Tank- und Geschenkgutscheine bei der

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Tank- und Geschenkgutscheine bei der
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SACHBEZÜGE
Tank- und Geschenkgutscheine bei der Lohn- und
Umsatzsteuer richtig behandeln
von StB Dipl.-Finw. (FH) Michael Heuser, WTS Steuerberatungsges. mbH, Köln
| Arbeitgeber nutzen Tank- oder Geschenkgutscheine gerne, um ihre Arbeitnehmer zusätzlich zu belohnen oder zu weiterhin guten Leistungen zu
motivieren. Um die zugleich angestrebten Möglichkeiten der Steuer- und
Beitragsfreiheit nicht zu gefährden, muss der Arbeitgeber strenge Vorgaben beachten. Wie diverse Leseranfragen zeigen, gibt es damit in der Praxis
immer wieder Probleme. Der Beitrag zeigt, worauf es ankommt. |
Grundsätze der lohnsteuerlichen Vorteilhaftigkeit
Während Barlohn „vom ersten Euro“ steuer- und sozialversicherungspflichtig
ist, gelten für Gutscheine, sofern sie Sachlohn sind, Steuervergünstigungen:
Sachlohn steuerbegünstigt
Möglichkeiten zur Gewährung von Sachzuwendungen
Regelung
Sachverhalt
40 Euro brutto
Aufmerksamkeit
44 Euro brutto
monatliche
Freigrenze
1080 Euro brutto
jährlicher
Rabattfreibetrag
Pauschale
Besteuerung
§ 37b EStG
Persönliche
Anlässe
Jegliche
Sachbezüge
Zum Beispiel
Geburtstag,
Beförderung,
Abschied
(nicht Weihnachten
oder Neujahr)
Aufmerksamkeiten
zählen nicht mit
Zuwendung von
Waren/
Dienstleistungen
aus dem eigenen
Sortiment des
Arbeitgebers
Alle betrieblich
veranlassten
Sachzuwendungen
(die nicht unter die
Spalten 1 – 3 fallen)
lohnsteuerfrei
lohnsteuerfrei
Höchstgrenze:
10.000 Euro (brutto)
lohnsteuerfrei
Folge
Aufmerksamkeitsgrenze von 40 Euro brutto
Ein Gutschein anlässlich eines persönlichen Anlasses des Arbeitnehmers gehört nicht zum Arbeitslohn, wenn 40 Euro brutto nicht überschritten werden
(R 19.6. Abs. 1 Lohnsteuer-Richtlinien [LStR]). Diese Freigrenze ist anlassbezogen: Ergeben sich in einem Monat mehrere persönliche Anlässe, können
mehrmals Sachzuwendungen bis zu jeweils 40 Euro steuerfrei gewährt werden. Da Aufmerksamkeiten dem Grunde nach kein Arbeitslohn sind, bleiben
sie selbst dann lohnsteuerfrei, wenn durch anderweitige Sachzuwendungen
die Freigrenze von 44 Euro ausgeschöpft ist. Doch Vorsicht: Übersteigt ein
Gutschein die 40 Euro-Grenze, tritt ab dem ersten Euro Steuerpflicht ein.
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30 Prozent Steuer
+ Soli.zuschlag
+ Kirchensteuer
Pro persönlichem
Anlass ein Gutschein
bis maximal 40 Euro
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PRAXISHINWEIS | Aller Voraussicht nach wird die Freigrenze ab 2015 von 40
Euro auf 60 Euro monatlich angehoben (R 19.6 Abs. 1 Entwurf der Lohnsteueränderungsrichtlinien 2015 [LStÄR 2015]).
Monatliche Freigrenze von 44 Euro brutto
Sachzuwendungen bleiben bis zu 44 Euro brutto im Monat außer Ansatz (§ 8
Abs. 2 Satz 11 EStG). Da bei der Bewertung der Vorteile aus Vereinfachungsgründen ein Abschlag von vier Prozent akzeptiert wird (R 8.1. Abs. 2 Satz 9
LStR), bleibt eine direkte Sachzuwendung bis zu 45,83 Euro steuerfrei. Das ist
aber ausgeschlossen, wenn eine zweckgebundene Geldleistung oder ein Gutschein mit Betragsangabe hingegeben werden (Lohnsteuerhinweise 8.1 [1-4]
Stichwort Warengutscheine; R 8.1 Abs. 2 Satz 4 LStÄR 2015).
Anhebung auf
60 Euro ab 2015
Mehrere Sachbezüge
im Monat müssen
zusammen unter
44 Euro liegen
Beachten Sie | Bei der geringsten Überschreitung der Freigrenze – selbst
um einen Cent – wird der Gesamtbetrag steuerpflichtig.
Jährlicher Rabattfreibetrag von 1.080 Euro brutto
Bei Sachzuwendungen aus dem Sortiment des Arbeitgebers gilt anstelle der
monatlichen Freigrenze ein jährlicher Rabattfreibetrag von 1.080 Euro. Auch
hier gilt bei der Bewertung des Vorteils vorab ein vierprozentiger Abschlag
von den Endverbrauchspreisen des Arbeitgebers (§ 8 Abs. 3 Satz 1 EStG).
1.080 Euro Abzug
jährlich von Sachleistungen aus dem
Firmensortiment
Beachten Sie | Bei Überschreitung dieses Freibetrags wird nur der übersteigende Anteil steuerpflichtig.
Pauschalbesteuerung mit 30 Prozent
Sind die Sachbezüge mangels der oben genannten Steuerbefreiungen steuerpflichtig, kann der Arbeitgeber sie anstelle einer individuellen Besteuerung
auf der Gehaltsabrechnung mit 30 Prozent pauschal besteuern (§ 37b Abs. 2
EStG). Dazu muss er den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer übernehmen. Bemessungsgrundlage für diese Besteuerung sind die jeweiligen
Bruttoaufwendungen des Arbeitgebers inklusive Umsatzsteuer.
Beachten Sie | Voraussetzung ist, dass die betrieblich veranlassten Zuwendungen zusätzlich zum normalen Arbeitslohn erbracht werden. Bei einer Umwandlung von Bar- in Sachlohn ist die Pauschalbesteuerung ausgeschlossen.
PRAXISHINWEIS | Die Pauschalversteuerung eignet sich auch, wenn Arbeitnehmer mehr als einen Gutschein pro Monat erhalten. Einer kann im Rahmen
der 44 Euro steuerfrei bleiben, weitere können pauschalversteuert werden (OFD
Rheinland/Münster, Kurzinfo Lohnsteuer-Außendienst 2/2011 vom 6.7.2011).
Geschickt
kombinieren
Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung
Zusätzlich zum Arbeitslohn gewährte Sachzuwendungen – unmittelbar oder
per Gutschein – bleiben in der Sozialversicherung beitragsfrei, wenn sie lohnsteuerfrei sind. Die Sozialversicherung knüpft die Beitragsfreiheit daran, dass
Abgabefreiheit
erfordert
Zusätzlichkeit
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die Sachzuwendung zusätzlich gewährt wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung). Barlohnumwandlungen sind also ausgeschlossen.
Umsatzsteuerliche Behandlung
Die aufgeführten lohnsteuerlichen Sonderregelungen sind – abgesehen von
Aufmerksamkeiten – auf die Umsatzsteuer nicht übertragbar. Sachzuwendungen in Form von Gutscheinen haben ungeachtet der Freigrenze von 44
Euro und des Freibetrages von 1.080 Euro umsatzsteuerliche Konsequenzen.
 Warengutscheine an Arbeitnehmer über eine konkret bezeichnete Leistung wären grundsätzlich als umsatzsteuerpflichtige Wertabgabe zu behandeln (§ 3 Abs. 1 b Nr. 2 UStG). Steht jedoch bei Erwerb des Gutscheins
dessen Verwendung als Wertabgabe an den Arbeitnehmer schon fest, entfällt für den Arbeitgeber das Recht auf Vorsteuerabzug (Abschnitt 15.15.
Abs. 1 Umsatzsteuer-Anwendungserlass [UStAE]). Im Gegenzug unterliegt
die Abgabe an den Arbeitnehmer nicht der Umsatzsteuer (Abschnitt 1.8.
Abs. 4a Satz 2 UStAE).
In der Regel weder
Umsatzsteuer ...
Hinweis | Da in der geschäftlichen Praxis auf Gutscheinen in der Regel
keine separate Vorsteuer ausgewiesen ist, bucht der Arbeitgeber den Gutscheinbetrag ohnehin voll als Aufwand, was zum korrekten Ergebnis führt.
... noch Vorsteuerabzug
 Auch bei der Abgabe von Gutscheinen zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung (beispielsweise Massage) gilt: Steht bei Erwerb des Gutscheins
die Wertabgabe an den Arbeitnehmer schon fest, bucht der Arbeitgeber
mangels Vorsteuerabzug den Bruttowert des Gutscheins als Aufwand.
 Handelt es sich bei dem Gutschein um eine bloße Aufmerksamkeit (bis 40
Euro brutto) zu einem persönlichen Anlass des Arbeitnehmers, löst der
Vorgang keine Umsatzsteuer aus. Mangels Ausweis der Vorsteuer auf Gutscheinen hat der Arbeitgeber in der Regel auch keinen Vorsteuerabzug.
Streitpunkte bei der Versteuerung von Gutscheinen
Bei der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von Gutscheinen treten in der Praxis vor allem folgende Schwierigkeiten auf:
Barlohn oder Sachlohn
Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ob Barlohn oder
ein Sachbezug vorliegt, entscheidet sich alleine danach, was der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber auf Grundlage der arbeitsrechtlichen Vereinbarungen
beanspruchen kann. (BFH, Urteile vom 11.11.2010 , Az.VI R 21/09, VI R 27/09 und
VI R 41/10; Abruf-Nrn. 110547, 110548 und 110549).
Kann Arbeitnehmer
nur Sachbezug
verlangen oder wäre
auch Geld möglich?
◼ Beispiel 1
Der Arbeitgeber schenkt einem Arbeitnehmer für gute Leistungen einen Gutschein von einer Buchhandelskette mit darauf eingetragenem Wert von 40 Euro.
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Wertangabe nicht
mehr schädlich
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Lösung: Es liegt ein Sachbezug vor. Die Wertangabe in Euro ändert daran
nichts. Die bisherige Anweisung in den Lohnsteuerrichtlinien (R 8.1 Abs. 1
Satz 9 LStR) hat die Finanzverwaltung durch allgemeine Veröffentlichung des
BFH-Urteils vom 11.11.2010 (Az. VI R 21/09) im Bundessteuerblatt aufgegeben.
Der Sachbezug bleibt lohnsteuerfrei, wenn der Arbeitnehmer im Abgabemonat insgesamt nicht für mehr als 44 Euro Sachzuwendungen erhält. Der Arbeitgeber hat hier keinen Vorsteuerabzug. Er bucht die 40 Euro als Aufwand.
◼ Beispiel 2
Der Arbeitgeber wendet seiner Sekretärin zum Geburtstag einen Gutschein über
eine 45-minütige Massage zu. Die hierfür anfallenden Kosten von 39,95 Euro
streckt sie vor und erhält diese vom Arbeitgeber erstattet.
Lösung: Ungeachtet der geldmäßigen Kostenerstattung handelt es sich um
einen Sachbezug (BFH, Urteil vom 11.11.2010, Az. VI R 41/10). Als Aufmerksamkeit bleibt er aber lohnsteuerfrei. Umsatzsteuer entsteht keine. Bringt die
Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber eine ordnungsgemäßen Rechnung mit, hat
dieser daraus den Vorsteuerabzug nach seinen Verhältnissen.
Arbeitnehmer zahlt
und erhält Geld vom
Arbeitgeber zurück
Bei Aufmerksamkeit
Vorsteuerabzug
◼ Beispiel 3
Der Arbeitgeber übergibt einer Arbeitnehmerin als Anerkennung 35 Euro bar mit
der Auflage, sich hierfür einen Blumenstrauß zu kaufen. Die Quittung übergibt
sie dem Arbeitgeber anschließend.
Lösung: Auch hier liegt eine Sachzuwendung vor, weil die Arbeitnehmerin
nur Anspruch auf den Blumenstrauß hat (BFH, Urteil vom 11.11.2010, Az. VI R
27/09). Der Sachbezug kann wie in Beispiel 1 lohnsteuerfrei bleiben. Es kommt
weder zum Vorsteuerabzug noch zu umsatzsteuerlichen Konsequenzen.
◼ Beispiel 4
Der Arbeitgeber händigt einem Arbeitnehmer 40 Euro aus mit der Auflage, dass
er hierfür Benzin für dessen privaten PKW tanken darf. Die Quittung erhält der
Arbeitgeber im Anschluss.
Bargeld nur
für bestimmte
Verwendung
Lösung: Auch hier hat der Arbeitnehmer kein Wahlrecht, Bar- oder Sachlohn
zu beanspruchen. Wie in Beispiel 1 und 3 bleibt der Sachbezug ohne lohn- und
umsatzsteuerliche Konsequenzen, vorausgesetzt, dass durch Zusammenrechnung anderer Sachbezüge die 40 Euro-Grenze nicht überschritten wird.
Zuflusszeitpunkt
Sich wiederholende Leseranfragen machen deutlich, wie wichtig es ist, den
Zeitpunkt des Zuflusses eines Gutscheins zu unterscheiden:
Zufluss erst mit
Einlösung ...
 Ist der Gutschein beim Arbeitgeber selbst einzulösen, fließt der Vorteil erst
im Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins zu (R 38.2. Abs. 3 Satz 2 LStR).
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 Gutscheine, die bei fremden Dritten einzulösen sind, gelten bereits mit der
Übergabe an den Arbeitnehmer als zugeflossen, weil er ab diesem Zeitpunkt
einen Rechtsanspruch gegen den Dritten hat (R 38.2 Abs. 3 Satz 1 LStR).
... oder sofortiger
Zufluss
◼ Beispiel 5
Der Arbeitgeber kauft bei einer Tankstelle regelmäßig Tankgutscheine im Wert
von 44 Euro und übergibt bestimmten Arbeitnehmern monatlich einen Gutschein.
Lösung: Da die Tankgutscheine bereits mit der Übergabe an die Arbeitnehmer als zugeflossen gelten, bleiben diese ohne steuerliche Konsequenzen,
unabhängig davon, wann die Arbeitnehmer sie einlösen. Sie können die Gutscheine auch sammeln und in einem Monat für mehr als 44 Euro tanken.
Tank- und Warengutscheine sind
sammelbar
PRAXISHINWEIS | Damit bei regelmäßiger Gutscheinhingabe nicht versehentlich
die Monatsgrenze überschritten wird, sollten sich Arbeitgeber den Empfang vom
Arbeitnehmer mit Datum quittiert lassen und den Beleg zum Lohnkonto nehmen.
Besonders aufzupassen ist bei elektronischen Tankkarten:
◼ Beispiel 6
Der Arbeitgeber übergibt seinem Arbeitnehmer eine elektronische Tankkarte
(lautend auf den Arbeitgeber) einer örtlichen Tankstelle und gestattet diesem,
dort für bis zu 44 Euro monatlich Treibstoff zu tanken. In einem Monat tankt er
gar nicht mit der Karte, im anderen Monat für 88 Euro.
Lösung: Der nicht ausgeschöpfte Betrag kann nicht auf künftige Monate
übertragen werden. Der Gesamtbetrag von 88 Euro ist sowohl lohnsteuerals auch sozialversicherungspflichtig. Einen Vorsteuerabzug gibt es nicht.
Damit bei einer Tankkarte die Vorteile steuerlich jeweils monatlich zufließen
und beitragsfrei bleiben können, sind folgende Vorgehensweisen möglich:
Bei elektronischer
Tankkarte ist
Monatsbetrag
nicht übertragbar
 Der Arbeitgeber vereinbart mit dem Arbeitnehmer schriftlich, dass er jeden Monat nur bis zum Höchstbetrag von 44 Euro tanken darf und einen
eventuell übersteigenden Betrag dem Arbeitgeber noch im gleichen Monat
zurückerstatten muss, was ebenfalls dokumentiert werden muss.
 Der Arbeitgeber übergibt dem Arbeitnehmer eine Prepaid-Tankkarte, die
wertmäßig jeden Monat zum Beispiel per Dauerauftrag nur mit 44 Euro
aufgeladen wird. In diesem Fall wäre es bereits technisch ausgeschlossen,
dass die Betankungen die Steuerfreigrenze übersteigen.
↘ WEITERFÜHRENDER HINWEIS
ARCHIV
• Beitrag „Tankgutscheine: Die Antworten auf die häufigsten Praxisfragen im Überblick“,
LGP 4/2011, Seite 64; im Archiv auf lgp.iww.de
Ausgabe 4 | 2011
Seite 64-66
• Beitrag „Pauschaversteuerte Zuwendungen nach § 37b EStG können erhöhte Sozialabgaben auslösen“, LGP 5/2014, Seite 86; im Archiv auf lgp.iww.de
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