26.03 BZ "gggfon klingelt seit zehn Jahren"
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26.03 BZ "gggfon klingelt seit zehn Jahren"
Stadt Bern Montag 26. März 2012 Le Corbusier mitten «im Chleefäud» BED & BREAKFAST In einer Woche eröffnen Cécile Rüegg und Manuel Gnos ihre heimelige Pension «Im Klee» hinter dem Zentrum Paul Klee. «E Maa u e Frou lige zäme zmitts im Chleefäud.» Der Textanfang von Züri Wests Song «Traffik» kommt einem in den Sinn, wenn man im Garten des neuen Bed & Breakfast liegt, den frischen Blütenstaub einatmet und den Ausblick auf die Berner Alpen geniesst. Am Melchenbühlweg 8 hinter dem Zentrum Paul Klee eröffnen Cécile Rüegg und Manuel Gnos am 1. April ihre neue schmucke Herberge. «Für uns ist damit ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen», sagt Cécile Rüegg. Sie wollen mit dem Bed & Breakfast für alle eine Nische zum Verweilen schaffen, aber auch ein erster Anknüpfungspunkt an die Berner Kulturszene bieten, meint Rüegg. «Wir möchten hier die Grundsätze hochhalten, dass man zueinander schauen und sich kennen lernen kann.» Auch für Kulturschaffende Das «Im Klee» soll eine Lücke schliessen im Beherbergungsangebot der Stadt Bern: «Wir sind ein kleines, aber feines Bed & Breakfast, ausgerichtet auf ein urbanes und junges Publikum auf Städtereise», sagt Co-Leiter Manuel Gnos. Sie wollten sich spezialisieren auf die Beherbergung von Kulturschaffenden, wie zum Beispiel Bands, die auf ihrer Tour in der Pension «Im Klee» übernachten können, erzählt Gnos, der im Kulturlokal Café Kairo, Lorraine, für das Booking Als Zac Harmon vor einigen Jahren auf der Bühne des Jazz-Lokals Marians stand, wandte er sich zum Kollegen an der Mundharmonika, der eben ein Solo beendet hatte, und meinte lapidar: «Du bist für mich, was einst Junior Wells für Buddy Guy war.» Das Zusammenspiel der beiden liegt Jahrzehnte zurück. Viele mögen das als simple Feststellung oder bestenfalls als Kompliment zur Kenntnis genommen haben, doch es steckt mehr dahinter. Das Programmheft gibt einen Hinweis darauf. Harmons Biografie schliesst mit den Worten: «Zac Harmon ist ein Mann auf einer Mission – und macht nach 2007 seinen zweiten Halt in Bern.» Mission bedeutet Bestimmung oder innere Aufgabe. Normalerweise verbindet man damit die Tätigkeit für einen Glauben, für eine Religion. Ist der Blues eine Religion? Der Blues als Art zu leben Zac Harmon kam 1957 in Jackson, Mississippi, zur Welt. Vom ersten Atemzug an sog er den Blues ein, denn: «Der Blues ist ein wesentlicher Bestandteil der Luft in meiner Heimat.» Als munterer Dreikäsehoch steckte er bereits dermassen tief im Blues, dass er beschloss, ihn zu seinem Lebensinhalt zu machen. Das war jene Zeit, als viele Menschen in Europa erstmals mit Blues in Berührung kamen. Organisiert als «American Folk Blues Festival» zogen amerikanische GGG-Fon klingelt seit zehn Jahren ANLAUFSTELLE Seit 2002 kümmern sich die Mitarbeiter des sogenannten GGG-Fons um Menschen, die mit Gewalt und Rassismus konfrontiert werden. Das Angebot ist etabliert und wird von 49 Gemeinden aus der Region unterstützt. Spieglein, Spieglein an der Wand . . . : Cécile Rüegg und Manuel Gnos präsentieren voller Stolz das neu eingerichtete Zimmer Nr. 1. «Wir freuen uns riesig, dass wir schon bald Gäste beherbergen dürfen», sagen die beiden Leiter des neuen Bed & Breakfast. Nadia Schweizer und die Betreuung der Künstler zuständig ist. Als letzten Herbst am Melchenbühlweg eine 9-Zimmer-Wohnung ausgeschrieben war, meldeten sich Cécile Rüegg, Noemi Grossen und Manuel Gnos mit ihrem Konzept beim Burgerlichen Jugendwohnheim (BJW), welches auch Nachbarpartei ist und die Liegenschaft vermietet. Peter Hostettler, Gesamtleiter des BJW, liess sich von der Idee überzeugen, und so konnten Rüegg, Grossen und Gnos beginnen, ihren Lebenstraum zu verwirklichen. «Dass wir hier auch noch unsere eigene Wohnung haben, macht alles einfacher und angenehmer», schwärmt Cécile Rüegg. Familiäre Atmosphäre Zusammen mit Freunden haben die drei Leiter ihre neue Herberge leicht saniert. «Viele Freunde haben uns mit Möbeln und Dekor aus ihrem oder Grossmutters Fundus ausgeholfen», erzählt Auf der Blues-Mission JAZZFESTIVAL Gitarrist Zac Harmon und Mundharmonikaspieler Grady Champion verkörpern in der zweiten Woche des Jazzfestivals die aktuelle Seite des zeitlosen Blues. 5 Urgesteine dieser Musikgattung durch die Welt und verkündeten die manchmal frohen, manchmal traurigen Botschaften. Unter ihnen waren auch Harmons Vorbilder Junior Wells und Buddy Guy. Seither hat sich der Blues nur wenig geändert. Die Inhalte sind im Wesentlichen noch dieselben, «Der Blues ist ein wesentlicher Bestandteil der Luft in meiner Heimat.» Zac Harmon sie scheinen wie für die Ewigkeit bestimmt in Stein gemeisselt unverrückbar festzustehen. Das macht den Blues zu mehr als einer Musik. Freilich ist er deswegen noch längst keine Religion, aber doch mehr als simple U-Musik. Wie eine Religion kann auch er die Seele verändern. «Der Blues ist eine Art zu leben», wurde einmal treffend gesagt. An der Mundharmonika wird heuer Grady Champion für prägende Akzente sorgen. Auch er wuchs in den Südstaaten auf. Anders als Harmon hat er seine Sporen aber nicht im Blues, sondern im Rap abverdient. Das war Anfang der 1990er-Jahre. Dann wechselte Champion die Szene. Dass er sich mittlerweile im Blues nicht nur bewährt, sondern auch wohl fühlt, zeigt sein neues Album «Dreamin’». Cousin des Blues ist Gospel Mit Zac Harmon als zweitem Sänger an der Gitarre und Cedric Goodman am Schlagzeug sind drei Musiker an der CD beteiligt, die auch in Bern mitwirken. Gemeinsam wird die Blues-Mission weitergeführt. Aber nicht nur diese. Wie sagte Harmon bei seinem letzten Auftritt: «Der Blues hat einen Cousin. Er heisst Gospel. Wir Südstaatler haben beide im Blut.» Ulrich Roth Jazzfestival Bern. Zac Harmon with Grady Champion. Marians, 27.–31. März , jeweils 19.30 und 22 Uhr. Grady Champion, hier bei einem Auftritt in Los Angeles, gastiert diese Woche mit Zac Harmon am Jazz-Festival. Getty Images Cécile Rüegg. So ist ein warmer Stilmix aus Le Corbusier, den 50er-Jahren und der Biedermeierzeit entstanden. «Diese familiäre Atmosphäre hier ist hip. Wir haben prima geschlafen und die herrliche Aussicht genossen», rühmt Fabio Pozzorini das Lokal. Der Leadsänger der Pussywarmers spielte am Vorabend mit seiner Band im Café Kairo und genoss in der Pension das erste Probeschlafen. Die Zimmer seien wunderschön, und auch der Swimmingpool am Ende des Gartens trage zur Entspannung bei, meint der Sänger. «Wir lieben es, nach einem Konzert in der Natur zu übernachten», sagt Pozzorini und verzehrt gleich ein leckeres Mandel-Himbeer-Biscuit aus der hauseigenen Backstube. Norbert Hunziker www.imklee.ch, ab 1. April geöff- net. Reservationen: 031 931 35 35, [email protected]. Schule wirbt: Aula macht Pausenplatz «viel schöner» LÄNGGASSE Viele Quartierbewohner wollen keinen Aulaneubau auf dem Pausenhof des Länggassschulhauses. Nun versucht die Schulkommission, die Gegner mit einem Flyer umzustimmen: Die Aula verschönere den Platz. Die Länggassschule versucht, die Gegner des Aulaprojekts auf dem Schulhof auf ihre Seite zu bringen: «Der Platz wird viel schöner und einladender als es der heutige Pausenplatz ist!», schreibt die Schulkommission LänggasseFelsenau in einem Informationsblatt, das kürzlich sämtliche 1000 Kindergarten- und Schulkinder im Schulkreis erhalten haben. Der Standort der Aula sei gut, betont die Schulkommission im Schreiben. Denn durch den Bau gehe der Platz weder verloren, noch werde er zugebaut. Im Gegenteil: Es gebe sogar mehr nutzbaren Platz, mehr Bäume und neue Spielgeräte. «Neue, nutzbare Fläche» Die Werbung für die Aulapläne kommt bei den Gegnern des Projekts schlecht an. Unterstützt von der Quartierkommission und vom Verein Kind, Spiel, Begegnung haben diese Anfang Jahr rund 1000 Unterschriften gesammelt für den Erhalt des Spielplatzes. Sie sind der Meinung, dass die Schulkommission mit ihren Versprechungen im neuen Flyer die Bevölkerung täusche. Die Schulkommission versuche, den Quartierbewohnern den Aulaneubau schmackhaft zu machen, indem sie mit neuen Spielgeräten, vielen Bäumen und einer Pergolabegegnungszone werbe. Dabei blende sie aber aus, dass 500 Quadratmeter des bisherigen Hofs verloren gingen, kritisieren die Vereinsmitglieder. Cipriano Alvarez, Präsident der Schulkommission, kontert: «Der Platz geht nicht verloren. Es gibt neue nutzbare Fläche.» Als Ersatzfläche soll die Geländestufe dienen, die zum Schulhauseingang führt. Dort ist eine überdachte Treppe geplant. Alvarez geht davon aus, dass die meisten Gegner falsche Vorstellungen hätten und sich nicht bewusst seien, dass der «filigrane Glasneubau» nicht störend wirke. Hingegen sei der heutige Platz «ein tristes Areal». Deshalb sei die Aufwertung durch den Aulaneubau «ein Glücksfall» für das Quartier. Die Gegner dürften anderer Meinung sein. Die Stadtgärtnerei hat den Schulhof vor wenigen Jahren unter dem Stichwort Wohnungsumfeldverbesserung bereits einmal aufgewertet. Es gibt eine Scooterbahn, ein Weidenhaus, eine Wasserstelle, eine Bodenwelle, Spielgeräte und Natursteinblöcke. «Stimmung hat sich verändert» Cipriano Alvarez ist dennoch zuversichtlich, dass die Aula gebaut wird. «Die Stimmung im Quartier hat sich verändert», ist er überzeugt. Das letzte Wort wird der Stadtrat haben. Er muss den Kredit bewilligen. Bereits liegt ein Vorstoss von Monika Hächler (GB) vor. Sie fordert, dass die Stadtbauten die Planung für die Aula stoppen und Alternativen prüfen. Esther Diener-Morscher Die Stadtbauten laden morgen Dienstag, 27. März, zu einer Infoveranstaltung in der Turnhalle des Grossen Länggassschulhauses ein. Die Geschichte des GGG-Fons beginnt mit einer Attacke in Münchenbuchsee. Eine Gruppe Naziskins stürmt auf den BuchsiMärit. Die Skins greifen einen Stand an, der von Ausländern betrieben wird. Die Gemeindebehörde sucht bei Sozialarbeiter Giorgio Andreoli Rat – einem Mann mit Erfahrung mit Projekten gegen Gewalt. Giorgio Andreoli organisierte unter anderem in Münchenbuchsee eine Veranstaltung mit Hans Stutz, dem Experten für Rechtsextremismus. 250 Leute folgten der Einladung, sowohl die Naziskins wie auch Antifa-Mitglieder kreuzten auf . Und hörten zu, wie sich «auffallend viele Erwachsene» (Giorgio Andreoli) äusserten und betonten: «Solche Übergriffe wollen wir in unserem Dorf nicht sehen.» Das GGG-Fon entstand Mit der Veranstaltung von Hans Stutz wurde das GGG-Fon lanciert. Die Abkürzung steht für: gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus. Mittlerweile wird das Projekt durch einen Leistungsvertrag von der Regionalkonferenz Bern Mittelland unterstützt. 49 Gemeinden aus der Region Bern machen mit. Im letzten Jahr nahmen 66 Privatpersonen (total 182 Kontaktaufnahmen) per Telefon oder E-Mail mit einem der vier GGGFon-Mitarbeiter Kontakt auf, um Vorfälle zu melden. «Wir geben den Menschen die Möglichkeit zur Zivilcourage», sagt Projektleiter Giorgio Andreoli. 39 Vorfälle mit rassistischem Hintergrund wurden gemeldet. Andreoli betont: «Wir sind keine Hotline und schon gar keine Bürgerwehr.» Wer einen Übergriff von Neonazis beobachte, solle sich schnellstmöglich an die Polizei wenden. «Wir haben aber schon mitgeholfen, Übergriffe aufzuklären», sagt Giorgio Andreoli. «Und wir helfen Menschen, die aus einer rechtsradikalen Gruppe aussteigen möchten.» Hilfe bei der Konfliktlösung Die GGG-Fon-Mitarbeiter sehen sich als Anlauf- und Vermittlungsstelle. «Wir bringen zerstrittene Gruppen zusammen, wir helfen bei der Konfliktlösung.» Das GGG-Fon knüpft bei Bedarf den Kontakt zu einer anderen Fachstelle. «Wir kümmern uns auch um Menschen, die bedroht werden», sagt Giorgio Andreoli. Gemeinsam mit dem Schulverlag plus hat das GGGFon eine Unterrichtsmappe erstellt. Diese enthält Texte und Bilder zu den Themen Zivilcourage und Rassismus. Eine Neuauflage ist gedruckt, diese soll auch den Weg an Schulen in Deutschland finden. Ob das GGG-Fon weitere zehn Jahre überlebt, wird sich zeigen. Der Leistungsvertrag mit der Regionalkonferenz wird alle drei Jahre neu ausgehandelt. «Uns braucht es noch lange», sagt Giorgio Andreoli. «Wir können Menschen, die den Mut haben, Konflikte anzusprechen, in der Konfliktanalyse und Konfliktbewältigung unterstützen», sagt er. Tobias Habegger www.gggfon.ch