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2012 ¥ 6   ∂
Objekt+Produkt
Haus am Seeufer, Langenargen
Fotos:
Florian Kunzendorf
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1 Auf dem Grundstück am Bodensee stand bereits sehr zentral eine erhaltenswerte Jugendstil-Villa. Die Kunst
war es, dem Grundstück den passenden Bauplatz abzuringen.
2 Klar, simpel, kostengünstig. Die reinen Baukosten beliefen sich auf nicht einmal 270 000 Euro für die über
200 m2 Wohn- und Nutzfläche.
Nachverdichtung der unaufdringlichen
Art: ein kompakter Zweigeschosser für
eine junge Familie liegt verborgen unter
dem Blätterdach des umgebenden Baumbestands, direkt am Bodensee. Wunsch
der Bauherren war es, auf dem großen
Seegrundstück mit der im Zentrum stehenden Jugendstilvilla ein schlichtes,
modernes und nachhaltiges Wohnhaus
zu errichten. Geplant von den Architekten
Geckeler aus Konstanz entstand hier ein
beispielhaftes Gebäude, das als Holzbau
in Passivbauweise fast energieautark
funktioniert.
Der schlichte und unaufgeregte Bau konnte
mit seinem cleveren und ganzheitlichen Planungskonzept bereits mehrere Preise gewinnen. So ist es in einem von der Zeitschrift
»Das Haus« und den Landesbausparkassen ausgelobten Wettbewerb als »Das Goldene Haus« prämiert worden. Hinzu kommt
der Preis in der Rubrik »Wohnbau« des
Holzbausystemherstellers Lignotrend. Besonderes Augenmerk dieses Industriepreises liegt auf der engen Zusammenarbeit
von Architekten, Fachingenieuren und Holzbauunternehmer, die hier unter den besonderen Gegebenheiten des Grundstücks besonders wichtig war.
Die zentral auf dem Grundstück stehende
Villa ließ wenig Möglichkeiten für einen geeigneten Bauplatz. Die Baugrenze zum einen und das Ufer des Bodensees zum anderen schränkten die Varianz ein. Letztlich
kam nur ein knapp 11 m breiter Baustreifen
an der Nordseite des Bestandsgebäudes infrage. In unmittelbarer Nähe, aber räumlich
von der Villa getrennt, erstreckt sich der
schlanke Baukörper entlang der Grundstücksgrenze im Norden. Das Haus öffnet
sich mit seiner großzügig verglasten Westfassade und der einladenden Terrasse zur
Seeseite hinab.
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Die Erschließung erfolgt über einen schlanken, langen Steg von der Straße, vorbei am
Carport und zur Eingangsbox. Durch die
Eingangstür kommend erschließt sich
schnell die klare Raumfolge des Holzbaus.
Die Treppe in das Obergeschoss mit den
Schlafräumen und dem Bad der Familie versetzten die Architekten aus der Blickachse
nach außen, um den einzigartigen Blick
über die Terrasse in Park und See nicht zu
verstellen. Die quaderförmige Kubatur mit
den wenigen Überhängen hatte große Vorteile bei der Realisierung in Passivhausbauweise. Das nicht unterkellerte Gebäude
»schwebt« auf Stahlstützen, die in Einzel­
fundamenten gelagert sind. Die vorgefertigten Bodenelemente werden von einem Holzrahmen aufgenommen. Modular elementierte Lignotrend-Wandbauteile wurden
anschließend mit speziell entwickelten
»Krakla-Bändern« biegesteif untereinander
und mit den Bodenelementen verbunden.
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Der Wohnraum ist großzügig geschnitten und lichtdurchlfutet. Von hier öffnet sich der Blick über die Terasse bis hinunter zum Bodensee.
Wohnen, Kochen, Essen – alles geht fließend inein­ander über und unterstreicht die Offenheit des Entwurfskonzepts.
Die Fensterfronten reichen von Wand zu Wand. Besonders wichtig in der Planung war der größtmögliche Erhalt des alten Baumbestands auf dem Grundstück.
Die Fassade ist mit gebäudehohen Industrieglastafeln verkleidet. »Konstruktiver« Wetterschutz: so entfällt das Streichen der Fassade komplett.
Eine weitere konstruktive Besonderheit: die
Montage der zellulosegedämmten Wandteile erfolgt ausschließlich durch simple
Steckverbindungen mit Metallbolzen. Die
Decke über dem Erdgeschoss ist als HolzBeton-Verbunddecke ausgeführt, die ebenfalls biegesteif mit den Wänden verbunden
wurde. Die Verbundkonstruktion erwies sich
als sehr effizient, was das geringe Schwingungsverhalten und die gute Schalldämmung betrifft – anders als Konstruktionen in
herkömmlicher Holzrahmenbauweise und
mit Holzbalkendecke. Die konstruktive Ausführung als biegesteifer Rahmen machte
aussteifende Zwischenwände überflüssig.
Ein großer Vorteil für das Haus am See,
denn die Zwischenwände bleiben anpassbar und das Haus kann ohne Eingriffe in die
Statik durch weitere Module ergänzt wer-
den. Die Fassade ist mit gebäudehohen
Indus­trieglastafeln verkleidet und gehalten
in Stahlprofilen. Kühle Luft strömt durch den
4 cm schlanken Puffer von unten ein, wird
über ihren Weg durch die Zwischenhaut
erwärmt und strömt oben wieder aus. Das
Prinzip eines riesigen Luftkollektors, der die
Passivhausfunktion des Gebäudes noch
unterstützt. Diese zusätzliche Energiequelle
ist in den Energieausweis des Hauses nicht
einmal eingeflossen. Der darin errechnete
Wert von 1,3 l Heizöl/m2a wird jetzt im Gebäudebetrieb sogar noch unterschritten.
Eine kontrollierte Lüftungsanlage mit im Erdreich verlegtem horizontalen Luftkollektor
zur Vortemperierung der Ansaugluft sorgt
für möglichst geringe Lüftungswärmeverluste. Ein 1000-l-Schichtenspeicher kommt
zur Warmwasserbereitung und zur Hei-
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zungsunterstützung über ein Nachheizregister zum Einsatz. Er speist sich aus den solaren Wärmegewinnen einer 8 m2 großen Vakuumkollektorfläche. Über den integrierten
Plattenwärmetauscher erfolgt die Aufbereitung von frischem Warmwasser. Um wertvolles Trinkwasser zu sparen, wird Regenwasser in einer 9 m3 fassenden Zisterne
gesammelt, die WCs und Waschmaschine
sowie die Bewässerungsanlage im Garten
mit Regenwasser versorgt.
In summa verwundert es eigentlich nicht,
dass Architekten und Baufamilie bereits
zwei Preise für das in vielerlei Hinsicht nachhaltige Haus am Bodensee bekommen haben. Eine clevere wie auch wirtschaftliche
Lösung, die durchaus beispielhaft für das
modulare Bauen mit Holz ist.
Grundrisse Maßstab 1:250
1 Terrasse
2 Wohnen
3 Küche
4 HW-Raum
5 Flur
6 WC
7 Haustechnik
8 Garage
9 Carport
10 Schlafen
11 Kinderzimmer
12 Arbeiten/Gäste
13 Bad
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Fassadenschnitt
Maßstab 1:20
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1 Dachdichtung Bitumenbahn
Gefälledämmung PUR im Mittel 350 mm
Dampfsperre
Decke Holz-Beton-Verbund
Lignotrend HBF 247 mm
Gipsfaserplatte Fermacell 15 mm
2 Industriebauglas klar hinterlüftet 331/41 mm
mittig durch Reling gesichert gegen Windsog
Schalung Fichte grau 27 mm
Diffusionsoffene Wandplatte Agepan DWD 16 mm
Holzrahmenständer U*Psi/Dämmung Zellulose
360 mm
Dampfsperre
Holzblocktafelwand Lignotrend Installa 66 mm
Gipsfaserplatte Fermacell 15 mm
3 Bodenbelag Parkett 3-schichtig
Zementestrich 65 mm
Dämmung 30 mm
Holz-Beton-Verbund-Element 288 mm
Installationsraum Elektro, Lüftung, Sanitär
Gipsfaserplatte Fermacell 15 mm
4 Bodenbelag Parkett 3-schichtig
Zementestrich 65 mm
Dämmung 30 mm
OSB-Platte 18 mm
Holz-Beton-Verbund-Element 247 mm
Zwischenräume Dämmung Zellulose
Ständer U*Psi/Dämmung Zellulose 240 mm
Diffusionsoffene Wandplatte Agepan DWD 16 mm
Wurzelschutzfolie Sarnafil
5 Stahlkonstruktion verzinkt
Bodenbelag EG Lärche 36 mm, OG Gitterrost
30/30/10 mm, DG Sonnenschutzprofile Aluminium
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Projektdaten
Architekten, Bauleitung:
Architekten Geckeler, Konstanz
Vermesser: Rainer Blum, Illmensee
Energienachweis: IB Frank Kunkel, Zwickau
Tragwerksplaner: Hartmut Häussler,
Illerkirchberg
Zimmerer: Martin Holzbau, Dornbirn (A)
Schlosserarbeiten: Schlosserei Markus
Kalb, Dornbirn (A)
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Produkte und Hersteller
Bodenplatte: Lignotrend HBF 247 mm,
Lignotrend U*Psi 360 mm
Wände: Lignotrend U-Psi 360 mm,
Lignotrend Installa 66 mm
Decke: Holz-Beton-Verbund-Fertigteil
288 mm, Lignotrend Produktions GmbH,
Weilheim-Bannholz, www.lignotrend.com
Dämmung Wände/Decke: Isofloc Wärmedämm GmbH, Lohfelden, www.isofloc.de
Deckenuntersicht, Innenwand: Fermacell
GmbH, Duisburg, www.fermacell.de
Außenwandbeplankung, Bereich Treppenwand: Cembrit GmbH, Hamburg,
www.cembrit.de
Dämmung Bereich Treppenwand:
va-Q-tec AG, Würzburg, www.v-a-q-tec.com
Fassadenbekleidung, Glas: Profilit Glas klar,
370/41 mm, Bauglasindustrie GmbH,
Schmelz/Saar, www.nsg.com
Dampfsperre Dach: Bauder KSD,
Paul Bauder GmbH & Co. KG, Stuttgart,
www.bauder.de
Dachabdichtung: Rhepanol fk, Klettsystem,
FlachdachTechnologie GmbH & Co. KG,
Mannheim, www.fdt.de
Türen: Moralit stumpf anschlagend,
Moralt AG, Bad Tölz, www.moralt-ag.de
Türbänder: Tectus, Simonswerk GmbH,
Rheda-Wiedenbrück, www.simonswerk.de
Parkett: Diamantnuss 3-Schicht, 15 mm,
Wohngesund International, Wien (A),
www.wohngesund.at
Fliesen, Boden/Wand: V&B Fliesen GmbH,
Merzig, www.villeroy-boch.com
Lüftungsanlage: Aerex HaustechnikSysteme
GmbH, Villingen-Schwenningen,
www.aerex.de
Fenster: Holz-Alu deggsal plus Monoblock,
Deggelmann GmbH, Konstanz-Dettingen
www.deggelmann-fenster.de
Stahl-Holz-Treppe: Fuchs Treppen,
Herbertingen, www.fuchs-treppen.de
Elektroschalter: Jung LS 990 reinweiß,
Albrecht Jung GmbH & Co. KG,
Schalksmühle, www.jung.de
Schalttechnik, Verteiler: Hager Vertriebs­
gesellschaft mbH & Co. KG, Blieskastel,
www.hager.de
Jalousien: Warema Renkhoff SE, Markt­
heidenfeld, www.warema.de
Garagentor: Pfullendorfer Torsysteme,
Pfullendorf, www.pfullendorfer.de