portrait „Ich bin ein Profi, kein Schönwetter-Darsteller!“

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STAR
portrait
PORNOSTAR AUF EROTISCHEM HAUSBESUCH
„Ich bin ein Profi,
kein Schönwetter-Darsteller!“
Als HC-Darsteller wurde Till Kraemer bekannt durch die Serie „Mach´s mit Till“. Die Reihe zeichnet sich neben ihrem charismatischen
Namensgeber in erster Linie durch ausgefallene Drehorte sowie hoch motivierte Darstellerinnen aus. Doch Kraemer hat auch andere
Talente: Zahlreiche Auftritte in Werbespots, Filmen und Fernsehserien sind die abwechslungsreichen Stationen seiner Karriere.
Darüber hinaus engagiert sich der aktive Kampfsportler für Tierrechte und ist zudem ein begabter Musiker. Diesen Herbst hat er
auch die Bretter, die die Welt bedeuten, erobert und ist in Hamburg im englischsprachigen Stück „Zero Gravity“ zu sehen
Wie kamen Sie dazu,
HC-Filme zu machen?
Till Kraemer: Vor vier
Jahren hängte ich meine
Karriere als Programmierer
an den Haken und
widmete mich meiner
Schauspielkarriere. Als
dieser Weg stagnierte und
zudem meine Beziehung
in die Brüche ging, war
sein kann. Beim Pornodreh ist alles
sehr einfach und unkompliziert,
denn es ist genau so, wie sich
viele Menschen Sexualität erträumen, sich aber natürlich nicht so
recht trauen, es auszuleben. Ich
genieße Sex und bin daher mit
meinem Beruf sehr zufrieden.
the person
Till Kraemer wurde 1977
geboren und ist in der Nähe
von Bonn aufgewachsen.
Er war jahrelang Schüler
einer Waldorfschule, bis er
schließlich auf ein Bonner
Gymnasium wechselte. Nach
seinem Zivildienst in einem
Seniorenzentrum trat er eine
Odyssee durch Deutschland an, um
in der Nähe seiner jeweils aktuellen
Freundin zu sein. Im Jahr 2001 siedelte er sich in Hamburg an, von wo
aus er seither seine Karriere als
Schauspieler vorantreibt.
es Zeit, etwas Neues zu probieren.
Seit etwas über einem Jahr nutze
ich meine neu gewonnene Freiheit
nun dazu, unter anderem HCFilme zu drehen.
Ist das Ihrer Karriere als
Mainstream-Schauspieler
nicht eher hinderlich?
Kraemer: Ja, das ist auf jeden
Fall so, denn es gibt viele
Vorurteile. Ich habe da eine ZweiLager-Theorie, nach der sich die
Menschheit in tolerante und intolerante Zeitgenossen einteilen lässt.
Einige Menschen lehnen meine
Erotikdrehs total ab, wie einer meiner Schauspiellehrer, der die
Ansicht vertritt, das habe nichts mit
Kunst zu tun. Ich sehe das anders,
denn ich finde, die Grundidee,
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etwas Intimes von sich Preis zu
geben, ist ähnlich. Dennoch gebe
ich zu, dass ich es den Leuten bei
Castings nicht gleich auf die Nase
binde! Auch wenn ich es doof
finde, wenn ich in Situationen
gebracht werde, in denen ich
nicht komplett ich selbst sein darf
und etwas zurückhalten muss.
Was für Erfahrungen haben Sie
bei Ihrem ersten Dreh gemacht?
Kraemer: Mein erstes Dreherlebnis
war eine klassische Amateurgeschichte, bei der ich unüberlegt
einfach mitgemacht habe. Ich
erinnere mich noch gut, dass ich
wahnsinnig aufgeregt war und
alles sehr spannend und faszinierend fand.
Was sind Ihrerseits die positiven
Erfahrungen der Branche?
Kraemer: Meiner Ansicht nach
leben wir in einer von Reizen überfluteten Welt, in der wir ständig
mit Nacktheit und Geilheit konfrontiert werden, was insbesondere für Single-Männer frustrierend
Was ist das Besondere am
Konzept von „Mach’s mit Till“?
Kraemer: Die Serie überzeugt mit
Darstellerinnen, denen die Arbeit
Freude macht und die voll bei der
Sache sind. Darüber hinaus
suchen wir ungewöhnliche
Drehorte aus, wie das Zirkuszelt
im vierten Teil von „Mach’s mit Till“.
So bieten wir den Konsumenten
etwas Besonderes. Das ganze soll
Spaß vermitteln und natürlich
Freude am Sex wecken.
Wie rekrutieren Sie
potenzielle Darstellerinnen?
Kraemer: Ein Weg führt über die
Website www.machs-mit-till.de. Im
Forum melden sich häufig interessierte Frauen, aber viele wollen es
am Ende doch lieber bei einer
Phantasie belassen und machen
einen Rückzieher. Doch ein paar
finden sich immer, die sich trauen,
den Schritt zu machen. Außerdem
finden wir unsere Kandidatinnen
auch über klassische Wege wie
Anzeigen oder Agenturen. Das
braucht alles seine Zeit, doch ich
finde es besser, wenn alles etwas
langsamer, aber dafür gut läuft,
und am Ende ein tolles Ergebnis
steht.
Was erwartet uns im fünften
Teil, dessen Dreharbeiten im
August begonnen haben?
Kraemer: Das wird etwas ganz
Besonderes! Wir haben ausschließlich mit Newcomerinnen gedreht,
also nur mit Mädchen, die noch
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nie vor der Kamera Sex hatten.
Das ist ein sehr markanter
Aufhänger. Mit ein bisschen
Glück werden wir als Location
eine Feuewache bekommen,
was ich super fände, aber das
ist noch nicht ganz sicher. Weil
es sich um eine öffentliche
Einrichtung handelt, gestaltet
sich das etwas schwierig, aber
Stephan Dicke von S.D. Evolution
Video arbeitet daran, diese
fantastische Idee auch
umsetzen zu dürfen.
Ist das Drehen mit
Branchenneulingen nicht
viel anstrengender?
Kraemer: Nun, es hat eben,
wie die meisten Dinge im Leben,
Vor- und Nachteile. Bei Profis sitzt
jeder Griff. Aber dadurch, dass
sie routinierter sind, wirkt es halt
ganz anders, oft sogar ein wenig
abgebrüht. Newcomerinnen sind
authentischer. Dadurch, dass sie
meist ein wenig aufgeregt sind,
bekommt der Sex das gewisse
Etwas und die Aufnahmen haben
einen ganz persönlichen Charme.
Wenn ich mich entscheiden
müsste, würde ich Drehs mit
Amateurinnen den Vorzug geben.
Wie gehen Sie mit dem
Trend zu immer härteren
Szenen im HC-Geschäft um?
Kraemer: Ich finde diese
Entwicklung bedenklich.
Manche Darstellerinnen scheinen
doch sehr unter den immer brutaler werdenden Filmdrehs zu leiden, die der Markt fordert, um
noch Kunden hinter dem Ofen
hervor zu locken. Ich persönlich
habe mir vorgenommen, bei diesem Trend nicht mitzumachen,
da sich hier menschenverachtende Züge zeigen, die ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren
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kann. Ich hätte ein Problem damit,
mit dem Leid anderer Menschen
Geld zu machen. Meiner Ansicht
nach wird sich die Entwicklung
eines Tages auch wieder umkehren und in eine harmlosere
Richtung gehen. Wenn ich von
einem knallharten Drehtag heimkomme, will ich privat auch eher
romantischen, zärtlichen Sex, weil
ich dann in gewisser Weise übersättigt bin.
Wo verlaufen Ihre
Grenzen sonst noch?
Kraemer: Ich kann und will
nicht mit Frauen drehen, die ich
nicht attraktiv finde. Einmal ist
eine nahezu Wal-artige Frau am
Set aufgetaucht, mit der ich drehen sollte. Ich bin der Ansicht,
man sollte auf so etwas vorbereitet
werden, und deshalb habe ich
mich geweigert. Deshalb denken
einige Kollegen, ich sei ein
„Schönwetterdarsteller“ und
kein Profi. Aber ich seh das ganz
anders, denn ich erlaube mir ganz
professionell den Luxus, mir auszusuchen, was ich machen will.
Was hat es mit dem „Duell
der Porno-Giganten“ gegen
den Schweizer Michael Ryan
auf sich?
Kraemer: Michael und ich haben
uns zum Spaß ein wenig in den
einschlägigen Foren gekabbelt. So
entstand die Idee eines Wettstreits.
Es ist angedacht, einen Wettkampf
in der Hamburger Boxerschmiede
„Die Ritze“ auszutragen. Natürlich
würde es sich dabei um eine
gewaltfreie Version handeln,
in der es darum geht, wer von
uns am besten die Frauen
beglückt. Michael ist ein lustiger
und humorvoller Typ, den ich
sehr mag, aber derzeit sieht es
so aus, als würde er vor der
Herausforderung zurückschrecken!
Dreh gefunden und fanden
die Story toll. Deshalb habe ich
im Mai 2006 eine feste Kolumne
bekommen und plaudere für
die Leser aus dem erotischen
Nähkästchen. Die Stories basieren
auf meinen Erfahrungen, denn
das Leben schreibt die witzigsten
und skurrilsten Geschichten!
Sie schreiben eine erotische
Kolumne in der Praline.
Wie kam es zu der
Zusammenarbeit?
Kraemer: Das Tagebuch auf
meiner Website www.tillkraemer.de war der Auslöser.
Die Pralineredakteure haben dort
einen lustigen Eintrag über einen
Eine ernste, aber wichtige
Frage: Wie schützen Sie
sich trotz Ihres bewegten
Sexlebens vor HIV?
Kraemer: Das ist eine gute
Frage, denn eigentlich ist das
HC-Geschäft russisches Roulette.
Bevor ich angefangen habe, war
ich im Hamburger Tropeninstitut,
Wie sehen Ihre
Zukunftspläne aus?
Kraemer: Ich hoffe, dass
weiterhin unerwartet Türchen
aufgehen, ähnlich wie die
Praline-Kolumne. Außerdem
hoffe ich auch auf MainstreamRollen, da es mich auf Dauer
nicht erfüllen wird, ausschließlich
Pornos zu machen.
portrait
wo es eine Aids-Abteilung gibt.
Dort wurde ich informiert,
dass die Übertragung von der
Frau auf den Mann wesentlich
unwahrscheinlicher ist als
umgekehrt. Aber man muss
auch bedenken, dass es neben
dem HI-Virus auch um andere
Krankheiten geht, und man
schon damit rechnen muss, sich
gelegentlich einen Tripper einzufangen. Aber das Leben ist halt
riskant! Sobald ich Verantwortung
für eine Familie tragen muss,
plane ich, aufzuhören.
Werden Sie auf der
Venus in Berlin sein?
Kraemer: Auf jeden Fall werde
ich dort sein, aber leider nicht
an allen Tagen. Ich plane
jedoch, möglichst viel Zeit auf
der Messe zu verbringen, da
es unklug wäre, nicht die
Gelegenheit zu nutzen, dort
wichtige Kontakte zu knüpfen.
Till Kraemer, vielen
Dank für dieses Gespräch!