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1. Lauf GDC 2010 Rossfeld Historic - Berchtesgaden
“Rule Britannia! Britannia rules the
waves” gilt inoffiziell als die einzig
wahre britische Nationalhymne. Jedem
Fußballfan ist die Melodie geläufig. Denn
traditionell wird sie bei Spielen der Premier
League und der Nationalmannschaft von
zigtausenden Fans in die Stadien rund um
die Welt geschmettert. Nicht immer sehr
schön, aber immer sehr laut und immer
sehr inbrünstig und immer in militärisch
zackigem Laufschritt-Marsch-MarschTempo. Wem das traditionelle Liedgut
nicht präsent sein sollte, hilft sicher dieser
Link auf die Sprünge:
http://www.youtube.com/
watch?v=WhAkDjJjr_s
Es geht in dem 1740 entstanden
Musikstück hauptsächlich um Wasser und
um die Beherrschung der Meere. Das liegt
bei allen Inselbewohnern irgendwie in der
Natur der Sache. Ganz besonders aber
natürlich bei Engländern. Denn die sind
nicht nur aus allen Himmelsrichtungen
vom Wasser umzingelt, sondern auch
von oben. Deshalb gehört es auf den
ersten Blick zu den Absonderlichkeiten
der Automobilgeschichte, dass in
keinem anderen Land so viele offene
Autos entstanden sind, wie in England.
Wahrscheinlich liegt es aber einfach
daran, dass man auf den britischen Inseln
ein so seltenes Ereignis wie Sonnenschein
keinesfalls versäumen darf und deshalb
jederzeit in der Lage sein sollte, über ein
Klappdach zu verfügen. Sonnenverwöhnte
Italiener und Spanier dagegen, flüchten
lieber in den Schatten unter fest verlöteten
Autodächern.
Andererseits könnte man auch annehmen,
dass eine so erfolgreiche Seefahrernation,
wie in der Hymne beschworen, das nasse
Element sicher beherrscht. Schließlich
hat die Royal Navy meist nur dann Schiffe
wegen Lecks verloren, wenn gröbere
Undichtigkeiten durch nachhaltigen
Feinbeschuss zustande kamen. Oder
durch hinterhältige Eisbergattacken wie
im Falle der Titanic.
Ansonsten
überzeugte
britisches
Schiffsbauhandwerk
stets
mit
bemerkenswert dichten Rümpfen. Vom
englischen Automobilbau lässt sich
dies nur mit gewissen Einschränkungen
behaupten. Morgan-Fahrer wissen wovon
die Rede ist. Letztlich steckt aber auch
darin eine gewisse Logik. Wenn ein Schiff
voll Wasser läuft, ist dies seiner weiteren
Fortbewegung sehr hinderlich, weil es auf
Grund liegt. Bei einem Auto kann dies
nicht passieren. Weshalb es auch nicht
wirklich viel Sinn macht, ein Automobil
vollständig abzudichten. Schließlich kann
es nicht untergehen, solange es nicht auf
Abwege gerät. Wie zum Beispiel auf das
Rossfeld.
16 Morganisten hatten sich zum
Warmfahren
am
Samstagmorgen
der Ortskundigkeit des Hotelchefs
anvertraut. Dies mündete diesmal nicht
geisterfahrend auf schmalsten Straßen im
eiligen Rallye-Gegenverkehr wie noch vor
zwei Jahren, sondern in eine schwindlig
schöne Seenrunde ins Salzburger
Land. Es schien sogar die Sonne.
Noch. Jedenfalls fuhr nur ein silberner
Roadster
hochgeschlossen.
Dessen
Fahrer ist bekannt für sein ausgeprägt
vor- und umsichtiges Naturell und der
Beifahrer hält jedwede Temperatur unter
30 Grad für eindeutig lebensfeindlich.
Als das Morgan-Rudel pünktlich um
18 Uhr zum Schnuppertraining am
Start eintraf, kam auch der Regen. Bei
Bergrennen bedeutet Nässe immer eine
Art zusätzliche Sonderprüfung für das
Talent und die Nerven der Piloten. Denn
auf engen Passstraßen ist das sonst gerne
genommene üppige Leistungsangebot der
Motoren eher hinderlich.
Überflüssige
Pferdestärken
lassen
die Autos lediglich sinnfrei mit den
Gummihufen scharren. Dies führt
speziell in Kurven gerne zu instabilen
Fahrzuständen. Und wenn dann das Heck
danach trachtet den Kühler zu überholen,
ist besonderes Feingefühl am rechten Pedal
und am Volant gefragt. Mangelt es daran,
führt das unweigerlich zu Überstunden
für die wie immer angereiste mobile Merz
& Pabst Werkstatt. Obwohl beim ersten
Rennen meist noch etwas Routine fehlt,
zeigten sich alle als durchaus begabt im
Wasserballet und kürten ihre Auftritte
lediglich mit mehr oder weniger freiwillig
vorgetragenen anmutigen Hüftschwenks,
die aber sämtlich folgenlos blieben.
Unisono
wurde
von
einem
Streckenabschnitt berichtet, der sich
in einen See verwandelt hatte. Je nach
Schreckhaftigkeit des Fahrers schwankte
die angegebene Wattiefe zwischen einer
Handbreit und 40 Zentimetern. Da
leider niemand mittels Zollstock den
exakten Pegelstand ermittelte, blieb nur
anhand der Artefakten dem tatsächlichen
Wasserstand auf den Grund zu gehen.
Für die Analyse erwiesen sich die
Aero als hilfreich. Denn deren gläserne
Scheinwerferabdeckungen sind normalem
Starkregen, wie er in Britannien und
im deutschen Mai täglich vorkommt,
durchaus gewachsen. Nach dem RossfeldTraining waren sie jedoch innen deutlich
nasser als außen. Das zeigt zweierlei.
Zum Einen, dass die 40-ZentimeterSchätzung den Tatsachen sehr nahe
kommen dürfte und zum Anderen, dass
der Aero als U-Boot völlig ungeeignet ist.
Der Name ließ dies fast vermuten. Denn
wäre er seegängig, würde er nicht Aero
sondern Aqua heißen. Am Rennsonntag
war die Sintflut abgelaufen und die
Überraschungsmomente auf der Strecke
8, in dem es dem Vernehmen nach aber
nicht mit rechten Dingen zugegangen
sein soll. Gerüchteweise nutzte der Fahrer
ein hochpräzises Messinstrument um die
Zeitdifferenz seiner beiden Wertungsläufe
so gering zu halten, seine Tochter.
beschränkten sich auf ein paar harmlose
feuchte Flecken und ein paar sinnlose
Radarkontrollen. Letztere sind ein
Novum bei der Traditionsveranstaltung.
Wenigstens war den Teilnehmern
bekannt, wo die Behördenvertreter ihre
Gerätschaften aufgebaut hatten. Aber
leider passt der merkwürdige Auftritt der
Ordnungshüter zu der etwas unglücklichen
Entwicklung der Rossfeld Historic. Auch
in diesem Jahr zeigte sich das Starterfeld
weiter ausgedünnt. Ohne den massierten
Morgan-Auftritt wäre die Veranstaltung
ganz klar in völlige Bedeutungslosigkeit
abgeglitten.
Für den Abstieg gibt es eigentlich keinen
vernünftigen Grund. Die Strecke zählt
zu den schönsten in Deutschland, die
Landschaft könnte aus einem kitschigen
Ölgemälde entsprungen sein. Selbst die
braune Vergangenheit wurde so pietätvoll
kompostiert, dass sogar der Vorjahres
GDC-Champion sein Kriegsgerät diesmal
zuhause ließ. Dabei handelt es sich um
den allseits gefürchteten Plus 8, der die
Flagge der kaiserlichen Kriegsmarine
als Reserveradabdeckung trägt. Der
Meister reiste stattdessen stilsicher im
kleinen Schwarzen an den Obersalzberg,
einem von Charles Morgan persönlich
handsignierten Aero von unauffälliger
Eleganz. Das unübliche Sportgerät
hinderte den Champ allerdings nicht daran,
mit einem zweiten Platz seine Ansprüche
auf eine erfolgreiche Titelverteidigung
anzumelden. Geschlagen wurde er nur
um Haaresbreite von einem roten Plus
Dabei handelt es sich jedoch genauso um
reine Spekulation, wie bei der Vermutung,
dass die allenthalben in den Cockpits
gesichteten Stoppuhren von dem einen
oder anderen Fahrer in Betrieb genommen
wurden. Wenn überhaupt, dann sicherlich
nur versehentlich, denn schließlich weiß
ein jeder, dass Stoppuhrengebrauch
laut Reglement unerwünscht ist. Da es
sich beim GDC aber ausnahmslos um
Gentlemen handelt, braucht man sich über
solche Unsportlichkeiten keine Gedanken
zu machen. Schon eher um die diesmal
einzige Dame unter den Startern. Sie hatte
nämlich erst gar keine Stoppuhr dabei.
Vielleicht war sie aber auch nur unter den
Sitz gefallen. Dafür ging die Lady bestens
vorbereitet ins Rennen. Denn wie fast
die Hälfte des Starterfeldes hatte sie die
Möglichkeit eines Rennstreckentrainings
in Hockenheim genutzt.
Dieser von Merz & Pabst angebotene
Event ging 14 Tage vor dem ersten GDCLauf über die Bühne und wurde von
allen Teilnehmern unisono als überaus
nützlich eingestuft. Denn in Hockenheim
konnten die Autos auf allen denkbaren
Fahrbahn-Reibwerten risikofrei am und
über dem Limit bewegt werden. Natürlich
auch auf einem künstlich bewässerten
Streckenabschnitt. So hielt das Rossfeld
zumindest für die Hockenheim-Trainees
keine echte Überraschung bereit. Auch
nicht im Regen. Vielleicht hat ja der
eine oder andere bei seiner Bergfahrt
im Morgan sogar ein fröhlich Liedlein
geträllert. Wenn, dann sicher: „Rule
Britannia! Britannia rules the waves“.
B.O. Bachter
1. Lauf GDC 2010
Rossfeld Historic
Platz
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Name
Amann, Peter
Schapmann, Wilhelm
Beckert, Axel
Bruhns, Martin
Mainitz, Hubert
Lörcher, Eva
Gölz, Matthias
Dreher, Manfred
Buhl, Walter
Holz, Bernhard
Pettinger, Fritz
Gölz, Fritz
P
10
8
6
5
4
3
2
1
0
0
0
0