Das Anschreiben
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Das Anschreiben
ratgeber arbeit oder gar zu übernehmen, würde man Auszubildenden vielleicht nachsehen, bei Akademikern ist dies aber gänzlich inakzeptabel und wäre auch immer eine vergebene Chance. Keine andere Bewerbungsunterlage bietet nämlich so viel Spielraum für die Werbung in eigener Sache, um im Wettbewerb mit der zahlreichen Konkurrenz schon von Anfang an zu punkten. Ein gutes Anschreiben ist nicht zuletzt eine Hilfe für den gestressten Personalchef, dem man mit gezielten Formulierungen die weitere Beurteilung der gesamten Unterlagen wesentlich – und nicht zuletzt im eigenen Interesse – erleichtern kann. Plädoyer in eigener Sache BEWERBUNG Das Anschreiben Am Bewerbungsanschreiben beißen sich selbst Profi-Schreiber die Zähne aus. Da helfen weder Musterbriefe noch Standardformulierungen. Was gilt es zu beachten beim großen Brückenschlag zwischen Stellenanforderungen und persönlichem Qualifikationsprofil? | Andreas Pallenberg F ür manche ist das Anschreiben nur ein Brief, für andere ist es die schlimmste Hürde beim Anfertigen einer schriftlichen Bewerbung. Und tatsächlich ist dieses Schriftstück – formal betrachtet – nichts Weiteres als ein Geschäftsbrief, mit dem man sein Anliegen, in diesem Fall das Interesse an einer ausgeschriebenen Stelle, kurz und bündig vermitteln möchte. Aber es ist von seiner Absicht und seinem Anspruch doch weit mehr als das. Neben dem Lebenslauf (vgl. arbeitsmarkt 12/10) und dem Bewerbungsfoto wird dem Anschreiben am meisten Aufmerksamkeit geschenkt. Und oft genug wird schon nach Lektüre dieser einen Seite darüber befunden, ob ein Kandidat aussortiert wird oder ob er IV weiter im Rennen um die begehrte Stelle bleibt. Von Mustern und Vorbildern Um bei der Anfertigung des Anschreibens auf der sicheren Seite zu sein, sucht so mancher Hilfe und Rat bei der einschlägigen Ratgeberliteratur. Diese bietet Musteranschreiben zuhauf, und nichts wäre einfacher, als sich an diesen zu orientieren. Solange man diese Beispiele nicht als Kopiervorlagen betrachtet, können sie durchaus dazu dienen, den eigenen Stil zu entwickeln und zu optimieren, denn sie bieten Anregung und Abschreckung gleichermaßen. Formulierungen aus Bewerbungsratgebern nachzuahmen Der Adressat der Bewerbungsunterlagen steht ja vor dem Problem, möglichst schnell erfassen zu müssen, ob und wie weit ein Bewerber auf die ausgeschriebene Stelle passt oder nicht. Bekommt er ein wenig aussagekräftiges Anschreiben, muss er sich durch den Lebenslauf und die weiteren Unterlagen durcharbeiten, um mit viel Aufwand zu einem vorläufigen Urteil zu kommen. Manche sparen sich dann sogar die Mühe und widmen sich der nächsten Bewerbung. Bekommt er dagegen ein auf die ausgeschriebene Stelle ganz konkret abgestimmtes Bewerbungsanschreiben, hilft dies dem Personalfachmenschen auf die Sprünge bei seiner Sammlung von Indizien über die mögliche Eignung des Kandidaten. Im Idealfall liest er ein wohl formuliertes Plädoyer des Bewerbers, mit dem dieser plausibel belegt, weshalb er genau auf die ausgeschriebene Stelle passt und zumindest in die nähere Auswahl kommen sollte. Die beigefügten Zertifikate, Zeugnisse und Arbeitsproben dienen dann als Beweismittel für die Argumentation und runden das Bild ab. Manche Bewerbungsexperten bezeichnen das Anschreiben sogar als „Selbstgutachten des beruflichen Könnens“ (Pütjer/Schnierda). Geschickt formuliert, ist es sogar noch mehr, arbeitsmarkt UMWELTSCHUTZ | NATURWISSENSCHAFTEN_19|2010 ratgeber arbeit nämlich eine bewusst lenkende Bearbeitungshilfe für den Personalchef, der einen solchen „Service“ angesichts dreistelliger Bewerberzahlen zumindest mit erhöhter Aufmerksamkeit honorieren dürfte. Damit liegt die Hürde schon hoch genug, aber es kommen noch einige Schwierigkeiten hinzu. Sich selbst ins rechte Licht zu rücken, fällt den meisten schon recht schwer, dies dann aber auch noch kurz und knackig wie in einer Werbebotschaft zu formulieren, bringt selbst erfahrene Schreiberlinge ins Grübeln. Es ist eben eine Kunst, den passenden Ton zwischen Bescheidenheit und Selbstüberschätzung zu treffen. Neben diesen verständlichen Schwierigkeiten bei den eigentlichen Inhalten des Anschreibens gibt es noch ein paar einfache, formale Dinge, die trotzdem Aufmerksamkeit erfordern. selbstverständlich an, ist aber nach allen Erfahrungen immer wieder erwähnenswert. Abkürzungen im Firmennamen und in den Anhängen der Rechtsform (z. B. GmbH) sind exakt mit allen Feinheiten (Groß/Kleinbuchstaben?) zu übernehmen. Alle Schreibfehler werden gerne als Nachlässigkeit interpretiert und führen nicht selten schon zum KO. Schreibfehler im Namen des (möglichst vorher eruierten Ansprechpartners) sind ebenso unverzeihlich wie das Fehlen eines Titels, sofern bekannt. Viele Personalentscheider sind zwar souverän genug über solche Schnitzer hinwegzusehen, aber es gibt eben auch weniger souveräne Mitarbeiter in Personalabteilungen. Deshalb sollten gerade diese Angaben Jeder Buchstabe zählt Arbeitet man sich von oben nach unten durch ein Anschreiben, geht es zunächst um die Gestaltung des eigenen Adressfeldes. Hier müssen alle relevanten Absenderdaten vollständig und korrekt sein, so dass man stets zuverlässig erreicht werden kann. Dazu gehören neben der vollständigen Adresse eine möglichst seriös wirkende E-Mail-Adresse, eine Telefonverbindung (möglichst Festnetz) plus ggfs. eine realistisch erreichbare MobilVerbindung. In diesem Adressblock lässt sich auch – sofern vorhanden – eine berufsbezogene (keine private!) Website angeben. Ob man diese Angaben rechtsbündig zu einem Block zusammenfasst oder in einer Kopfzeile unterbringt, bleibt dem persönlichen Geschmack überlassen. Eine dezente Gestaltung wirkt immer besser als ein „Irgendwie“ oder ein angestrengtes und ablenkendes Layout. Anregungen dazu findet man in der Bewerbungsliteratur wie auch im Internet. Auch die Adresse des Arbeitgebers muss unbedingt korrekt und vollständig übernommen werden. Das hört sich Weder Muster noch Vorbild – Anschreiben mit typischen Bearbeitungsvermerken arbeitsmarkt UMWELTSCHUTZ | NATURWISSENSCHAFTEN_19|2010 V ratgeber arbeit sehr penibel abschließend noch einmal eins zu eins überprüft werden. Worum geht‘s? Ohne Betreffzeile geht gar nichts, aber sie wird nicht mehr als solche gekennzeichnet. Die Zeiten, in denen eine solche Zeile mit „Betr.:“, „Betreff“ oder „Bez.:“, „Bezug:“ eingeleitet wurden, sind endgültig vorbei. Umso wichtiger ist allerdings der möglichst kurze Text dieser Zeile zur Einordnung dessen, worum es geht. Angaben wie Bewerbung als Trainer/in Ihr Stellenangebot in der FAZ vom 17.07. 2009 reichen für den Adressaten zur schnellen Einordnung. Ohne Kurzbezeichnung der Stelle kann es eventuell schwierig werden, denn der Arbeitgeber kann ja gleichzeitig mehrere Stellenangebote ausgeschrieben haben. Die Anrede sollte sich möglichst an eine Kontaktperson richten, die dann mit korrekter Schreibweise und „sehr geehrte/r Frau/Herr“ angesprochen wird. Das unpersönliche „Sehr geehrte Damen und Herren“ ist nur eine Notlösung und deutet eher auf einen Serienbrief hin. Varianten wie „Sehr geehrter Wissenschaftsladen“ oder „Werter Herr Pallenberg“ (alles schon vorgekommen) sind zwar originell, aber auch schnell aussortiert. Am Anfang ... Der erste Satz hat es in sich. Er entscheidet oft darüber, ob der Leser neugierig weiter liest oder ob er das Anschreiben lediglich auf einige Schlüsselbegriffe hin durchscannt. Vermag die Einstiegsformulierung zu fesseln, wird auch dem Rest des Anschreibens Aufmerksamkeit geschenkt. Wer dagegen mit altertümlichen Floskeln „Hiermit bewerbe ich mich ...“ oder mit komplizierter Sprachakrobatik einsteigt, der verleitet den Leser zum Überspringen. Überflüssiges wird sofort entlarvt, und Kompliziertes wird in der Regel kein zwei- VI tes Mal gelesen. Man springt zum nächsten Absatz, und der Rest wird dann schnell „quergelesen“. Ist das ganze Anschreiben dann noch nicht einmal in lesefreundliche Absätze gegliedert, findet sich die ganze Bewerbung schnell auf dem Stapel mit dem Vermerk: „Zurück an Absender!“. Wer dreistellige Bewerberzahlen verarbeiten muss, hat keine Lust, sich durch schlechte und überflüssige Formulierungen zu quälen. Es gehört zur Optimierung der Leseleistung, dass man bestimmte Floskeln sofort überspringt. Sobald also ein Absatz Anzeichen von üblichen Textbausteinen zeigt oder einfach nur langweilt, wird gesprungen. Ist der nächste Absatz ebenfalls inhaltsleer, hat der dritte Absatz vielleicht schon keine Chance mehr gelesen zu werden. Und noch etwas zur Lesefreundlichkeit: Bei der Auswahl der Schrift sollte man sich auf eine Schriftart mit angemessener Größe entscheiden. Eine 12er Schrift ist inzwischen das Maß der Lesbarkeit und sollte nicht unterschritten werden. Weiterhin sollte ein angemessener Rand neben dem Textblock vorhanden sein. Der ist nicht nur aus ästhetischen Gründen anzustreben, sondern auch aus praktischen. Er bietet dem Leser die Möglichkeit, seine handschriftlichen Randbemerkungen anzubringen, über die er sich die Inhalte im weiteren Verlauf des Verfahrens schnell in Erinnerung rufen kann. Oft sind es dann Stichworte wie „kommt von der Konkurrenz“, „auslandserfahren“, „gute Ideen“, „passt ins Team“, und ggfs. schließlich das Fazit: „engere Auswahl“ oder „einladen!“. Darf es etwas mehr sein? In der Regel sollte das Anschreiben auf eine Seite passen. Dafür gibt es gute Gründe. Es geht um eine kurze Botschaft, um schnörkellose Argumente und um ein klares Anliegen. Das sollte im Format eines Anschreibens auf einer Seite zu schaffen sein. Wer mehr Platz braucht, muss sehr kritisch prüfen, ob eine zweite Seite wirklich inhaltlich zu begründen ist. Wer tatsächlich Entsprechendes zu bieten hat, sollte allerdings auch nicht vor einer zweiten Seite zurückschrecken, denn eine eherne Ein-Seiten-Regel gibt es nicht. Zu erwägen wäre gegebenenfalls das Anfügen einer so genannten „Dritten Seite“, auf der man neben dem Anschreiben und dem Lebenslauf einschlägige Erfahrungen und Inhalte unter einer Überschrift wie: „Was mich für die Stelle besonders befähigt“ gesondert beschreiben kann. Solche Seiten werden bei entsprechender Substanz in der Regel mit besonderer Aufmerksamkeit gelesen. Kein Blick zurück Verzichten sollte man auf jede Art von Abrechnung mit der Vergangenheit, auf Rechtfertigungen von Kündigungen, Darstellung von Krisen oder auf negative Äußerungen gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber. Auch Andeutungen in Richtung eines erlittenen Mobbings lassen alle Warnlampen aufleuchten, denn dann werden auch zukünftig Schwierigkeiten im Umgang mit der Person geargwöhnt. Solche Hinweise werden fast immer mit Skepsis gelesen und verleiten zur Überinterpretation wie „Da hat wohl jemand Schwierigkeiten gehabt“. Wer wollte sich bei entsprechendem Bewerberüberhang damit auseinandersetzen? Zur Sache Da ist es schon sinnvoller, sich auf die Kernaussagen der Bewerbungsbotschaft zu konzentrieren. Und dabei geht es darum, hinreichend und überzeugend auf die Anforderungen der Ausschreibung einzugehen. Wer es dann dabei belässt, die Wünsche des Arbeitgebers zu wiederholen, beweist eigentlich nur, dass er lesen kann. Wer sie mit eigenen Worten wiedergibt, zeigt immerhin, dass er sie auch verstanden hat. Aber darum geht es ja wohl kaum. Hier geht es darum, in kurzen und knappen Sätzen darzulegen, wie und wo man die in der Ausschreibung formulierten Anforderungen bereits arbeitsmarkt UMWELTSCHUTZ | NATURWISSENSCHAFTEN_19|2010 ratgeber arbeit unter Beweis gestellt hat. Je konkreter die gewünschten Qualifikationen formuliert sind, umso exakter sollte man dafür seine Eignung beweisen. Die Beteuerung, dass man genau der Richtige sei, weil man ja irgendetwas Passendes studiert habe und schon immer in diese Branche wollte, reicht natürlich nicht. Andererseits – kaum jemand kann alle Kriterien des Anforderungsprofils erfüllen. Das wissen auch die Arbeitgeber und formulieren in der Regel ihr Wunschprofil. Sofern die wesentlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vorhanden sind, werden kleinere Lücken bzw. Defizite zu tolerieren sein. Je stärker man allerdings vom formulierten Profil abweicht, umso mehr muss man dies mit anderen Qualitäten kompensieren oder Gewinn versprechen, sollte man mit dem Anschreiben schon mal auf der sicheren Seite sein. Was kann ich für Sie tun? Und gerade die gerne im Vorstellungsgespräch gestellte Frage: „Weshalb bewerben Sie sich gerade bei uns?“ sollte unaufgefordert schon im Anschreiben zumindest in Kurzform angerissen werden. Und hier gilt es, schon bei der Begründung daran zu denken, welche Nachfragen und welche Dialoge sich aufgrund der Angaben entwickeln könnten. Somit sind diese kurzen Botschaften immer schon Vorlagen für ein mögliches Vorstellungsgespräch. Allerdings schleicht sich dabei schnell eine sich von einem neuen Mitarbeiter einen – meist finanziellen – Vorteil verspricht. Es geht also ganz klar darum, welchen Vorteil man für den neuen Arbeitgeber bringt, welche Probleme man für ihn lösen kann, wo man seinen Umsatz erhöhen, seine Öffentlichkeitsarbeit verbessern kann oder wo man genau in die Personallücke passt, die der Arbeitgeber schließen möchte. Wenn der Arbeitnehmer dazu auch noch Freude an der Arbeit mitbringt, ist dies von Vorteil, mehr aber nicht. Nach derartigen Formulierungsmühen geht es wieder relativ einfach zum Abschluss des Werkes. Platz sollte noch bleiben für Hinweise auf evtl. einzuhaltende Kündigungsfristen bzw. frühest mögliche Antrittstermine sowie für eine kurze Abschlussformulierung, mit der man zum Ausdruck bringt, dass man sich über eine positive Reaktion freuen würde. Ein schlichtes Mit freundlichen Grüßen plus Unterschrift schließt das Anschreiben ab. Eine Namenswiederholung in getippter Form unter der Unterschrift ist aktuell nicht mehr üblich. Ebenfalls unüblich ist eine Auflistung der Anlagen auf dem Anschreiben. Diese findet man inzwischen meistens auf dem Deckblatt der Bewerbungsmappe. PS: I am the Greatest! Bevor Schreibblockaden lähmen – Feedbacks von Freunden und Bekannten auf andere Weise den Eindruck vermitteln, dass man trotzdem ein Kandidat ist, den man gerne näher kennenlernen möchte. Und wo sollte man das besser können als im Anschreiben! Wer sich mit dem zukünftigen Wunscharbeitgeber über den Ausschreibungstext hinaus beschäftigt hat, wird auch diese Erkenntnisse mit passenden Worten einzuflechten verstehen, was schon mal den Respekt des Lesers herausfordern kann: „Aha, da hat sich jemand informiert! Da hat jemand echtes Interesse!“ Wenn es dann noch gelingt, ganz konkrete Arbeitserfahrungen anzuführen, die dem Adressaten einen unglückliche Perspektivenverschiebung ein. Viele schreiben ihren zukünftigen Arbeitgebern, weshalb sie sich vorstellen können, genau diesen neuen Arbeitsplatz bekommen zu wollen und benutzen Formulierungen wie: „ ... wollte ich schon immer in der Beratungsbranche arbeiten ...“, „wäre es für mich die ideale Möglichkeit, meine Kenntnisse in die Praxis umzusetzen“, „wäre für mich der Traumjob, da ich endlich im Kulturbereich arbeiten könnte.“ .... Dabei wird bei aller Ehrlichkeit leicht vergessen, dass der Arbeitgeber seine Stellen in der Regel nicht zur Selbstverwirklichung seiner Mitarbeiter ausschreibt, sondern ganz schnöde, weil er arbeitsmarkt UMWELTSCHUTZ | NATURWISSENSCHAFTEN_19|2010 Nicht uninteressant ist die Möglichkeit, ein Post-Scriptum anzufügen. Ein solches PS wird auf jeden Fall besondere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Aber schon deshalb sollte man diese Möglichkeit nur dann nutzen, wenn man hier auch etwas Besonderes zu bieten hat, sonst wirkt es leicht wie billige Effekthascherei. Und online? Wenngleich viele Personalchefs immer noch die klassische Bewerbung in Papierform mit Postzustellung bevorzugen, werden immer mehr Bewerbungen als E-Mail geschickt. In manchen Ausschreibungen werden diese sogar explizit gefordert. Dabei gibt es ein paar Dinge zu VII ratgeber arbeit beachten. Das Wichtigste: Formal unterscheidet sich die Online-Bewerbung von der klassischen Form kaum, inhaltlich und somit vom Anspruch überhaupt nicht. Dennoch gibt es immer noch die Haltung, man könne mit dem digitalen Medium z. B. sprachlich nachlässiger umgehen als mit der guten alten Papierform. Das hat sicher mit dem reduzierten Jargon zu tun, der sich insbesondere in Online-Foren verselbstständigt hat. Die E-Mail selbst ist dann ein äußerst kurzes Begleitschreiben mit Betreff und Bezug sowie dem Hinweis auf die angehängten pdf-Dateien mit den eigentlichen Unterlagen. Dieser Standard hat sich inzwischen durchgesetzt und lässt sich beim Adressaten leicht verarbeiten. Bewährt hat sich eine Aufteilung in Anschreiben plus Lebenslauf plus evtl. „dritte Seite“ im ersten Attachment, das sich dann auch bequem ausdrucken lässt. Alle weiteren Unterlagen wie Urkunden, Arbeitszeugnisse und Arbeitsproben landen in einem weiteren Attachment. Die Dateien sollten vom Umfang nicht jeden Arbeitsspeicher überlasten und selbst mit nicht top-aktuellen Hard- und Software-Konfigurationen sichtbar zu machen sein. Ängste und Ansprüche Wer souverän und sicher mit der Sprache umzugehen versteht, dem sollte auch ein überzeugendes Anschreiben gelingen. Doch wer besonders klug, individuell und niveauvoll schreiben will, baut sich nicht selten eine unüberwindliche Anspruchsmauer auf, die sich in Schreibblockaden und zermürbenden Selbstzweifeln ausdrücken kann. Wenn man dann allein nicht mehr weiter weiß und wegen derartiger Irritationen der Bewerbungstermin zu platzen droht, dann sollte man frühzeitig und schnell fremde Hilfe suchen. Und das muss kein Bewerbungscoach sein, auch nicht der Hausarzt mit den Beruhigungsmitteln. Es reicht, wenn man eine Person des Vertrauens in die Bewerbungssituation VIII einbezieht und ihr z. B. einen Entwurf des Anschreibens mit der Bitte um ein Feedback vorlegt. Auch dazu gehört schon einiges an Überwindung. Viele wollen ihre Bewerbungsaktionen am liebsten mit sich allein ausmachen und niemanden einweihen, weil sie so diskret wie möglich damit umgehen wollen, schon um nicht ständig die unvermeidlichen Misserfolge kommunizieren zu müssen. Aber es lohnt sich fast immer, wenn man sich eine Rückmeldung von außen holt. Denn dann gibt es plötzlich ganz schlafen. Dann hat man wieder etwas Distanz zur eigenen Schreibe, auch zu den Ansprüchen, und man erkennt wieder die einzelnen „Bäume“, die man „vor lauter Wald“ nicht mehr sehen konnte. Ebenfalls hilfreich kann es sein, sich von den Vorgedanken frei zu machen und noch mal ganz von vorne anzufangen. Mit solch einem Reset im Kopf kann man sich von Formulierungsungeheuern und Argumentationseinbahnstraßen befreien. Dann schafft man innerhalb von fünf Minuten vielleicht mehr als in fünf Stunden engstirniger Grübelei. Warum der Aufwand? andere Sichtweisen. Formulierungen, die man selbst als problematisch empfindet, sind plötzlich unauffällig oder durchaus passend. Dagegen wird vielleicht Grundsätzliches, z. B. der Gesamteindruck des Anschreibens thematisiert: „Warum so ausführlich, warum so kompliziert, warum so devot, warum so egomanisch, warum so ängstlich etc.?“ Verbunden damit gibt es vielleicht noch Aufmunterungen wie: „Ruhig etwas peppiger, frecher, selbstbewusster ...!“ Und das kann ein Außenstehender besser, denn er liest das Anschreiben genauso oft wie der Personalchef, nämlich in der Regel einmal, Schluss! Was dann hängen bleibt, zählt. Derartig unbefangene Bewertungen gelingen einem selbst natürlich nicht, da man die einzelnen Formulierungen oft schon bis zur mantrahaften Verfremdung durchgekaut hat. Irgendwann liest sich eben alles fremd und komisch. Wer unsicher ist mit den eigenen Formulierungen, sollte zumindest immer und unbedingt eine Nacht darüber Gäbe es genug Stellen auf dem Arbeitsmarkt, wäre der Druck zur Optimierung der Bewerbungsunterlagen längst nicht so hoch. Besonders als frischgebackener Absolvent ist man mangels Berufserfahrung und großer Konkurrenz mehr noch als andere Arbeitsuchende darauf angewiesen, den Arbeitgeber von der persönlichen Eignung für eine ausgeschriebene Stelle zu überzeugen. Hier bietet gerade das Anschreiben die Möglichkeit, sich unter vielen Mitbewerbern besonders zu empfehlen und mit guten Argumenten zu trumpfen. Und das bedeutet für das Anschreiben: Keine Floskeln, keine Redundanz, keine Kurzform des Lebenslaufes, statt dessen eine Werbebotschaft mit konkreten Hinweisen, weshalb man ein Gewinn für den Arbeitgeber ist. LINKS UND LITERATUR Hesse/Schrader: Die perfekte Bewerbungsmappe für Hochschulabsolventen, Eichborn-Verlag Frankfurt/M 2010 Pütjer/Schnierda: Überzeugende Bewerbungsunterlagen, Campus-Verlag, Frankfurt /M. 2010 www.bewerbung-forum.de www.staufenbiel.de/ratgeberservice/ bewerbung www.bewerbunsgsservice-spezial.de arbeitsmarkt UMWELTSCHUTZ | NATURWISSENSCHAFTEN_19|2010