PDF - Kartellblog.

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Bundeskartellamt
53113 Bonn
Kaiser-Friedrich-Str. 16
4. BESCHLUSSABTEILUNG
B 4 – 37203 – Kc – 1006/06
FÜR DIE VERÖFFENTLICHUNG
BESTIMMT
VERWALTUNGSVERFAHREN
VERFÜGUNG GEMÄSS
§ 32 GWB
BESCHLUSS
⎯
In dem Verwaltungsverfahren
1. Gesellschaft für Glasrecycling und Abfallvermeidung mbH,
Deisenfangstraße 37 – 39
88212 Ravensburg
- Verfahrensbevollmächtigte zu 1.:
Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Ganghoferstraße 33
80339 München
Rechtsanwälte Prof. Versteyl
Uhlandstraße 161
10719 Berlin 2. Saint-Gobain Oberland AG
Oberlandstraße
88410 Bad Wurzach
3. Saint-Gobain Kipfenberg GmbH
Altmühlstraße 2
85110 Kipfenberg
4. Rexam Glass Germany GmbH
Große Drakenburger Straße 132
31582 Nienburg
5. Gerresheimer Glas GmbH
Benrather Straße 18 – 20
40213 Düsseldorf
6. Heye Holding GmbH
Lohplatz 1
31683 Obernkirchen
-2-
-27. Bayerische Flaschen-Glashüttenwerke Wiegand & Söhne GmbH & Co. KG
Otto-Wiegand-Straße 9
96361 Steinbach am Wald
8. Neue Glaswerke Großbreitenbach GmbH & Co. KG
Am Katzstein 3
98701 Großbreitenbach
9. Weck Glas GmbH
Alter Heerweg 2
53123 Bonn
10. Heinz Glas GmbH
Hüttenring 3-7
98739 Piesau
11. Noelle + von Campe Glashütte GmbH
Sollingstraße 14
37691 Boffzen
12. Thüringer Behälterglas GmbH
Suhler Straße 60
98553 Schleusingen
13. P-D Industries GmbH
Dresdner Straße 136
01705 Freital
14. Glaswerke Ernstthal GmbH
Glaswerkstraße 29
98724 Lauscha OT Ernstthal
- Verfahrensbevollmächtigte zu 2. – 14.:
Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Ganghoferstraße 33
80339 München 15. BSN Glasspack Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH
Heyestraße 178
40625 Düsseldorf
16. BSN Glasspack GmbH & Co. KG
Heyestraße 178
40625 Düsseldorf
- Verfahrensbevollmächtigte zu 15. – 16.:
Rechtsanwälte Graf von Westphalen
Salierring 42
50667 Köln -
-3-
-3zur
Prüfung
eines
Verstoßes
gegen
§
1
GWB
und
Art.
81
EG
hat
die
4. Beschlussabteilung am 31. Mai 2007 beschlossen:
1. Der Gesellschaftsvertrag der Beteiligten zu 1. in der Fassung vom 3. März 2005,
die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beteiligten zu 1. und die
Beschlüsse des Beirates der Beteiligten zu 1. verstoßen gegen Art. 81 EG und § 1
GWB, soweit sie die gemeinsame Beschaffung von unaufbereitetem oder
aufbereitetem Altglas (im Folgenden: "Altglas") durch die Beteiligten zu 2. – 16. zum
Gegenstand haben.
2. Soweit sich die Vereinbarungen nicht auf Altglasmengen beziehen, die Gegenstand
von Ausschreibungen der Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH
"DSD"), Köln, vor dem 1. Januar 2006 waren,
a) wird den Beteiligten zu 2. – 16. untersagt, direkt oder indirekt über die Beteiligte zu
1. oder auf andere Weise gemeinsam Altglas zu beschaffen, Vereinbarungen jeder
Art über die Beschaffung von Altglas oder über die Aufbereitung von Altglas über
die Beteiligte zu 1. oder auf andere Weise gemeinsam zu verhandeln, solche
Vereinbarungen zu treffen oder bereits getroffene Vereinbarungen zu erfüllen,
b) wird der Beteiligten zu 1. untersagt, direkt oder indirekt im eigenen Namen oder im
Namen Dritter Altglas zu beschaffen oder zu vermitteln, Vereinbarungen jeder Art
über die Beschaffung von Altglas oder über die Aufbereitung von Altglas zu
verhandeln,
solche
Vereinbarungen
zu
treffen
oder
bereits
getroffene
Vereinbarungen zu erfüllen.
3. Die Gebühr der Entscheidung wird auf […] € festgesetzt.
4. Jede fahrlässige oder vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen die vollziehbaren
Anordnungen zu 1. und 2. stellt eine mit Bußgeld bedrohte Ordnungswidrigkeit dar
(§ 81 Abs. 2 Nr. 2 a GWB), die nach § 81 Abs. 4 GWB mit einer Geldbuße von bis
zu einer Million €, bei Unternehmen darüber hinaus bis zu 10% des jeweils im
vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes geahndet werden
kann.
-4-
-4GRÜNDE
A.
Sachverhalt
I.
Einführung
1.
Altglas wird bereits seit den siebziger Jahren haushaltsnah gesammelt und zur
Glasherstellung verwendet. Mit dem Inkrafttreten der VerpackV 1 wurde ein
flächendeckendes System zur haushaltsnahen Sammlung von Verkaufsverpackungen durch die Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH
("DSD"), Köln, aufgebaut, das unter anderem auch Verpackungen aus Glas
umfasst. Inzwischen gibt es neben DSD weitere Anbieter von haushaltsnahen
Sammelsystemen. Verwertet wird Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung
fast ausschließlich als Sekundärrohstoff bei der Herstellung von Behälterglas.
2.
Altglas, dessen sich der Endverbraucher entledigt, ist Abfall i.S.d. § 3 Abs. 1
S. 1 KrW-/AbfG. Soweit es sich um Verkaufsverpackungen handelt, unterliegt
es besonderen Rücknahmepflichten aus § 24 KrW-/AbfG in Verbindung mit der
VerpackV. Aus der VerpackV ergibt sich die Pflicht, Verkaufsverpackungen aus
Glas zu 75 % stofflich zu verwerten. 2 Über diese Quote hinaus sind
Verkaufsverpackungen stofflich zu verwerten, soweit dies technisch möglich
und wirtschaftlich zumutbar ist. 3 Abfälle zur Verwertung verlieren ihre
Abfalleigenschaft, sobald ein Sekundärrohstoff aus ihnen gewonnen wurde. 4
Für den Bereich der Verwertung von Verkaufsverpackungen hat die
Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Abfall ("LAGA") festgestellt, dass die
Herstellung eines Materials mit definierten, reproduzierbaren Eigenschaften,
das eine direkte Verarbeitung ohne weitere Aufbereitung ermöglicht, als
Zuführung zur Verwertung anerkannt werden kann. Die Verwertung ist
ausreichend dokumentiert, wenn die Abfälle bei einer Anlage angeliefert
werden,
in
der
ein
Produkt
hergestellt
wird,
das
keiner
weiteren
abfallspezifischen Behandlung mehr bedarf. 5
1
2
3
4
5
Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung
– VerpackV) vom 12. Juni 1991 (BGBl. I, 1234), nunmehr in der Fassung vom 21. August 1998 (BGBl I,
2379), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. Dezember 2005 (BGBl. I 2006, 2).
Anhang I (zu § 6 VerpackV) Nr. 1 Abs. 2.
Anhang I (zu § 6 VerpackV) Nr. 1 Abs. 4.
Fluck/Fischer, in: Fluck, Kreislaufwirtschafts-, Abfall- und Bodenschutzrecht, 33. Erg.-Lfg. Dezember
2001, Rn. 99.
Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 37, Stand 17. Januar 2006, Ziff. 1,
abrufbar über www.laga-online.de.
-5-
-53.
Gesammeltes Altglas kann nicht unmittelbar für die Herstellung verwendet
werden, sondern es muss in speziellen Anlagen aufbereitet werden. 6 Vor der
Aufbereitung handelt es sich um Abfall i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG, nach
der Aufbereitung – der stofflichen Verwertung i.S.d. § 4 Abs. 2 Buchst. a KrW/AbfG – liegt ein Sekundärrohstoff vor, der nicht mehr den abfallrechtlichen
Vorschriften unterliegt, soweit er für die Produktion von Neuglas eingesetzt
wird.
4.
Für die wirtschaftliche Betrachtung der betroffenen Märkte ist diese
Unterscheidung nicht aussagekräftig. Insbesondere für die Frage der
zutreffenden Marktabgrenzung kommt es nicht darauf an, ob ein Gut (noch)
Abfall
ist
oder
(schon)
Sekundärrohstoff.
Denn
im
Rahmen
der
Marktabgrenzung werden das Angebot an bzw. die Nachfrage nach Gütern
untersucht, unabhängig davon, welchen Pflichten die Rechtsordnung sie im
Übrigen unterwirft. Nur wenn es auf Grund gesetzgeberischer Eingriffe kein
Angebot an bestimmten Gütern bzw. keine Nachfrage nach bestimmten Gütern
gibt, liegt kein Markt, vor mit der Folge, dass bei der wirtschaftlichen
Betrachtung allenfalls potenzielle Märke analysiert werden können. So stellt es
sich in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt aber nicht dar. Denn es ist im
Interesse
des
Umweltgesetzgebers,
dass
Abfälle
zur
Verwertung
verkehrsfähige Güter sind. Wenn sich positive Marktpreise für Abfälle zur
Verwertung bilden, ist durch die Marktprozesse sichergestellt, dass diese
Abfälle effizient verwertet werden. Im Folgenden wird deshalb nicht danach
differenziert, ob Altglas als Abfall i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG zu betrachten
ist oder nicht. Der Begriff Altglas bezieht sich im Folgenden regelmäßig auf
unaufbereitetes Altglas, der Begriff Sekundärrohstoff auf Altglas nach der
Aufbereitung.
II.
Die Beteiligten
5.
Die Gesellschaft für Glasrecycling und Abfallvermeidung ("GGA") mbH,
Ravensburg, wurde 1993 von allen Behälterglasherstellern mit Sitz in
Deutschland gegründet, um die in der haushaltsnahen Sammlung erfassten
Verkaufsverpackungen aus Glas möglichst vollständig wieder zu verwerten.
Gegenstand des Unternehmens ist die Übernahme von Aufgaben nach der
6
Zu den Einzelheiten vgl. unten C II 1 b).
-6-
-6Verpackungsverordnung,
insbesondere
Einkauf,
Verkauf,
Sammlung,
Aufbereitung und Verteilung von gebrauchten Verkaufsverpackungen aus Glas
sowie die Sicherstellung von deren Verwertung. 7
6.
Nach wie vor sind alle in Deutschland tätigen Behälterglashersteller Gesellschafter der GGA. 8 Derzeit hat die GGA folgende Gesellschafterstruktur:
Gesellschaft
Saint Gobain Oberland
AG
Saint Gobain
Kipfenberg GmbH
BSN Glaspack
Beteiligungs- und
Verwaltungsgesellschaft
mbH
BSN Glaspack GmbH &
Co. KG
Rexam Glas Germany
GmbH
Gerresheimer Glas
GmbH
Heye Holding GmbH
Bayerische FlaschenGlashüttenwerke
Wiegand & Söhne
GmbH & Co. KG
Neue Glaswerke
Großbreitenbach GmbH
& Co. KG
Weck Glas GmbH
Heinz Glas GmbH
Noelle u. von Campe
Glashütte GmbH
Thüringer Behälterglas
GmbH
P-D Industries GmbH
Glaswerke Ernstthal
GmbH
7.
Konzernzugehörigkeit Sitz
Saint Gobain
Bad Wurzach
Anteil
26,37 %
Saint Gobain
Kipfenberg
2,30 %
OI-Europe
Düsseldorf
17,91 %
OI-Europe
Düsseldorf
2,50 %
Rexam, jetzt Ardagh
Nienburg
17,20 %
Gerresheimer Group
Düsseldorf
11,04 %
Ardagh
Wiegand
Obernkirchen
Steinbach am
Wald
9,76 %
4,72 %
Wiegand
Großbreitenbach
1,59 %
Bonn
Piesau
Boffzen
1,91 %
1,60 %
1,24 %
Schleusingen
0,91 %
Freital
Ernstthal
0,60 %
0,34 %
Die GGA hat neben der Geschäftsführung und der Gesellschafterversammlung
einen Beirat. Gesellschafterversammlung und Beirat entscheiden grundsätzlich
mit einfacher Mehrheit.
7
8
Gesellschaftsvertrag in der Fassung vom 3. März 2005, Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl.
11 ff.
Vgl. Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 9.
-7-
-7III.
Der rechtliche Rahmen
8.
Die
VerpackV
verpflichtet
Hersteller
und
Unternehmen,
die
Verkaufsverpackungen in Verkehr bringen, diese zurückzunehmen und einer
Verwertung zuzuführen. 9 Verkaufsverpackungen sind Verpackungen, die als
eine Verkaufseinheit angeboten werden und beim privaten Endverbraucher
anfallen; 10 private Endverbraucher sind Haushaltungen und vergleichbare
Anfallstellen, die in der VerpackV im Einzelnen definiert sind. 11 Die
Verpflichtung zur Rücknahme und Verwertung von Verkaufsverpackungen
entfällt, soweit sich die Verpflichteten einem System zur haushaltsnahen
Sammlung gebrauchter Verkaufsverpackungen anschließen. 12 Die meisten
Verpflichteten machen von der Möglichkeit Gebrauch, sich einem System zur
haushaltsnahen Sammlung anzuschließen.
IV.
Gegenwärtige Tätigkeit der GGA
9.
Die GGA schloss mit der DSD am 6. August 1993 einen Abnahme- und
Garantievertrag. 13 Darin verpflichtete sich die DSD, der GGA das im Rahmen
der haushaltsnahen Sammlung erfasste Altglas kostenlos zur Verfügung zu
stellen ("Schnittstelle Null"). Die GGA verpflichtete sich im Gegenzug, eine den
Anforderungen der VerpackV entsprechende Verwertung des Altglases
sicherzustellen. Die Europäische Kommission sah in der Regelung der
Schnittstelle Null einen Verstoß gegen Art. 81 EG, weil die von der DSD mit der
Sammlung und dem Transport beauftragten Unternehmen zwar Eigentümer des
Altglases wurden, sie aber an der eigenverantwortlichen Vermarktung des
Altglases durch diese Bestimmung im Abnahme- und Garantievertrag und der
entsprechenden Regelung in ihrem DSD-Vertrag gehindert wurden. 14 DSD
verzichtete daraufhin auf die Schnittstelle Null und räumte den Auftragnehmern
zum 1. Januar 1996 das Recht ein, zwischen der Eigenvermarktung, der
modifizierten Eigenvermarktung und der Garantiegebervermarktung zu wählen.
Die
Entsorgungsunternehmen
konnten
nunmehr
Altglas
alleine
(Eigenvermarktung) oder gemeinsam mit der GGA als Garantiegeberin
(modifizierte Eigenvermarktung) vermarkten; sie konnten aber auch wie bisher
9
10
11
12
13
14
§ 6 Abs. 1, 2 VerpackV.
§ 3 Abs. 1 Nr. 2 VerpackV.
§ 3 Abs. 11 S. 2 VerpackV.
§ 6 Abs. 3 S. 1 VerpackV.
B 10 – 308/91, Bl. 106 ff.
Entscheidung der Kommission vom 17. September 2001, ABl. L 319/1, Tz. 61.
-8-
-8das Altglas der GGA überlassen. 15 An dieser Wahlmöglichkeit hielt DSD auch
in den im Jahr 2003 für den Zeitraum 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2006
ausgeschriebenen Verträge fest. In der Ausschreibung 2004 (Zeitraum
1. Januar
2005
bis
31.
Dezember
2007)
sah
DSD
nur
noch
die
Eigenvermarktung des Altglases durch den Auftragnehmer vor.
10.
Diese Änderungen hatten keinen wesentlichen Einfluss auf die Zuführung des
Altglases zur Verwertung. Im Regelfall setzen die Auftragnehmer der DSD das
von ihnen erfasste Altglas über die GGA zu einheitlichen Konditionen an die
Behälterglashersteller ab. In der folgenden Darstellung des gemeinsamen
Einkaufs der Behälterglashersteller wird deshalb nicht zwischen den genannten
Vertragsperioden unterschieden.
1.
Übernahme des Altglases aus der haushaltsnahen Sammlung
11.
Die GGA kauft die im Auftrag dualer Systeme gesammelten Altglasmengen und
vereinbart die Zuführung zu einer Aufbereitungsanlage. Sie schließt zu diesem
Zweck mit den Unternehmen, die DSD mit der Altglassammlung beauftragt hat,
gleichlautende Liefer- und Abnahmeverträge. 16 Soweit die Verträge der DSD,
die im Jahr 2003 ausgeschrieben wurden, die Eigen-, die Garantiegeber- oder
die modifizierte Garantiegebervermarktung vorsahen, knüpfte GGA daran an
und schloss entsprechend bezeichnete Verträge mit den Entsorgern ab. Auch
nachdem DSD in den im Jahr 2004 ausgeschriebenen Verträgen nur noch die
Eigenvermarktung
durch
den
Entsorger
vorsah,
kauften
die
Behälterglashersteller gemeinsam über die GGA Altglas ein und schlossen
nicht etwa individuelle Verträge mit den von DSD mit der Altglaserfassung
beauftragten Entsorgungsunternehmen. Lediglich die Bezeichnung dieses
Vertrages wurde in Eigenvermarktung geändert. Inhaltlich unterscheiden sich
die Verträge nicht. Insbesondere sind der Eigentumsübergang und die
Vergütung in allen Verträgen gleich lautend geregelt.
12.
Aus internen Unterlagen der GGA ergibt sich, dass es eine Eigenvermarktung
in dem Sinn, dass Entsorger gesammeltes Altglas unabhängig von der GGA in
individuellen Verträgen an Glashütten absetzten, praktisch nicht gab.
Hinsichtlich der im Jahr 2004 für den Zeitraum 2005 bis 2007 von DSD
ausgeschriebenen 219 Glaserfassungsverträge wurden in 208 Fällen die
15
16
Entscheidung der Kommission vom 17. September 2001, ABl. L 319/1, Tz. 48.
Vgl. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 25 ff.
-9-
-9Mengen von der GGA "unter Vertrag" genommen, nur in 10 Gebieten wurde
das Glas ohne Einschaltung der GGA vermarktet. 17 Selbst für diese 10 Gebiete
versuchte die GGA, den Absatz der hier gesammelten Mengen an die
Glashütten zu übernehmen. Es gelang ihr, die Zahl der Gebiete mit
Eigenvermarktung schließlich auf sieben zu reduzieren, lediglich 30.000 t oder
3 % der Gesamtmenge von 1,1 Mio. t wurden von den Entsorgern nicht über die
GGA vermarktet. Im Protokoll der Beiratssitzung vom 9. März 2005 18 heißt es
wörtlich:
"Punkt 3: DSD Ausschreibung 2005 – 2007
Die GGA hat von der DSD Ausschreibung 2005 bis 2007 rund 1,1
Mio. Tonnen wieder vertraglich an sich binden können. Zurzeit
laufen Verhandlungen mit der Firma Alba um die Verträge für die
Stadt Leipzig sowie drei Ost-Verträge auch noch unter Vertrag zu
nehmen. Somit sind dann nur noch sieben Vertragsgebiete mit
einer Tonnage von ca. 30.000 Tonnen als Eigenvermarkter übrig
geblieben:
2 Gebiete sind bei der Firma Schirmbeck,
1 Gebiet liefert nach Österreich zur Vetropack,
1 nach Holland und
3 weitere Gebiete hat die Firma Alba zur Versorgung Heine
genommen."
13.
In den Liefer- und Abnahmeverträgen verkauft das Entsorgungsunternehmen
die gesammelten Altglasmengen an die GGA und verschafft ihr das
zivilrechtliche Eigentum daran. 19 Die GGA verpflichtet sich zur Übernahme der
Mengen,
entweder
unmittelbar
beim
Entsorger
im
jeweiligen
DSD-
Vertragsgebiet oder an einer von der GGA benannten Ablieferstelle. 20
17
18
19
20
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 9. März
2005, Anlagenordner Bl. 427.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 9. März 2005, Bl. 29.
§ 1 Liefer- und Abnahmevertrag.
§ 2 Liefer- und Abnahmevertrag.
- 10 -
- 10 a)
Festlegung der Altglas-Aufbereitungsanlagen
14.
Bei den Ablieferstellen handelt es sich um Unternehmen, die Altglas in
speziellen Anlagen so aufbereiten, dass es bei der Produktion von Neuglas
eingesetzt
werden
kann.
Die
Zuordnung
von
Sammelgebieten
zu
Aufbereitungsanlagen liegt nach Angaben der GGA weitgehend in der Hand der
mit der Sammlung bzw. der Entsorgung beauftragten Unternehmen. Dies
ergebe sich daraus, dass in ca. 60 % der Fälle die von DSD mit der Sammlung
beauftragten Unternehmen auch über Aufbereitungsanlagen verfügten. Soweit
dies nicht der Fall sei, ergäben sich die Lieferbeziehungen aus den
Gegebenheiten des Entsorgers bzw. aus der Nachfrage der Glasindustrie. Die
GGA strebe allerdings an, weite Frachtwege zu vermeiden, um die
Vorlaufkosten
zu
minimieren.
Die
GGA
versuche
zur
Senkung
der
Transportkosten Mengen in der Weise zu tauschen, dass die jeweiligen
Aufbereitungsanlagen nach wie vor ausgelastet seien, die Entfernungen aber
verkürzt würden. 21
15.
Tatsächlich
übt
die
GGA
insbesondere
im
Hinblick
auf
Entsorgungsunternehmen, die größere Mengen Altglas erfassen und über
eigene Altglasaufbereitungsanlagen verfügen, eine koordinierende Funktion
aus. 22 In Gesprächen mit den Entsorgungsunternehmen steuert die GGA die
Zuordnung der Mengen auf die Aufbereitungsanlagen. Im Protokoll der
Beiratssitzung vom 14. September 2004 23 heißt es nach der Ausschreibung der
Sammel- und Transportaufträge durch DSD:
"Mit den Konzernen und Gruppierungen wurden Gespräche
bereits
aufgenommen.
Hier
liegt
von
RWE
bzw.
Rhenus/Rethmann die mündliche Zusage vor, weiterhin mit der
GGA zusammenarbeiten zu wollen. Rhenus/Rethmann wurde in
diesem Zusammenhang bereits im Vorfeld zugesagt ca. 450.000
Tonnen (Stand 2003 abzüglich des Sammelmengenrückgangs)
auf ihre Anlage zu bringen. Dies ist weniger als der Konzern
Rhenus/Rethmann in Summe sammelt".
21
22
23
Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 16.
Vgl. z.B. die Übersicht über die Vertragssituation ab 2005, Auskunft der GGA vom 23. November 2006,
Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 14. September 2004, Anlagenordner Bl. 108.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 14. September 2004, Bl.
17, Hervorhebung nicht im Original.
- 11 -
- 11 b)
Vergütung der Entsorgungsunternehmen
16.
Die GGA zahlt den Entsorgungsunternehmen für die Überlassung des Altglases
als Kaufpreis eine "Sondervergütung", die auch als "Qualitätsbonus" bezeichnet
wird, von 0,55 €/t für Grünglas, von 4,60 €/t für Braunglas und von 1,15 €/t für
Weißglas. 24 Insgesamt vergütete die GGA im Jahr 2005 auf diese Weise
2,2 Mio. €.
17.
Darüber hinaus übernimmt die GGA die Kosten des Transports zur
Aufbereitungsanlage. Im Regelfall führt das jeweilige Entsorgungsunternehmen
den Transport zur Aufbereitungsanlage selbst durch. Die GGA verpflichtet sich
im
Vertrag
mit
dem
Entsorger,
die
Kosten
des
Transports
zur
Aufbereitungsanlage zu tragen und sagt die Zahlung einer bestimmten
"Frachtvergütung" je Tonne angelieferten Altglases in Abhängigkeit von dem
jeweiligen Sammelgebiet zu. 25 Das Entgelt wird mit dem Entsorger vereinbart.
Die GGA orientiert sich bei der Festlegung der Frachtvergütung an den
durchschnittlichen
Transportentgelten.
Die
Entsorger
rechnen
die
Transportkosten unmittelbar mit der GGA ab. Für diesen "Vorlauf" stellte die
GGA im Jahr 2005 17,2 Mio. € zur Verfügung.
18.
Die GGA übernimmt außerdem für den Entsorger die Führung des
Mengenstromnachweises, mit dem er gegenüber DSD die Erfüllung der
Verwertungsanforderungen der Verpackungsverordnung nachweist. 26
2.
Aufbereitung des Altglases
a)
Aufbereitung für die Gesellschafter
19.
Mit einer Reihe von Aufbereitern hat die GGA unmittelbare Verträge. 27 Diese
Verträge enthalten den Vorbehalt, dass der Aufbereiter mit den Glashütten
individuelle Liefer- und Abnahmeverträge abschließt. Nur für den Fall, dass
Lieferengpässe oder Übermengen bei aufbereitetem Glas auftreten, behält sich
die GGA vor, selbst als Einkäufer von aufbereitetem Glas aufzutreten. 28
Einfluss auf die Aufbereitung und die Auslastung der Aufbereitungskapazitäten
kann die GGA über diese Verträge insofern nehmen, als sie den Aufbereitern
24
25
26
27
28
§ 5 Abs. 3 Liefer- und Abnahmevertrag.
§ 5 Abs. 2 Liefer- und Abnahmevertrag, Anhang zum Liefer- und Abnahmevertrag.
§ 6 Liefer- und Abnahmevertrag.
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 41 f. d.A.
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 53 d.A.
- 12 -
- 12 bestimmte Mindestmengen zur Aufbereitung zusagt. 29 Soweit nicht die GGA im
eigenen Namen Altglas aufbereiten lässt, rufen die Gesellschafter die von ihnen
benötigten
Mengen
Aufbereitungspreis
unmittelbar
(ohne
von
Transport
von
den
der
Aufbereitern
ab.
Aufbereitungsanlage
Der
zur
Glashütte), den die Gesellschafter unmittelbar an die Aufbereiter zahlen, liegt
im Durchschnitt bei 21 – 23 €/t. Die Aufbereiter führen den Transport zu den
Glashütten durch bzw. beauftragen Dritte mit dem Transport und stellen die
Kosten der GGA – und nicht der Glashütte – in Rechnung. 30 Im Jahr 2005
zahlte die GGA insgesamt 10,8 Mio. € "Nachlaufkosten" an die Aufbereiter.
b)
Aufbereitung unmittelbar für die GGA
20.
Für Mengen, die ansonsten nicht von Glashütten verwertet würden, vereinbart
die GGA einen Aufbereitungspreis, um die Mengen dann im Regelfall im
Ausland verwerten zu lassen. Der Anteil der im Auftrag der GGA aufbereiteten
Mengen ist verhältnismäßig gering. Die GGA vereinbarte 2005 für 0,229 Mio. t
bzw. 11,8 % bei einer Gesamtmenge von 1.954.665 t die Aufbereitung im
eigenen Namen. 31
3.
Absatz des Altglases an die Gesellschafter zur Verwertung
21.
Die GGA veräußert das aus der haushaltsnahen Sammlung erworbene Altglas
an ihre Gesellschafter zur Verwertung. Der Preis umfasst die Kosten des
unaufbereiteten Altglases und die Transportkosten vom Sammelgebiet zur
Aufbereitungsanlage
und
von
der
Aufbereitungsanlage
zum
jeweiligen
Produktionsstandort, nicht jedoch die Aufbereitungskosten selbst.
a)
Preissystem der GGA
22.
Die GGA berechnet ihren Gesellschaftern für die von ihnen bezogenen Altglasmengen Tonnagepreise. Darüber hinaus muss jeder Gesellschafter eine
"Grundgebühr"
entrichten,
die
sich
an
der
Produktionsmenge
des
vorangegangenen Jahres orientiert.
29
30
31
Vgl. z.B. den von der GGA vorgelegten Vertrag mit A.: Jährliche Mindestmenge von 150.000 t, Auskunft
der GGA vom 6. September 2006, Bl. 44.
Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 13. Für 6,9 % der Menge erteilt die GGA die Transportaufträge im eigenen Namen.
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 91, 93.
- 13 -
- 13 23.
Das Preisblatt "Altglaspreise 2005" 32 sieht folgende, zuletzt im Jahr 2003
angepassten Entgelte vor: Grünglas: 17,92 €/t, Braunglas: 22,14 €/t, Braunglas
light: 21,37 €/t und Weißglas: 25,83 €/t. Auf diese Preise wird ein Bonus von
0,80 €/t für die DSD-Scherbenannahme des Jahres 2005 gewährt. Darüber
hinaus muss jeder Behälterglashersteller – unabhängig davon, ob er Altglas bei
der Produktion einsetzt oder nicht 33 – eine Grundgebühr von 1,28 €/t zahlen.
Als Berechnungsbasis für die "Grundgebühr" gelten die BehälterglasProduktionszahlen 2004.
b)
Jährliche Festlegung der Altglaspreise durch die Gesellschafter
24.
Grundlage für die Abrechnung der GGA waren ursprünglich gleichlautende
bilaterale Vereinbarungen zwischen der GGA und ihren Gesellschaftern, die
von der GGA und der jeweiligen Glashütte unterzeichnet wurden. Die GGA
verweist insoweit auf die "Vereinbarung über die Altglasabrechnung zwischen
der GGA als Lieferant und den Glashütten als Kunden" 34 , die am 3. Juni 1993
getroffen wurde. Für das Jahr 1994 schloss die GGA ebenfalls gleichlautende
individuelle
Vereinbarungen
mit
den
Behälterglasherstellern. 35
Die
Entgeltstruktur in diesen Vereinbarungen entspricht mit einem von der
Glasfarbe abhängigen Tonnagepreis und einer verbrauchsunabhängigen
"Grundgebühr" dem von der GGA derzeit praktizierten Preissystem.
25.
Inzwischen hat die GGA auf den Abschluss dieser Vereinbarungen mit jedem
Gesellschafter verzichtet. Statt dessen rechnet sie auf Grundlage der Preisliste
unmittelbar
die
Altglasmengen
und
die
Grundgebühr
mit
den
Behälterglasherstellern ab.
26.
Die GGA ermittelt diese Preise, indem sie die an die Entsorger gezahlten
Qualitätsboni und die Transportkosten auf die Gesamtmenge je Glasfraktion
umlegt. Sie erfasst zu diesem Zweck die Frachtsätze für den Transport des
Altglases zur jeweiligen Aufbereitungsanlage (Vorlauf) und für den Transport
des aufbereiteten Altglases zur jeweiligen Glashütte (Nachlauf), die ihr
32
33
34
35
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 78.
Die Befragung der Behälterglashersteller hat ergeben, dass Hersteller von Gläsern mit besonderen
Reinheitsanforderungen wie z.B. im Pharmaziebereich generell kein Altglas einsetzen.
Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 59 f
B 10 – 271/94, Bl. 112 ff. Die Begriffe "Glashütte" und "Behälterglashersteller" werden synonym
verwendet.
- 14 -
- 14 gegenüber abgerechnet werden. 36 Die Glashütten melden der GGA ihrerseits
monatlich die von den Aufbereitern abgerufenen Mengen, so dass ein Abgleich
mit den Abrechnungen der Aufbereiter möglich ist. 37 Die GGA berechnet aus
den Angaben einen durchschnittlichen Tonnagepreis für Vorlauf und Nachlauf,
der im Jahr 2005 bei 18,27 €/t lag.
27.
Die Behälterglashersteller legen in den zuständigen Organen der GGA im
Rahmen der Budgetplanung die Preise jährlich neu fest. Grundlage für die
jeweilige Neufestlegung der Preise ist ein Gesellschafterbeschluss im Rahmen
der Budgetgenehmigung. 38 Dieser Gesellschafterbeschluss beruht auf einer
Entscheidung des Beirates. Die Geschäftsführung prognostiziert in der
Budgetvorlage
die
Altglas-Sammelmengen,
die
Produktionsmengen
der
Gesellschafter und die Abnahmemenge der Behälterglashersteller und definiert
für die drei Glasfarben Scherbeneinsatzquoten. Ausgehend von diesem
Mengengerüst werden die erwarteten Kosten und die aus den Entgelten der
Gesellschafter erwarteten Erlöse einander gegenübergestellt, um die Preisliste
für das Folgejahr zu ermitteln.
28.
Das Budget für 2005 hat der Beirat in der Sitzung am 16. Februar 2005 beraten
und in der Sitzung am 9. März 2005 abschließend genehmigt. 39 Der
Gesellschafterversammlung wurde das Budget am 9. Juni 2005 vorgelegt. 40
29.
Dem Budget 2005 lagen folgende Mengenannahmen zu Grunde: 41
1. Sammelmenge
1.900 – 2.300 tto.
2. Produktionsmenge der Glasindustrie
3.800 – 4.700 tto.
3. Abnahme der Glashütten
1.500 – 1.800 tto.
4. Scherbeneinsatzquote Ziel
770 - 940 tto. 30 - 40 % Weiß
170 - 210 tto. 20 - 30 % Braun
36
37
38
39
40
41
Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 23 ff.
Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 19.
Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 57.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 16. Februar 2005, Bl. 26
ff (Punkt 1.2); Protokoll der Beiratssitzung vom 9. März 2005, Bl. 29 ff. (Punkt 1.2).
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 9. Juni
2005, Bl. 86 ff. (Punkt 7).
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 9. März
2005, Anlagenordner Bl. 412. Die Angaben in der Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 47,
weichen geringfügig davon ab, die Mengen geben den vorläufigen Stand der Beiratssitzung vom 16.
Februar 2005 wieder. Zum Schutz der Geschäftsgeheimnisse der Beteiligten (vgl. Hinweis der GGA in
der Auskunft vom 26. Oktober 2006, Bl. 46) werden nur Spannen genannt. Die Pauschalentgelte und
die Grundgebühr werden in der Preisliste veröffentlicht und sind daher keine Geschäftsgeheimnisse.
- 15 -
- 15 560 - 690 tto. 50 - 60 % Grün
Es sollten 190 - 240 tto. exportiert, 70 - 90 tto. alternativ verwertet
und 180 - 220 tto. deponiert werden.
30.
Das Budget 42 für 2005 ging von folgenden Kosten und Erlösen aus: Mit den
Pauschalentgelten für Altglas sollten Umsatzerlöse von 30 - 40 Mio. € erzielt
werden. 43
Weiß/Absiebung Weiß
Braun
Braun light
Grün
Gesamt
31.
1.000 t
770 - 940
140 - 170
25 - 35
560 - 690
€/t
25,83
22,14
21,37
17,92
Mio. €
20 – 24
2–4
0,5 – 1,5
10 – 12
30 – 40
Hinzu kamen Umsatzerlöse aus der Grundgebühr auf die Produktionsmenge in
Höhe von 4 - 6 Mio. €.
Gesamtproduktion
32.
1.000 t
3.800 – 4.700
€/t
1,28
Mio. €
4–6
Dem standen erwartete Kosten für den Vorlauf, den Nachlauf und den
Qualitätsbonus in Höhe von 25 - 35 Mio. € gegenüber.
Vorlauf
Nachlauf
Qualitätsbonus
Gesamt
33.
1.000 t
1.900 – 2.300
1.500 – 1.900
1.600 – 2.000
€/t
6 - 10
5-9
0,50 - 3
Mio. €
14 – 18
9 – 13
1–4
25 – 35
Für die Mengen, die nicht an Glashütten abgesetzt werden können, wurden
Kosten für den Export und die Zuführung zur alternativen Verwertung in Höhe
von 1 - 4 Mio. € erwartet.
Exporte
Alternative Verwertung
Gesamt
34.
1.000 t
190 - 240
770 - 900
270 - 330
€/t
8 - 12
1-5
6 - 11
Mio. €
1–4
0,1 – 2
1–4
Tatsächlich bezogen die Gesellschafter der GGA im Jahr 2005 für 34,7 Mio. €
Altglas über die GGA und führten 5,4 Mio. € als Grundgebühr an die GGA ab.
Dem standen Kosten für den Vorlauf von 17,3 Mio. €, für den Qualitätsbonus
von 2,2 Mio. €, für den Nachlauf von 10,8 Mio. € und für den Export bzw. die
42
43
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 9. März
2005, Anlagenordner Bl. 414.
Die Angaben sind der Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 50 ff. entnommen. Das vom Beirat
am 9. März 2006 beschlossene Budget weicht geringfügig davon ab.
- 16 -
- 16 alternative Verwertung von 1,5 Mio. € gegenüber. Die Aufzählung ist nicht
vollständig,
insgesamt
erzielte
die
GGA
in
2005
Umsatzerlöse
von
47,3 Mio. €. 44
c)
Koordinierung des Scherbeneinsatzes über den Beirat
35.
Neben förmlichen Entscheidungen dient der Beirat der Koordinierung des
Altglaseinsatzes. Die Gesellschafter werden angehalten, vorrangig Altglas,
insbesondere Grünglas, über die GGA zu beziehen, um Kostenbelastungen
durch
Exporte
der
Beiratsmitglieder
Übermengen
werden
darüber
möglichst
gering
hinaus
zu
halten.
Die
regelmäßig
über
die
Scherbeneinsatzquoten der beteiligten Glashütten informiert
45
und besprechen
Maßnahmen, um die Mengenziele zu erreichen.
36.
In der Unterlage zur Beiratssitzung vom 10. März 2004 46 heißt es z.B.:
"[...]
Scherbeneinsatzquote grünes DSD Glas muss für 2004 > 60 %
liegen.
Notwendige Maßnahmen:
-
Schnellere Produktionsmeldungen der Hütte
-
Permanentes Nachfassen bei Aufbereitern und Glashütten
durch die GGA
Importe von Grünglas möglichst ausschließen. Verhandlungen mit
Rexam Glas laufen."
37.
Im Protokoll der Beiratssitzung vom 14. September 2004 47 wird ausgeführt:
"Herr Thüsing [Vertreter von Rexam] bemängelt die niedrigen
Scherbeneinsatzquoten bei einigen seiner Kollegen. Rexam hätte
44
45
46
47
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl.86 ff. Die GGA übernimmt z.B. auch Transportkosten,
falls Altglasmengen zunächst zu Zwischenlagern gebracht werden ("Zwischenlauf"). Der Aufwand aus
Exporten und alternativer Verwertung wurde mit den entsprechenden Erlösen saldiert.
Vgl. z.B. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 10.
März 2004, Anlagenordner Bl. 16, "Hitliste Scherbeneinsatzquote Grünglas", aus der sich der Anteil des
über die GGA und des über Dritte "freien" von den Gesellschaftern bezogenen grünen Altglases ergibt.
Vgl. auch die Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Übersicht in der Anlage zum Protokoll der
Beiratssitzung vom 8. Juni 2005, Anlagenordner Bl. 484.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 10. März
2004, Anlagenordner Bl. 11.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 14. September 2004, Bl.
16 ff., Hervorhebung nicht im Original.
- 17 -
- 17 die Scherbeneinsatzquote wie vereinbart deutlich erhöht, während
dies bei anderen Hütten nicht erfolgt sei. Die Beiratsmitglieder
sichern nochmals zu, in ihren Häusern dafür zu sorgen, dass
Grünglas hauptsächlich aus DSD Glas geschmolzen wird und die
Scherbeneinsatzquoten insgesamt auf ein Maximum gebracht
werden. Herrn Brauck [Geschäftsführer der GGA] wird auf
Rückfrage bestätigt, dass die niedrigen Scherbeneinsatzquoten
kein Problem des Preises seien, eine Preisreduzierung für
Grünglas
würde
deshalb
zu
keiner
Erhöhung
der
Scherbeneinsatzquoten führen."
38.
Im Protokoll der Beiratssitzung vom 24. November 2004 48 heißt es:
"Herr Thüsing zeigt sich unzufrieden darüber, dass im Gegensatz
zu
Rexam
die
anderen
Glashütten
ihren
DSD-Grünglas
Scherbeneinsatz nicht gesteigert haben. Er fordert deshalb
nochmals deutlich seine Kollegen auf, dem Beispiel von Rexam zu
folgen. Die Beiratsmitglieder werden in ihren Häusern nochmals
darauf drängen die Grünglaseinsätze zu steigern."
39.
Die Geschäftsführung der GGA war bemüht, die
geplanten Einsatzmengen
einzuhalten. Im Protokoll der Beiratssitzung vom 8. Juni 2005 heißt es 49 :
"Herr Brauck [Geschäftsführer der GGA] stellt die Zahlen dar und
weist
insbesondere
darauf
hin,
dass
sich
die
Scherbeneinsatzquote von Grün unter den geplanten Werten
bewegt. Er appelliert nochmals an alle Beiratsmitglieder, dafür
Sorge zu tragen, dass bevorzugt GGA Glas eingesetzt wird."
40.
Die GGA versuchte auch, die freie Vermarktung von Glasmengen durch die
Glassammler zu verhindern. Im Protokoll der Beiratssitzung vom 19. Januar
2006 heißt es hierzu:
"Herr Streubel [Vertreter der GGA] berichtete, dass einzelne
Entsorger versuchen Braun- bzw. Weißglas an der GGA vorbei als
freie Mengen zu vermarkten. Diese Entsorger sind angeschrieben
48
49
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 24. November 2004, Bl.
22 ff.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 8. Juni 2005, Bl. 37 ff.,
Hervorhebung nicht im Original.
- 18 -
- 18 worden. Daraufhin hat sich die Situation etwas verbessert. Leider
ist
es
nur
sehr
schwer
nachweisbar,
wenn
Entsorger
Vertragsmengen frei vermarkten. Die GGA ist insbesondere auf
die Mithilfe der Glashütten mit eigener Aufbereitung angewiesen.
Die GGA wird deshalb auf der nächsten Beiratssitzung eine Liste
mit den Unternehmen verteilen, die sehr wenig Sammelmenge in
den Farben Braun bzw. Weiß anliefern." 50
V.
Eigene Modelle der GGA zu ihrer künftigen Tätigkeit
41.
Aus den Protokollen der Organe der GGA, insbesondere aus den Niederschriften der Beiratssitzung ist erkennbar, dass die Gesellschafter der GGA
auch künftig beabsichtigen, Altglas zentral über die GGA zu beziehen.
1.
Vermarktung des Altglases durch DSD
42.
Mit der Ausschreibung 2006 (Zeitraum 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2009)
änderte DSD ihre bisherige Praxis der Altglasverwertung. Während bisher das
mit der Sammlung und dem Transport von Altglas beauftragte Entsorgungsunternehmen Eigentümer des Altglases wurde und es im Regelfall über die
GGA der Verwertung zuführt, erwirbt nunmehr DSD Eigentum an den
Altglasmengen und vermarktet diese im Rahmen eines Auktionsverfahrens.
DSD schrieb eine Altglasmenge von insgesamt mehr als 800.000 t in über 200
Gebieten aus. Um unwirtschaftliche Verkaufspreise zu verhindern, ermittelte
DSD Mindestpreise für die Vertragsgebiete, die bei der Abgabe von Angeboten
einzuhalten waren. Die Mindestpreise berechnete DSD auf Basis einer
Kalkulation, in der für den Kaufpreis relevante Faktoren wie Lage des Gebiets
zu Aufbereitungsanlagen bzw. Glashütten berücksichtigt wurden. Zwischen
dem 3. April 2006 und dem 19. Mai 2006 konnten Angebote abgegeben werden. Für mehr als 80 % der ausgeschriebenen Gebiete wurden wirtschaftliche
Angebote
abgegeben,
für
die
restlichen
Gebiete
musste
DSD
Nachverhandlungen führen. DSD schloss die Auktion im Juli 2006 ab. Zu ca.
90 % haben Entsorgungsunternehmen das Altglas aufgekauft, mit der Absicht,
es nach Aufbereitung an Glashersteller weiterzuveräußern. 51 DSD hat am
7. Mai 2007 nach dem gleichen Muster wie 2006 auch die Glasmengen, die
50
51
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 19. Januar 2006, Bl. 52
ff.
Schreiben des Bevollmächtigten der DSD vom 8. Juni 2006, B 4 – 1007/06.
- 19 -
- 19 derzeit noch über die GGA an Glashütten abgesetzt werden, für die Jahre 2008
und 2009 ausgeschrieben. 52
2.
Neue Geschäftsmodelle der GGA
43.
Die GGA beabsichtigt, auch in Zukunft für ihre Gesellschafter gemeinsam Altglas zu beschaffen. Nachdem sich abzeichnete, dass DSD von der bisherigen
Praxis abgehen würde und Altglas selbst als Sekundärrohstoff anbieten würde,
führten die Vertreter der GGA Gespräche mit DSD. Ziel dieser Gespräche war
es, das im Auftrag der DSD gesammelte Altglas zentral über die GGA an die
Gesellschafter abzusetzen. In einer Notiz zu einem Gespräch am 8. Dezember
2005 53 , in dem DSD seine Absicht darstellte, das Altglas zum Verkauf
anzubieten, heißt es hierzu seitens der GGA:
"Nach längerer Diskussion kristallisierte sich heraus, dass
ernsthaft
nur
bieten
kann,
wer
eine
Abnahme-
und
Verwertungsgarantie für die Mengen über drei Jahre abgeben
kann. Dies kann kein Aufbereiter alleine, er muss sich durch
Verträge absichern. Diese Garantien kann nur die Glasindustrie
gemeinsam abgeben. GGA wird nicht für die Rohmengen bieten.
GGA kann aber den Aufbereitern eine Abnahmegarantie für eine
bestimmte Menge bzw. einen bestimmten Preis geben. Dies kann
ggf. auch für ganz Deutschland sein."
44.
Die GGA betrachtete zwei Modelle. 54 Als Modell 1A bezeichnete sie die Übernahme der gesamten Altglasmenge von DSD, um sie dann im eigenen Namen
aufbereiten zu lassen und an ihre Gesellschafter zu einheitlichen Bedingungen
weiterzuveräußern. Die Aufbereitungsverträge wollte GGA ausschreiben. Im
Modell 1B veräußerte DSD das Altglas an Aufbereiter, von denen es dann die
GGA zum Weiterverkauf an ihre Gesellschafter erwerben sollte. Die Nachlaufkosten (Kosten des Transports von der Aufbereitungsanlage zur Produktionsstätte) sollten in beiden Modellen die Gesellschafter individuell tragen.
45.
52
53
54
Zu beiden Modellen heißt es:
Vgl. die Mitteilung unter www.dsd-ausschreibung.de.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 14.
Dezember 2005, Anlagenordner Bl. 575.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 19. Januar
2006, Bl. 590 f.
- 20 -
- 20 "Glaskreislauf kann nur eine kollektive Aufgabe der Glasindustrie
sein.
Abnahmegarantien können nicht von einzelnen Hütten gegeben
werden:
Ungewissheit
über
Produktionsprogramm/
Produktionsstandort, Unsicherheit im Bedarf, Schwankungen im
Farbmix.
GGA kann Abnahmegarantie geben, da die Glashütten ihre
Eigentümer sind.
GGA kann Abnahmeschwankungen der Hütten ausgleichen, kann
für Übermengen die Verwertung sicherstellen.
[...]
GGA verkauft Hütten aufbereitete Ware ab Aufbereiter. Hütten
regeln Nachlauffracht individuell.
[...]"
46.
Am 15. Februar 2006 stellten Vertreter der GGA der Beschlussabteilung das
beabsichtigte weitere Vorgehen dar. 55 Die Beschlussabteilung machte deutlich,
dass der gemeinsame Einkauf von Altglas über die GGA in ihrer bisherigen
Struktur gegen Art. 81 EG und § 1 GWB verstößt.
47.
In der Beiratssitzung am folgenden Tag wurde beschlossen, dem Bundeskartellamt mitzuteilen, dass die GGA rechtlich und wirtschaftlich verselbständigt
werden soll. Außerdem sollte mitgeteilt werden, dass sich die GGA an der Altglasausschreibung im Jahr 2007 beteiligen wolle. 56 Tatsächlich teilte die GGA
diesen
Punkt
22. Februar 2006
der
57
Beschlussabteilung
in
ihrem
Schreiben
vom
nicht mit, sondern stellte nur allgemein dar, dass die
Gesellschafterstruktur in einer Weise geändert werden solle, dass keine
kartellrechtlichen Probleme mehr bestehen. Die Beschlussabteilung gab im
Schreiben vom 15. März 2006 Hinweise, welche Voraussetzungen erfüllt sein
55
56
57
B 10 – 39/99, Bl. 371 d.A.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 16. Februar 2006, Bl. 55
f.
B 10 – 39/99, Bl. 372 ff. d.A.
- 21 -
- 21 müssen, um den andauernden Verstoß gegen Art. 81 EG und § 1 GWB
abzustellen. 58
48.
Die Beschlussabteilung entnahm einem Presseartikel vom 21. März 2006 59 ,
dass die GGA den Aufbereitern Angebote für die Übernahme von Altglas
machen wollte. Sie wies die GGA mit Schreiben vom 27. März 2006 darauf hin,
dass ein solches Vorgehen gegen Art. 81 EG und § 1 GWB verstößt und dass
sie im Rahmen eines Bußgeldverfahrens Geldbußen verhängen kann. 60 GGA
erklärte mit Schreiben vom 31. März 2006, die Gesellschaft umstrukturieren zu
wollen, im Vorgriff auf diese Umstrukturierung aber bereits beabsichtige, zum
gegenwärtigen Zeitpunkt Aufträge entgegenzunehmen. 61 Im Übrigen berief sich
die GGA auf die "Duldung" des kartellrechtswidrigen Zustandes durch die
Beschlussabteilung.
49.
Auf der Beiratssitzung am 5. April 2006 62 wurden als eine Handlungsalternative
die rechtliche Verselbständigung der GGA, wie sie mit Schreiben vom
22. Februar 2006 an die Beschlussabteilung angekündigt worden war, dargestellt. Daneben wurde erörtert, dass die GGA nach eigener Einschätzung als
Kartell gem. Art. 81 Abs. 3 freigestellt sei. Wörtlich heißt es zu dieser
Alternative:
"Sodann trägt Herr Stroetmann seine Überlegungen vor, wie die
GGA verfahren solle, wenn keine Privatisierung erfolgt. Die GGA
steht auf dem Standpunkt, dass sie kartellrechtlich erlaubt, d.h.
freigestellt ist. Der Systemwechsel im Kartellgesetz erlaubt eine
kartellrechtliche
Selbsteinschätzung.
Hierüber
hat
Herr
Dr.
Schroth ein Papier vorgelegt, das ebenfalls zu dem Ergebnis
kommt, dass die GGA nach Art. 81 Abs. 3 EG freigestellt ist. Herr
Stroetmann weist auf die Erfüllung der Kriterien dieser Vorschrift
(angemessene Beteiligung der Verbraucher, Verbesserung der
Warenerzeugung)
hin.
Er
erläutert
auch
den
Gang
des
Verfahrens, falls es zu einer Untersagungsverfügung kommt.
Hiergegen müsste Beschwerde zum OLG eingelegt werden,
58
59
60
61
62
B 10 – 39/99, Bl. 377 ff. d.A.
Euwid Re vom 21. März 2006, S. 16, B 10 – 39/99, Bl. 383 d.A.
B 10 – 39/99, Bl. 380 d.A.
B 10 – 39-99, Bl. 384 ff. d.A.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung am 5. April 2006, Bl. 57 ff.
- 22 -
- 22 wobei ein solches Rechtsmittel üblicherweise aufschiebende
Wirkung hat."
50.
Mit Schreiben vom 6. April 2006 wies die Beschlussabteilung die GGA darauf
hin, dass sie sich nicht auf eine kartellrechtliche Duldung ihrer Tätigkeit berufen
könne, soweit sich ihre Tätigkeit nicht auf Glasmengen beschränke, die DSD
vor dem 1. Januar 2006 ausgeschrieben habe. 63 Am 26. April 2006 führten
Vertreter der GGA und der Beschlussabteilung ein weiteres Gespräch im
Bundeskartellamt. 64 Die Beschlussabteilung erklärte, sie werde im Rahmen
ihres Ermessens nur insoweit nicht gegen die GGA vorgehen, als sich die
Tätigkeit der GGA auf Glasmengen der DSD-Ausschreibungen vor dem
1. Januar 2006 erstreckten. Die GGA sagte zu, sich an der Ausschreibung des
Jahres 2006 nicht zu beteiligen. Im Übrigen machte sie deutlich, dass sie den
Lösungsansatz eines Gesellschafterwechsels weiterverfolge, hierfür aber einen
Zeitraum von 1 – 2 Jahren für notwendig halte. Die Beschlussabteilung erklärte,
dass vor dem Hintergrund der seit langem bekannten kartellrechtlichen
Problematik dieser Zeitraum zu lang sei.
51.
Am 18. Mai 2006 beschloss der Beirat, vorrangig darauf zu setzen, dass die
GGA gem. Art. 81 Abs. 3 EG freigestellt sei. Im Protokoll der Sitzung heißt es
wörtlich 65 :
"Folgendes wurde einstimmig beschlossen:
Der Beirat empfiehlt der Gesellschafterversammlung folgendes zu
beschließen:
Die Geschäftsführung der GGA solle dem Kartellamt gegenüber
erklären, dass die GGA zu dem Schluss gekommen sei, dass sie
als Kartell freistellungsfähig sei. Unabhängig davon soll die Option
Gesellschafterwechsel weiter verfolgt werden. Dazu soll ein
Schreiben an das Kartellamt mit folgenden Eckpunkten verfasst
werden:
GGA hat nicht an der DSD-Ausschreibung teilgenommen.
GGA muss Handlungsfähigkeit zurückgewinnen.
63
64
65
B 10 – 39/99, Bl. 390 f. d.A.
B 10 – 39/99, Bl. 399 ff. d.A.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung am 18. Mai 2006, Bl. 62 ff.
- 23 -
- 23 Selbsteinschätzung: GGA ist kein Kartell.
Unabhängig
davon
Ausarbeitung
eines
Modells
für
den
Gesellschafterwechsel.
GGA wird dann wieder in direkte Verhandlungen mit den
Aufbereitern treten."
52.
Am 19. Mai 2006 nahm die Gesellschafterversammlung diesen Beschluss an. 66
Mit Schreiben vom 24. Mai 2006 67 teilte die GGA der Beschlussabteilung mit,
sie werde nach Ende der DSD-Ausschreibung am 19. Mai 2006 wieder als
Scherbenhändler aktiv und berief sich hierzu auf eine angebliche pauschale
Duldung bis zum 31. Dezember 2006. Im Übrigen sei sie zu dem Ergebnis
gekommen, dass die Voraussetzungen der Freistellung vom Kartellverbot
vorlägen. Die Beschlussabteilung wies mit Schreiben vom 26. Mai 2006 68
darauf hin, dass sie diese Auffassung nicht teile und auch keine Duldung dieser
Tätigkeit erfolgt sei und forderte die GGA auf, bis zum 9. Juni 2006 mitzuteilen,
ob beabsichtigt sei, Glasmengen aus den im Jahr 2006 ausgeschriebenen
DSD-Vertragsgebieten zu vermarkten. Gleichzeitig wurde um Vorlage des
Gutachtens gebeten. Mit Schreiben vom 9. Juni 2006 erklärte die GGA, sie
gehe davon aus, ihre Tätigkeit sei bis Ende des Jahres geduldet. Im Übrigen
sehe sie die Freistellungsvoraussetzungen als erfüllt an. Sie legte zwei
Stellungnahmen zu dieser Frage bei.
53.
Auf der Beiratssitzung am 4. Juli 2006 69 wurden verschiedene Möglichkeiten
einer
Neustrukturierung
Entsorgungsunternehmen
der
mit
GGA
erörtert.
Eko-Punkt
ein
Remondis,
eigenes
das
als
haushaltsnahes
Sammelsystem aufbaut, war ebenfalls vertreten und erläuterte Möglichkeiten
eines haushaltsnahen Sammelsystems für Glasverpackungen. Wörtlich heißt es
im Protokoll:
"Die Herren Conzendorf und Wilms von Remondis/Eko-Punkt
stellten
ihr
Konzept
für
ein
System
nach
§
6.3
der
Verpackungsverordnung vor. Eko-Punkt hat aktuell für das
Bundesland Hamburg die Freistellung als System nach § 6.3
66
67
68
69
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Gesellschafterversammlung am 19. Mai
2006, Bl. 97 ff.
B 10 - 39/99, Bl. 406 ff. d.A.
B 10 – 39/99, Bl. 412 f. d.A.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung am 4. Juli 2006, Bl. 65 ff.
- 24 -
- 24 erhalten. Es wurde dargelegt, dass Kosteneinsparungen von ca. 6
€/t für den Lizenznehmer und 3 €/t für die Glasindustrie
(Reduzierung der Frachten und der Aufbereitungskosten) zu
erzielen
wären.
Die
zur
Zeit
im
Raum
stehenden
Kostenerhöhungen für die Glasindustrie würden zudem entfallen.
In der Entsorgung liegen insbesondere bei den Nebenentgelten an
die Kommunen, Sammelentgelten und der Logistik Einspar- bzw.
Optimierungspotentiale. Voraussetzung wäre ein Anschlussgrad
von ca. 80 % der Lizenzmenge. Das System könnte frühestens
mit Beginn des Jahres 2008 starten."
54.
Der Beirat sagte eine Prüfung des Konzepts zu.
55.
Die Beschlussabteilung informierte die GGA mit Schreiben vom 10. Juli 2006 70
über die Einleitung des Untersagungsverfahrens. Dies veranlasste die GGA
nicht, den Prozess der Umstrukturierung mit dem Ziel, eine kartellrechtlich
unbedenkliche Form zu finden, zu forcieren. Am 1. August 2006 stand der
Punkt
einer
gesellschaftsrechtlichen
Umstrukturierung
erneut
auf
der
Tagesordnung des Beirates, ohne dass die Beiratsmitglieder ein Ergebnis
erzielten. 71
Am 27. September 2006 72
fand sich das Thema eines
Gesellschafterwechsels nicht mehr auf der Tagesordnung des Beirats.
Stattdessen beauftragte der Beirat die Geschäftsführung, Gespräche über den
Aufbau
eines
gemeinsamen
Systems
zur
haushaltsnahen
Sammlung
gebrauchter Verkaufsverpackungen aus Glas zu führen. Wörtlich heißt es:
"Der Beirat beauftragt die Geschäftsführung der GGA mit den
möglichen Partnern für ein gemeinsames 6.3 System Gespräche
aufzunehmen. Herr Mous [Vertreter von O-I] gibt einen kurzen
Überblick über den Stand in den Niederlanden. Hier ist ein System
installiert worden, in welchem die Glasindustrie einen sehr starken
Einfluss hat. Die GGA wird Herrn Dr. Schroth über dieses System
berichten. Herr Mous wird nähere Daten zur Verfügung stellen."
70
71
72
Bl. 1 ff. d.A.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung am 1. August 2006, Bl. 68 ff.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung am 27. September 2006, Bl.
70 ff.
- 25 -
- 25 56.
In einer Unterlage zu dieser Beiratssitzung 73 werden die verschiedenen Alternativen dargestellt. Die Möglichkeit eines Systems zur Selbstentsorgung gem. § 6
Abs. 1 VerpackV und eines Systems zur haushaltsnahen Sammlung gem. § 6
Abs. 3 VerpackV werden erörtert, wobei die Beteiligten davon ausgehen, dass
eine Selbstentsorgungslösung kurzfristig nicht in Betracht kommt. Favorisiert
wird die Kooperation mit einem bestehenden System zur haushaltsnahen
Sammlung
von
Verkaufsverpackungen.
Als
möglicher
Partner
der
Glassindustrie wird Landbell genannt. Wörtlich 74 heißt es:
"Partnering
- Landbell would be our first choice
- Meeting planned Ocotber 5th for other reasons.
- Possibilities
- Joint venture Glass industry / Landbell for glass
- Landbell brings in Know how and coverage
- Glass industry:
- Customer or Producer pays for license
- Recycling standards and specs
- Proof of quantity flows
- In the last case huge market share could be reached.
Advantages dual system glass
- No stress cartell office (competition of dual systems)
- Avoid DSD minimum prices by influencing the tender
- Get glass back in the glass industry – at least German
production
- Chance to reform collection system as Remondis proposed
- Transparency in licencing for local and partly European
production."
73
74
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am
27. September 2006, Bl. 766 ff.
Auskunft vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 27. September 2006,
Anlagenordner, Bl. 770 f.
- 26 -
- 26 3.
Verhandlungen mit Vertragspartnern der DSD über die Übernahme des
Altglases für den Zeitraum 2007 - 2009
57.
Die GGA hat parallel Verhandlungen mit den Vertragsnehmern der DSD für die
Übernahme und Verwertung des Altglases im Zeitraum von 2007 bis 2009
geführt. Die GGA ermittelte die konkret auf die Vertragspartner der DSD entfallenden Altglasmengen und die von DSD verlangten Mindestpreise. 75 In der
Beiratssitzung am 1. August 2006 werden den Teilnehmern "Scherbenpreisvorstellungen am Markt" vorgelegt. 76 Unmittelbar nach Beendigung des DSD-Ausschreibungsverfahrens im Juli 2006 trat die GGA in Verhandlungen mit den
Vertragspartnern der DSD über die Konditionen zur Vermarktung des Glases
ein.
58.
Am 25. Juli 2006 fand ein Gespräch zwischen Vertretern von C. und der GGA
statt. C. bot der GGA den Verkauf des von der DSD übernommenen Altglases
zu [...] €/t (Grünglas), [...] €/t (Braunglas) und [...] €/t (Weißglas) an. 77 Die GGA
schätzte die von C. geforderten Preise als zu hoch ein, zeigte sich aber bereit,
zu verhandeln. In der Beiratssitzung am 1. August 2006 wurde dieses Angebot
mit den aktuellen Konditionen verglichen. 78 Im Ergebnis betrachteten die
Behälterglashersteller das Angebot als unzureichend, weil die zu Grunde
liegende Kalkulation auf der Annahme beruhte, dass nur noch zwei Glashütten
statt bislang sechs beliefert würden. Nach Angaben von DSD 79 erfüllen alle
Vertragspartner, die im Jahr 2006 Altglas erworben haben, ihre vertraglichen
Verwertungspflichten. Es ist deshalb davon auszugehen, das auch C. die
Mengen absetzen konnte.
59.
Am 27. Juli 2006 führten Vertreter der GGA mit dem Unternehmen H.
Verhandlungen. H. machte keine konkreten Angebote; im Gesprächsvermerk 80
wird aber eine Preisvorstellung von [...] €/t für das aufbereitete Glas bei Lieferung an die Glashütte genannt. Dieses Angebot betrachtete die GGA ebenfalls
als zu teuer.
75
76
77
78
79
80
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 1. August
2006, Anlagenordner, Bl. 717 ff.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 1. August
2006, Anlagenordner, Bl. 721.
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl 113 f.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 1. August
2006, Bl. 723.
Email vom 24. Mai 2007, Bl. 1.095 d.A.
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 115.
- 27 -
- 27 60.
Über weitere Verhandlungen wurde in der Beiratssitzung am 27. September
2006 berichtet. 81 Zum allgemeinen Stand heißt es:
"Offers done to collectors
Meetings with processors planned in October."
61.
In der Beiratssitzung am 24. Oktober 2006 82 wird unter dem Oberpunkt "Stand
Verhandlungen für Verträge 2007 – 2009" Folgendes aufgeführt:
"Meetings and first new contract discussion with
Cleanaway
Alba
Reiling
Remondis
Meetings scheduled with
Tönsmeier
GRI
GRL
Sita"
B.
Verfahrensgang
62.
Die Beschlussabteilung hat Vertretern der GGA und insbesondere dem
Verfahrensbevollmächtigten der GGA seit Anfang 1999 deutlich gemacht, dass
sie die GGA als Einkaufskartell der Behälterglasindustrie betrachtet. Die GGA
wurde auch darauf hingewiesen, dass die Freistellungsvoraussetzungen des
§ 7 GWB a.F. bzw. § 2 GWB und des Art. 81 Abs. 3 EG bei einem Kartell, das
den gesamten Altglasmarkt umfasst, kaum erfüllt sein können. 83 Die GGA sagte
zu, Lösungen zu entwickeln, beschränkte sich tatsächlich aber darauf, sich
allgemein zum Verhältnis zwischen Verpackungsverordnung und
GWB zu
äußern. 84 Mit Vertretern der GGA hat die Beschlussabteilung u.a. am 7. August
81
82
83
84
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am
27. September 2006, Anlagenordner Bl. 773 ff.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 24. Oktober
2006, Anlagenordner Bl. 812.
Vgl. B 10 – 39/99, Bl. 61 f. d.A.
B 10 – 39/99, Konzeptpapier vom 6. April 2000, Bl. 96 ff. d.A.
- 28 -
- 28 2002 85 , am 10. Juni 2003 86 , am 15. Oktober 2003 87 und am 30. März 2004 88
Gespräche
geführt,
in
denen
sie
stets
deutlich
machte,
dass
die
kartellrechtlichen Bedenken nur durch eine Umstrukturierung der GGA
ausgeräumt werden können. Insbesondere den Vorschlag der GGA, ein
separates System zur haushaltsnahen Sammlung von Verpackungen aus Glas
durch die Behälterglasindustrie aufzubauen, wies die Beschlussabteilung
zurück, weil dies die Ausweitung des Nachfragekartells auf die der Verwertung
vorgelagerten Märkte bedeutet hätte. 89 Die GGA sagte mehrfach zu,
Lösungsmodelle zu entwickeln, musste aber schließlich mit Schreiben vom
4. August 2004 90 aufgefordert werden, ein Konzept vorzulegen. Daraufhin
übersandte die GGA mit Schreiben vom 17. September 2004 eine
Stellungnahme,
die
sich
im
Wesentlichen
darin
erschöpfte,
die
der
Beschlussabteilung bereits bekannten Argumente für die Rechtmäßigkeit des
von der GGA praktizierten Modells zu wiederholen. Der GGA wurde mitgeteilt,
dass sich die Einschätzung der Beschlussabteilung nicht geändert habe. 91 In
einem Gespräch am 23. November 2004 92 sagte die GGA erneut zu,
Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.
63.
Anfang 2006 kündigte die GGA dann an, die gesamte von der DSD für den
Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2009 ausgeschriebene
Altglasmenge
aufkaufen
zu
wollen. 93
DSD
beabsichtigte
in
dieser
Ausschreibung zum ersten Mal, Eigentum am Altglas zu erwerben und es an
Dritte weiterzuveräußern. Ohne die Koordinierung des Altglaseinkaufs über die
GGA war zu erwarten, dass die Glashütten in Wettbewerb um aufbereitetes
oder unaufbereitetes Altglas treten würden. In mehreren Gesprächen und
Schreiben wies die Beschlussabteilung deshalb darauf hin, dass sie den Erwerb
des
Altglases
durch
die
in
der
GGA
zusammengeschlossenen
Behälterglashersteller als Verstoß gegen Art. 81 EG und § 1 GWB betrachte.
85
86
87
88
89
90
91
92
93
B 10 – 39/99, Bl. 210 f. d.A.
B 10 – 39/99, Bl. 230 ff. d.A.
B 10 – 39/99, Bl. 236 ff. d.A.
B 10 – 39/99, Bl. 267 ff. d.A.
B 10 – 39/99, Bl. 230 ff. d.A.
B 10 – 39/99, Bl. 281 d.A.
B 10 – 39/99, Bl. 282 ff. d.A.
B 10 – 39/99, Bl. 346 ff. d.A.
B 10 – 39/99, Bl. 371 d.A.
- 29 -
- 29 Dieser Schriftverkehr ist oben im Zusammenhang mit den von der GGA
entwickelten Zukunftsmodellen dargestellt worden. 94
64.
Die Beschlussabteilung hat der GGA schließlich mit Schreiben vom 10. Juli
2006 mitgeteilt, dass sie gestützt auf Art. 81 EG und § 1 GWB ein
Untersagungsverfahren eingeleitet hat.
65.
Die Europäische Kommission wurde am 11. Juli 2006 nach Art. 11 Abs. 3 der
Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2003 zur
Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrages niedergelegten
Wettbewerbsregeln
(im
Folgenden:
VO
1/03) 95
Nr.
über
die
Verfahrenseinleitung unterrichtet. Am 23. Februar 2007 wurde die Europäische
Kommission
gem.
Art.
11
Abs.
4
VO
Nr.
1/03
informiert.
Die
Landeskartellbehörden sind mit Schreiben vom 4. April 2007 gem. § 49 Abs. 1
GWB unterrichtet worden.
66.
Von der GGA und ihren Gesellschaftern sind mehrfach Auskünfte zur
Aufklärung des Sachverhalts verlangt worden. Mit Schreiben vom 12. Februar
2007 hat die Beschlussabteilung den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt, dass der
gemeinsame Einkauf von Altglas über die GGA gegen § 1 GWB und Art. 81 EG
verstößt, und die Gründe im Einzelnen dargelegt. Den Verfahrensbeteiligten
wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 5. März 2007 gewährt. Die Frist
wurde zunächst bis zum 19. März 2007, dann bis zum 10. April 2007 verlängert.
Gegenüber den Beteiligten zu 15. – 16. ist die Frist ein weiteres Mal bis zum
20. April 2007 verlängert worden.
67.
Die Beteiligten zu 1. – 14. haben mit Schreiben vom 10. April 2007 Stellung
genommen, die Beteiligten zu 15. – 16. haben mit Schreiben vom 20. April 2007
Stellung genommen. Am 8. Mai 2007 ist dem Geschäftsführer der Beteiligten zu
1. und den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. – 14. die
Einschätzung der Beschlussabteilung mündlich dargelegt worden.
68.
Bereits mit Schreiben vom 26. Februar 2007 teilte die GGA mit, sie habe am
22. Februar 2007 die Roland Berger Strategy Consultant GmbH, München,
beauftragt, die "aus dem bereits vorgelegten Zahlenwerk" ablesbaren
Auswirkungen
der
Tätigkeit
Freistellungsvoraussetzungen
94
95
vom
der
GGA
Kartellverbot
mit
Blick
noch
auf
genauer
die
zu
Vgl. i.E. oben A.V.2.
ABl. EG Nr. L 1/2003, S. 1
- 30 -
- 30 quantifizieren. Es wird ausgeführt, der Auftrag zur Erstellung des Gutachtens
habe nicht früher erteilt werden können, da die GGA erst mit Schreiben vom
12. Februar 2007 erfahren habe, dass die Untersagung der Tätigkeit der GGA
beabsichtigt sei. Auf das Schreiben der Beschlussabteilung vom 10. Juli 2006,
in dem es wörtlich heißt, dass "ein Untersagungsverfahren" gegen die GGA auf
Grundlage des § 32 GWB i.V.m. § 1 GWB, Art. 81 EG eingeleitet worden sei,
wird nicht eingegangen. In dem genannten Schreiben vom 26. Februar 2007
wird die Vorlage des Gutachtens für Mitte April 2007 angekündigt. Mit
Schreiben vom 16. Mai 2007, beim Bundeskartellamt eingegangen am 21. Mai
2007,
ist
das
Gutachten
von
Roland
Berger
in
Form
einer
Abschlusspräsentation der Beschlussabteilung vorgelegt worden. 96
C.
Rechtliche Würdigung
69.
Der
Gesellschaftsvertrag
Behälterglashersteller,
der
GGA
insbesondere
und
in
den
das
Zusammenwirken
Organen
der
GGA,
der
zum
gemeinsamen Einkauf von Altglas verstoßen gegen Art. 81 EG und § 1 GWB.
Die GGA hat die Funktion eines Einkaufskartells für Altglas aller im Inland
tätigen Hersteller von Behälterglas. Das Kartell verhindert, dass sich ein freier
Markt für Altglas aus haushaltsnahen Sammlungen entwickelt.
I.
Vereinbarung zwischen Unternehmen
70.
Der Gesellschaftsvertrag der GGA 97 in der Fassung vom 3. März 2003 und die
im Beirat und der Gesellschafterversammlung von den Gesellschaftern gemeinsam getroffenen Entscheidungen stellen Vereinbarungen zwischen Unternehmen i.S.v. Art. 81 Abs. 1 EG und § 1 GWB dar. Eine solche Vereinbarung setzt
eine
Vereinbarung
zwischen
mindesten
zwei
Parteien
voraus,
deren
Ausdrucksform unerheblich ist, sofern sie den Willen der Parteien getreu
wiedergibt. 98
1.
Die Vereinbarung
71.
Der Gesellschaftsvertrag als zivilrechtlich bindender Vertrag zwischen den
Behälterglasherstellern erfüllt diese Voraussetzungen. Der gemeinsame Wille,
sich auf dem Markt in bestimmter Weise zu verhalten, ergibt sich bereits aus
96
97
98
Bl. 979 ff. d.A.
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 11 ff.
EuGH, Rs. C-2/01, Slg. 2004, 23 (Rn. 97) – Adalat.
- 31 -
- 31 der Beschreibung des Unternehmensgegenstandes, wonach Gegenstand des
Unternehmens die Übernahme von Aufgaben nach der Verpackungsverordnung, insbesondere Einkauf, Verkauf, Sammlung, Aufbereitung und Verteilung
von gebrauchten Verkaufsverpackungen aus Glas sowie die Sicherstellung von
deren Verwertung ist. 99
72.
Aber auch die gemeinsamen Entscheidungen der Behälterglashersteller in den
Organen der Gesellschaft 100 erfüllen die Voraussetzungen einer Vereinbarung
i.S.d. Art. 81 EG Abs. 1 bzw. § 1 GWB. Insbesondere beschließen die
Behälterglashersteller im Beirat die Mengen- und Budgetplanung, die für die
Festsetzung
der
Altglaspreise
maßgeblich
ist. 101
Auf
der
Gesellschafterversammlung billigen die Behälterglashersteller diese im Beirat
getroffenen Beschlüsse, ohne wesentliche Änderungen vorzunehmen. 102
Darüber hinaus koordinieren die Behälterglashersteller im Beirat den Einsatz
von Altglas und tragen dafür Sorge, dass die definierten Einsatzquoten erreicht
werden. 103 Über den Beirat bzw. die Geschäftsführung wird auch die
Zuordnung der Glasmengen zu den Aufbereitungsanlagen bzw. den Glashütten
koordiniert. 104
73.
Die Frage, ob einzelne der o.g. Entscheidungen der Gesellschaftsorgane auch
als Beschlüsse einer Unternehmensvereinigung zu betrachten sind, muss nicht
abschließend geklärt werden. Denn jedenfalls stellen sie Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern dar, die deren Einkaufsverhalten auf den
Altglasmärkten koordinieren.
2.
Das Umweltrecht verpflichtet die Beteiligten nicht zu einem
Einkaufskartell
74.
Vorschriften des KrW-/AbfG bzw. der VerpackV verpflichten die Beteiligten
nicht,
gemeinsam
Altglas
aus
der
haushaltsnahen
Sammlung
von
Verkaufsverpackungen einzukaufen. Die Beteiligten können sich nicht auf den
99
100
101
102
103
104
§ 2 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag.
§ 4 Gesellschaftsvertrag.
Vgl. für das Budget 2005 die Protokolle der Beiratssitzungen am 16. Februar 2005 und am 9. März
2005, Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Bl. 26 ff. und Bl. 29 ff.
Vgl. das Protokoll der Gesellschafterversammlung am 9. Juni 2005, Auskunft der GGA vom
23. November 2006, Bl. 37 ff.
Vgl. oben A.IV.3.c).
Vgl. oben A.IV.3.c).
- 32 -
- 32 Grundsatz der Produktverantwortung (§ 22 KrW-/AbfG) zur Rechtfertigung ihres
Einkaufskartells für Altglas berufen.
75.
Der Grundsatz der Produktverantwortung wird in § 22 KrW-/AbfG umschrieben.
Er verpflichtet Unternehmen, die Erzeugnisse entwickeln, herstellen, be- und
verarbeiten oder vertreiben (§ 22 Abs. 1 KrW-/AbfG). Insbesondere sind bei der
Herstellung von Erzeugnissen vorrangig verwertbare Abfälle und sekundäre
Rohstoffe einzusetzen (§ 22 Abs. 2 Nr. 2 KrW-/AbfG). Aus § 22 KrW-/AbfG
lassen sich keine unmittelbaren Rechtspflichten herleiten; zur Konkretisierung
bedarf es entsprechender untergesetzlicher Regelwerke. 105 Zu diesem Zweck
erlässt die Bundesregierung Rechtsverordnungen (§ 22 Abs. 4 KrW-/AbfG).
76.
Mit dem Erlass der VerpackV hat die Bundesregierung, gestützt auf die
Ermächtigung des § 23 bzw. § 24 KrW-/AbfG, die Pflichten der Hersteller und
Vertreiber von Verpackungen festgelegt. Erst dadurch wurden für diesen
Adressatenkreis
durchsetzbare
rechtliche
Pflichten
geschaffen,
deren
Verletzung mit der Verhängung von Bußgeldern geahndet werden kann (§ 15
VerpackV).
77.
Nach der derzeitigen Rechtslage sind Vertreiber von Verkaufsverpackungen
verpflichtet, diese vom Endverbraucher zurückzunehmen und der Verwertung
zuzuführen (§ 6 Abs. 1 S. 1 VerpackV). Hersteller von Verkaufsverpackungen
und Vorvertreiber sind verpflichtet, Verkaufsverpackungen jeweils von der
nachgelagerten
Handelsstufe
zurückzunehmen
und
einer
Verwertung
zuzuführen (§ 6 Abs. 2 S. 1 VerpackV). Die Einzelheiten, insbesondere die
Mindestverwertungsquoten ergeben sich aus Anhang I der VerpackV.
Verkaufsverpackungen aus Glas müssen zu 75 % einer stofflichen Verwertung
zugeführt werden (Anhang I (zu § 6 VerpackV) Nr. 1 Abs. 2). Die
Rücknahmepflichten entfallen, soweit sich Hersteller oder Vertreiber an einem
System
beteiligen,
das
flächendeckend
eine
regelmäßige
Abholung
gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher oder in
dessen unmittelbarer Nähe gewährleistet und die in Anhang I der VerpackV
genannten Anforderungen erfüllt (§ 6 Abs. 3 S. 1 VerpackV). Das System
muss, wie sich aus der Verweisung in § 6 Abs. 3 S. 2 VerpackV ergibt, die in
Anhang I Nr. 1 Abs. 2 genannten Verwertungsquoten erfüllen.
105
Allg. Meinung, vgl. nur Fluck/Fischer, in: Fluck, Kreislaufwirtschafts-, Abfall- und Bodenschutzrecht, 33.
Erg.-Lfg. Dezember 2001, Rn. 62 ff. m.w.N.
- 33 -
- 33 78.
Es ist vorgesehen, diese Wahlmöglichkeit der Hersteller und Vertreiber von
Verkaufsverpackungen
künftig
entfallen
zu
lassen.
Soweit
Verkaufsverpackungen dazu bestimmt sind, beim privaten Endverbraucher
anzufallen,
müssen
sie
an
einem
haushaltsnahen
Sammelsystem
teilnehmen. 106
79.
Die
weitaus
meisten
Verpflichteten
haben
sich
haushaltsnahen
Sammelsystemen angeschlossen. Im Jahr 2003 wurde 84,5 % der in Verkehr
gebrachten Menge an Verkaufsverpackungen aus Glas über haushaltsnahe
Sammelsysteme entsorgt; 2005 wird der Anteil auf 79,5 % geschätzt. 107 Die
Hersteller
von
Behälterglas
beteiligen
sich
nicht
an
haushaltsnahen
Sammelsystemen und übernehmen auch keine Kosten, die durch die
haushaltsnahe Sammlung entstehen.
80.
Der damalige Geschäftsführer der GGA, Herr Brauck, führte gegenüber der
Beschlussabteilung am 23. November 2004 108 wörtlich aus:
"Die Glasbehälter werden von den Glashütten ohne DSDLizenzgebühr an die Abfüller verkauft. Der Abfüller entrichtet die
DSD-Gebühr an DSD und ist damit Systemteilnehmer des Dualen
Systems. Danach nimmt der Behälter seinen Weg vom Abfüller
über den Handel zum Konsumenten und von diesem schließlich in
den Altglascontainer. DSD schließt Entsorgungsverträge mit
Entsorgungsunternehmen, die Sammlung und Transport von Glas
umfassen, und bezahlt dem Entsorger diese Dienstleistung. Der
Entsorger wird mit der Sammlung Eigentümer des Altglases. Die
GGA
schließt
mit
dem
Entsorger
einen
Liefer-
und
Abnahmevertrag. GGA nimmt dem Entsorger das Glas ab und
wird nun ihrerseits Eigentümerin des Glases. Sie zahlt dem
Entsorger einen 'Bonus' für nach Farben sortiertes Glas, der für
Braunglas am höchsten und für Grünglas am niedrigsten ist; dies
ist praktisch der Glaspreis. Dazu zahlt die GGA entweder dem
Entsorger
106
107
108
die
Frachtkosten
zur
Aufbereitungsanlage
oder
Referenten-Entwurf der 5. Novelle der Verpackungsverordnung vom 2. März 2007, Art. 6 VerpackV
n.F., www.bmu.de.
GVM Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung, Umsetzung der Verpackungsverordnung in
Deutschland, Wiesbaden, Oktober 2005, 874, 880 d.A.
Gesprächsvermerk vom 23. November 2004, B 10 – 39/99, Bl. 346 f. d.A. Zu den Änderungen, die sich
aus der Vermarktung des Altglases durch DSD ergeben, vgl. oben A.V.1.
- 34 -
- 34 übernimmt selbst den Transport. GGA kauft damit das Glas
bundesweit zu einheitlichen Preisen."
81.
Mit der Beteiligung an einem haushaltsnahen Sammelsystem entfallen gem. § 6
Abs. 3 S. 1 VerpackV die Rücknahme- und Verwertungspflichten der Hersteller
und Vertreiber vollständig. Haushaltsnahe Sammelsysteme müssen nicht nur
die regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen gewährleisten,
sondern sind auch – wie sich aus der Verweisung in Satz 1 auf den gesamten
Anhang I der VerpackV ergibt - verantwortlich für das Erreichen der in Nr. 1
Abs. 2 des Anhangs I genannten Mindestverwertungsquoten. Soweit sie über
keine eigenen Verwertungskapazitäten verfügen, beauftragen sie Dritte mit der
Zuführung des Altglases zur Verwertung. Die Aufteilung verpackungsrechtlicher
Pflichten, indem die haushaltsnahen Systeme nur Sammlung und Transport der
gebrauchten Verpackungen organisieren und insoweit die Verpflichteten
freistellen, während die Erfüllung der Verwertungspflichten durch Hersteller
oder Vertreiber übernommen wird, ist in der VerpackV nicht vorgesehen.
82.
Die Beteiligten vertreten die Ansicht, sie seien trotz der Teilnahme der von
ihnen hergestellten Verkaufsverpackungen aus Glas Adressaten der sich aus
Anhang I (zu § 6 VerpackV) Nr. 1 Abs. 2 ergebenden Pflicht, mindestens 75 %
dieser Verpackungen stofflich zu verwerten. 109 Sie weisen auf die ihrer Ansicht
nach konkret bestehende Gefahr hin, Geldbußen wegen der Nichterfüllung der
Mindestverwertungsquoten zahlen zu müssen. Sie übersehen dabei, dass diese
Pflicht nur für den Adressatenkreis des § 6 Abs. 1 – 3 VerpackV besteht.
Voraussetzung wäre, dass die von den Beteiligten hergestellten Verpackungen
nicht
an
einem
Voraussetzung
ist
haushaltsnahen
jedoch
nicht
Sammelsystem
erfüllt.
Soweit
teilnehmen.
ein
System
Diese
die
Mindestverwertungsquoten nicht erfüllt, können gegen die Verantwortlichen
Bußgelder verhängt werden (§ 15 Nr. 9 VerpackV). Es ist ausgeschlossen, dass
die zuständige Behörde bei der Teilnahme von Verkaufsverpackungen an
einem dualen System und Erfüllung der Sammel- und Verwertungspflichten
Bußgelder gegen die Hersteller oder Vertreiber dieser Verkaufsverpackungen
verhängt.
109
Schriftsatz der GGA vom 10. April 2007, Bl. 635 ff. d.A.
- 35 -
- 35 II.
Betroffene Märkte
83.
Der Gesellschaftsvertrag der GGA und die im Beirat und der Gesellschafterversammlung von den Behälterglasherstellern getroffenen Entscheidungen zum
gemeinsamen Einkauf von Altglas und zur Koordinierung des Altglaseinsatzes
bei der Herstellung von Behälterglas (im Folgenden zusammenfassend: die
Vereinbarung) beschränken den Wettbewerb auf den Einkaufsmärkten für
(aufbereitetes) Altglas.
1.
Sachlich relevante Märkte
84.
Einkaufskartelle betreffen unmittelbar die Märkte, auf denen die von der
Vereinbarung umfassten Produkte eingekauft werden. 110 Diese Einkaufsmärkte
sind aus Sicht der Anbieter abzugrenzen. Es ist festzustellen, welche
Absatzalternativen den Verkäufern zu Verfügung stehen. 111 Über die GGA
decken die Beteiligten ihren Bedarf an Altglas aus der haushaltsnahen
Sammlung, das als Sekundärrohstoff bei der Herstellung von Behälterglas
eingesetzt wird. Zu diesem Zweck kaufen sie zu einheitlichen Preisen das
Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung und die notwendigen Transporte
über
die
GGA
ein
und
weisen
diese
Altglasmengen
bestimmten
Aufbereitungsanlagen zu.
a)
Die Altglasmärkte
85.
Altglas wird in zwei Bereichen erfasst. Gebrauchte Verkaufsverpackungen
überlässt
der
Endverbraucher
fast
ausschließlich
haushaltsnahen
Sammelsystemen. DSD und weitere Unternehmen wie die ISD Interseroh
Dienstleistungs GmbH, Köln oder die Landbell AG, Mainz, betreiben
flächendeckende Sammelsysteme beim privaten Endverbraucher. In den
endverbrauchernahen Sammelsystemen wird Altglas regelmäßig getrennt nach
den drei Farben Grün, Braun und Weiß erfasst. Es ist mit Störstoffen
verunreinigt und muss deshalb vor dem Einsatz in der Behälterglasherstellung
110
111
Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen
über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 119; Kommission,
Entscheidung vom 5. Dezember 1979, ABl. L 51 vom 25. Februar 1980, S. 19 (Rn. 22) – Lab;
Kommission, Entscheidung vom 9. Juli 1980, ABl. L 260 vom 3. Oktober 1980, S. 24 (Rn. 31 ff.) –
National Sulphuric Acid Association; EuGH, Urteil vom 25. März 1981, Rs. C-61/80, Slg. 1981, S. 851
(Rn. 12 f.) - Lab; BGH, Urteil vom 12. November 2002, WuW/E DE-R 1087 (Rn. 9 ff.) –
Ausrüstungsgegenstände für Feuerlöschzüge.
Vgl. insofern auch der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen
über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 120.
- 36 -
- 36 aufbereitet werden. In wesentlich geringerem Umfang kommen Altglasmengen
aus
Produktionsbetrieben
für
Flach-
oder
Behälterglas
und
aus
Abfüllerbetrieben, die Verpackungen aus Glas verwenden. Dieses Altglas aus
dem gewerblichen Bereich wird im Allgemeinen in reinerer Form erfasst.
86.
Anbieter des Altglases aus
der haushaltsnahen Sammlung sind die
Auftragnehmer dualer Systeme, die Sammlung und Transport des Altglases
durchführen, soweit sich nicht die dualen Systeme Eigentum und Vermarktung
des Altglases vorbehalten. Von dieser Möglichkeit hat DSD für 50 % der
Gesamtmenge zum ersten Mal für die Verträge Gebrauch gemacht, die vom
1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2009 laufen. Für die übrige Menge hat
DSD den Auftragnehmern die Vermarktung überlassen. Diese Verträge laufen
noch bis zum 31. Dezember 2007. DSD beabsichtigt, auch diese Menge künftig
selbst zu vermarkten. Anbieter des Altglases aus dem gewerblichen Bereich
sind die jeweiligen Produktionsbetriebe. Nachfrager nach Altglas sind Hersteller
von Behälterglas.
87.
Die Möglichkeit des Einsatzes von Sekundärrohstoffen in der Glasproduktion
hängt von dem späteren Endprodukt ab. Man unterscheidet zwischen Hohloder Behälterglas, Flachglas und Spezialglas. Kennzeichnend für Behälterglas
ist, dass die Anforderungen an die Reinheit des Glases deutlich geringer sind
als z.B. bei Flachglas, das als Fensterglas verwendet werden soll. 112 Für
andere Glasarten, z.B. für Flachglas, findet Altglas aus der haushaltsnahen
Sammlung keine Verwendung. 113
88.
Als Primärrohstoffe werden zur Herstellung von Behälterglas Quarzsand (SiO2)
als Glasbildner, Soda (Na2CO3) als Flussmittel zur Senkung der Schmelztemperatur, Kalk (CaCO3), Dolomit (CaCO3 – MGCO3) und Feldspat (NaAISi3O6) als
Stabilisatoren zur Erhöhung der Härte, der Festigkeit und der chemischen
Beständigkeit, Pottasche (K2CO3) zur Erhöhung der Brillianz sowie Metallionen
als Färbemittel eingesetzt. 114
112
113
114
Im Einzelfall werden auch bei hochwertigen Konsumgütern hohe Anforderungen an die Verpackung
gestellt. Dies kann dazu führen, dass bei der Herstellung Sekundärrohstoffe aus der haushaltsnahen
Sammlung nicht eingesetzt werden können, weil sie zu stark mit Fremdstoffen verschmutzt sind, vgl.
telefonische Auskunft von H. Nieswand, Glaswerk Ernstthal, vom 20. Oktober 2006. Im Regelfall
können aber diese Sekundärrohstoffe verwendet werden.
Eines der befragten Unternehmen setzt Behälterglasscherben zur Herstellung von Mineralwolledämmstoffen ein. Diese Form der alternativen Verwertung von Altglas spielt allerdings nur eine
untergeordnete Rolle: 2,75 % der Gesamtaltglasmenge wurde 2005 in dieser Form verwertet.
Internetveröffentlichung des GGA, www.glasaktuell.de.
- 37 -
- 37 b)
Einbeziehung der Altglasaufbereitung
89.
Altglas wird in speziellen Anlagen aufbereitet. Das Altglas wird darin von
Fremd- und Schadstoffen (Keramik, Steine, Porzellan, Metalle und Papier)
befreit. Die Aufbereitung erfolgt vollautomatisch, wobei Metallscheider, Siebe,
Windsichter und optoelektrische Sortieranlagen zum Erkennen und Aussortieren von mineralischen Fremdstoffen sowie zur farblichen Nachsortierung der
Glasscherben eingesetzt werden. Erst nach dieser Behandlung wird das Altglas
von der Aufbereitungsanlage an die jeweilige Glashütte geliefert.
90.
Altglas aus dem gewerblichen Bereich beziehen die Beteiligten ebenfalls
regelmäßig über Aufbereiter, damit die für ihre Produktion erforderliche Qualität
gewährleistet ist. Die Preise werden individuell zwischen den Glashütten und
den
Aufbereitern
ausgehandelt.
Ausnahmsweise
kann
Altglas
aus
Gewerbebetrieben ohne vorherige Aufbereitung eingesetzt werden, wenn die
betreffenden Betriebe in der Lage sind, durch eine ausreichende Sortierung die
Qualitätsstandards einzuhalten.
91.
Die Beschlussabteilung hat in der Fusionskontrolle einen eigenständigen Markt
für die Aufbereitung von Altglas zu Grunde gelegt. 115 Wegen der Struktur des
gemeinsamen Einkaufs der Beteiligten über die GGA beschaffen die Glashütten
die Aufbereitungsleistung derzeit getrennt. Für Altglas anderer Herkunftsbereiche gibt es eine solche getrennte Beschaffung des Rohstoffs und der zu
seiner
Verwendung
notwendigen
Veredelung
nicht.
Altglas
anderer
Herkunftsbereiche geht im Regelfall an die Aufbereiter, die es aufbereitet zu
einem Komplettpreis an die Glashütten veräußern. 116
92.
Wie sich die Hersteller von Behälterglas nach Beendigung des gemeinsamen
Einkaufs über die GGA verhalten werden, ist offen. DSD hat im Rahmen der
Ausschreibung des Jahres 2006 zum ersten Mal die Altglasmengen aus der
haushaltsnahen Sammlung selbst zum Verkauf angeboten. Die Bieter
verpflichten sich in dem Vertrag, das Altglas einer Verwertung – im Regelfall in
Glashütten – zuzuführen. Für 89 % der Altglasmenge haben Entsorger /
Glasaufbereiter geboten, während nur für 11 % Glashütten Angebote
115
116
Rethmann/RWE, B 10 – 122/04, www.bundeskartellamt.de, Rz.176 ff.
Deshalb haben die befragten Glashersteller für die nicht über die GGA bezogenen Mengen
Komplettpreise (inklusive Aufbereitung) angegeben.
- 38 -
- 38 abgegeben haben. 117 Es ist anzunehmen, dass die Mitgliedschaft der
Glashütten in der GGA diese derzeit noch davon abhält, individuell Altglas
einzukaufen. Soweit Aufbereiter Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung
erwerben, stehen sie als Anbieter aufbereiteten Altglases den Glashütten als
Nachfrager gegenüber. Es ist aber auch denkbar, dass Behälterglashersteller –
insbesondere wenn sie über eigene Aufbereitungsanlagen verfügen –
unaufbereitetes Altglas kaufen, um es nach Aufbereitung in ihrer Produktion
einzusetzen. Wie sich das Nachfrageverhalten entwickeln wird und welche
Marktabgrenzung künftig zu Grunde zu legen sein wird, ist derzeit noch offen,
weil die Existenz der GGA die Entwicklung von Wettbewerbsstrukturen auf den
Altglasmärkten verhindert.
93.
Für die Ermittlung und Bewertung der von der Vereinbarung ausgehenden
Wettbewerbsbeschränkung muss die Frage nicht entschieden werden, ob ein
der eigentlichen Verwertung vorgelagerter Markt für die Aufbereitung von
Altglas abzugrenzen ist bzw. ob es getrennte Märkte für unaufbereitetes und für
aufbereitetes Altglas gibt. Denn die Analyse des Zwecks und der Wirkung der
Vereinbarung 118 ergibt, dass sowohl bei der Annahme einheitlicher Märkte als
auch bei der Annahme getrennter Märkte eine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d.
§ 1 GWB bzw. des Art. 81 Abs. 1 EG vorliegt.
94.
Die GGA hat mit einer Reihe von Aufbereitern unmittelbare Verträge, in denen
sie die Auslastung der Anlagen mit Mindestmengen zusagt. 119 Sie ordnet die
Gebiete, in denen haushaltsnah Altglas erfasst wird, Aufbereitungsanlagen zu
und führt zentral Gespräche mit den Betreibern von Aufbereitungsanlagen über
die Inanspruchnahme von Aufbereitungskapazitäten. Darüber hinaus definiert
sie Aufbereitungsqualitäten. Die Einzelheiten der Einflussnahme sind im
Rahmen
der
Analyse
der
von
der
Vereinbarung
ausgehenden
Wettbewerbsbeschränkung zu diskutieren. 120 Die Frage, ob Märkte für
unaufbereitetes und aufbereitetes Altglas oder ob es sich um einheitliche
Altglasmärkte handelt, kann offen bleiben, weil sich die Vereinbarung auf beide
Bereiche erstreckt.
117
118
119
120
Schreiben des Bevollmächtigten der DSD vom 8. Juni 2006, B 4 – 1007/06.
Vgl. C.III.1.
Vgl. oben A.IV.2.a).
Unten C.III.
- 39 -
- 39 c)
Keine getrennten Altglasmärkte für Altglas aus haushaltsnahen
Sammlungen und Altglas aus dem gewerblichen Bereich
95.
Eine Aufteilung des sachlich relevanten Marktes nach Herkunftsbereichen ist
nicht sachgerecht. Es muss kein Markt für Altglas aus der haushaltsnahen
Sammlung von einem Markt für Altglas anderer Herkunft insbesondere
Flachglas abgegrenzt werden. Altglas beider Herkunftsbereiche wird an die
Behälterglashersteller abgesetzt. Aus Sicht der Hersteller von Behälterglas
kann Altglas beider Bereiche im Herstellungsprozess verwendet werden. Dies
ergibt sich aus den Antworten der befragten Behälterglashersteller. Zur
Produktion von weißem Behälterglas werden Flachglasscherben eingesetzt,
weil bereits geringe Verunreinigungen störend wirken und Alt-Flachglas im
Regelfall deutlich weniger verschmutzt ist als Weißglas aus der haushaltsnahen
Sammlung.
d)
Keine Einbeziehung der Primärrohstoffe
96.
Primärrohstoffe sind in den von der Wettbewerbsbeschränkung betroffenen
Markt nicht einzubeziehen, weil Primärrohstoffe und Sekundärrohstoffe nach
Angaben der Glashersteller nicht austauschbar sind.
97.
Die Beteiligten vertreten die Auffassung, Primärrohstoffe seien in den sachlich
relevanten Markt einzubeziehen. 121 Der Sekundärrohstoffeinsatz könne um bis
zu 10 % verringert werden; darüber hinaus seien im Rahmen anstehender
Erneuerungsmaßnahmen auch deutlich höhere Mengen an Sekundärrohstoffen
substituierbar.
Sie
meinen,
die
Grenzkosten
für
den
Einsatz
von
Primärrohstoffen betrage [...] €/t. 122 Bei der Berechnung des Kostenvorteils
berücksichtigen sie ausschließlich die Kosten für den Rohstoff, für Energie und
für
CO2-Zertifikate,
nicht
Kosten
für
Erweiterungsinvestitionen.
Diese
Ausführungen halten einer näheren Prüfung nicht stand.
98.
Eine Verringerung des Altglaseinsatzes bei der Herstellung von Behälterglas
durch Erhöhung der Primärrohstoffmengen ist kurz- und mittelfristig nicht über
maximal 10 % hinaus möglich. Die Beschlussabteilung hat insofern alle
Beteiligten aufgefordert, den Aufwand darzustellen, den eine Erhöhung des
Einsatzes von Primärrohstoffen zur Folge hätte. Nur ein kleinerer Hersteller hat
121
122
Bl. 667 f. d.A.
Bl. 693 d.A.
- 40 -
- 40 erklärt, eine solche Umstellung auch kurzfristig durchführen zu können, weil die
notwendigen technischen Voraussetzungen in seinem Unternehmen gegeben
seien. 123 Alle anderen Unternehmen haben, soweit sie nähere Ausführungen zu
dieser Frage gemacht haben, die Möglichkeit entweder generell verneint oder
auf die Kosten hingewiesen, die einer Umstellung entgegenstehen.
99.
Die
Erhöhung
der
eingesetzten
Erweiterungsinvestitionen
würde
zu
Primärrohstoffmengen
einer
deutlichen
ohne
Abnahme
der
Produktionsmengen führen. Dies betrifft die Gemengehäuser, in denen
Primärrohstoffe zu einem schmelzfähigen Gemisch verarbeitet werden. Der
Rückgang der Schmelzleistung bei einer Verringerung des Scherbeneinsatzes
um 10 % wird auf ca. 25 - 35 % geschätzt. 124 Auch die Kapazitäten der
Schmelzwannen, in denen durch Zufuhr von Wärme die flüssige Glasmasse
hergestellt
wird,
gingen
zurück.
Unter
der
Annahme
unveränderter
Schmelzwannen ist bei einem Rückgang der Scherben um 5 - 15 % mit einem
Rückgang der Schmelzkapazität um 1 % – 5 % Prozent zu rechnen. 125 Eine
Anpassung der Kapazitäten erfordert umfangreiche Anpassungen der Wannen,
weil
höhere
Temperaturen
zur
Schmelze
und
eine
verbesserte
Rauchgasreinigung erforderlich sind.
100.
Eine Erhöhung der eingesetzten Primärrohstoffmengen ohne Rückgang der
Produktionskapazitäten
setzt
deshalb
erhebliche
Investitionen
in
die
Erweiterung der Lagereinrichtungen und der Gemengehäuser voraus. Hinzu
kommen Investitionen in Umwelttechnik, um auch bei einem erhöhten Einsatz
von Primärrohstoffen die Grenzwerte der TA Luft einzuhalten. Drei große
Hersteller von Behälterglas 126 haben nähere Angaben zu dem geschätzten
Investitionsbedarf
gemacht.
Sie
gehen
alle
von
einem
erheblichen
Investitionsbedarf aus, der bis zu 20 Mio. € betragen kann. 127 Diese
Investitionen würden einen erheblichen Zeitraum in Anspruch nehmen. Rexam
erklärt, dass die Gemengehäuser in 1 – 2 Jahren angepasst werden können.
123
124
125
126
127
Auskunft von Weck, Bl. 738 d.A.
Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A.
Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A.
Auskunft von Rexam, Bl. 760 ff. d.A., Heye, Bl. 765 f. d.A Wiegand Bl. 951 ff. d.A. Die
Behälterglashersteller haben den Investitionsaufwand im Einzelnen beziffert, betrachten die konkreten
Angaben aber als Geschäftsgeheimnisse. Für die Zwecke der Marktabgrenzung muss nicht auf die
konkreten unternehmensindividuellen Angaben zurückgegriffen werden, sondern es reicht aus, wenn
die Größenordnung des Zusatzaufwandes nachvollziehbar ist.
Auskunft von Rexam, Bl. 760 d.A. Die Behälterglashersteller haben den erwarteten Investitionsbedarf
näher beziffert, betrachten die konkreten Angaben aber als Geschäftsgeheimnisse.
- 41 -
- 41 Für die Schmelzwannen legt Rexam einen Zeitraum von 5 bis 8 Jahren zu
Grunde. 128
101.
Die Erhöhung des Primärrohstoffanteils führt auch zu einem deutlichen Anstieg
der variablen Kosten. Insbesondere steigt der Energiebedarf. Bei einem
Rückgang des Einsatzes von Sekundärrohstoffen um 10 % ist ein Anstieg des
Energiebedarfs um 2 % - 4 % zu erwarten. Gleichzeitig erhöht sich der CO2Ausstoß. Eine Absenkung des Scherbenanteils von 70 % auf 60 % wird nach
Schätzungen der Behälterglashersteller zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen
von ca. 150 kg auf 450 kg CO2 je t Glas führen. 129 Die dadurch zu erwartenden
Zusatzkosten schätzt z.B. Rexam auf über 2 Mio. € jährlich. 130
102.
Primär- und Sekundärrohstoffe zur Herstellung von Behälterglas sind deshalb
nach Angaben der Behälterglashersteller nicht austauschbar. Sie gehören
unterschiedlichen Märkten an.
e)
Kein einheitlicher Markt für alle Glasfarben
103.
Grün-,
Braun-
und
Weißglasscherben
bilden
jeweils
eigene
Sekundärrohstoffmärkte. Es ist mit heutigen technischen Mitteln nicht in
wirtschaftlich vertretbarer Weise möglich, z.B. Grünglasscherben für die
Produktion von Weißglas einzusetzen. Aus diesem Grund werden bereits bei
der Sammlung des Altglases erhebliche Anstrengungen unternommen, eine
Vermischung der drei Farbfraktionen zu vermeiden. Eine Mischglaserfassung,
wie sie in wenigen Gebieten Deutschlands praktiziert wird, lehnt die
Glasindustrie ab. 131 Die Anbieter von Altglas sind nicht in der Lage, beliebige
Mengen in den jeweiligen Farben anzubieten. In der Vergangenheit hat sich
gezeigt, dass bei Grünglas Übermengen vorhanden sind, während bei den
anderen Glasfarben Mengen fehlten. Die Altglas-Anbieter können deshalb ihre
jeweiligen Angebotsmengen nur begrenzt umstellen. Andere Absatzwege als
die Verwertung in Glashütten spielen keine Rolle.
128
129
130
131
Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. (Die konkreten Angaben wertet Rexam als Geschäftsgeheimnis).
Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. (Die konkreten Angaben wertet Rexam als Geschäftsgeheimnis).
Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. (Die konkreten Angaben wertet Rexam als Geschäftsgeheimnis).
"Mischglas und seine Probleme", Veröffentlichung auf der Internetseite der GGA, www.glasaktuell.de.
Schreiben der GGA an den Landkreis Goslar vom 4. September 2002: "Technisch ist es nicht möglich,
aus einer Mischglasfraktion drei Farben herzustellen, die die gleiche Qualität haben wie die
Glasscherben aus der farbgetrennten Sammlung", B 10 – 39/99, Bl. 213.
- 42 -
- 42 104.
Hinsichtlich ihrer Abnehmer sind die Hersteller von Behälterglas weitgehend
festgelegt. Die Farbe und Gestaltung der Verkaufsverpackung gehört zu dem
Markenimage, das nicht ohne weiteres veränderbar ist. Insbesondere bei eingeführten Produkten kann die Glasfarbe nicht ohne negative Auswirkungen auf
den Absatz verändert werden. Diese relativ starre Nachfrage durch die
Abnehmer hat zur Folge, dass auch die Nachfrage der Behälterglashersteller
nach
den
jeweiligen
Farbfraktionen
relativ
konstant
ist
und
Substitutionsbeziehungen aus ihrer Sicht nicht bestehen.
2.
Räumlich relevante Märkte
105.
Wegen des hohen spezifischen Gewichts des unaufbereiteten und des aufbereiteten Glases ist es wirtschaftlich nicht sinnvoll, Altglas über weite Strecken zu
transportieren. Die Beschlussabteilung hat im Rahmen von Ermittlungen in
Fusionskontrollverfahren festgestellt, dass der durchschnittliche Einzugsbereich
der Altglas-Aufbereitungsanlagen (Sammelgebiet zur Aufbereitungsanlage) für
ca. 75 % des aufbereiteten Glases bei ca. 120 km liegt. 132 In vorliegenden Verfahren sind die Behälterglashersteller zur durchschnittlichen Transportentfernung des aufbereiteten Glases (Aufbereitungsanlage zur Glashütte) befragt
worden. Danach beträgt die durchschnittliche, gewichtete Entfernung der
Aufbereitungsanlage 144 km.
106.
Es ist nicht erforderlich, die jeweiligen Regionalmärkte aus Sicht der Glashütten
im Einzelnen abzugrenzen. Denn die Vereinbarung zwischen allen Herstellern
der GGA wirkt sich auf alle betroffenen Regionalmärkte gleichermaßen aus.
Wegen des im Verhältnis zu den Scherben anderer Herkunftsbereiche hohen
Anteils der über die GGA vermarkteten Altglasmengen kann ausgeschlossen
werden, dass in einzelnen Regionalmärkten der Anteil der Glasscherben aus
anderen Herkunftsbereichen so hoch ist, dass die von der GGA ausgehende
Wettbewerbsbeschränkung nicht mehr spürbar ist. Nur bei drei der befragten
Glashütten, die Altglas für die Produktion von Behälterglas einsetzen, liegt der
Anteil des von der GGA bezogenen Altglases unter 20 %. Diese Unternehmen
bezogen weniger als 3 % der gesamten bei der Herstellung von Behälterglas
eingesetzten Altglasmenge und setzen weniger als 7 % des in Deutschland
hergestellten
132
Behälterglases
ab.
Vor
diesem
Hintergrund
ist
für
die
Bundeskartellamt, Beschluss vom 23. Februar 2005, B 10-122/04, www.bundeskartellamt.de, Rz. 180
ff.
- 43 -
- 43 wettbewerbliche
Beurteilung
des
koordinierten
Einkaufs
der
Behälterglashersteller über die GGA auf ganz Deutschland abzustellen.
III.
Wettbewerbsbeschränkung
1.
Beschränkung des Wettbewerbs auf den Altglasmärkten
107.
Die Vereinbarung bezweckt und bewirkt eine Beschränkung des Wettbewerbs
zwischen den Behälterglasherstellern auf den (Einkaufs-)Märkten für Grün-,
Braun- und Weißglasscherben. Die Behälterglashersteller kaufen das für ihre
Produktion benötigte Altglas gemeinsam zu identischen Preisen ein, steuern die
Altglasmengen
auf
Aufbereitungsanlagen
zu
und
gleichen
Transportkostenunterschiede zwischen ihren Standorten aus.
108.
Die Nachfrage nach Altglas konzentriert sich auf wenige Hersteller von
Behälterglas. Nach den Ermittlungen der Beschlussabteilung bezogen 2005
Rexam und Heye (beide jetzt Ardagh) über 30 % der gesamten im Inland
verwerteten Altglasmenge, Saint Gobain 20 – 30 % sowie BSN (O-I) und
Wiegand jeweils 10 – 20 % (wertmäßige Betrachtung aller Glasfarben).
a)
Zweck der Vereinbarung
109.
Eine Vereinbarung bezweckt eine Wettbewerbsbeschränkung, wenn sie ihrem
Wesen nach geeignet ist, den Wettbewerb zu beschränken. Die beabsichtigten
Beschränkungen müssen ein derart großes Potenzial für negative Auswirkungen auf den Wettbewerb haben, dass es nicht notwendig ist, deren tatsächliche Auswirkungen im Markt nachzuweisen. 133
110.
Die
Beteiligten
kaufen
gemeinsam
unaufbereitetes
Altglas
und
die
erforderlichen Transporte ein. Sie betreiben ein System zum Ausgleich der
Transportkosten. Die Transportkosten werden nicht mehr – wie es auf
ungestörten Märkten der Fall ist – individuell den Beschaffungsvorgängen
zugeordnet. Statt dessen zahlen die Beteiligten Einheitspreise, die die
Transportkosten beinhalten.
111.
Die Beteiligten koordinieren darüber hinaus durch die oben dargestellte
Aufteilung der Mengen auf die Aufbereitungsanlagen mit entsprechender
Auswirkung auf das Angebotsverhalten der Betreiber dieser Anlagen und durch
133
Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Abs. 3 EG, ABl. C 101 vom
27. April 2004, S. 97, Rn. 21.
- 44 -
- 44 die gemeinsame Qualitätskontrolle – unbeschadet der Frage, ob es sich um
einen eigenständigen Markt handelt oder nicht – ihr Verhalten auch auf der
Aufbereitungsstufe. 134
112.
Die GGA bestreitet nicht, dass Zweck der Vereinbarung der gemeinsame
Einkauf des unaufbereiteten Altglases und der Ausgleich der Transportkosten
ist. Zur Aufbereitung hat sie vorgetragen, sie nehme auf die Zuordnung des
Altglases zu den Aufbereitungsanlagen keinen Einfluss. 135 Die Glashütten
schlössen mit den Aufbereitern Verträge mit unterschiedlichen Laufzeiten und
riefen die Glasmengen nach Bedarf ab. Die Glashütten träfen ihre
Entscheidungen unabhängig von der GGA. Die GGA werde im Prinzip nur
angesprochen, wenn es Engpässe in einer Region gebe bzw. wenn über
größere Strecken Altglas transportiert werden solle. Die Aufbereiter bereiteten
das Altglas in eigener Regie und nach dem Bedarf ihrer Kunden – der
Glashütten – auf. Die Zuordnung der Glasmengen zu den Aufbereitern
bestimmten im Prinzip die Entsorger, da sie zu rund 60 % gleichzeitig auch über
Aufbereitungsanlagen verfügten. Bei Entsorgern ohne Aufbereitungsanlagen
ergebe sich die Zuordnung meist aus Gegebenheiten des Entsorgers bzw. aus
den gewachsenen Strukturen. Die Zuordnung der Sammelmengen auf die
Aufbereiter schreibe die GGA in ihren Verträgen mit den Entsorgern fest. 136 Die
GGA versuche dabei, die logistisch günstigste Aufbereitungsanlage zu
vereinbaren.
113.
Diese Sicht kommt auch in der Anlage 4 zum Aufbereitervertrag der GGA zum
Ausdruck, den die GGA im eigenen Namen für die Mengen abschließt, die nicht
in Glashütten im Inland verwertet werden, sondern exportiert werden. Es heißt
dort 137 :
"Aufbereitungsvereinbarung für Exportmengen, Geschäftsmodell
Die Parteien sind sich in dem grundsätzlichem Geschäftsmodell
einig, dass der Aufbereiter mit Glashütten individuelle Liefer- und
Abnahmeverträge
mindestens
für
die
Laufzeit
des
Aufbereitungsvertrages schließt und die GGA nur als Vermittler
agiert. Letztgenannte schließt zum Zeitpunkt des Vertrags134
135
136
137
Vgl. oben A.IV.1.a).
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 75.
Durch die Festlegung der Ablieferstelle im Standardvertrag mit dem Entsorger in § 2.
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 53.
- 45 -
- 45 abschlusses aus, in Deutschland als Einkaufsgesellschaft für die
Glashütten aufzutreten; Abweichungen davon sehen die Parteien
grundsätzlich als Wegfall der Geschäftsgrundlage an.
Ausschließlich
für
den
Fall
von
Lieferengpässen
bzw.
Übermengen von aufbereitetem Glas, die ausdrücklich nicht auf
qualitative Schlechtleistung des Aufbereiters bzw. auf preisliche
Unvereinbarkeit
zurückzuführen
zwischen
sind,
wird
Glashütte
die
GGA
und
als
Aufbereiter
Einkäufer
von
aufbereitetem Glas mit dem Ziel auftreten, diese Mengen
überwiegend im Ausland zu verwerten. Nur in diesen Fällen wird
zwischen GGA und dem Aufbereiter ein Aufbereitungspreis (§ 4
Absatz 1.1) vereinbart, der sich an marktüblichen Beträgen
orientiert und je Einzelfall verhandelt wird."
114.
Die Mengen, die die GGA im eigenen Namen aufbereiten lässt, sind im
Vergleich zu den Gesamtmengen tatsächlich relativ gering. Die GGA fragt
Aufbereitungsleistungen nur für Übermengen nach, die im Inland nicht bei der
Produktion von Behälterglas eingesetzt werden können. 138 Es handelt sich
meist um Grünglas, das die GGA exportiert. Im Jahr 2005 hat die GGA eine
Menge von 0,229 Mio. t Altglas im eigenen Namen aufbereiten lassen. Die
befragten Behälterglashersteller haben in 2005 2,29 Mio. t. aufbereitetes Altglas
verwertet.
115.
Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass die GGA hinsichtlich der
Aufbereitung der Altglasmengen nur eine untergeordnete Rolle spielt. Die GGA
steuert aktiv die Zuordnung von Altglasmengen auf Aufbereitungsanlagen, weil
es das gemeinsame Ziel der Kartellmitglieder ist, die gesamten Transportkosten
zu vereinheitlichen. Gleichzeitig strebt die GGA an, die Gesamtkosten für
Transporte nicht zu groß werden zu lassen.
116.
Zu diesem Zweck hat die GGA das Fraunhofer Institut für Materialfluss und
Logistik
beauftragt,
Gutachten
139
Transportwege
Optimierungspotenziale
zu
ermitteln.
In
seinem
kommt das Institut zu dem Ergebnis, dass sowohl die
zu
den
Aufbereitungsanlagen
("Vorlauf")
als
auch die
Transportwege zu den Glashütten ("Nachlauf") reduziert werden können.
138
139
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 24.
Bl. 118 ff. d.A.
- 46 -
- 46 Insgesamt wird ein Optimierungspotenzial von 8,6 Mio. € oder 24 % ermittelt.
Die Umsetzung solcher Optimierungspotenziale bei den Transportwegen und
die Durchsetzung gegenüber der Marktgegenseite, den Aufbereitern, ist
Aufgabe des Kartells und liegt im gemeinsamen Interesse der Beteiligten.
117.
Die GGA führt deshalb zentrale Gespräche mit den Aufbereitern über die
Auslastung der Kapazitäten. Sie hat nach der Vergabe der Glassammelverträge
durch DSD für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2007
mit Aufbereitungsunternehmen verhandelt. 140 Ziel dieser Verhandlungen war
die Verteilung der aufzubereitenden Glasmengen auf die Aufbereitungsanlagen.
Im Protokoll der Beiratssitzung ist die Äußerung der Geschäftsführung der GGA
wiedergegeben, Rhenus/Rethmann sei im Vorfeld bereits zugesagt worden, ca.
450.000 t auf deren Anlage zu bringen, eine Menge, die dem Stand 2003
abzüglich des Sammelmengenrückgangs entspreche, die aber noch unterhalb
der eigenen Sammelmenge dieses Unternehmens liege. 141 Zwischen den
Behälterglasherstellern bzw. bei der GGA bestand Konsens, dass die
Aufbereitungsanlagen
entsprechend
den
Aufbereitungsmengen
der
zurückliegenden Jahre ausgelastet werden. Dies führt zur Vereinheitlichung
eines für die Kalkulation des Aufbereitungsentgelts wesentlichen Elements, des
Auslastungsgrades der jeweiligen Anlage.
118.
Die
Betreiber
der
Aufbereitungsanlagen
verhalten
sich
wegen
der
Koordinierung des Einkaufs in der GGA nicht wie es bei im Wettbewerb
stehenden Unternehmen zu erwarten wäre. Im Wettbewerb wären die
Unternehmen bestrebt, die eigenen Kapazitäten auszuschöpfen und zumindest
die selbst gesammelten Mengen in eigenen Anlagen aufzubereiten. Sie würden
je nach nachgefragter Menge Preise differenzieren und wären – soweit dies für
sie betriebswirtschaftlich sinnvoll ist – auch bereit, Restkapazitäten zu
günstigen Konditionen anzubieten, um die Auslastung ihrer
sicherzustellen.
Die
Nachfrager
nach
diesen
Leistungen
Anlagen
–
die
Behälterglashersteller – könnten ggf. in ihrem Einkaufsverhalten reagieren,
indem sie längerfristige Verträge mit festen Mengen für die Grundversorgung
ihrer Produktionsanlagen und für die darüber hinausgehenden Menge
kurzfristige Spotmengenverträge abschließen. Sie vollzögen damit eine
140
141
Vgl. oben A.V.3.
Vgl. oben A.V.3.
- 47 -
- 47 Entwicklung nach, die bei der Sortierung von Leichtverpackungen zu
beobachten ist. DSD und andere Betreiber haushaltsnaher Sammelsysteme
sind inzwischen dazu übergegangen, nur eine Grundmenge längerfristig
auszuschreiben. Soweit darüber hinaus Sortierkapazitäten benötigt werden,
schließen die Systeme Verträge mit einjähriger Laufzeit.
119.
Das Verhalten von Rethmann/Rhenus in dem oben zitierten Beispiel zeigt aber,
dass die Koordinierung der Behälterglashersteller auch auf Seiten der Anbieter
von Aufbereitungsleistungen zu Wettbewerbsbeschränkungen führt. Solange
die Behälterglashersteller in der GGA ihren Einkauf koordinieren, werden die
Anbieter von Aufbereitungsleistungen keine Angebote im Wettbewerb abgeben
und insbesondere nicht Überkapazitäten zu besonders günstigen Konditionen
anbieten. Aus Sicht der Betreiber von Aufbereitungsanlagen wäre ein solches
Verhalten
wirtschaftlich
nicht
sinnvoll.
Sie
wissen,
dass
alle
Behälterglashersteller in der GGA zusammenarbeiten und erwarten nicht, für
Glasmengen
aus
der
haushaltsnahen
Sammlung
individuelle
Aufbereitungsverträge mit den Behälterglasherstellern aushandeln zu können.
120.
Im Rahmen der GGA werden auch einheitliche Qualitätsstandards für das
aufbereitete
Glas
Aufbereitungsanlagen
definiert
und
überwacht.
Zu
deren
Einhaltung
diesem
Zweck
durch
entsendet
die
jeder
Behälterglashersteller einen Vertreter in den Arbeitskreis Altglas, in dem die
betreffenden Fragen diskutiert werden. 142 Die GGA – und nicht die einzelne
Glashütte – dokumentiert die Einhaltung der Qualitätsstandards für jede
Aufbereitungsanlage 143 und reklamiert Abweichungen von den vordefinierten
Standards
gegenüber
Qualitätsüberwachung
Behälterglashersteller.
den
Aufbereitern.
des
Rohstoffeinkaufs
Ein
Beispiel
hierfür
Sie
übernimmt
für
ist
die
die
damit
die
inländischen
Darstellung
der
Qualitätsüberwachung auf der Beiratsitzung am 24. Oktober 2005. Im
Protokoll 144 heißt es:
"Qualitätsanforderungen der Glasindustrie
142
143
144
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung am 24. November 2004, Bl.
45.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006 , Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 24.
November 2004, Bl. 185.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 24. Oktober 2005, Bl. 45.
- 48 -
- 48 [...] Herr Niepel [GGA] hat sich in letzter Zeit insbesondere auch
den Braunglasreklamationen der Firma Heye angenommen. Hier
hat sich gezeigt, dass ein gewisser Fortschritt in der Qualität zu
erreichen war, dass dieser jedoch noch nicht ausreichend ist.
Es muss jedoch nochmals darauf hingewiesen werden, dass die
Reklamationen, die durch die Glashütten ausgesprochen werden,
zur Kenntnis von der GGA gelangen sollten. Es ist sonst keine
Nachverfolgung der Qualitätsproblematik möglich. Insbesondere
muss verhindert werden, dass abgelehnte Ware einfach zur
nächsten
Glashütte
gefahren
wird
und
dort
problemlos
angenommen wird."
b)
Wirkung der Vereinbarung
121.
Die Vereinbarung verhindert, dass auf den betroffenen Sekundärrohstoffmärkten duale Systeme, Betreiber von Glasaufbereitungsanlagen, die unaufbereitetes Altglas von dualen Systemen erwerben, oder Händler in individuellen Vereinbarungen Altglas an Behälterglashersteller absetzen können. Umgekehrt ist
es den Behälterglasherstellern nur beschränkt möglich, von Dritten Altglas zu
beziehen. Soweit es sich um Altglas aus der Sammlung dualer Systeme handelt, werden nur geringe Mengen nicht über die GGA vermarktet.
122.
Die Kartellierung der Nachfrage wirkt sich nachteilig auf die Möglichkeit der
Marktgegenseite aus, Altglas als Sekundärrohstoff zu vermarkten. Das
Verhalten der Behälterglashersteller nach dem von DSD im Jahr 2006
durchgeführten Auktionsverfahren gegenüber den Anbietern von Altglas ist auf
das Zusammenwirken der Behälterglashersteller in der GGA zurückzuführen.
Die GGA beteiligte sich nicht unmittelbar an dem Auktionsverfahren der DSD im
Jahr 2006 zur Vermarktung von Altglas, versuchte aber die gesamten
Glasmengen von den Vertragspartnern der DSD aufzukaufen um das bisherige
System fortführen zu können. Die Behälterglashersteller waren nicht bereit, in
individuelle Verhandlungen mit den Vertragspartnern der DSD über die
Übernahme von Altglas zu treten, sondern beharrten auf der zentralen
Vermarktung über die GGA.
- 49 -
- 49 123.
Der Beschlussabteilung liegen insoweit Eingaben zweier Unternehmen, der
A. 145 und der H. 146 vor, die Altglas aus der Ausschreibung der DSD im Jahr
2006 erworben haben. Sie berichten übereinstimmend, dass individuelle
Verhandlungen mit den Behälterglasherstellern nur schwer möglich waren. Ziel
der GGA war es, zentral die Altglasmengen einzukaufen; dies konnte nur
funktionieren, wenn die Gesellschafter der GGA von eigenen Verhandlungen
absahen. Diese Strategie ergibt sich u.a. aus Emails, die Vertreter der GGA an
A. gerichtet haben. Es heißt in diesen Emails 147 auszugsweise:
"Bei der Gesamtschau der von Ihnen gewonnenen Gebiete ist zu
vermuten, dass sich auch Mengen mit einem wesentlich
günstigeren Einkaufspreis darunter befinden. Wir sind davon
ausgegangen, dass sie uns Ihre Gesamtmengen anbieten.
Dann wäre es sicherlich möglich, teure mit günstigeren Mengen
zu kombinieren, um auf einen konkurrenzfähigen Preis zu
kommen."
"Wir denken [...] dass wir zu einer Lösung kommen könnten, wenn
wir mit Ihren Gesamtmengen rechnen könnten."
124.
Die Gesellschafter der GGA lehnen es ab, direkt von A. einzukaufen und
verhindern auch, dass Glashütten in angrenzenden Staaten, die zum gleichen
Konzern gehören, Mengen von A. annehmen. 148 Auch H. wurde hinsichtlich der
Vermarktung seiner Glasmengen von der zu Saint Gobain gehörenden
Süddeutschen Altglas Rohstoff GmbH, Bad Wurzach, an die GGA verwiesen. 149
125.
Dennoch ist es den beiden Unternehmen gelungen, die von der DSD
übernommenen Altglasmengen der Verwertung zuzuführen. A. konnte die
Lagermengen auf inzwischen unter 5 % der zu verwertenden Altglasmengen
abbauen. 150
126.
Ohne die Vereinbarung wäre zu erwarten, dass die Behälterglashersteller in
Wettbewerb um die für ihre Produktion benötigten Sekundärrohstoffe treten. Als
Anbieter des Altglases kommen sowohl die Betreiber dualer Sammelsysteme
145
146
147
148
149
150
Bl. 520 ff. d.A.
Bl. 534 ff. d.A.
Bl. 528 d.A. Hervorhebung nicht im Original.
Bl. 523 f. d.A.
Bl. 536 d.A.
Vgl. Email von A. vom 16. Mai 2007, Bl. 975 d.A.
- 50 -
- 50 als auch Aufbereiter, die Altglas nach der Aufbereitung veräußern wollen, in
Betracht.
Die
Behälterglashersteller
stünden
beim
Einkauf
des
Sekundärrohstoffs im Wettbewerb. Bemühungen zur Optimierung beim
geografischen Standort wären nicht ausgeschaltet.
2.
Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung
127.
Die
Wettbewerbsbeschränkung
ist
spürbar.
Spürbar
Wettbewerbsbeschränkung jedenfalls dann, wenn die an der
ist
eine
fraglichen
Vereinbarung beteiligten Unternehmen erhebliche Marktanteile auf sich
vereinen. 151 Abzustellen ist auf die Marktanteile der Behälterglashersteller auf
den betroffenen Altglasmärkten.
128.
Die Unternehmen beziehen den wesentlichen Teil des von ihnen benötigten
Altglases über die GGA. Zur Ermittlung des Verhältnisses der über die GGA
bezogenen Altglasmengen zu den freien Mengen hat die Beschlussabteilung
alle in Deutschland ansässigen Behälterglashersteller befragt. Nicht befragt
wurden Hersteller von Flachglas, die auch Altglas, allerdings ausschließlich aus
Produktionsabfällen einsetzen, weil auf sie nur ein geringes Marktvolumen
entfällt. Insoweit hat die Beschlussabteilung bereits im Fusionskontrollverfahren
Remondis/RWE für den Markt der Aufbereitung von Altglas festgestellt, dass
ca. 90 % des aufbereiteten Altglases Behälterglasscherben sind. 152 Die
Befragung hat ein Gesamtmarktvolumen von 2,3 Mio. t bzw. 105,9 Mio. €
ergeben. Dies entspricht den Einschätzungen der GGA, die von 2,4 Mio. t bzw.
103 Mio. € ausgeht. 153
129.
Die Zusammenfassung der drei Teilmärkte ergibt folgendes Bild:
Altglas 154
Herkunft
GGA
Sonstiges Inland
Importe
Gesamt
151
152
153
154
Menge in t Anteil in % Wert in Mio. € Anteil in %
1.540.223
68,9
67,2
65,1
677.869
29,6
33,6
31,7
73.862
3,2
3,4
3,2
2.291.954
100,0
105,9
100,0
Vgl. hierzu die Bekanntmachung der Kommission über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die
den Wettbewerb gem. Art. 81 Abs. 1 EG nicht spürbar beschränken (de minimis), ABl. C 368 vom
22. Dezember 2001, S. 13, Ziff. 7.
Bundeskartellamt, Beschluss vom 23. Februar 2005, B 10 – 122/04, www.bundeskartellamt.de. Die
Zahlen beziehen sich auf 2003, es ist aber nicht davon auszugehen, dass sich die Menge des
verwerteten Flachglases innerhalb zweier Jahre in relevanter Weise verändert hat.
B 10 – 39/99, Bl. 402 f. d.A.
Ergebnis der Befragung der Behälterglashersteller mit Schreiben vom 5. Oktober 2006, Bl. 75 ff. d.A.
- 51 -
- 51 130.
Aufgeteilt auf die drei Farbfraktionen ergibt sich für das Jahr 2005 bei einer
Betrachtung des Marktvolumens in t folgendes Ergebnis:
131.
Grünglas
Herkunft
GGA
Sonstiges Inland
Importe
Gesamt
Menge in t Anteil in % Wert in Mio. € Anteil in %
565.885
22,3
70,0
69,6
215.962
26,7
8,9
27,7
26.626
3,3
0,9
2,8
808.473
100,0
32,0
100,0
Braunglas
Herkunft
GGA
Sonstiges Inland
Importe
Gesamt
Menge in t Anteil in % Wert in Mio. € Anteil in %
171.600
7,6
48,6
42,6
153.453
43,4
8,6
48,2
28.327
8,0
1,6
9,2
353.380
100,0
17,9
100,0
Weißglas
Herkunft
GGA
Sonstiges Inland
Importe
Gesamt
Menge in t Anteil in % Wert in Mio. € Anteil in %
802.738
39,0
71,0
69,7
308.454
27,2
16,1
28,8
18.909
1,7
0,9
1,5
1.130.101
100,0
56,0
100,0
Dieses Ergebnis deckt sich mit den eigenen Einschätzungen der GGA. Auf
Grund freiwilliger Meldungen der Behälterglashersteller kann sie die Menge
freier Scherben ermitteln, die bei der Produktion von Behälterglas eingesetzt
werden. Demnach wurden 2005 1.538 Mio. t (73,1 %) Altglas über die GGA
bezogen und 567 Mio. t (26,9 %) von Dritten. 155 Die Abweichungen ergeben
sich daraus, dass die GGA keinen vollständigen Überblick der über Dritte
bezogenen Altglasmengen hat.
3.
Auswirkungen der Vereinbarung auf den Absatzmarkt
132.
Bei Vereinbarungen zum gemeinsamen Einkauf
bietet es sich im Rahmen
einer Gesamtbetrachtung an, die Absatzmärkte der Beteiligten in die
Betrachtung jedenfalls auch mit einzubeziehen. Es ist – ergänzend zu den
Wettbewerbsbeschränkungen auf den Einkaufsmärkten, die im Vordergrund der
kartellrechtlichen Betrachtung stehen, festzustellen, welche Auswirkungen die
Zusammenarbeit beim Einkauf auf den Wettbewerb der Beteiligten beim Absatz
der von ihnen hergestellten Produkte hat. 156
155
156
Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 63. d.A.
Vgl. hierzu auch die Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf
Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 125 ff.
- 52 -
- 52 133.
Betroffen ist der Absatzmarkt für Behälterglas, auf dem die an der GGA
beteiligten
Unternehmen
als
Wettbewerber
auftreten.
Der
Markt
für
Glasverpackungen ist von anderen Verpackungsmärkten (PET, Metall)
abzugrenzen. 157 Die Abfüller von Getränken, Lebensmitteln etc. können nur
nach Umstellung der Abfüllvorrichtungen Verpackungen anderer Materialien
verwenden. 158
deutlich.
159
Die
Abfülltechnologie
unterscheidet
sich
im
Einzelnen
Für eine Reihe hochwertiger Produkte, insbesondere alkoholische
Getränke, kommen nur Glasverpackungen in Frage, um das Image der
jeweiligen Märkte nicht zu gefährden. 160 Das schließt Substitutionsbeziehungen
in einigen Bereichen nicht aus. 161
134.
Der räumlich relevante Markt ist regional abzugrenzen, weil die Transportkosten
wegen des spezifischen Gewichts von Glasverpackungen eine erhebliche Rolle
spielen. Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass Transporte nur wirtschaftlich sind bis zu einer Entfernung von maximal 400 bis 500 km um die
jeweilige Produktionsstätte herum 162 und die Möglichkeit eines auf Deutschland
begrenzten Marktes erwogen, ohne die Frage abschließend zu entscheiden. 163
Für die Bewertung der Auswirkungen der Wettbewerbsbeschränkungen auf den
Absatzmarkt muss diese Frage nicht abschließend geklärt werden. Denn selbst
wenn die an Deutschland angrenzenden Staaten teilweise in den räumlich
relevanten
Markt
einzubeziehen
sind,
wirkt
sich
jedenfalls
die
Wettbewerbsbeschränkung auf dem Sekundärrohstoffmarkt auch auf dem
Absatzmarkt aus.
135.
Die inländischen Behälterglashersteller, die alle Gesellschafter der GGA sind,
produzierten im Jahr 2005 3.909.000 t Behälterglas und haben damit einen
157
158
159
160
161
162
163
Vgl. Kommission, Entscheidung vom 21. April 1998, Case No IV/M.1109 – Owens-Illinois/BTR
Packaging; Entscheidung vom 5. Juli 1999, Case No IV/M.1539 – CVC/Danone/Gerresheimer;
Entscheidung vom 9. Juni 2004, Case No. COMP/M.3397 – Owens-Illinois/BSN Glaspack, veröffentlicht
unter ec.europa.eu.
Kommission, Entscheidung vom 5. Juli 1999, Case No IV/M.1539 – CVC/Danone/Gerresheimer, Rn.
12, ec.europa.eu.
Kommission, Entscheidung vom 21. April 1998, Case No IV/M.1109 – Owens-Illinois/BTR Packaging;
Rn. 13, ec.europa.eu.
Kommission, Entscheidung vom 5. Juli 1999, Case No IV/M.1539 – CVC/Danone/Gerresheimer, Rn.
10, ec.europa.eu.
Kommission, Entscheidung vom 9. Juni 2004, Case No COMP/M.3397 – Owens-Illinois/BSN Glaspack,
Rn. 13, ec.europa.eu.
Kommission, Entscheidung vom 9. Juni 2004, Case No COMP/M.3397 – Owens-Illinois/BSN Glaspack,
Rn. 19, ec.europa.eu.
Kommission, Entscheidung vom 5. Juli 1999, Case No IV/M.1539 – CVC/Danone/Gerresheimer, Rn.
24, ec.europa.eu.
- 53 -
- 53 Umsatz von 1.401 Mio. € erzielt. 164 Importe spielen mit 241.000 t eine
untergeordnete Rolle, während 1.279.000 t Behälterglas exportiert werden. 165
Selbst wenn der räumlich relevante Markt nicht auf Deutschland begrenzt
werden könnte, sondern noch Nachbarstaaten (teilweise) einzubeziehen wären,
verfügten die Beteiligten jedenfalls über erhebliche Marktanteile.
136.
Der gemeinsame Einkauf der Rohstoffe über die GGA schränkt den
Wettbewerb auf der Absatzseite ein, soweit die Beteiligten einen Teil ihrer
Kosten vergemeinschaften. Der auf die Altglasbeschaffung entfallende
Kostenanteil
ist
erheblich.
Die
Marktteilnehmer
schätzen,
dass
die
Rohstoffkosten (Primär- und Sekundärrohstoffe) 15 % bis 25 % der
Gesamtkosten ausmachen. 166 Auf Energie entfallen weitere 15 – 20 % der
Kosten, während Lohnkosten 30 – 35 % ausmachen.
137.
Der Anteil des als Sekundärrohstoff eingesetzten Altglases im Verhältnis zu den
Primärrohstoffen ist ebenfalls hoch. Wertmäßig liegt der Anteil des Altglases am
gesamten Rohstoffeinsatz je nach Farbfraktion zwischen 50 % und 67 %.
Preisänderungen bei den Sekundärrohstoffen bzw. eine Verringerung bzw.
Erhöhung der eingesetzten Sekundärrohstoffmengen wirken sich daher
unmittelbar auf die Absatzpreise aus.
138.
Eine Verringerung der eingesetzten Sekundärrohstoffmengen führt darüber
hinaus
zu
einer
Erhöhung
der
Energiekosten.
Die
Reduzierung
der
eingesetzten Sekundärrohstoffe um 10 % erhöht die Energiekosten um 2 % bis
4 %. 168 Weitere Kosten verursacht der bei steigendem Energieverbrauch
notwendige
Zukauf
von
CO2-Emissionszertifikaten.
Soweit
zusätzliche
Investitionen erforderlich sind, z.B. in Gemengehäusern, führen größere
Primärrohstoffmengen auch mittelbar zu Kostensteigerungen.
IV.
Eignung zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels
139.
Die Vereinbarung ist geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu
beeinträchtigen. Eine Eignung zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen
Handels liegt vor, wenn sich an Hand objektiver rechtlicher oder tatsächlicher
164
165
166
167
168
Jahresbericht des Bundesverbandes Glasindustrie e.V. 2005, S.7, Bl. 180 ff. d.A.
Jahresbericht des Bundesverbandes Glasindustrie e.V. 2005, S. 8 f.
Auskunft des früheren Geschäftsführers der GGA vom 18. Dezember 2006, Bl. 186 d.A., Auskunft von
Rexam vom 26. Oktober 2006, bereinigte Fassung Bl. 1.095 d.A.
Primär- und Sekundärrohstoffe, inklusive Aufbereitungsleistungen bei Altglas.
Vgl. oben C.II.1.d).
- 54 -
- 54 Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass die
Vereinbarung den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten unmittelbar oder
mittelbar, tatsächlich oder potenziell beeinflussen kann. 169
140.
Die Vereinbarung wirkt sich insofern unmittelbar auf die Märkte für die Verwertung von Altglas aus, als über die GGA Glasmengen, die im Inland keiner Verwertung zugeführt werden können, in das Ausland exportiert werden. 170 Im Jahr
2005 exportierte die GGA insgesamt 248.450 t Altglas, und zwar bis auf eine
Menge von 513 t in Mitgliedstaaten. Mittelbar hat die Vereinbarung zur Folge,
dass die Beteiligten beim Bezug von Altglas aus anderen Mitgliedstaaten
beschränkt sind. Ein konkretes Beispiel für diese Auswirkungen auf den Bezug
ist die Verzicht von Rexam auf Importe zu Gunsten inländischer Mengen. 171
Soweit Unternehmen Altglasmengen aus der DSD-Ausschreibung erworben
haben, werden sie z.T. daran gehindert, diese in anderen Mitgliedstaaten
abzusetzen, sofern Konzerne die GGA stützen wollen und Lieferungen an
Tochterunternehmen im Ausland unterbinden. 172
141.
Soweit die Vereinbarung Auswirkungen auf die Absatzmärkte hat, ist sie
ebenfalls geeignet, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen. Denn
die Hersteller von Behälterglas exportierten im Jahr 2005 Behälterglas im Wert
von 616 Mio. €. Bezogen auf alle Glaswaren gingen 63 % der Exporte der
Glashersteller in Mitgliedstaaten. 173
142.
Die
Beeinträchtigung
des
zwischenstaatlichen
Handels
ist
unter
Berücksichtigung des von der Vereinbarung betroffenen Marktvolumens und
der hohen gemeinsamen Marktanteile der Beteiligten auf den betroffenen
Märkten auch spürbar. 174
169
170
171
172
173
174
175
Vgl. hierzu auch die Bekanntmachung der Kommission – Leitlinien über den Begriff der
Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Art. 81 und 82 des Vertrages, ABl. C 101 v.
27. April 2004, S. 81, Rn. 23 m.w.N.
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl 104 ff.
Vgl. oben A.IV.3.c).
Vgl. oben C.III.1.b) zu den Schwierigkeiten der A., Mengen im Ausland abzusetzen.
Bundesverband Glasindustrie e.V., Jahresbericht 2005, S. 5, 8, Bl. 180 ff. d.A.
Vgl. auch die Bekanntmachung der Kommission – Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des
zwischenstaatlichen Handels in den Art. 81 und 82 des Vertrages, ABl. C 101 v. 27. April 2004, S. 81,
Rn. 52.
Vgl. auch die Bekanntmachung der Kommission – Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des
zwischenstaatlichen Handels in den Art. 81 und 82 des Vertrages, ABl. C 101 v. 27. April 2004, S. 81,
Rn. 52.
- 55 -
- 55 V.
Keine Freistellung der Vereinbarung gem. Art. 81 Abs. 3 EG, § 2 GWB
143.
Die Vereinbarung ist nicht gem. Art. 81 Abs. 3 EG, § 2 GWB freigestellt.
Voraussetzung für eine Freistellung ist, dass die Vereinbarung unter
angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur
Verbesserung der Warenerzeugung oder –verteilung oder zur Förderung des
technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beiträgt, ohne dass den
beteiligten Unternehmen Beschränkungen auferlegt werden, die für die
Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind oder Möglichkeiten eröffnet
werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb
auszuschalten.
144.
Sämtliche von den an einer Vereinbarung Beteiligten geltend gemachten
Effizienzgewinne müssen substantiiert werden, um die Art der angeführten
Effizienzgewinne, die Verknüpfung zwischen der Vereinbarung und den
Effizienzgewinnen, die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß jedes geltend
gemachten Effizienzgewinns nachprüfen zu können; überprüfbar muss auch
sein, wie und wann jeder geltend gemachte Effizienzgewinn erreicht wird. 176
Werden
Kosteneinsparungen
geltend
gemacht,
muss
der
Wert
der
Einsparungen so genau wie möglich berechnet oder geschätzt und eingehend
beschrieben werden, wie der Betrag berechnet wurde. Die vorgelegten Daten
müssen nachprüfbar sein, damit in hinreichendem Maße gewährleistet ist, dass
die Effizienzgewinne tatsächlich erzielt wurden oder wahrscheinlich erzielt
werden. 177
145.
Die Beteiligten haben zunächst mit Schreiben vom 24. Mai 2006 erklärt, sie
seien im Rahmen einer auf ein Gutachten gestützten kartellrechtlichen
Selbsteinschätzung zu dem Ergebnis gelangt, ihre Tätigkeit sei nach § 2 GWB
freigestellt. 178 Nach Aufforderung durch die Beschlussabteilung hat die GGA
dieses Gutachten vom 11. Januar 2006 sowie "Eckpunkte" vom 16. Januar
2006, die ebenfalls Ausführungen zur Freistellbarkeit der Vereinbarung
enthalten, mit Schreiben vom 9. Juni 2006 vorgelegt. 179 Mit Auskunftsschreiben
vom 10. Juli 2006 ist die GGA ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass
176
177
178
179
Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen
über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 51.
Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen
über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 56.
B 10 – 39/99, Bl. 409 ff. d.A.
B 10 – 39/99, Bl. 420 ff. d.A.
- 56 -
- 56 die Ausführungen in diesem Gutachten den Anforderungen an eine belastbare
Darlegung von Effizienzvorteilen nicht genügen. 180
146.
Im Gutachten wird soweit ersichtlich die Verwirklichung von Umweltschutzzielen
als Effizienzvorteil i.S.d. Art. 81 Abs. 3 EG, § 2 GWB herangezogen. Wörtlich
heißt es dort:
"Entscheidende Relevanz im Wettbewerbsrecht kommt der
Vorschrift des Art. 130 r Abs. 2 Satz 3 EGV zu, wonach die
Gemeinschaft
bei
allen
Tätigkeiten
die
Erfordernisse
des
Umweltschutzes zu berücksichtigen hat. Diese sogenannte 'Querschnittsklausel' legt also fest, dass der Schutz der Umwelt auch
bei der Durchführung anderer Gemeinschaftspolitiken – wie etwa
der Wettbewerbspolitik in Art. 85 – in Rechnung zu stellen ist. Aus
diesen zahlreichen Ansatzpunkten lässt sich der zutreffende
Schluss ziehen, dass der Umweltschutz im Gemeinschaftsrecht
bei einer Güter- und Interessenabwägung zwar keinen absoluten
Vorrang, aber doch einen hohen Rang genießt."
147.
Im Übrigen wird im Gutachten die Ansicht vertreten, es handele sich beim
Einkauf von Altglas zur Produktion von Behälterglas um keinen Beschaffungsvorgang. Der Gesetzgeber habe die Freiheit der Hersteller von Behälterglas
zwischen Primär- und Sekundärrohstoffen zu wählen, eingeschränkt. Der
Einkauf von Altglas zur Herstellung von Behälterglas sei nicht mehr "Ausdruck
unternehmerischer Freiheiten".
148.
In Eckpunkten vom 16. Januar 2006 werden die Voraussetzungen des § 2
Abs. 1 GWB kurz erörtert. Die Eckpunkte gehen von dem Modell 181 einer
künftigen Tätigkeit der GGA aus, in dem die GGA von DSD die unaufbereiteten
Glasmengen erwirbt und die Aufbereitung ausschreibt bzw. Aufbereiter das
unaufbereitete Glas im eigenen Namen erwerben, es aufbereiten und an die
GGA verkaufen. Die Gesellschafter beziehen von der GGA in diesem Modell
die aufbereiteten Altglasmengen,
tragen die individuellen Kosten des
Transports zu ihren Betriebsstandorten aber selbst.
Zur Freistellung einer
solchen Vereinbarung heißt es in den Eckpunkten:
"[...] Zu bedenken sind also fünf Kriterien:
180
181
Bl. 3 ff. d.A.
Vgl. oben A.V.2.
- 57 -
- 57 -
Verbrauchervorteile,
-
Verbesserte Warenerzeugung,
-
Förderung des technischen Fortschritts,
-
nur unerlässliche Beschränkungen,
-
keine Ausschaltung des Wettbewerbs,
die nach Auffassung der GGA allesamt erfüllt sind. Die
Verbrauchervorteile
ergeben
sich
flächendeckenden,
gleichmäßigen
aus
dem
erzielten
und
kostengünstigen
Recyclingmodell. Die Glaserzeugung wird durch den höheren
Einsatz von Sekundärrohstoff und den dadurch bedingten niedrigeren Energieaufwand verbessert. Damit wird zugleich der
technische
Fortschritt
gefördert.
Die
Zusammenarbeit
ist
unerlässlich, da die einzelnen Hersteller diese Aufgabe nicht
bewältigen könnten. Der Wettbewerb wird zwar kreislaufbedingt
eingeschränkt, aber im Hinblick auf die zweifache Ausschreibung
(Entsorgung,
Aufbereitung)
nicht
vollständig
ausgeschaltet.
Infolgedessen ist von einer Freistellung des Glasrecyclings
auszugehen."
149.
In ihrem Schriftsatz vom 10. April 2007 haben die Beteiligten ergänzend zu den
Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG, § 2 GWB vorgetragen. Sie meinen,
der gemeinsame Einkauf von Altglas über die GGA sei erforderlich, um eine
hohe Recyclingquote zu gewährleisten. Altglas als Sekundärrohstoff sei auf
Grund der Tätigkeit der GGA deutlich günstiger als die Primärrohstoffe und
komme deshalb bevorzugt zum Einsatz. Die Koordinierung des Altglaseinsatzes
über die GGA führe insbesondere auch zu einer Senkung der Transportkosten,
weil Transportwege optimiert würden. Darüber hinaus sichere die GGA die
gleichbleibende Qualität des eingesetzten Altglases.
150.
Mit dem am 21. Mai 2007 in Form einer Abschlusspräsentation vorgelegten
Gutachten von Roland Berger vertiefen und ergänzen die Beteiligten ihren
Vortrag zum Vorliegen der Freistellungsvoraussetzungen des § 2 GWB bzw.
des Art. 81 Abs. 3 EG weiter.
- 58 -
- 58 151.
Sie vergleichen ein "GGA-Szenario" mit einem "Wettbewerbsszenario" und
analysieren die Effekte zur Effizienzsteigerung, zur Verbesserung des
technologischen
Fortschritts
und
zur
Energieeinsparung
und
Umweltentlastung. 182 Effizienzsteigerungen gegenüber dem Wettbewerbsszenario bei der Beschaffung sehen die Beteiligten in der Reduzierung von
Vermarktungs-
und
Beschaffungsaufwand
Abstimmungsaufwands
durch
Bündelung,
sowie
des
der
operativen
Sicherstellung
von
Einkaufsstandards und Qualitätssicherung und dem Aufbau von Know-how und
Expertise. Die Markttransparenz sei in beiden Szenarien gleich. Bei den Vorund Nachlauftransporten liege die Effizienzsteigerung nur im reduzierten
Aufwand im Beschaffungsprozess von Transportleistungen durch Bündelung,
während beide Szenarien neutral hinsichtlich der Reduzierung des Aufwands in
der operativen Abwicklung durch zentrale Abwicklung und in der Erzielung einer
hohen Transportauslastung seien. Schlechter schneide die GGA bei der
Minimierung von Transportentfernungen zwischen Anfallstellen, Aufbereitern
und
Glashütten
Effizienzsteigerungen
ab,
zu
im
Wettbewerbsszenario
erwarten.
Hinsichtlich
der
seien
stärkere
Aufbereitung
seien
Effizienzsteigerungen nur bei der Definition und Sicherstellung eines hohen und
gleichbleibenden Mindestqualitätsstandards zu erwarten. Beide Szenarien
verhielten sich neutral hinsichtlich möglicher Effizienzsteigerungen durch
gebündelte
Beschaffung
und
zentrales
Management
der
Aufbereitungsleistungen, weil die GGA insoweit nicht tätig werde. Eine
dauerhafte und hohe Anlagenauslastung sei in beiden Szenarien zu erwarten.
152.
Positive Effekte erwarten die Beteiligten auch insoweit, als der technologische
Fortschritt gefördert werde. 183 Die GGA sichere eine hohe Recyclingquote und
schaffe damit stärkere Anreize für Ausgaben für Forschung und Entwicklung
und für Investitionen in Aufbereitungstechnologien sowie zur Weiterentwicklung
von Abwärmenutzungstechnologien bei der Behälterglasherstellung.
153.
Eine Quantifizierung der aufgeführten Effizienzsteigerungen leistet die Studie
nicht.
154.
Schließlich sehen die Beteiligte auch positive Effekte für die Umwelt gegenüber
dem
182
183
Wettbewerbsszenario.
Sie
ermitteln
hierzu
zunächst
den
Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 22.
Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 28.
- 59 -
- 59 Gesamtkostenvorteil der Sekundärrohstoffe und stellen in einem zweiten Schritt
fest, inwieweit die Substitution der Sekundärrohstoffe durch Primärrohstoffe
wirtschaftlich sinnvoll ist. Im Ergebnis sei im Wettbewerbsszenario eine
Substitution durch Primärrohstoffe zu erwarten, allerdings sei der Umfang nicht
vorhersehbar. 184
155.
Zur Quantifizierung der Umwelteffekte betrachten die Beteiligten eine
Substitution von jeweils 10%, 20%, 30% und 40% der Sekundärrohstoffe durch
Primärrohstoffe und prognostizieren den Mehraufwand an Energie und die
zusätzlichen Belastungen der Umwelt durch CO2, NOX, SO2 und Staub. 185
156.
Die Beteiligten sind der Ansicht, eine Weitergabe der Effizienzeffekte sei auf
Grund des zwischen den Behälterglasherstellern bestehenden Wettbewerbs
sichergestellt. Die Umwelteffekte kämen "dem Verbraucher" unmittelbar zu
Gute.
157.
Die Beteiligten meinen im Hinblick auf die Ausschaltung des Wettbewerbs, der
Marktanteil der GGA liege je nach Betrachtung bei 1% bis 29%. Sie berechnen
einen "Marktanteil" von 3 %, indem sie den Umsatz der GGA von 34,7 Mio. €
ins Verhältnis setzen zu den Herstellkosten für Behälterglas, die sie ermitteln,
indem sie vom Gesamtumsatz der im Inland tätigen Behälterglashersteller eine
EBIT-Marge von 10% abziehen. Ein "Marktanteil" von 29% ergibt sich nach
Auffassung der Beteiligten, wenn man den Anteil der von der GGA
übernommen Kosten in Höhe von 30,2 Mio. € an den gesamten Kosten der
Bereitstellung von Altglas zur Verwertung in Höhe von 103 Mio. € berechnet.
Schließlich
berechnen
die
Beteiligten
noch
Anteile
am
"Markt
für
Altglastransporte" bzw. am "Markt für Schüttguttransporte", die bei 16% bzw.
1% liegen sollen.
1.
Verbesserung der Warenerzeugung oder –verteilung, Förderung des
technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts
158.
Der
wirtschaftliche
Nutzen
von
Einkaufsvereinbarungen
kann
in
Größenvorteilen bei Bestellungen und beim Transport liegen. Üben die an einer
Einkaufsvereinbarung
beteiligten
Unternehmen
gemeinsam
erhebliche
Nachfragemacht aus, muss die Frage der Leistungsgewinne genau untersucht
184
185
Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 40.
Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 42.
- 60 -
- 60 werden. Kosteneinsparungen, die allein durch die Ausübung von Macht
realisiert werden und den Abnehmern keine Vorteile bringen, können nicht
berücksichtigt werden. 186
a)
Versorgung der Behälterglashersteller mit Sekundärrohstoffen
159.
Die Beteiligten sichern über die GGA als gemeinsamer Einkaufsgesellschaft die
Versorgung ihrer Produktionsstätten mit Sekundärrohstoffen ab. Im Jahr 2005
setzte die von der GGA belieferte Behälterglasindustrie in Deutschland nach
Angaben der GGA insgesamt folgende Altglasmengen 187 ein:
Glasfarbe
Grün
Braun
Weiß
Gesamt
160.
Produktion in t
Scherbeneinsatz in t
Anteil in %
1.132.613
705.106
62,25
767.772
291.802
38,01
2.074.903
1.105.736
53,29
3.975.288
2.102.644
52,89
Tatsächlich liegt der Anteil des Altglases an der Produktionsmenge der
Behälterglasindustrie
etwas
höher.
Legt
man
die
Auskünfte
der
Behälterglashersteller in diesem Verfahren zu Grunde, ergibt sich eine
Gesamteinsatzquote von 57,66 %. 188 Andere Verwertungsmöglichkeiten für
Altglas spielen keine nennenswerte Rolle. In 2005 hat die GGA lediglich
50.266 t als Rohstoff alternativ verwerten lassen. 189
aa)
Vorteile bei der Beschaffung
161.
Der Preis, zu dem die GGA Altglas ankauft, ist seit Jahren nahezu konstant. In
dem Standardvertrag, Stand 7. Dezember 1995, der dem Bundeskartellamt am
16. März 2000 übersandt wurde, ist in § 5 Abs. 3 eine Vergütung von 1,00 DM
(0,51 €/t) für Grünglas, 8,00 DM/t (4,09 €/t) für Braunglas und 2,00 DM/t
(1,02 €/t) für Weißglas vorgesehen. 190 Derzeit kauft die GGA Entsorgern das im
Auftrag dualer Systeme erfasste Altglas für 0,55 €/t (Grünglas) 4,60 €/t
(Braunglas) und 1,15 €/t (Weißglas) ab. 191
162.
Diese Preise sind keine Marktpreise, wie sie bei Wettbewerb um Altglas zu
erwarten wären. Die GGA kann aufgrund des hohen Anteils der auf sie
186
187
188
189
190
191
Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen
über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 132.
Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 63.
Zu den von den Behälterglasherstellern eingesetzten Altglasmengen vgl. unten B.III.2.
Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 62. Darin enthalten sind 40.266 t, die für die Herstellung
von Mineralwolle eingesetzt wurden und 10.000 t für den Deponiebau und die Schaumglasherstellung.
B 10 – 39/99, Bl. 84 d.A.
Vgl. oben A.IV.3 a).
- 61 -
- 61 entfallenden
Nachfrage
nach
Altglas
den
Preis
festsetzen,
ohne
Ausweichreaktionen der Marktgegenseite erwarten zu müssen. Die Anbieter
von
unaufbereitetem
Altglas
verfügen
solange
über
keine
relevanten
Absatzalternativen, wie alle inländischen Behälterglashersteller zentral über die
GGA Altglas einkaufen. Ein Indiz dafür, dass es sich bei den GGA-Preisen um
keine Marktpreise handelt, ist der Vergleich mit den Preisen für Altglas, das im
Gewerbe anfällt. Demnach wurden 2005 für Weißglas 20 – 35 €/t, für Braunglas
ebenfalls 20 – 35 €/t und für Grünglas bis zu 10 €/t gezahlt, und zwar inklusive
der Anlieferung zur jeweiligen Aufbereitungsanlage. 192
Gunsten
der
Beteiligten
Vorlaufkosten
für
Selbst wenn man zu
den
Transport
zur
Aufbereitungsanlage von durchschnittlich 8,82 €/t 193 zu Grunde legt, obwohl
diese wegen der nicht optimierten Transportwege der GGA überhöht sein
dürften, ergeben sich auf dem freien Altglasmarkt deutlich höhere Preise als die
von der GGA an ihre Lieferanten gezahlten.
163.
Indem die GGA die freie Vermarktung von Altglas verhindert, macht sie es
Betreibern haushaltsnaher Sammelsysteme unmöglich, Vermarktungserlöse zu
erzielen und sie an ihre Abnehmer, die nach der Verpackungsverordnung zur
Rücknahme
und
Verwertung
von
Verkaufsverpackungen
verpflichteten
Unternehmen, weiterzugeben. Dass die Weitergabe von Vermarktungserlösen
inzwischen
eine
Rolle
im
Wettbewerb
der
Betreiber
haushaltsnaher
Sammelsysteme spielt, ergibt sich u.a. aus der Preisgestaltung der DSD. DSD
hat die Lizenzentgelte für Altglas in der veröffentlichten Preisliste 194 gegenüber
2006 um 2,6 % abgesenkt. Insgesamt konnte das Unternehmen nach eigenen
Angaben in den vergangenen zehn Jahren die Kosten für die Lizenznehmer um
durchschnittlich 35 % senken, wobei die Verwertung der Verpackungsabfälle
als wettbewerbsfähige Sekundärrohstoffe zunehmende Bedeutung gewinnt. 195
164.
Der von der GGA erzielte Preisvorteil ist auf die Marktmacht der Beteiligten
zurückzuführen und nicht auf Größenvorteile bei ihrem Einkauf. Er verhindert,
dass die Betreiber dualer Systeme, Vermarktungserlöse erzielen und an ihre
192
193
194
195
Euwid-Marktumfrage, Februar 2005, Bl. 971 d.A.
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 81 d.A., bezieht sich auf die Bruttomenge. Im Gutachten
von Roland Berger, S. 38, nennen die Beteiligten durchschnittliche Vorlaufkosten von 9,94 €/t.
Abrufbar über www.gruener-punkt.de; Bl. 960 ff. d.A. Vgl. speziell zum Glasbereich die Übersicht Bl.
505 d.A.
Vgl. Pressemitteilung der DSD vom 19. März 2007, www.gruener-punkt.de, Bl. 970 d.A.
- 62 -
- 62 Abnehmer weitergeben. Er kann deshalb im Rahmen des § 2 GWB, Art. 81 EG
nicht berücksichtigt werden.
165.
Es bedarf keiner näheren Untersuchung, inwieweit die von den Beteiligten
genannte Erhöhung der Markttransparenz einen im Rahmen des § 2 GWB bzw.
Art. 81 Abs. 3 EG berücksichtigungsfähigen Vorteil darstellt. Denn nach
Auffassung der Beteiligten ergeben sich keine Unterschiede bei einer
Beschaffung des Altglases im Wettbewerb.
166.
Soweit die Beteiligten vorgetragen haben, die gemeinsame Beschaffung
reduziere den Vermarktungs- und Beschaffungsaufwand sowie den operativen
Abstimmungsaufwand durch Bündelung, quantifizieren sie diesen Aufwand
nicht. Sie unterlassen es auch, den Aufwand, den die gemeinsame Beschaffung
im Kartell verursacht, zu quantifizieren. Insofern ist davon auszugehen, dass die
Koordinierung der Beschaffung zu einem nicht unerheblichen Aufwand führt.
Kosten werden u.a. durch die regelmäßigen Treffen der Kartellmitglieder
verursacht. Im Jahre 2005 fanden – nach den von den Beteiligten vorgelegten
Protokollen 196 - insgesamt neun Sitzungen des Beirates statt, an denen
zwischen vier und dreizehn Vertreter der beteiligten Unternehmen teilnahmen.
Die Sitzung am 5. Juli 2005 wurde in Paris abgehalten. 197 Ein Anhaltspunkt für
die auf Grund des Kartells entstehenden Kosten sind die in der Gewinn- und
Verlustrechnung der GGA ausgewiesenen Verwaltungskosten. Sie lagen im
Jahr 2004 bei 2,2 Mio. €, im Jahr 2005 bei 2,4 Mio. €. 198 Die Verwaltungskosten
umfassen insbesondere die Personalaufwendungen, Kosten für Honorare und
Gutachten, und Zahlungen an die Informationszentrum Glas GmbH ("IZG") 199 ,
die Werbemaßnahmen der Glasindustrie durchführt. Da die Beteiligten weder
die
geltend
gemachte
Reduzierung
des
Vermarktungs-
und
Beschaffungsaufwandes sowie des operativen Abstimmungsaufwandes im
Einzelnen nachvollziehbar quantifizieren noch diese behaupteten Vorteile mit
den Kostenbelastungen durch die GGA bilanzieren, werden sie den
196
197
198
199
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Bl. 26 ff. Für die Monate Januar, August und September
liegen keine Protokolle vor.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Bl. 40. d.A.
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 16. Februar
2006, Bl. 609 d.A. (Die Zahlen für 2005 beruhen auf einer Prognose, ausgehend von den Ergebnissen
im Oktober 2005).
Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am1. August
2006, Bl. 745.
- 63 -
- 63 Anforderungen an ausführliche und belastbare Aussagen zu den geltend
gemachten Vorteilen 200 nicht gerecht.
167.
Die Beteiligten berufen sich darauf, dass die gemeinsame Beschaffung über die
GGA
besser
geeignet
sei,
Einkaufsstandards
und
Qualitätssicherung
umzusetzen und Know-how bzw. die notwendige Expertise aufzubauen. Sie
beziehen sich damit auf eine verbesserte Qualität des eingesetzten Rohstoffs.
Derartige Qualitätsverbesserungen können im Einzelfall einen im Rahmen des
§ 2 GWB, Art. 81 Abs. 3 EG berücksichtigungsfähigen Vorteil darstellen.
Allerdings ist hierzu nicht – wie im Rahmen der Prüfung der Unerlässlichkeit der
Wettbewerbsbeschränkung zu analysieren ist – die gemeinsame Beschaffung
durch eine zentrale Einkaufsorganisation erforderlich. 201
bb)
Vorteile beim Transport
168.
Die Beteiligten tragen vor, gegenüber dem Wettbewerbsszenario könne durch
den
Verzicht
auf
die
eigenständige
Beschaffung
der
Aufwand
im
Beschaffungsprozeß von Transportleistungen durch Bündelung reduziert
werden. Bei der operativen Abwicklung sei durch die zentrale Abwicklung
hingegen kein Vorteil zu erkennen. Nicht im Einzelnen dargelegt wird allerdings,
worin die Entlastung der Beteiligten durch die Bündelung zu sehen ist. Eine
detailliertere Darstellung hätte aber nahe gelegen, weil der Aufwand, den die
GGA in diesem Bereich hat, gering ist. In der Mehrzahl der Fälle beschränkt er
sich im Vorlauf darauf, mit dem Unternehmen, das Altglas im jeweiligen Gebiet
erfasst, den Übergabepunkt, regelmäßig eine Aufbereitungsanlage, für die
Altglasmenge zu vereinbaren. Die GGA hat hierzu wörtlich erklärt 202 :
"Der Transport aus dem Vertragsgebiet zur Ablieferstelle wird im
Allgemeinen vom Sammler selbst organisiert. Ob dieser ein drittes
Unternehmen mit dem Transport beauftragt, entzieht sich unserer
Kenntnis. In geringem Umfang werden die Transporte auch von
der GGA organisiert."
"Der prozentuale Anteil der direkten Transportaufträge der GGA
am Vorlauf betrug in 2005 2,67 %."
200
201
202
Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen
über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 56.
Vgl. unten C.V.1.
Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 11 f. d.A.
- 64 -
- 64 169.
Für die Nachtransporte beschränkt sich die Tätigkeit der GGA darauf, die ihr in
Rechnung gestellten Transportkosten zu zahlen. Die Mengen werden von den
Glashütten je nach ihrem Bedarf abgerufen, die Transporte führen regelmäßig
die Betreiber der Aufbereitungsanlagen durch. Wörtlich hat die GGA hierzu
erklärt 203 :
"Der Transport vom Aufbereiter zur Glashütte wird im Allgemeinen
von den Aufbereitern selbst organisiert. Inwieweit die Aufbereiter
ein drittes Unternehmen beauftragen, entzieht sich unserer
Kenntnis. In geringem Umfang werden die Transporte auch von
der GGA abgewickelt."
"Der prozentuale Anteil der direkten Transportaufträge der GGA
am Nachlauf betrug in 2005 6,87 %."
170.
Im Wettbewerb können die Behälterglashersteller das aufbereitete Altglas
unmittelbar vom Aufbereiter erwerben; ihr Aufwand hinsichtlich des Transports
der Altglasmenge veränderte sich gegenüber der heutigen Situation nicht.
Kaufen sie Altglasmengen von einem Unternehmen, das Altglas erfasst, werden
sie regelmäßig den Transport zu einer Aufbereitungsanlage vereinbaren. Es ist
nicht nachvollziehbar, worin vor dem Hintergrund der geringen Aktivität, die die
GGA bei der Beschaffung von Transportleistungen entfaltet, ein Vorteil liegen
soll, der im Rahmen des § 2 GWB, Art. 81 Abs. 3 EG zu berücksichtigen wäre.
171.
Soweit die Beteiligten den reduzierten Aufwand in der operativen Abwicklung
der Transporte und die Erzielung einer hohen Transportauslastung anführen,
erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung, weil sich nach ihrer eigenen
Einschätzung keine Vorteile gegenüber der Beschaffung des Altglases im
Wettbewerb ergeben.
172.
Zutreffend kommen die Beteiligten zu dem Ergebnis, dass das Kartell strukturell
nicht in der Lage ist, die Transportwege zwischen Anfallstellen, Aufbereitern
und Glashütten zu optimieren. Die Beschlussabteilung hat im Einzelnen
ermittelt, welche Nachteile durch die Kartellierung des Beschaffungswesens
entstehen.
173.
Die GGA ist bestrebt, die erheblich ins Gewicht fallenden Transportkosten zu
minimieren, indem sie Transportwege möglichst verringert. Zu diesem Zweck
203
Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 13 f. d.A.
- 65 -
- 65 nimmt
sie
Einfluss
auf
die
Zuordnung
der
Sammelgebiete
zu
den
Aufbereitungsanlagen. Sie räumt allerdings selbst ein, dass ihr die Optimierung
der Transportwege nicht gelingt. 204 Die Ursache für die fehlende Optimierung
der Transportwege von den Sammelgebieten zu den Aufbereitungsanlagen liegt
in der Einflussnahme der Betreiber von Aufbereitungsanlagen, die oft identisch
sind
mit
den
Anbietern
von
Erfassungsleistungen.
Diese
integrierten
Unternehmen können auf die GGA Druck ausüben, indem sie ankündigen,
Mengen nicht über die GGA sondern über Dritte zu vermarkten. Die GGA nimmt
deshalb – wie sie selbst einräumt – Rücksicht auf die Interessen der
Entsorgungsunternehmen. Die Beschlussabteilung hat mit Schreiben vom
10. Juli 2006 205 und vom 4. Oktober 2006 206 die GGA aufgefordert, im
Einzelnen die Zuordnung der Altglasmengen zu Aufbereitungsanlagen zu
erläutern. Mit Schreiben vom 6. September 2006 207 hat die GGA erklärt, dass
die
Entsorger,
soweit
sie
gleichzeitig
Aufbereitungsanlagen
betreiben,
maßgeblichen Einfluss auf die Zuordnung der Glasmengen hätten. Mit
Schreiben vom 26. Oktober 2006 208 hat die GGA weiter ausgeführt, dass sie
Optimierungen vornehme, indem sie Mengen verschiedener Gebiete zwischen
den Aufbereitungsanlagen austauschten, so dass der Auslastungsgrad der
jeweiligen Aufbereitungsanlage zwar erhalten bleibe, aber Transportwege
verkürzt würden.
174.
Die Optimierungsleistung des Einkaufskartells für den Transport von den
Aufbereitungsanlagen zu den Glashütten ist geringer als im Vorlauf. Da die
Mitglieder des Kartells einheitliche Tonnagepreise für die abgerufenen Mengen
zahlen, besteht für sie kein individueller wirtschaftlicher Anreiz, unnötige
Transportwege zu vermeiden. Insoweit hat der damalige Geschäftsführer der
GGA gegenüber dem Bundeskartellamt am 23. November 2004 209 erklärt, die
GGA versuche zwar zu verhindern, dass lange Frachtwege in Anspruch
genommen würden, habe bislang aber alle Nachfrachten bezahlt.
204
205
206
207
208
209
Bl. 648 d.A.
Bl. 9 d.A., Frage 4.
Bl. 71 d.A., Frage 3 b.
Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 75.
Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 16.
B 10 – 39/99, Bl. 347.
- 66 -
- 66 Die GGA selbst hat auf die Aufforderung der Beschlussabteilung 210 , die Art und
175.
Weise darzulegen, mit der Einfluss auf die Lieferungen aufbereiteten Glases an
die Glashütten genommen werde, um hohe Kosten für den Transport von
aufbereitetem Glas zu vermeiden, darauf hingewiesen, dass zunächst die
Glashütten
festlegten,
welche
Glasmengen
sie
von
welchen
Aufbereitungsanlagen bezögen. 211 Die GGA sei jedoch bemüht, durch
Überwachung der Qualitätsstandards die Glashütten dazu zu bringen, die
geforderten Qualitäten von der nächstgelegenen Aufbereitungsanlage zu
beziehen.
176.
Die ineffiziente Zuordnung der Mengen zu den Aufbereitungsanlagen bzw.
Verwertungsanlagen ergibt sich aus dem Vergleich der Optimierungspotenziale,
die das Fraunhofer Institut Materialfluss und Logistik für das Jahr 2001 ermittelt
hat, 212
mit
der
heutigen
Situation.
Das
Fraunhofer
Institut
hat
Einsparmöglichkeiten von insgesamt 33 % ermittelt. 213 Ein Vergleich mit den
Vor- und Nachlaufkosten des Jahres 2005 ergibt, dass die Kosten zwar
reduziert werden konnten, dass sie aber immer noch 21 % über dem Optimum
liegen. Die folgende Tabelle enthält eine zusammenfassende Übersicht:
214
Vorlauf
Nachlauf
Gesamt
177.
2001
2005
Optimum
Optimum/2001 Optimum/2005
21,4 Mio. €
19,2 Mio. €
17,3 Mio. €
19 %
10 %
14,0 Mio. €
10,8 Mio. €
6,5 Mio. €
54 %
40 %
35,4 Mio. €
30,1 Mio. €
23,8 Mio. €
33 %
21 %
Das größte Optimierungspotenzial besteht – mit 40 % der derzeitigen Kosten –
im Nachlauf. Dies ist darauf zurückzuführen, dass für die Glashütten wegen der
– unabhängig von den Transportkosten – für alle gleichen Tonnagepreise
keinen individuellen wirtschaftlichen Anreiz zur Vermeidung weiter Transporte
210
211
212
213
214
Auskunftsverlangen mit Schreiben vom 4. Oktober 2006, Bl. 72 d.A.
Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 18.
Bl. 117 ff. d.A.
Bl. 132 d.A.
Die Vorlaufkosten enthalten auch die Zwischenlaufkosten, vgl. Vermerk über das Gespräch mit H.
Prestifilippo vom 11. Mai 2007, Bl. 957 d.A. In einem optimierten Modell kommen keine Zwischenläufe
mehr vor, Zwischentransporte sind grundsätzlich nicht optimal und werden bei einer Logistikoptimierung
vermieden.
- 67 -
- 67 haben.
Insbesondere
soweit
die
Beteiligten
gesellschaftsrechtlich
mit
Aufbereitungsanlagen verbunden sind, beziehen sie bevorzugt aus diesen
Anlagen aufbereitetes Glas, weil sie den Aufbereitungspreis und die
Aufbereitungsqualitäten dieser Anlagen am besten steuern können. Ein
typisches Beispiel ist die G., an der die R. ([...]) ein Drittel der Anteile hält. Die
GGA trägt auch die Nachlaufkosten für Transporte in das 350 km entfernte
Werk
von
R.
in
S.,
obwohl
es
eine
Reihe
näher
gelegener
Aufbereitungsanlagen gibt, um den Bedarf dieser Produktionsstätte zu
decken. 215 Das Kartell ist in diesem Bereich strukturell nicht in der Lage, die
möglichen
Effizienzen
zu
generieren.
Im
Übrigen
hat
die
nicht
verursachergerechte Zuordnung der Transportkosten die Folge, dass die
Standorte der Behälterglashersteller insoweit keinem Optimierungsprozess
unterworfen sind, wie er im Wettbewerb zu erwarten ist.
cc)
Vorteile bei der Aufbereitung
178.
Die Beteiligten nennen als mögliche Vorteile im Bereich der Aufbereitung den
reduzierten Aufwand im Beschaffungsprozess von Aufbereitungsleistungen
durch Bündelung, den reduzierten Aufwand in der operativen Abwicklung durch
zentrales Management und das Erzielen einer hohen und dauerhaften
Anlagenauslastung und kommen hinsichtlich aller dieser Vorteile zu dem
Ergebnis, dass es keinen Unterschied zwischen der gemeinsamen Beschaffung
und der individuellen Beschaffung im Wettbewerb gebe. Eine nähere
Auseinandersetzung erübrigt sich damit.
179.
Soweit sich die Beteiligten darauf beziehen, dass die gemeinsame Beschaffung
eine effizientere Sicherung der Aufbereitungsqualität ermögliche, gilt das für die
Qualitätssicherung
bei
der
Beschaffung
des
unaufbereiteten
Altglases
Gesagte. 216 Eine bessere Qualität kann einen berücksichtigungsfähigen Vorteil
darstellen; die gemeinsame Beschaffung ist aber nicht unerlässlich zur
Qualitätssicherung. 217
215
216
217
Auskunft der GGA vom 26.10.2006 (Auszug, um Geschäftsgeheimnisse bereinigte Fassung), Bl. 959
d.A.
Vgl. oben C.V.1.a) aa).
Vgl. unten C.V.2.b).
- 68 -
- 68 dd)
Gesamtbetrachtung
180.
Die Beteiligten nehmen keine Gesamtwürdigung der geltend gemachten
Effizienzsteigerungen vor. Dies hätte aber nahe gelegen, weil sie selbst
einräumen, dass die gemeinsame Beschaffung von Altglas bei sechs der zwölf
angeführten Effizienzvorteile keine Vorteile gegenüber der individuellen
Beschaffung
im
Wettbewerb
aufweist
(Markttransparenz
hinsichtlich
Anfallstellen, Mengen, Sorten und Farben, Aufwand in der operativen
Abwicklung der Transporte, Erzielung einer hohen Transportauslastung,
reduzierter Aufwand im Beschaffungsprozess von Aufbereitungsleistungen
durch Bündelung, reduzierter Aufwand in der operativen Abwicklung der
Aufbereitung
durch
Anlagenauslastung)
zentrales
und
in
Management,
einem
Fall
die
hohe
und
gemeinsame
dauerhafte
Beschaffung
ineffizienter ist als die individuelle Beschaffung im Wettbewerb (Minimierung der
Transportentfernung zwischen Anfallstellen, Aufbereitern und Glashütten). Da
den Transportkosten im Rahmen der Beschaffung von Altglas erhebliche
Bedeutung zukommt, wäre insbesondere im Einzelnen zu belegen, dass auf
Grund der verbleibenden fünf von den Beteiligten geltend gemachten Vorteilen
(Reduzierung von Vermarktungs- und Beschaffungsaufwand sowie des
operativen Abstimmungsaufwands durch Bündelung,
Einkaufsstandards
und
Qualitätssicherung,
Aufbau
Sicherstellung von
Know-how/Expertise,
reduzierter Aufwand im Beschaffungsprozess von Transportleistungen durch
Bündelung, Definition und Sicherstellen eines hohen und gleichbleibenden
Mindestqualitätsstandards bei der Aufbereitung) die Vereinbarung insgesamt zu
positiven Effekten führt.
b)
Technologischer Fortschritt
181.
Die Beteiligten tragen vor, die gemeinsame Beschaffung von Altglas fördere
den technologischen Fortschritt eher als die Beschaffung im Wettbewerb. 218 Sie
unterstellen einen signifikanten Rückgang des bei der Produktion von Altglas
eingesetzten Altglases und meinen, durch die höhere Auslastung der
Aufbereitungsanlagen bei der gemeinsamen Beschaffung sei der Anreiz für die
Betreiber
dieser
Anlagen
höher,
Investitionen
in
verbesserte
Aufbereitungstechnologien zu tätigen und Kosten für die Forschung und
218
Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 28.
- 69 -
- 69 Entwicklung dieser Technologien zu übernehmen. Bei der Glasherstellung
verweisen
sie
auf
die
höhere
Bereitschaft
der
Betreiber
der
Produktionsanlagen, in Verfahren zur Abwärmenutzung zu investieren. Die
Nutzung von Abwärme bei der Glasherstellung sei an einen Mindestanteil an
Altglas gebunden.
182.
Soweit sich die Beteiligten darauf berufen, die höhere Auslastung der
Aufbereitungsanlagen führe zu technologischem Fortschritt, machen sie einen
indirekten Vorteil der gemeinsamen Beschaffung von Altglas geltend, der im
Rahmen des § 2 GWB, Art. 81 Abs. 3 EG in der Regel nicht berücksichtigt
werden kann. Diese indirekten Vorteile sind regelmäßig zu ungewiss und zu
fernliegend. 219 Gegenstand der Vereinbarung ist weder die Verbesserung der
Aufbereitung durch gemeinsame Forschung und Entwicklung noch die bessere
Auslastung von Aufbereitungskapazitäten. Dies wäre den Beteiligten auch
kaum möglich, weil die Mehrzahl der Aufbereitungsanlagen von Dritten
betrieben wird 220 , auf deren unternehmerischen Entscheidungen die Beteiligten
keinen direkten Einfluss haben.
183.
Aber auch die von den Beteiligten behaupteten Effekte aus der höheren
Auslastung der Aufbereitungsanlagen sind nicht nachvollziehbar. Die Beteiligten
haben selbst vorgetragen, dass es erhebliche Überkapazitäten in der
Aufbereitung gebe. Einer aufzubereitenden Altglasmenge von ca. 2,5 Mio. t/a
stünden
Aufbereitungskapazitäten
in
Höhe
von
knapp
3,5
Mio.
t/a
gegenüber. 221 Vor diesem Hintergrund lässt sich nicht vertreten, dass die
gemeinsame Beschaffung von Altglas mit der – behaupteten – Folge eines
höheren Verwertungsgrades die Auslastung dieser Anlagen so steigere, dass
die Betreiber ein stärkeres Interesse an technologischen Verbesserungen
hätten als bei einer individuellen Beschaffung.
184.
Das Bemühen des Kartells, die Aufbereitungsanlagen gleichmäßig auszulasten,
verhindert die Optimierung der Betriebsstandorte und Betriebsgrößen. Die
vorhandene Struktur der Aufbereitungsanlagen wird durch die gemeinsame
Beschaffung von Altglas fortgeführt, weil Anreize zur Standortoptimierung bei
219
220
221
Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen
über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 54.
Die GGA geht davon aus, dass ca. 60 % der Aufbereitungsanlagen von Entsorgungsunternehmen
betrieben wird, Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 75 d.A.
Bl. 666 d.A.
- 70 -
- 70 einer gleichmäßigen Aufteilung der Aufbereitungsmengen neutralisiert werden.
Im Wettbewerb sind Optimierungsprozesse zu erwarten, die zu effizienteren
Betriebsstandorten und –größen führen.
185.
Hinsichtlich des verbesserten Anreizes für die Behälterglashersteller, in
Techniken zur Nutzung der Restwärme bei der Gemengevorwärmung zu
investieren, liegt wieder nur ein indirekter Zusammenhang vor, weil die
Beteiligten keine Vereinbarung über die Entwicklung und den Einsatz
verbesserter energiesparender Technologien, sondern eine Vereinbarung über
die
gemeinsame
Beschaffung
von
Altglas
geschlossen
haben.
Der
Zusammenhang zwischen Rentabilität und Forschung und Entwicklung ist
jedoch in der Regel nicht hinreichend direkt, um ihn für die Anwendung von § 2
GWB, Art. 81 Abs. 3 EG heranziehen zu können. 222 Unabhängig davon
quantifizieren die Beteiligten den Mindestscherbenanteil nicht, ab dem nach
ihrer Auffassung Investitionen in die Technik der Abgasrückführung zu erwarten
wäre. Dies wäre aber mindestens notwendig, um das Gewicht des geltend
gemachten Vorteils würdigen zu können.
186.
Letztlich beruhen die beiden geltend gemachten Vorteile im Bereich des
technologischen Fortschritts auf der Annahme, dass die Menge des
eingesetzten Altglases signifikant zurückgeht, falls die Beteiligten nicht mehr
gemeinsam Altglas beschaffen. Diese Annahme ist, wie sich im Rahmen der
Analyse der Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschränkungen
ergibt,
unbegründet. 223
c)
Schonung natürlicher Ressourcen
187.
Ein hoher Einsatz von Sekundärrohstoffen bei der Herstellung von Behälterglas
kann – über die Kostenersparnisse für die Hersteller hinaus – möglicherweise
einen Effizienzgewinn darstellen, soweit dadurch natürliche Ressourcen
geschont werden. 224 Unmittelbare Folge ist, dass auf den Einsatz von
Primärrohstoffen verzichtet werden kann und der Energieeinsatz sowie der
222
223
224
Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen
über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 54.
Unten C.V.2.c).
Vgl. zu Umweltschutzvereinbarungen allgemein, Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur
Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom
6. Januar 2001, S. 2, Rn. 179 ff.
- 71 -
- 71 CO2-Ausstoß und der Ausstoß anderer schädlicher Stoffe vermindert wird. 225
Mittelbar werden die Abfallmengen reduziert. Die Beteiligten haben im
Einzelnen ausgeführt, dass ein steigender Einsatz von Primärrohstoffen zu
einem
höheren
Energiebedarf
führt.
Gleichzeitig
wachsen
die
Umweltbelastungen durch den Ausstoß von CO2, NOx, SO2 und Staub.
188.
Die weitergehende Frage, inwieweit Vorteile für die Umwelt als individueller
Nutzen dem Verbraucher zufließen müssen, oder ob ein Nutzen für die
Allgemeinheit ausreicht, muss nicht abschließend beantwortet werden. 226 Denn
die Wettbewerbsbeschränkungen sind nicht unerlässlich, um die genannten
Ziele zu erreichen.
2.
Keine Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung
189.
Soweit sich die GGA auf Vorteile für den Verbraucher beruft, ist die
Beschränkung
des
Wettbewerbs
jedenfalls
nicht
unerlässlich.
Eine
Beschränkung ist nur dann unerlässlich, wenn es keine andere wirtschaftlich
machbare und weniger wettbewerbsbeschränkende Möglichkeit gibt, die
Effizienzgewinne zu erreichen. 227
a)
Die Beschränkung ist nicht unerlässlich, um die Hersteller von
Behälterglas kostengünstig mit Sekundärrohstoff zu versorgen
190.
Die Beschränkung ist schon deswegen nicht unerlässlich, um die Hersteller von
Behälterglas kostengünstig mit Sekundärrohstoff zu versorgen, weil es der GGA
auf Grund ihrer Struktur nicht gelingt, Transportwege – insbesondere im
Nachlauf – zu minimieren. Es ist zu erwarten, dass bei einer Beendigung des
Kartells die Allokationsfunktion des Preises zum Tragen kommt und weite
Transportwege nach Möglichkeit vermieden werden. Dies führt potenziell zu
einer
Entlastung
der
Glashütten
von
Transportkosten.
Eine
weitere
Entlastungswirkung wird sich aus dem Fortfall der Grundgebühr 228 ergeben,
den alle Gesellschafter der GGA unabhängig davon, ob sie überhaupt Altglas
bei der Produktion einsetzen, zahlen.
225
226
227
228
Der Einsatz von Altglas verringert den Energieeinsatz signifikant, vgl. oben C.II.1. d).
Die Europäische Kommission ermittelt bei Umweltschutzvereinbarungen zunächst die Vorteile für den
einzelnen Verbraucher und dann in einem zweiten Schritt die Vorteile für die Verbraucher im
Allgemeinen, Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf
Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 192 ff.
Vgl. auch die Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG, ABl.
C 101 vom 27. April 2004, S. 97, Rn. 75.
Vgl. oben C.II.1 d).
- 72 -
- 72 191.
Soweit es den Beteiligten gelungen ist, den Preis für die unaufbereitete
Altglasscherbe durch Ausübung von Marktmacht
- und nicht durch die
Realisierung von Kostenvorteilen auf Grund größerer Bezugsmengen – niedrig
zu halten, findet dieser Vorteil keine Berücksichtigung.
b)
Die Beschränkung ist nicht unerlässlich, um die Qualität des
Sekundärrohstoffs sicherzustellen
192.
Die gemeinsame Beschaffung unter Verzicht auf die individuelle Nachfrage ist
auch nicht unerlässlich, um hinsichtlich des unaufbereiteten bzw. des
aufbereiteten Altglases Qualitätsstandards zu wahren. Denn insoweit reicht es
aus, wenn die betroffenen Wirtschaftskreise bestimmte Standards definieren,
an denen sich die Anbieter des unaufbereiteten bzw. des aufbereiteten
Altglases orientieren können. Beispiele hierfür finden sich auf anderen
Sekundärrohstoffmärkten. Für den Altpapierbereich haben die betroffenen
Wirtschaftskreise über die Confederation of European Paper Industries ("Cepi"),
Brüssel, Altpapiersorten definiert. Diese Liste der Europäischen Standardsorten
und ihre Qualitäten 229 verfolgt insbesondere das Ziel, Hilfestellung beim Einund Verkauf des Sekundärrohstoffs zu geben und den Handel mit Altpapier zu
erleichtern. Eine entsprechende Vereinbarung wäre auch für die Altglasmärkte
möglich, indem z.B. der maximale Anteil an Stör- und Fremdstoffen, der
farbliche
Reinheitsgrad
und
andere
für
den
Einsatz
bei
der
Behälterglasherstellung relevante Faktoren definiert werden.
c)
Die Beschränkung ist nicht unerlässlich, um hohe Recyclingquoten zu
erreichen und den Energieverbrauch bei der Behälterglasherstellung zu
minimieren.
193.
Die Beschränkung ist auch nicht erforderlich, um Primärrohstoffe einzusparen
und den Energieverbrauch sowie den CO2-Ausstoß und den Ausstoß anderer
schädlicher Stoffe zu minimieren. In dieser Hinsicht fehlt eine nachvollziehbare
Kausalbeziehung zwischen den geltend gemachten Vorteilen für die Umwelt
und der Vereinbarung. Hohe Verwertungsquoten werden erreicht, weil Altglas
als
Sekundärrohstoff
seit
mehreren
Jahrzehnten
zunehmend
teure
Primärrohstoffe ersetzt. Die Verwertungsquoten bei Glas haben schon vor dem
Erlass der VerpackV am 12. Juni 1991 mit der Vorgabe verpflichtender
229
Abrufbar über www.vdp-online.de.
- 73 -
- 73 Verwertungsquoten kontinuierlich zugenommen. Von 1974 bis 1990 sind die
Verwertungsquoten bei Behälterglas von 6,5 % auf 53,9 % angestiegen. 230
1992 lag die Verwertungsquote bereits bei 60,3 %, 231 während die GGA erst
1993 gegründet wurde. Inzwischen erreichen die Behälterglashersteller seit
Jahren Verwertungsquoten von deutlich über 80 %. Eine breit angelegte
Untersuchung im Auftrag des Umweltbundesamtes hat für den Zeitraum von
1997 bis 2003 Verwertungsquoten zwischen 83,5 % und 85,9 % ergeben. 232
Die GGA selbst weist für diesen Zeitraum etwas höhere Werte aus; für 2004
und 2005 nennt sie eine Recyclingquote von 91,2 % bzw. 85,5 %. 233
Es ist zu erwarten, dass auf Grund objektiver Kostenvorteile der Einsatz
aa)
von Altglas als Sekundärrohstoff nicht signifikant zurückgeht.
194.
Die Beteiligten räumen ein, dass der Einsatz von Altglas bei der Herstellung von
Behälterglas erhebliche Kostenvorteile mit sich bringt. Sie haben zu diesem
Zweck [...] Unternehmen befragt, die alle erklärt haben, der Einsatz von
Sekundärrohstoffen
sei
kostengünstiger
als
der
Einsatz
von
Primärrohstoffen. 234 Sie versuchen den Kostenvorteil im Einzelnen zu
berechnen, indem sie die zusätzlichen Rohstoffkosten, die zusätzlichen
Energiekosten
und
die
Mehrkosten
auf
Grund
der
größeren
Anlagendimensionierung – die aber nur als Unbekannte "x" angesetzt wird –
addieren und die niedrigeren Ausschusskosten 235 subtrahieren, und ermitteln
einen Gesamtkostenvorteil von [...] – [...] €/t. 236 Indirekt ergibt sich aus der
Darstellung,
dass
die
Mehrkosten
auf
Grund
der
größeren
Anlagendimensionierung der Kostenersparnis auf Grund der geringeren
Ausschusskosten in Höhe von [...] €/t entsprechen sollen. Die Beteiligten
erläutern diese Annahme nicht. Insofern wäre aber eine vertiefte inhaltliche
Auseinandersetzung mit den Investitionskosten bei einer Substitution von
Sekundär-
230
231
232
233
234
235
236
durch
Primärrohstoffe
erforderlich
gewesen,
um
zu
einer
Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung, Zahlen Daten Fakten 2006 (Januar 2007).
Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung, Zahlen Daten Fakten 2006 (Januar 2007).
Umweltforschungsplan des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit,
Forschungsbericht 204 31 323, UBA-FB 000885, Verbrauch und Verwertung von Verpackungen in
Deutschland im Jahr 2003, Tab. 4-7, S. 51.
Eigene Angaben der GGA, www.glasaktuell.de.
Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 33.
Die Beteiligten gehen davon aus, dass die Kosten für auszusondernde mangelhafte Produkte in Folge
des erhöhten Primärrohstoffeinsatzes um [...] €/t sinkt.
Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 34.
- 74 -
- 74 nachprüfbaren Aussage über die tatsächliche Kostenentlastung bei einem
hohen Scherbenanteil in der Behälterglasproduktion zu kommen.
195.
In einer zweiten Betrachtung lassen die Beteiligten die Investitionskosten
vollständig außer Betracht und kommen zu dem Ergebnis, dass der kurzfristige
Gesamtkostenvorteil bei lediglich [...] – [...] €/t liege. 237 Sie untersuchen aber
nicht näher, in welchem Umfang eine solche Ersetzung überhaupt möglich ist,
obwohl sie selbst mit Schreiben vom 10. April 2007 die kurzfristige Betrachtung
ohne Berücksichtigung der Investitionskosten auf einen Rückgang der
eingesetzten Sekundärrohstoffmengen um 10 % beschränkt haben. 238 Eine
über 10 % hinausgehende Ersetzung von Sekundärrohstoffen ist nach den
Ermittlungsergebnissen der Beschlussabteilung grundsätzlich technisch nicht
möglich. Die Annahme eines Gesamtkostenvorteils von [...] – [...] €/t ist deshalb
als
Grundlage
für
eine
Prognose
über
künftige
Verwertungsmengen
ungeeignet.
196.
Ausgehend von dem Gesamtkostenvorteil versuchen die Beteiligten dann, die
theoretischen Maximaleffekte bei einer Beschaffung des Altglases im
Wettbewerb zu simulieren. 239 Sie ermitteln insoweit eine Spanne der möglichen
Be- und Entlastungen mit Transportkosten im Wettbewerb von [...] €/t bis [...] €/t
und legen einen erwarteten Preisanstieg für die unaufbereitete Rohglasscherbe
von [...] – [...] €/t zu Grunde. Hieraus ergibt sich nach Auffassung der Beteiligten
beim Einsatz von Sekundärrohstoffen ein maximaler Kostennachteil von [...] €/t
und ein maximaler Kostenvorteil von [...] €/t.
197.
Diese Berechnung ist schon formal unrichtig. Denn wenn Maximaleffekte im
Wettbewerb ermittelt werden sollen, müssen der worst case (geringster
Gesamtkostenvorteil beim Einsatz von Sekundärrohstoffen ([...] €/t) abzüglich
der höchsten Zusatzbelastung bei den Transportkosten ([...] €/t) und des
stärksten Preisanstieges beim Sekundärrohstoff ([...] €/t)) und der best case
(höchster Gesamtkostenvorteil beim Einsatz von Sekundärrohstoffen ([...] €/t)
zuzüglich der höchsten Zusatzentlastung bei den Transportkosten ([...] €/t)
abzüglich des geringsten Preisanstiegs beim Sekundärrohstoff ([...] €/t))
miteinander verglichen werden.
237
238
239
Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 35.
Bl. 651 d.A.
Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 36.
- 75 -
- 75 198.
Als maximaler negativer Wert ergibt sich dann wie auch von den Beteiligten
berechnet [...] €/t. Als maximaler positiver Wert ergibt sich [...] €/t und nicht –
wie von den Beteiligten berechnet – [...] €/t. Die Beteiligten legen
fälschlicherweise beim maximalen positiven Effekt den höchsten erwarteten
Preisanstieg beim Sekundärrohstoff zu Grunde, obwohl sie insofern den
niedrigsten erwarteten Preisanstieg hätten heranziehen müssen, um das
Optimum des Gesamtkostenvorteils zu ermitteln. Die Berechnung ergibt sich
aus folgender Tabelle:
Gesamtkostenvorteil
Min/Max
Transportkosten- erwartete
Effekt im
be-/ entlastung
Zusatzkosten
Wettbewerb
Min/Max
auf Grund von
Min/Max
Preissteigerung
Min/Max
[...] €/t
[...] €/t
[...] €/t
[...] €/t
[...] €/t
[...] €/t
[...] €/t
[...] €/t
[...] €/t
[...] €/t
[...] €/t
[...] €/t
Worst Case
Best Case
Berechnung der
Beteiligten für
den Best Case
199.
Soweit die Beteiligten die Be- bzw. Entlastungen aus der verursachergerechten
Zuordnung
der
Transportpreise
berechnen,
greifen
sie
auf
die
Frachtkostentabelle der GGA zurück. Es handelt sich insofern aber um nicht
optimierte Transportkosten, weil das Kartell nach den insoweit nicht bestrittenen
Feststellungen des Fraunhofer Instituts Anfallstellen, Aufbereitungsanlagen und
Glashütten nicht effizient zuordnet. 240
Richtigerweise hätten in einem
Wettbewerbsszenario aber die optimierten Kosten zu Grunde gelegt werden
müssen, weil auf Grund der Allokationsfunktion des Preises zu erwarten ist,
dass überlange Transporte möglichst vermieden werden.
200.
Schließlich stellen die Beteiligten nicht im Einzelnen dar, worauf sich die
Erwartung stützt, der Preis für unaufbereitetes
Altglas werde um [...] €/t
steigen. Eine Prognose ist insofern schwierig. Legt man die Preise für freie
Scherben inklusive des Transports zur Aufbereitungsanlage im Jahr 2005 zu
Grunde, ergibt sich aber, dass die Beteiligten den mindestens zu erwartenden
Preisanstieg tendenziell überschätzen, während der höchstens zu erwartende
Preisanstieg etwa dem Preisniveau entspricht, das bei den freien Scherben zu
beobachten ist.
240
Vgl. oben C.V.1.a)bb).
- 76 -
- 76 201.
Legt man die oben genannten Preise für Altglas frei Aufbereitungsanlage zu
Grunde 241 und zieht die durchschnittlichen Kosten für den Vorlauf von [...] €/t 242
und
den
von
der
GGA
an
die
Entsorgungsunternehmen
gezahlten
Qualitätsbonus ab, ergeben sich folgende zu erwartende Preis- und
Beschaffungskostenänderungen:
Grün
Grün
Braun
Braun
Weiß
Weiß
202.
Preis
Vortransport derzeitiger zu erwartende Menge freie zu erwartende
min./max. (€/t)
Preis (€/t) Preisänderung Scherben 243 Beschaffungskosten(€/t)
(€/t)
(2005) (t)
änderung (€)
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
Es ergeben sich damit die folgenden durchschnittlichen zu erwartenden Preisund Beschaffungskostenänderungen:
Zu erwartende
Änderung der
Beschaffungskosten über alle
Glasfarben
203.
zu erwartende
Menge freie zu erwartende
Annahme der
BeschaffungsScherben
Preisänderung
Beteiligten (€/t)
kostenänderung (2005) (t)
min./max. (€/t)
min./max. (€)
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
Der von den Beteiligten erwartete Preisanstieg von mindestens [...] €/t ist auch
deswegen wenig plausibel, weil die Beteiligten den durchschnittlichen
Mindestpreis in der DSD Ausschreibung zutreffend mit [...] €/t bis [...] €/t
berechnet haben. 244 Es ist nicht nachvollziehbar, warum sie diese Information
bei der Berechnung des erwarteten Preisanstieges nicht mit einbezogen haben,
sondern als mindestens zu erwartende Preisänderung einen mehr als [...] %
über dem Mindestpreis in der Auktion liegenden Preis ansetzen.
204.
Die Beschlussabteilung ist im Verwaltungsverfahren im Einzelnen der Frage
nachgegangen,
241
242
243
244
ob
und
in
welchem
Umfang
eine
Ersetzung
der
Vgl. oben C.V.1.a)aa).
Dem Vergleich werden die in der Abschlusspräsentation von Roland Berger, S. 38 genannten
durchschnittliche Vorlaufkosten von [...] €/t zu Grunde gelegt. Die in ihrer Auskunft vom 6. September
2006, Bl. 81, aufgeführten 8,82 €/t beziehen sich auf die Bruttomenge vor Aufbereitung.
Gerundete Werte. Die Berechnungen erfolgten mit den exakten Werten.
Dies ergibt sich aus Folien zur Beiratssitzung am 1. August 2006, in der die Beteiligten sowohl die von
einzelnen Entsorgern gewonnenen Mengen als auch die von diesen Entsorgern im Schnitt zu
zahlenden Mindestpreise dargestellt haben; der Gesamtdurchschnitt liegt dann zwischen [...] €/t und [...]
€/t. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 719 f d.A..
- 77 -
- 77 Sekundärrohstoffe durch Primärrohstoffe wahrscheinlich ist. Sie hat zu diesem
Zweck alle inländischen Behälterglashersteller befragt. Die Befragung hat
ergeben, dass sie nicht in der Lage sind, den Einsatz von Altglas wesentlich zu
verringern. 245 Nur eine erheblich ins Gewicht fallende Erhöhung der Kosten für
Altglas würde dazu führen, dass die notwendigen Investitionen und die höheren
Kosten des Einsatzes der Primärrohstoffe wirtschaftlich sinnvoll sind.
Anhaltspunkte für eine solche drastische Erhöhung der Preise für Altglas sind
nicht ersichtlich. Die Einzelheiten wurden bereits im Rahmen der Abgrenzung
eigenständiger
Sekundärrohstoffmärkte
gegenüber
Primärrohstoffmärkten
dargelegt.
205.
Eine Verringerung des Altglaseinsatzes bei der Herstellung von Behälterglas
durch Erhöhung der Primärrohstoffmengen ist kurz- und mittelfristig nicht über
maximal 10 % hinaus möglich. Die Beschlussabteilung hat insofern alle
Beteiligten aufgefordert, den Aufwand darzustellen, den eine Erhöhung des
Einsatzes von Primärrohstoffen zur Folge hätte. Nur ein kleinerer Hersteller hat
erklärt, eine solche Umstellung auch kurzfristig durchführen zu können, weil die
notwendigen technischen Voraussetzungen in seinem Unternehmen gegeben
seien. 246 Alle anderen Unternehmen haben, soweit sie nähere Ausführungen zu
dieser Frage gemacht haben, die Möglichkeit entweder generell verneint oder
auf die Kosten hingewiesen, die einer Umstellung entgegenstehen.
206.
Die
Erhöhung
der
Erweiterungsinvestitionen
eingesetzten
würde
zu
Primärrohstoffmengen
einer
deutlichen
Abnahme
ohne
der
Produktionsmengen führen. Dies betrifft die Gemengehäuser, in denen
Primärrohstoffe zu einem schmelzfähigen Gemisch verarbeitet werden. Der
Rückgang der Schmelzleistung bei einer Verringerung des Scherbeneinsatzes
um 10 % wird – bei unveränderten Kapazitäten der Gemengehäuser – auf ca.
25 - 35 % geschätzt. 247 Auch die Kapazitäten der Schmelzwannen, in denen
durch Zufuhr von Wärme die flüssige Glasmasse hergestellt wird, gingen
zurück. Unter der Annahme unveränderter Schmelzwannen ist bei einem
Rückgang der Scherben um 5 - 15 % mit einem Rückgang der
Schmelzkapazität um 1 % – 5 % zu rechnen. 248 Eine Anpassung der
245
246
247
248
Vgl. oben C.II.1. d).
Auskunft von Weck, Bl. 738 d.A.
Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A.
Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A.
- 78 -
- 78 Kapazitäten erfordert umfangreiche Anpassungen der Wannen, weil höhere
Temperaturen zur Schmelze und eine verbesserte Rauchgasreinigung
erforderlich sind.
207.
Erhebliche Investitionen in die Erweiterung der Lagereinrichtungen und der
Gemengehäuser
wären
notwendig,
um
die
Menge
der
eingesetzten
Primärrohstoffe substanziell zu erhöhen. Hinzu kommen Investitionen in
Umwelttechnik, um auch bei einem erhöhten Einsatz von Primärrohstoffen die
Grenzwerte der TA Luft einzuhalten. Drei große Hersteller von Behälterglas 249
haben nähere Angaben zu dem geschätzten Investitionsbedarf gemacht. Sie
gehen alle von einem erheblichen Investitionsbedarf aus, der bis zu 20 Mio. €
betragen kann. 250 Diese Investitionen würden einen erheblichen Zeitraum in
Anspruch nehmen. Rexam geht davon aus, dass die Gemengehäuser in 1 – 2
Jahren angepasst werden können. Für die Schmelzwannen legt Rexam einen
Zeitraum von 5 bis 8 Jahren zu Grunde. 251 Aus den Angaben der befragten
Behälterglashersteller ergibt sich, dass höhere Kosten auch dann entstehen,
wenn
im
Rahmen
ohnehin
anstehender
Ersatzinvestitionen
die
Produktionsanlagen auf größere Primärrohstoffmengen ausgelegt werden. Dies
folgt daraus, dass die Gemengehäuser und weitere periphere Anlagen von
vornherein größer ausgelegt werden müssen, in denen Primärrohstoffen zu
einem schmelzfähigen Gemisch verarbeitet werden. Wegen des steigenden
Energiebedarfs bei zunehmendem Einsatz von Primärrohstoffen müssen auch
die Schmelzwannen größer dimensioniert sein, um einen Rückgang der
Produktionskapazitäten zu vermeiden. 252
208.
Die Erhöhung des Primärrohstoffanteils führt zu einem deutlichen Anstieg der
variablen Kosten. Insbesondere steigt der Energiebedarf. Bei einem Rückgang
des Einsatzes von Sekundärrohstoffen um 10 % ist ein Anstieg des
Energiebedarfs um 2 % - 4 % zu erwarten. Gleichzeitig erhöht sich der CO2Ausstoß. Eine Absenkung des Scherbenanteils von 70 % auf 60 % wird nach
249
250
251
252
Auskunft von Rexam, Bl. 760 ff. d.A., Wiegand Bl. 951 ff.
d.A., Heye, Bl. 765 d.A. Die
Behälterglashersteller haben den Investitionsaufwand im Einzelnen beziffert, betrachten die konkreten
Angaben aber als Geschäftsgeheimnisse. Für den Zweck der Prüfung der Unerlässlichkeit der
Wettbewerbsbeschränkung muss nicht auf die konkreten unternehmensindividuellen Angaben
zurückgegriffen werden, sondern es reicht aus, wenn die Größenordnung des Zusatzaufwandes
nachvollziehbar ist.
Auskunft von Rexam, Bl. 766 d.A. Die Behälterglashersteller haben den erwarteten Investitionsbedarf
näher beziffert, betrachten die konkreten Angaben aber als Geschäftsgeheimnisse.
Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. (Die konkreten Angaben wertet Rexam als Geschäftsgeheimnis).
Auskunft von Rexam, Bl. 761 f. d.A.
- 79 -
- 79 Schätzungen zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen von ca. 150 kg auf 450 kg
CO2 je t Glas führen. 253 Die dadurch zu erwartenden Zusatzkosten schätzt z.B.
Rexam auf über 2 Mio. € jährlich. 254
209.
Bei der Analyse der Wirkung der Vereinbarung 255 wurde festgestellt, dass das
Einkaufskartell die Erwerber von Altglas aus der DSD-Ausschreibung des
Jahres 2006 beim individuellen Absatz an Glashütten behindert. Trotz dieser
Behinderungen konnten aber auch diese Mengen der Verwertung zugeführt
werden. Insbesondere A., die mit 350.000 – 500.000 t einen erheblichen Anteil
der in 2006 ausgeschriebenen Gesamtmenge von 864.000 t erworben hat, 256
konnte inzwischen den Lagerbestand bis auf 5 % abbauen. 257 DSD hat
bestätigt, dass ihre Vertragspartner den vertraglichen Pflichten zur Verwertung
des Altglases nachkommen. 258 Die Verwertung des Altglases ist damit auch
unter den derzeitigen Bedingungen sichergestellt.
bb)
Wegen der gesetzlichen Pflicht haushaltsnaher Sammelsysteme zur
Verwertung ist ein signifikanter Rückgang der Verwendung von Altglas
als Sekundärrohstoff nicht zu erwarten
210.
Ein Absinken der Verwertungsquoten ist auch deswegen nicht zu erwarten, weil
Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen rechtlich verpflichtet sind,
Verpackungen zurückzunehmen und einer Verwertung zuzuführen. 259 Glas
muss zu 75 % einer stofflichen Verwertung zugeführt werden. 260 Über diese
Quote hinaus ist die tatsächlich erfasste Menge an Verpackungen einer
Verwertung zuzuführen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich
zumutbar ist; ansonsten sind sie nach den Grundsätzen der gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung gem. §§ 10, 11 KrW-AbfG zu beseitigen. 261 Soweit
sich Hersteller und Vertreiber an einem System zur flächendeckenden
Abholung von Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher beteiligen,
253
254
255
256
257
258
259
260
261
Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. (Die konkreten Angaben wertet Rexam als Geschäftsgeheimnis).
Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. (Die konkreten Angaben wertet Rexam als Geschäftsgeheimnis).
Oben C.1.b).
Bl. 521 d.A.
Email vom 16. Mai 2007, Bl. 975 d.A.
Email vom 24. Mai 2007, Bl. 1.095 d.A.
§ 6 Abs. 1, 2 VerpackV.
Anhang I zu § 6 VerpackV Nr. 1 Abs. 2 S. 1.
Anhang I zu § 6 VerpackV Nr. 1 Abs. 5.
- 80 -
- 80 entfallen die Pflichten zur individuellen Rücknahme. Statt dessen treffen den
Betreiber des Systems die Verwertungs- und Beseitigungspflichten. 262
211.
Nach dem Inkrafttreten der VerpackV hat zunächst nur DSD ein endverbrauchernahes Rücknahmesystem angeboten. Inzwischen gibt es mehrere
spezialisierte Dienstleistungsunternehmen, die den nach der VerpackV primär
zur Rücknahme und zur Verwertung von Verkaufsverpackungen verpflichteten
Unternehmen anbieten, sich an einem solchen System zu beteiligen.
212.
Die meisten Hersteller bzw. Inverkehrbringer von Verkaufsverpackungen
beteiligen sich an haushaltsnahen Sammelsystemen und sind dadurch von
eigenen Rücknahme- und Verwertungspflichten befreit. Damit sind die
Behälterglashersteller nur ausnahmsweise unmittelbare (Mit-)Adressaten der
Rücknahme- und Verwertungspflichten der VerpackV. Die verpackungsrechtliche Pflicht, die Verwertungsquoten zu erfüllen und – soweit dies
technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist – zu überschreiten, trifft in der
weit
überwiegenden
Zahl
der
Fälle
die
Betreiber
haushaltsnaher
Sammelsysteme. In 2003 waren 84,5 % aller bei privaten Haushalten anfallenden Glasverpackungen bei dualen Systemen lizenziert, für 1,6 % gab es
andere Rückführungswege, 4,5 % waren bepfandet und wurden über den
Handel zurückgegeben und 9,4 % nahmen an keiner Entsorgungslösung teil. 263
Für 2005 wird der Anteil dualer Systeme auf 79,5 %, der Anteil sonstiger
Rückführungswege auf 2,4 %, der Anteil bepfandeter Einwegverpackungen auf
4,1 % und der Anteil nicht lizenzierter Verpackungen auf 14 % geschätzt. 264 Ziel
der Novelle der VerpackV ist es, die Zahl nicht lizenzierter Verpackungen weiter
zu reduzieren. Die haushaltsnahen Sammelsysteme sind bislang im Regelfall
selbst nicht operativ tätig und beauftragen Dritte mit der Durchführung von
Sammlung und Transport bzw. der Zuführung zur Verwertung.
213.
DSD hat in den Jahren 2003 und 2004 ausgeschriebenen Verträgen (Laufzeiten
1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2006 bzw. 1. Januar 2005 bis 31. Dezember
2007) den Entsorgungsunternehmen die Pflicht auferlegt, die gesammelten
Glasverpackungen einer Verwertung zuzuführen. Dem Auftragnehmer wird eine
262
263
264
§ 6 Abs. 3 VerpackV.
Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung, Umsetzung der Verpackungsverordnung in Deutschland,
Marktübersicht 2003, Prognose 2005, S. 5.
Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung, Umsetzung der Verpackungsverordnung in Deutschland,
Marktübersicht 2003, Prognose 2005, S. 11.
- 81 -
- 81 Mindestmenge vorgegeben, die er in jedem Fall der Verwertung zuführen
muss. 265 DSD berechnet diese Mindestmenge so, dass die Erfüllung der
Quoten der VerpackV für die in das System eingebrachten Verpackungen erfüllt
ist. Im Regelfall haben die Auftragnehmer der DSD in der Vergangenheit die
Mengen über die GGA vermarktet.
214.
Mit der Ausschreibung der Verträge für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis
zum 31. Dezember 2009 im Jahr 2006 ist DSD von diesem Modell abgegangen.
Nunmehr erwirbt DSD Eigentum an dem erfassten Altglas und verkauft es in
einem Auktionsverfahren. Der Käufer des Altglases ist verpflichtet, das Altglas
aufzubereiten und im eigenen Namen und auf eigene Rechnung der Verwertung zuzuführen. 266 DSD konnte im Auktionsverfahren die gesamte angebotene
Altglasmenge absetzen. 267 GGA hat in diesem Verfahren nach entsprechenden
Hinweisen
der
Beschlussabteilung
kein
Angebot
abgegeben. 268
Die
Schwierigkeiten, denen die Erwerber der Mengen – nicht zuletzt auf Grund des
Verhaltens der Beteiligten – bei der Verwertung gegenüberstanden, konnten
inzwischen überwunden werden. 269 Dies zeigt, dass die haushaltsnahen
Systeme auch ohne die Vereinbarung der Behälterglashersteller im Rahmen
der
GGA
in
der
Lage
sind,
über
individuelle
Verträge
eine
hohe
Verwertungsquote (75% und mehr) sicherzustellen. DSD hat bestätigt, dass
ihre Vertragspartner die gesamte Menge der Verwertung zuführen und dass
keine Hinweise darauf vorliegen, dass die vertraglichen Pflichten nicht erfüllt
werden. 270
215.
Unter Verwertung ist die Herstellung von Sekundärrohstoffen zu verstehen, die
unmittelbar für die Produktion von Neuglas verwendet werden können. 271
Sobald die Erwerber das Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung
entsprechend ihren vertraglichen Pflichten aufbereitet haben, haben sie ein
wirtschaftliches Eigeninteresse, es an Glashütten zur Verwendung bei der
Glasproduktion abzusetzen. Eine Beseitigung wäre wegen des Vorrangs der
265
266
267
268
269
270
271
Vgl. § 4 Abs. 2 des Mustervertrages der DSD über die Entsorgung von Verkaufsverpackungen aus Glas
(2005 – 2007), Bl. 187 ff. d.A.
Vgl. den Mustervertrag der DSD über die Aufbereitung und Verwertung von Verkaufsverpackungen aus
Glas, Bl. 203 ff. d.A.
Ausgeschrieben wurden ca. 50 % der Vertragsgebiete.
B 10 – 39/99, Bl. 399 ff. d.A.
Vgl. oben C III 1 b).
Email vom 24. Mai 2007, Bl. 1.095 d.A.
Vgl. oben A.I.
- 82 -
- 82 Verwertung in § 4 Abs. 1 KrW-/AbfG unzulässig und wirtschaftlich wegen der
damit verbundenen Kosten unsinnig.
216.
Selbst wenn im Einzelfall die Verwertung von Altglas mit Kosten verbunden ist,
führt das nicht dazu, dass die Recyclingquote der VerpackV unterschritten wird.
Denn die haushaltsnahen Sammelsysteme sind Adressaten der Pflichten der
VerpackV. Sie müssen deshalb im Einzelfall Verwertungskosten übernehmen
und werden dies bei der Festsetzung der Lizenzentgelte berücksichtigen.
Umgekehrt geben sie wegen des zunehmenden Wettbewerbs auf dem Markt
für die Organisation der Rücknahme und Verwertung beim privaten Endverbraucher anfallender gebrauchter Verkaufsverpackungen Erlöse, die sie durch
den Verkauf des Altglases erwirtschaften, an ihre Lizenznehmer weiter.
217.
Auf anderen Sekundärrohstoffmärkten werden ebenfalls hohe Recyclingquoten
erreicht, ohne dass die Verwertungsunternehmen die Rohstoffe gemeinsam
einkaufen. Dies gilt etwa für den Altpapiermarkt. Er ist insofern mit den
Altglasmärkten
vergleichbar,
als
größere
Mengen
Altpapier
ebenfalls
haushaltsnah erfasst werden, die dann ggf. nach weiterer Behandlung zu den
Papierherstellern transportiert werden müssen. Die Papierhersteller kaufen
individuell das in ihrer Produktion eingesetzte Altpapier ein. Technische
Unterstützung bietet die Gesellschaft für Papierrecycling ("GesPaRec"), Bonn,
indem sie z.B. die Optimierung von Sammelsystemen mit dem Ziel unterstützt,
die Erfassungsmengen zu steigern bzw. die Qualität des erfassten Altpapiers zu
verbessern. Die Altpapiereinsatzquoten lagen 2006 je nach Papier- und
Pappesorte zwischen 41 % und 99 %. 272 Diese Quoten konnten seit Jahren auf
dieser
Höhe
gehalten
werden, 273
ohne
dass
eine
gemeinsame
Einkaufsorganisation aller Papierhersteller erforderlich wäre und obwohl beim
Papierrecycling die Qualität des Sekundärrohstoffs mit jeder Verwendung
abnimmt, während Glas beliebig oft ohne nennenswerte Qualitätsverluste
verwertet werden kann.
3.
Keine angemessene Beteiligung der Verbraucher an Kosteneinsparungen
218.
Vorteile für die Marktgegenseite, d.h. die Anbieter des Altglases, durch die
gemeinsame Beschaffung des Altglases sind nicht ersichtlich. Die gemeinsame
Beschaffung wirkt sich im Gegenteil nachteilig für sie aus, soweit die GGA ihre
272
273
Vgl. Übersicht "Altpapiereinsatzquoten", abrufbar über www. gesparec.de.
Vgl. Übersicht "Altpapiereinsatzquoten", abrufbar über www. gesparec.de: Quoten von 1996 bis 2006.
- 83 -
- 83 Marktmacht in der Vergangenheit einsetzen konnte, um die Einkaufspreise für
Altglas auf einem niedrigen Niveau zu halten. 274 Seitdem DSD Altglas in einem
Auktionsverfahren absetzte, behindert die GGA den individuellen Absatz des
Altglases im Wettbewerb an die Behälterglashersteller.
219.
Es ist zweifelhaft, inwieweit die Behälterglashersteller mögliche Kostenvorteile
aus der gemeinsamen Beschaffung von Altglas an ihre Abnehmer 275
weitergeben. Niedrige Einkaufskosten als Folge der Ausübung von Marktmacht
sind nicht als wettbewerbsfördernd anzusehen, wenn die Einkäufer zusammen
Macht
auf
den
Verkaufsmärkten
ausüben.
In
diesem
Fall
werden
Kosteneinsparungen wahrscheinlich nicht an die Abnehmer weitergegeben. Mit
zunehmender gemeinsamer Macht auf den Verkaufsmärkten wird der Anreiz für
die
Vertragspartner
steigen,
ihr
Verhalten
als
Verkäufer
aufeinander
abzustimmen. Dies kann dadurch erleichtert werden, dass sie durch den
gemeinsamen Einkauf ein hohes Maß an Kostenangleichung erzielen. 276 Alle in
Deutschland produzierenden Behälterglashersteller sind auch Gesellschafter
der GGA. Sie verfügen auf dem Absatzmarkt – unabhängig davon wie dieser
räumlich im Einzelnen abzugrenzen ist – über hohe Marktanteile. 277 Die Kosten
für den Sekundärrohstoff machen einen erheblichen Teil der gesamten
Rohstoffkosten aus. 278 Die Senkung der Lizenzentgelte der haushaltsnahen
Sammelsysteme
durch
Steigerung
der
Einnahmen
bei
der
Sekundärrohstoffvermarktung kommt hingegen unmittelbar den Abnehmnern
der Behälterglashersteller zugute.
220.
Die
Weitergabe
von
Kostenvorteilen
an
den
Endverbraucher
ist
wahrscheinlicher, wenn die Behälterglashersteller individuell Altglas im
Wettbewerb nachfragen und sich ein Wettbewerbspreis für Altglas bildet. Diese
Prognose lässt sich mit dem Verhalten der Betreiber haushaltsnaher
Sammelsysteme belegen. Da sie die Organisation der haushaltsnahen
Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen im Wettbewerb anbieten, sind
sie bestrebt, Verwertungserlöse zu erzielen, um die Lizenzentgelte für die
274
275
276
277
278
Vgl. oben C.V.1.a)aa).
Verbraucher ist - jedenfalls nach dem Verständnis der Kommission - der unmittelbare Abnehmer, vgl.
Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG, ABl. C 101 vom
27. April 2004, S. 97, Rn. 84.
Vgl. die Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf
Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 128.
Vgl. oben C.III.3.
Vgl. oben C.III.3.
- 84 -
- 84 Teilnehmer des Systems zu reduzieren. Ihre Abnehmer – Unternehmen, die
Verkaufsverpackungen als Abfüller oder als Handelsunternehmen in Verkehr
bringen – sind ihrerseits bestrebt, die Organisationsleistungen haushaltsnaher
Sammelsysteme möglichst günstig einzukaufen und geben Kostenvorteile im
Wettbewerb an die Endverbraucher weiter. Die Weitergabe von Kostenvorteilen
aus der Verwertung von Altglas lässt sich quantifizieren. DSD als das größte
haushaltsnahe Sammelsystem hat die Lizenzentgelte für Altglas in der
veröffentlichten Preisliste gegenüber 2006 um 2,6 % abgesenkt. Insgesamt hat
das Unternehmen nach eigenen Angaben in den vergangenen zehn Jahr die
Kosten für die Lizenznehmer um durchschnittlich 35 % gesenkt, wobei die
Verwertung der Verpackungsabfälle als wettbewerbsfähige Sekundärrohstoffe
zunehmend an Bedeutung gewinnt. 279
4.
Ausschaltung des Wettbewerbs
221.
Unbeschadet der übrigen Freistellungsvoraussetzungen ist die Vereinbarung
auch deshalb nicht freistellungsfähig, weil sie die Möglichkeit eröffnet, für einen
wesentlichen Teil der betroffenen Waren den Wettbewerb auszuschalten. Bei
der Auslegung dieser Voraussetzung ist Art. 82 EG, der den Begriff der beherrschenden Stellung verwendet, mit heranzuziehen. 280 Bei dem gemeinsamen
Einkauf sind sowohl die Einkaufs- als auch die Verkaufsmärkte zu
berücksichtigen. 281
222.
Die Beteiligten betrachten drei Bereiche: Sie stellen den Umsatz der GGA in
Verhältnis zu den von ihnen pauschal berechneten Herstellkosten für
Behälterglas, sie berechnen einen Anteil der über die GGA abgerechneten
Transportkosten für Altglas 282 an dem Gesamtumsatz mit Altglas und sie
berechnen den Anteil an den Umsätzen, die mit der Sammlung von Altglas und
dem Transport von Altglas erzielt werden, bzw. den Anteil der im Nachtransport
gefahrenen Transportkilometer an allen in der Bundesrepublik zum Transport
von Steine und Erden gefahrenen Transportkilometer.
279
280
281
282
Bl. 960 ff. d.A.
Vgl. hierzu die Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG, ABl.
C 101 vom 27. April 2004, S. 97, Rn. 106.
Vgl. hierzu die Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf
Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 134.
Die in der Abschlusspräsentation von Roland Berger, S. 51 genannten 30,2 Mio. € ergeben sich aus
den Kosten für den Vor-, den Zwischen- und den Nachlauf, vgl. Auskunft der GGA vom 6. September
2006, Bl. 89.
- 85 -
- 85 223.
Die erste Betrachtung ist ungeeignet, die Marktstellung der GGA zu bestimmen,
weil sie die Aufwendungen bei der Beschaffung von Altglas mit den
Herstellkosten vergleicht. Die Marktstellung eines Einkaufskartells ist vorrangig
dadurch zu ermitteln, dass festgestellt wird, wie groß der Anteil der von der
Vereinbarung erfassten Einkäufe am Gesamtvolumen des betroffenen Marktes
ist. 283 Sofern ergänzend die Absatzseite betrachtet werden soll, müssen die
Marktanteile der an der Vereinbarung Beteiligten am Absatz ermittelt werden.
Darüber hinaus kann die Kostenstruktur der Beteiligten untersucht werden, um
eine Aussage über mögliche Auswirkungen des gemeinsamen Einkaufs auf der
Absatzseite zu treffen. Aufwendungen für Rohstoffe und Vorprodukte und
Umsätze mit den hieraus hergestellten Produkten lassen sich nicht unmittelbar
vergleichen.
224.
Die Betrachtung eines Marktes für Sammlung und Transport von Altglas ist
ungeeignet über die Marktstellung der GGA Aufschluss zu geben, weil die
Einkaufsvereinbarung sich nicht auf den Einkauf dieser Leistungen erstreckt.
Sammlung und Transport von Altglas führen die Entsorgungsunternehmen im
Auftrag der haushaltsnahen Sammelsysteme durch, die GGA wird erst auf der
nachgelagerten Stufe tätig. Ebenso ungeeignet ist die Betrachtung eines
Gesamtmarktes für den Transport von Steine und Erden. Über die GGA kaufen
die Behälterglashersteller nicht isolierte Transportleistungen ein, sondern sie
beschaffen
Altglas
und
haben
zu
diesem
Zweck
ein
System
der
Kostenerstattung und des Kostenausgleichs aufgebaut. Im Regelfall 284 führen
die
von
den
haushaltsnahen
Sammelsystemen
beauftragten
Entsorgungsunternehmen den Transport bis zur Aufbereitungsanlage durch,
während die Betreiber der Aufbereitungsanlagen den Transport zur Glashütte
organisieren.
225.
Richtigerweise ist auf die Altglasmärkte abzustellen, weil die Beteiligten
gemeinsam Altglas und zwar mit den notwendigen Transporten beschaffen.
Unrichtig ist allerdings die Beschränkung der Betrachtung auf den Transport.
Insofern ist es schon inkonsequent, wenn nur die Transportkosten und nicht
auch der Einkaufspreis für Altglas mit einbezogen wird. Insbesondere übergeht
283
284
Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen
über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 126.
Vgl. oben C.V.1.a)bb).
- 86 -
- 86 die GGA aber den Einfluss, den ihre Tätigkeit auf die Aufbereitung hat. 285 Bei
der Betrachtung des mengen- und volumenmäßigen Anteils der GGA an den
betroffenen Einkaufsmärkten ist die Aufbereitung jeweils einzubeziehen.
226.
Nach
den
Feststellungen
der
Beschlussabteilung
haben
die
an
der
Vereinbarung beteiligten Unternehmen die Möglichkeit, den Wettbewerb auf
den betroffenen Sekundärrohstoffmärkten auszuschließen. Sie verfügen
gemeinsam über erhebliche Anteile auf den Einkaufsmärkten für Altglas. Die
Vereinbarung erfasst 70 % ihres Einkaufs an Grün-, 49 % ihres Einkaufs an
Braun- und 71 % ihres Einkaufs an Weißglasscherben. 286 Insgesamt kaufen sie
67 % (Menge) bzw. 65 % (Wert) des benötigten Altglases gemeinsam ein. 287
Der Umstand, dass sie den Preis für unaufbereitetes Altglas niedrig halten
konnten 288 , unterstreicht ebenso wie die Behinderung von Unternehmen beim
Absatz von Altglas aus der DSD-Auktion des Jahres 2006 den weitgehenden
Ausschluss von Wettbewerb auf den von der Vereinbarung betroffenen
Sekundärrohstoffmärkten.
227.
Es ist auch zu erwarten, dass die Vereinbarung den Wettbewerb auf dem
Verkaufsmarkt beeinträchtigt. Behälterglas ist ein homogenes Massengut. Die
Anteile der Gesellschafter auf dem Verkaufsmarkt für Behälterglas sind
bedeutend. 289 Der Anteil der Rohstoffkosten an den Produktionskosten ist
relativ hoch 290 , so dass die Vereinbarung zu einer Kostenangleichung der
Hersteller von Behälterglas führt.
VI.
Ermessen
228.
Nach § 32 GWB steht es im Ermessen des Bundeskartellamtes, Unternehmen
oder Vereinigungen von Unternehmen zu verpflichten, eine Zuwiderhandlung
gegen Art. 81 EG oder § 1 GWB abzustellen. Nach Abwägung der betroffenen
Interessen überwiegt das Interesse an der Beendigung der koordinierten
Beschaffung von Altglas über die GGA.
229.
Die Zuwiderhandlung der Beteiligten liegt in der gemeinsamen Rohstoffbeschaffung der von ihnen hergestellten Produkte. Die von der Vereinbarung
285
286
287
288
289
290
Vgl. oben .III.1.b.
Vgl. oben C.III.2.
Vgl. oben C.III.2.
Vgl. oben C.V.1 a) aa).
Vgl. oben C.III.3
Vgl. oben C.III.3.
- 87 -
- 87 ausgehende Wettbewerbsbeschränkung ist schwerwiegend, berücksichtigt man
die hohen Marktanteile der Beteiligten auf den Einkaufsmärkten und auf den
Absatzmärkten. Hinzu kommt, dass mit der Vereinbarung ein erheblicher Teil
der Produktionskosten vereinheitlicht wird.
230.
Im Rahmen der Ermessensausübung war auch zu berücksichtigen, inwieweit
die Beteiligten versuchen, den andauernden Verstoß gegen Art. 81 EG und § 1
GWB
abzustellen.
Eine
kartellrechtlich
tragfähige
Lösung
ist
unter
Berücksichtigung des Verhaltens der GGA in den letzten Jahren nicht zu
erwarten, so dass die Wettbewerbsbeschränkung nicht länger geduldet werden
kann.
231.
Der GGA und ihren Gesellschaftern ist seit mehreren Jahren bekannt, dass die
gemeinsame Beschaffung von Altglas über die GGA kartellrechtlich unzulässig
ist. Die Beschlussabteilung hat mehrfach mündlich und schriftlich die Gründe
erläutet. Die GGA und ihre Gesellschafter haben davon abgesehen,
Lösungsvorschläge zu erarbeiten und stattdessen nur Varianten des gemeinsamen Einkaufs entwickelt.
232.
Als die Beschlussabteilung Vertretern der GGA am 15. Februar 2006 erneut
den Verstoß gegen Art. 81 EG und § 1 GWB erläuterte, erklärten diese, durch
eine Veränderung des Gesellschafterkreises die kartellrechtlichen Bedenken
auszuräumen. Aus den Protokollen der Beiratssitzungen ergibt sich, dass
insoweit weder Überlegungen angestellt noch konkrete Umsetzungsschritte
eingeleitet
wurden.
Stattdessen
beabsichtigt
die
GGA,
sich
auf
die
Freistellungsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG und des § 1 GWB zu
berufen, ohne aber ihren Vortrag hinreichend zu substantiieren.
233.
Schließlich sind die erheblichen negativen Folgen für den Wettbewerb auf den
betroffenen Sekundärrohstoffmärkten zu berücksichtigen. Nach der Ausschreibung des Altglases zur Übernahme und zur Verwertung durch DSD im Jahr
2006 wäre es zu erwarten gewesen, dass sich die Glashütten entweder selbst
um diese Mengen bemühen oder sie in Verhandlungen mit den Erwerbern
dieser Mengen treten. Der Umstand, dass alle Glashütten gleichzeitig auch
Gesellschafter der GGA sind und dass die GGA ihrerseits Verhandlungen mit
Aufbereitern über diese Altglasmengen führt, stört die Marktprozesse. Die
Behälterglashersteller halten sich mit Rücksicht auf ihre Beteiligung an der GGA
mit einer eigenen individuellen Nachfrage zurück. Belegt werden die negativen
- 88 -
- 88 Folgen für den Wettbewerb durch Hinweise der Unternehmen, die von DSD
Altglas gekauft haben. Sie wurden daran gehindert, dieses Altglas über
individuelle Vereinbarungen mit Behälterglasherstellern zu vermarkten. 291 Vor
diesem Hintergrund ist eine Beendigung der Tätigkeit der GGA notwendig, um
eine nicht koordinierte Nachfrage der Behälterglashersteller nach Altglas
sicherzustellen.
VII.
Keine Anordnung der Aussetzung der Vollziehung nach § 65 Abs. 3 S. 2
GWB
234.
Das Bundeskartellamt hat gem. § 65 Abs. 3 S. 2 GWB nach pflichtgemäßem
Ermessen über die Aussetzung der Vollziehung zu entscheiden. Maßstab ist
dabei § 65 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB. Hiernach kann die aufschiebende Wirkung
angeordnet werden, wenn die sofortige Vollziehung für den Betroffenen eine
unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte zur
Folge hätte. Die Entscheidung ist zu treffen durch eine Abwägung zwischen
dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse an
der Anordnung der aufschiebenden Wirkung.
235.
Nach der gesetzgeberischen Wertung sollen auf Art. 81 EG, § 1 GWB gestützte
Verfügungen der Kartellbehörden grundsätzlich sofort vollziehbar sein. Nur im
Ausnahmefall – bei Vorliegen einer unbilligen Härte – soll die Aussetzung der
Vollziehung erfolgen. Diese kann nur bejaht werden bei schwerwiegenden
Eingriffen,
deren
Folgen
nach
einer
erfolgreichen
Durchführung
des
Beschwerdeverfahrens nicht ohne weiteres beseitigt werden können. 292
236.
Eine solche unbillige Härte ist hier schon deswegen nicht zu erkennen, weil die
Verfügung nicht den Einkauf von Altglasmengen aus Ausschreibungen vor dem
1. Januar 2006 über die GGA berührt. Derzeit verfügt die GGA noch bis Ende
des Jahres über ca. 50 % des gesamten haushaltsnah gesammelten Altglases.
Die Gesellschafter der GGA müssen deshalb nicht befürchten, dass durch die
Beendigung der Tätigkeit der GGA die Versorgung mit Sekundärrohstoffen über
die GGA plötzlich unterbrochen wird. Sie haben die Möglichkeit, im Rahmen der
am 7. Mai 2007 begonnenen Ausschreibung der DSD Altglas aus der
haushaltsnahen Sammlung zu erwerben. Sie können damit die Versorgung
291
292
Vgl. oben C.III.3 b).
Kollmorgen in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 10. Aufl., §
65 Rn. 20.
- 89 -
- 89 ihrer Produktionsstätten mit Altglas auch längerfristig sichern. Sollte in einem
möglichen gerichtlichen Verfahren festgestellt werden, dass der gemeinsame
Einkauf aller Behälterglashersteller nicht gegen Art. 81 EG, § 1 GWB verstößt
müssten sie allenfalls den Nachteil hinnehmen, dass sie für den Zeitraum der
Vollziehbarkeit der Verfügung Vorteile aus dem Einkaufskartell – die nach den
Feststellungen der Beschlussabteilung zu der mangelnden Effizienz der
GGA 293 wenn überhaupt gering sein dürften – nicht realisieren konnten.
237.
Eine unbillige Härte ist auch deswegen nicht zu erkennen, weil die
Behälterglashersteller seit 1999 über die Einschätzung der Beschlussabteilung
unterrichtet sind. Ihnen wurde in zahlreichen Gesprächen der Verstoß gegen
kartellrechtliche Vorschriften erläutert. Sie hatten von sich aus angekündigt,
durch einen Gesellschafterwechsel den fortdauernden Verstoß gegen Art. 81
EG, § 1 GWB zu beenden, dieser Ankündigung aber keine Taten folgen lassen.
Sie hatten in der Vergangenheit ausreichend Gelegenheit, ihr Einkaufsverhalten
entsprechend anzupassen. Dies hätte insbesondere nahegelegen, nachdem die
DSD im Jahr 2006 zum ersten Mal im Rahmen eines Bieterverfahrens
Altglasmengen zum Verkauf angeboten hat.
238.
Das eigene Interesse der GGA an der Fortsetzung ihrer unternehmerischen
Tätigkeit ist nur abgeleitet vom Interesse ihrer Gesellschafter, gemeinsam
Sekundärrohstoffe einzukaufen. Die Beendigung dieser unternehmerischen
Tätigkeit kann die Annahme einer unbilligen Härte deshalb ebenfalls nicht
begründen.
239.
Demgegenüber überwiegt das öffentliche Interesse an der – ohnehin als
gesetzlicher Regelfall vorgesehenen – sofortigen Vollziehung der Verfügung.
Ein solches Interesse kann in der Erhaltung der Wettbewerbsstrukturen liegen
und sich insbesondere aus Gefahren für den Erhalt einer gesunden
Marktstruktur ergeben. 294 Der gemeinsame Einkauf der Behälterglashersteller
über die GGA führt dazu, dass sich kein funktionsfähiger Wettbewerb auf den
Altglasmärkten
entwickeln
kann.
Die
Erwerber
von
Altglas
aus
der
haushaltsnahen Sammlung von Verkaufsverpackungen werden beim Absatz
des Altglases an Behälterglashersteller behindert. Nach den Feststellungen der
Beschlussabteilung gefährdet die gemeinsame Haltung der Gesellschafter der
293
294
Vgl. oben C.V. 1 a) bb).
KG, Beschluss vom 16.
Ersatzwagenkostenerstattung.
Juli
1993,
WuW/E
OLG
5132
(5133)
–
Empfehlung
- 90 -
- 90 GGA den Absatz des Altglases aus der im Jahr 2006 von DSD durchgeführten
Ausschreibung, weil die Glashütten nicht bereit sind, individuell diese Mengen
abzunehmen, sondern auf dem zentralen Einkauf über die GGA bestehen. Es
ist zu befürchten, dass die Existenz der GGA sich auch störend auf die laufende
Ausschreibung von Altglasmengen durch DSD auswirkt. Insbesondere könnte
das Verhalten dritter Marktteilnehmer wie Betreiber von Aufbereitungsanlagen
oder Sekundärrohstoffhändler negativ beeinflusst werden, die vor dem
Hintergrund der Erfahrungen bei der Ausschreibung von Altglas im Jahr 2006
von Geboten abgeschreckt werden. Damit würde die Entstehung von
Wettbewerbsstrukturen auf den betroffenen Altglasmärkten auf Jahre hinaus
empfindlich gestört.
240.
Ebenfalls zu berücksichtigen sind die berechtigten wirtschaftlichen Interessen
der Unternehmen, die Altglas an Behälterglashersteller absetzen wollen. Sie
tragen z.T. erhebliche finanzielle Risiken, soweit sie Mengen aus der
haushaltsnahen Sammlung gekauft haben, um sie ggf. nach Aufbereitung
weiterzuveräußern. Sie werden in ihrer unternehmerischen Tätigkeit durch die
GGA behindert und können die Sekundärrohstoffe nicht im Wettbewerb an die
Behälterglashersteller absetzen. Dies beeinträchtigt auch die Tätigkeit der
Betreiber haushaltsnaher Sammelsysteme, weil sie ggf. den Nachweis der
Verwertung der in ihrem System gesammelten Mengen nicht führen können,
wenn sich die Behälterglashersteller weigern, Mengen individuell abzunehmen.
241.
Das Interesse der Behälterglashersteller an der Fortsetzung des gemeinsamen
Einkaufs über den 1. Januar 2008 hinaus muss hinter diesen öffentlichen
Interessen und den genannten unternehmerischen Interessen zurückstehen.
Der Nachteil, den sie hinnehmen müssen – mögliche Verluste von
Kostenvorteilen durch die Einkaufskooperation – rechtfertigt die Anordnung der
Aussetzung der sofortigen Vollziehung nicht. Gleiches gilt für das lediglich
abgeleitete Interesse der GGA, weiterhin als gemeinsame Einkaufsorganisation
der Behälterglashersteller tätig sein zu können.
VIII.
Umfassendes Verbot des Einkaufskartells der Behälterglashersteller
242.
Das Verbot des Art. 81 EG und des § 1 GWB richtet sich gegen den
gemeinsamen
Altglaseinkauf
der
Behälterglashersteller
in
der
GGA,
unabhängig davon, wie dieser im Einzelnen ausgestaltet ist. Soweit die GGA
- 91 -
- 91 und ihre Gesellschafter neue Geschäftsmodelle entwickelt haben, die bei
wirtschaftlicher Betrachtungsweise das Einkaufskartell fortsetzen, erfasst die
Untersagung auch diese Vereinbarungen. Dies gilt insbesondere für den
Aufbau eines eigenen Systems zur haushaltsnahen Sammlung für Altglas durch
die in der GGA zusammengeschlossenen Behälterglashersteller bzw. die
Kooperation mit einem bereits auf dem Markt tätigen Anbieter eines
haushaltsnahen Sammelsystems. 295 Es ist nicht zu erkennen, wie auf diese
Weise bei unveränderter Gesellschafterstruktur der GGA der Verstoß gegen
Art. 81 EG und § 1 GWB ausgeräumt werden soll. Denn die Gesellschafter
würden auch dann den wesentlichen Teil ihres Bedarfs an Altglas über die GGA
decken. Das Einkaufskartell für Altglas dehnte die Koordinierung zwischen
seinen Mitgliedern auf die vorgelagerten Sammel- und Transportmärkte aus,
weil die Behälterglashersteller diese Leistungen dann ebenfalls zu einheitlichen
Konditionen einkaufen würden. Es ist insoweit unerheblich, ob die GGA selbst
die Funktionen eines Systems zur haushaltsnahen Sammlung gebrauchter
Verkaufsverpackungen übernimmt oder ob sie mit einem bereits bestehenden
System
kooperiert.
In
beiden
Fallgestaltungen
beschaffen
die
Behälterglashersteller über die GGA gemeinsam Altglas unter Einbeziehung der
vorgelagerten Marktstufe der haushaltsnahen Sammlung und des Transports.
243.
Die Beschlussabteilung würde die Umsetzung eines solchen Geschäftsmodells
als Verstoß gegen das an die GGA und ihre Gesellschafter gerichtete
Untersagungsverfügung werten, gemeinsam Altglas zu beschaffen. Sie hat die
Möglichkeit, durch Verwaltungszwang ihre Anordnungen durchzusetzen. Die
Höhe des Zwangsgeldes, das nach den allgemeinen Vorschriften für die
Vollstreckung von Verwaltungsmaßnahmen angeordnet werden kann, kann bis
zu 10 Mio. € betragen. 296
Darüber hinaus ist die Einleitung eines
Bußgeldverfahrens möglich.
244.
Soweit die Beteiligten bei der Diskussion um die Zukunftsmodelle – zu
Unrecht 297 – meinen, ihnen sei gesetzlich vorgegeben, Altglas gemeinsam zu
beschaffen, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass eine solche Pflicht nicht mit
höherrangigem Gemeinschaftsrecht vereinbar wäre. Die Wettbewerbsbehörden
der
295
296
297
Mitgliedstaaten
sind
verpflichtet,
nationale
Rechtsvorschriften
Vgl. oben A.V.2.
§ 86 a GWB.
Vgl. oben C.I.2.
- 92 -
- 92 unangewendet zu lassen, die Unternehmen zu einem Verhalten zwingen, das
gegen Art. 81 EG verstößt. Die Nichtanwendung solcher – zwingenden –
Rechtsvorschriften darf die Unternehmen für ihr in der Vergangenheit liegendes
Verhalten keinen strafrechtlichen oder administrativen Sanktionen aussetzen.
Soweit die Entscheidung einer Wettbewerbsbehörde, die unter Nichtanwendung
der betreffenden nationalen Rechtsvorschrift einen Verstoß gegen Art. 81 EG
feststellt, bestandskräftig wird, kann aber künftiges Verhalten der Unternehmen
Sanktionen unterworfen werden. 298
245.
Legt man die Auffassung der Beteiligten zu Grunde, das KrW-/AbfG bzw. die
VerpackV verpflichteten sie zum gemeinsamen Einkauf der Sekundärrohstoffe,
und setzen sie ihre bisherige Tätigkeit fort oder verwirklichten sie andere
Modelle
der
gemeinsamen
Bundeskartellamt
als
Beschaffung
zuständige
von
nationale
Altglas,
müsste
Wettbewerbsbehörde
das
diese
Vorschriften insoweit unangewendet lassen. Es könnte dieses Verhalten für die
Zukunft
untersagen
und
einen
Verstoß
gegen
die
Untersagung
mit
Verwaltungszwang durchsetzen oder im Rahmen eines Bußgeldverfahrens bei
künftigen Verstößen Geldbußen verhängen. Die Frage der Anwendbarkeit
umweltrechtlicher
Vorschriften
muss
aber
in
diesem
Verfahren
nicht
abschließend geklärt werden. Denn die Auslegung der Bestimmungen des
KrW-/AbfG und der VerpackV ergibt, dass eine Rechtspflicht, die Verwertung
von Altglas gemeinsam sicherzustellen, nicht besteht. 299
D.
Gebühren
[...]
298
299
EuGH, Urteil vom 9. September 2003, Rs. C-198/01, Slg. 2003, S. I-8.055 (Rn. 49 ff.) – CIF.
Vgl. oben C.I.2.
- 93 -
- 93 -
RECHTSMITTELBELEHRUNG
[...]
Hossenfelder
E. Müller
Dr. Mehler
Es wird darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung – dem Tenor nach – im Bundesanzeiger oder
im elektronischen Bundesanzeiger (§ 62 GWB) sowie – im Volltext – im Internet unter
www.bundeskartellamt.de veröffentlicht wird.
- 94 -
- 94 -
A.
Sachverhalt ...............................................................................................................4
I.
Einführung.................................................................................................................4
II.
Die Beteiligten ...........................................................................................................5
III. Der rechtliche Rahmen .............................................................................................7
IV. Gegenwärtige Tätigkeit der GGA ..............................................................................7
1. Übernahme des Altglases aus der haushaltsnahen Sammlung ................................8
a) Festlegung der Altglas-Aufbereitungsanlagen .....................................................10
b) Vergütung der Entsorgungsunternehmen............................................................11
2. Aufbereitung des Altglases......................................................................................11
a) Aufbereitung für die Gesellschafter .....................................................................11
b) Aufbereitung unmittelbar für die GGA..................................................................12
3. Absatz des Altglases an die Gesellschafter zur Verwertung ...................................12
a) Preissystem der GGA..........................................................................................12
b) Jährliche Festlegung der Altglaspreise durch die Gesellschafter ........................13
c)Koordinierung des Scherbeneinsatzes über den Beirat .......................................16
V.
Eigene Modelle der GGA zu ihrer künftigen Tätigkeit..............................................18
1. Vermarktung des Altglases durch DSD ...................................................................18
2. Neue Geschäftsmodelle der GGA...........................................................................19
3. Verhandlungen mit Vertragspartnern der DSD über die Übernahme des Altglases
für den Zeitraum 2007 - 2009..................................................................................26
B.
Verfahrensgang.......................................................................................................27
C.
Rechtliche Würdigung .............................................................................................30
I.
Vereinbarung zwischen Unternehmen ....................................................................30
1. Die Vereinbarung ....................................................................................................30
2. Das Umweltrecht verpflichtet die Beteiligten nicht zu einem Einkaufskartell ...........31
II.
Betroffene Märkte....................................................................................................35
1. Sachlich relevante Märkte .......................................................................................35
a) Die Altglasmärkte ................................................................................................35
b) Einbeziehung der Altglasaufbereitung .................................................................37
c) Keine getrennten Altglasmärkte für Altglas aus haushaltsnahen Sammlungen und
Altglas aus dem gewerblichen Bereich................................................................39
d) Keine Einbeziehung der Primärrohstoffe .............................................................39
e) Kein einheitlicher Markt für alle Glasfarben .........................................................41
2. Räumlich relevante Märkte......................................................................................42
III. Wettbewerbsbeschränkung.....................................................................................43
1. Beschränkung des Wettbewerbs auf den Altglasmärkten .......................................43
a) Zweck der Vereinbarung .....................................................................................43
b) Wirkung der Vereinbarung...................................................................................48
2. Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung ...........................................................50
3. Auswirkungen der Vereinbarung auf den Absatzmarkt ...........................................51
IV. Eignung zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels ...........................53
V.
Keine Freistellung der Vereinbarung gem. Art. 81 Abs. 3 EG, § 2 GWB.................55
1. Verbesserung der Warenerzeugung oder –verteilung, Förderung des technischen
oder wirtschaftlichen Fortschritts.............................................................................59
- 95 -
- 95 a) Versorgung der Behälterglashersteller mit Sekundärrohstoffen ..........................60
aa) Vorteile bei der Beschaffung ........................................................................60
bb) Vorteile beim Transport ................................................................................63
cc) Vorteile bei der Aufbereitung ........................................................................67
dd) Gesamtbetrachtung......................................................................................68
b) Technologischer Fortschritt .................................................................................68
c) Schonung natürlicher Ressourcen.......................................................................70
2.Keine Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung ...........................................71
a) Die Beschränkung ist nicht unerlässlich, um die Hersteller von Behälterglas
kostengünstig mit Sekundärrohstoff zu versorgen...............................................71
b) Die Beschränkung ist nicht unerlässlich, um die Qualität des Sekundärrohstoffs
sicherzustellen.....................................................................................................72
c) Die Beschränkung ist nicht unerlässlich, um hohe Recyclingquoten zu erreichen
und den Energieverbrauch bei der Behälterglasherstellung zu minimieren. ........72
aa) Es ist zu erwarten, dass auf Grund objektiver Kostenvorteile der Einsatz von
Altglas als Sekundärrohstoff nicht signifikant zurückgeht. ...................................73
bb) Wegen der gesetzlichen Pflicht haushaltsnaher Sammelsysteme zur
Verwertung ist ein signifikanter Rückgang der Verwendung von Altglas als
Sekundärrohstoff nicht zu erwarten .....................................................................79
3. Keine angemessene Beteiligung der Verbraucher an Kosteneinsparungen ...........82
4. Ausschaltung des Wettbewerbs ..............................................................................84
VI. Ermessen................................................................................................................86
VII. Keine Anordnung der Aussetzung der Vollziehung nach § 65 Abs. 3 S. 2 GWB ....88
VIII. Umfassendes Verbot des Einkaufskartells der Behälterglashersteller ....................90
D.
Gebühren ................................................................................................................92