Eerste-River-Hospital - Friedrich-Alexander

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Eerste-River-Hospital - Friedrich-Alexander
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Erfahrungsbericht Auslandspraktikum & Abschluss-/Studienarbeit
Persönliche Angaben
Studiengang an der FAU:
Gasteinrichtung:
Humanmedizin
Eerste-River-Hospital & Khayelitsha-Township-Hospital
Gastland:
Südafrika
Art des Aufenthaltes (z.B.
Praktikum im praktischen Jahr
Praktikum)
Aufenthaltszeitraum
2015
(WS, SS oder Jahr):
Kurz zu mir: ich bin 28 Jahre alt, studiere Medizin und war bereits vor diesem
Aufenthalt in Südafrika.
Für mich stand bereits zu Beginn meines Studiums fest, dass ich einen Teil meines
praktischen Jahrs in einer Klinik in Südafrika verbringen will. Aktiv dazu informiert
hatte ich mich 18 Monate vor Praktikumsbeginn (vorwiegend über alte
Erfahrungsberichte im Internet zb. im medi-learn Forum, auf medizinernachwuchs.de,
thieme.de, bvmd.de). 14 Monate vor Praktikumsbeginn begann ich damit, die
interessanten Universitäten per Mail anzuschreiben, ob sie mich als ausländischen
„electiv student“ in den gewünschten zwei Monaten aufnehmen würden – dieses
Schreiben war eine ganz einfache formlose Anfrage, keine richtige Bewerbung. Von
den Unikliniken hab ich sofort die Nachricht erhalten, dass sie ausgebucht sind. In
der folgenden Woche erhielt ich jeden Tag weitere Absagen, bis dann am Ende der
Woche zwei Zusagen in mein Postfach flatterten. Ich entschied mich für das kleine
Eerste-River-Hospital (ERH) der Universität Kapstadt (mit der Option auch an
Nachbarkliniken wie dem Khayelitsha-Township-Hospital (KH) Zeit zu verbringen).
Von Seiten des Krankenhauses hatte ich jetzt zwei Dinge zu erledigen: zum einen
musste ich meine Studiengebühren (für Krankenhaus, Universität und nationale
Gesundheitsbehörde) überweisen und zum anderen musste ich mich bei der
Gesundheitsbehörde (HPCSA) registrieren.
Die Anreise nach Südafrika war unproblematisch. Ich hatte mich frühzeitig um einen
preiswerten Flug gekümmert, ein Visum war erst ab einem Aufenthalt von über 90
Tagen erforderlich (und dann sehr aufwendig zu erhalten) und für meinen Schutz
hatte ich von der Ärzte Finanz das PJ-Versicherungspaket (Haftpflicht &
Auslandskrankenversicherung) gebucht. Ein Klinikwohnheim gab es leider nicht, aber
ich hatte erfahren, dass die meisten (ausländischen) Studenten in Kapstadt im
Stadtteil Observatory leben (egal welches Krankenhaus sie besuchen), also habe ich
mich dort in einer Lodge einquartiert. In der Lodge (kostete 110 Rand pro Nacht)
lebten sieben Mitbewohner und eine Haushälterin. Ich kann jedem, der ein Praktikum
in Kapstadt machen möchte nur dazu raten, sich auch in Observatory mit anderen
Studenten zusammen zu schließen, da dies zum einen in der Freizeit mehr
Sicherheit bietet (dazu später mehr) und zum anderen, weil man über den für uns
üblichen Weg (im Internet/Büchern recherchieren oder Verantwortliche
anschreiben/anrufen) nicht so richtig an Infos kommt.
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Die Arbeit im Krankenhaus war sehr gut, ich durfte einiges mehr machen als in
Deutschland und ich hatte ein paar sehr interessante Krankheitsbilder gesehen, die
ich in Deutschland vermutlich nie sehen werde. Als Chirurgie-PJler war ich in der
Notaufnahme, in der Ambulanz, im OP und auf Station tätig. In der Notaufnahme (=
casualty) bestand die Tätigkeit in Anamnese, Diagnostik, Assessment und Plan
(SOAP: Subjective = Anamnese, Objective = Diagnostik, Assessment =
differentialdiagnostische Beurteilung, Plan: Planung weiterer Maßnahmen). Alle
Patienten werden anhand der Schwere ihrer Symptome gruppiert (Triage) und in die
Kategorien Grün, Gelb, Orange und Rot eingeteilt. Grüne und gelbe Fälle durfte man
als Student alleine abarbeiten. Erst nach Abschluss eines Falls wurde der Fall mit
einem Arzt besprochen und abgezeichnet. Bei orangenen Fällen überlässt man
Assessment und Plan den Ärzten, wobei trotzdem erwartet wurde, dass man sich
Gedanken zu möglichen Differentialdiagnosen macht. Rote Fälle werden von Ärzten
bearbeitet und ein Student darf lediglich assistieren. Eine Notaufnahme besteht aus
einem chronisch überfüllten Wartebereich, einem Reanimationsraum (resuscitation
room) und einem Aufenthaltsraum für Lungenpatienten (Nebulizer-Room) um die
Tuberkel-Bakterien etwas beisammen zu halten. Auf Station (ward) besteht die
Tätigkeit in der Aufnahme, Entlassung und Vorbereitung von Patienten für den OP.
Kleine chirurgische Eingriffe wie Abszessspaltungen und Wunddebridement wurden
bereits auf Station durchgeführt. Die Ambulanz (= Outpatients department = OPD)
besteht aus mehreren kleinen Zimmer mit Schreibtisch und Liege. Bei neuen
Patienten ähnelt die Arbeit der der Notaufnahme, bei bereits bekannten NachsorgePatienten gilt es die Akten um die neuen Symptome und Befunde zu ergänzen. Am
Morgen ist der komplette Wartebereich heillos überfüllt, da alle Patienten gleich für
die Früh einbestellt werden. Umso schöner das Gefühl am Nachmittag, wenn der am
Nachmittag leer ist. Im OP (=theatre) wurden im ERH eher kleinere Eingriffe
durchgeführt (die größten waren laparoskopische Cholezystektomien, Amputationen
und Appendektomien). Als Student wurde man in die größeren Operationen mit
eingebunden, kleinere Operationen wie Abszesse spalten und Zysten entfernen
durfte man auch teilweise selbständig oder unter Aufsicht durchführen. Das ERH ist
ein öffentliches Krankenhaus. Das bedeutet, dass hier der Staat für die Behandlung
ganz oder zu großen Teilen aufkommt. Da reiche Südafrikaner in der Regel privat
versichert sind, trifft man in den öffentlichen Krankenhäusern ausschließlich auf
einfache Arbeiter oder Arbeitslose. Je nach Lage des Krankenhauses trifft man auf
ein unterschiedliches Krankenkollektiv. Im ERH findet man vorwiegend Coloureds
(=Farbige), im Khayelitsha Hospital vorwiegend schwarze Patienten. Das ist wichtig
zu wissen, denn daraus resultieren Unterschiede im Umgang. Beispielsweise
sprechen Coloureds meist Afrikaans während Schwarze je nach Stamm Xhosa, Zulu
oder eine andere Stammsprache sprechen. Zum Glück gibt es in jedem Krankenhaus
Krankenschwestern von sämtlichen Gruppierungen, sodass man immer auf einen
Übersetzer zurückgreifen kann. Der Umgang mit den Patienten fiel mir überraschend
leicht, was daran lag, dass die Patienten sehr geduldig, freundlich und dankbar sind.
Für sie stellt es keinen Unterschied dar, ob sie von einem Arzt oder einem Studenten
behandelt werden (jedenfalls haben sie mich das nie spüren lassen). Die
Krankheitsbilder unterscheiden sich deutlich von denen in Erste-Welt-Ländern. Es
gibt viele Gewaltfälle (Messerstiche in den Thorax, Schusswunden, stumpfe Gewalt
sowie Vergewaltigungen) sowie viele Patienten, die trotz eindeutiger Krankheit erst
sehr spät den Arzt aufsuchen (weit vorangeschrittene Tumoren, große Abszesse
oder Ischämien). Erschreckend ist auch, wie jung die Patienten (und angeblichen
Täter) sind.
Die Betreuung ist super. Statt auf einer Station eingeteilt zu werden, ist man im ERH
einem Arzt zugeteilt und rotiert mit ihm jede Woche zwischen OP, Station und
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Ambulanz, sowie zwischendurch auf die Notaufnahme. Das hat den Vorteil, dass der
Arzt einen mit Stärken und Schwächen kennenlernt und dann gezielt fördern kann. In
der Regel bestand eine eins-zu-eins Betreuung. Viermal die Woche fand eine
Lehrvisite für Studenten und Ärzte statt, die von einem Uni-Consultant aus dem
Tygerberg-Hospital geleitet wurde (abwechselnd ein Infektiologe, Gynäkologe,
Urologe, Internist und Chirurg). Im Khayelitsha Hospital ist man einem Ärzte-Team
zugeteilt und arbeitet gemäß deren Schichten.
Die Ausstattung in den öffentlichen Krankenhäusern ist mager: ständig sind
Verbrauchsartikel „out of stock“ und es ist zeitaufwändig, das Material in anderen
Stationen zusammenzusuchen. Es gibt für jede Station nur einen Computer und
sämtliche Dokumente werden handschriftlich verfasst (und bei Bedarf mit
Kohlepapier vervielfältigt). Ein Ultraschallgerät musste für das gesamte Krankenhaus
ausreichen und auch bei Laboranforderungen wurde versucht, möglichst gut zu
haushalten (meist nur U&E, das heißt Harnstoff, Krea, Natrium, Kalium, evtl. noch
Quick und Thrombos oder CD4, HIV, TBC; Laborbefunde gibt es immer erst am
nächsten Tag). Die Ausrüstung in Südafrika ist relativ teuer (z.B. war die
Laparoskopie- & Endoskopieausrüstung aus Deutschland) wogegen die Arbeitskraft
relativ billig ist. Sowohl im ERH als auch im KH gab es eine gute Kantine mit
preiswertem Essen aber keine Spints zum Wegschließen persönlicher Sachen. In
den Krankenhäusern gibt es kein richtiges Kommunikationssystem, stattdessen läuft
alles über private Handys (WhatsApp). Deshalb ist ein Smartphone mit
südafrikanischer SIM-Karte sehr wichtig.
Der Arbeitsalltag war folgendermaßen geregelt: 8 Uhr Beginn (freitags 7:30);
offizielles Ende 16 Uhr, meist aber schon 15:30 Uhr. Danach gab es viele
Freizeitmöglichkeiten (Strand, Wandern, etc.). Geldabheben kann man am
Geldautomaten (=ATM), man sollte allerdings vorsichtig sein, da es hier häufig zu
Manipulationen kommt.
Die Kosten für das Praktikum setzen sich grob folgendermaßen zusammen: Flug (ca.
800€ hin und zurück), Studiengebühr (insgesamt ca. 700 – 800 €), Wohnen (ca. 100
– 250 Rand je Nacht), Mietauto (mindestens 3500 Rand im Monat; internationaler
Führerschein wichtig im Versicherungsfall, nicht für Alltag), sowie Ausgaben für
Essen und Freizeitaktivitäten.
In Südafrika sind die Überbleibsel der Apartheid allgegenwärtig. Noch immer sind es
die Weißen, die Geld haben und die Coloureds und Schwarzen, die die soziale
Unterschicht bilden. Daran hat sich auch nach 20 Jahren unter „schwarzer
Regierung“ und trotz Umstrukturierung, Quote und Kampagnen nichts geändert.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass man als weißer Student sich hier an die
Regel der Political Correctness hält: niemals abfällige oder doppeldeutige
Bemerkungen zu Personen mit anderer Hautfarbe! Außerdem ist es wichtig, dass
man die Mentalität versteht: Das Leben wird mehr genossen, Arbeit und Effizienz
wird ein geringerer Stellenwert beigemessen und Hierarchien sind flacher. Man tut
gut daran, sich diesem geduldigen und lebensfrohen Lebensstil anzupassen, denn
dann macht die Arbeit besonders viel Spaß.
Jeder, der nach Südafrika geht, sollte sich der Sicherheitslage dort im Klaren sein!
Kriminalität und Gewalt sind allgegenwärtig! Die HIV und Tbc-Rate ist immens hoch
und die Compliance der Patienten erschreckend gering. Sollte der Verdacht
bestehen, dass man sich infiziert haben könnte (z.B. nach Nadelstichverletzungen),
gibt es in den Kliniken Post-Expositionsprophylaxe-Sets.
Ich habe die Zeit in Südafrika sehr genossen und ich hoffe du wirst es auch, solltest
du dich dazu entscheiden dorthin zu gehen. Besonders positiv empfand ich die
Dankbarkeit und den Respekt der Patienten sowie die Bereitschaft der Ärzte mich in
meiner Ausbildung zu unterstützen. Erschreckend und in negativer Erinnerung werde
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ich die sinnlose Gewalt und das schlechte Gesundheitsbewusstsein behalten, was
aber bei mir dafür gesorgt hat, dass sich meine Frustrationsschwelle angehoben hat
und ich die Sicherheit in Deutschland mehr wertschätzen kann.
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Ansprechpartner und Kontakte:
Kurze Bemerkung: Briefe und Mails gehen in Südafrika schnell oder werden lange
ignoriert. Wenn du schnell eine Antwort brauchst, dann ruf lieber direkt an ;-)
Fr. Jade Rolfe: Sekretärin an der Uni Cape Town und Ansprechpartner für alle, die
an die Krankenhäuser Groote Schuur Hospital, Red Cross Childrens Hospital,
Somerset Hospital, Victoria Hospital wollen;
Mail: [email protected] an
Hr. Ryan Petersen: Sekretär für Ausbildung am ERH
Mail: [email protected]
Hr. Dr. Carel Strauss: Chirurgiechefarzt am ERH
Mail: [email protected]
Fr Susan Rodrigues: Sekretärin am Sumerset Hospital
Mail: [email protected]
Fr Jocelyn Peare: Sekretärin am Victoria Hospital
Mail: [email protected]
Unterkunft: wer gerne mit anderen ausländischen Studenten wohnen möchte sollte
sich in Observatory nach einer Bleibe umsehen (Green Elephant
(greenelephant.co.za), Maculo Lodge (www.makululodge.com), 4Rooms Lodge
(www.4rooms.co.za), etc…)
Autovermietungen: kann ich keine guten Gewissens empfehlen, da ich von allen
gehört habe, dass sie gerne mal abzocken. Also abwägen, die großen
internationalen sind anscheinend teurer, dafür hat man bessere Chancen seine volle
Kaution wieder zu bekommen…)
Bücher:
von Springer: Göddel: Medizin im Ausland (insbesondere das Abkürzungsverzeichnis
ist super hilfreich)
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