Berichte Bilder Gespräche Rundschau 2-13
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Berichte Bilder Gespräche Rundschau 2-13
Rundschau Berichte Bilder Gespräche Zeitschrift der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft e.V. www.deutsch-tunesische-gesellschaft.de 2-13 1 Annette Houri ist Grundschulleiterin in Vollmaringen und lebt in Horb, wo sie sich unter anderem im Deutschen Roten Kreuz engagiert. Dort ist ihr Ehemann Said Houri Bereitschaftsleiter und ihre Tochter Samira Jugendleiterin. Vor dem Hintergrund, dass in der tunesischen Hauptstadt Tunis eine deutsche Schule gegründet werden soll, startet sie nun in Horb eine aktive Unterstützer-Aktion für dieses nicht alltägliche Projekt. „Ich suche Bücher und Spiele bis zur vierten Klasse, die bei mir abgegeben werden können.“ In Tunis habe sich bereits ein Schulverein gegründet, berichtet sie, und übers Internet werde derzeit der dort nötige Bedarf ermittelt. 2 Foto: Abdelwaheb Bouazizi www.tunesienreporter.de Inhalt 5 Editorial 6 Tunesien am Scheideweg Aktuelle Situation und Herausforderung von Dr. Horst Wolfram Kerll 8 EVOLUTION UND DIE FOLGEN FÜR MEDIEN UND POLITIK 26 Alles Müll oder was? Wie DTG Mitglieder auf der Insel Djerba gegen den Müll ankämpfen 28 Wohin mit dem Abfall in Tunesien Nur etwa 5 % weiterverarbeitet Tunesisches Präsidialamt u. KAS lancieren Diskussion zur Entwicklung des Mediensektors 29 29. Sport- und Fitness-Urlaub in Tunesien 9 Deutsch-Tunesische Beziehungen 30 Gewinner waren alle Erklärung des Botschafters der Tunesischen Republik in Berlin Elyes Ghariani DJK Marienstatt lädt ein zum 30. Sport- und Kultururlaub Auch Sfax war zu Gast in der Universitätsstadt Marburg 10 Vergessen in der tunesischen Wüste 32 Kontakte zu Münsters Partnerstadt Monastir boomen Der libysche Bürgerkrieg 2011 löste eine massive Bewegung von Flüchtligen nach Südtunesien aus 11 Tunesiens angespannter Blick nach Ägypten Bewunderung und Angst mischen sich in Tunesien, wenn es um Ägypten geht 12 DTG Präsidium traf tunesisches Studentenwerk Fünfköpfige Delegation der Studentenwerke Tunesiens zu Gast in Bochum 13 Eine lebendige Geschichte mit Zukunft oder wie nähert man sich Tunesien von Prof. Dr. Gerald Wetzel 14 Demokratie als Herausforderung Interview mit DTG Mitglied Werner Pösken 16 Transfer deutscher Bildungsdienstleistungen nach Tunesien Brückenschlag zwischen den Anforderungen und Bedürfnissen der deutschen Wirtschaft und der tunesischen Industrie 18 Talent Recruider DTG Mitglied Michael Hoffmann vermittelt tunesische Fachkräfte nach Deutschland 19 Brücke zwischen Tunesien und Deutschland bauen Verein der tunesischen Akademiker in Stuttgart(VTAS) stellt sich vor 20 Auswärtiges Amt engagiert sich für Berufsbildung in Tunesien Im Interview: Jens Plötner, der deutsche Botschafter in Tunesien 21 Praxisorientierte Ausbildung gegen Arbeitslosigkeit Tunesische und deutsche Stakeholder kooperieren im „Beschäftigungspakt Tunesien“ 22 Deutsch-tunesische Ausbildungspartnerschaften Zwei weitere Projekte ergänzen über den „Beschäftigungspakt Tunesien“ hinaus die Aktivitäten von sequa im Bereich der Berufsbildung Aufbruchstimmung in der Partnerschaft 33 Ein Usedomer Strandkorb für Tunesien Großes Event auf der Osttseeinsel anlässlich der 10jährigen Partnerschaft der Inseln Djerba und Usedom 34 Arabischer Frühling bei Discover Football Fußball Frauen aus Bizerte holten den „Fair Play“ Pokal 35 Freundschaftsläufe in Tunesien ermöglichen neue Eindrücke Eine fantastische Atmosphäre erwarteten jeden Zieleinläufer 36 Besuch bei Menzel El Kateb - Plantage mit Gästehäusern in Mahboubine / Midoun Menzel El Kateb bietet Ruhe und Entspannung fernab vom Massentourismus 36 Stammtisch im Aldiana Djerba feierte seinen 1. Geburtstag Regelmäßiger Treff am letzten Freitag im Monat 37 „Sommerfestival der Kulturen“ in Stuttgart Aus München war der tunesische Konsul, Herr Salah Chebbi, angereist 37 Tunesische Studenten zu Gast in Dresden DTG-Mitglied, Henry Krause, empfing 20 tunesische Studenten 38 Zu Besuch bei Freunden in Schöningen Zwei Wochen waren über zwanzig Tunesierinnen und Tunesier zum ersten Mal nach der friedlichen Revolution wieder in Schöningen 39 Internationaler Besuch Tunesische Ärzte besichtigen HELIOS St. Marienberg Klinik Helmstedt 40 Arabischkenntnisse in Tunesien verbessert Deutsche Schülerinnen nahmen in Tunesien am Unterricht teil 41 Internationale Sommeruniversität in Marburg Arabischer Frühling aus europäischer Perspektive 23 Ein Treffen unter Freunden 41 Der Limes Der tunesische Konsul Salah Chebbi trifft sich mit Fussballern des SV Affstätt eine antike Verbindung zwischen Deutschland und Tunesien 24 SOS-Tunesien erhält Preis für Kinderrechte 43 Ein außergewöhnlicher Geburtstag Der Preis ist eine Anerkennung der Leistungen von SOS-Tunesien DTG Ehrenmitglied Dieter Bade wurde 90 3 Sie ist da! Die neue Mitgliedskarte der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft e.V. Am 05. Januar 2013 wurde auf einer Präsidiumssitzung der DTG in Bochum beschlossen, eine neue einheitliche Mitgliederkarte in Scheckkartenformat einzuführen. Es wurde danach eifrig daran gearbeitet - und herausgekommen ist ein neues Layout unserer Mitgliedskarte, die am 08. Juni 2013 auf der Präsidiumssitzung vorgestellt wurde. Wir finden sie alle echt schick und sind begeistert. Die ersten haben sie schon. Alle neuen Mitglieder erhalten diese neue Karte automatisch. Für alle Mitglieder steht die Mitgliedskarte in Scheckkartenformat ab sofort zur Verfügung. Der Wechsel auf die neue Karte erfolgt mit einem formlosen Antrag an die Geschäftsstelle der DTG. Senden Sie dazu ein digitales Bild von sich per Email an: [email protected] Sollten Sie keine Möglichkeit der Datenübertragung haben, senden Sie ein Bild per Post an die Geschäftsstelle. Es bleibt aber auch weiterhin die Möglichkeit bestehen, eine neue Mitgliedskarte in Scheckkartenformat „ohne“ Bild zu bestellen. So sieht Sie aus! Wir stellen Ihnen die verschiedenen Merkmale der neuen Mitgliedskarte vor: Folgende Daten werden dort festgehalten: • Unterschrift: Mit Ihrer Unterschrift bestätigen Sie, dass Sie bei der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft Mitglied sind. • Name: Ihr Vor- und Nachname weisen Sie als Inhaber der DTG-Mitgliedskarte aus. • Passbild: Das Passbild für alle Mitglieder bietet zusätzlichen Schutz gegen Kartenmissbrauch. • Mitgliedsnummer: Mit Ausgabe der Karte erhält jedes Mitglied eine Mitgliedsnummer. Diese bleibt ein Leben lang gleich. • Eintritt in die DTG: Mit der Monats- und Jahreszahl versehen. • Der direkte Draht zur DTG: Auf der Rückseite ist die Anschrift zur DTG vermerkt. Die neue Mitgliedskarte in Scheckkartenformat wird die bisherige Mitgliedskarte ablösen. Und das ist noch nicht alles! Günstige Fährtickets zum DTG Vorteilspreis Ab sofort erhalten Sie als DTG Mitglied bei Buchung einer Fähre der SNCM Germany GmbH einen Sondertarif. Der DTG Tarif entspricht einem Rabatt zwischen 15% und 25%, je nach Termin. Die Bedingungen sind wie folgt: Strecke: Genua Tunis Genua Tariffarbe: DUNKEL- UND HELLBLAU / GRÜN (siehe Fahrplan 2013) Tarif gilt für: minimum 1 Person + 1 Pkw .... mit Kabine bzw. Bett Hin- und Rückfahrt obligatorisch Der Tarif ist bis zum Reisetermin umbuchbar, nach Reiseantritt nicht mehr. Dieses Angebot ist nicht über ein Reisebüro buchbar, sondern nur direkt bei der SNCM Germanyy GmbH - Berliner Str. 31-35 - 65760 Eschborn Buchen Sie die günstigsten Fährverbindungen unter Telefon +49 (0) 6196 77306 0 oder EMail [email protected] online und genießen Sie die Vorteile für DTG Mitglieder Ihre Mitgliedsnummer wird in die Buchung eingetragen. 4 Editorial Liebe Mitglieder und Freunde der DTG, zuerst all unseren muslimischen Freunden, welchen ich noch nicht persönlich die Wünsche ausgesprochen habe, ein zwar verspätetes, allerdings von Herzen gesagtes „Aid Mabrouk“. Die erste Hälfte des Fastenmonats Ramadan durfte ich in Tunesien verbringen. Bei zahlreichen Einladungen meiner tunesischen Freunde konnte ich noch mehr über die islamische Fastenzeit erfahren. Je mehr die Menschen sich mit verschiedenen Religionen befassen und sich mit ihrer eigenen Religion auskennen, umso besser können sie sich verstehen. Zutiefst getroffen von der Ermordung von Mohamed Brahmi spreche ich den Angehörigen des Opfers im Namen der DTG unser aufrichtiges Beileid aus. Mein Appell geht an das tunesische Volk, trotz dieses erneuten Rückschlags Besonnenheit zu wahren und den demokratischen Weg weiterzuverfolgen. Deutsche wie tunesische Freunde: Seien sie solidarisch mit Tunesien und unterstützen Sie das Land auf seinem demokratischen Weg. Mit großer Freude darf ich erwähnen, dass sich, wie auch in der Vergangenheit, in Sachen Unterstützung von Städtepartnerschaften, Schüleraustauschen usw. in den letzten Monaten wieder einiges getan hat. Dies ist auch sehr wichtig, damit wir unserer Satzung sowie Gemeinnützigkeit gerecht werden. Ebenfalls wichtig ist mir, mich bei jeder einzelnen Person, welche uns mit aktiver Mitarbeit, Mitgliedsbeiträgen sowie Spenden unterstützt, aufs herzlichste zu bedanken! Aus unserer Geschäftsstelle kam die positive Nachricht, dass im letzten Halbjahr viele neue Mitglieder unserer Gesellschaft beigetreten sind. An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei unserem Geschäftsführenden Vizepräsidenten Herrn Ezzedine Zerria und seiner Frau für die Leitung der Geschäftsstelle von ganzem Herzen zu bedanken. Ganz kurz möchte ich auf unseren seit langem gewünschten Mitgliedsausweis in Scheckkartenformat eingehen. Durch intensive Arbeit ist er nun zu haben. Viele neue Mitglieder mussten auf Ihren Ausweis lange warten, doch das hat sich gelohnt. Ich bitte all diejenigen um Nachsicht für die Wartezeit. Seit August letzten Jahres bin ich Opa und meine Enkelin trägt den wunderbaren arabischen Namen Layla. Weder die Vorfahren meiner Schwiegertochter noch meine sind arabischer Herkunft. Doch ein Opa, der die arabische Welt so sehr liebt, das färbt ab. Wenn ich nun das kleine Wesen sehe, ihr Lachen, ihre Augen, ja auch oft ihre kleinen Botschaften, dies ermuntert mich, noch mehr zur Zukunft unserer Kinder, zur Völkerverständigung und zum Frieden beizutragen. Bitte helfen Sie mit, damit die Kinder und Enkel unserer beiden Länder, in Tunesien und Deutschland in eine friedliche und spannende Zukunft blicken können. Ihr Werner Böckle Präsident der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft e.V. Viele in Deutschland befassen sich mit unserem Freundes – und Gastland Tunesien, und viele in Tunesien befassen sich mit Deutschland. Völkerverständigung und Toleranz führen zwangsläufig zum Erfolg. Und wir wollen ebenfalls zum Erfolg beitragen; weiter so. 5 Auf dem Weg zur Demokratie: Tunesien wählt TUNESIEN AM SCHEIDEWEG Das Jahr 2013 wird ein entscheidendes Jahr nicht nur für den Verlauf der tunesischen Revolution, sondern auch für die weiteren politischen, aber auch wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen in der gesamten Maghrebregion und möglicherweise auch in anderen arabischen Staaten. Von Dr. Horst Wolfram Kerll T unesien hat die Ziele seiner Revolution längst noch nicht erreicht, diese scheint von anderen Gruppen usurpiert zu werden. Die Gefahr, vom „Regen“ eines menschenrechtsverachtenden, korrupten Ancien Régime in die „Traufe“ einer theokratischen Repression zu kommen, ist akut und ernst zu nehmen. Andererseits gibt es positive Anzeichen für das Gelingen einer echten Demokratisierung, für die Tunesien im Vergleich zu allen anderen arabischen Staaten die besten Voraussetzungen aufweist. Dabei spielt Deutschland in und für Tunesien eine besondere Rolle, als Freund und kritischer Berater. Kurzer Rückblick Der Auslöser für die tunesische Revolution war der Versuch der Selbstverbrennung des Straßenverkäufers Mohamed Bouazizi am 17. Dezember 2010 im südlichen Sidi Bouzid. Er wehrte sich gegen Armut und soziale Missstände, aber auch gegen entwürdigende Behandlung durch Verwaltung und Polizei. Es entwickelte sich eine immer größere Protestwelle im Land mit Märschen auf die Hauptstadt und andauernden Demonstrationen in Tunis und anderen Städten des Landes. Der Polizei und anderen Sicherheitsorganen gelang es nicht mehr wie früher, diese zu unterbinden, die Revolution für „Brot und Würde“, von Religion war nie die Rede, nahm nach Jahren der Unterdrückung und zunehmender Korruption ihren Lauf. Am 4. Januar 2011 starb Bouazizi, am 14. Januar floh der Präsident Ben Ali mit seiner im Land besonders verhassten Frau Leila Trabelsi und einem Teil der Familie nach Saudi-Arabien. Mit Übergangsregierungen unterschiedlicher Zusammensetzung und vor allem einer zivilen „Hohen Instanz“ zur 6 Erarbeitung einer neuen Verfassung mit Prof. Ben Achour an der Spitze, die dann immer mehr auch vorparlamentarische Arbeit leistete, begab sich Tunesien auf den Weg zu einer echten Demokratie. Am 23. Oktober 2011 kam es zu den ersten freien Wahlen und einer Koalitionsregierung zwischen der bis dahin verbotenen islamischen Partei Ennahda, der laizistischen Partei „Congrès pour la République“ (CPR) und der bürgerlichen Partei Ettakatol, die bis heute die Regierung stellen. Politisch konnten einige Verbesserungen im Lande, wie zur Meinungs-, Presse- und Vereinigungsfreiheit erzielt werden, im Bereich der Sicherheit und wirtschaftlicher und sozialer Belange ist die Lage eher kritischer geworden. Aktuelle Situation und Herausforderungen Die erste und wichtigste Priorität im Lande, jedenfalls für alle Demokraten, ist eine Verbesserung der Sicherheitslage. Diese hat sich nach der Revolution, vor allem auch in Libyen, nach den Entwicklungen in Mali, aber auch aufgrund einer Amnestie, die viele tunesische Gewalttäter und auch Terroristen mit einschloss, im Landesinneren erheblich verschlechtert. Viele werfen, m.E. durchaus zu Recht, EnnahdhaVertretern Laxheit und Verharmlosung vor. So bezeichnete Parteichef Ghannouchi Salafisten und dazu gehören auch Extremisten, als „unsere Kinder“, radikalen Antidemokraten werden Hass-Predigten in Moscheen erlaubt, viele Gewalttäter sind weiterhin nicht gefasst bzw. verurteilt etc.. Manche scheinen indes den Ernst der Lage nun endlich erkannt zu haben und plädieren für konsequenteres Vorgehen (so am 19. Mai in Kairouan) gegen illegale Organisationen, wie Ansar Al-Charia mit dem gesuchten Abou Ayad an der Spitze, die dem Staat und sogar Ennahdha selbst explizit den Kampf angesagt haben. Viele Ennahdaouis haben aber noch nicht verstanden, dass jeder Rechtsstaat, den Tunesien auch an- strebt, sich verteidigen, also wenn notwendig auch wehrhaft sein muss. Der Vollständigkeit halber weise ich indes darauf hin, dass bisher keine, zumindest wie bisher bekannt, keine deutschen Touristen oder Unternehmen (abgesehen von nun im neuen Tunesien vermehrt möglichen Streiks) von dieser Situation betroffen waren. Konsequente Maßnahmen der Sicherheitskräfte, aber auch der Staatsanwaltschaft und Richterschaft sind im Übrigen conditio sine qua non, um die Wirtschaft, einschließlich des für Tunesien so wichtigen Tourismus, und den Arbeitsmarkt gerade auch in unterentwickelten Regionen zu stabilisieren und zu fördern. So verständlich Stagnation und auch Rückschritte in diesen Bereichen nach einer Revolution sind, so besorgniserregend sind doch die jüngsten Wirtschaftsdaten wie die Arbeitslosenquote von insgesamt 18 Prozent (in manchen Regionen über 40 Prozent, ähnlich bei diplomierten jungen Leuten), eine Inflation von 6,6 Prozent, prognostizieren Staatsschulden von 52 Prozent, einem BIP-Wachstum von optimistischen 3,3 Prozent und einem Haushaltsdefizit von sieben Prozent. Ebenso wichtig bleiben in diesem Zusammenhang weitere konsequente Maßnahmen gegen Korruption und parteiliche Vetternwirtschaft. Für die Stabilisierung des Landes ist im Weiteren die baldige Verabschiedung einer neuen Verfassung bei größtmöglichem Konsens von höchster Wichtigkeit. Es gab schon gute Vorschläge, die aber zum Teil wieder verworfen oder verwässert wurden. Die wichtigsten Themen, die noch behandelt werden müssen für eine echte demokratische Verfassung sind z.B. die Klärung des Begriffs einer „zivilen Gesellschaft“, die Trennung von Staat und Religion, das Festschreiben der Universalität der Menschenrechte (ggf. auch einen Verweis auf die Allgemeine Erklärung der Vereinten Nationen von 1948) einschließlich der Gewissensfreiheit und auch eindeutige Garantien für die schon erlangten Frauenrechte im Sinne echter Gleichheit der Geschlechter. Und schließlich muss die Blockade zur baldigen Verabschiedung eines neuen Wahlgesetzes überwunden und sehr zügig eine neue Wahlkommission gebildet werden, um so schnell wie möglich die nächsten Wahlen für Parlament und Präsident festzusetzen und durchzuführen. Insoweit wird es nach bisherigen Erfahrungen besonders wichtig sein, dass es freie, geheime und unbeeinflusste Wahlen und eine professionelle, neutrale Wahlbeobachtung der Vorbereitung und Durchführung gibt. Perspektiven Die Tunesierinnen und Tunesier, vor allem auch der jungen Generation, haben großen Mut bewiesen, sich durch eine ihrerseits friedliche Revolution für Freiheit, Würde und soziale Gerechtigkeit vom Joch eines zunehmend korrupten und repressiven System zu befreien und „Demokratie gewagt“. Sie haben in der Region und unter den arabischen Staaten vergleichsweise die besten Chancen, dass ihnen dies beispiel- und dauerhaft gelingen kann, wenn den Extremisten nun konsequent Einhalt geboten wird. Tunesien rechnet vor allem mit deutscher Hilfe, die mittels einer „Transformationspartnerschaft“ auch schon gegeben wird. Deutschland hat im Land einen sehr guten Ruf. Aber neben der „hohen Politik“ können auch deutsche Unternehmen und Touristen zum beiderseitigen Nutzen weiter wichtige Signale setzen und Solidarität für die Demokraten zeigen, welche das Land wahrlich verdient. Es lohnt sich, in den noch schwierigen Aufbau der Demokratie in Tunesien zu investieren! Das Bild zeigt eine Collage von Botschafter Dr. Kerll in seinem Büro, die er sofort nach Erscheinen des Bildes vom brennenden Mohamed Bouazizi am 17.12.2010 erstellte. Er hat damit Präsident Ben Ali abgedeckt bei der Übergabe seines Beglaubigungsschreibens und wollte sich damit vor dem dann am 4.1.2011 Verstorbenen verneigen, dessen Grab er später auch besuchte, in der Hoffnung auf eine echte Demokratie für das tunesische Volk, die es bis heute noch nicht erlangt hat. Erschienen in business & diplomacy 02/2013 Dr. Horst-Wolfram Kerll war von 2007 bis 2012 deutscher Botschafter in Tunis. Seitdem hat er das Land wieder mehrfach bereist. Fotos: Kerll 7 EVOLUTION UND DIE FOLGEN FÜR MEDIEN UND POLITIK TUNESISCHES PRÄSIDIALAMT UND KAS LANCIEREN DISKUSSION ZUR ENTWICKLUNG DES MEDIENSEKTORS Presse- und Meinungsfreiheit stellen ohne Zweifel bereits jetzt eine der großen Errungenschaften der Revolution in Tunesien und der damit verbundenen Umbrüche dar. Gleichwohl stehen die Presse und der gesamte Medienbereich inmitten der politischen Transformation vor der Herausforderung, sich selbst über den gesetzlichen Rahmen hinaus auch einen ethischen und professionellen Kodex zu verleihen, der den Rahmen für die Ausübung der Presse- und Meinungsfreiheit absteckt, zugleich aber auch die persönliche wie gesellschaftliche Verantwortung des Sektors festschreibt. G erade das Verhältnis von Politik und Medien hat sich dabei in den letzten beiden Jahren zunehmend von Spannungen, Argwohn, gegenseitigen Verdächtigungen und teilweise Missachtung entwickelt. Gerade deshalb hat das Präsidialamt der Tunesischen Republik gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) die Initiative ergriffen, aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen zu diskutieren. setzte in ihren Medienprogrammen daher neben einer qualitativ hochwertigen Fortbildung stets auch auf den deontologischen Aspekt der Medienarbeit. Umgekehrt sei auch die Politik aufgefordert, den Medien den Vertrauensvorschuss zu geben, den sie für ihre professionelle Arbeit brauchen. „Ein Klima gegenseitiger Verdächtigungen und Unterstellungen ist kein guter Boden für eine demokratische Kultur“, sagte Ostry. Als Präsident wie als Verfechter der Menschenrechte „beunruhigen mich die zunehmenden Spannungen zwischen Politik und Medien“, erklärte Staatspräsident Mohamed Moncef Marzouki während der Eröffnung der Konferenz „Die Herausforderungen des Medienbereichs in Tunesien während der Phase der Transition“ vor gut 150 Gästen aus Politik, Medien und Wirtschaft im Palais Dar Dhiafa in Carthage. Die gerade erlassene gesetzliche Regelung des Medienbereichs, dessen Unabhängigkeit gewahrt werden müsse, sowie der Verfassungsentwurf mit seinen entsprechenden Regelungen zur Sicherung der Presse- und Meinungsfreiheit stellten notwendige, jedoch noch Als Präsident wie als Verfechter der Menschenrechte „beunruhigen mich die zunehmenden nicht allein hinreichende Bedingung Spannungen zwischen Politik und Medien“, erklärte Staatspräsident Mohamed Moncef Marauch für den Erfolg der demokrazouki während der Eröffnung der Konferenz. tischen Transition dar. Vielmehr müsse es auch darum gehen, dass jeder im Bürgersinn seine Verantwortlichkeiten erlerne und Die KAS ist seit 2005 verstärkt im Medienbereich in wahrnehme. Hardy Ostry, Vertreter der KAS in Tunesien griff Tunesien tätig und begleitet seit den Umbrüchen im Land diesen Gedanken auf und skizzierte am Beispiel der Selbstredie Fortbildung junger Journalisten im Bereich der Politigulierung der Medien in Deutschland, wie man freiheitlichen schen Berichterstattung und Politischen Kommunikation. Journalismus mit eigener Verantwortung verbinden könne. Am Partnerinstitut der KAS, dem Institut für Presse und „Die Selbstkontrolle der Medien in Deutschland ist nicht Kommunikationswissenschaften, konnte Ende letzten Jahres ohne die spezifisch deutsche Geschichte zu erklären, aber sie der Master-Studiengang für „Politische Kommunikation“ dokumentiert ein hohes Maß an Unabhängigkeit der Medien begründet werden. und zwingt notgedrungen alle Medienschaffenden, sich mit Autor / Fotos: Dr. Hardy Ostry ihrer Berufsethik auseinanderzusetzen“, so Ostry. Die KAS Konrad-Adenauer-Stiftung / Tunesien 8 DIE DEUTSCH-TUNESISCHEN BEZIEHUNGEN Erklärung des Botschafters der Tunesischen Republik in Berlin Elyes Ghariani D er Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle hat erneut die stetige Unterstützung Deutschlands zum demokratischen Übergangsprozess in Tunesien bestätigt, der seit der tunesischen Revolution der Freiheit und der Würde vom 14. Januar 2011 eingeleitet wurde. ln diesem Sinne ist es festzustellen, dass die deutsch-tunesischen Freundschafts- und Kooperationsbeziehungen eine noch nie dagewesene Dynamik erleben, die sie auf das Niveau einer strategischen Partnerschaft führt. ln diesem Rahmen hat Deutschland im Jahr 2011 einen neuen Rahmen für die bilaterale Zusammenarbeit namens „Partnerschaft für die Transformation“ aufgebaut und zusammen mit Tunesien entschieden, eine Reihe von Pilotprojekten in verschiedenen Bereichen - insbesondere: politischer und wirtschaftlicher Reform, Justiz, Investition, Beschäftigung, beruflicher Ausbildung, Tourismus, Umwelt und erneuerbaren Energien - umzusetzen. Bemerkenswert ist auch, dass Deutschland einen Teil der tunesischen Schulden in Höhe von 60 Millionen Euro umgewandelt hat. Die politische Absprache zwischen der Regierungsführung und hochrangigen Parlamentariern der zwei Länder wurde ihrerseits intensiviert und auf höchstem Niveau durch einen intensiven Besuchsaustausch konkretisiert. Allein im Jahr 2013 kamen der Präsident der Tunesischen Republik Moncef Marzouki und der Regierungschef Ali Larayedh in Deutschland zu Besuch. Tunesien bleibt wirtschaftlich einer der Hauptpartner Deutschlands in der arabischen Weit. 300 deutsche Unternehmen sind in Tunesien tätig. Dass diese Zahl seit der Revolution ansteigt, zeigt das zunehmende Interesse der deutschen Investoren für den tunesischen Markt, der nun von den Grundsätzen der Transparenz und der guten Regierungsführung bestimmt wird. Wirtschaftliche Austausche in den Sektoren Handel und Tourismus verzeichnen eine steigende Tendenz. Somit bestärkt Deutschland seine Position als dritter Wirtschaftspartner Tunesiens. Es genießt ein positives Ansehen und Respekt bei dem tunesischen Volk. Elyes Ghariani Botschafter 9 VERGESSEN IN DER TUNESISCHEN WÜSTE Amina flüchtete aus Tripoli mit ihrem Sohn und Ehemann, nachdem Banden ihr Haus plünderten und sie mit Gewalttätigkeit bedrohten. A m 1. Juli hat UNHCR seine Hilfsmaßnahmen, die sich bisher auf das tunesische Transitlager Choucha konzentriert haben, auf nahegelegene Städte in Südtunesien verlagert. Diese Entwicklung wurde notwendig, da die Bewohnerzahl von Choucha seit 2011 stetig zurückgegangen ist. Nach letzten Informationen leben derzeit mehr als 600 Flüchtlinge in den Städten Ben Gardane und Medenine. Nach Schließung des Camps haben tunesische Behörden ihre Bereitschaft erklärt, etwa 250 Flüchtlingen eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis auszustellen, die bisher nicht im Rahmen eines Resettlement-Programms von anderen Ländern aufgenommen werden konnten. Im Zuge einer globalen Resettlement-Initiative, die 2011 ins Leben gerufen wurde, konnten bisher mehr als 3.000 Flüchtlinge in anderen Ländern wie den USA, Norwegen oder Schweden neu angesiedelt werden. Sichere Versorgung und Bildungsmöglichkeiten In den Städten ist die gesundheitliche Versorgung der Flüchtlinge sowie der Zugang zu Bildung sicher gestellt. Von der UNHCR-Partnerorganisation, dem Tunesischen Roten Halbmond, erhalten sie außerdem einen finanziellen Umsiedlungszuschuss sowie Hilfe bei der Wohnungssuche. Darüber hinaus können die Flüchtlinge an Sprachkursen und beruflichen Fortbildungen teilnehmen und durch Mikroprojekte für ein eigenes Einkommen sorgen. Der libysche Bürgerkrieg 2011 löste eine massive Bewegung von Flüchtlingen nach Südtunesien aus. Über einen Zeitraum von sechs Monaten suchten damals geschätzte eine Million Menschen Schutz in dieser Region, 200.000 von ihnen stammten dabei nicht aus Libyen. Seit das Camp Choucha 2011 eröffnet wurde, suchte UNHCR nach Lösungen für die hohe Anzahl an Flüchtlingen. Am Höhepunkt der Krise gab es täglich bis zu 18.000 Neuankömmlinge. Die Mehrheit ist mittlerweile wieder in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Tunesien leitet erste Schritte zu befristeter Aufenthaltserlaubnis ein UNHCR setzt sich weiterhin für eine Anerkennung des rechtlich legalen Status für Flüchtlinge in Tunesien ein. Dabei begrüßt UNHCR die ersten Schritte der tunesischen Regierung, wie den uneingeschränkten Zugang zum nationalen Gesundheits- und Bildungssystem. Als erste Maßnahme für die Ausstellung zeitlich befristeter Aufenthaltserlaubnis haben die tunesischen Behörden damit begonnen, Fingerabdrücke der Flüchtlinge im Süden des Landes zu nehmen. Bisher verfügte Tunesien über kein Asylsystem. UNHCR hat bisher über 4.000 Menschen beim Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft unterstützt. Quelle: UNHCR 10 Foto: UNHCR/ A.Branthwaite Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (United Nations High Commissioner for Refugees, UNHCR) schützt und unterstützt Flüchtlinge auf der ganzen Welt. Auf Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 setzt sich UNHCR weltweit dafür ein, dass Menschen, die von Verfolgung bedroht sind, in anderen Staaten Asyl erhalten. Laut seinem Mandat hat UNHCR auch die Aufgabe, dauerhafte Lösungen für Flüchtlinge zu finden. Dazu gehören die freiwillige Rückkehr, die Integration im Aufnahmeland oder die Neuansiedlung in einem Drittland. In zahlreichen Ländern betreibt UNHCR humanitäre Hilfsprogramme für Flüchtlinge, Binnenvertriebene und Rückkehrer. UNHCR wurde am 14. Dezember 1950 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York gegründet, um den Flüchtlingen infolge des Zweiten Weltkriegs Hilfe zu leisten. Am 1. Januar 1951 nahm UNHCR seine Arbeit auf. Da sich in den folgenden Jahrzehnten die Flüchtlingssituation weltweit verschärfte, wurde das UNHCR-Mandat zunächst alle fünf Jahre verlängert. Im Dezember 2003 erhielt UNHCR von der UN-Vollversammlung ein unbeschränktes Mandat. Heute stehen 36,4 Millionen Menschen unter seinem Schutz. Seit seiner Gründung hat UNHCR über 50 Millionen Menschen dabei unterstützt, sich ein neues Leben aufzubauen – eine Leistung, die 1954 und 1981 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Heute sind etwa 45,2 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht; etwa Zweidrittel werden von UNHCR erreicht und versorgt. UNHCR hilft aber nicht nur Flüchtlingen, sondern auch Asylsuchenden, Rückkehrern und einem Großteil der etwa 28,8 Millionen Binnenvertriebenen weltweit – das sind Menschen, die innerhalb ihrer eigenen Länder vertrieben werden. Foto: UNHCR/ A.Branthwaite TUNESIEN: ANGESPANNTER BLICK NACH ÄGYPTEN Bewunderung und Angst mischen sich in Tunesien, wenn es um Ägypten geht: Die Regierung fürchtet, dass auch sie unter Druck geraten könnte, die Opposition schöpft Hoffnung, die Straße ist gespalten. E inige Dutzend Demonstranten versammeln sich Freitagnachmittag vor der streng bewachten ägyptischen Botschaft in Tunis. Sie sind gekommen, um ihre Unterstützung für den gestürzten Präsidenten Mohamed Mursi zu verkünden. Die meisten sind Ägypter. Doch auch einige Tunesier fordern den Sturz des Militärs. Mehdi ist einer von ihnen. Er spricht von einem Staatsstreich. Doch dass so etwas auch in seinem Heimatland passieren kann, glaubt er nicht. „Diese Leute von Tamarrod haben hier nichts verloren. So Gott will geht alles gut.“ Denn im Gegensatz zu Ägypten würde in Tunesien die Legitimität der Wahlen respektiert. Etwas abseits der Menge beobachtet Grundschullehrer Mohammed die Veranstaltung. Er schüttelt den Kopf über Leute, die Mursi noch verteidigen und hofft, dass die Welle des Aufstands bald nach Tunesien überschwappt. „Ägypten hat jetzt seine Revolution gemacht, denn die erste war ja keine richtige.“ Bald würde es auch in Tunesien soweit sein, ist er überzeugt. „Der politische Islam ist gescheitert. Die Islamisten haben keine politischen Reformen umgesetzt, sind die Probleme nicht angegangen.“ Jetzt würde die Bevölkerung aufwachen und merken, dass sich dahinter nur leere Worte verstecken und sich „Religion nicht essen“ lasse. Mohammed spricht sich für die klare Trennung von Religion und Staat aus - wobei die freie Religionsausübung natürlich garantiert werden müsse. Marzouki setzt auf Konsens Unterdessen herrscht bei Ennahdha, der größten Partei der Regierungskoalition, angespanntes Schweigen. Legitimität der Urnen ist das Zauberwort - auch wenn die in Ägypten wenig geholfen hat. Gebetsmühlenartig verurteilen die Mitglieder der Regierung die Vorkommnisse und versichern, dass dies im Mutterland des sogenannten Arabischen Frühlings nie so weit kommen wird, allen voran Staatspräsident Moncef Marzouki beim Besuch seines französischen Amtskollegen Francois Hollande. „Ich hatte mir gewünscht, dass die Ägypter zu einem politischen Konsens kommen“, sagt er. Das Einschreiten der Armee verurteilt er. „In Tunesien dürfen wir uns nicht durch die Ideologie spalten lassen. Die sogenannten Islamisten und Laizisten müssen zu einem politischen Konsens finden“, versucht der Präsident zu beschwichtigen. „Wir sind jederzeit offen für einen Dialog“, betont er, und kündigt für das nächste halbe Jahr die Verabschiedung der Verfassung und Wahlen an. Einheitsregierung als Lösung für Tunesien? Unterdessen bekommen die tunesischen Oppositionsparteien durch die Vorkommnisse in Ägypten Oberwasser. Sie fordern deutlicher als zuvor einen politischen Kurswechsel. Staatspräsident Moncef Marzouki hier in München Foto: Abdelwaheb Bouazizi Nida‘ Tounes, die Sammlungsbewegung um den 86-jährigen ehemaligen Übergangs-Premierminister Beji Caid Essebsi, verteidigt die Absetzung Mursis und fordert die Auflösung der Verfassungsgebenden Versammlung. Die ist seit den Wahlen im Oktober 2011 im Amt und sollte eigentlich innerhalb eines Jahres eine neue Verfassung für den ZehnMillionen-Einwohnerstaat schreiben. Auch die Volksfront, ein Zusammenschluss linker und kommunistischer Parteien, fordert die Absetzung der Abgeordneten an der Regierung. Die nach Umfrageergebnissen derzeit drittstärkste politische Kraft Tunesiens hält die Machtübernahme durch das ägyptische Militär für gerechtfertigt und betont, dass auch die tunesische Regierungskoalition Ennahdha die Ziele der Revolution verraten habe. Um jetzt möglichst schnell zu handfesten Ergebnissen zu kommen, solle eine Expertenkommission die Verfassung zu Ende schreiben und eine nationale Einheitsregierung das Land möglichst schnell aus der Krise führen. Quelle: Deutsche Welle dw.de 11 DTG Präsidium traf tunesisches Studentenwerk Zum Abschluss der Präsidiumssitzung der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft e.V. am 8. Juni 2013 im Spracheninstitut der Ruhr-Universität Bochum begrüßten die Sitzungsteilnehmer eine fünfköpfige Delegation der Studentenwerke Tunesiens. D ie Delegation bestehend aus Frau Samia Trabelsi, Directrice Générale des Bâtiments et des Equipements, Herr Abdallah Smaili, Conseiller auprès de M. Le Ministre, Herr Abderrahman Chalbi, Directeur Général de l‘Office des Oeuvres Universitaires du Nord, Herr Mounir Abid, Directeur Général de l‘Office des Oeuvres Universitaires du Centre, Herr Hamed Chaabouni, Directeur Général de l‘Office des Oeuvres Universitaires du Sud, war für eine Woche auf Arbeits-Visite an der Ruhr Universität Bochum. Das Hauptinteresse der tunesischen Besucher galt der Struktur und Produktionsweise der gastronomischen Einrichtungen des Akademischen Förderungswerkes (AKAFÖ), besonders der großen Mensa der Bochumer Ruhr-Universität. Die Tunesier planen derzeit die Einführung von Ressourcen sparenden Zentralküchen, von denen aus die verschiedenen Standorte der Studentenwerke beliefert werden können. Seit 2010 ist das Akademische Förderungswerk (AKAFÖ) mit den tunesischen Studentenwerken durch einen Partnerschaftsvertrag verbunden. Neben dem Austausch von Kulturgruppen und Mitarbeitern der Studentenwerke soll vor allem der akademische Austausch der Studierenden forciert werden. Um dies umzusetzen wurden bereits viele Gespräche geführt und wichtige Institutionen an der Ausgestaltung beteiligt. Die Geschäftsführer der zwei tunesischen Studentenwerke Süd und Mitte informierten zudem über Sprachdörfer in Mahdia für Italienisch und Spanisch. Erstmalig wollen sie eine Sprachdorf für Deutsch durchführen. Es sei besser Sprachlehrer oder deutsche Studenten ins Land zu holen und in Sprachdörfern die deutsche Sprache zu verbessern, als viele Studierende ins Ausland zu schicken, erläuterten sie den DTG-Mitgliedern. Der nächste Workshop in einem Sprachdorf fand vom 14. bis 28. August 2013 auf Djerba statt. In dieser Zeit darf von den Teilnehmern kein einziges Wort in arabisch gesprochen werden. Dazu worden 5 Studierende nebens eine AKAFÖ Delegation eingeladen. Zur Überraschung und großen Freude aller Teilnehmer präsentierte AKAFÖ-Abteilungsleiter für Soziales und Internationales Abraham van Veen mit dem DTG Vizepräsident und AKAFÖ-Gastronomieleiter Ezzedine Zerria im Führung durch den Produktionsbereich der RUB-Mensa 12 AKAFÖ-Abteilungsleiter für Soziales und Internationales Abraham van Veen (re) mit dem DTG Vizepräsidenten und AKAFÖGastronomieleiter Ezzedine Zerria Anschluss einen gelungenen kulinarischen Grillabend. Beste Gelegenheit um die vielen Anregungen zur gemeinsamen Zusammenarbeit noch weiter zu vertiefen. Das umfangreiche Besuchsprogramm der tunesischen Delegation, der neben den Studentenwerks-Geschäftsführern eine Repräsentantin des tunesischen Bauministeriums sowie ein Berater des tunesischen Wissenschaftsministeriums angehörten, beinhaltete neben den Gastronomiebetrieben zahlreiche weitere Einrichtungen des AKAFÖ – von der Behindertenberatung über die Kindertagesstätten bis hin zum BAföG-Amt. Ihre Tour führte sie aber auch zu Landmarken regionaler Kultur wie der Zeche Zollverein in Essen, der Bochumer Jahrhunderthalle und dem Freilichtmuseum Hagen. Die gesamte Woche war von regem und fruchtbarem Austausch beider Seiten geprägt, die Beziehung der internationalen Partner zueinander wurde nachhaltig gefestigt. Bei ihrer Abreise luden die Tunesier ihrerseits Vertreter des AKAFÖ zu einem Besuch der tunesischen Studentenwerke ein. Detlef Mai Fotos: Ezzedine Zerria Die Studentenwerke Zu den Aufgaben der Studentenwerke gehören die Verpflegung der Studierenden, die Versorgung mit Wohnraum, Studienfinanzierung, Kinderbetreuung, soziale Beratung sowie kulturelle Aktivitäten. In vielen anderen Ländern werden diese Dienstleistungen von den Hochschulen selbst oder von Studierendenvereinigungen angeboten. Die deutschen Studentenwerke sind jedoch von den Hochschulen unabhängig und rechtlich selbständig. Viele Studentenwerke sind wie das Akademische Förderungswerk (AKAFÖ) für mehrere Hochschulen an verschiedenen Standorten zuständig. Tunesien hat ca. 11 Mio Einwohner, davon sind ca. 370.000 Studierende, ein Drittel des Gesamthaushaltes wird in Bildung investiert. Es gibt insgesamt drei Studentenwerke, im Norden (OOUN – Office des Oeuvres Universitaires pour le Nord), Zentrum (OOUC) und im Süden (OOUS). Die Studentenwerke in Tunesien sind zuständig für die Verpflegung und Finanzierung der Studierenden, die Bereitstellung von günstigem Wohnraum und die soziale und kulturelle Betreuung. Dies deckt sich mit den Zuständigkeiten der deutschen Studentenwerke. An den Bochumer Hochschulen studieren derzeit rund 50 Tunesier, ein Ziel der Partnerschaft ist, diese Zahl mittelfristig zu erhöhen. Zu den weiteren Perspektiven sind unter anderem ein Austausch von tunesischen und deutschen Studierenden zum arabischen bzw. deutschen Spracherwerb und ein Austausch von Mensa-Köchen im Gespräch. Eine lebendige Geschichte mit Zukunft -oder wie nähert man sich Tunesien? Verzeihen Sie meine Damen und Herren, dass ich mich jungfreulich dem Thema Tunesien genähert habe, ohne es beabsichtigt zu haben. Aber beginnen wir die Geschichte von vorn zu berichten. Ich wohne auf der Insel Usedom, im Nordosten Deutschlands, in den Kaiserbädern (Ahlbeck, Heringsdorf, Bansin) und nehme beruflich am touristischen Geschen meines Heimatortes und der Region aufmerksam teil. Deshalb fiel mir im vergangen Jahr eine Meldung auf, dass der tunesische Botschafter die Insel besuchte. Damals eine für mich völlig uninteressante Information. Im September 2012 führte mich der Weg nach Münster zu einer pädagogischen Konferenz zum Thema der Nachhaltigkeit in den Ernährungsberufen. Für mich als Leiter des Fachausschusses Aus- und Weiterbildung im Verband der Köche Deutschlands (VKD www.vkd.de ) ein bedeutsames Thema. Nicht nur für mich, sondern auch für Herrn Ezzedine Zerria, Leiter Gastronomiebetriebe des Studentenwerkes (www.akafoe.de), ein gastronomischer Großbetrieb. Ein Verpflegungs- und Kulturbetrieb, der mich aus der Sicht der Gemeinschaftsverpflegung brennend interessierte. Aus diesem Treffen ergaben sich für mich logischer Weise drei Ansatzpunkte: • Den Leiter der Verpflegungsbetriebe, Herrn Zerria, für die Entwicklung unseres neuen Studiengangs Verpflegungsmanagement für die Hochschule Baltic College zu gewinnen, • Ihn für die sich entwickelnde Partnerschaft der Insel Usedom mit der Insel Djerba zu erwärmen und • uns bei der Suche einer artverwandten Universität / Hochschule mit einem touristischen Studiengang zu unterstützen. Interessante Gedanken, prospektive Chancen und realistische Zukunftspotentiale. Genau dieses Potential wurde von Herrn Zerria als Leiter der Campusgastronomie als verbindendes Element aufgegriffen, weil Deutschland eine Vorreiterrolle in Europa einnimmt, er das lebendige praktische B eispiel vertritt und das Wissen transportierbar ist. Dem folgte die Einladung des geschäftsführenden Vizepräsidenten der Deutsch-Tunesischen-Gesellschaft, Herrn Zerria, zur nächsten Präsidiumssitzung der DTG am 08.06.2013, an der ich teilnahm, aber auch drei Vertreter von Studentenwerken tunesischer Hochschulen und aus dem Bildungsministerium selbst. (B esonders überraschend war dabei für mich die Leistungsfähigkeit des von ihm geführten B etriebes für die Studentenschaft.) Ergebnis dieser B eratung war der Start in eine bilaterale substanziell begründete Zusammenarbeit auf die sich beide Partner freuen. Aber das B esondere ergab sich beim Visitenkartentausch mit den Präsidiumsmitgliedern. Welch Überraschung, als mir der Vizepräsident der DTG, Prof. Dr. Dr. h.c. Ralf Reichwald, seine Karte überreichte und ich das Logo meiner alten Universität erkannte, meine studentische und geistige Heimat, die Handelshochschule Leipzig (HHL). Das ist in diesem Zusammenhang von Relevanz, denn die HHL begründete die wissenschaftliche Arbeit für die Gemeinschaftsverpflegung in Deutschland. All das passierte mir bei der Deutsch-Tunesischen-Gesellschaft. Was soll ich da tun? – Weitermachen. Prof. Dr. Gerald Wetzel Studiengangsleiter Hotel- und Tourismusmanagement Leiter des International Institute für Hospitality 13 DEMOKRATIE ALS HERAUSFORDERUNG Interview mit DTG Mitglied Werner Pösken Unser Mitglied der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft, Werner Pösken, lebt seit 19 Jahren auf der Sonneninsel Djerba. Ezzedine Zerria, ein „echter“ Djerbianer und seit 1986 in Deutschland, traf Werner Pösken (76) im Aldiana Djerba Atlantide zu einem Gespräch zur Situation in Tunesien. Was hat Sie damals bewogen, ausgerechnet nach Djerba in eine Arabische und Islamische Welt auszuwandern? Pösken: Ein Neubeginn auf einer Sonneninsel in einer uns bis dahin unbekannten Kultur erschien meiner Frau und mir sehr reizvoll. Wir besprachen uns auch mit unseren Kindern und fanden bei ihnen uneingeschränkte Zustimmung. Wir holten an unterschiedlichsten Stellen viele Informationen ein und entschlossen uns zu einem dreiwöchigen Urlaub auf Djerba. Wir waren uns einig: wenn wir beide innerhalb der ersten drei Tage gemeinsam und ohne Rücksichtnahme auf den anderen zu der Überzeugung kommen: „ja, wir wollen“, dann wagen wir es, und zwar sofort. Im Dezember 1994 zogen wir in das nach eigenen Plänen erbaute Haus: es war unser 16. Umzug. Theodor Fontane sagt: „Manchem glückt es, überall ein Idyll zu finden, und wenn er es nicht findet, schafft er es sich.“ - Genau das haben wir erreicht! Sie haben als sogenannter „Ausländer“ freiwillig in einem Land unter einem autoritären Regime gelebt. Fühlten Sie sich als Deutscher, der in einem demokratischen Land aufgewachsen ist, trotzdem wohl in Tunesien? Pösken: Ja, ich fühlte und fühle mich immer noch sehr wohl. Abgesehen von normalen bürokratischen Vorgängen wurden wir nicht als Ausländer behandelt sondern als Gäste. Ein wesentlicher Grund ist wohl, dass wir nicht nur Gastrechte genießen wollen, sondern noch wichtiger erscheint uns, dass wir als Gast eines Landes auch Verpflichtungen haben. Dazu gehören u. a. Respekt vor der anderen Religion, Beachten der Gesetze und traditioneller Gepflogenheiten. Außerdem engagieren wir uns in verschiedenen sozialen Bereichen. Das Regime, unter dem wir lebten, war „autoritär“, ja. Aber das machte sich für uns im täglichen Leben kaum bemerkbar. Die Polizeipräsenz gab uns Sicherheit; Abhören von Telefonaten und Kontrolle von Emails waren für mich nichts Neues und störte mich kaum, denn wir hatten nichts zu verbergen. Ohne die autoritäre Führung, die eine schmale Gratwanderung zwischen Öffnung zu Europa und Beachten von religiösen Traditionen vollbrachte, wären die gewaltigen Veränderungen, die in Tunesien erreicht wurden, in diesem großen Umfang nicht möglich gewesen. Ausgelöst durch die Selbstverbrennung von Mohammed Buazizis erlebte Tunesien im Januar 2011 einen wie noch nie zuvor bekannten Ruf nach Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit. Im ganzen Land schlossen sich junge Menschen, Rechtsanwälte, Oppositionelle und vor allem Frauen den Protestbe- 14 wegungen gegen den früheren Präsidenten Zine el-Abidine Ben Ali an. Haben Sie diesen gesellschaftlichen Protest in den Vorjahren auf Djerba überhaupt vorhersehen können? Pösken: Nein, das habe ich nicht vorhersehen können – ebenso wenig wie die meisten anderen in diesem Land. Sehr wohl war ich aber der Überzeugung, dass ich wegen der schnell vorangehenden Entwicklung und Öffnung dieses Landes einen Wandel zu mehr Demokratie und persönlicher Freiheit noch erleben könnte. Der Präsident hätte das Ohr mehr am Mund seines Volkes haben müssen. Auch wenn man meint, dies könnte auch von einigen der politischen Nachfolger gesagt werden: das tunesische Volk ist nun so weit, dass es nicht mehr bereit ist, den Ruf nach Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit ungehört und unbeachtet verklingen zu lassen. Hierbei sehen wir vor allem den nach vorne gerichteten, zuversichtlichen und kraftvollen Einsatz der Frauen. Wenn Sie die letzten Wochen und Monate vorüber ziehen lassen mit einer ständig wechselnden Interims Regierung, einer verfassungsgebenden Versammlung, die mittlerweile zwei Jahre existiert und mit keinem erkennbaren Ende am Horizont, steht da der demokratische Prozess in Tunesien vor dem Scheitern, Herr Pösken? Pösken: Nein, ich bin nicht der Auffassung, dass der demokratische Prozess vor dem Scheitern steht. Allerdings halte ich ein Scheitern dann für sicher, wenn es nicht sehr bald zu einer neuen Verfassung kommt, in der die Trennung von Staat und Religion, die Gewaltenteilung und die Wahrung der Menschenrechte tragende Säulen sein werden. Ja, richtig ist, dass diese Neufindung leider schon sehr lange dauert, aber man hatte vielleicht zunächst weniger geeignete Leute mit ins Boot genommen. Gottvertrauen und Gläubigkeit dürfen nicht zu der Auffassung führen, dass Gott dem Menschen seinen freien Willen genommen hat und ihn entbindet von der Verantwortung für ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung. „...Überzeugt von der Sehnsucht der Tunesier nach Freiheit - ihrer Kraft, sich von den Fesseln der Vergangenheit und den Zwängen religiöser Fanatiker zu befreien....“ Hannelore und Werner Pösken fühlen sich wohl in ihrem nach eigenen Plänen gebauten Haus auf der SonnenInsel Djerba. Was müsste Ihrer Meinung nach geschehen, damit in Tunesien endlich Hoffnung einkehrt und der demokratische Prozess nicht zum Erliegen kommt? Pösken: Es muss sehr bald zu einer neuen Verfassung kommen. Der Einzelne hat auch zu beachten, dass seine persönliche Freiheit dort endet wo die Freiheit des Anderen beginnt. Hier ist vor allem Erziehungs- und Bildungsarbeit gefordert. Wenn letztere sich jedoch erschöpft in einer repetitiven Wissensvermittlung, bei der nur auswendig zu lernen und zu wiederholen ist, bei der Kritik, Hinterfragen und eigenes Urteilsvermögen unerwünscht sind, so hat die Entwicklung von Demokratie keine Chance. Und ebenso wenig würden junge Menschen ermutigt und befähigt zu Kreativität, zum Engagement für Neues, zur Entdeckung noch unbekannter Wege, zu mehr Selbstständigkeit und zu Mitverantwortung. Demokratiefähigkeit muss auch auf dem Gebiet der Religion hergestellt werden. Monotheistische Religionen und Demokratie schließen sich nicht gegenseitig aus - doch neigen sie alle zu Fanatismus. Dieser gedeiht besonders auf dem Boden sozialer Ungerechtigkeit und Armut. Es werden Maßnahmen erwartet, die die Arbeitslosigkeit reduzieren, den Wohlstand mehren und die Rechtssicherheit stärken. Aber auch hier gilt: Verantwortung ist nicht nur auf Regierungsebene erforderlich. Mitverantwortung an einem möglichen Misslingen der Revolution trägt auch jener Bürger, der sein Wahlrecht nicht nutzt, der die noch nicht volle Einsatzfähigkeit von Polizei, sowie von Ordnungs- und Bauämtern zu seinem eigenen Vorteil missbraucht. Welche Konstellation müsste in Tunesien eintreten, dass Sie ihre damalige Entscheidung für Djerba bereuen würden? Pösken: Es gibt nichts zu bereuen. Mit meiner verstorbenen Frau habe ich 17 glückliche Jahre auf dieser Insel verbracht. Auch meine jetzige Frau und ich sind glücklich in unserer zweiten Heimat. Für uns war und ist es die größtmögliche Chance, gemeinsam und ohne Fremdbestimmung ein erfüll- tes Leben zu führen. Das ist uns hier gelungen; wir sind sehr fröhlich und glücklich, uns ist es noch nie so gut gegangen. Wie sagte schon good old Goethe: „Ich lebe im Anschauen. Dabei sind mir tausend Lichter aufgegangen.“ Allerdings ist es fraglich, ob wir hier noch leben können und möchten, wenn dieses Land sich extremistischen Lebensweisen zuwendet, die uns ins Mittelalter zurückversetzen würden. Aber davon gehen wir nicht aus. Herr Werner Pösken, Sie befinden sich nun seit 1994 in Tunesien. Was gefällt Ihnen besonders an Land und Leuten? Und welche Erfahrungen nehmen Sie für sich aus der erlebten Geschichte Tunesiens mit? Pösken: Hier war meine erste Begegnung mit dem Islam. Eine Welt ohne Islam kann und möchte ich mir nicht vorstellen. Aber er muss sich wandeln und er muss dazu beitragen, in der heutigen Zeit das Leben der Gläubigen lebenswerter machen. Er darf nicht über das Vehikel Politik versuchen, weltliche Macht zu erreichen und Gewalt auszuüben auf die Bürger eines Staates – weder geistlich, noch geistig noch juristisch. Zur Freiheit eines Menschen gehört auch die Freiheit über seinen Glauben. Ich beurteile meine Mitmenschen nicht nach ihrem Glauben sondern nach ihrem Handeln. Mit rückwärtsgewandtem Blick kann man die Zukunft nicht bewältigen. Aber der gelegentliche Blick zurück kann helfen, den Weg nach vorne zu finden und mutiger zu gehen, um die Zukunft zu gestalten. Ich bin überzeugt von der Sehnsucht der Tunesier nach Freiheit - ihrer Bereitschaft, mit dem Rest der Welt in Frieden zu leben, ohne sie missionieren zu wollen - ihrem Willen, ihre Zukunft neu, offener, selbstbewusster, toleranter und menschenwürdiger zu gestalten - ihrer Kraft, sich von den Fesseln der Vergangenheit und den Zwängen religiöser Fanatiker zu befreien. Herr Werner Pösken, vielen Dank für das Interview! 15 Transfer deutscher Bildungsdienstleistungen nach Tunesien Brückenschlag zwischen den Anforderungen und Bedürfnissen der deutschen Wirtschaft und der tunesischen Industrie T rotz eines vergleichsweise hohen Bildungsniveaus stellen in Tunesien produzierende Unternehmen ernstzunehmende Qualitätsunterschiede in der Facharbeiterausbildung im Vergleich zu Deutschland fest. Diese Herausforderung greift nun das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „BRIDGE – Beruf und Bildung in Tunesien“ auf. Vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert, setzt es am bestehenden Weiterbildungsbedarf bei Auszubildenden, Facharbeitern und Führungskräften in der tunesischen Automobil-Zulieferindustrie an. Für den Transfer von deutschen Bildungsdienstleistungen soll durch die Konzipierung und Umsetzung von Präsenzveranstaltungen, Selbstlernen und einer Web-2.0-Plattform als sogenannter Remote Service eine Brücke zwischen den Anforderungen und Bedürfnissen der deutschen Wirtschaft und der tunesischen Industrie geschlagen werden. In den vergangenen Monaten konnten so bereits 32 Vorarbeiter und 11 Techniker des deutschen Automobilzulieferers Marquardt GmbH in Tunesien weiterqualifiziert werden. Die Tunesier erhielten in diesem Zusammenhang Weiterbildungsangebote in den Bereichen Führungsaufgaben, Unternehmensorganisation und Fachseminare zur Kunststoffverarbeitung. 16 Remote Service der Bildungsdienstleistungen steigert Effizienz und spart Kosten Projektleiter Prof. Dr. Ralf Reichwald, Direktor des Center for Leading Innovation & Cooperation (CLIC) an der HHL Leipzig Graduate School of Managmement, kommentiert: „Ein Ziel des BRIDGE-Projektes ist der Export deutscher Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen per sogenanntem Remote Service nach Tunesien. Der ‘Fern-Service‘ mit Hilfe des Internets erfolgt über eine kollaborative E-Learning-Plattform. Das hat Vorteile, da Bildungsdienstleistungen effizient und damit kostensparend am tunesischen Markt angeboten werden können. Im Projekt-Verlauf werden nach der Erstschulung bei dem Automobilzulieferer Marquardt Tunesien vor Ort weiterführende Lernelemente der Qualifizierung über die internetbasierte E-Learning-Plattform bereitgestellt. Videosequenzen aus den Seminaren sollen als Anschauungsmaterial eingesetzt werden. Die Seminarteilnehmer können dort Lerninhalte wiederholen und vertiefen.“ Prof. Reichwald, der durch seine langjährige Tätigkeit als Honorarprofessor an der Universtité de Tunis E (ENIT) als Tunesien-Experte gilt, sagt weiter: „Tunesien spielt durch seine geografische Nähe zu Europa und die vergleichsweise hohe Produktivität innerhalb der Maghreb-Region als Produktionsstandort eine wichtige Rolle für die deutsche Wirtschaft. Durch den vom Projekt BRIDGE als Pilotprojekt realisierten Transfer deutscher Bildungsdienstleistungen nach Tunesien wird diese Partnerschaft gestärkt.“ vZum Projektkonsortium des Projekts „BRIDGE gehören neben der HHL Leipzig Graduate School of Management, die Universität Leipzig, das Kunststoffzentrum SKZ – ToP gGmbH, Würzburg, sowie das Bildungswerk der BadenWürttembergischen Wirtschaft e. V. Die Projektpartner in Tunesien sind die Marquardt GmbH Tunesien, die Mediterranean School of Business (MSB) sowie das tunesische Ministerium für Arbeit und berufliche Ausbildung (Ministère de La Formation Professionnelle et de l’Emploi, MFPE). http://clicresearch.org/bridge/ zu den zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Das Center for Leading Innovation & Cooperation (CLIC) unterstützt Unternehmen dabei, diese Herausforderungen zu meistern - durch die gemeinsame Gestaltung und Verbesserung maßgeschneiderter Erfolgsstrategien. In einer Welt, in der radikale Innovationen und grenzüberschreitende Kooperationen zunehmend zur Norm werden, ist die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis zwingend geboten. Sie trägt dazu bei, die Innovationsfähigkeit in Unternehmen und Märkten zu stärken. CLIC ist eine gemeinsame Initiative von Wissenschaftlern des Advanced Institute of Management Research (AIM), der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), der HHL Leipzig Graduate School of Management sowie der Technischen Universität München (TUM) mit Sitz an der HHL und einem weltweiten Partnernetzwerk aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Professoren Anne Sigismund Huff, Kathrin M. Möslein und Ralf Reichwald sowie Dr. Hagen Habicht bilden das Direktorium von CLIC. www.clicresearch.org HHL Leipzig Graduate School of Management Die HHL ist eine universitäre Hochschule und zählt zu den führenden internationalen Business Schools. Ziel der ältesten betriebswirtschaftlichen Fakultät im deutschsprachigen Raum ist die Ausbildung leistungsfähiger, verantwortungsbewusster und unternehmerisch denkender Führungspersönlichkeiten. Neben der internationalen Ausrichtung spielt die Verknüpfung von Theorie und Praxis eine herausragende Rolle. Die HHL zeichnet sich aus durch exzellente Forschung, Lehre und Transfer sowie hervorragenden Service für ihre Studierenden. Fotos / Quelle: HHL Leipzig Graduate School of Management Center for Leading Innovation & Cooperation (CLIC) Die Zukunft gehört Wertschöpfungsmodellen, die auf Innovation und Kooperation basieren. Ihr Management gehört 17 TALENT RECRUIDER DTG Mitglied Michael Hoffmann vermittelt tunesische Fachkräfte nach Deutschland Jobs, Jobs, und nochmal Jobs werden gebraucht, um den schwierigen Aufbruch von Tunesien in Richtung von mehr Beteiligung, mehr Demokratie und sozialer Gerechtigkeit zu befördern. In Deutschland haben wir einen sehr großen Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften aus technischen Bereichen, während diese Fachkräfte in Tunesien oftmals keine Arbeit finden. Was liegt da näher, als diesen zu ermöglichen, ihr Wissen in einem deutschen Unternehmen einzubringen und zugleich Berufserfahrung und Schlüsselkompetenzen zu erwerben, die sie danach in ihrer Heimat einbringen können. Unser Mitglied der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft, Michael Hoffmann, ist „Talent Recruiter“ und in den Bereichen Maschinenbau, Wissenschaft & High-Technologie und Internet spezialisiert. A ls er dieses Jahr im April in Tunis war und dort von der hohen Arbeitslosigkeit hörte, die trotz des hohen Bildungsstands in Tunesien herrscht, war für den 29jährigen Wahl-Berliner und Jungunternehmer sofort klar, wie seine Selbstständigkeit aussehen sollte: Fachkräfte aus technischen Bereichen aus Tunesien nach Deutschland vermitteln, gerade vor dem Hintergrund des dort herrschenden Fachkräftemangels. Durch sein bereits gutes Netzwerk in Tunesien fand Michael Hoffmann sehr gute und zuverlässige Geschäftspartner für dieses Vorhaben, und veröffentlichte in Zusammenarbeit mit ihnen schon bald die erste Stellenausschreibung für ein mittelständisches Unternehmen aus dem Schwarzwald. Die Firma suchte nach erfahrenen Elektroingenieuren für die Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS-Programmierung) mit mindestens zwei Jahren Arbeitserfahrung. Die Resonanz und Anzahl an Bewerbungen darauf war beeindruckend! Durch mehrere Bewerbungsrunden und Tests, darunter Englisch-, Intelligenz- und Fachbereichsprüfungen, „filterten wir die besten Bewerber aus einer sehr großen Anzahl heraus“, erzählte Talent Recruiter Hoffmann. Die Top 3 stellte er dann dem Unternehmen vor, das schwer beeindruckt davon war, „was Bewerber aus einem afrikanischen Land alles draufhaben können“! Den ersten Berührungspunkt mit Tunesien hatte 18 Michael Hoffmann 2004, als er mit seiner damaligen Freundin einen Urlaub in Hammamet verbrachte. Sie besuchten den Basar in Sousse und die Oase in Douz, und übernachteten eine Nacht in einem Wüstenhotel in der Sahara. Später, während seiner Studienzeit in Freiburg hatte er viele tunesische Freunde, die ihm Stück für Stück ihre Kultur näher brachten. Nach dem Studium und zwei weiteren Stationen in Berlin, war der Weg nach Tunesien für ihn schlüssig und einfach. „Als Volkswirt glaube ich an das Wirtschaftswachstum in Afrika im Allgemeinen und bin der Meinung, dass Tunesien aufgrund seiner geografischen Lage, seiner guten Infrastruktur und seinem hohen Bildungsstandard innerhalb Afrikas wirtschaftlich eine besondere Rolle einnehmen wird“, so der 29jährige Unternehmer. Mitglied in der DTG wurde Michael Hoffmann im Frühjahr 2013, als er auf einer Geschäftsreise nach Tunesien dort den Präsidenten der DTG, Werner Böckle, traf. Mit Hilfe der DTG wurden Treffen mit wichtigen Geschäftsleuten organisiert. In Zukunft will sein Unternehmen vielen topausgebildeten Tunesiern den Weg nach Deutschland ebnen, um ihnen in diesen schweren Zeiten eine Perspektive zu geben. „Ich bin mir sicher, dass dieser Prozess für beide Länder einen positiven Effekt haben wird“ hob Hoffmann sein Projekt hervor. Das Prinzip ist einfach: Tunesier eignen sich sehr fortgeschrittenes Wissen von deutschen Technolo- gie-Unternehmen an, das sie später in ihrem eigenen Land nutzen können, wenn sich die Situation dort verbessert. Wer in Deutschland bleiben will kann natürlich auch bleiben. Zudem wird es helfen, den wachsenden Fachkräftemangel in Deutschland etwas einzudämmen und gerade internationalen Unternehmen aus kleineren Standorten das Überleben zu sichern. Während des gesamten Bewerbungs- und Integrationsprozesses werden die Bewerber „von uns begleitet und unterstützt“. Sein Team arbeitet momentan ein Programm aus, um die jungen Tunesier von Anfang an möglichst gut in Deutschland zu integrieren und eine langfristig gute Zusammenarbeit zwischen ihnen und den Unternehmen zu sichern. Von den bisherigen Kandidaten, darunter Doktoren und ehemalige Jugend-Profisportler, ist Hoffmann restlos überzeugt und sicher, dass sie ihren Weg auch in Deutschland gehen werden. Durch ihren kulturellen Hintergrund und ihre Mehrsprachigkeit fungieren diese tunesischen Fachkräfte auch als Brückenbauer zwischen europäischer und arabischer Welt. HIRE beschäftigt sich mit dem Recruiting, der Evaluation und dem Placement von Kandidaten der hart umkämpften Fachgebiete – Bereiche, in denen andere Personalvermittler und ihre Kandidaten versagen oder zu teuer geworden sind. Ihr Ziel ist es, großartige Unternehmen und hochqualifizierte Kandidaten zusammenzubringen – um gemeinsam und langfristig gute Ergebnisse zu erzielen. Text: Michael Hoffmann / Detlef Mai Brücke zwischen Tunesien und Deutschland bauen D ass der Verein der tunesischen Akademiker in Stuttgart(VTAS) einen wissenschaftlichen Hintergrund hat, ist schon aus der Vereinssatzung leicht zu erkennen. Der Verein sei apolitisch und überkonfessionell, wolle eine wissenschaftliche Brücke zwischen Tunesien und Deutschland bauen und kulturellen Austausch fördern, erklärt der Vorsitzende Houssem Ben Abderrahman. Dabei werde der Verein von der Uni, aber auch vom Kulturamt unterstützt, etwa bei Fotoausstellungen im Rathaus oder bei Lesungen. 1995 sei der Studentenverein in Stuttgart gegründet worden, „damals waren wir zehn, zwölf tunesische Studenten“. Nach der tunesischen Revolution 2011 seien es mehr geworden, „da hat man sein Herkunftsland stärker wahrgenommen“, sagt Abderrahman, der nach seinem Informatikstudium hier geblieben ist und eine Familie gegründet hat. „Wenn jemand sich in seiner eigenen Kultur wohlfühlt, ist er ein guter Kandidat für die Integration.“ Doch der Verein veranstalte auch Workshops zum wissenschaftlichen Programmieren, sagt er schmunzelnd. Wohl wissend, dass schon dies als Verdachtsmoment interpretiert werden könnte. „Mit Sorge“ beobachten er und seine Landsleute, dass in Tunesien die Salafisten öffentlich präsent seien. Das Gros der Vereinsmitglieder sind Studenten der Luftund Raumfahrttechnik, aber auch Kybernetiker, Maschinenbauer oder Informatiker sind vertreten. Ein Drittel der Organisation besteht aus ehemaligen Studierenden. Der Großteil der Mitglieder ist nach dem Abitur über ein Förderprogramm der tunesischen Regierung nach Deutschland gekommen. Auf diese Weise fangen jedes Jahr mindestens zehn Tunesier ihr Studium in Vaihingen an. Die Aktivitäten des Vereins gliedern sich grob in 3 Bereiche: Wissenschaftliche und akademische Aktivitäten, wie die Organisation und Durchführung von Seminaren und Workshops oder die Teilnahme bei Robotik-Wettbewerben mit einem von den Mitgliedern entwickelten Roboter (Stichwort Robotas). Sportliche Aktivitäten nach dem Motto „ein gesun- der Geist in einem gesunden Körper“: In diesem Zusammenhang wird jährlich ein Fußballturnier (VtAS-Cup) organisiert, wobei Mannschaften aus diversen Kulturkreisen teilnehmen. Kulturelle und soziale Aktivitäten, wie die Organisation eines tunesischen Kulturwochenendes um weitere Facetten von Tunesien zu zeigen. Das diesjährige Programm beinhaltete ein Konzert mit Amine&Hamza Mraihi, Leseabend mit Amor Ben Hamida, Junior-Forschertag mit Kindgerechten Experimenten für Kinder zwischen 4 und 8 Jahren und eine Informationsveranstaltung für neue Studenten. Ebenfalls unterstützt der Verein die neuen Studenten im Rahmen eines Mentoring-Programms. Demnächst wird ein Kooperationsprojekt mit einem chilenischen Verein gestartet. Es geht hierbei um die Stärkunvg der Rolle der Frau in den diversen Gesellschaften (Tunesien, Chile und Deutschland). Auch ist der Verein auf den in diesem Jahr selbstentwickelten, virtuellen Ramadankalender sehr stolz. Dieser sollte als ein kleiner Beitrag zur Völkerverständigung betrachtet werden. Der Kalender informiert interaktiv über den Monat Ramadan, die Kultur und Geschichte Tunesiens, und beinhaltet aber auch Rezepte und ein paar unterhaltsame Anekdoten. Vorsitzender der VtAS Houssem Ben Abderrahman 19 AUSWÄRTIGES AMT ENGAGIERT SICH FÜR BERUFSBILDUNG IN TUNESIEN Foto: sequa gGmbH Die Revolution in Tunesien hat das Land tiefgreifend verändert. Eine der wesentlichen aktuellen Aufgaben ist es, die Wirtschaft und damit die Beschäftigung zu fördern. Deutschland engagiert sich dabei in besonderem Maße. Im Interview: Jens Plötner, der deutsche Botschafter in Tunesien. Herr Plötner, warum und wie unterstützt das Auswärtige Amt (AA) Tunesien mit Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, Beschäftigung zu fördern? Deutschland unterstützt den demokratischen Übergang in Tunesien. Dabei kommt es ganz besonders darauf an, die wirtschaftliche Situation der Menschen zu verbessern. Die mutigen Tunesier und Tunesierinnen, deren Proteste die Revolution und den arabischen Frühling auslösten, forderten von Beginn an nicht nur das Ende der Diktatur. Sie verlangten vor allen Dingen auch das Recht auf Teilhabe an der Entwicklung ihres Landes. Die unerträglich gewordene soziale Schieflage war eine wesentliche Triebfeder der Revolution. Nun ist die Diktatur gefallen und das Land, trotz aller Schwierigkeiten insgesamt auf einem guten Weg. Doch eine Revolution, wir Deutsche wissen das selbst sehr genau, bedeutet noch keinen wirtschaftlichen Aufschwung. In Tunesien haben in einigen Regionen weiterhin bis zu 5O Prozent der jungen Menschen keine Arbeit - eine Zeitbombe für die junge tunesische Demokratie! Es ist deshalb ein Eckpfeiler unserer sogenannten Transformationspartnerschaft mit Tunesien, die Beschäftigung in dem Land zu fördern. Was bedeutet das in der Praxis? Neben den langfristig ausgerichteten Programmen der technischen und finanziellen Zusammenarbeit hat Tunesien für die Jahre 20l2 und 20l3 bereits mehr als 50 Millionen Euro aus Sonderfonds erhalten. Die Mittel fließen in mehr als 100 innovative und maßgeschneiderte Projekte. Schnell und effizient umgesetzt machen sie bereits einen fühlbaren Unterschied für viele Menschen. Unterstützung von Berufsschulzentren, Fortbildung von Krankenpflegern, Verbesserung der Ausbildung von Schweißern und Orthopädietechnikern, Weiterqualifizierung von In- 20 Foto: AA Im Interview: Jens Plötner, deutscher Botschafter in Tunesien genieuren, Vermittlung von deutschen Sprachkenntnissen an diplomierte Arbeitslose, ein Mentorenprogramm deutscher Familienunternehmen... sequa führt alle vom AA finanzierten Vorhaben in Tunesien mit Berufsbildungs-Profis aus der verfassten deutschen Wirtschaft durch. Wie kommt das auf der tunesischen Seite an? Der Bedarf an qualitativer Verbesserung und erhöhter Praxisorientierung der Berufsausbildung ist in Tunesien unübersehbar. Wir hören von vielen Firmen, die händeringend qualifiziertes Personal suchen. Und das in einem Land, in dem Abertausende Akademiker, Ingenieure und Facharbeiter eine Arbeit suchen! Deutschland spielt seit der Revolution in Tunesien eine sehr engagierte Rolle und genießt hohes Ansehen. Gerarde unsere Berufsbildung gilt vielen als Modell, das auch in Tunesien genutzt werden sollte. Sowohl was technische Ausbildung angeht, als auch hinsichtlich strategischer Beratung wird unsere Expertise hoch geschätzt. Die von der Bundesregierung geförderten Maßnahmen sind auf eine schnelle und wirksame Verbesserung der Ausstattung und Qualität der Berufsbildung ausgelegt. Der gezielte Einsatz von deutschen Berufsbildungsexperten hat sich dabei bewährt. Für nachhaltige Veränderungen im Berufsbildungsbereich sind zwei Jahre eine relativ kurze Zeit. Welche Schritte müssen folgen? Im Berufsbildungsbereich sind tiefgreifende Reformen notwendig. Unser Engagement ist langfristig ausgerichtet, und wir stehen bereit für die Unterstützung bei der Verbesserung der Ausbildungsqualität und einer viel stärkeren Ausrichtung an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes. All das sind natürlich sehr komplexe, langfristige Reformen. Mit den zunächst auf zwei Jahre begrenzten Projekten der Transformationspartnerschaft ist es uns aber auch um schnell wirkende Hilfe gegangen, wie wir sie im Rahmen des Beschäftigungspaktes leisten. Letztendlich soll das eine im anderen aufgehen und sich gegenseitig verstärken. Quelle: sequaForum 2/2013 Praxisorientierte Ausbildung gegen Arbeitslosigkeit Tunesische und deutsche Stakeholder kooperieren im „Beschäftigungspakt Tunesien“ Das Auswärtige Amt (AA) finanziert über sequa das Programm „Beschäftigungspakt Tunesien“. Es zielt darauf ab, die Beschäftigung zu fördern und die berufliche Bildung zu verbessern. Auf diese Weise leistet das Programm einen Beitrag zur ökonomischen Stabilisierung und erfolgreichen Demokratisierung Tunesiens. Der „Beschäftigungspakt Tunesien“ vereint die Stärken und Initiativen der öffentlichen Hand mit denen des Privatsektors, um Arbeitsplätze zu schaffen, insbesondere für Jugendliche. Zentraler Faktor ist dabei der Know-how-Transfer aus Deutschland im Bereich der dualen Berufsbildung. A rbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind noch immer zentrale Probleme der tunesischen Gesellschaft und Wirtschaft. Dabei fehlt es nicht an jungen, motivierten Tunesierinnen und Tunesier, sondern an einer wirtschaftsorientierten, nicht-universitären Berufsbildung. Diese genießt im Land bisher kein hohes Ansehen, obwohl gerade die praxisorientierte Ausbildung von Technikern ein Schlüssel im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit ist. „Wir werden mit dem von Deutschland unterstützten Programm unsere berufliche Bildung revolutionieren“, ist Naoufel El Jammali überzeugt. Er war bisher im Ministerium für Beschäftigung und berufliche Bildung für internationale Kooperation zuständig und bekleidet seit 2013 das Ministeramt. Der Wille zur Veränderung ist groß in Tunesien. Und nach dem politischen Umsturz setzen viele junge Erwachsene ihre Hoffnung in eine „Revolution“ 21 des tunesischen Berufs- und Ausbildungssystems. In Tunesien lenkt in ersten Linie der Staat das System der Berufsbildung. Es berücksichtigt die Bedürfnisse und Erwartungen des Privatsektors nur unzureichend. Die Ausbildung hat wenige Praxisanteile und findet nur in Berufsschulen statt. Zudem verfügt der tunesische Privatsektor nur über schwache Strukturen zur Interessenvertretung und kann so seine Forderungen gegenüber der Regierung nur unzureichend artikulieren. Der Ansatz des „pacte pur l’emploi en Tunisie“, des „Beschäftigungspakts Tunesien“, beruht darauf, viele Stakeholder im Land aktiv zu beteiligen: das Ministerium für Berufsbildung und Beschäftigung, die Nationalagentur für Berufsbildung (ATFP), neun staatliche Berufsschulen sowie Verbände und Unternehmen. Diese kooperieren unter der Koordination von sequa mit einem Netzwerk deutscher Partner. Dazu gehören das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft gGmbH (bbw) und das Goethe-Institut ebenso wie die Handelskammer Hamburg, die Handwerkskammer Saarbrücken (mit dem Saar-Lor-Lux Umweltzentrum) sowie in Tunesien tätige deutsche Unternehmen. Der „Beschäftigungspakt Tunesien“ verfolgt eine Reihe von Zielen. Es geht beispielweise darum, die Kapazitäten der Berufsbildungszentren aufzubauen und die Qualifikationen der Ausbilder in den Zentren und in den Betrieben gleichermaßen zu erweitern. Im Rahmen des Projekts wollen die Verantwortlichen zudem die Ausstattung der Berufsbildungszentren modernisieren, den Dialog zwischen den Zentren und der Privatwirtschaft der Region intensivieren und Pilotklassen als vorbildhafte Beispiele für das duale Berufsbildungsmodell etablieren. Die Handelskammer Hamburg arbeitet in den Bereichen Der „Beschäftigungspakt Tunesien“ zielt darauf ab, die berufliche Bildung in dem nordafrikanischen Land nachhaltig zu verbessern. Tourismus / Gastronomie und Kfz-Instandhaltung mit vier Berufsbildungszentren zusammen. Dass bbw entwickelt zusammen mit drei Berufsbildungszentren die Ausbildungsorganisation für Metall- und Elektroberufe sowie für den Textilbereich weiter. Das Saar-Lor-Lux Umweltzentrum betreut zwei Partnerzentren im Schwerpunkt Erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Zusätzlich fördert das Goethe-Institut den Einstieg junger Menschen in die international ausgerichtete Arbeitswelt durch den Erwerb von Deutschkenntnissen. Insgesamt stehen für den Beschäftigungspakt in der Projektlaufzeit von Januar 2012 bis Dezember 2013 rund acht Millionen Euro zur Verfügung. Fotos/Quelle: sequa Forum 2/2013 Deutsch-tunesische Ausbildungspartnerschaften Zwei weitere Projekte ergänzen über den „Beschäftigungspakt Tunesien“ hinaus die Aktivitäten von sequa im Bereich der Berufsbildung in dem nordafrikanischen Land. Das Auswärtige Amt fördert diese Projekte mit einem Budget von jeweils rund einer Million Euro. Schweiß- und Prüftechnik Orthopädietechnik In der „Deutsch-Tunesischen Ausbildungspartnerschaft Schweiß- und Prüftechnik“ kooperiert die Gesellschaft für Schweißtechnik International (GSI) aus Duisburg mit dem Ausbildungszentrum für Mechanik- und Elektroindustrie in Tunis (CETIME). Die GSI bildet Schweißlehrer, Schweißfachingenieure und Personal für die zerstörungsfreie Prüfung aus Tunesien in Deutschland weiter. In Tunesien folgen dann die Ausbildung von Schweißern sowie die Weiterbildung von Fachpersonal. Die GSI unterstützt den tunesischen Partner CETIME darüber hinaus bei der Beschaffung schweißtechnischer Einrichtungen auf dem aktuellen Stand der Technik. In der „Deutsch-Tunesischen Ausbildungspartnerschaft Orthopädietechnik“ koordiniert sequa die Aus- und Weiterbildung staatlicher und privater Orthopädietechniker. Außerdem sind die Organisationsberatung und Modernisierung des tunesischen Zentrums für orthopädische Geräte (CAO) Bestandteile des Projekts. Die Ausbildungspartnerschaft belebt ein in den 1960er Jahren eingeführtes Programm neu. Das Curriculum besteht aus theoretischen Fernlehrgängen sowie ausgewählten Praxisseminaren. Es führt zu einem Abschluss, der dem deutschen Meister entspricht. Die Teilnehmer erwerben das Recht und die Fähigkeit, selbständig auszubilden. 22 EIN TREFFEN UNTER FREUNDEN Der tunesische Konsul Salah Chebbi trifft sich mit Fussballern des SV Affstätt Salah Chebbi, Konsul der Republik Tunesien, kam in die Gäustadt, um dort die Fußballer des SV Affstätt, die im vergangenen Jahr zu einem Fußballturnier nach Tunesien gereist waren, an ihrem Stadtfest-Stand beim Bronntor zu besuchen. Bei Kaffee und tunesischem Gebäck gab es Gelegenheit für Gespräche, bevor der Konsul und sein Begleiter nach Stuttgart weiterreisten. D en Abstecher nach Herrenberg hatte Werner Böckle, Präsident der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft, organisiert – auf Wunsch des Konsuls, der die Kicker, die seiner Meinung nach mit ihrer Teilnahme zur Völkerverständigung beigetragen hatten, gerne kennenlernen wollte. Es war kein Staatsbesuch, eher ein unspektakuläres Treffen unter Freunden, zu Salah Chebbi, der erst vor vier Monaten seinen Dienst in Deutschland angetreten hatte, das erste Mal nach Herrenberg kam. Als Konsul ist er Ansprechpartner für die rund 20 000 Tunesier, die in Bayern und Baden-Württemberg leben und arbeiten sowie für Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Ländern. hineinfinden. Stolz listete Konsul Chebbi namhafte deutsche Unternehmen wie Boss, Diesel, Traxlmeyer sowie Kromberg & Schubert auf, die in Tunesien Tausende von Arbeitsplätzen schaffen. Auch äußerte er sich erfreut über die vielen deutschen Touristen, die jährlich das Land besuchen und damit – so Chebbi – ihren Teil zu dessen Konsolidierung und Stabilisierung beitrügen. Städtepartnerschaften wie die zwischen Stuttgart und Menzel Bourguiba seien ebenfalls eine hervorragende Möglichkeit, die beiden Länder einander näher zu bringen. „Schön wäre auch eine Partnerschaft zwischen Herrenberg und Houmt Souk. Diese beiden Städte haben viele Gemeinsamkeiten und könnten sehr gut zusammen arbeiten – im Interesse der Bürger in Herrenberg und in Houmt Souk.“ Diese Idee hatte Werner Böckle der Stadt Herrenberg schon vor einiger Zeit vorgetragen, doch war der Affstätter damit nicht auf Interesse gestoßen. „Ich habe allerdings die Hoffnung, es doch noch einmal aufleben lassen zu können, denn gerade jetzt braucht Tunesien jede Unterstützung. Das wäre ein schönes Zeichen der Solidarität“, erklärte er. Beitrag zur Stabilisierung Er äußerte sich sehr erfreut über die gute wirtschaftliche Kooperation, die die Regierungen der beiden Bundesländer und namhafte Firmen aus der Region mit seinem Heimatland pflegten. Zusammen mit dem Tourismus – einem der wichtigsten Wirtschaftszweige in dem nordafrikanischen Staat – trage dies maßgeblich zur Entwicklung und Stabilisierung der Demokratie in Tunesien bei. „Deutschland hilft meinem Land. Wir brauchen Demokratie, Würde und Freiheit, damit alles gut funktionieren kann“, erklärte Der tunesische Konsul Salah Chebbi (Mitte rechts) besucht die er im „Gäubote“-Gespräch. Fußballer des SV Affstätt und überbringt tunesisches Gebäck Für westliche Verhältnisse mag die poliGB-Foto: Holom tische Entwicklung in Tunesien einiges zu wünschen übrig lassen, doch gab der selbst parteilose Diplomat zu bedenken, während Tunesien zuvor Die Affstätter Kicker erinnern sich noch gern an das von einem Alleinherrscher regiert wurde, nun immerhin drei Fußballturnier, das sie nur ein Jahr nach der Revolution in Parteien und die Möglichkeit, seine Meinung zu äußern. Dem das arabische Land brachte. „Es war einfach toll“, schwärmstimmte auch Tunesienkenner Werner Böckle zu. „Die Tunete Martin Böckle vom SV Affstätt. „Mannschaften aus 13 sier sehen sich als Demokratie, jetzt können sie endlich sagen, Ländern, darunter auch Tschechien, Russland, Libyen, Syrien was ihnen nicht gefällt. Unter Ben Ali war es ausgeschlossen, und die Vereinigten Arabischen Emirate waren dabei. Es war über Politik zu reden. Jetzt können sie diskutieren, streiken sehr schön zu sehen, wie sie unabhängig von den politischen und demonstrieren. Das ist ein wichtiger Schritt, bestätigte er. Gegebenheiten und allen Unterschieden miteinander gespielt und gefeiert haben. Auf dem Fußballplatz bleibt die Politik außen vor.“ Mit dem Partnerschaft wäre schön Konsul hat er sich gut unterhalten. „Ich denke, er freut sich, Die Angst vor einer Islamisierung der Gesellschaft und die dass Interesse an einem Austausch da ist. Es ist auch wichdamit verbundenen Einschränkungen für Frauen sei zwar da. tig, das zu fördern und nicht nur über Politik zu reden. Das „Ich denke aber, dass die Frauen sich das gar nicht gefallen gesellschaftliche Leben spielt sich ja nicht nur in der Politik lassen würden, die gehen nicht mehr zurück“, ist seine Einab. Es ist wichtig, eine lockere Ebene zu finden, um die Scheu schätzung. Vor allem in Tunis seien die Frauen modern und voreinander verlieren zu können. politisch aktiv und würden sich in alte Zwänge nicht mehr Quelle: Gäubote / Jutta Krause 23 SOS-Tunesien erhält Preis für Kinderrechte Y Die SOS-Kinderdörfer in Tunesien erhielten anlässlich des „Tag des afrikanischen Kindes“ den Preis für Kinderrechte 2013. Die Vorsitzende der tunesischen SOS-Kinderdörfer, Yousra Chaibi, nahm die Auszeichnung vom tunesischen Übergangspräsidenten Mohamed Moncef Marzouki entgegen. 24 ousra Chaibi, Vorsitzende von SOS-Tunesien nimmt von Moncef Marzouki, dem tunesischen Übergangspräsidenten, den Preis für Kinderrechte entgegen. Der Preis ist eine Anerkennung der Leistungen von SOS-Tunesien und ist mit einem Preisgeld von 20.000 Dinar (9.000 Euro) verbunden. Ausgezeichnet werden Persönlichkeiten, Organisationen, Unternehmen oder Behörden, die sich besonders für Kinder und ihre Rechte in Tunesien einsetzen. Der Tag stand auch im Zeichen für den künftigen Einsatz für Kinderrechte: In Folge der Tunesischen Revolution von 2011 wurde Anfang Juni 2013 ein neuer Verfassungsentwurf vorgestellt, der jedoch die Aspekte der Kinderrechte laut der UN-Kinderrechtskonvention außen vorlässt. Dies soll sich ändern. Die Preisverleihung war zudem ein Anlass, die Gesellschaft dazu aufzurufen, bessere Lebensbedingungen für die nächsten Generationen zu schaffen. Die Familien- und Frauenministerin Sihem Badi hat ihre Unterstützung zugesichert, weiter im Interesse der Kinder zu handeln, und sich dafür einzusetzen, dass Kinder vor religiösem Extremismus bewahrt werden. Zudem bekräftigte sie ihr Engagement, sich um elternlose Kinder und junge Menschen ohne familiären Rückhalt zu kümmern. Die SOS-Kinderdörfer in Tunesien werden derzeit auch im Rahmen der Benefizaktion „Für das Tunesien, das wir lieben“ („Pour la Tunisie qu‘on aime“) unterstützt. Die Kampagne setzt sich für mehr Toleranz, Würde und Menschlichkeit ein und ruft zur Einhaltung der Kinderrechte auf – mit dem Ziel, jedem Kind einen Platz in einer liebevollen Familie zu geben. Zurzeit gibt es in Tunesien vier SOSKinderdörfer, drei SOS-Jugendeinrichtungen, vier SOS-Kindergärten, vier SOS-Sozialzentren und ein SOSBerufbildungszentrum. Die tunesische Revolution, die im Dezember 2010 ausgebrochen war, zog die Aufmerksamkeit der Medien aus der ganzen Welt auf sich. Die Protestbewegung vertrieb den tunesischen Präsidenten und beendete so seine jahrzehntelange Herrschaft. Die Proteste läuteten den Beginn eines neuen Zeitalters ein. SOS-Kinderdorf unterstützt in Tunesien bedürftige Kinder und Jugendliche im Rahmen von Kindertagesstätten und Bildungsangeboten. Die Lage der Kinder in Tunesien 37 Prozent der Tunesier sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes wird für den Bildungssektor ausgegeben, und ein tunesisches Kind geht im Durchschnitt 14,5 Jahre lang zur Schule. Obwohl die Einschulungsrate mit 98 Prozent sehr hoch ist, brechen Tausende von Grundschülern jedes Jahr die Schule ab. Aufgrund ihrer prekären sozioökonomischen Situation können es sich viele Familien nicht leisten, ihre Kinder weiter zur Schule zu schicken. Während der Protestbewegung zu Beginn des Jahres 2011 mussten zahlreiche Schulen den Betrieb einstellen. Nach der Einsetzung der Übergangsregierung konnten viele wieder geöffnet werden. In Tunesien wachsen 130 000 Waisenkinder ohne elterliche Fürsorge auf. Viele dieser Kinder müssen ganze Familien ernähren. Kindergeführte Haushalte befinden sich in einer äußerst schwachen sozioökonomischen Position. Kleine Kinder müssen häufig arbeiten, um Geld zu verdienen. Viele von ihnen können deshalb nicht zur Schule gehen. In Tunesien gibt es neben der Kinderarbeit auch das Phänomen der Kinderprostitution. Nichtsdestotrotz sind die Raten lange nicht so hoch wie in vielen anderen afrikanischen Staaten. SOS-Kinderdorf in Tunesien SOS-Kinderdorf ist seit den 80er Jahren in Tunesien tätig. Die ersten beiden Kinderdörfer wurden im Jahr 1983 eröffnet. Seit 2006 betreibt SOS-Kinderdorf auch SOS-Familienstärkungsprogramme, um Familien in die Lage zu versetzen, ihre Kinder effektiv zu beschützen und für sie zu sorgen. Eins unserer Hauptziele ist die Stärkung familiärer Bindungen, damit von Verlust der elterlichen Fürsorge bedrohte Kinder in einer liebevollen familiären Umgebung aufwachsen können. Derzeit unterstützt unsere Organisation Kinder und Jugendliche in Not an landesweit vier verschiedenen Standorten durch Kindertagesstätten, Schulen und medizinische Zentren. Kinder, die nicht länger bei ihren Familien bleiben können, können in einer der SOS-Familien ein liebevolles neues Zuhause finden. Fotos / Autor: SOS-Kinderdörfer weltweit Foto: Detlef Mai Renate Mai (DTG) zu Besuch im Kinderdorf Mahrés, auf einer ihrer jährlichen Rundreisen durch Tunesien 25 Alles Müll oder was? Wie DTG Mitglieder auf der Insel Djerba gegen den Müll ankämpfen Eines der größten Kritikpunkte von Besuchern Tunesiens war stets die „Zumüllung“ der Landschaft und Wohngebiete. Überall, selbst in entferntesten Gebieten Tunesiens, fliegen die allgegenwärtigen Plastiktüten umher und sorgen manchmal sogar für eine fast festlich zu nennende Dekoration der Straßenbäume. An beinahe jeder Straßenecke in Wohngebieten findet sich Unrat auf dem Boden, aus dem die Flaschensammler Plastikflaschen heraussuchen. S o nun auch verstärkt auf der Sonneninsel Djerba. Die Stadtbezirke Houmt Souk, Midoun und Ajim auf Djerba kämpfen täglich um dem anfallenden Müll gerecht zu werden. Hier und dort wird der Müll auch verbrannt - organische Abfälle, Plastikteile, Holz, Farben, Autoreifen, und wer in einem solchen Gebiet wohnt, der wird mitunter auch eine gewisse Belastung der Atemluft feststellen, die sich u.a. durch beharrliches Kratzen im Hals oder Atemnot bemerkbar macht. Tunesiens Müllmänner: Helden des Alltags Aus deutscher Sicht unvorstellbar luxuriös erscheint die flächendeckende Bereitstellung von Mülltonnen, Mülleimer und Boxen auf Staatskosten, die sogar fast jeden Tag geleert werden. Selbst neben die Tonne gestellten Sperrmüll vom Kühlschrank bis zum Dreiersofa hieven die wackeren Jungs 26 bei ihren nächtlichen Sonderschichten auf den Wagen. Warum also sind sämtliche Wohnviertel trotzdem völlig zugemüllt? Nun, zum einen werfen manche Tunesier ihren Müll gern neben die Tonnen oder veranstalten Müllbeutelweitwurf aus dem ersten Stock. Zum anderen dienen die offenen Mülltonnen den streunenden Katzen und Hunden als Behausung. Und was die Viecher ausgescharrt und hochgewühlt haben, verstreut der Wind sofort weiträumig. Nach dem Umsturz hat sich die Müll-Situation in Tunesien noch bedeutend verschlechtert. Wo es bisher eine auch nur rudimentäre Müllabfuhr gab (Leerung von Müllcontainern mit Traktoren oder Müllfahrzeugen und öffentlichen Bediensteten), wird nun nur selten, oder auch gar nicht mehr, geleert, weil die Bediensteten für mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen streiken - oder auch nur dafür, ihren Monatslohn für zurückliegende Monate überhaupt zu bekommen, oder dagegen, entlassen zu werden. Die Kommunen haben kein Geld, um die Arbeitsgeräte instand zu halten oder neue zu beschaffen, oder um private Unternehmen zu bezahlen. Der normale tunesische Bürger hingegen sieht es überhaupt nicht ein, für die Müllentsorgung zu bezahlen und betrachtet dies als Aufgabe des Staates, erklärt der General Sekretär von Midoun, Fethi Hadj Youssef. Im Januar 2013 eskaliert die Situation auf Djerba. Die bis dahin einzige öffentliche Müllkippe wurde von den Behörden geschlossen. In den Dörfern und Städten weiß man nicht mehr wohin mit dem Müll. Nach Wochen ohne Müllabfuhr türmten sich riesige Müllberge in den Straßen auf. Beißen- der Gestank überall. In der Not beginnen die Menschen die Müllberge zu verbrennen. Die Krankenhäuser sind voll vor allem mit Kindern, welche unter Augenreizungen und Atembeschwerden leiden. Nachdem die Stadtverwaltung entschied, die öffentliche Müllkippe von Guallela 2013 weiter zu betreiben kam es durch die Bevölkerung zu Protesten. Bei den Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten auf der tunesischen Touristeninsel Djerba sind Dutzende Menschen verletzt worden. Die Demonstranten hätten mit Steinen und Brandbomben geworfen und ein Polizeirevier angegriffen, sagte der Sprecher des tunesischen Innenministers, Khaled Tarrouch. Eine Stadt rückt zusammen Auf Drängen der Bevölkerung in Midoun und Unterstützung einiger DTG Mitgliedern, welche in Djerba wohnen, gelingt es Ammar Boubaker, Bürgermeister von Midoun, nach einigen Krisensitzungen die alte Mülldeponie von Midoun kurzfristig frei zu geben. Abends um 21.35 Uhr die Erleichterung. Binnen weniger Minuten erwacht das Städtchen Midoun aus ihrer Lethargie. Jeder Traktor mit Anhänger, LKW, Kleintransporter, einfach alles was eine Ladepritsche hat wird kurzerhand zum Müllwagen. Bagger rollen an, Mundschutz, Handschuhe und Schaufeln werden verteilt. Eine Stadt rückt zusammen. Bis zum anderen Morgen werden die größten Müllberge beseitigt. Im Laufe der nächsten Tage dann der Rest. Mit Hilfe des DTG-Ausweises kann Werner Böckle, Präsident der DTG, die umstrittene und geschlossene Mülldeponie von Guallela besichtigen. Ein Ingenieur der Deponie erklärt entschieden, „...die ist geschlossen, da der Gestank für die Bevölkerung in Guallela unerträglich sei.“ Zu riechen war nichts und der Ort liegt fünf Kilometer entfernt. Einige DTG Mitglieder machten in einem Gespräch mit Gouverneur Hamadi Manjarazu unmissverständlich klar, dass sich schnellstens auf der Insel was tun muss, und Midoun mit der „alten Deponie“ nur eine Notlösung sein kann. In Houmt Souk und Ajim wurde zu dieser Zeit immer noch kein Müll abgeholt. werden gezeigt. Letztlich hat sich gegen eine Müllverbrennungsanlage eine Müllsortierung und Kompostanalage der GIZ durchgesetzt. Die Baukosten sollen bei 8.500.000 Tunesische Dinar (4.200.000 €) liegen. Mit dem Projekt werden über 100 neue Arbeitsplätze entstehen und die Aussicht auf eine saubere Insel. Mit einer groß angelegten Müllsammlung starteten die Insulaner auf zwei aufeinanderfolgenden Sonntagen ihre Aktion „saubere Insel“ in der Stadt Midoun. Achtzig freiwillige Helfer finden sich ein, davon ca. zwanzig Deutsche, fünfzehn Franzosen, ebenso viele Tunesier und Schüler, zehn Stadtmitarbeiter und vorneweg der Délége. Die Stadt stellt zwei Lkw und einen Bagger zur Verfügung. Über 100 Müllsäcke werden gefüllt und alles Herumliegende landet auf den Ladeflächen. Die Aktion findet zudem einen Platz in den Abendnachrichten des Tunesischen Fernsehens. „Uns geht es in Tunesien so gut, wir werden immer herzlich empfangen und dürfen in unserem Freundes- und Gastland leben, deshalb möchten wir etwas zurück geben“, sagen die Deutschen unisono. Mit Rat und Tat werden die DTG Mitglieder weiterhin mithelfen für eine „saubere Insel“. Die Säuberungsaktionen gehen weiter und machen Schule. So hat der Rezeptionsleiter mehrerer Ferienhäuser, Achmed Abessi, den gesäuberten Sandwall angepflanzt. Täglich werden von ihm beharrlich verirrte Plastiktüten entfernt. In Mellita hat bereits die Müllsortierung begonnen. Die Haushalte erhielten Komposttonnen, Säcke für Kunststoff aller Art sowie Restmüllbehälter. Nach und nach wird dies in Houmt Souk, Midoun und Ajim eingeführt. Die Inselbewohner sind überzeugt: Djerba bleibt die „Insel der Träume“. Werner Böckle / D. Mai Eine Müllsortierungs- und Kompostanlage entsteht Auf Initiative der auf Djerba lebenden Deutschen kommt Bewegung in die Problematik. Auf Einladung der GIZ durch Peter Krauss, trafen sich im Hotel Royal Garden Vertreter der Regierung, Behörden und Mitglieder der DTG. Videofilm und Broschüren seitens der Städte Stuttgart und Böblingen Krisensitzung: v.l.n.r. Ursula Rüttimann-Schmied, DTG Mitglied, Werner Böckle, Präsident DTG, Gouverneur Hamadi Manjara, Nezih Elkateb, ehem. Bürgermeister von Houmt Souk, Brigitte Bohnenberger, DTG Mitglied 27 WOHIN MIT DEM ABFALL IN TUNESIEN In Tunesien liegen zwar kaum offizielle Statistiken über das Müllaufkommen und die Recyclingquoten vor, aber nach Ergebnissen deutsch-tunesischer Forschungsprojekte der letzten Jahre werden nur etwa 5 % weiterverarbeitet. Dabei handelt es sich um organischen Abfall, aus dem Düngemittel oder Treibstoff entsteht, während sonstige Materialien wie Plastik oder auch Batterien praktisch nicht recycelt werden. Immerhin endet etwa die Hälfte der 5 Millionen Tonnen Gesamtmüll pro Jahr in kontrollierten Müllkippen, damit fliegen nur noch 45 % durch die Landschaft und bilden die traumhaft romantischen Kulissen à la Plastiktüte im Wüstenwind. Entsorgungsstrukturen In einigen urbanen Zentren wird die Abfallsammlung von privaten Betreibern durchgeführt; die überwiegende Zahl der Kommunen jedoch führt die Sammlung selbst durch. Die Kommunen verfügen allerdings nur in wenigen Fällen über leistungsfähige Gerätschaften und insbesondere die Städte entsorgen die Haushalte meist mit einer zu hoher Frequenz, was zu überhöhten Erfassungskosten führt. In der Regel wird der Abfall in Müllsäcken an den Straßenrand gestellt oder in gemeinschaftliche Container geworfen. In den ländlichen Regionen stehen oft zu wenige geeignete Sammelfahrzeuge zur Verfügung, was zu einer unregelmäßigen Sammelfrequenz führt. Nach Einschätzung von Experten könnten bei einer Optimierung der bisher relativ ineffizienten Sammlung die Kosten um über 30 % gesenkt werden. Derzeit beträgt der Aufwand für Sammlung und Transport geschätzte 50 bis 60 % der gesamten Entsorgungskosten. Deponierung Im Jahr 2008 waren in Tunesien fünf geordnete Deponien in Betrieb, auf denen etwas weniger als die Hälfte der Siedlungsabfälle des Landes entsorgt wurden. Allerdings sind bei vier davon die Kapazitäten nahezu ausgeschöpft, daher sollen diese durch Deponien im Medjerdatal ersetzt werden. Zusätzlich gehen seit 2007 sukzessive neun Depo- nien in Betrieb. Damit werden, zusammen mit den Deponien, die sich in Planung oder Implementierung befinden, für ca. 80 % des tunesischen Siedlungsabfallaufkommens Möglichkeiten zur geordneten Deponierung bereit stehen. Diese bestehenden Deponien verfügen jedoch über keine Anlagen zur Nutzung des Deponiegases, so dass dieses unbehandelt in die Atmosphäre emittiert wird. Einen Überblick über die Versorgung Tunesiens mit geordneten Deponien zeigt: Es gibt zudem über das ganze Land hinweg rund 400 wilde Deponien. Als Hauptprobleme wilder Deponien gelten: • Landverbrauch durch flächige Ausbringung der Abfälle, begründet durch das Fehlen von Maschinentechnik und nicht befestigten Untergrund • Belastung des Oberflächen- und Grundwassers durch giftige Sickerwässer • Produktion von großen Mengen an Deponiegas, wegen des hohen Anteils an organischem Material • gesundheitsschädliche Rauch- und Gasemissionen durch Verbrennung der Abfälle • Verbreitung von Seuchen (2003 infizierte sich ein beträchtlicher Bevölkerungsanteil Tunesiens an Bindehautentzündung) Zu den vorhandenen geordneten Deponien sind folgende Detailinformationen bekannt: • Eine Vorbehandlung der zu deponierenden Abfälle findet nicht statt. • Es findet üblicherweise eine wöchentliche Abdeckung mit Rollbahn-Kompressen statt. Alle größeren Deponien Tunesiens werden von Müllsammlern (in Tunesien „Chiffonniers“ genannt) bewohnt. Diese durchsuchen den angelieferten Abfall auf Wertstoffe. Die Chiffonniers werden, trotz bekannter Gesundheitsrisiken, geduldet, da derzeit nur auf diesem Wege Wertstoffe und damit Sekundärrohstoffe aussortiert werden können. Händisch werden so vor allem Hartplastikgegenstände und Kartonagen aussortiert. Ihr monatlicher Verdienst, den sie von „Intermédiares“ erhalten, kalkuliert sich nach der Menge der sortierten sekundären Rohstoffe und liegt im Durchschnitt bei rund 600 Dinar. Im Vergleich zu den Müllkippen der großen, küstennahen Städte sind im Hinterland Müllsammler nur vereinzelt anzutreffen. Auf der Zentraldeponie Jebel Chekir in Tunis sind etwa 100 Müllsammler tätig, die etwa 5-10 t Abfall pro Tag aussortieren. Um zuküftig einen Regelbetrieb der Deponien zu erleichtern, könnten die Chiffonniers in die formelle Arbeit (und damit die Betriebsabläufe) auf den Deponien integriert werden. Dies würde einen zusätzlichen Aufwand erfordern, welcher weder die betreibenden Firmen noch die Aufsichtbehörde leisten wollen. Bislang gelten jedoch viele Versuche, die Chiffonniers zu integrieren, als gescheitert. Quelle: bifa Umweltinstitut 28 29. Sport- und FitnessUrlaub in Tunesien Z um ersten Mal wurden die 29. Freundschaftsläufe nicht in Nabeul, sondern in einem traumhaften Pinienwald in Beni Khiar ausgetragen. Der Verein Olympic Club Beni Khiar zeichnete dafür verantwortlich. Die DJK Marienstatt , die zum zweiten Mal in Zusammenarbeit mit dem LSB diesen Sportund Fitness-Urlaub organisiert hat, hatte die Kontakte zu dem tunesischen Club hergestellt. Der Vorsitzende der DJK; Albrecht Gehlbach, war beeindruckt von der tollen Atmosphäre im Wald bei sommerlichen Temperaturen.Etwa 450 Läufer aller Altersklassen waren am Start über 2km, 10km oder Halbmarathon. Zwischen den Läufen tanzten die Kinder und sammelten am Ende der Veranstaltung in Vierergruppen Müll ein. Im Nu war der Wald gefegt. Eine Delegation des LSB und der Sportjugend unter der Leitung von Lothar Westram weilte einige Tage ebenfalls in Tunesien und lief sogar mit. Das tägliche Programm des Sport- und Fitness-Urlaubs beinhaltet neben Laufen, Walken, Gymnastik auch Radfahren. Tolle Strecken in den Ausläufern des Atlas-Gebirges mit wenig Verkehr und sauberer Landschaft begeisterten die Biker. Tennis-Turnier, Tischtennis-Turnier und ein Tagesausflug nach Tunis und Sidi Bou Said waren weitere Höhepunkte des 14-tägigen Aufenthalts. Zum 30-jährigen Jubiläum im nächsten Jahr vom 9. -23.04.2014 im Hotel Phenicia erhofft sich Albrecht Gehlbach mit seinem Sportteam eine große Beteiligung mit vielen Wiederholungstätern und natürlich auch vielen neuen Teilnehmern, die Spaß haben, Sport und Kultur in diesem interessanten Land zu kombinieren. Sportbund Rheinland-Pfalz DJK Marienstatt lädt ein zum 30. Sport- und Kultururlaub im ****Sterne Hotel Sentido Phenicia, Hammamet/Tunesien vom 09. bis 23. April 2014 unter der Schirmherrschaft des Landessportbundes Rheinland-Pfalz Verbringen Sie Ihren Aktiv-Osterurlaub mit Gleichgesinnten auf der Halbinsel Cap Bon, wo Sie das Grün der Zitrus- und Olivenhaine, der Wein- und Blumengärten begleitet. Das ****Hotel Sentido Phenicia liegt direkt am hoteleigenen Sandstrand, ca. 5 km zum Ortszentrum von Hammamet. Es bietet ein Hauptrestaurant mit Nichtraucherbereich, Frühstücksrestaurant, 2 Themen-Restaurants, Bars, maurisches Café, Boutique, Internetcafé und Disco. Eine weitläufige Gartenanlage mit zwei Pools, von denen einer mit dem beheizten Hallenbad verbunden ist, Liegewiese, Poolbar, Liegen, Sonnenschirme und Auflagen am Strand und am Pool inklusive. Badetücher gegen Kaution. Essen und Trinken: All-inclusive-Paket: Frühstück, Mittagund Abendessen in Buffetform, Snacks, Kaffee, Kuchen, Kindereis am Nachmittag, lokale alkoholische und nichtalkoholische Getränke, 1 mal Abendessen in den Themenrestaurants pro Aufenthalt.. Darüber hinaus bietet das Hotel Aerobic, Bogenschießen, Boccia, Minigolf und Tischtennis an. Gegen Gebühr stehen sieben Tennisplätze, Billard, Reiten, Fitnessraum, Hamam und Massage zur Verfügung. Außerdem ein hoteleigenes Golfübungsgelände mit Putting Green und Driving Range. Sportangebot von unserem qualifiziertem Team: Wir bieten Laufen und Walking sowie Gymnastikeinheiten (Bodyfit, Wirbelsäule, Pilates, Yoga) und ein Tennis-und Tischtennisturnier an. Bei Bedarf geführte Rad- und Wandertouren ins Atlasgebirge. Bitte eigenes Fahrrad mitbringen(z.Zt. 30,--€ Transportgebühr bei der Airline). Dreitägige Wüstentour 15.04. – 18.04.2014 (ca. 150,--€ p.P.) fak. Wettkampfangebote: Sonntag,13.04.2014 : 30. Freundschaftsläufe in Beni Khiar über 2 Km, 10 und 21 Km (Verein Olympique de Beni Khiar). Samstag, 19.04.2014: Lauf nach Hammemet Yasmine. Montag, 21.04.2014: 29. Dr. van Aaken– und Dardouri-Gedächtnislauf ab/an Hotel. Mit diesem Lauf unterstützen wir das Waisenhaus „ Stimme des Kindes“ in Nabeul. Preise: Abflughafen Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart und Hamburg Doppelzimmer 895,-- € p.P. / Meerblick 939,-- € p.P. Einzelzimmer 959,-- € / Meerblick 989,-- € Kinderermäßigung 2 – 12 Jahre 1 –2 Kinder je 250,-- € bei 2 vollzahlenden Erwachsenen. Reiserücktrittskostenversicherung: 31,-- € p.P. Nähere Infos: Albrecht Gehlbach, Tel. 02662/6499 oder [email protected] 29 GEWINNER WAREN ALLE AUCH SFAX WAR ZU GAST IN DER UNIVERSITÄTSSTADT MARBURG E Internationales Jugendfußballturnier der Marburger Partnerstädte 30 ndlich war es soweit. Der erste Six Nations Cup in der Universitätsstadt Marburg wurde bei bester Laune aller Beteiligten und sommerlichen Temperaturen am 31. Juli für eine Woche eröffnet. Zu dem internationalen Fußballturnier sind die Kinder und Jugendlichen zwischen 11 und 14 Jahren aus den Marburger Partnerstädten feierlich, mit musikalischer Begleitung der jeweiligen Landeshymne, in das Georg-Gaßmann-Stadion einmarschiert. Oberbürgermeister Egon Vaupel als Schirmherr der Veranstaltung wünschte den sportlichen Wettkämpfen einen glücklichen Verlauf. Er freute sich besonders darüber, dass bei dem Cup sicherlich alle gewinnen werden. „Es ist gut, dass wir uns in Frieden begegnen und austauschen können und ich hoffe, dass bei der Internationalen Begegnung viele Freundschaften geschlossen werden.“ 174 junge Gäste aus den Partnerstädten Portiers, Maribor, Sibiu und Sfax waren sechs Tage zu Gast in Marburg. Abgesagt hatten leider die Partnerstädte Northampton und Eisenach. Immer noch würden viele bei Fußball vor allem an einen Sport für Jungen denken, umso mehr freute sich Egon Vaupel, dass in allen Delegationen so viele Mädchen dabei seien. Er sei gespannt, wer beim sportlichen Wettkampf gewinne, sagte das Stadtoberhaupt. Aber das Wichtigste sei, dass am Ende der Veranstaltung alle zu den Gewinnern gehören würden, wenn nämlich Freundschaften entstünden. Partnerstadt SFAX Wir haben lange davon geträumt und nun ist der Wunsch in Erfüllung gegangen Vaupel bedankte sich insbesondere bei Initiator Christian Ackermann, bei der Stadt zuständig für die Städtepartnerschaften, der die Idee des Jugendtreffens hatte. „Wir haben lange davon geträumt und nun ist der Wunsch in Erfüllung gegangen“, freute sich Ackermann. Der Marburger Six Nations Cup solle die Grundlage für weitere Treffen schaffen und Jugendliche der ganzen Welt zusammen bringen. An den ersten beiden Tagen des Six Nations Cup lernten sich die jugendlichen Teilnehmer erst einmal richtig kennen. Aus diesem Grund wurden Workshops konzipiert, bei denen die Veranstalter vom Experten Michael Glameyer intensiv unterstützt wurden. „Die Verantwortlichen hatten die grundlegende Idee, die Teilnehmer nicht nur parallel nebeneinander in ihren Gruppen laufen zu lassen, sondern sie im Sinne der Völkerverständigung zu durchmischen“, berichtete Glameyer. Ziel sei es beispielsweise, dass die Jugendlichen aus den verschiedenen Ländern lernten, trotz aller Sprachbarrieren intensiv miteinander zu reden. So könnten sie sinnbildlich mit Händen und Füßen aufeinander zugehen. Und das könne man am Besten mit niedrigschwelligen Angeboten erreichen, erläuterte Glameyer. Unter dem Motto „Wir lernen uns kennen“ wurden die Länder Europas und die Flaggen der Länder der Partnerstädte erraten. Beim „Sprachkurs2go“ sollten mit den Anfangsbuchstaben des Namens eine Lieblingsbeschäftigung benannt werden und jeder sollte mindestens zwei Wörter einer anderen Sprache lernen, welche er nicht kannte. Im Vordergrund stand der „Fair-Play-Gedanke“ Im Georg-Gaßmann-Stadion kam es dann zu einem MixedTurnier. Dabei wurden alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer großen europäischen Spitzenklubs zugeteilt. Im Vordergrund dieses Turniers, das ohne Schiedsrichter auskam, stand der „Fair-Play-Gedanke“. Ein zusätzliches Angebot betreuten die Sportfreunde Blau-Gelb Marburg mit dem Fußballabzeichen in Gold, Silber oder Bronze des Deutschen Fußballbundes (DFB). Hier galt es sein Geschick beim Dribbelkünstler, Kurzpass-Ass, Kopfball- und Elferkönig, sowie als Flankengeber unter Beweis zu stellen. Sibiu bei den unter 13-jährigen Jungen und zweimal Maribor bei den unter 15-Jährigen und den Mädchen hießen die Sieger des ersten Six Nations Cup. Für die Marburger Teams sprangen drei dritte Plätze heraus. Nach dem Mixed-Turnier fand die erstmals in Marburg ausgetragene Veranstaltung mit dem Nationenturnier im Georg-Gaßmann-Stadion ihren sportlichen Höhepunkt. Verbissen wurde in den Duellen um jeden Ball gekämpft, jeder wollte zeigen was er drauf hatte. Aber auch hier blieben Fair Play und gegenseitiger Respekt nie auf der Strecke. Verlierer der Spiele gratulierten dem Sieger, wie es sich für echte Sportler gehört, und es wurde sich auch gegenseitig von der Seitenlinie kräftig angefeuert, ein sicheres Zeichen, dass das Konzept der gelebten Völkerverständigung der Veranstaltung voll aufgegangen war. Am Abend nahm Oberbürgermeister Egon Vaupel feierlich vor der Haupttribüne die Siegerehrung vor. Die Sieger ließen sich kräftig feiern, drehten ihre Ehrenrunden und präsentierten stolz die Pokale. Der Abend wurde mit dem Besuch des Kinofilms „Kick It Like Beckham“ abgerundet. Die Partnerstädte hatten sich einiges einfallen lassen Mit einer stimmungsvollen und fröhlichen Abschlussfeier mit anschließender Jugenddisco ging der erste Six Nations Cup in Marburg zu Ende. Und alle waren sich einig, das Jugendtreffen der Partnerstädte der Universitätsstadt mit Fußballturnier war ein voller Erfolg. Hauptorganisator und Initiator Christian Ackermann freute sich, dass das Konzept so toll aufgegangen sei. Er dankte zum Abschluss allen Kindern und Jugendlichen, denn nur durch ihre Teilnahme sei der Six Nations Cup zu dem geworden, was er letztendlich war: Eine Veranstaltung, bei der Freundschaften geschlossen wurden und der Fair Play Gedanke im Vordergrund stand. Aber Ackermann betonte auch, dass ohne sein Team, welches ihn seit der Vorbereitung tatkräftig unterstützt habe und die Teamer, die sich um die Jugendlichen kümmerten, nichts derartig Großes gelungen wäre. Zuvor war ein echtes Stimmungsfeuerwerk abgebrannt worden. Denn die Städte hatten sich einiges einfallen lassen. Auf der Bühne der Turnhalle der Theodor-Heuss-Schule zelebrierten die Teilnehmer aus Sibiu Live-Cooking, die Gäste aus Sfax zeigten bei einer musikalischen Modenschau typische Kleidung und präsentierten einheimische Produkte am Dessertbuffet. Auf der Heimreise waren viele, unvergessliche Momente und Freundschaften mit im Gepäck, welche ewig mit dem Namen der Universitätsstadt Marburg verbunden sein werden. Christian Ackermann Partnerstadt Marburg 31 Kontakte zu Münsters Partnerstadt Monastir boomen Aufbruchstimmung in der Partnerschaft Im Jahre 1969 begründeten die Städte Münster und Monastir in Tunesien eine Städtepartnerschaft. Die umbruchbedingte leichte Flaute in der Partnerschaft zwischen Monastir und Münster ist vorbei. Alte Kontakte wurden mit neuem Leben gefüllt. Zusätzlich zeichnen sich ganz neue Beziehungen zu Partnern in Tunesien ab V iele der Partnerstädte Münsters ähneln der westfälischen Metropole in wesentlichen Punkten. Bezogen auf Monastir sind die Gemeinsamkeiten eher gering, was die Städtepartnerschaft bereichert und viel Spielraum zum interkulturellen Lernen bietet. Die Kontakte bis zum sogenannten arabischen Frühling waren intensiv und reichten von einer Zusammenarbeit der Universitäten über den Sport bis zur Kunst. Nachdem während der Proteste und politischen Unruhen in Tunesien in den Jahren 2011/2012 die persönlichen Begegnungen und Besuche zwischen den Menschen in Münster und Monastir eher verhalten waren, ist seit Ende 2012 eine Wiederbelebung der alten Kontakte aber auch der Aufbau neuer Kontakte zu beobachten, so das Büro für Internationales, Europa und Städtepartnerschaften im Amt für Bürgerund Ratsservice der Stadt Münster. Die Stadt Münster ist seit 2011 Mitglied im deutsch-tunesischen Städtenetzwerk CoMun, einem Stadtentwicklungsprogramm der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Ziel ist es, ein Lernnetzwerk zwischen Städten und Gemeinden in Algerien, Marokko und Tunesien aufzubauen). Nicht zuletzt durch die Vermittlerrolle der GIZ, aber auch aufgrund gezielter Nachfragen aus Monastir und den Partnern in Münster sind die Kontakte zu Monastir so intensiv wie schon lange nicht mehr. Bereits im Mai weilten zwei Verkehrsplaner aus Monastir in Münster, um sich über die Stadtund Verkehrsplanung zu informieren. Da beide Gäste sehr versiert waren, kam es für beide Seiten zu einem interessanten Fachaustausch, der nun dank der neuen Medien unkompliziert über die Entfernung fortgesetzt werden kann. Im Gegenzug hat die Stadt Monastir eine Delegation aus Münster eingeladen. Gerne nimmt die Stadt Münster diese Einladung an und besetzt die Delegation, die im September gen Monastir reist wie von den Tunesiern erbeten. Die Bitte aus Monastir ist, dass ein Experte aus dem Jugendamt sowie dem Bürgeramt der Delegation angehört. Ergänzt wird die Delegation von einem Experten für den Aufbau von lokalen Demokratiestrukturen, Herrn Jürgen Kupferschmidt. Herr Kupferschmidt hat den Bürgermeister aus Monastir Monsieur Mzali bereits im vergangenen Dezember während eines Treffens des Lernnetzwerkes von CoMun der GIZ kennengelernt. Im Rahmen des Lernnetzwerkes reisten mehrere Bürgermeister Tunesiens nach Deutschland und informierten 32 Mitarbeiter der Stadt Monastir statteten Münster im Mai einen Besuch ab, um einen Einblick in die Arbeitsweise des Amtes zu bekommen. Foto: Angelika Klauser sich über die deutschen politischen Strukturen. Die Gruppe aus Tunesien absolvierte einen Tag ein Fachprogramm in Münster. Während des Aufenthaltes wurde der Jugendrat, der Seniorenbeirat und die Ratsarbeit vorgestellt. Da insbesondere die Ratsarbeit auf viel Interesse gestoßen ist, reist Herr Kupferschmidt, Leiter des Amtes für Bürger- und Ratsservice im September mit nach Monastir. Die Delegation wird von Bürgermeisterin Beate Vilhjalmsson geleitet. Aber nicht nur der Verwaltungsaustausch gedeiht prächtig, sondern auch der Austausch auf kultureller Ebene. Zuletzt konnten die Münsteraner das Ensemble Echabab der Musikschule Monastir bei den AaSeerenaden bewundern. Auf Einladung der Westfälischen Schule für Musik weilte das Ensemble vom 3. - 9.07. in Münster. Auf dem Programm standen u.a. Fachgespräche mit der Schulleitung (Prof. Ulrich Radermacher) über die zukünftige Zusammenarbeit. Bei einem Empfang im Friedenssaal hieß Bürgermeisterin Wendela-Beate Vilhjalmsson die tunesische Musiker, die mittlerweile zu Kulturbotschaftern ihres Landes ernannt wurden, herzlich willkommen. Höhepunkt des Aufenthaltes aber war der Auftritt bei den AaSeerenaden. Mit einer Mischung aus klassischer arabischer und andalusischer Musik sowie tunesischer Folklore bildete der Auftritt den fulminanten Abschluss der AaSeerenaden. Der Besuch des Ensembles Echabab ließ damit eine mehr als zwanzigjährige intensive Arbeitsbeziehung und Freundschaft zwischen den beiden Musikschulen wieder lebendig werden. Der Gegenbesuch in Monastir wurde gleich vereinbart. Im September wird das Westfälische Jugendkammerorchester der Westfälischen Schule für Musik nach Monastir reisen. Zudem bestehen regelmäßige intensive Kontakte zwischen der Künstlergemeinschaft part96 aus Münster und ihren befreundeten Künstlern aus Monastir. Vom 14.07. bis 28.07. fand eine Ausstellung befreundeter tunesischer Künstler in der Kulturschiene Münster statt. Part96 bot rund um die Ausstellung verschiedene weitere Aktionen an. Für Herbst 2013 ist zudem ein Schüleraustausch geplant. Das Gymnasium Wolbeck wird alte Freundschaften wieder aufleben lassen und erwartet eine Schulklasse aus Monastir. Besonders erfreulich ist, dass erstmals Mitglieder der Studiobühne Münster der Westfälischen Wilhelmsuniversität an einem Theaterfestival in Monastir teilnehmen werden. Gerade die Kultur und die persönlichen Kontakte bieten die Chance, in Zeiten von politischen Umbrüchen, Anschlägen, wirtschaftlichen Problemen und damit auch wechselnden Verantwortlichen in der Partnerstadt für Kontinuität und Verlässlichkeit in den Beziehungen zwischen Münster und Monastir zu sorgen. Die Kultur und der Verwaltungsaustausch können als Vehikel genutzt werden, um den Aufbau eines demokratischen Tunesiens zu unterstützen. Großes Event auf der Osttseeinsel anlässlich der 10jährigen Partnerschaft der Inseln Djerba und Usedom Elyes Ghariani. Laut Wetzel gibt es auf tunesischer Seite ein „theoretisches Interesse am Tourismus“ und auf deutscher ein handfestes „an helfenden Händen“. Nun gehe es darum, den Austausch zu organisieren. Dazu sei es notwendig, dass die beteiligten Hochschulen, das Baltic College und die Internationale Universität Tunis, einen Vertrag unterzeichnet. In einem zweiten Schritt kämen dann die Partner aus der Hotellerie dazu, die Seetal-Gruppe und die „El Mouradi“ Group, die sechs Hotels in Tunesien, darunter eines auf Djerba, betreibt. Wetzel erwartet, dass die Kooperation in der Saison 2014 zum Tragen kommt. Hans-Udo Friedrich von der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft in Berlin/Brandenburg, der den Botschafter begleitete, warb nach einem Besuch des Heringsdorfer Flugplatzes dafür, Tunesien wieder als Reiseland zu entdecken. Deutsche Urlauber seien immer noch zurückhaltend, was Buchungen an der tunesischen Mittelmeerküste angehe. Die Gedanken sind frei – und ein wenig träumen sei erlaubt. Beim Botschafterbesuch ging es unter anderen um Direktflüge zwischen Heringsdorf und Djerba. „Das Interesse von Tunis Air, von Djerba aus nach Heringsdorf zu fliegen, ist da“, so Ghariani. Petersen dämpft die Erwartungen allerdings: „Die Idee einer Zusammenarbeit steckt in den Kinderschuhen. Vorher müssen wir unseren Flugplatz auf feste Füße stellen“. Immerhin gab es als Geschenk dann noch einen Mini-Strandkorb. H.-U. Friedrich Christiane Lösel/Susanne Rietkötter Münster. Amt für Bürger- und Ratsservice Büro für Internationales, Europa und Städtepartnerschaften Ein Usedomer Strandkorb für Tunesien D ie tunesische Insel Djerba und Heringsdorf sind seit Langem enge Freunde. Nun war der tunesische Botschafter zu Gast und bekam gleich noch ein praktisches Geschenk. „Wir wollen die Qualität unserer Fachkräfte verbessern und sie darum auf Usedom weiterbilden“, sagt der Botschafter der Tunesischen Republik, Elyes Ghariani, bei seinem ersten Besuch in Heringsdorf. Seit zehn Jahren besteht zwischen der tunesischen Insel Djerba und Heringsdorf eine Freundschaft. „Usedom und Djerba sind beides Inseln, die vom Tourismus abhängen. Wir haben ähnliche Interessen“, sagte Bürgermeister Lars Petersen beim Empfang in der Villa Irmgard. Allein in Deutschland gibt es rund 16 Partnerschaften, die unter anderem durch die Deutsch-Tunesische Gesellschaft initiiert wurden. Wegbereiter waren vor 40 Jahren die Städte Tunis und Köln. So funktionieren die Kontakte weiterhin gut und es ist der Wunsch der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft Berlin, die diese Inselpartnerschaft ins Leben gerufen hat, diese auch zukünftig zwischen den Djerbianern und den Uselanern weiterhin positiv zu gestalten. Schon 2007 hatte es ein gemeinsames Jugendprojekt gegeben, bei dem Schüler aus Tunesien zusammen mit deutschen, italienischen und polnischen Jugendlichen die Gedenkstätte auf dem Golm instand setzten. Die engere Zusammenarbeit mit der Europaschule Ahlbeck, aber auch der Austausch von Auszubildenden im Hotellerie- und Gaststättenbereich waren wichtige Themen des zweitägigen Aufenthaltes. Der Botschafter hofft auf eine weiterhin lange Partnerschaft zur Insel Usedom und Heringsdorf. Die könnte durch eine Kooperation im touristischen Bereich vertieft werden. Darauf verständigten sich Prof. Dr. Gerald Sitzung im Hotel Ahlbecker Hof. vl.n.r.: Norbert Grimm (Bürgermeisteramt Kaiserbäder), Wetzel vom Baltic College SchweRalf Müller, Generalmanager der Hotel-Seetelgruppe Kaiserbäder, Dietmar Feige, Manager rin, der General Manager der Seetal Ostseehotel, H.-U. Friedrich DTG, S.E. Elyes Ghariani Gruppe, Ralf Müller und Botschafter 33 ARABISCHER FRÜHLING BEI DISCOVER FOOTBALL Fußball Frauen aus Bizerte holten den „Fair Play“ Pokal S chon zum dritten Mal wurde in Berlin ein internationales Frauenfußballturnier ausgetragen. Dieses Mal fand es zeitgleich mit der Frauen Europameisterschaft vom 23. bis 28.Juli statt. Discover Football setzte mit dem diesjährigen Schwerpunkt „Arabischer Frühling“ einen wichtigen Akzent für eine selbstbewusste und gleichberechtigte Stellung von Frauen und zwar nicht nur im Sport, sondern in der Gesellschaft insgesamt. Mit „Creating Opportunities“ haben sich die Veranstalter des Festivals zudem einen wahrhaft passenden Claim gegeben. Gleichzeitig ging es in den nächsten Tagen aber auch darum, Erfahrungen zu sammeln, wie Frauen in anderen Ländern für ihre Rechte eintreten, und aus diesen Erfahrungen neue Handlungsmöglichkeiten für das eigene Umfeld schöpfen zu können. Das Turnier fand dieses Jahr mit Teams aus Nordafrika und dem Nahen Osten, sowie einem Allstar-Team aus Polen und der Ukraine sowie einem Berliner Team statt. Das Festival selbst begann mit einem Expertinnen Seminar und einer Jugendbegegnung zu den Themen Sport / Frauenrechte / Anti-Diskriminierung und Medien. Danach spielten die 8 Teams ihr Turnier aus. Gerahmt war die Woche von einem vielfältigen Kulturprogramm: Public Viewing der EM in Schweden, sowie Podien und Konzerten. Wie 2011 gab es auch dieses Jahr ein Fußballcamp für Kreuzberger Mädchen. Die Frauen-Teams kamen aus Tunesien, Jordanien, Palästina, Ägypten, dem Libanon und aus Polen und der Ukraine. Zwar kamen die tunesischen Fußball Frauen aus Bizerte nicht aufs Siegerpodest, nahmen aber dafür den „Fair Play Pokal“ mit nach Hause. Zudem waren die Frauen aus Bizerte die unangefochtenen Stimmungskanonen auf dem Platz. Der ehemaligen DFB-Präsident Theo Zwanziger, der die Initiative sowie den Frauenfußball allgemein stark unterstützt, ist zur Eröffnungsfeier in das Willy-Kressmann-Stadion gekommen. Natürlich auch die Botschaftsangehörigen der teilnehmenden Länder. Mit viel Power und Leidenschaft gingen die Spielerinnen dann im Turnier zur Sache. Gegen Ägypten haben die Tunesierinnen vom Verein „Association sportive des PTT de Bizerte“ ihr erstes Spiel glatt mit 0:9 verloren. So eine Niederlage wollen sie nicht noch einmal einstecken. Zu hause in ihrem Verein steht nicht die Professionalisierung an erster Stelle, sondern der Wunsch, Frauen in der Gesellschaft sichtbar zu machen. Das Endspiel bestreiten letztlich Jordanien und Ägypten. Die Frauen aus Ägypten können das Spiel am Ende mit 2:1 knapp für sich entscheiden. Aber das ist vielleicht nur das zweitwichtigste an diesem Turnier. Tina Buhmann Fotos: Marlene Assmann 34 Tina Buhmann im Gespräch mit der tunesischen Fussball Spielerin Chada Béjaoui Chada, was machst du sonst, wenn du nicht Fußball spielst? Ich gehe zur Schule, nächstes Jahr mache ich Abitur. Ich mache das Fachabi Wirtschaft und Management. Seit wann spielst du Fußball? Seit 5 Jahren, seitdem ich 14 bin. Wie oft trainiert Ihr im Monat? Wir trainieren drei mal pro Woche und in der Regel haben wir am Wochenende ein Spiel. Wie viele Frauen-Fußballvereine gibt es in Tunesien? Es gibt 13 Teams. Wir sind oft unterwegs, wegen der Vereinsspiele. Wir reisen durch ganz Tunesien und sind immer im Bus unterwegs. Zu wievielt seid Ihr aus Bizerte gekommen? 13 Spielerinnen und unser Trainer und der Präsident unseres Vereins: Club ASPT Bizerte. Erzähl mir, was dir hier am besten gefallen hat. Die Kommunikation, hier ist eine tolle Stimmung. Und wir haben viel gelernt: die Geschichten und die Traditionen der Fußballerinnen aus den anderen Ländern und von den Leuten hier. Was hat dir nicht gefallen? Das Essen ist nicht gut. Würdest du zu einem anderen Fußballturnier nach Berlin kommen? Jaaaaaa! FREUNDSCHAFTSLÄUFE IN TUNESIEN ERMÖGLICHEN NEUE EINDRÜCKE N eben den alljährlichen „Osterläufen“ in der Partnerregion des Landessportbundes Rheinland-Pfalz, Nabeul, besuchten dieses Mal nicht nur Läufer und Läuferinnen die Region, sondern auch eine Delegationsgruppe des Landessportbundes, des Bildungswerkes und der Sportjugend des Landessportbundes Rheinland-Pfalz. Lothar Westram (Hauptgeschäftsführer LSB), Marco Fusaro (Geschäftsführer des Bildungswerkes des LSB), Thomas Biewald (Vorsitzender der SJ LSB RLP), Steffen Grummt (stellv. Geschäftsführer der SJ des LSB RLP), Axel Fickeis (Fussballverein Altendiez), Nedia Zouari (LSB und SJ des LSB RLP) führten zahlreiche projektbezogene Gespräche. Schwerpunkt der Gespräche waren die gemeinsame Zukunftsgestaltung der Partnerschaft, die Unterstützung von Jugendprojekten in bzw. mit Sportvereinen, die Förderung von Projekten zum Thema Frauen und Gleichstellung, Behindertensport sowie die Unterbringung in Gastfamilien während binationaler Trainingslagern oder Jugendbegegnungen. Der Landessportbund Rheinland-Pfalz darf im Juli eine tunesische Praktikantin in seinem Haus für zwei Wochen Willkommen heißen. Ebenso bekommt der junge und erst jüngst gewählte Präsident des Regionalen Behindertensportverbandes von Nabeul die Möglichkeit, an dem Symposium des Landessportbundes mit dem Arbeitstitel „Inklusion braucht Fantasie“ am 25. September 2013 teilzunehmen. Gespräche wurden ebenso mit einem ansässigen Volleyballverein und mit einem Breitensportverein geführt. Das Bildungswerk Sport des Landessportbundes RheinlandPfalz legte seinen Akzent auf die weitere detailbezogene Planung seiner Projekte. Erstmals beteiligte sich die ganze Delegationsgruppe an den Freundschaftsläufen und legten mit zahlreichen anderen Läufern 10 Kilometer über eine Querfeldein-Strecke unter strahlendem Sonnenschein hinter sich. Zwar rollten Lothar Westram und Nedia Zouari das Feld von hinten auf und sorgten dafür, dass sich keiner verlief, aber es galt die Devise „Dabei sein ist alles!“. Eine fantastische Atmosphäre mit Tanz, Gastgeschenken und Anfeuerungsrufen erwarteten jeden Zieleinläufer. Der Einsatz der ansässigen Vereine und seinen zahlreichen freiwilligen Helfern trug zu einer rundum gelungenen Veranstaltung bei. Deutsche als auch tunesische Teilnehmer und Helfer packten gemeinsam an und verwandelten die Freundschaftsläufe zu einem unvergesslichen Ereignis. Fotos / Text: Nedia Zouari, Landessportbund Rheinland-Pfalz 35 Besuch bei Menzel El Kateb Plantage mit Gästehäusern in Mahboubine / Midoun Werner Böckle, Präsident der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft, organisierte im Sommer einen Besuch bei Menzel El Kateb in Mahboubine. Menzel El Kateb ist ein Familienbesitz von 80.000 m² mit 800 Oliven-, 600 Orangen-, 150 Zitronenbäumen und 100 Palmen. Inmitten dieser Plantage befinden sich drei schöne Houchs (Häuser), die seit Anfang 2013 als Gästehäuser genutzt werden. Menzel El Kateb ist seit 5 Generationen im Familienbesitz und die Häuser spiegeln die Entwicklung der letzten Jahrhunderte wider. Die Houchs wurden authentisch restauriert und renoviert und haben heute den Komfort und die Annehmlichkeiten des 21. Jahrhunderts, Klimaanlage, Wifi, Schwimmbad usw. Houch Skander stammt aus dem 18. Jahrhundert, im typischen Stil von Djerba mit 418 m² Wohnfläche, 3 Schlafzimmer mit Bad, zwei Wohnzimmer, ein Esszimmer mit Kamin, Küche und einen Patio in den warmen Farben des Orients. Houch Mohtedi stammt aus dem 19. Jahrhundert im familiären Stil und hat 270 m² Wohnfläche, 2 Schlafzimmer mit Bad, ein grosses Wohnzimmer mit Esszimmer, Küche und eine grosse Terrasse mit Blick auf die Palmen und Orangenbäume. Alle Vorhänge, Tagesdecken, Tischdecken sind handgestickt. Houch Aziza wurde 1995 gebaut, 850 m² Wohnfläche, sehr luxuriöse Villa, 4 Schlafzimmer mit Dressing und Bad, ein sehr grosses Wohnzimmer mit Kamin, Esszimmer, Büro, Küche, ein zweites Wohnzimmer, Patio mit Springbrunnen und elektrisch zu öffnendem Dach sowie zwei grosse Terrassen. Menzel El Kateb bietet Ruhe und Entspannung fernab vom Massentourismus, ist aber trotzdem nahe bei allen notwendigen Einrichtungen wie Banken, Apotheke, Supermarkt, Golf, Strand usw. Die Gäste können je nach Saison an der Oliven-, Orangen- und Dattelernte teilnehmen. Menzel El Kateb stellt aus den eigenen Produkten Olivenöl, Zitronnade sowie verschiedene Marmeladen her. Weitere Informationen unter: Webside: www.menzel-elkateb.com Mail: [email protected]; Facebook : Menzel El Kateb Mobil: 00216 20 248 669; Tel / Fax : 00216 75 764 966 Mitglieder der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft erhalten für alle Reservierungen in 2013 (Familie + Freunde) einen Sonderbonus von 10 % auf die aktuellen Tarife. Text/Fotos: Werner Böckle Der Stammtisch im Aldiana Djerba Atlantide feierte seinen 1. Geburtstag Ende Juni 2012 lud der Clubchef vom Aldiana Djerba Atlantide, Oliver Müller, zum ersten Stammtisch ein. Diese tolle Idee wurde mit großer Begeisterung von der „deutschsprachigen Gemeinde“ auf Djerba angenommen. Seither trifft man sich regelmäßig am letzten Freitag im Monat bei Oliver zum Stammtisch. Das „kulinarische Highlight“ des Monats. Im wunderschönen Strandrestaurant Pescadore - mit Blick aufs Meer - werden wir vom Küchenchef Ralf und seinem Team verwöhnt. Den Teilnehmern stehen nach dem „Gruß aus der Küche“ und einer Vorspeise sowie vor der Nachspeise jeweils zwei raffinierte Hauptgerichte zur Auswahl - Fisch oder Fleisch. Nach diesen Köstlichkeiten treffen wir uns noch an der Pool-Bar, um dten gelungenen Abend ausklingen zu lassen. Die Nachtschwärmer können danach das Theater, die Disco oder die Strandparty besuchen. Wenn Auge und Gaumen so sehr verwöhnt werden, und die Gäste so aufmerksam betreut sind, dann ist es kein Wunder, dass die Stammtisch-Gäste sich außergewöhnlich wohl fühlen. Mitglieder der DTG, die auch im Besitz der Mitgliederkarte vom Aldiana Djerba Atlantide sind, bedanken sich ganz herzlich beim Clubchef Oliver für den Sonderbonus. Dieser erlaubt ihnen und einer Begleitperson die kostenlose Teilnahme an einem Gala-Dinner. Die DTG Mitglieder freuen sich wenn der Stammtisch, die Aldiana Djerba Atlantide Mitgliedskarte sowie der Sonderbonus auch 2014 fortgeführt wird. Daher hoffen wir, noch viele solcher schönen Abende beim Stammtisch verbringen zu können. Unser herzlicher Dank gilt besonders dem Clubchef Oliver und seinem „Stammtisch-Team. Text/Fotos: Werner Böckle 36 „Sommerfestival der Kulturen“ in Stuttgart D er Info-Stand der DTG am Sommerfestival der Kulturen in Stuttgart ist mittlerweile zu einer festen Einrichtung geworden. Auch in diesem Jahr war die DTG, vertreten durch ihren Präsidenten Werner Böckle und den Mitgliedern Susanne Müller und Jürgen Lang am 20. und 21. Juli auf dem Stuttgarter Marktplatz präsent. Das Sommerfestival der Kulturen ist ein großes Bürgerfest und ein Ort der Begegnung mit begeisterten Menschen aller Nationalitäten, Hautfarben und Altersgruppen, sowie ein Publikumsmagnet für die unterschiedlichsten Bevölkerungsund Kulturgruppen. Stars der internationalen Weltmusikszene bieten einen mitreißenden Konzertmix. Ausländische Kulturvereine begleiten die Vorstellungen mit Informationen und Speisen aus ihren Heimatländern. Insgesamt beteiligen sich etwa 60 Kulturvereine aus rund 30 Ländern. Der Stand der DTG war wieder eine gern besuchte Informationsquelle für Tunesien-Kenner und -Interessierte. Und bei einem Glas „Thé à la menthe“, der trotz der sommerlichen Hitze großen Anklang fand, konnte vielen Besuchern die DTG und Tunesien näher gebracht werden. Aus München war der tunesische Konsul, Herr Salah Chebbi, angereist und zeigte sich begeistert über das besondere Flair und die Atmosphäre dieser Veranstaltung. Gerne stellte er sich auch als Ansprechpartner für die Tunesien-Interessierten zur Verfügung. Susanne Müller Konsul Salah Chebbi (zweiter von rechts) und Werner Böckle (links) im Gespräch mit Besuchern Foto: Susanne Müller TUNESISCHE STUDENTEN ZU GAST IN DRESDEN I m Sommer empfing unser neues DTG-Mitglied, Henry Krause, Referent in der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, eine Gruppe von 20 tunesischen Studenten der südtunesischen Universität Gabes, die derzeit an der Sommerschule der TU Dresden weilen, zu einem Erfahrungsaustausch. Bereits vor der Revolution entstand eine vom DAAD geförderte Germanistische Institutspartnerschaft (GIP) zwischen der TU Dresden und der Universität Gabes, die weiter ausgebaut wird. Eveline Barsch 37 ZU BESUCH BEI FREUNDEN IN SCHÖNINGEN E ine Gruppe tunesischer Freunde aus der Partnerstadt Beni Hassen und Sousse konnte der Ehren-Präsident der DeutschTunesischen Gesellschaft, Rolf-Dieter Backhauß, in Schöningen begrüßen. Zwei Wochen waren über zwanzig Tunesierinnen und Tunesier zum ersten Mal nach der friedlichen Revolution wieder in Schöningen. Die Gäste aus der Region Sousse und Beni Hassen wurden von deutschen Familien betreut und beherbergt. Zwei Jahre sind seit dem Umschwung vergangen, hierzu beglückwünschte Rolf-Dieter Backhauß die tunesischen Gäste. Die Deutsch Tunesische Gesellschaft und die Städtepartnerschaften haben Tunesien seit Anbeginn zur Seite gestanden und die Zusammenarbeit mit Tunesien deutlich verstärkt. Unser Bemühen ist es, die soziale und wirtschaftliche Stabilität zu fördern und eine nachhaltige Demokratisierung zu ermöglichen. Auf die aktuelle Situation eingehend, betonte Backhauß, dass die Positionen der Regierung und ihrer Gegner grundverschieden sind. Die Opposition fordert den sofortigen Rücktritt der Regierung sowie die Auflösung der Verfassungsgebenden Versammlung, die fast zwei Jahre nach ihrer Wahl noch keinen Verfassungsentwurf ausgearbeitet hat. Die Ennahda - die als stärkste Partei bei den Wahlen hervor gegangen ist - hat diese Forderungen zurückgewiesen und stattdessen vorgeschlagen, zwei kleine laizistische Parteien an ihrer Regierung zu beteiligen und im Dezember 2013 Neuwahlen abzuhalten. Die UGTT - die mächtige Gewerkschaft ist mit der Vermittlung beauftragt- schlägt als Kompromiss eine Expertenregierung vor, die Verfassungsgebende Versammlung soll im Gegenzug weiterarbeiten. Backhauß wünschte den tunesischen Freunden viel Kraft um einen Weg aus der politischen Krise zu finden. Die Gruppe aus Tunesien hat ein umfangreiches Programm 38 in den 14 Tagen absolviert. Neben Besuchen der Städte Berlin, Dresden, Braunschweig und Wolfsburg fanden Betriebsbesuche im Kraftwerk Buschhaus, der Windenergie „ Landwind“, dem Volkswagenwerk Wolfsburg und in landwirtschaftlichen Betrieben statt. Ein besonderes Ereignis war die Einladung ins Forschungs-und Erlebniszentrum „paläon“ und der Besuch des Deutschen Bundestages in Berlin. Die tunesischen Gäste besuchten die verschiedensten Einrichtungen in Schöningen. Empfänge beim Bürgermeister der Stadt Schöningen, Henry Bäsecke und bei der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft fanden statt. Zu diesen Begegnungen waren jeweils die Gäste und Gastgeber eingeladen. Neben dem traditionellen Fußballspiel Deutschland –Tunesien fand in diesem Jahr der internationale Wettkampf der Mannschaften aus der Ukraine, Tunesien und Deutschland im DiscGolf statt. Die traditionelle Musik und der Tanz sind bei einer Sommerparty im Schloß Schöningen nicht zu kurz gekommen. Tunesier und Deutsche tanzten die tunesischen Tänze. Seit über 40 Jahren findet der Austausch zwischen Beni Hassen/Sousse und Schöningen sowie der Region um Schöningen statt. Seit 18 Jahren besteht eine offizielle Partner- schaft zwischen der Stadt Schöningen und Beni Hassen. Der Landkreis Helmstedt hat ebenfalls seit 31 Jahren eine Partnerschaft mit dem Gouvernorat Medenine / Djerba. „Die Pflege der Beziehungen mit dem Ausland ist nicht nur Sache der damit offiziell befassten Dienststellen und Institute,“ betonte Rolf-Dieter Backhauß, „wenn aus Beziehungen wirkliche Freundschaften entstehen sollen, bedarf es des Einsatzes von Personen, die aus dieser Kontaktpflege eine Sache des Herzens machen.“ Hierfür bietet die Deutsch-Tunesische Gesellschaft seit ihrem Bestehen ein gutes Beispiel. „Gewiß sind für die Entfaltung der Deutsch-Tunesischen Beziehungen gute Voraussetzungen gegeben, da die Bevölkerung aus Tradition und Neigung sehr deutschfreundlich eingestellt ist. Aber in der ganzen Breite haben sich diese Beziehungen erst dadurch entwickelt, dass sich auf beiden Seiten Menschen fanden, die noch mehr daraus machen wollten; eine lebendige Freundschaft, getragen von der gegenseitigen Achtung und gestaltet aus dem menschlichen Füreinander.“ „ Ohne das Engagement der Zivilgesellschaft wäre unsere Partnerschaft nicht möglich. Erst der direkte Kontakt zwischen den Menschen beider Länder, ihr freiwilliges Engagement und die vielen persönlichen Freundschaften schaffen die Grundlage für eine wirklich nachhaltige Entwicklung der Partnerschaft zwischen Deutschland und Tunesien“. Dieses schrieb der Botschafter der Bunderepublik Deutschland in Tunesien, Jens Plötner in einer Grußbotschaft an den Partnerschaftsaustausch Schöningen-Tunesien, und bedankte sich bei allen die sich dieser Aufgabe verpflichtet haben. Im Jahr 2014 ist wiederum ein Besuch in Tunesien geplant. Texxt/Fotos: Rolf-Dieter Backhauß INTERNATIONALER BESUCH: TUNESISCHE ÄRZTE BESICHTIGEN HELIOS ST. MARIENBERG KLINIK HELMSTEDT A Tunesische Ärzte zu Besuch: v.l.n.r. Dr. med. Mohamed Tahar Loued, Mouna Belaid (AiP), Prof. Dr. med. Detlev Ameis und Rolf-Dieter Backhauß, 1. stellvertretener Landrat und Vorsitzender des Kankenhausbeirates m 28. August 2013 empfing die HELIOS St. Marienberg Klinik Helmstedt ganz besondere Gäste: RolfDieter Backhauß, 1. stellvertretender Landrat und Ehrenpräsident der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft e.V., und zwei tunesische Ärzte besuchten die Klinik und erhielten einen Einblick in den deutschen Krankenhausalltag. In Empfang genommen wurden die drei Besucher von Prof. Dr. med. Detlev Ameis, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin – Gastroenterologie. „Ich freue mich, dass wir den Kollegen aus Tunesien hier einen Blick in das deutsche Gesundheitswesen ermöglichen können, um so Wissen und Erfahrungen zu teilen und einen internationalen Austausch über die unterschiedliche medizinische Versorgung herzustellen“, so Prof. Ameis. So zeigte der Chefarzt den Gästen unter anderem das moderne Herzkatheterlabor, führte sie durch die Operationssäle und lud sie auf die sanierten Stationen des Hauses ein. „Als Ehren-Präsident der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft e.V. verstehe ich mich als Vermittler zwischen verschiedenen Kulturen und Kontinenten und möchte die Menschen beider Länder enger vernetzen. Umso schöner ist es, dass wir in der HELIOS St. Marienberg Klinik Helmstedt Fachkollegen aus Deutschland und Tunesien zusammenbringen können“, sagt Rolf-Dieter Backhauß. Während ihres vierzehntägigen Aufenthaltes in Deutschland absolvierten die afrikanischen Gäste ein umfangreiches Programm. „Als Klinik mit hoher Fachkompetenz und vielen Weiterbildungsermächtigungen in den Fachabteilungen konnten wir in der Vergangenheit bereits zahlreiche internationale Ärzte fortbilden und freuen uns, wenn wir ausländischem Fachpersonal auch in Zukunft als verlässlicher Partner in Sachen Aus-, Fort- und Weiterbildung zur Verfügung stehen“, freut sich auch Klinikgeschäftsführer Matthias Hahn. Text/Foto: Rolf-Dieter Backhauß 39 ARABISCHKENNTNISSE IN TUNESIEN VERBESSERT Die Schülerinnen nahmen an verschiedenen Schulen am Unterricht teil, wo sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen mussten. I n diesem Jahr reisten erstmals drei Schülerinnen der Klassenstufe 9 des Spezialgymnasiums für Sprachen in Schnepfenthal mit ihrer Arabischlehrerin Frau Sara Hoffmeier nach Tunesien, um ihre Arabischkenntnisse zu verbessern und aktiv anzuwenden. Die Reise nach Tunesien wurde durch die tatkräftige Unterstützung von Werner Böckle; Präsident der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft und der tunesischen Gesellschaft ATA durch Moncef Zeghal sowie Amel Kadri (Inspektorin für Deutsch als Fremdsprache) sowie dem tunesischen Erziehungs- und Außenministerium ermöglicht. Die Zeit in Tunesien verging wie im Flug und die drei Schülerinnen haben viele Eindrücke gesammelt, von denen sie noch lange profitieren können. Die drei haben bei Gastfamilien gewohnt und konnten so das Leben in Tunesien intensiv erleben und erforschen. In der ersten Woche des Aufenthaltes nahmen die deutschen Schülerinnen in verschiedenen Schulen am Unterricht teil. Sie konnten zum einen ihre Arabischkenntnisse im Geschichtsunterricht testen, konnten aber auch in anderen Unterrichtsfächern ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. Einige Stunden Arabischunterricht waren auch vorgesehen. Während eines Besuchs der internationalen Schule in Ariana (Tunis) nahmen die Schülerinnen an einer Stunde Arabisch als Fremdsprache bei und konnten sich intensiv einbringen. Die zwei Wochen in Tunesien verbrachten die deutschen Schülerinnen gemeinsam mit tunesischen Schülern und Lehrern, was nicht nur die Verständigung förderte, sondern auch Freundschaften wachsen ließ. Höhepunkte der Reise waren die gemeinsamen Ausflüge in der näheren und weiteren Umgebung von Tunesien. Der erste beeindruckende Ausflug war bereits einen Tag nach der Ankunft in Tunesien. Ziel waren 40 Karthago und Sidi Bou Said. In Karthago besichtigte die kleine Gruppe auch den Ort, in dem der französische Schriftsteller Gustave Flaubert wohnte und sich zu seinem Roman Salambo inspirieren ließ. Außerdem entdeckten wir den Ort, an dem viele tunesische Jugendliche gern ihre Zeit vertreiben, um zu flirten. Während des Aufenthaltes standen weitere Ausflüge auf dem Programm, beispielsweise nach Douga und Testour, aber auch nach Hammamet und Nabeul sowie nach Kurbus. Die Fahrten zu den einzelnen Zielen wurden durch viel Gesang und Tanz zu einem Erlebnis und einem großen Spaß. So lernten die Schüler singend Arabisch und Deutsch. Leider verging die Zeit viel zu schnell und der Abschied fiel allen sehr schwer. Da die Sprachreise so ein Erfolg war und die Kontakte zu den Lehrern und vor allem der Inspektorin für Deutsch so eng sind, soll nun eine Schulpartnerschaft erwachsen. Im Gegenzug erwartet die Salzmannschule ihre neuen tunesischen Freunde im Herbst aus Tunis und heißt Schüler und Lehrer herzlich willkommen. Die Reise nach Tunis und der enge Kontakt zu den tunesischen Schülern und Lehrern förderte das Kennenlernen und vor allem das sich Auseinandersetzen mit einer neuen Kultur. Die deutschen Schülerinnen kehrten mit einem veränderten, sehr positiven Bild von Tunesien zurück und auch die Tunesier konnten viel über die deutsche Kultur lernen. Es war sehr schön, zu sehen, wie die Schüler miteinander umgingen und wie schnell Freundschaften geschlossen wurden. Text / Foto: Sara Hoffmeier Internationale Sommeruniversität in Marburg U nter dem Titel „Frieden und Konflikt. Naher und Mittlerer Osten: politische, kulturelle und ökonomische Aspekte des Arabischen Frühlings - eine europäische Sicht.“, fand vom 20. Juli bis 17. August 2013 an der Universität Marburg eine internationale Sommeruniversität statt. Die Kooperation vom Zentrum für Konfliktforschung und dem Centrum für Nah- und Mittelost Studien machten sich zum Ziel, den Arabischen Frühling aus europäischer Perspektive zu erarbeiten. Als Studentin der Orientwissenschaften mit wirtschaftlichem Schwerpunkt sah ich die Chance mich in diesem Rahmen der Thematik wissenschaftlich zu nähern und mich in Seminaren in englischer oder deutscher Sprache gemeinsam mit internationalen Studierenden dem Thema anzunehmen. Die Schwerpunkte lagen vor allem auf dem Israel-Palästina Konflikt und Ägypten, sowie Tunesien, als Auslöser des Arabischen Frühlings. Zum Rahmenprogramm gehörten ein wöchentliches Filmprogramm, arabische und hebräische Sprachkurse, sowie Exkursionen nach Frankfurt, Kassel und Straßburg. Diese dienten nicht zuletzt für einen erneuten Perspektivenwechsel. Frankfurt übernahm die Rolle der europäischen Finanzhauptstadt und Standort der Europäischen Zentralbank. In Kassel besuchten wir eine Kommune, die uns Einblicke in ihren Alltag und ihr Verständnis von Politik, Wirtschaft und Kultur vermittelten und abschließend Straßburg, die europäische Hauptstadt und historisches Symbol für den Frieden zwischen Frankreich und Deutschland. Der wichtigste Bestandteil dieses Programms war dennoch der Austausch untereinander. Studierende aus aller Welt von China über Palästina, Ägypten, Puerto Rico bis nach Kanada, konnten aus ihrem Blickwinkel und ihrem Verständnis einen Teil zu der Erarbeitung des Arabischen Frühlings beitragen und für einen offenen Dialog zwischen den Interessierten sorgen. Für mich war es eine sehr interessante Erfahrung Tunesien in einem internationalen Kontext zu betrachten und eine gute Gelegenheit internationale Studenten kennen zu lernen. Mit der Stipendiatin aus Marburgs Partnerstadt Sfax, Nessrine Rekik, verlebte ich eine aufregende Zeit und wir sind gute Freunde geworden. Wir haben verabredet, dass ich sie nächstes Jahr in Sfax besuchen werde. Die inhaltliche und interkulturelle Auseinandersetzung mit Studierenden hat mich inspiriert und motiviert, mich weiterhin in diesem Bereich zu engagieren. Essia Sophia Ouertani Der Limes – eine antike Verbindung zwischen Deutschland und Tunesien (vom Okzident zum Orient) und den ehemaligen Provinzen Raetien (Deutschland) und Africa (Tunesien) S tädtepartnerschaften, Schüler- und Studentenaustausch, Soziale Projekte und wirtschaftliche Interessen sind wichtige Maßnahmen, um in Zeiten der Globalisierung ein kontinuierliches, völkerübergreifendes Verhältnis zwischen beiden Ländern zu pflegen und weiter auszubauen. Was aber Tunesien und Deutschland seit Jahrhunderten verbindet, ist das archäologische und historische Erbe, die ehemaligen Provinzen des Großen Römischen Reiches mit seinen Grenzlinien und die Überreste der erlebbaren kulturellen Welterbestätten. Die Grenzen dieses Reiches umspannten ein Gebiet, das im Norden nach Schottland und in die Karpaten, im Westen bis an die portugiesische Atlantikküste, im Süden bis an den Rand der Sahara und im Osten bis an den Euphrat reichte. Schon Ende der 70er Jahre wurde das römische Amphitheater von El Djem, die Ruinen von Karthago (phönizisch/punisch) und die Medina (Mittelalter) von Tunis in die Liste der UNESCO-Welterbestätten aufgenommen. Dann folgte das Naturdenkmal „Nationalpark Ichkeul (1980), die Kulturdenkmäler „Stadt und Totenstadt von Kerkouane“ (punisch), die Medina von Sousse und Kairouan sowie 1997 die römischen Ruinen von Dougga. Im Jahre 2005 ist der Obergermanisch-Raetische Limes (ORL), der sich zwischen den Flüssen Rhein und Donau befindet, ist als Teil des „Frontiers of the Roman Empire“ von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt worden. Hinter 41 diesem Namen verbirgt sich ein besonderes antikes Denkmal, das am Rande des Römischen Reiches von Britannien über den Rhein und die Donau bis in den Nahen Osten und nach Afrika reichte. Die Reste dieses Limes erstrecken sich über das Territorium von zehn europäischen Staaten. Von Großbritannien im Norden über Deutschland, nach Südosteuropa und weiter in fast ebenso viele Staaten im Nahen Osten und in Nordafrika. Zusammen mit den Kulturdenkmälern in Tunesien steht dieser, von den Römern angelegte Grenzwall bisher in drei Abschnitten (Hadrianswall, ORL, Antoninuswall) gemeinsam unter dem Schutz der Internationalen Konvention für das Kultur- und Naturerbe der Menschheit. Im Gegensatz zu den teilweise noch sehr gut sichtbaren Überresten der Kulturdenkmäler in Tunesien ist das eigentliche Welterbe „Limes“ ein Bodendenkmal und liegt unter der Oberfläche verborgen; allerdings ist es das größte archäologische Kulturdenkmal Europas. 550 km führt dieses Bodendenkmal durch Deutschland, durchquert 4 Bundesländer (Rheinland-Pfalz, Hessen, BadenWürttemberg, Bayern) mit über 900 Wachtürmen und 100 größeren Kastell- und Militäranlagen, davon prägt dieser von den Römern angelegte Grenzwall rund 70 Kilometer sowohl die Landschaft als auch die Kultur in Mittelfranken. Bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. erfolgten zahlreiche Vorstöße der Römer in das Gebiet zwischen der nördlichen Alpengrenze und dem Lauf des Rheines vom Bodensee ab bis zum Mittelrhein. Bei diesem Vordringen der Römer bildete sich schon bald die römische Provinz Raetien zwischen den nördlichen Alpen (Tirol und nördliche Schweiz), Teilen von Südbayern bis zum Inn, Südschwaben und die südlichen Teile des heutigen Frankens. Der abgrenzende Wall des Limes wurde schon unter dem Kaiser Domitian (81-91 n. Chr.) begonnen und bis zum Zerfall des Römischen Reiches (260 n. Chr.) in unterschiedlicher Weise stark ausgebaut. Das war auch das Entstehungsdatum des Limes Arabicus zum Schutz der reichen Provinzen Syria und später (ab 106 n. Chr.) auch Arabia. Der Limes lag damit im Gebiet des heutigen Syrien und Jordanien und schützte über mehrere Jahrhunderte die römischen Provinzen als Grenze. Um 813 v. Chr. wurde von den Phöniziern auf dem ByrsaHügel (heute am Stadtrand von Tunis) die Stadt Karthago gegründet und entwickelte sich im Laufe der folgenden Jahrhunderte zur führenden Handelsmacht im westlichen Mittelmeer. Karthago war das Zentrum eines mächtigen Reiches, zu dem der größte Teil Nordafrikas, der Süden der iberischen Halbinsel, Sardinien und Teile Siziliens gehörten. Die Konfrontation mit dem Römischen Reich führte zu den drei Punischen Kriegen (seit 264 v. Chr.), die 146 v. Chr. mit der Zerstörung Karthagos endeten. Daraufhin gründeten die Römer die Provinz Africa. Soweit man heute weiß, waren es Scipios Truppen im Jahre 203 oder 204 v. Chr. die ersten Römer, die von Sizilien aus afrikanischen Boden betraten. Unter Kaiser Septimius Severus (193-211) wurde die Provinz Numidia von der Provinz Africa proconsularis getrennt und weitere Provinzen entstanden. Die Namen der neugeschaffenen Provinzen waren Africa proconsularis mit der Hauptstadt Karthago, Byzacena im mittleren und südlichen Teil Tunesiens mit der Hauptstadt Hadrumetum/Sousse sowie weiter östlich Tripolitania mit der Hauptstadt Leptis Magna östlich von Homs. Trotz der recht komplexen und unterschiedlichen Zusammensetzung der afrikanischen Bevölkerung vollzog sich die Romanisierung Nordafrikas in weniger als drei Generationen. Africa war – denkt man an die vielen momumentalen Überreste nordafrikanischer Römerstädte – auch am sichtbarsten von der römischen Zivilisation geprägt. Haupterzeugnis und –ausfuhrprodukt des heutigen Tunesiens war Weizen. Schon die Karthager hatte im Norden und Osten ihres Staatsgebietes Getreide angebaut. Diese Produktion deckte den Kornbedarf Roms zu zwei Dritteln. So entwickelte sich „Africa“ zu einer der blühendsten Provinzen Roms. Als Kornkammer lieferte sie neben Weizen auch Holz, Wolle und vor allem Olivenöl. Von großer Bedeutung war auch der Abbau des marmor Numidicum in SimitthusChemtou/Tunesien, der als wichtiger Exportartikel der inner- und außerhalb der afrikanischen Provinzen seine Abnehmer fand. Im Hinterland des heutigen Tunesiens florierten Städte wie Thysdrus (heute El-Djem) mit seinem Amphitheater für 35.000 Besucher. So diente der Limes als Grenze des Römischen Reiches nicht nur als militärische Befestigungslinie sondern sorgte auch für Stabilität und Wirtschaftswachstum. Zahlreiche Handelsgüter drangen in die Welt jenseits dieser Grenzen. Luxuswaren wie Schmuck und kostbare Textilien aus Rom passierten den Limes nach Germanien. Sie wurden gegen Rohstoffe, wie Metalle und Honig, aber auch gegen blonde Haarflechten der Germaninnen getauscht, die bei den Römern heiß begehrt waren. Der Limes der sich zentral durch viele europäische, kleinasiatische und nordafrikanische Länder zieht, könnte ein gemeinsamer Garant dafür sein, um über unsere kulturellen Unterschiede und Ungleichheiten nachzudenken und eine moderne grenzübergreifende Zusammenarbeit zu fördern. Irene Hirari-Wüst Das römische Weltreich zur Zeit seiner größten Ausdehnung 42 EIN AUSSERGEWÖHNLICHER GEBURTSTAG DTG Ehrenmitglied Dieter Bade wurde 90 I n diesem Jahr feierte Ehrenmitglied der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft, Dieter Bade, seinen 90. Geburtstag. Geboren und aufgewachsen in Berlin, musste Bade mit 19 Jahren an die Front. Als Leutnant und Chef einer Panzerartellerieabteilung war er in Nordafrika in Ägypten, Libyen und dem französischen Protektorat, das vom damaligen Bey von Tunis verwaltet wurde. Dann von 1943 bis 1946 in amerikanischer Kriegsgefangenschaft in der kleinen Stadt Trinidad in Colorado. Nach seiner Freilassung waren inzwischen aus Feinden Freunde geworden. Dieter Bade und seine Frau Eva erhielten in dieser Zeit für ihr Engagement die Ehrenbürgerschaft der Stadt Trinidad. Bei der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft gehört er mit Eintritt 1965 zu den ältesten Mitgliedern und wurde 2010 durch den damaligen Präsident der DTG, Rolf-Dieter Backhauß, zum Ehrenmitglied gekürt. 1967 wurde Dieter Bade, der in Westberlin in einer großen Stahlbau / Fensterfirma Generalbevollmächtigter war, Sektionsleiter der DTG in Berlin. Ein Höhepunkt war für Bade 1964 sicherlich der Staatsbesuch des tunesischen Präsidenten Habib Bourguiba. Da es damals noch keine Botschaft und Konsulate von Tunesien gab, war das Haus von Dieter Bade von der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft eine Station des tunesischen Präsidenten. 1980 wurde der Wohnsitz der Familie Bade nach München Foto: Renate Mai verlegt. Dort übernahm der Jubilar die Sektion Bayern von der Sektionsleiterin Viktoria Lohmüller und ist seit dieser Zeit auch als Präsidiumsmitglied in der DTG tätig. In den 70er Jahren reiste Dieter Bade mit seiner Ehefrau Eva und den vier Kindern nach Tunesien um ihnen die Schauplätze zu zeigen, wo er vor 30 Jahren gekämpft hat. Viele Freundschaften gibt es aus dieser Zeit und bei dem Jubilar eine auch heute noch vorherrschende tiefe Dankbarkeit. Deutsch-Tunesische Rundschau begründet 1961 Herausgeberin: Deutsch-Tunesische Gesellschaft e.V. Laerheidestraße 26, 44799 Bochum www.deutsch-tunesische-gesellschaft.de Präsident: Werner Böckle Redaktion, Design & Layout: Detlef Mai Adresse der Redaktion: Am Holm 19, 24783 Osterrönfeld Tel.: 0151 40745689 E-Mail: [email protected] Titelbild: Kinder im SOS Kinderdorf Mahrés / Tunesien Foto: SOS Kinderdorf weltweit Bildnachweis: sofern nicht anders angegeben Deutsch-Tunesische Gesellschaft e.V. Foto: Abdelwaheb Bouazizi www.tunesienreporter.de 43 Deutsch-Tunesische Gesellschaft e.V. Geschäftsstelle Laerheidestraße 26, 44799 Bochum www.deutsch-tunesische-gesellschaft.de [email protected] 44