DIE GESCHICHTE DES FALKENHAGENER FELDES

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DIE GESCHICHTE DES FALKENHAGENER FELDES
Die Geschichte des Falkenhagener Feldes
2013 wird das 50jährige Bestehen des Falkenhagener Feldes gefeiert.
Genauer gesagt, der Satellitenstadt Falkenhagener Feld. Denn die
Geschichte dieser Gegend begann nicht erst vor einem halben
Jahrhundert, sondern schon viel früher.
Um das Jahr 1200 wurde das Dorf Falkenhagen gegründet; 1336
wurde es erstmals urkundlich erwähnt. Ab 1528 gehörte der Ort zum
Amt Spandau. Ein kleiner Sandweg zwischen diesen beiden Orten ist
ab 1860 ausgewiesen. 1895 wurde er auf Anregung des Falkenhagener
Gemeindevorstands von der Stadt Spandau bis zur Stadtgrenze als
Chaussee angelegt und Falkenhagener Chaussee genannt. Am 14.
Februar 1958 wurde sie in Falkenseer Chaussee umbenannt.
(Falkenhagen wurde bereits am 1. April 1923 mit dem Ort Seegefeld
zur Stadt Falkensee zusammen gelegt.) Anfang der 1960er Jahre
wurde die Hauptachse des Falkenhagener Feldes von einer
normalbreiten Straße zu einer sechsspurigen Hauptstraße ausgebaut.
Das Falkenhagener Feld lag außerhalb des Spandauer Festungsrayons,
war aber trotzdem verkehrsgünstig zu erreichen. Es war ursprünglich
ein durch Stadtrandsiedlungen, Landwirtschaft und Kleingärtner
genutztes Gebiet. Doch der Ortsteil zwischen An der Kappe im Süden
und In den Kisseln im Norden hieß Specte. Nördlich grenzte er an den
Ortsteil Radeland, östlich an die Spandauer Neustadt. Nach dem
Ersten Weltkrieg gab es diese Ortsteile nicht mehr. Sie und andere
Ortsteile (unter anderem Hakenfelde) gehörten zur Spandauer
Feldmark.
Kirchturm der Jeremia-Gemeinde, Siegener Straße Ecke Salchendorfer Weg.
Foto: Archiv Jeremia-Gemeinde
In den Jahren 1923 bis 1927 entstanden entlang der Zeppelinstraße die
vom Architekten Richard Ermisch im expressionistischen Stil
entworfenen Häuser. Die Gebäude mit den vier Türmchen an der
Kreuzung mit der Falkenseer Chaussee gelten als Einfahrt ins
Falkenhagner Feld – auch wenn der Ortsteil offiziell weiter östlich am
Hohenzollernring beginnt.
1938 entstand südlich der Falkenhagener Chaussee und zum Teil auch
nördlich davon das „Westfalenviertel“. Die Straßen hier wurden alle
nach Orten in Westfalen benannt. Es wurden Einfamilienhäuser gebaut
und eine Schule, die spätere B-Traven-Oberschule.
Aufgrund des Wohnungsmangels im damaligen Westteil Berlins
wurde Anfang der 1960er Jahre damit begonnen, hier eine
Großraumsiedlung zu errichten. Die Einfamilienhäuser wurden in
dieses Konzept integriert.
Zeitungsausschnitt
Foto: Archiv
So wurde 1962 der Grundstein für das „Siegener Viertel“ gelegt
(südlich der Falkenseer Chaussee, zwischen Zeppelinstraße,
Spekteweg und Siegener Straße). 1963 begannen die Bauarbeiten
nördlich der Falkenseer Chaussee, zwischen Bötzowbahn, Pionierund Zeppelinstraße sowie westlich der Bahn an der Wasserwerkstraße.
Im Jahr darauf folgte der Bau der Wohnblöcke an der Falkenseer
Chaussee 200 bis 214, westlich der Bötzowbahn. Der zweite große
Bauabschnitt des Falkenhagener Feldes zwischen Am Kiesteich und
der Stadtgrenze entstand hauptsächlich in den 1970er Jahren.
In der ersten Bauphase war Zeilenbau vorwiegendes
Gliederungsprinzip der Großsiedlung. In späteren Phasen wurde zu
komplexeren Hochhäusern übergegangen, vor allem im nördlichen
Teil.
Spielplatz am Spekteweg, erbaut im Oktober 1968
Foto: Archiv Ließfeldt
Der Friedhof in den Kisseln
Der Friedhof wurde am 17. November 1886 eröffnet, weit vor den
Toren der Stadt Spandau. Ursprünglich war es ein 5,2 Hektar großes,
hügeliges Gelände, das hauptsächlich mit Kiefern (Kisseln) bewaldet
war. In den Jahren nach 1886 wurden die alten Spandauer Kirchhöfe
geschlossen und teilweise zu Grünanlagen umgestaltet, wie zum
Beispiel der ehemalige Nikolaikirchhof zum Koeltzepark.
Der Friedhof in den Kisseln wurde mehrmals vergrößert. In den
Jahren 1913 bis 1915 auf fast die doppelte Fläche, 1920 auf knapp 45
Hektar, von 1957 bis 1961 und schließlich noch mal von 1964 bis
1972 auf dann fast 64 Hektar. Damit ist er die größte Begräbnisstätte
auf dem Stadtgebiet Berlins.
Bekannte Berliner haben hier zwischen Pionier- und Radelandstraße
ihre letzte Ruhestätte, unter anderem Hanna-Renate Laurien
(Senatorin
von
Berlin),
Peter
Rebsch
(Präsident
des
Abgeordnetenhauses von Berlin), Friedrich Wilhelm Georg Koeltze
(Spandauer Bürgermeister), Thomas Dörflein (Tierpfleger).
Insgesamt 18 Ehrengrabstätten gibt es hier, außerdem Gräber für
Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft mit 15 Abteilungen, ein
französisches Kriegerehrenmal, ein Denkmal für die Gefallenen der
Einigungskriege, ein Weltkriegsdenkmal Lazarettopfer 1914 bis 1918,
ein Denkmal für die Gefallenen 1914 bis 1918 und ein Mahnmal des
Zweitem Weltkrieges. Der Friedhof selbst ist ein Gartendenkmal.
Der Eiserfelder Ring Anfang der 70er Jahre
Foto: Archiv Ließfeldt
Die Bötzowbahn
Die Havelländische Eisenbahn AG (1892 gegründet) betrieb eine 26
Kilometer lange Kleinbahnstrecke zwischen Nauen und Velten. Von
der Zwischenstation Bötzow zweigte ab dem 1. Juni 1908 die
Bötzowbahn zum Spandauer Johannesstift ab, zunächst nur für den
Güterverkehr, ab dem 1. Mai 1909 auch für den Personenverkehr.
Genau drei Jahre später war die verlängerte Strecke frei bis zum
Kleinbahnhof Spandau West. Sie führte zum Teil durch das
Falkenhagener Feld. Auf einem Teil dieser Strecke fuhr vom 8. Januar
1923 bis April 1945 die Linie 120 der Berliner Straßenbahn zwischen
Hennigsdorf und Spandau. Güterverkehr von Spandau über Bötzow
nach Nauen gab es noch bis zum 21. August 1950, danach wurde er
auf das Teilstück Spandau West – Johannesstift beschränkt.
Stadtrandstraße noch mit Kornfeld
Foto: Archiv Böker
Das Waldkrankenhaus
Von 1939 bis 1943 wurde auf dem Kiefernwaldgelände nördlich der
Spandauer Stadtrandsiedlung die Arbeiterstadt „Große Halle“
errichtet. Hier sollten die Arbeiter wohnen, die im Zentrum Berlins
einen etwa 290 Meter hohen Kuppelbau, die so genannte „Große
Halle“ bauen sollten. Sogar eine Festhalle, Geschäfte, Schwimm- und
Sportanlagen sowie eine Filmbühne waren für die Arbeiterstadt
geplant. Sie wurden aber nie gebaut.
Im Herbst 1941 wurde sie zum Sammellager für bis zu 3000
zwangsrekrutierte Arbeitskräfte aus von Deutschen besetzten
Gebieten. Am 25. April 1945 besetzten russische Truppen der Roten
Armee das nahezu unbeschädigte und kaum noch bewohnte Lager. Bis
Juli 1945 blieben sie hier. Im Herbst 1946 bezog ein britisches
Regiment das Lager.
Nach dem Zweiten Weltkrieg waren Krankenhausbetten dringend
nötig. So wurde hier am 1. November 1945 mit Einwilligung der
britischen Alliierten unter dem Namen „Große Halle“ ein
Krankenhaus eröffnet, zunächst mit zwei Häusern. Nach Um- und
Ausbau wurde das „Evangelische Waldkrankenhaus Spandau“ am 1.
April 1947 als allgemeines Krankenhaus mit 16 Pavillon-Häusern
gegründet.
Zwischen 1963 und 1968 wurde das Krankenhaus neu gestaltet, einige
der Pavillon-Häuser mussten zugunsten von Neubauten weichen. Acht
Gebäude aus der Anfangszeit sind noch erhalten und stehen unter
Denkmalschutz.
Die Zuflucht-Gemeinde
Im Jahr 1945 zogen ausgebombte Berliner und Flüchtlinge aus den
ehemaligen deutschen Ostgebieten in das leerstehende Barackenlager
am Schwarzen Weg, der späteren Kisselnallee ein. Der Pfarrer der
Luther-Gemeinde setzte sich bei der britischen Besatzungsmacht dafür
ein, diesen Menschen materiell zu helfen und ihnen eine
gottesdienstliche Stätte zu schaffen.
Bauschild der Zuflucht-Gemeinde 1965
Foto: Archiv Zuflucht
Mit Erfolg. So konnte hier an Himmelfahrt 1945 der erste
Gottesdienst gehalten werden. Es folgten weitere Gottesdienste des
Pfarrers der Luther-Gemeinde. Hinzu kamen Gemeinde- und
Bibelstunden. Im Laufe der Zeit wurden die Dusch- und Kesselräume
der Baracken zu einem schlichten Kirchsaal und Gemeinderäumen
umgebaut. So wurde an Himmelfahrt 1950 die Kapelle der ZufluchtGemeinde eingeweiht. Sie war von Anfang an als Übergangslösung
gedacht.
Im Dezember 1952 wurde die Zuflucht- von der Luther-Gemeinde
unabhängig. 1956 kündigte das Gartenbauamt der Gemeinde das
Gelände, auf dem die Kapelle stand, da es zur Erweiterung des
Friedhofs in den Kisseln benötigt wurde. So baute die Gemeinde ein
neues Gotteshaus. An Himmelfahrt 1965 wurde das im ersten
Bauabschnitt in der Westerwaldstraße errichtete Gemeindezentrum mit
Wohnungen für zwei Pfarrer, zwei Gemeindeschwestern und den
Hausmeister eingeweiht; genau ein Jahr später wurde der Grundstein
für das Kirchengebäude gelegt.
Die Spektewiesen
Dieses Gebiet war ursprünglich eine feuchte Niederung und deswegen
nicht zur Bebauung geeignet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dort
Bausand gewonnen, wodurch zwei Kiesgruben entstanden. Von 1955
bis 1965 dienten sie vorwiegend als Müll- und Schuttablageplatz.
1974 entwarf das Gartenbauamt einen Bebauungsplan für einen Park
mit Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten. Nach Ende der
Ausbaggerung des Kiesteichs (1978) entstanden bis 1984 der Große
Spektesee und weiter westlich die Spektelake. Sie liegen in einem
eiszeitlich geprägten Landschaftsraum und gehören zum
Spektegrünzug, einem Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiet.
Tobias Böker