Personen online befragt.
Die touristische Nachfrage der Deutschen bei Reisen mit Übernachtungen besteht aus verschiedenen
Segmenten, die sich z.B. aus dem Anlass der Reise (Urlaubsreisen, berufliche Reisen, sonstige
Reisen), ihrer Dauer (Kurzreisen mit zwei bis vier Tagen, Reisen mit fünf oder mehr Tagen) oder ihrer
Ziele (Inland, Ausland) ergeben. Urlaubsreisen sind private Reisen mit einer Dauer von wenigstens
fünf Tagen, die aus Sicht der Reisenden überwiegend erholsamen Zwecken dienen. Man reist also
ohne zwingende Notwendigkeit für eine Weile an einen anderen Ort. Für Kurzurlaubsreisen gilt
inhaltlich das Gleiche, allerdings mit einer Dauer von zwei bis vier Tagen, also Reisen mit wenigstens
einer Übernachtung.
5.1.1 Die aktuelle Situation der Nachfrage für Österreich in Deutschland
Österreich gehört nach Spanien, Italien und Türkei zu den beliebtesten Reisezielen der Deutschen im
Ausland, das gilt sowohl für Urlaubsreisen (4. Rang der Auslandsziele) wie für Kurzurlaubsreisen
(1. Rang der Auslandsziele). Insgesamt ist aus diesen beiden Segmenten mit über acht Mio. Gästeankünften pro Jahr aus Deutschland zu rechnen.
Fasst man die quantitativen Aspekte der Urlaubs- und Kurzurlaubsreisen im Hinblick auf das Urlaubsziel Österreich mit den aktuellsten Daten aus der RA zusammen und schätzt die in den Erhebungen
der RA nicht direkt erfassten Segmente (Reisen von Kindern unter 14 Jahren; Kurzreisen von Per17)
www.reiseanalyse.de
51
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
sonen älter als 70 Jahre) ergibt sich für die Gesamtnachfrage aus Deutschland folgende Situation
(Übersicht 11):
Übersicht 11: Urlaubsreisen und Kurzurlaubsreisen – Nachfragevolumen Österreich (Ankünfte) aus
Deutschland (2014)
2014
Segment
Volumen (Mio.)
Urlaubsreisen ab 14 Jahre
3,5
1)
Urlaubsreisen bis 13 Jahre
Kurzurlaubsreisen 14-70 Jahre
0,8
2)
2,8
3)
Kurzurlaubsreisen bis 13 Jahre
0,8
3)
Kurzurlaubsreisen über 70 Jahre
0,4
Summe
8,3
Quelle: FUR, RA 2015 (face-to-face): Urlaubsreisen (5 Tage +) der deutschsprachigen Wohnbevölkerung (14 Jahre +), 2014.
RA 2015 (online 05/2014 und 11/2014): Kurzurlaubsreisen (2-4 Tage) der deutschsprachigen Wohnbevölkerung 14-70 Jahre,
1)
2)
3)
Nov. bis Okt.; Schätzung; auf Basis von 75,7 Mio. Kurzurlaubsreisen; Schätzung.
Im Vergleich mit anderen touristischen Segmenten (Kurzurlaubsreisen, Geschäftsreisen, sonstige private Reisen) spielen für Österreich aus dem deutschen Markt die Urlaubsreisen die wichtigste Rolle.
Sie generieren die meisten Übernachtungen und den höchsten Umsatz.
5.1.2 Trends im Segment Urlaubsreisen
(a) Volumen und Marktanteile
Bei der Zahl der Urlaubsreisen der Deutschen (jährlich zwischen 62 und 66 Mio.) gab es seit Mitte der
90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wenig Dynamik. Von 2010 zu 2014 ist die Zahl aller
Urlaubsreisen der Deutschen leicht gestiegen (+0,8 Mio., auf 64,4 Mio.). Ein erst seit 2010 berücksichtigter Teil der Nachfrage sind die Reisen in Deutschland lebender Ausländer (2014: 5,9 Mio.).
Insgesamt wurden 2014 so 70,3 Mio. Urlaubsreisen registriert.
52
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Übersicht 12: Eckzahlen der Urlaubsreisen-Nachfrage 2008-2014
Deutsche
Deutschsprachige
Urlaubsreisen ab 5 Tagen Dauer
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2010
2011
2012
2013
2014
Deutschsprachige Wohnbevölkerung
ab 14 Jahre (Mio.)
64,9
64,8
64,8
64,6
64,5
64,5
64,6
70,5
70,3
70,2
70,3
70,5
Urlaubsreiseintensität
(% der Bevölkerung)
76,2
75,7
75,1
75,3
75,9
77,3
77,0
75,7
76,2
76,3
77,9
77,4
Urlaubsreisende (Mio.)
49,4
49,0
48,7
48,7
49,0
49,9
49,7
53,4
53,6
53,6
54,8
54,6
Urlaubsreisen (Mio.)
64,0
64,8
63,6
63,5
63,6
64,5
64,4
69,5
69,5
69,3
70,7
70,3
Quelle: FUR, RA 2008-2015 (face-to-face). Anteil der Urlaubsreisenden (5 Tage +) jeweils für den Zeitraum Jän.-Dez. in
Prozent. Basis: Wohnbevölkerung (14 Jahre +) in Deutschland.
In den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts waren – neben den Küsten Italiens – die Alpen
für viele Deutsche ein Traumziel für die Urlaubsreise. Die Rolle der Alpen bei den Urlaubsreisen der
Deutschen hat sich seitdem gründlich geändert. Langfristige Marktanteilsverluste von alpinen
Destinationen waren nahezu ausschließlich auf den Sommerurlaub zurückzuführen (Lohmann,
Schmücker und Sonntag, 2014, 129 ff.). Dieser "Bergrutsch" fand hauptsächlich bis 2005 statt.
Auch für Österreich zeigten sich bis in die Mitte des vergangenen Jahrzehntes langfristig deutlich
rückläufige Marktanteile an den Urlaubsreisen der Deutschen (1985: 10%, 1995: 7%, 2005: 6%). In
den letzten Jahren hat sich diese Entwicklung beruhigt. Die Marktanteile schwanken zwischen 5%
und gut 6% ohne eine klare Entwicklungsrichtung.
Übersicht 13: Urlaubsreisen der Deutschen nach Österreich (1985-2014)
Urlaubsreisen ab 5
Tagen Dauer
1985 1995 2000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Urlaubsreisen (Mio.)
32,3
64,5
62,2
64,1
64,4
62,9
64,0
64,8
63,6
63,5
63,6,
64,5
64,4
4,8
15,5
13,8
16,4
15,8
14,4
14,6
15,7
15,0
14,8
14,6
14,6
14,7
Urlaubsreisen nach
Österreich (%)
9,9
7,3
6,6
6,3
5,8
5,9
6,2
5,9
5,6
5,5
5,9
6,2
5,3
Urlaubsreisen nach
Österreich (Mio.)
3,2
4,7
4,1
4,1
3,8
3,7
4,0
3,8
3,6
3,5
3,7
4,0
3,4
0,6
1,7
1,7
1,6
1,5
1,5
1,5
1,6
1,6
1,3
1,7
1,5
1,4
Davon: zusätzliche
Urlaubsreisen (Mio.)
Davon: zusätzliche
Urlaubsreisen nach
Österreich (Mio.)
Quelle: FUR, RA 1985-2015 (face-to-face). Urlaubsreise (5 Tage +) jeweils für den Zeitraum Jän.-Dez. in Mio. / Prozent.
Deutsche Wohnbevölkerung (14 Jahre +) in Deutschland (1985 nur West-Dtl.).
53
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Die Daten für die Reiseziele in den Alpen insgesamt folgen einer ähnlichen Entwicklung. Innerhalb
der Alpenziele hat Österreich deutlich die größte Bedeutung.
(Geringes) Wachstum gab es im Beobachtungszeitraum bei Reisen ans nördliche Meer (vorwiegend
Inlandsreisen an die deutschen Küsten) und bei Fernreisen (Ziele außerhalb Europas und außerhalb
des Mittelmeerraumes).
(b) Urlaubsreisen, Haupturlaubsreisen und zusätzliche Urlaubsreisen
Die meisten Deutschen machen in einem Jahr genau eine Urlaubsreise (5 Tage +). 2014 gab es hier
38,8 Mio. Urlaubsreisen. Im Falle von mehreren Urlaubsreisen pro Jahr unterscheiden wir die Haupturlaubsreise (meist die längste und teuerste Reise; 2014: 11 Mio.) und zusätzliche Urlaubsreisen
(Zweit- und Drittreisen). Die Zahl der zusätzlichen Urlaubsreisen insgesamt ist von 2004 bis 2014 von
17,2 Mio. auf 14,7 Mio. gesunken Das ist insofern bemerkenswert, als man lange Zeit in diesem
Bereich ein Wachstumspotential sah.
Unterteilt man so die Urlaubsreisen nach Österreich nach dem Stellenwert für den Reisenden, dann
zeigt sich (Übersicht 14), dass deutlich mehr als die Hälfte aller Urlaubsreisen nach Österreich zu den
einzigen Urlaubsreisen im Jahr bzw. Haupturlaubsreisen zählen. Die Schwankungen in der Nachfrage
betreffen sowohl zusätzliche Urlaubsreisen als auch Haupturlaubsreisen.
Übersicht 14: Stellenwert der Urlaubsreisen der Deutschen nach Österreich (2004 und 2014)
Segment
2004
2010
2014
Volumen (in Mio.)
Österreich-Urlaubsreisen
ab 14 Jahre
genau eine Urlaubs- oder
Haupturlaubsreise (von
mehreren Reisen p.a.)
zusätzliche Urlaubsreisen
4,27
3,58
3,41
2,57
2,02
2,00
1,70
1,56
1,41
Quelle: FUR, RA 2005, 2011 und 2015. Basis: Urlaubsreisen (5 Tage +) der deutschen Wohnbevölkerung (14 Jahre +).
(c) Reiseausgaben
Betrachtet man Reiseausgaben bei Urlaubsreisen nach Österreich, so ergibt sich folgendes Bild
(Übersicht 15):
•
Österreich erreicht 5,3% Marktanteil bei den Urlaubsreisen der Deutschen und 4,4% bei den
Urlaubsreiseausgaben der Deutschen.
•
Die Ausgaben in Österreich liegen mit einem Betrag von 758 Euro pro Person und Reise unter
dem Durchschnitt (973 Euro). Allerdings haben Urlaubsreisen nach Österreich eine kürzere
mittlere Dauer. Berechnet man die Ausgaben pro Tag, dann liegen diese in Österreich mit
54
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
80 Euro genau im Durchschnitt. Höhere Ausgaben pro Tag sind besonders im Winter festzustellen.
•
In der Summe stiegen die nominalen Reiseausgaben für Urlaubsreisen nach Österreich von
2010 zu 2014 um 1% an, obwohl die Zahl der Urlaubsreisen gesunken ist. Allerdings sind die
Ausgaben je Gast und Reise im Gesamtmarkt stärker als in Österreich gestiegen.
Übersicht 15: Ausgaben für Urlaubsreisen nach Österreich (2004 bis 2014)
Ausgaben für alle
Urlaubsreisen (in €)
2004
2010
2014
Δ%
14/10
pro Person/Reise
812
861
973
+ 13
pro Person/Reise/Tag
67
74,0
80,4
+9
Insgesamt (Mrd.)
53,1
54,8
62,7
+ 14
Anzahl Reisen (Mio.)
65,4
63,6
64,4
+1
Ausgaben für
Urlaubsreisen nach
Österreich (in €)
2004
2010
2014
Δ%
14/1
0
pro Person/Reise
670
714
758
+6
pro Person/Reise/Tag
70
78,4
79,8
+2
Insgesamt (Mrd.)
2,86
2,56
2,58
+1
Anzahl Reisen (Mio.)
4,27
3,58
3,41
-5
Quelle: FUR, RA 2005, 2011 und 2015. Basis: Urlaubsreisen (5 Tage +) der deutschen Wohnbevölkerung (14 Jahre +).
(d) Urlaubsreisen im Sommer und Winter
Die Bedeutung der Sommermonate für den Urlaubstourismus insgesamt hat sich in den letzten Jahrzehnten zugunsten aller restlichen Jahreszeiten abgeschwächt. Das Grundmuster der touristischen
Nachfrage über den Jahresverlauf ist aber gleich geblieben. Seit 1993 gibt es auch keine Entwicklung
in Richtung weitere Entzerrung der Reisetermine. Allerdings sind nicht alle Arten von Urlaub und alle
Destinationen durch die gleichen Saisonmuster geprägt.
Für die Situation in Österreich benutzen wir in der folgenden Analyse eine breitere Definition von
Winter, nämlich die Monate, in denen man für gewöhnlich mit Schnee in den Bergen rechnen kann,
d.h.: Winter = November bis April; Sommer = Mai bis Oktober. Grundsätzlich ist eine differenzierte
Betrachtung der Wintergäste und ihrer Reisen und der Urlauber zu anderen (schneefreien) Jahreszeiten (hier nicht ganz korrekt als Sommer bezeichnet) zweckmäßig.
55
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
In den letzten zehn Jahren haben die so definierten Winterurlaubsreisen an Volumen verloren (von
14,6 auf 12,8 Mio.), während der Sommer zugelegt hat (von 49,5 auf 51,6 Mio.). Die Alpen als Ziel
verloren in beiden Segmenten. Zugewinne gab es für das Meer im Norden (im Sommer) und Fernreisen (im Winter).
Übersicht 16: Ziele von Urlaubsreisen im Sommer und Winter
Sommerurlaubsreisen
Ziele 2005/2014
Winterurlaubsreisen
Ziele 2005/2014
Ziele (Auswahl)
2005
2014
Veränderung
Ziele (Auswahl)
2005
2014
Veränderung
Urlaubsreisen
(Mio)
49,5
51,6
+
Urlaubsreisen
(Mio)
14,6
12,8
–
Alpen
8
7
–
Alpen
19
17
–
Dt. Mittelgebirge
6
6
=
Dt. Mittelgebirge
6
6
=
Nördl. Meer
17
20
+
Nördl. Meer
8
8
=
Mittelmeer
37
36
–
Mittelmeer
29
28
–
Fernreisen
4
5
+
Fernreisen
13
18
+
Quelle: FUR, RA 2006, 2015 (face-to-face). Basis: Urlaubsreisen 5 Tage + der deutschen Wohnbevölkerung (14 Jahre +) in
Deutschland. Winter: Nov.-April; Sommer: Mai-Okt.
Für Österreich spielen die Sommerurlaubsreisen aus Deutschland immer noch die größere Rolle
(größere Zahl von Reisen, längere Dauer, höherer Umsatz). Andererseits sind die Marktanteile im
Winter deutlich höher, hier hat Österreich eine gewisse Alleinstellung (vgl. Übersicht 17).
Im Sommer haben die Alpen seit 2005 eine nahezu stabile Position. Bei den Zielen innerhalb der
Alpen dominiert Österreich 2013 mit 50%, es folgen Italien (24%), Bayern (15%) und die Schweiz
(10%). Sommerurlaubsreisen in die französischen Alpen sind exotisch (1%). Noch klarer ist die
Position Österreichs im Winter (über zwei Drittel aller Alpenwinterurlaubsreisen gehen nach Österreich). Im Winter haben aber in jüngerer Zeit Ferndestinationen an Bedeutung gewonnen.
56
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Übersicht 17: Urlaubsreisen der Deutschen nach Österreich im Winter und Sommer
2010
2014
% Marktanteil
Reisen
in Mio.
Ausgaben
(Mrd. Euro)
% Marktanteil
Reisen
in Mio.
Ausgaben
(Mrd. Euro)
5,6
3,58
2,56
5,3
3,41
2,58
Winter
(November-April)
12,1
1,57
1,14
11,7
1,50
1,13
Sommer
(Mai bis Oktober)
4,0
2,01
1,41
3,7
1,91
1,46
Segment
Alle Urlaubsreisen
ab 14 Jahren
Quelle: FUR, RA 2011 und 2015. Basis: Urlaubsreisen (5 Tage +), deutsche Wohnbevölkerung (14 Jahre +).
(e) Reisedauer
Die Dauer von Urlaubsreisen aus dem deutschen Markt ist grundsätzlich seit Jahrzehnten rückläufig.
Die Geschwindigkeit des Rückgangs hat sich in jüngster Zeit allerdings deutlich verlangsamt. Seit 2010
pendelt der mittlere Wert zwischen 12,0 und 12,3 Tagen. Kürzere Aufenthaltsdauern in einem Zielgebiet ergeben sich dann aus einer Verschiebung der Struktur der Reisen (z.B. mehr Kurzreisen,
weniger Urlaubsreisen).
Die Dauer der Urlaubsreisen nach Österreich (9,5 Tage) liegt unter dem Mittelwert aller Urlaubsreisen (12,1 Tage). Während bei allen Urlaubsreisen im Durchschnitt die Dauer von 12,3 Tagen (2010)
auf 12,1 Tage (2013) um 1% zurückgegangen ist, nahm die Dauer bei Österreichreisen etwas stärker
um 3% von 9,8 Tagen auf 9,5 Tage ab. Die Dauer sank bei Urlaubsreisen im Sommer stärker als im
Winter. Ähnlich war die Entwicklung bei anderen Alpenzielen.
Übersicht 18: Dauer von Urlaubsreisen nach Österreich (2010 und 2014)
Österreich
Sommer
Österreich
Winter
Österreich
Alle Ziele
in Tagen
2010
2014
2010
2014
2010
2014
2010
2014
Bis 8 Tage
42
45
72
75
55
58
36
36
9-12 Tage
19
19
14
15
17
17
19
19
13-15
Tage
29
30
13
10
22
21
31
30
16 Tage +
10
6
1
1
6
4
15
16
Mittelwert
11,0
10,5
8,3
8,1
9,8
9,5
12,3
12,1
Quelle: FUR, RA 2011 und 2015. Basis: Urlaubsreisen (5 Tage +) der deutschen Wohnbevölkerung (14 Jahre +). Winter: Nov.April; Sommer: Mai-Okt.
57
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
(f) Urlaubsarten
Die volumenmäßig bedeutsamste Reiseart bei den Urlaubsreisen der deutschen Wohnbevölkerung
ist der Strand-, Bade- und Sonnenurlaub: 44% der Urlaubsreisen können so charakterisiert werden.
Es folgen in der Bedeutung Ausruhurlaub (36%), Natururlaub (28%), Familienferien (27%) und Erlebnisurlaub (23%). Bei der Zehnjahresbetrachtung zeigt der Trend einen deutlichen Nachfragerückgang für den reinen Ausruhurlaub und klare Steigerungen beim Strand- und Badeurlaub und bei
Familienferien. Ebenfalls im Aufwind: der Sightseeingurlaub und die Rundreise.
Österreich ist mit großem Abstand der Marktführer bei Aktivurlaub (Übersicht 19) und zusammen
mit Bayern das wesentliche Ziel für Natururlaub.
Abbildung 7: Trends bei den Urlaubsreisearten
2002-2014
Wert
Trend
2014
2002-2014
Wert
Trend
2014
Sonne+
Strand
44

Freunde/
Verwandte
13

Ausruhen
36

Fun/Party
12

Natur*
28

Rundreise
11

Familie
27

Kultur
7

Erlebnis
23

Gesundheit
5

Sightseeing
16

Studienreise
3

Aktiv
16

Quelle: FUR, RA 2003-2015. Basis: Urlaubsreisen (5 Tage +) der deutschen Wohnbevölkerung (14 Jahre +). Urlaubsreisearten (Mehrfachnennungen) in %, Sparklines ohne einheitliche Skala; Trend: Lineare Regression 2002-2014.
58
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Übersicht 19: Ziele nach Urlaubsreisearten
Strand
Aktiv
Natur
44,2 Mio.
15,6 Mio.
26,9 Mio.
Rund-/Kultur/Studienreise
20,7 Mio.
1
Spanien
28%
Österreich
27%
Bayern
17%
Italien
12%
2
Türkei
14%
Bayern
11%
Österreich
13%
USA/Kanada
9%
3
Mecklenburg-V.
8%
Italien
8%
Italien
8%
Asien/Australien
7%
4
Italien
7%
Schleswig-H.
5%
Mecklenburg-V.
8%
Frankreich
6%
5
Griechenland
6%
Spanien
5%
Schleswig-H.
7%
Spanien
6%
Quelle: FUR, RA 2015. Basis: Urlaubsreisen 5 Tage + der deutschsprachigen Wohnbevölkerung (14 Jahre +);
Mehrfachnennungen für die Urlaubsreisearten.
Die gewählten Urlaubsarten lassen wertvolle Rückschlüsse auf die zentralen Motive bzw. Produkterwartungen zu. Außerdem sind sie ein Indikator für die wahrgenommenen touristischen Stärken der
Destinationen (was kann man da gut machen?). Österreich hat in dieser Hinsicht ein recht spezielles
Profil (Übersicht 20): Aktiv-, Natur- und Familienurlaub sind die Schwerpunkte der Nachfrage. Dabei
gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Winter und Sommer. Die Reiseart "Natururlaub" ist im
Winter ziemlich bedeutungslos. Der Winter ist fast ausschließlich durch Aktivurlaub geprägt. Im
Sommer tritt der Aspekt der Aktivität hinter den der Natur und der Familie zurück.
Übersicht 20: Urlaubsreisearten in Österreich
Österreich
Sommer
Österreich
Winter
Österreich
Alle Ziele
2010
2014
2010
2014
2010
2014
2010
2014
Aktiv-Url.
16
8
65
61
37
31
7
6
Natur-Url.
28
27
4
7
18
18
8
7
Ausruh-Url.
13
13
5
7
10
10
14
12
Erlebnis-Url.
6
6
2
4
4
5
7
6
GesundheitsUrl.
1
1
1
2
1
1
3
2
Familien-Url.
10
24
10
8
10
17
13
15
in %
Quelle: FUR, RA 2011 und 2015. Basis: Urlaubsreisen (5 Tage +) der deutschen Wohnbevölkerung (14 Jahre +);
Winter: Nov.-April.; Sommer: Mai-Okt.
59
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
5.1.3 Trends im Segment Kurzurlaubsreisen
2014 wurden insgesamt rund 83,5 Mio. Kurzurlaubsreisen durchgeführt (Übersicht 21). Diese sind
neben Urlaubsreisen ein großer und wichtiger Markt, der aber in mancher Hinsicht getrennt von den
(längeren) Urlaubsreisen zu sehen ist.
Methodisch vergleichbare Erhebungen für die Kurzurlaubsreisen der Deutschen liegen nur für wenige
Jahre vor, detaillierte langfristige Trends lassen sich daraus nicht ableiten.
Übersicht 21: Marktdimensionen Kurzurlaubsreisen aus Deutschland
Eckzahlen der Kurzurlaubsreisen-Nachfrage 2011-2014
2011
2012
2013
2014
60,3
59,7
59,4
59,3
56
56
56
55
Kurzurlaubsreisende 14-70 Jahre (Mio.)
33,6
33,4
33,3
32,6
Kurzurlaubsreisen je Kurzurlaubsreisendem
2,3
2,4
2,3
2,3
Kurzurlaubsreisen der 14-70-Jährigen (Mio.)
78,2
79,6
75,6
75,7
Kurzurlaubsreisen der Über-70-Jährigen (Mio.)
7,0
7,0
7,5
7,8
85,2
86,7
83,1
83,5
Deutschsprachige Wohnbevölkerung 14 -70 Jahre (Mio.)
Kurzurlaubsreiseintensität letzte 12 Monate (in %)
Kurzurlaubsreisen insgesamt (Mio.)
Quelle: FUR, RA 2012-2015. Basis: Deutschsprachige Wohnbevölkerung (14 Jahre +). Kurzurlaubsreiseintensität: Wert jew.
vom November für den Zeitraum Nov.-Okt., RA online; Kurzurlaubsreisen: Kombinierte Berechnung aus der Erhebung im
Mai (Reisezeitraum Nov.-April) und Nov. (Reisezeitraum Mai-Okt.), RA online; Kurzurlaubsreisen der Über-70-Jährigen: FURSchätzung auf Basis der Urlaubsreiseintensität der Kurzurlaubsreisenden, RA (face-to-face).
Grundsätzlich scheint die Kurzurlaubsreisetätigkeit stärkere Schwankungen in den Volumendaten
aufzuweisen. Dahinter können unterschiedliche Gründe stehen, wie z.B. spezielle Feiertagskonstellationen in den jeweiligen Jahren, das Wetter oder die aktuelle wirtschaftliche Situation. Die geringere Bedeutung der Kurzurlaubsreisen bei den Konsumprioritäten (Lohmann, Schmücker und
Sonntag, 2014, 45 ff.) führt zu einer größeren Flexibilität der Nachfrage als bei Urlaubsreisen: Die
Kurzurlaubsreise scheint eher ein Extra, auf das man auch verzichten könnte. In den letzten fünf
Jahren war das Nachfragevolumen dennoch konstant. In der Langzeitentwicklung sehen wir bei der
Kurzurlaubsreiseintensität eine Phase des Wachstums von Ende der 1970er bis Mitte der 1990er
Jahre und seitdem eine Phase relativer Stabilität.
Etwa vier von fünf Kurzurlaubsreisenden haben im gleichen Jahr auch Urlaubsreisen mit einer Dauer
von fünf Tagen und länger unternommen. Kurzurlaubsreisen sind also in der Regel kein Ersatz für
längere Urlaubsreisen, sondern werden ergänzend durchgeführt.
60
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Die aktuelle Reiseintensität für die Kurzurlaubsreisen (zwei bis vier Tage Dauer) wird in der Novemberwelle der RA online erhoben und bezieht sich auf die deutschsprachige Wohnbevölkerung im
Alter von 14 bis 70 Jahren und den Reisezeitraum November 2013 bis Oktober 2014. Sie lag 2014 bei
56,0% und so auf dem Niveau der Vorjahre. Von den 59 Mio. deutschsprachigen Personen im Alter
von 14 bis 70 Jahren in Privathaushalten haben demnach 33 Mio. in den vergangenen zwölf Monaten
wenigstens eine Kurzurlaubsreise unternommen.
Das Volumen der Kurzurlaubsreisen wird in der RA seit einigen Jahren in zwei Wellen online (jeweils
Mai und November) erhoben. Die Zahl der Kurzurlaubsreisen der Über-70-Jährigen wird auf Basis der
Ergebnisse in der RA face-to-face geschätzt. Für das Jahr 2014 wurde ein Kurzurlaubsreisevolumen
von 75,7 Mio. der 14- bis 70-Jährigen in der deutschsprachigen Wohnbevölkerung erhoben
(Übersicht 21). Außerdem schätzen wir 7,8 Mio. Kurzurlaubsreisen der Über-70-Jährigen. Insgesamt
unternahm die deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahren 2014 damit 83,5 Mio. Kurzurlaubsreisen.
2014 blieben mehr als drei Viertel (76%) der Kurzurlaubsreisen im deutschen Inland. Rund ein Drittel
der Kurzurlaubsreisen (35%) ging in deutsche Städte, weitere 9% in ausländische Städte. Im Vergleich
zu den Vorjahren seit 2010 sind die Verhältnisse der Destinationstypen recht stabil. Auch wenn die
Städte nicht den größten Anteil der Kurzurlaubsreiseziele stellen, so ist ihre Bedeutung im Kurzurlaubsreisemarkt deutlich höher als bei den Urlaubsreisen.
Im Ausland führen Österreich (Marktanteil knapp 4%), Frankreich und die Niederlande (je 3%) das
Ranking an. Auf den weiteren Plätzen folgen Großbritannien, Italien, Spanien und die Schweiz. Diese
Länder liegen im Ranking so eng beisammen, dass es in den vergangenen Jahren immer wieder zu
Verschiebungen in der Reihenfolge gekommen ist.
Abbildung 8: Ziele von Kurzurlaubsreisen 2014 im In- und Ausland (Marktanteile in %)
Inland
Ausland
12,4%
Österreich
Berlin
7,8%
Frankreich
3,0%
NRW
7,7%
Niederlande
2,8%
Baden-Württemberg
6,5%
Großbritannien
2,1%
Sachsen
5,9%
Italien
1,9%
Niedersachsen
5,5%
Spanien
1,8%
Hamburg
Bayern
3,6%
5,5%
Schweiz
1,4%
MecklenburgVorpommern
5,0%
Tschechische
Republik
1,1%
Schleswig-Holstein
5,0%
Belgien
1,1%
Hessen
3,4%
Dänemark
1,1%
Quelle: FUR, RA 2015 (online 5/2014 und 11/2014). Basis: jeweils 1.-3. Kurzurlaubsreise 2014 der deutschsprachigen
Bevölkerung (14-70 Jahre) in Privathaushalten in Deutschland.
61
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Das wichtigste Kurzurlaubsreisesegment für Österreich sind Städtereisen, mit Wien an vorderster
Stelle. Darauf folgt das Segment Aktivurlaub mit einem Anteil von 19% (2013) an allen Kurzurlaubsreisen nach Österreich (vor allem im Winter), welches damit überdurchschnittlich wichtig ist. Weitere
kommerzielle Kurzurlaubsreisesegmente, die ebenfalls größere Anteile verbuchen können, sind Ausruhurlaube (2013: 17%) und Kulturreisen (2013: 15%).
5.1.4 Nachfragestruktur (soziodemografisch/psychografisch)
(a) Soziodemografisch
Bei den Urlaubsreisen insgesamt zeigt sich bei der Altersstruktur – ähnlich wie bei anderen Merkmalen der Nachfrage – eine recht dynamische Entwicklung bis Mitte der 1990er Jahre und seitdem
eine ziemliche Stabilität. Deutlich gestiegen ist dann bis 2003 noch die Urlaubsreiseintensität der
Über-60-Jährigen, die in den letzten zehn Jahren aber kaum noch wuchs. Alter ist kein wesentlicher
Prädiktor mehr für Urlaubsreisetätigkeit.
Im Vergleich der Nachfragestruktur zwischen allen Urlaubsreisen und bei jenen nach Österreich in
den Jahren 2005 und 2014 fällt auf:
Alter: Die starke Zunahme des Anteils älterer Senioren und ein entsprechender Rückgang bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Abbildung 9: Altersstruktur bei Urlaubsreisen nach Österreich, 2005 und 2014
17
70+ J.
26
60+ Jahre
20
12
11
15
50-59 J.
40-49 J.
17
25
17
9
8
2005
13
30-39 J.
20-29 J.
14-19 J.
6
4
2014 in %
Quelle: RA 2006 und 2015. Basis: Urlaubsreisen nach Österreich von Deutschen aus Privathaushalten in Deutschland, 14
Jahre + (RA 2015: 3,4 Mio.).
Bildung: Höhere Bildungsschichten sind in Österreich geringfügig stärker vertreten als im Durchschnitt (2013: Abitur/Universität: 37% in Österreich; 34% alle Reisen). Die Entwicklung seit 2005
spiegelt die demografische Entwicklung wider.
62
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Berufstätigkeit/Einkommen: Die Entwicklung zeigt hier für Österreich-Urlaubsreisen eine Zunahme
bei Vollzeitbeschäftigten und ein steigendes Einkommen (in Übereinstimmung mit der demografischen Entwicklung insgesamt).
Herkunft (Bundesland): Die höchste Bedeutung haben die Quellmärkte in Bayern und BadenWürttemberg. An relativer Bedeutung zugenommen haben Urlaubsreisen von Personen aus dem
Osten Deutschlands. Rückgänge gab es in Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern im
Westen.
Grundsätzlich zeigen sich bei der Entwicklung der Nachfragestruktur im Sommer und Winter ähnliche
Muster, allerdings gibt es auch auffällige Unterschiede:
•
Deutlich überdurchschnittlich ist der Anteil der Über-70-Jährigen im Sommertourismus (32%
in Österreich, 17% in allen Zielen).
•
Senioren (60 Jahre +) produzieren 37% der deutschen Österreich-Urlaubsreisen. Im Sommer
liegt ihr Anteil bei 45% der Reisen, im Winter nur bei 26%. Jüngere Altersgruppen sind im
Winter viel stärker vertreten als im Sommer.
•
Das formale Bildungsniveau der Gäste in Österreich liegt leicht über dem Durchschnitt bei
allen Reisen. Große Unterschiede gibt es zwischen Sommer (deutlich unterdurchschnittlich)
und Winter (weit überdurchschnittlich). Veränderungen i.S. steigender Bildungsniveaus von
2010 zu 2014 liegen im Rahmen der demografischen Entwicklung.
•
Das Niveau des monatlichen Haushaltsnettoeinkommens variiert in derselben Weise
zwischen Sommer (unterdurchschnittlich) und Winter (überdurchschnittlich).
Zu den unterschiedlichen Jahreszeiten kommen sehr unterschiedliche, eher gegensätzliche Gruppen
nach Österreich. Die grundsätzliche Charakterisierung der beiden Gruppen ist über die Jahre gleich
geblieben.
Einige Entwicklungen sind durch allgemeine (demografische) Trends bestimmt, wie etwa die stärkere
Rolle höherer Bildungsgruppen. Sie sind im Rahmen dieser Betrachtung insofern von Bedeutung, als
sich hieraus höhere Anforderungen an das Urlaubserlebnis und höhere Produktanforderungen
ableiten lassen.
Insgesamt erscheint die Nachfragestruktur der deutschen Gäste in Österreich heute spezifischer als
in der Vergangenheit. Die erreichte Zielgruppe in Deutschland ist somit klarer abgrenzbar, aber eben
auch kleiner.
63
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
(b) Psychografisch
Die fünf wichtigsten Urlaubsmotive für Österreich (RA 2014) sind:
•
Abstand zum Alltag (68%)
•
Entspannung, kein Stress (66%)
•
Natur erleben (65%)
•
Frische Kraft sammeln (65%)
•
Spaß haben (59%)
Auffällig ist, dass (ggf. mit Ausnahme von "Natur erleben") alle diese Motive nicht zielgebietsspezifisch sind, d.h. diese Motive sind nicht nur in Österreich zu verwirklichen.
Im Vergleich zu allen Reisezielen erscheinen als bei den Österreich-Gästen spezifische, also stärker
ausgeprägte Motive, der Wunsch nach Bewegung (sowohl als "aktiver Sport" wie auch als "leichte
sportliche Betätigung", vor allem bei den Wintergästen, aber auch im Sommer sehr deutlich) und
"etwas für die Gesundheit zu tun" (ohne, dass diese Motive bei den gleichen Personen vorhanden
sein müssen, und ohne, dass aus diesem Motiv heraus ein Gesundheitsurlaub gemacht würde; im
Sommer wie im Winter).
Weniger ausgeprägt als in anderen Zielen sind: "ausruhen, faulenzen", "Flirt/Erotik", "etwas für die
Schönheit tun", und "Sonne/Wärme, schönes Wetter". Das Motiv "Sonne/Wärme, schönes Wetter"
dominiert bei allen Reisenden die Motivhitparade (66%), aber auch 60% der Österreich-Reisenden ist
es besonders wichtig.
Im Vergleich von 2011 zu 2014 zeigen sich bei den Urlaubsmotiven der Österreich-Urlauber folgende
Entwicklungen:
5.2
•
An Bedeutung verloren hat der Wunsch "etwas für Kultur und Bildung tun" (bei allen Zielen:
konstant).
•
An Bedeutung gewonnen haben die Aspekte "Sport" (gegenläufig zum allgemeinen Trend),
"sich verwöhnen lassen, sich was gönnen, genießen" (im allgemeinen Trend, aber bei den
Österreich Gästen deutlich stärkere Zunahme).
Zukünftige Entwicklungstendenzen der Tourismusnachfrage am deutschen Markt
Die Entwicklung des Österreich-Tourismus der Deutschen ist eingebettet in die allgemeinen Nachfragetrends im Urlaubstourismus. Wir stellen diese deswegen zunächst vor, um dann auf die
spezifischen Aspekte des Urlaubszieles Österreich einzugehen.
64
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
5.2.1 Allgemeine Entwicklung der Determinanten der touristischen Nachfrage
(a) Umfeld und touristisches Angebot
In den Rahmenbedingungen finden wir drei wesentliche Entwicklungen, die das Urlaubsreisegeschehen im kommenden Jahrzehnt beeinflussen werden: den abzusehenden demografischen
Wandel, der durch eine differenziertere, ältere, länger arbeitende und (wegen der hohen Migrationsgewinne) bunter werdende Gesellschaft gekennzeichnet ist; die zunehmende Alltäglichkeit der Internetnutzung, insbesondere mit mobilen Online-Geräten und die erwartete weitere Zunahme von
Mobilität, die alle urlaubsrelevanten Verkehrsmittel betrifft.
Daneben gibt es eine ganze Reihe von weiteren Entwicklungen, die den Tourismus beeinflussen
können, aber voraussichtlich entweder im Laufe des nächsten Jahrzehnts noch keine deutlichen
Veränderungen des Urlaubsreiseverhaltens hervorrufen werden, oder deren Eintreten und Entwicklung in Ausmaß und Richtung heute schlecht einschätzbar sind. Dazu gehört z.B. auch der Klimawandel, der bis 2020 das Verhalten der Touristen kaum beeinflussen wird. Das gilt auch für den
Wintertourismus, für den Schneesicherheit schon heute oft durch künstliche Beschneiung gesichert
wird (vgl. Abegg, Steiger und Walser, 2015, 12), für die ein hoher Ressourcenverbrauch zu konstatieren ist. In den folgenden Jahrzehnten können die Klimafolgen allerdings deutlich zu Tage treten.
Insgesamt ist die Zahl der Einflussfaktoren sehr groß. Deswegen haben Entwicklungen in einzelnen
Faktoren oft nur eine begrenzte Wirkung auf das Gesamtsystem.
Das touristische Angebot beeinflusst die Urlaubsnachfrage durch die zunehmende Vielfalt und die
wachsenden Kapazitäten. Diese Entwicklung sorgt dafür, dass die Konsumenten wirklich die Wahl
haben. Sie ist aber auch dafür verantwortlich, dass einzelne Aspekte in einzelnen Segmenten kaum in
der Lage sind, große Nachfrageströme zu verändern. Insgesamt führen die Bemühungen der Branche
um die Zuneigung der Urlauber zu einem sehr differenzierten Angebot, bei dem Kundenorientierung
noch notwendiger ist als bisher schon.
(b) Die Kunden der Zukunft
Die Nachfrager im Tourismus sind eine Menge von sehr vielfältigen Individuen, die sich auch in der
Zukunft nicht mühelos über einen Kamm scheren lassen. Dennoch kann man Aspekte erkennen, in
denen sie sich die zukünftigen Touristen von den heutigen unterscheiden. Hierzu gehören einerseits
allgemeine Entwicklungen (abnehmende Zahl, Strukturwandel, Differenzierung), andererseits eher
individuelle, die sich durch einen Zuwachs an Kompetenz und als befriedigend wahrgenommenen
Wahlmöglichkeiten (Multi-Optionalität) ergeben.
Die urlaubsreisebezogenen Motive und Einstellungen verweisen auf eine stabile Tourismusnachfrage
in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Man kann sich auf diese Kunden verlassen. Urlaubsreisen
stehen bei den Konsumprioritäten ganz oben. Der Kunde der Zukunft ist als erfahren, kompetent,
anspruchsvoll, multi-optional und flexibel zu charakterisieren.
65
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Die Multi-Optionalität (Lohmann, Schmücker und Sonntag, 2014, 42) ist ein herausragendes Kennzeichen. Dieses Schlagwort meint den Umstand, dass der Kunde selbst zunehmend mehr Wahlmöglichkeiten sieht, mit denen er einen für ihn positiven Urlaub gestalten kann. Die Touristen haben
so breit gestreute Interessen und Motive, dass sie mit ganz verschiedenen Angeboten glücklich
werden können. Für Anbieter bedeutet das eine erweiterte Wettbewerbssituation und in vielen
Fällen eine ungewohnte Austauschbarkeit. Für die vorliegende Fragestellung heißt das einfach, dass
das österreichische Tourismusangebot sich gegen eine breitere Konkurrenz durchsetzen muss.
(c) Reisevolumen
Das Volumen der aus Deutschland insgesamt generierten Nachfrage nach Urlaubsreisen wird in den
kommenden Jahren stabil bleiben oder leicht abnehmen (mit etwa 70 Mio. Urlaubsreisen pro Jahr).
Die realen Ausgaben pro Reise werden auf dem gleichen Niveau bleiben, wegen der leicht
rückläufigen Reisedauer werden die Ausgaben pro Tag aber steigen. Bei Kurzurlaubsreisen gehen wir
von einem langfristig leicht wachsenden Volumen der Nachfrage aus (ca. 80 Mio. Kurzurlaubsreisen
2020), allerdings mit jährlich stärker schwankenden Werten.
Übersicht 22: Trendabschätzung – Urlaubsreisevolumen 2025
2013
2025
2025
(Unterer Wert) (Mittlerer Wert)
2025
(Oberer Wert)
Deutschsprachige Bevölkerung (14 J. +; Mio.)
70,3
Urlaubsreiseintensität (in % der Bev.)
78%
76%
78%
80%
Anzahl der Urlaubsreisenden (Mio.)
54,8
52,9
54,9
56,9
Urlaubsreisehäufigkeit
1,29
1,21
1,25
1,29
Anzahl der Urlaubsreisen (Mio.)
70,7
66,6
69,6
72,6
69,9
Quelle: FUR, RA 2014 (face-to-face); Werte für 2025: Schätzungen aus Lohmann, Schmücker und Sonntag (2014). Basis:
deutschsprachige Wohnbevölkerung (14 Jahre +) in Deutschland.
66
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Übersicht 23: Kurzurlaubsreisen, Projektion bis 2025
2013 (IST)
2025
2025
(Unterer Wert) (Mittlerer Wert)
2025
(Oberer Wert)
Deutschsprachige Wohnbevölkerung (14-70 J.;
Mio.)
59,4
Kurzurlaubsreiseintensität letzte 12 Monate (in %)
56,0
54
57
60
Kurzurlaubsreisende (14-70 J.; Mio.)
33,3
30,5
32,5
34,5
Kurzurlaubsreisen je Kurzurlaubsreisendem
2,3
2,2
2,4
2,6
Kurzurlaubsreisen der 14-70-Jährigen (Mio.)
75,6
67,1
78,0
89,7
Kurzurlaubsreisen der Über-70-Jährigen (Mio.)
7,5
8,0
10,0
12,0
Kurzurlaubsreisen insgesamt (Mio.)
83,1
75,1
88,0
101,7
57,0
Quelle: FUR; Werte für 2013: RA 2014 (face-to-face und online); Werte für 2025: Schätzungen aus Lohmann, Schmücker
und Sonntag (2014). Basis: deutschsprachige Wohnbevölkerung (14 Jahre +) in Deutschland.
5.2.2 Präferenzen der Nachfrage im Hinblick auf Urlaub in Österreich (Interessentenpotential für Österreich)
Die kurz- und mittelfristige Nachfrageentwicklung wird u.a. durch Einstellungen der Reisenden beeinflusst. Das Vorhandensein eines wenigstens grundlegenden Interesses an einem Urlaub in Österreich
ist zwar keine Garantie für kontinuierliche Gästezahlen, wohl aber eine Voraussetzung dafür.
Beim sogenannten "Interessentenpotential" für Österreich handelt es sich um Personen (bzw. deren
Anteil in der Bevölkerung), die in der RA Befragung Interesse äußern, in Österreich in den nächsten
drei Jahren einen Urlaub zu verbringen. Dabei unterscheiden wir zwischen dem "harten" Potential
(plant die Reise nach Österreich 'ziemlich sicher') und dem "weichen" Potential (Österreich 'kommt
generell in Frage'). Basis ist auch hier die deutsche Bevölkerung (14 Jahre +, in Privathaushalten) in
Deutschland jeweils im Jänner eines Jahres.
Im Jänner 2015 ist das Potential für Österreich erneut gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Es liegt jetzt
bei 29,7% (19,2 Mio. Personen), davon 5,4 Mio. (8,4%) hartes Potential und 13,8 Mio. (21,3%)
weiches Potential. Im Vergleich mit anderen Alpenländern hat Österreich das größte harte Potential
(5,4 Mio.; Schweiz: 1,3 Mio.; Frankreich Alpen: 0,3 Mio.; Italien Südtirol: 1,7 Mio.; Bayern Alpen,
Voralpen: 3,9 Mio.).
Grundsätzlich ist das Interesse an einer Reise nach Österreich in Deutschland also groß und auch im
Verhältnis zu anderen Alpenzielen beachtlich. Diese Situation und Entwicklung ist angesichts der
globalen Konkurrenz im Tourismus alles andere als selbstverständlich. Für die zukünftige Entwicklung
bildet sie eine stabilisierende Basis, kurzfristig lawinenartige Rückgänge sind nicht zu erwarten. Das
67
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Vorhandensein des Potentials ist aber keine Nachfragegarantie. (These: Alpen kann man immer
haben, auch nächstes Jahr.)
Seit 2005 ist das Potential für Österreich insgesamt gewachsen. Allerdings schrumpfte das harte
Potential (von 2010 bis 2014 um 0,6%-Punkte), während das weiche Potential zunahm (um 0,5%Punkte). Eine solche Entwicklung zeigt sich langfristig deutlicher und analog auch bei den anderen
Alpenländern. Man kann das als Ausdruck der gewachsenen Multi-Optionalität interpretieren (vgl.
5.2.1): Das Interessensspektrum der Deutschen ist breiter geworden, die Verbindlichkeit des Interesses aber geringer.
Erfreulich ist die hohe Wiederkehrbereitschaft, ein wachsender Teil der Interessenten war in den
letzten Jahren in Österreich. Der Anteil der potentiellen Wiederholer im Potential (= Österreich als
Urlaubsziel in den letzten drei Jahren und hartes Interesse für die nächsten drei Jahre) ist von 75% im
Jahr 2005 über 77% (Jänner 2011) auf 79% (Jänner 2014) gestiegen. Das spricht für eine hohe
Zufriedenheit der Gäste und eine hohe Realisierungsquote der Potentiale in der Zukunft.
Andererseits zeigt sich aber, dass die Gewinnung von neuen Gästen eine gewisse Herausforderung
ist. Der Neukundenanteil aus Deutschland stagniert bzw. nimmt ab.
Analysiert man, für welche Reiseziele sich ein Österreich-Interessent (hartes Potential) außerdem
noch interessiert, ergibt sich eine nachfrageorientierte Perspektive auf die Konkurrenzsituation
Österreichs.
Die am häufigsten genannten (Konkurrenz-)Ziele (Daten von Jänner 2014) sind:
•
Deutschland (52% der Österreich-Interessierten planen auch ziemlich sicher einen Urlaub in
Deutschland, vor allem in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg und
Schleswig-Holstein); seit 2011 hat Deutschland als Konkurrenzziel leicht gewonnen (von 50%
auf 52%), im langfristigeren Vergleich deutlich.
•
Italien (20%; 2011: 24%)
•
Spanien (21%; 2011: 22%)
•
Fernziele, außerhalb Europas und des Mittelmeerraumes (15%; 2011: 14%)
•
Türkei (11%; 2011: 11%)
•
Kroatien (10%; 2011: 5%)
Auffällig ist, dass der Wettbewerb nicht in erster Linie mit landschaftlich ähnlichen Gebieten besteht.
Sie umfasst deutsche Reiseziele in der Nähe ebenso wie Ziele am Mittelmeer und Fernziele außerhalb
Europas. Wir sehen hier einen weiteren Beleg für die Multi-Optionalität, nun auch konkret beim
Österreich-Urlauber.
Angesichts in der Regel beschränkter Zeit- und Geldbudgets stehen (auch oder gar eher) die unterschiedlichen Aktivitätspotentiale bzw. Ihre Attraktivität in Konkurrenz. Bei geringem kognitivem
Planungseinsatz wählt der Urlauber zudem ein Ziel, welches in seinem "consideration set" gerade
68
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
präsent und "gut genug" ist, ohne lange Prüfung einer großen Zahl von Alternativen. Hier ist eine
wichtige Aufgabe der Marketing-Kommunikation, die Präsenz Österreichs bei potentiellen Kunden
durchgängig hoch zu halten.
Insgesamt zeigt die Potentialanalyse für die Zukunft gute Chancen für eine stabile ÖsterreichNachfrage aus Deutschland, aber geringe Chancen für ein Wachstum durch zusätzliche Kunden.
In ähnlicher Weise wie die Potentiale für Reiseziele erhoben werden, wird auch das Interesse für
einzelne Reisearten ermittelt. Hier interessiert vor allem das Interesse am Winterurlaub im Schnee.
Der langfristige Vergleich der Ergebnisse der Reiseanalyse 2001 bis 2014 zeigt, dass das Interesse am
Winterurlaub im Schnee langfristig leicht rückläufig, seit 2009 aber konstant ist. Eine Hoffnung auf
zusätzliche Nachfrage ist daraus nicht abzuleiten, zumal die Zahl der Winterurlaubsreisen ja in der
Vergangenheit rückläufig war.
Abbildung 10: Potentialentwicklung für Winterurlaub im Schnee, 2001-2015
Interesse Winterurlaub im Schnee nächste 3 Jahre
Winterurlaub im Schnee gemacht letzte 3 Jahre
%
19,0
20
17,6
17,4
17,2
16,4
15,8
16,1
15,8
16,3
15
10
8,6
7,0
8,8
9,5
9,2
8,0
7,9
7,3
7,6
5
0
RA 01 RA 03 RA 05 RA 07 RA 09 RA 11 RA 13 RA 14 RA 15
Quelle: FUR, RA 2015. Basis: Deutsche (14 Jahre +).
5.2.3 Trends Urlaubsreisen
Das Volumen der Urlaubsreisen aus dem deutschen Markt wird sich bis 2020 nur marginal verändern
(Lohmann, Schmücker und Sonntag, 2014), also weiterhin bei rund 70 Mio. Urlaubsreisen liegen.
Schätzt man die zukünftige Entwicklung der Urlaubsreisen aus Deutschland nach Österreich auf der
Basis der Daten der vergangenen Jahre, dann ist bis 2020 mit gleichbleibenden Größenordnungen
und Verhältnissen zu rechnen. Österreich wird dann im Jahr 2020 aller Voraussicht nach weiterhin
einen ungefährdeten vierten Rang der beliebtesten Auslandsdestinationen belegen. Gegen diese Annahme spricht die nach wie vor abnehmende Trendlinie der Vergangenheit. Wegen des unvermin-
69
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
dert hohen Interesses am Reiseziel Österreich gehen wir aber für 2020 von einem konstanten
Marktanteil zwischen 5% und 6% an allen Urlaubsreisen aus.
Urlaubsreisen bleiben auch dann das wichtigste Segment im Österreich Tourismus der Deutschen. Sie
übertreffen alle anderen Reisesegmente (also Kurzreisen, Geschäftsreisen und sonstige Privatreisen)
hinsichtlich der Zahl der generierten Nächtigungen, des Umsatzes und wohl auch hinsichtlich des
Verhältnisses von Marketing-Einsatz zu Umsatz. Urlaubsreisen sind kaum anfällig für kurzfristige Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, andererseits bieten sie auch insgesamt nur
wenige Wachstumschancen. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, kann gleichzeitig aber die Wertschöpfung je Gast zunehmen.
Innerhalb des Segmentes Urlaubsreisen ist für Österreich in den nächsten Jahren mit einer Fortsetzung der folgenden Trends zu rechnen:
•
Insgesamt gleich bleibender Marktanteil, ggf. leicht sinkendes Volumen.
•
Weiter steigende Ausgaben pro Person und Reisetag.
•
Konstante Verteilung von Haupturlaubsreisen (ca. 60%) und zusätzlichen Reisen (ca. 40%).
•
Konstante Verteilung von Sommerurlaubsreisen (ca. 57%) und Winterurlaubsreisen (ca.
43%).
•
Abnehmende Zahl von Urlaubsreisen im Winter insgesamt; in Österreich wegen wachsendem
Marktanteil nicht stark zu spüren.
•
Zunehmende Konzentration auf Aktivurlaub im Winter (der Gast will aber zwischendurch
auch gepflegt faul sein).
•
Eine wachsende Zahl von Kurzurlaubsreisen (s.u.) könnte vor Ort die durchschnittliche Aufenthaltsdauer weiter senken.
5.2.4 Zukunft Kurzurlaubsreisen
Das Volumen der Kurzurlaubsreisen aus dem deutschen Markt kann weiter leicht wachsen
(Lohmann, Schmücker und Sonntag, 2014), bis 2020 auf rund 85 Mio. Kurzurlaubsreisen. Allerdings
ist immer mit kurzfristig stärkeren Schwankungen zu rechnen.
Für den Zeitraum bis 2020 erwarten wir folgende Entwicklungen bei den Reisezielen von Kurzurlaubsreisen:
•
Bei der Verteilung Inland/Ausland erwarten wir wenig Änderung. Hier gehen wir weiter von
einem Verhältnis von ca. drei Vierteln Inlandsreisen und einem Viertel Auslandsreisen aus.
•
Auch bei der etwas differenzierteren Betrachtung auf städtische und nicht-städtische Destinationen erwarten wir Stabilität: ca. 33% deutsche Städte, gut 40% Deutschland ohne Städte,
ca. 15% Ausland ohne Städte und ca. 8% ausländische Städte.
70
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
•
Bei den einzelnen Zielen auf Länder-, Bundesländer- oder Städteebene ist eine Abschätzung
der genauen Rangordnung nicht möglich. Generell werden die aktuell großen Ziele auch
bedeutend bleiben. Anders als bei den Urlaubsreisen spielen dabei die Entfernung und der
Aufwand der Anreise eine bedeutende Rolle.
•
Österreich bleibt in diesem Segment das wichtigste Auslandsziel der Deutschen. Indikatoren
für eine Zunahme der (jetzt schon hohen) Marktanteile in der Zukunft sind nicht sichtbar. Für
2020 wären dann über 3,1 Mio. Kurzurlaubsreisen aus dem deutschen Markt zu erwarten
(2013: 2,6 Mio.).
•
Städtereisen sind eines der wichtigsten Segmente innerhalb der Kurzreisen. Auch hier spielt
Österreich als Ziel bereits eine bedeutende Rolle. Städtereisen als Reiseart (also mit dem
Motiv, eine Stadt näher kennen zu lernen) versprechen für eine spezifische Stadt allerdings
kaum Stammkunden. Die Städteneugier wird bei der nächsten Reise gerne zu einem neuen
Ziel locken.
5.2.5 Zukunft Nachfragestruktur (soziodemografisch/psychografisch)
Hinsichtlich der Gästestruktur ist eine weitere Konzentration zu erwarten, d.h. Österreich wird
weniger ein Ziel für jeden und mehr ein Ziel für bestimmte, abgrenzbare Segmente ("Ziel für Naturund Aktivurlauber mittleren Alters").
•
Geografisch: wachsende Rolle Quellmärkte in Süd- und Ostdeutschland
•
Reisemotiv: Natur und Familie im Sommer, Aktiv Sport im Winter; alle auch: Verwöhnt
werden, Spaß, Faulenzen, Erholung
•
Dabei finden sich Unterschiede zwischen Sommer und Winter:
•
Sommer für Senioren beiderlei Geschlechts, weniger Sport, mehr Natur
•
Winter für 40- bis 59-jährige Männer mit sportlichen Ambitionen, Natur unwichtig
Insgesamt bleibt die Motivstruktur über die Jahre aber relativ gleich, die Grundbedürfnisse haben
sich nicht geändert. Auffällig ist die deutlich stärker gewordene Sportorientierung der ÖsterreichGäste. Österreich hat hier in gewisser Weise ein Alleinstellungsmerkmal. Darüber darf aber nicht
vergessen werden, dass eine größere Zahl von Gästen eine Faulenzermotivation aufweisen. Häufig
findet sich hier auch eine Kombination, erst richtig anstrengen, dann richtig faul sein. Wichtig ist auch
die stärker gewordene Spaßorientierung (im allgemeinen Trend). Es ist also sicher eine gute Idee,
mehr Fröhlichkeit ins Produkt zu packen. Strenger Ernst ist wenig "urlaubig".
71
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
5.3
Fazit
Die Betrachtung und Analyse von Daten zur touristischen Nachfrage aus Deutschland für Österreich
führt zu einigen Einsichten bzw. Bestätigungen und erlaubt die Ableitung von Chancen und Risiken
für die Zukunft.
Für die jüngere Vergangenheit ist eine recht stabile Situation zu konstatieren. Den bis etwa 2005
ziemlich regelmäßigen Marktanteilsverlusten scheint Einhalt geboten. Schwankungen von Jahr zu
Jahr gab es zweifellos, aber eben keine eindeutige (Abwärts-)Entwicklung.
Für die nächste Zukunft wird deutlich, dass es kein Wachstum "von alleine" geben wird. Die Nachfragedaten zeigen keinen Indikator für ein quasi "automatisches" Wachstum der Nachfrage aus
Deutschland. Andererseits sind die aufgezeigten Entwicklungen und Trends keine Naturgesetze. Man
kann diese Entwicklungen nutzen oder gegen sie an arbeiten. Die Zukunft des Tourismus bietet also
Gestaltungsmöglichkeiten (wirtschaftlich, gesellschaftlich, ökologisch), die man auch im Marketing
nutzen kann und sollte.
Für Österreich hat der deutsche Markt eine solche Bedeutung, dass man sich um diesen auf alle Fälle
kümmern muss, und sei es nur um sein Schrumpfen zu verlangsamen. Ein einfaches "Rezept", wie
man die Nachfrage aus Deutschland sichert oder gar zu langfristig nennenswert steigenden Zahlen
kommen könnte, lässt sich aus den Nachfragetrends alleine nicht ableiten. Hinzutreten muss auch
eine Zielformulierung seitens des österreichischen Tourismus für den deutschen Markt und eine
Analyse der Ressourcen. Nur vor diesem Hintergrund erlangen die Trends eine Wegweiserfunktion.
Als Basis zur Zukunftssicherung sind die deutschen Nahmärkte im Süden unverzichtbar. Sie generieren vor allem zusätzliche Urlaubsreisen und Kurzreisen. Als Ziel für Bergurlaub ist Österreich hier
nahezu konkurrenzlos und genießt eine hohe Bekanntheit. Diese Nahmärkte sind wohl auch die erste
Adresse für Städte- und Kulturreisen. Hier kann Österreich noch mehr auf sich aufmerksam machen
und ggf. alternde Zielgruppen mit alternativen Angeboten zum Aktivurlaub "mitnehmen".
Mehr Herausforderungen liegen bei den deutschen "Fernmärkten". Für den raschen Kurzurlaub
zwischendurch leben die potentiellen Kunden zu weit entfernt (geografisch und thematisch). Ggf.
könnte man über zielgruppenspezifische Produktinnovationen nachdenken, etwa längere Aufenthalte im Winter (richtige "Winterferien") für "Empty Nester". Angesichts der zahlreichen Optionen
braucht es eine kräftige Kommunikation, um überhaupt die Aufmerksamkeit auf Österreich zu
lenken.
Die Bedeutung des deutschen Marktes ergibt sich auch dadurch, dass er geeignet ist, Tourismus in
solchen Gebieten von Österreich zu sichern, die für Gäste aus anderen Auslandsmärkten kaum
interessant sind (z.B. abgelegene Alpentäler). So können die deutschen Urlauber wichtige strukturpolitische Zielsetzungen unterstützen. Grundsätzlich ist bei Gästen aus Deutschland auch "Nachhaltigkeit" als Merkmal touristischer Angebote sehr willkommen, sowohl unter ökologischer als auch
unter sozialer Perspektive.
72
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Insgesamt gibt es für übereilten Aktionismus im Tourismus der Deutschen kaum einen Grund. Die
grundsätzlich stabile Nachfrage erlaubt ernsthafte Planungen ohne Hetze.
73
Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
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Volgger, M., Pechlaner, H. und Pichler, S. (2013): "Verlieren Destinationen als Kooperationseinheiten
an Bedeutung? Wechselwirkungen zwischen lokaler und überörtlicher Kooperation". In:
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Wöber, K W. (2006): Domain-specific search engines, Destination Recommendation Systems:
Behavioural Foundations and Applications. Wallingford, CABI, 205-226.
Zobolski, A. (2008): Kooperationskompetenz im dynamischen Wettbewerb. Eine Analyse im Kontext
der Automobilindustrie. Wiesbaden.
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Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Mitglieder des Expertenbeirates
Martin Lohmann
Prof. Dr. Martin Lohmann, Dipl.-Psychologe, leitet in Kiel das NIT (Institut für
Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa GmbH) und arbeitet als
Professor am Departement Wirtschaftspsychologie der Leuphana Universität
Lüneburg in den Feldern Markt- und Konsumforschung und Tourismuspsychologie. Außerdem lehrt er regelmäßig an der Modul Universität in
Wien im Masterstudiengang (MBA in Tourism Management). Martin Lohmann ist wissenschaftlicher
Berater für die deutsche "Reiseanalyse" der FUR (Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V.).
Nach dem Studium zunächst Tätigkeit als Studien-Reiseleiter (Klinger-Reisen); 1981 bis 1984 Assistent am Psychologischen Institut der Universität Würzburg; 1984 bis 1991 Referent für Forschung
beim Studienkreis für Tourismus in Starnberg; seit 1991 Leiter des NIT, seit 2001 an der jetzigen
Leuphana Universität in Lüneburg.
Seine Arbeitsfelder liegen in der touristischen Grundlagenforschung (Themenbeispiele: Impactforschung, Trends, Erholung), der touristischen Marktforschung (z.B. Gästebefragungen, Imageanalysen;
Reiseanalyse im Auftrag der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen, FUR) und in der anwendungsbezogenen Forschung und Beratung (z.B. für touristische Unternehmen und Verbände,
Urlaubsregionen und -orte, für nationale und supranationale Institutionen).
Mehr Informationen unter www.NIT-Kiel.de, www.fur.de und www.leuphana.de.
Harald Pechlaner
Univ.-Prof. Dr. Harald Pechlaner ist Inhaber des Lehrstuhls für Tourismus sowie
Leiter des Zentrums für Entrepreneurship der Katholischen Universität
Eichstätt-Ingolstadt, Leiter des Instituts für Regionalentwicklung und
Standortmanagement der Europäischen Akademie Bozen (EURAC research). Er
studierte Wirtschafts- und Handelswissenschaften an den Universitäten
Verona und Innsbruck. Bis 1993 wirkte Harald Pechlaner als wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Institut für Unternehmensführung der Universität Innsbruck und promovierte dort
zum Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Von 1993 bis 1998 war er als Leiter der
Abteilung Tourismus der Südtiroler Landesregierung und Direktor der Südtirol Tourismus Werbung in
Bozen tätig. Nach diesen Praxisjahren kam er an das Institut für Unternehmensführung, Tourismus
und Dienstleistungswirtschaft der Universität Innsbruck zurück und konzentrierte sich in seiner
wissenschaftlichen Arbeit auf das touristische Destinationsmanagement. Es folgte 2002 die
Habilitation an der Universität Innsbruck im Fach "Betriebswirtschaftslehre". Forschungsaufenthalte
und eine Gastprofessur führten ihn 1999 an die University of Wisconsin-Stout und 2001 an die
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Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
University of Colorado in Boulder. Von Oktober 2002 bis Ende September 2003 war er an der Freien
Universität Bozen als Gastprofessor für Tourismus, 2009 an der University of Surrey (School of
Management) sowie an der School of Tourism der University of Queensland tätig. Weiters war Harald
Pechlaner Präsident der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft (DGT e.V.). Er ist seit
2014 Präsident der AIEST (Association Internationale d'Experts Scientifiques du Tourisme), seine
derzeitigen Forschungsschwerpunkte liegen vor allem in der Verknüpfung des Regional- und Standortmanagements mit dem Tourismus.
Mehr Informationen unter: [email protected] und [email protected]
Egon Smeral
Univ.-Prof. Dr. Egon Smeral ist Ökonom und Experte für Tourismus und
Freizeitwirtschaft. Er ist "Full" Professor an der Modul-University Vienna.
Seine Forschungstätigkeit erstreckt sich über die Bereiche angewandte
Wirtschaftsforschung, Wirtschaftstheorie und -politik (insbesondere in Bezug auf die Tourismus-, Freizeit- und Dienstleistungswirtschaft), Prognosen
und Modelle zum Tourismus, Impact-Analysen, Tourismus-Satellitenkonten
und die Erstellung und Evaluierung von Programmen über Tourismuspolitik und Marketingstrategien.
Er ist Vize-Präsident der International Association of Scientific Experts in Tourism (AIEST), Mitglied
der Travel and Tourism Research Association (TTRA), der International Academy for the Study of
Tourism (IAST) und des International Institute of Forecasters (IIF). Weiters ist Egon Smeral als
koordinierender Herausgeber des Journals Annals of Tourism Research tätig, Mitglied des Herausgeberbeirates des Journal of Travel Research und der Tourism Review sowie der Zeitschriften
Tourism Analysis, Tourism Economics, Tourism Management und Anatolia. Seit 2010 ist er Vorsitzender des Expertenbeirats "Tourismusstrategie". Im März 2012 wurde ihm die Position des Generalsekretärs des Tourist Research Center (TRC) übertragen.
Mehr Informationen unter [email protected] und http://egon.smeral.modul.ac.at/.
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Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Karl Wöber
Univ.-Prof. Dr. Karl Wöber ist Gründungsrektor der MODUL University Vienna.
Nach dem Besuch des Fremdenverkehrskollegs MODUL begann er 1986 mit
dem Studium der Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien. Von
1988 bis 2007 wirkte Karl Wöber als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut
für Tourismus und Freizeitwirtschaft an der WU Wien, wo er im Jahr 1993 sein
Doktoratsstudium mit Auszeichnung abschloss. Nach mehreren Forschungsaufenthalten in den USA erfolgte im Jahr 2000 die Habilitation und die Verleihung der venia docendi für das Fach Betriebswirtschaftslehre. Seit 2007 ist Karl Wöber Rektor der
MODUL University Vienna.
Die Entwicklung interaktiver Werkzeuge zur Unterstützung von Managemententscheidungen, insbesondere in der Tourismuswirtschaft, stellen neben der Auseinandersetzung mit Fragen der Tourismusstatistik seine wissenschaftlichen Hauptarbeitsgebiete dar. Referenzarbeiten inkludieren die Entwicklung eines intelligenten Reiseberatungssystems im Auftrag der Europäischen Union (in Zusammenarbeit mit TISCover), die Konzeption und Umsetzung einer Domain-spezifischen Suchmaschine
für den Europäischen Städtetourismusverband und die kontinuierliche Entwicklung der weltweit
größten Plattform für internationale Tourismusstatistik mit mehr als 16.000 registrierten Benutzern
(ausgezeichnet durch die UN Welttourismusorganisation im Jahr 2010). Seit 1994 fungiert er als
Technischer Berater der beiden in Europa führenden Interessensvertretungen im Bereich Destinationsmanagement (European Cities Marketing und European Travel Commission).
Karl Wöber ist Visiting Senior Fellow an der School of Management der Universität Surrey (UK) und
an der School of Tourism and Hospitality Management der Temple Universität in Philadelphia (USA).
Er ist Mitglied der International Academy for the Study of Tourism (IAST), der International
Association of Scientific Experts in Tourism (AIEST), der Travel and Tourism Research Association
(TTRA), des Tourist Research Center (TRC), der International Federation of Information Technology
and Tourism (IFITT) und Mitglied des Vorstands der Österreichischen Gesellschaft für Angewandte
Tourismuswirtschaft (ÖGAF). Ferner ist er Mitglied des Herausgeberbeirats des Journal of Travel
Research, Journal of Information Technology and Tourism und des Journal of Modelling in
Management.
Mehr Informationen unter [email protected] und http://www.modul.ac.at/woeber.
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Bericht des Expertenbeirats "Tourismusstrategie"
Anhang: Prognosemodell
Im vorliegenden Prognosemodell wurden die realen touristischen Exporte der EU-15 (XR_E15) durch
das reale BIP der EU-15 (BIPR_E15) und durch die relativen Preise (für Aufenthalte im Inland in
Relation zum Ausland: XP_E15/MP_E15) erklärt. Wegen Autokorrelation in den Residuen wurde eine
Korrektur mit einem autoregressiven Term erster Ordnung – AR(1) – durchgeführt. Aus dieser Gleichung lässt sich die Auslandsnachfrage nach Zielen in der EU-15 (XR_E15) ableiten, die als Proxy für
die internationale europäische Nachfrage – neben den relativen Preisen (Österreichaufenthalte/Aufenthalte in der EU-15; XP_AT/XP_E15) – die österreichischen realen Tourismusexporte (XR_AT) bestimmt. In der Gleichung wurden noch die Sonderentwicklungen aufgrund der Ostöffnung und 9/11
durch Dummy-Variable (DUMOST_AT; DUMSEPT_AT) berücksichtigt.
Die ökonometrische Schätzung der Gleichung umfasste den Zeitraum 1978 bis 2014. Alle Werte wurden in Logarithmen transformiert.
Log (XR_E15) = –11,83 + 1,49*Log(BIPR_E15) – 0,85*Log(XP_E15/MP_E15) + 0,84*AR(1)
R2 adj. = 0,99
Log (XR_AT) = 6,48 + 0,23*Log (XR_E15) – 0,36*Log (XP_AT/XP_E15) + 0.17*DUMOST_AT –
0,10*DUMSEPT_AT
R2 adj. = 0,91; D.W.=1,69
Auf Basis der t-Statistik sind alle Koeffizienten statistisch signifikant.
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